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Portfolio zu Ampelmännchen und Todesschüsse Eine Bücher- und Medienkiste zum Thema DDR im Unterricht Inhalt Medienliste „Ampelmännchen und Todesschüsse Handreichung zur Medienkiste Zum Wirtschaftssystem der DDR (Uni Ffm) Materialien zur Aktion Rose (CD "DDR-Geschichte in Augenblicken") Kontakt: Günter Schlamp gs(at)schulbibliotheken.de © 2008/9 LAG Schulbibliotheken in Hessen e.V.

Ampelmännchen und Todesschüsse · Der Verfasser ist einer der 20 Schüler. Die Schleife an Stalins Bart. Ein Mädchenstreich, acht Jahre Haft und die Zeit danach von Erika Riemann

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Page 1: Ampelmännchen und Todesschüsse · Der Verfasser ist einer der 20 Schüler. Die Schleife an Stalins Bart. Ein Mädchenstreich, acht Jahre Haft und die Zeit danach von Erika Riemann

Portfolio zu

Ampelmännchen und Todesschüsse

Eine Bücher- und Medienkiste zum Thema DDR im Unterricht

Inhalt

Medienliste „Ampelmännchen und Todesschüsse

Handreichung zur Medienkiste

Zum Wirtschaftssystem der DDR (Uni Ffm)

Materialien zur Aktion Rose (CD "DDR-Geschichte in Augenblicken")

Kontakt: Günter Schlamp gs(at)schulbibliotheken.de

© 2008/9 LAG Schulbibliotheken in Hessen e.V.

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Ampelmännchen und Todesschüsse

Eine Bücher- und Medienkiste zum Thema DDR im Unterricht

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„Und hätte es eher Kopiergeräte gegeben, die DDR wäre fünf Jahre früher zusammengebrochen.“ Sarah Kirsch, Kuckuckslichtnelken, S. 98

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Ampelmännchen und Todesschüsse Ein Medienpaket zum Thema SED-Diktatur

3x Kleine Geschichte der DDR von Ulrich Mählert, München: C.H.Beck, 207 Seiten, 5., überarbeitete Auflage 2007 978-3406475504 Gut lesbar, sehr präzise

2x Die heile Welt der Diktatur. Alltag und Herrschaft in der DDR 1971 – 1989 von Stefan Wolle, Bonn 21999 Das Buch ist leider beim Verlag Chr. Links und bei der Bundeszentrale f. politische Bildung vergriffen. Eine hervorragende Studie. Sie ist verständlich geschrieben, alltagsgeschichtlich orientiert. Die Kapitel eignen sich gut für vielfältige Fragestellungen. Es ist unverständlich, warum dieses Buch keine weitere Auflage erlebt.

2x Die DDR. Eine Dokumentation von Hermann Vinke Ravensburg: Ravensburger 2008, 256 S., 19,95

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Vinke erzählt die Geschichte der DDR mit vielen Fotos und Porträts (besonders lesenswert) von Politikern, Regimegegnern, Künstlern und Menschen, die die DDR, die Revolution, die Wiedervereinigung und den Aufbau Ost miterlebt haben. Eine Fülle an Materialien. Mehr Übersichtlichkeit und Beschränkung auf Wesentliches wären dem Buch bei einer Neuauflage zu wünschen.

2x DDR. Was stimmt? Die wichtigsten Antworten von Reiner Eckert Freiburg: Herder, 2007, 127 S., 7,90 978-3451057359 Leider sehr knapp, oft nur thesenartig, werden Behauptungen und Mythen entzaubert. Oder auf ihren belegbaren Kern zurückgeführt.

2x Von Plan zu Plan. Eine Wirtschaftsgeschichte der DDR von André Steiner (Buchhandelsausgabe bei dva 2004) Solide und gründlich, aber anspruchsvolle Lektüre. Aber wichtig, um die Mythenbildung von der angeblichen Vernichtung eines florierenden Industriestaates 1989/90 zu durchschauen. Leider kein Glossar

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2x Die wichtigsten Irrtümer über die deutsche Einheit von Richrad Schröder, 254 Seiten Freiburg: Herder 22007, 978-3451296123 Richard Schröder prüft die Klischees und Mythen der Nachwendezeit: War die DDR wirklich pleite? Ist die Treu-hand schuld am Untergang der DDR-Wirtschaft? Kolonisiert der böse Westen den undankbaren, larmoyanten Osten? Er zeigt, wie je nach politischer Ideologie mit geschickten Interpretationen von Zahlen schlechte Stimmung gemacht wird. Schröder belegt: Das Fass ohne Boden hat im Boden ein Rohr, da fließt einiges in den Westen zurück, und gar nicht knapp." Ebenso akribisch belegt Schröder, wie und warum die Treuhand 1994 die Privatisierung der maroden DDR-Wirtschaft mit dem gigantischen Minus von 250 Milliarden DM abschloss (die darin verrechneten Gesamteinnahmen betrugen 68 Mrd.) und fragt, wie manche dieses Ergebnis als „gigantisches Profitieren des Westens" erklären können. Im Abschnitt über die Sanierung der ostdeutschen Wirtschaft wird auch beschrieben, wie um auf durchschnittlich nur 18 Prozent Arbeitslosigkeit zu kommen, eine ungeheure Menge an Arbeitsplätzen völlig neu geschaffen werden musste. Vor allem aber belegt das Buch, wie gigantisch die Leistungen, wie erstaunlich die Erfolge der deutschen Wiedervereinigung tatsächlich sind, wenn man sie nicht an Idealwünschen, sondern an den überwundenen realen Problemen misst.

Gefangen in Hohenschönhausen. Stasi-Häftlinge berichten von Hubertus Knabe München: List 2007, 382 Seiten, 978-3548607412, 8,95 € Oft reichte ein kritisches Wort, ein »verdächtiger« Lebenslauf oder die Denunziation des Nachbarn: Immer wieder wurden in der sowjetischen Besatzungszone und später in der DDR missliebige Personen kurzerhand festgenom-men und ohne rechtsstaatliches Verfahren inhaftiert. Die Haftanstalt Berlin-Hohenschönhausen war das zentrale Stasi-Untersuchungsgefängnis der DDR. In diesem Buch schildern zahlreiche Gefangene die Haftbedingungen, die Verhöre und den psychischen Druck, dem man als Häftling ausgeliefert war. Knabe gilt als kämpferischer Autor, der das Unrechtssystem der DDR überbetone. Vor allem für die ehemaligen MfS-Mitarbeiter ist er ein rotes Tuch.

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Das Auge der Partei. Fotografie und Staatssicherheit von Karin Hartewig Chr. Links, 2004, 272 Seiten, 19,90 978-3861533429 Die Stasi hat über 1,2 Millionen Fotos hinterlassen hat. Ein unglaublicher technischer und personeller Aufwand wurde für die Verfolgung und Bespitzelung der Bürger betrieben.

2x Als noch Osten war von Udo Hesse (Text und Fotos) Berlin: Berlin Story; veränd. Neuaufl. 2007, 80 Seiten, 19,80 978-3929829495 Hervorragende Fotos aus Berlin, aus denen man mehr über die DDR erfährt als aus manchem Text.

