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Risikoprävention
am Beispiel des familiären Mammakarzinoms
Prof. Dr. Dorothea Fischer
Klinikum Ernst von Bergmann
Potsdam
GGGB - 18.1.2017
Risikoprävention – ein Tagesschauthema
Dorothea Fischer
Natalie Kriwy, persönliches Archiv
Untersuchung
beim Facharzt
Stanzbiopsie
Invasiv duktales Mammakarzinom G3 TNBC, cT1c cN0 cM0 pN0 (0/2sn)
ycT0
Beratung
SNB
(SENTINA)
Staging
FoPu
Neoadjuvante CTX (Geparquinto)
Nipple sparing mastectomy
mit Sofortrekonstruktion bds.
BRCA 1 positiv
PID, FoPu
Reha Nachsorge
11/2011 8/2012
Humangenetik
Natalie Kriwy, persönliches Archiv
- Wer hat welches Risiko?
- Präventionsstrategien - Intensivierte Früherkennung - Operation (Brust, Adnexen) - Medikamente - Lifestyle
- Restrisiko
Agenda
Nicht modifizierbare Risikofaktoren
Höheres Alter
Genetisches Risiko
Familiäre Krebsanamnese
Persönliche Brustanamnese Nicht-proliferative Läsionen
Proliferative Läsionen +/- Atypien
Hochrisikoläsionen (ADH, LIN)
Brustkrebs (DCIS, InvBC)
Brustdichte
Thoraxbestrahlung
Anzahl der Menstruationszyklen im Leben
Sozial definierte Risikofaktoren Geringe Geburtenzahl oder keine Schwangerschaft
Höheres Alter bei erster Geburt
BRCA 1: 41 Jahre
BRCA 2: 45 Jahre
RKI 2015; Cardoso et al. Eur J cancer 2012
Modifizierbare Risikofaktoren
Wenig Stillen
BMI < 18,5 und > 25 und besonders > 40 (Adipositas)
Typ II Diabetes mellitus
Nahrungszusammensetzung
Hormontherapie Kürzlicher oraler Kontrazeptivagebrauch
Hormontherapie (Östrogen/Gestagen-Kombination) in der Postmenopause
Alkoholabusus
Nikotin
Schlafmangel (Nacht / Schichtarbeit)
Verminderte körperliche Aktivität
25% der postmenopausalen Mammakarzinome
entstehen durch Lifestyle-Faktoren
van Germert 2015
Häufigkeit der Neuerkrankungen
92,3 bis 143,1 über 50% Differenz!
www.gekid..de, 2013
Bessere Diagnostik oder wirklich mehr Erkrankungen?!
RKI 2015
Neuerkrankungen/
Jahr
Hereditäre
Karzinome
Mamma-Ca 74.000 4.000
Ovarial-Ca 7.500 375
Inzidenz hereditärer Mamma-und Ovarialkarzinome in Deutschland
Checkliste zur Erfassung eines erhöhten genetischen Risikos
https://www.krebsgesellschaft.de/deutsche-krebsgesellschaft-wtrl/deutsche-krebsgesellschaft/zertifizierung/erhebungsboegen/organkrebszentren.html
Score ≥3
Risikoberatung
angezeigt
Easton DF nature 2007
Genveränderungen des hereditären Mammakarzinoms
Genetik: Einzelner Erbgang vs. starke Heterogenität
Derzeit werden in den Konsortiumszentren 34 panel getestet.
Die Bedeutung nicht validierter Genpanel ist unklar
Altersabhängige Inzidenz bei Anlageträgerinnen
Mavvadat 2013
30 50 70 Jahre
%
Definition von Frauen mit hohem oder moderatem Erkrankungsrisiko
2
1. Mutation in den Genen BRCA 1, BRCA 2 oder rad 51c
2. Heterozygotenrisiko ≥ 20% oder verblebendes Lebenszeitrisiko ≥ 30%
3. Überlebende nach kindlichen Tumoren mit prophylaktischer Bestrahlung der Brustwand
Aufklärung!