DJ Westradio. Meine glückliche DDR-Jugend von Sascha Lange Berlin: Aufbau-Verlag, 2007, 202 S., 16,90 978-3351026455 Zeitlicher Schwerpunkt sind dieser Erzählung von einer Jugend in Leipzig zwischen Punks und Faschos, den Ärzten, Depeche Mode und Bravo-Kopien sind die späten 80er. Der erste Kuss ist wichtiger als die Weltrevolution. Anders als Hensel ein gelassener Blick zurück. „Schön, dass es weitergeht. Mal sehen, was noch kommt“ sind die Schlusssätze.

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Jeans in der DDR. Vom tieferen Sinn einer Freizeithose von Rebecca Menzel Berlin: Links, 2004, 198 S., 14,90, 978-3861533351, vergriffen! Sie war Anlass für Schulverweise und politische Grundsatzdiskussionen, Erkennungsmerkmal für Beat-Fans und Freiheitsliebende. Nach harten Auseinandersetzungen in den 50ern und 60ern setzte in den pragmatischeren 70er Jahren die Produktion DDR-eigener Jeansmarken ein. Allerdings ging sie buch-stäblich in die Hose: Nicht nur am Modegeschmack, sondern auch wegen Baumwollengpässen und schlechten Färbemitteln erhitzten sich die Gemüter. Pars pro toto: 40 Jahre Kampf und Krampf wegen einer Hose.

2x Stasiland von Anna Funder und Harald Riemann Frankfurt: Fischer 2006, 978-3596167463 Die Australierin Anna Funder sucht Spuren der SED-Diktatur. In ihren Reportagen und Interviews wird das alltägliche Leben in der SED-Diktatur erfahrbar.

Das schweigende Klassenzimmer. Eine wahre Geschichte über Mut, Zusammenhalt und den Kalten Krieg von Dietrich Garstka München, Ullstein, 2006, 18,00 € Tb?

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Eine Abiturklasse in Storkow/Brandenburg legt 1956 im Geschichtsunterricht spontan Schweigeminuten zum Gedenken des gerade gescheiterten ungarischen Volksaufstandes ein. Dieser Vorfall versetzt die SED in große Unruhe. Ein halbes Jahr vor dem Abitur wird die Klasse der Schule verwiesen. Der Verfasser ist einer der 20 Schüler.

Die Schleife an Stalins Bart. Ein Mädchenstreich, acht Jahre Haft und die Zeit danach von Erika Riemann München: Piper 2006, 253 S., 8,90 978-3492261654 Mit vierzehn Jahren, im Herbst 1945, begeht Erika Riemann einen Fehler, der sie um ihre Jugend bringt. Mit ein paar Freunden besichtigt sie die neue Schule, die nun von einem Stalinporträt geziert wird. Zum Spaß bemalt sie Stalin mit Lippenstift - und wird dafür acht Jahre ins Gefängnis gesteckt.

So lachte man in der DDR. Witze und Karikaturen München: Heyne 2001, 155 S, 5,95 978-3453191143 Die DDR hatte eine „blühende Witzkultur“ (Stefan Wolle). Viele Witze sind heute erklärungsbedürftig. Jugend im Visier der Stasi von Gabriele Schnell Hrsg v. d. brandenburgischen Landeszentrale für politische Bildung, 2001, als pdf unter http://www.politische-bildung-brandenburg.de/publikationen/pdf/stasi.pdf zu finden. Eine besondere Zielgruppe des MfS waren Jugendliche. Hier sind mehrere „Fälle“ dokumentiert.

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Stasi-Stücke von Petra Saar und Marion Wagner Hrsg. v. Bundesbeauftragten f. d. die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR, Erfurt 2004 Szenische Umsetzungen von Fällen aus den MfS-Akten zum Lesen und Nachspielen

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Erzählende Literatur

4x Meine freie deutsche Jugend von Claudia Rusch Frankfurt am Main: Fischer, 2. Aufl. 2005, 176 S, 7,95€ 978-3596159864 Auch als Hörbuch erhältlich, von der Autorin gelesen, 2 CD, 144 Minuten Wie man in der DDR aufwuchs und ohne rechte Überzeugung Mitglied in den staatstragenden Jugendorganisationen wurde, weil man einen höheren Schulabschluss machen wollte.

2x Die neuen Leiden des jungen W. Von Ulrich Plenzdorf Frankfurt am Main: Suhrkamp 52. Aufl. 2004 (1972), 6,00 € 978-3518368008 Der Titel nimmt Bezug auf Goethes Werther. Der Held liebt ebenfalls vergeblich eine verheiratete Frau. Als Theaterstück und Buch in beiden deutschen Staaten in den 70er Jahren, in Westdeutschland auch als Film, ein Riesenerfolg.

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Achtung: Die Schulausgabe bei Beltz hat ein anderes Cover!: 4x Krokodil im Nacken von Klaus Kordon München: dtv 2005, 795 S., 10,00 € 978-3423134040 Der Jugendbuchautor Kordon erzählt von Kindheit und Jugend in der Osthälfte Berlins. Die 50er und 60er Jahre, Alltag und Stasi-Knast werden sehr konkret. Es ist zwar dicker Wälzer, aber wenn man sich erst einmal festgelesen hat… Besser als manches Geschichtsbuch! Es wird deutlich, wie sehr der Alltag vom Herrschaftsanspruch der SED durchdrungen war.

4x Die wunderbaren Jahre von Reiner Kunze Frankfurt: Fischer, 31. Aufl.(1976) 128 S., 6,69 € 978-3596220748 Aus Gesprächen, die Reiner Kunze mit Schülern, Lehrlingen, Arbeitern und Soldaten der Nationalen Volksarmee führte, und aus Erfahrungen mit seiner eigenen Tochter entstanden diese Prosatexte, in denen er mit knappen, lakonischen Worten den (Schul-)Alltag von Jugendlichen in der DDR treffend schildert.. Der Sportunterricht begann mit "Stillgestanden" und "Rührt Euch“. Dies und noch schlimmere Sachen erzählt der Autor.

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An einem Freitag im Mai von Seidemann, Maria, Ellermann, 214 S., 1997, 978-3770730513 Zzt vergriffen. Das Buch wurde antiquarisch erworben Vierzehn Jahre ist Hanna, als ihr Vater, der DDR-Schriftsteller Klaus Herold, nach einer Lesung verhaftet, ausgebürgert und in die Bundesrepublik abgeschoben wird. Die Potsdamer Autorin Maria Seidemann erzählt anschaulich ein Stück Zeit- und Familiengeschichte vor dem Hintergrund des Jahres 1989.

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Multimediale Dokumentationen Jeder schweigt von etwas anderem Regie Marc Bauder, Dörte Franke, www.gmfilms.de, 72 Minuten Dokumentation über ehemalige Gefangene des DDR-Regimes, die vom Westen freigekauft wurden. Drei deutsche Familiengeschichten aus der geschätzten Zahl von 250.000 politischen Gefangenen der DDR. Wie können die schon im Westen aufgewachsenen Kinder mit ihren Eltern über das damalige Geschehen Reden? Als die Eltern für ihre "falschen" Gedanken und ein paar verbotene Bücher ins Gefängnis gesteckt wurden, bedeutete dies auch für die Kinder Trennung, Repression und Angst. Bei allen sitzen die Verletzungen aus dieser Zeit tief und darüber zu schweigen ist leichter, als alte Wunden aufzureißen. Drei eindringliche Dokumentationen, die das verkitschte DDR-Bild einiger Spielfilme wieder etwas zurechtrücken. Mit ausführlichem didaktischem Begleitmaterial und einem MfS-Schulungsfilm. Denkbar ist, arbeitsteilig die drei Beiträge zu erarbeiten, Filmlänge jew. ca. 24 Min.. Wenn nur ein Fall bearbeitet werden soll: Anne Gollin Auf den Spuren einer Diktatur. Die DDR am Ende 3 DVDs, 80 Beiträge des rbb-Magazins Kontraste 1987 – 2001, mit einer lesenswerten Begleitbroschüre Bestellnr. 1890, Bundeszentrale f. pol. Bildung Es geht um den Untergang der DDR und die „Wende“: Über die neuen Karrieren der Stasi-Mitarbeiter, Strafvollzug in der DDR, Stasi-Akten, Protesbewegung, die Entschädigung für die Opfer und die Erhö-hung der Renten für Stasi-Mitarbeiter/innen,,, 1. Aufbruch im Osten - Geheime Videos und mutige Bürger (1987-1989). 2. Wendezeiten - Das Ende von Mauer, Macht und Staatssicherheit (1990-1991). 3. Alles schon vergessen? - Das Verdrängen der Vergangenheit (1992-2001): DDR-Geschichte in Augenblicken, von Jugendweihe bis Biermann-Ausbürgerung Sendungen des rbb, Radio Eins, apparat multimedia GmbH, Stiftung Aufarbeitung der SED-Diktatur 2 Audio-CDs, 1 Materialien-CD 20 Ereignisse oder Personen der Zeitgeschichte, mit Interviews: Die Kaffekrise, Kinder als Grenzopfer, Peter Fechter, Jugendweihe, die Schulklasse von Storkow, Protest gegen die Biermann-Ausbürgerung, die Erfindung des Goldbroilers, Enteignungs-Aktion Rose (!) u.a. Damals in der DDR. Zeitzeugen erzählen ihre Geschichte DVD 2006, mdr, Bundeszentrale für pol. Bildung, Bestellnr. 1894 80 Zeitzeugen, Interviews, Videos, Fotografien und historische Filmsequenzen aus vier Jahrzehnten. Man kann sich die Zeitzeugen nach Themen, z. B. Frauenemanzipation, sozialistische Erziehung, aussuchen und abspeichern. Sehr sehenswert: Ein Agitationsfilm der SED gegen das Sündenbabel West-Berlin. (Material 50er Jahre)

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Internet Suchmaschine zu DDR www.ddr-suche.de/ anscheinend seriös, da bei ZOL gelistet Ein DDR-Lexikon nach Wiki-Prinzip www.ddr-wissen.de/wiki/ddr.pl anscheinend seriös, obwohl die die Autoren fast alle mit Pseudonym arbeiten und die Domain im Nachbarland Polen registriert ist. Fotoausstellung: „Der staatsfeindliche Blick“ www.ddr-bilder.de/ Vom Landesbeauftragten Berlin für die Stasi-Unterlagen Das Leben in der DDR www.dhm.de/ausstellungen/lebensstationen/ddr_1.htm Eine Ausstellung des Deutschen Historischen Museums Berlin 1993 Mehrere DDR-Themen bei „Planet Wissen“, Mediathek von wdr, SWR, BR Alpha www.planet-wissen.de/pw/Artikel,,,,,,,C6986E2A9E1A6C6AE030DB95FBC32F3B,,,,,,,,,,,,,,,.html Umfangreiches SPIEGEL-Dossier www.spiegel.de/schulspiegel/0,1518,532041,00.html www.jugendopposition.de Von der Bundeszentrale f. pol. Bildung und der Robert-Havemann-Gesellschaft Fotos http://ddr-fotos.de/Liste.htm http://www.runde-ecke-leipzig.de/cms/?id=250 Die “Runde Ecke“, das Dokumentationszentrum in der ehem. Leipziger Stasi-Zentrale hat eine Datenbank online gestellt, in der 1500 Objekte fotografiert und erläutert werden. Man muss mal stöbern, z. B.: “Postkontrolle”, “Schminken”, “Geruchsprobe”.

Google wirft nach Eingabe von „DDR“ 140.000.000 Millionen Seiten aus. Um am Datenmüll nicht zu ersticken und um nostalgischen DDR-Verklärern nicht auf den Leim zu gehen, reicht es, sich an den teilweise hervorragenden Dokumentationen von Museen und Mediatheken der öffentlich-rechtlichen Sender zu orientieren.

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Für die Hand der Lehrerin / des Lehrers Reiz der Idee, Pleite der Praxis. Ein deutsch-deutscher Wirtschaftsvergleich von Werner Obst Der Wirtschaftsexperte des DDR-Ministerrats verließ die DDR 1969 und schrieb dieses Buch 1983. Es ist für die S I leider nicht ganz einfach zu lesen, enthält zahlreiche Tabellen und sehr viele Zahlen. Es liefert aber auch konkrete Details zur Zentralverwaltungswirtschaft, zur Parallelgesellschaft der Nomenklatura und zu den Einkommensverhältnissen in der DDR. Mit überraschenden Vergleichen zur damaligen BRD. Aktuelle Materialien zu letzterem sind kaum vorhanden. Eine Erhebung zu den Sparkonten aus Anlass des Geldumtauschs 1990 ist nach Aussage eines Berliner Politikprofessors in einer Veranstaltung in Potsdam „verschwunden“. Laut dieser Erhebung besaßen 10% der DDR-Bürger 60% des auf den Sparbüchern eingetragenen Geldes. Exakt die Verteilung, die in Westdeutschland für die Verteilung des Gesamtvermögens gilt. Die Broschüre ist bei Antiquariaten auf der Amazon-Website für 1 Cent plus Versandkosten erhältlich.

Der Gefühlsstau. Ein Psychogramm der DDR von Hans-Joachim Maaz 243 S. Argon Verlag; 2. Aufl. (1990), 978-3870247096, nur noch antiquarisch! Erfahrungsbericht eines Psychiaters über seine Arbeit und sein Leben in der DDR. Er macht erschreckend deutlich, wie die Repression der SED bis in die Familien und Individuen hinein wirkte. Es enthält zudem eine hervorragende Analyse der Ereignisse vor während und nach der „Wende“, die Maaz in Anführungszeichen setzt. Sicher reicht eine psychoanalytische Betrachtungsweise, die alles Handeln auf Kindheitstraumata zurückführt, nicht aus. Maaz arbeitet wohl auch eigene Traumata ab. Er hat das Buch in drei Monaten „wie im Fieber“ geschrieben. Zensurspiele. Heimliche Literaturgeschichten aus der DDR von Simone Barck und Siegried Lokatis 296 S. Mitteldeutscher Verlag, Halle: 2008 9783898125390

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Weitere empfehlenswerte Materialien Eine kommentierte Spielfilmliste: www.chronik-der-mauer.de/index.php/de/Start/Index/id/593832