Primäre Prävention
1. Verminderung der Mortalität durch intensivierte Früherkennung
2. Ausbruch der Erkrankung verhindern - Lebensführung - Chemoprävention - Prophylaktische Operationen
Intensiviertes Früherkennungsprogramm bei BRCA 1- oder 2- Mutationsträgerinnen
Alter Untersuchung Häufigkeit
Ab 25. LJ Tastuntersuchung der
Brust halbjährlich
Ab 25. LJ Ultraschall der Brust halbjährlich
Ab 25. LJ MRT der Brust
(Kernspintomographie) jährlich
Ab 40. LJ Mammographie Alle 1-2 Jahre
82% aller Karzinome bei Mutationsträgerinnen werden im Rahmen der intensivierten Früherkennung im Stadium 0-1 erkannt.
Unpublished data des Konsortiums
Metastasenfreies Überleben bei BRCA 1- Mutation nach MRT- Screening
Int J Cancer 2015
Gesamtüberleben bei BRCA 1- Mutation nach MRT- Screening
Int J Cancer 2015
Prophylaxe durch gesunde Lebensführung?!
1. BMI in der Norm halten 2. Sport 3. Verzicht auf Alkohol und Nikotin 4. Vitamin D im Normbereich? 5. Berufswahl: keine Langstreckenflüge, keine Nachtarbeit …
… nicht ausreichend für Mutationsträgerinnen!
Calle 2003, Makarem 2013; Chlebowski 2006, Lawlor 2004; Smith-Warner 1998; Giammanco 2015, Lynch 2011
Medikamentöse Prävention
- nicht zugelassen in Deutschland - geringe Bereitschaft der Einnahme - hohe Nebenwirkungsraten
Prophylaktische Operationen
- Prophylaktische bilaterale Salpingo-Oophorektomie (PBSO)
- Prophylaktische bilaterale Mastektomie (PBM)
Prophylaktische Adnexektomie (PBSO)
- Reduktion der Inzidenz - für Mammakarzinom um 30-50% - für Ovarialkarzinom >97%
- Reduktion der Mortalität - Gesamtmortalität um 75% (von 10 auf 3%, HR 0,4) Prospektive multizentrische Kohortenstudie (n=2482)
Gilt nur für BRCA1/2- und Rad51c-Trägerinnen!
Rebbeck NEJM 2002; Domcheck JAMA 2010
Prophylaktische Adnexektomie (PBSO)
Empfehlung: - Nach dem 40. Lebensjahr oder 5 Jahre vor dem frühesten Erkrankungsalter in der Familie bei abgeschlossener Familienplanung - Nachgewiesene BRCA1, BRCA2- oder RAD 51c-Mutation - Heterozygotenrisiko von >20% oder Restrisiko >30%
Erkrankungsrisiko nach prophylaktischer Adnexektomie bds.
- Multicenter, matched pairs, retrospektiv - 551 BRCA1/2-Mutationsträgerinnen, FU 11 Jahre - 0,8% extraovarielles Ca nach PBSO, n=2 19,9% in der Kontrollgruppe, n=58 - 2,3% als Zufallsbefund bei der PBSO, n=6 - Retrospektive Studie - 238 HBOC-Familie-Angehörige nach PBSO, FU 9,3 Jahre
- 2,1% extraovarielles Ca nach PBSO, n=5, alle BRCA1-mutiert
Rebbeck MJ et al. NEJM 2002; Casey et al. Gynecol oncol 2005
Prophylaktische Mastektomie (PBM)
Reduktion der Inzidenz für Mammakarzinom um 90-98%. (38 Publikationen, 7380 Frauen)
Dies gilt für BRCA1/2- und Rad51c-Trägerinnen wie auch Frauen mit einem erhöhten Mammakarzinomrisiko! Die Lebensqualität ist nach PBM gut, insbesondere kann die Angst vor Brustkrebs signifikant gesenkt werden. 90% aller Patientinnen würden sich erneut für eine bilaterale prophylaktische Mastektomie entscheiden.