Das Leben der Anderen 2005, 133´, Regie Florian Henckel von Donnersmarck, freigegeben ab 12; ich hätte eher 16 empfohlen. Die DDR Mitte der 1980er Jahre: Ein mächtiger Minister, der eine gefeierte Theaterschauspielerin anmacht, will deren Lebens-gefährten, einen angesehenen Dramatiker, aus dem Weg schaffen. Ein Abhörspezialist der Stasi soll deshalb in einem "opera-tiven Vorgang" die Loyalität des Staatsdichters prüfen, verwanzt die Wohnung des Paares und hofft auf regimekritische Äuße-rungen. Dabei gerät er aber in seinem Glauben ans System selbst zunehmend ins Wanken. Ein Begleitheft gibt es bei der Bundeszentrale f. pol. Bildung

Der Rote Kakadu 2006,128´, Regie Dominik Graf, FWU-04602383, bei Bildstellen/Medienzentren ausleihbar, Freigegeben ab 12; ich hätte eher 16 empfohlen. Im "Roten Kakadu", einem legendären Tanzlokal in Dresden, wird zu westlicher Musik wild gefeiert und getanzt. Luise, eine junge Dichterin und überzeugte Sozialistin, und ihr lebenslustiger Ehemann Wolle gehören zur Rock 'n' Roll-Szene. Als die Volkspolizei einer Tanzveranstaltung im Park gewaltsam ein Ende setzt, lernt Luise den 20-jährigen Bühnenmaler Siggi kennen, der sich in die Lyrikerin verliebt. Siggi findet schnell Anschluss an die Kakadu-Clique, deren Treiben zunehmend ins Visier der Stasi gerät. Als es zum Prozess gegen die Kakadu-Clique kommt, stellt sich für die Freunde einmal mehr die Frage: Weggehen oder bleiben? Rückblickend aus der Perspektive Jugendlicher schildert Regisseur Dominik Graf in seinem Film ein Stück Lebensgeschichte aus der DDR kurz vor dem Bau der Berliner Mauer 1961. Es geht auch um das Lebensgefühl und die Zukunftspläne junger Menschen, so dass den heutigen Jugendlichen zahlreiche Identifikationsmöglichkeiten geboten werden und die Bereitschaft befördert wird, sich mit der DDR-Geschichte intensiver zu befassen. Es gibt eine DVD „Der rote Kakadu – Filmausschnitte und Informationsmaterial für den Unterricht, 36´, FWU 04602384. Das Filmheft der Bundeszentrale liegt (nicht in allen Medienkisten) bei (http://www.bpb.de/publikationen/1B80MJ,0,Der_Rote_Kakadu.html ). Besonders brauchbar im Film oder auf der Arbeits-DVD: Die Eingangsszene: Vopo knüppelt auf Rock´n Roll-Fans ein (Clip VTS_01_1)

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Karla DDR 1965/1990, Regie Herrmann Zschoche Karla tritt nach Abschluss der Universität mit großen Ambitionen eine Lehrerstelle in einer Kleinstadt der DDR an. Sie möchte den Kindern nicht nur Fakten vermitteln, sondern sie zu selbständigem Denken anregen. Mit dem Direktor versteht sie sich anfangs recht gut. Doch ihre Ideale stoßen auf Unverständnis - auch bei den Schülern, die längst wissen, was zu sagen ist und was man besser verschweigt. Ihr unkonventionelles Verhalten, sie hat auch noch eine Beziehung zu dem "Aussteiger" Kaspar, fällt unangenehm auf. Nach einer Niederlage passt sich Karla an. Kurz vor dem Abitur begehrt sie jedoch auf, sagt ihren Schü-lern die Meinung. Am Ende des Schuljahres wird sie in eine andere Schule versetzt. Die Kündigung DDR 1982 Regie Edgar Kaufmann Eine ehemalige Lehrerin, jetzt beim Rat des Kreises für Volksbildung zuständig, hospitiert bei einer jüngeren Kollegin und ist entsetzt: Statt eigener Meinungen geben die Schüler nur auswendig gelernte Phrasen von sich. Sportsfreund Lötzsch 2008, Regie Sandra Prechtl/Sascha Hilpert Ein erfolgreicher Radprofi, der sich nicht der SED unterwirft und dafür büßen muss. Seine Stasi-„Betreuer“ sind heute erfolgreiche Geschäftsleute, Lötzsch ist arbeitslos. Die TV-Produktion „Wir sind das Volk – Liebe kennt keine Grenzen“ wird sehr gelobt. (DVD, 17.95 € (Ich habe sie noch nicht gesehen.)

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Die Bundeszentrale für politische Bildung www.bpb.de/ hat sehr gute Materialien. Sie werden z.T. ausführlich auf der Website vorgestellt. Insbesondere: Feindbilder. Fotos und Videos der Stasi DVD. Ein Film von Holger Kulick, 2006 Bestellnr. 1900, 6,00 € Mehr als eine Millionen Fotos und Negative, Filme und Videobänder finden sich in den Archiven der DDR-Staatssicherheit – ein bislang kaum gehobener zeithistorischer Schatz. Der 17. Juni 1953 CD-ROM 2003 Bestellnr. 1804, 4,00 € Identisch mit www.17juni53.de Antisemitismus in der DDR Von Thomas Haury Die SED leugnete jede Mitschuld des deutschen Volkes am Nationalsozialismus und an der Vernichtung der euro-päischen Juden und lehnte es 1952/53 ab, arisiertes jüdisches Vermögen rückzuerstatten. Mit seiner Untersuchung belegt Haury, dass die Grundstrukturen des kommunistischen Weltbildes denen des Antisemitismus sehr nahe sind. Informationen zur politischen Bildung, insbesondere Heft 250 Der Weg zur Einheit Heft 270 Gesellschaft und Alltag in der DDR Das im Bücherschränkchen vorhandene Von Plan zu Plan. Eine Wirtschaftsgeschichte der DDR gibt es auch als Lizenzausgabe der Bundeszentrale. Auch die Landeszentralen für politische Bildung, die Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur www.stiftung-aufarbeitung.de/service_wegweiser/ddr-unterricht.php und die BStU-Dienststellen (Stasi-Unterlagen-Behörde) haben hervorragendes Material, z.T. auch Unterrichtsvorschläge. Mehrere Landeszentralen haben: Zersetzen. Strategie einer Diktatur von Sandra Pingel-Schliemann. Mindestens als Hintergrundinformation, wie das MfS Menschen terrorisierte, für die Lehrkräfte sehr brauchbar. Die BStU (Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen) unterstützt Schüler/innen mit einem Bildungsangebot zu Struktur, Methoden und Wirkungsweise des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS). Ansprechpartner für Schulen aus den alten Bundesländern: Bundesbeauftragter f. d. die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR Abteilung Bildung und Forschung Karl-Liebknecht-Str. 31/33 10178 Berlin 030 2324-50030 2324 8914, [email protected] In den neuen Bundesländern stehen auch die regionalen BStU-Dienststellen zur Verfügung.

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Die BStU-Dienststelle in Erfurt hat eine hervorragende Dokumentation zur flächendeckenden Überwachung der Bevölkerung mittels „konspirativer Wohnungen“: www.stasi-in-erfurt.de/07-KW-Suche-online.htm Wirtschaft in der DDR DVD, Laufzeit 52 min FWU www.fwu.de 22 Filmsequenzen, 16 Bilder, Arbeitsmaterial Medienzentrenlizenz 295,00 EUR, Schullizenz 135,00 EUR Einzellizenz 20,00 EUR (wer die DVD zu diesem Preis erwirbt, ist nicht berechtigt, die auf der DVD enthaltenen Filme öffentlich aufzuführen) DDR - was war das? Stiftung Aufarbeitung der SED-Diktatur www.stiftung-aufarbeitung.de DominoFilm, Berlin 2006, 7,50 Euro. Die DVD beinhaltet 7 Filmbeiträge mit einer Länge von jeweils ca. 10 Minuten. Diese Filmbeiträge sind als Anregung zur Beschäftigung mit verschiedenen Themen der DDR-Geschichte konzipiert. Die Schüler erhalten mittels Zeitzeugeninterviews, Originalbeiträgen aus dem DDR-Fernsehen, Animationen und Musik einen ersten Eindruck, der sie zu weiteren Fragen und einer intensiveren Beschäftigung mit dem Thema motivieren soll. Sechs der Filmbeiträge widmen sich konkreten Aspekten der DDR-Geschichte, an die es für viele Schüler auch heute noch Anknüpfungspunkte gibt. Außerdem enthält die DVD Arbeitsmaterialien zu jedem Thema. 50 Jahre in 50 Tagen, Erinnerungen für die Zukunft ndr1, Stiftung Aufarbeitung der SED-Diktatur, www.stiftung-aufarbeitung.de 50 Kurzbeiträge, von 1949 bis 1999 für jedes Jahr einen, mit Originalaufnahmen, z.B. Ulbricht über die Beatles: „Müssen wir jeden Dreck mitmachen?“ (1965) Der Fall der Mauer Spiegel TV Nr. 9, DVD-Video, Spiegel TV Hamburg Die Ulbricht-Attentäter von Steinbach. Eine Fiktion der Stasi Ein Film von Michael Erler, Sendung vom 08. Januar 2008, MDR 1972 wurden in einem Geheimprozess fünf Männer wegen eines geplanten Attentats auf den Staatschef der DDR, Walter Ulbricht, zu zehn bis 15 Jahren Zuchthaus verurteilt. Sie haben ihre Strafen abgesessen, auch wenn es ein solches Attentat nur in den Augen der Ermittler gegeben hat. www.mdr.de/doku/archiv/geschichte/122816.html Die Dokumentation kann gegen Gebühr bestellt werden TELEPOOL GmbH Leipzig, Programmverwertung, Altenburger Str. 9, 04275 Leipzig Telefon: 0341 / 3500 3606, Fax an: 0341 / 3500 3616, E-Mail: [email protected] Internet: www.mdr.de/unternehmen/4630814.html

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Leider vergriffen, sehr lesenswert: (Nicht im Verbundkatalog der öffentlichen Bibliotheken Brandenburgs. In Berlin gibt es 1 Exemplar in der Zentral- und Landesbibliothek. Im Antiquariatshandel ca. 60 €!!)

Stasi auf dem Schulhof hrsg. v. Klaus Behnke und Jürgen Wolf, München: Ullstein 1998, 347 S., 978-3548332437 Rund sechs Prozent der 173 000 inoffiziellen Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit waren im Jahr 1989 unter 18 Jahre alt. Sie wurden zur Bespitzelung ihrer Mitschüler und Freunde eingesetzt. Das Buch enthält Falldarstellungen der ehemaligen jugendlichen Stasimitarbeiter und ihrer Opfer.

Die unglaubwürdige Gesellschaft. Quo vadis DDR? von Franz Loeser Köln 1984 978-3766308764 Loeser war Philosophieprofessor in Ost-Berlin und hoher SED-Funktionär. Sein Buch ist ein Insiderbericht über die haarsträubende Herrschaftspraxis der SED. Er flüchtete 1983. Dennoch glaubte er an einen demokratischen Sozialismus ohne die „entartete“ Herrschaft eines Parteiapparates. VEB Nachwuchs. Jugend in der DDR Hrsg. v. Peter Wensierski, Lothar Reese, Norbert Haase Reinbek 1983 Selbstzeugnisse und literarische Texte Null Bock auf DDR. Aussteigerjugend im anderen Deutschland von Peter Wesnierski und Wolfgang Büscher, Reinbek 1984 Ich habe „Nein!“ gesagt. Zivilcourage in der DDR von Marco Hecht und Gerhard Praschl, Berlin 2002

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Alle URLs angeschaut am 01.02.2008 Annotationen z. T. nach Verlagsinformationen und amazon.de 24 Buchtitel in 44 Exemplaren, davon 15x erzählende Literatur, 4 digitale Medien © 2008 Günter Schlamp (Landesarbeitsgemeinschaft Schulbibliotheken in Hessen e.V.)

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Handreichung Vorbemerkungen Eine Untersuchung zum Stellenwert der DDR-Geschichte in 107 deutschen schulischen Lehrplänen1 kommt zu diesem Ergebnis: „Das Gesellschafts- und Machtsystem der DDR erfährt somit in nur wenigen Fällen eine relativ geschlossene Darstellung. Die grundsätzliche Charakteri-sierung des gesellschaftlichen Systems mit seinen politischen, ideologischen und ökonomischen Komponenten findet zwar in Ansätzen statt, wird aber kaum detailliert ausgeführt. … Die Durchdringung von Staat, Wirtschaft und Gesellschaft seitens der Staatspartei wird nicht transparent. Das Instrumenta-rium der Machtsicherung kann somit von den Schülerinnen und Schülern kaum in seiner Komplexität erfasst werden. … Bedenklich ist auch die Tatsache, dass aus der Behandlung des Gesellschafts- und Machtsystems in der DDR kaum Gründe für die Krise des Systems und seinen Zusammenbruch im Herbst 1989 abgeleitet werden.“ In Deutschland herrscht kein großes Interesse (mehr) an der Geschichte der SED-Diktatur. Anders als bei der „Bewältigung“ der NS-Herrschaft durch 60 Millionen Westdeutsche, die unter den wachsamen Augen des Auslands stattfand, betrifft die zweite deutsche Diktatur und ihre Aufarbeitung nur einen kleinen Teil der Deutschen. Man nimmt Rücksicht auf die durch Wendeerfahrungen ein weiteres Mal gedemütigten Ostdeutschen. Man will es mit einem künftigen Koalitions-partner, dem SED-Nachfolger Die Partei „Die Linke“, der stärksten Partei Ostdeutschlands, nicht verderben. Geschichtspolitiker/innen, die jahrzehntelang für eine intensive Auseinander-setzung mit der nationalsozialistischen Diktatur gestritten haben, wollen nicht, dass die Aufarbeitung der SED-Diktatur und die Zerstörung ihrer Mythen gleichberechtigt danebensteht.2

Eine Medien- und Bücherkiste zum Thema DDR wird es daher schwer haben. Im Hinblick auf demnächst 20 Jahre Vereinigung erscheint es aber angemes-sen, intensiv über Wege der Vermittlung nachzudenken. Schulbibliotheken können dazu einen Beitrag leisten. Geeignet ist die Bücherkiste als Bestandsaufbauhilfe für Schulbibliotheken, als Handapparat für Projektwochen, für Arbeitsgemeinschaften, für unterrichts-vertiefende Referate. Sie bietet beispielhaft einen Medienmix aus Print- und digitalen Medien. Arbeits- und Präsentationstechniken können mit Hilfe der Materialien trainiert werden.