Lostumbo L et al. Cochrane Database Syst Rev. 2010; Frost MH et al. JAMA. 2000;
Frost MH Ann Surg Oncol. 2011
Mastektomie – nipple sparing, skin sparing?
2,845 Patientinnen - Nipple-Rezidivrate 0.9–2% nach Nipple sparing mastektomie - Lokalrezidivrate 1.3%- 20,8% (FU 41-156 Monate)
Nipple-Erhalt möglich! Registerstudie läuft.
•Warren P et al. Ann Surg Oncol. 2012; Gerber B Ann Surg. 2009; Reynolds Ann
Surg Oncol. 2011; Ananthakrishnan P Minerva Chir. 2012
Rekonstruktionen – grundsätzliche Überlegungen
Prothese Eigengewebe
OP-Dauer + -
OP-Aufwand + -
OP-Risiko + -
Länge des stationären
Aufenthaltes
+ -
Nachoperationen + -
Dauerhaftes
kosmetisches Ergebnis
- +
Sofortige Rekonstruktion
gewünscht
+ -
Korrigierbarkeit + -
Operation der Brust –
Rekonstruktionen mittels Prothesen
• Möglichkeit des Erhaltes der Haut mit oder ohne Brustwarze:
• Einlage einer Silikonprothese vor oder hinter den Brustmuskel
• Abdeckung des caudalen Pols mit Netz oder azellulärer Dermis
• Ggf. Nachbildung der Brustwarze mittels Tätowierung oder OP
Operation der Brust - Sofortrekonstruktionen
Entfernung der Brustdrüse
Erhalt der Haut mit oder ohne Brustwarze
Protheseneinlage vor oder hinter den Brustmuskel
Später ggf. Nachbildung der Brustwarze
Operation der Brust – Wünsch Dir was?
„Ich hätte gerne den Nipple weg und einen Aufbau mit Expander – dazu
gerne eine Vergrößerung von A-Cup auf B-C“
Tätowierung folgt.
…und wie entscheiden sich BRCA1/2-Trägerinnen?
Konsortiumszentrum München 2002 – 2014: Beidseitige prophylaktische Mastektomie: 56% Beidseitige prophylaktische Adnexektomie: 92% Dänemark (50%)
USA (36,3%)
Niederlande (32,7%)
Israel (4,2%) Poland (2,7%)
Ettl J persönliche Auskunft 2015; Metcalfe KA Int J Cancer. 2008
Bei Diagnose: ein- oder beidseitige OP?
Faktoren für die Entscheidung: - Alter der Patientin - Stadium der Erkrankung - ….
- Risiko für kontralaterales Mammakarzinom bei BRCA 1 (25 Jahre FU)
- <40 Jahre: 62,9% - >50 Jahre: 19,6%
Graeser MK et al. J Clin Oncol. 2009
Outcome nach kontralateraler Mastektomie
Boughey Ann Surg Oncol. 2010
Erkrankungsrisiko von BRCA 1/2-Mutationsträgerinnen nach prophylaktischer Mastektomie der Gegenseite
Zusammenfassung - Risikoprävention ist ein hochaktuelles Thema beim
Mammakarzinom
- Abhängig von der familiären Belastung und der
Tumorbiologie erfolgt eine Risikoberatung und ggf.
genetische Testung
- Eine primäre Risikoreduktion ist durch prophylaktische
Operationen der Adnexen und der Mammae möglich,
Die Entscheidung ist individuell.
Die beidseitige Mastektomie führt zu einer hohen
Sicherheit und guter Lebensqualität.
- Eine Beratung zur prophylaktischen Operation der
Gegenseite bei Erkrankung sollte ebenso eine
Risikoabwägung enthalten.
Vielen Dank !