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Einführung Mein Opa sprach gerne davon, dass 1945 die Katastrophe kam. Jetzt gibt es in der

Geschichte Ostdeutschlands auch ein Katastrophenjahr: 1989 - die „Wende“.3 Die-

sen Eindruck muss man zumindest bekommen, wenn man das eine oder andere

Buch aus Ostdeutschland in die Hand nimmt, Zeitung liest, einschlägige Veranstal-

tungen in den neuen Ländern besucht oder Umfrageergebnisse zur Kenntnis

nimmt.

Eine Potsdamer Zeitung titelt im Frühjahr 2008: „Wer im Osten lebt, muss früher

sterben.“ Die statistische Lebenserwartung ist in der Tat geringer. Dass sie sich

aber in den 18 Jahren nach der „Wende“4 z. B. bei Frauen von 24 Monaten kürze-

rer Lebenserwartung auf vier Monate kürzere Lebenserwartung reduziert hat,

davon stand nichts in der Zeitung.

Durch die „Katastrophe“ der „Wende“ erfährt die DDR eine Neubewertung. Die

Weichzeichnung nimmt überhand, wie Prof. Klaus Schroeder, FU Berlin, es formu-

liert. Das Ergebnis seiner viel beachteten Untersuchung5, die im Winter 2007

bekannt wurde, benennt er so: Was in den Köpfen vieler junger Schüler als DDR-

Bild vorherrsche, sei „die Vorstellung eines ärmlichen, skurrilen und witzigen

Landes, das aber irgendwie sehr sozial war".6

Ermutigend ist jedoch, dass sich zwei Drittel der befragten Jugendlichen für das

Thema interessieren.

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Wie umgehen mit der Geschichte der SED-Diktatur?

Die Probleme sind aus der Geschichte der Bundesrepublik nicht unbekannt. Die

Deutschen im Westteil des Landes haben sich nach 1945 ähnlich verhalten. Da

gab es ein paar Jahre nach Kriegsende Menschen, die die Ansicht vertraten, dass

nicht alles schlecht im NS-Staat gewesen wäre. Sie verwiesen z. B. auf die Auto-

bahnen und das angebliche Fehlen jeglicher Kriminalität. Es dauerte mehr als

zwanzig Jahre, bis kritische Fragen auftauchten. Genauso lange dauerte es, bis

gesellschaftliche Veränderungen überdauernde Denk- und Verhaltensweisen der

Nazizeit ablösten.7

Schulleiter bespitzelten die Lehrer, Lehrer bespitzelten Schüler, Schüler bespit-

zelten, freiwillig und unfreiwillig ihre Mitschüler, Chefärzte ihre Ärzte, Kranken-

schwestern die Patienten, Außenhandelsvertreter sich untereinander. Auf 90 Ein-

wohner kam ein Spitzel. An die flächendeckende Überwachung wollen sich heute

nur noch 40% der ostdeutschen Bevölkerung erinnern.

Die autoritären Strukturen in allen gesellschaftlichen Bereichen, die Unterdrückung

des geringsten abweichenden Verhaltens in Schule, Wissenschaft oder Medien, die

Erziehung zum Untertanen und die Karrieren der Angepassten in der Nomen-

klatura von Staats- und Parteiapparat, das alles scheint dem Vergessen anheim zu

fallen.

Während in Westdeutschland 71% die Demokratie für die beste Staatsform halten,

halten gerade einmal 38 % der Ostdeutschen die Demokratie für die bessere

Staatsform. Und eine Mehrheit (41%) lehnt sie gar ab.8

Ostalgiewelle

Vielleicht ist die Ostalgiewelle eine Trotzreaktion.9 Jana Hensel spricht in ihrem

Erinnerungsbuch „Zonenkinder“ vom „Märchen des höheren Gemeinschaftsgefühls

im Osten“. Das viel beschworene Gemeinschaftsgefühl entsteht erst jetzt, als frag-

würdiges Gemeinschaftsgefühl der Wendegewinner aus der Oberschicht des

Ostens und der Wendeverlierer. Denn weit her kann es mit dem Gemeinschaftsge-

fühl nicht gewesen sein, wenn man ohne Umschweife die eigene Großmutter als

Stasi-Spitzel verdächtigt (Claudia Rusch, Meine freie deutsche Jugend), im

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Klassenbuch sicherheitshalber nachsieht, welche Eltern SED-Genossen sind, weil

man bei deren Kindern vorsichtig sein muss (Robert Ide, Geteilte Träume). Oder

nach der „Wende“ nicht in die Stasi-Akten blickt, weil man sich die Erinnerung an

den Freundeskreis nicht kaputtmachen lassen will. Das Gemeinschaftsgefühl

machte auch vor den Pfarrerskindern halt, die kein Abitur machen durften, oder

vor denen, die Land verlassen wollten und dafür ins Gefängnis mussten oder

erschossen wurden. Auch Hans-Joachim Maaz, Der Gefühlsstau10 sieht eher eine

„Notgemeinschaft“ als eine ehrliche persönliche Annäherung.11

Robert Ide erklärt die Ostalgiewelle (für die Generation der jungen Ostdeutschen,

die zurzeit der Revolution und dem Mauerfall erwachsen wurde) so:

„Weshalb wird der Osten behütet, obwohl er in der Rückblende für viele Jüngere trashig

aussieht? … Die eigene Kindheit soll in den Erzählungen keinen Schaden nehmen – ein

Selbstbetrug. Viele junge Ostdeutsche sind stolz, von jener Seite zu kommen, die ihnen

desto verwunschener erscheint, je länger sie verschwunden ist. Besonders in der Fremde

befällt einen wohliger Schauer, wenn man Menschen trifft, mit denen man mit Hilfe

weniger Worte ein tiefes Gefühl teilen kann – die Erfahrung vom Untergang eines Landes,

in dem man selbst gelebt hat. Nicht wenige Westdeutsche beneiden diese geheime Welt

und haben das Gefühl, dass ihnen der Zugang verwehrt wird.“ (S. 67)

Es spricht einiges dafür, dass die Verklärung der SED-Diktatur eine Immunisie-

rungsstrategie ist. Kritik an der DDR wird gleichgesetzt mit einem Angriff auf die

Identität ihrer Bürger, auf die jeweils eigene Lebensgeschichte. Demütigungen

und Verletzungen der Nachwendezeit, Verlust von Arbeitsplätzen und Existenz-

ängste begünstigen eine Weichzeichnung oder gar eine nachträgliche Verherrli-

chung der DDR.

Es scheint in der SED-Diktatur ein privateres Leben möglich gewesen zu sein als in

Westdeutschland.12 Weder gab es die großen politischen Debatten noch Wahlkäm-

pfe oder regelmäßige Arbeitskämpfe. Ums Wohnen, Kindererziehung und Schule

musste man sich nicht sonderlich kümmern, das erledigte die fürsorgliche Partei.13

Man verstand es sich einzurichten zwischen den ideologisch aufgeladenen Kinder-

gärten, Schulen, Hochschulen, Medien, Betrieben und dem Familienleben. Wichtig

war nur, dass die Kinder sich nicht in der Schule verplapperten, wenn sie nach

Fernsehsendungen gefragt wurden.

4

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In dem Staat, der seinen Bürger ein repressives System aufzwang, sie beim

Versuch, das Land zu verlassen einsperrte oder erschoss, der ihnen sogar vor-

schrieb, was sie lesen durften14 und welche Hosen sie tragen durften, konnte man

existenziell sicher, in bescheidenem Wohlstand gut leben. Das erschwert die

Aufarbeitung der Geschichte dieser Diktatur.

Verständnis habe ich für die Menschen, die meinen, ihre Kindheit im Osten würde

entwertet, die ihren sicheren Arbeitsplatz in Eisenach und Lößnitz verloren haben,

weil keiner mehr den Wartburg oder die volkseigenen Jeans kauft, für Menschen,

die von Wessi-Glücksrittern über den Tisch gezogen wurden. Kurz, denen die

Nachwendezeit mehr Verletzungen zugefügt haben muss als die SED-Diktatur.

Kein Verständnis habe ich für eine Trivialisierung und die Verwischung der

Unterschiede von Diktatur und Demokratie. Es zeugt von wenig Redlichkeit, sich

aus der Diktatur ein Stückchen gute DDR herauszubrechen.

Es geht nicht darum, die Härten und Ungerechtigkeiten der Nachwendezeit

kleinzureden.15 Es geht darum, was in der Schule zum Unterrichtsthema werden

muss.

Worum es geht

Es reicht nicht, Zeitzeugen ausgewogen am Kaminfeuer plaudern zu lassen und

jedem anderen, vor allem dem Wessi16, das Recht abzustreiten, sich um die Auf-

arbeitung der Vergangenheit zu kümmern. Die Zeitzeugen aus dem Ministerium

für Staatssicherheit, aus der Siedlung Wandlitz, aus der Brigade des Schweine-

mastbetriebes Haßleben oder dem Lehrerkollektiv der Grundschule „Karl Marx“

schreiben sich ihre Erinnerungs-Drehbücher. Ihre Erinnerung ist wichtig, ihre Sicht

auf die Dinge aufschlussreich, verrät oft auch viel mehr, als sie preisgeben wollen.

Sie muss allerdings von Historikern quellenkritisch erschlossen werden.17

Deswegen sind auch Erinnerungsbücher wie die von Jana Hensel und Robert Ide18

nicht in der Auswahl. Sie thematisieren die Gefühle der „Wendegeneration“, die im

westlich dominierten vereinigten Deutschland angekommen ist und für die die -

möglichst ungetrübte - Erinnerung an ihre Jugend in der DDR zur Identitätsfin-

dung beiträgt.19 Die Suche nach der Heimat, die Erinnerung an die Orte der Kind-

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heit enthalten in der Regel kein politisches Bekenntnis zur SED-Diktatur. Bemer-

kenswert ist aber, dass unabhängig von der politischen Präferenz, auch der

untergegangene Staat positiv gesehen wird.20

Die westdeutsche Bundesrepublik hat viele Jahrzehnte gebraucht, um eine stabile

parlamentarische Demokratie zu entwickeln. Die politische Kultur wurde über Jahr-

zehnte durch Wahlkämpfe, Debatten und Proteste, durch die Medien, durch eine

Rechtsprechung, die die Meinungsfreiheit verteidigte, befördert. In der Geschichte

der SED-Diktatur fehlt diese Entwicklung, fehlen freie Wahlen, fehlen Presse- und

Meinungsfreiheit, fehlt „Gegenöffentlichkeit“.21

Mythos Antifaschismus

Es gab keine Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus und seinen Ursa-

chen.22 Es gab ein paar Schauprozesse. Die SED-Geschichtspolitik bestand in der

Erinnerung an wackere Antifaschisten und in der stalinistischen Faschismustheorie

von der Instrumentalisierung Hitlers durch die Finanzkapitalisten. Die Nazis wären

alle in Westdeutschland geblieben. Eine offene Diskussion dazu gab es in der DDR

nie, während in Westdeutschland der Eintritt in die Waffen-SS 1945 auch noch

nach 60 Jahren ein Thema ist.23

So wie im Westen auch, konnten Nazis im Osten Karriere machen, bis in Minister-

ämter und das ZK. Der braune Gutsverwalter hatte keine Probleme damit, eine

LPG zu leiten. Der Wehrmachtsoffizier ging nahtlos in die NVA über. Hinweise aus

dem Ausland auf NS-, SS- und SA-Größen in Presse, Volksarmee und Behörden

wurden von der SED souverän überhört. Vom faschistischen Personenkult ging es

nahtlos über zum stalinistischen Massenaufmärsche blieben alltäglich24,, innere

und äußere Feindbilder wurden weiterhin gepflegt, statt SD und Gestapo bespit-

zelte jetzt das MfS.

In Westdeutschland war der Umgang mit der nationalsozialistischen Vergangen-

heit keineswegs immer überzeugend, er war oft widersprüchlich. Es dauerte lange,

bis eine Auseinandersetzung überhaupt in Gang kam. Aber die Debatten um den

8. Mai, „Tag der Befreiung“ oder „Tag des Zusammenbruchs“?, um das Holocaust-

Denkmal, den Offizierswiderstand, die Verjährungsdebatte, haben ihre Spuren im

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kollektiven Gedächtnis hinterlassen. Viele in der Generation der 68er haben sich

mit ihren Eltern auseinandergesetzt. Es gibt im Westen eine Verunsicherung bei

allem, was mit Nation und Nationalismus zu tun hat.25

Ausgerechnet bei der Ausbreitung der Neonazis in Ostdeutschland, zu der auch

Pogrome und Morde gehören, haben die Wessis vorschnell die Schuld auf sich

genommen und die Vorgeschichte in Ostdeutschland ausgeblendet. Erst allmählich

verbreitet sich, was nur wenige wissen wollen: Die ostdeutschen Neonazis sind

Kinder der SED-Diktatur und kein Westimport, wenngleich sie von dort unterstützt

werden.26 Hitler war keineswegs Westdeutscher.27 Der latente Antisemitismus ließ

sich gut mit Antizionismus verknüpfen. Die in den DDR-Medien anzutreffende

Gleichsetzung Israels mit den Nazis hatte auch etwas Entlastendes.28

Karin Hartewig zeigt in „Das Auge der Partei“, wie die Stasi mit den Neonazis

umging, wie sie verschwieg und verharmloste. Nationale Frage und Fremdenhass,

schreibt sie in „Das Auge der Partei“ waren in den 80er Jahren in der Bevölkerung

„virulent“ (S. 132). „Judenschwein“ auf Schulhöfen und in der NVA waren nicht

gänzlich unbekannt.29 Schändungen jüdischer Friedhöfe gab es zu allen Zeiten.

Nach Dienstschluss redete man sich in der Vopo auch schon mal mit SS-Dienst-

graden an. Im Geschichtsunterricht fehlte die Shoah fast gänzlich, im Mittelpunkt

stand der Arbeiterwiderstand. Da erscheint es plausibel, wenn 2006 in Sachsen-

Anhalt das Tagebuch der Anne Frank wieder verbrannt wurde und niemand

gewusst haben will, dass das in Deutschland schon einmal passierte. Oder Feuer-

wehrleute im Spreewald mit dem (vollständigen) Satz „… hart wie Kruppstahl“ auf

dem T-Shirt herumlaufen und nicht wissen wollen, wer das gesagt hat.

Im zweitgrößten Außenlager des KZ Oranienburg, Jamlitz, in der Nähe von

Cottbus, wurden 1945 über 1000 jüdische Insassen von der SS ermordet. Dass es

sich um Juden handelte, konnte man in der DDR nur mit Mühe erfahren, in der

SED-Propaganda waren die Lager-Insassen „Helden des Antifaschismus“, auf einer

Gedenktafel „Opfer des Faschismus“, Hinweise auf ihre jüdische Identität fehlten.

Ein Lehrer, der mit seinen Schülern die Geschichte des Lagers erforschte, wurde

strafversetzt. In den 70er Jahren wurden Leichen aus dem Massengrab exhumiert

und - entgegen dem jüdischen Ritus – verbrannt. Der größte Teil ihrer Asche

wurde an unbekanntem Ort verscharrt.30

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Welche Kontinuitäten sich entwickeln konnten, zeigt eine kleine, wenig beachtete

Begebenheit der Wendezeit: Die Villa des jüdischen Bankiers Gutmann in Potsdam

wurde von den Nazis enteignet. Für die SED war Entschädigung oder Rückgabe

von Eigentum an deutsche Juden kein Thema.31 Die zerfallende Gutmann-Villa war

nach der „Wende“ von jungen Potsdamer Hausbesetzern „übernommen“ worden.

Ganz in der Tradition ihrer nationalsozialistischen und kommunistischen Väter und

Großväter weigerten sie sich, die jüdischen Erben, denen das Anwesen nach 70

Jahren rückübereignet worden war, auf das Grundstück zu lassen.32

Wenn jetzt Umfragen belegen, dass eine Mehrheit der Ostdeutschen die Demo-

kratie ablehnt33, halte ich das für die Zukunft unseres Landes für äußerst gefähr-

lich. Angesichts der negativen Folgen der Globalisierung bröckelt ja auch in West-

deutschland die Zustimmung für die Demokratie, sinkt die Wahlbeteiligung, greift

Politikverdrossenheit um sich. Autoritäre Staaten wie Russland, China und die

Golf-Emirate sind wirtschaftlich erfolgreicher als demokratische Staaten.34

Ein neues 68?

Vielleicht erleben die neuen Bundesländer auch noch ihr 1968, wenn die Kinder

die Eltern nach ihrer DDR-„Verstrickung“ fragen, nach den Karrieren, die bruchlos

die „Wende“ überstanden, nach den IMs in den neuen Landesparlamenten, den

Nachwende-Investoren aus dem Hause Schalck-Golodkowski, den Doktoren von

der Stasi-Hochschule, die jetzt als Rechtsanwälte praktizieren. Noch wird eisern

geschwiegen, noch krankt die ostdeutsche Gesellschaft am Vichy-Syndrom35

„Die Erlösung liegt in der Erinnerung“, sagt ein jüdisches Sprichwort. In Polen hat

es mehr als 60 Jahre gedauert, bis der polnische Antisemitismus als Diskussions-

thema zugelassen werden musste, in Belgien hat die Erinnerung an Belgisch-

Kongo, das im 19. Jahrhundert nichts anderes als ein Konzentrationslager im

Besitz des belgischen Königshauses gewesen war, gerade erst begonnen. In Pots-

dam stellt man zwar noch eine Lenin-Büste, Hinterlassenschaft aus einer russi-

schen Kaserne, im Stadtpark auf, aber gleichzeitig wird schon ein Platz nach dem

Bürgerrechtler Rudolf Tschäpe benannt.

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Maaz36 sagt sehr deutlich: „Ich traue keiner `Wende´, solange nicht glaubhafte

Zeugnisse des Versagens, der personalen Verantwortung und persönlichen Schuld

zur Alltagskultur zählen.“37

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Didaktisch-methodische Überlegungen

Maßstäbe für die Beurteilung von Demokratie und Diktatur

Es geht darum, Maßstäbe für die Beurteilung von Demokratie und Diktatur zu

vermitteln, sensibel zu machen für Menschen- und Bürgerrechte. Es geht darum

zu erkennen, wie staatliche Unterdrückung aussieht und wie sie sich auf Menschen

auswirkt.

Die SED hatte in die DDR-Verfassung geschrieben, dass die Partei (von lateinisch:

Teil) immer recht hätte und wüsste, wo es lang ginge. Sie hat Gewaltenteilung,

institutionalisierte Opposition, Meinungs- und Pressefreiheit eliminiert.

Das muss nicht allzu viele Bürger im Alltag stören. Eine Linkspartei-Abgeordnete

im sächsischen Landtag sagt: „Ich bin in der DDR geboren, aufgewachsen, zur

Schule gegangen, habe studiert (Ich komme aus einer Bauernfamilie), als Lehrerin

gearbeitet, zwei Kinder bekommen.“ Sie sei stolz auf ihre geleistete Arbeit und auf

ihre Familie, deren sie sich nicht schämen müsse.38

Auch in Westdeutschland gibt es viele, die glauben, in einer Diktatur zu leben,

machte keinen Unterschied. Das darf aber nicht Lehrziel der Schule werden, bloß

weil es Meinung von Teilen der Bevölkerung ist.

Wenn also nicht die Nischengesellschaft, der „normale“ Alltag der unpolitischen

Mehrheit, gar „das Gute“ an der DDR oder die Fehler der „Wende“ thematisiert

werden sollen, was dann?

In der westdeutschen Geschichtsdidaktik wird nicht mehr das Konzentrationslager

in den Mittelpunkt der NS-Geschichte gestellt, sondern die Alltagsgeschichte, der

alltägliche, „normale“ Faschismus – aber nicht die unpolitischen Nischen.39 Es

macht also Sinn, auch bei der DDR-Geschichte nicht nur auf Besuche in Hohen-

schönhausen zu setzen („Gefangen in Hohenschönhausen. Stasi-Häftlinge berich-

ten“ von Huber us Knabe), sondern die offenen und subtilen Herrschaftsmetho-

den, die im Alltag wirksam waren, kennen zu lernen. Z. B. was an der Stasi-

Hochschule gelehrt wurde, um Schüler als Denunzianten ihrer Mitschüler zu ge-

winnen. Die Fallbeispiele aus Gabriele Schnells „Jugend im Visier der Stasi“ oder

aus dem vergriffenen Buch „Stasi auf dem Schulhof“, herausgegeben von Klaus

Behncke und Jürgen Wolf, aber auch „Das schweigende Klassenzimmer“ von

t

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Dietrich Garstka oder die DVD „Schüler gegen Stalin“ eignen sich gut dafür. Die

Verhöre durch junge Stasi-Leutnants, die Klaus Kordon schildert, brauchen den

Vergleich mit dem Verhör von Sophie Scholl nicht zu scheuen.40

„Die wunderbaren Jahre“ von Reiner Kunze erinnern mich an Brechts „Furcht und

Elend des Dritten Reiches“: kurze, entlarvende Geschichten aus dem Alltag. „Das

Auge der Partei“ von Karin Hartwig dokumentiert Fotografien der Stasi. Die Foto-

grafierwut wird an Fällen wie Robert Havemann oder der Punkszene erzählt.

Geschichten wie „Die Schleife an Stalins Bar “ oder „Das schweigende Klassenzim-

mer“ erzählen, wie schnell der harmlose, unpolitische Alltag in Terror umkippen

konnte. Die „Stasi-Stücke“ von Petra Saar und Marion Wagner eignen sich gut zum

Nachspielen und zur Diskussion.

t

, r

Es sind mehrere erzählende Texte aufgenommen worden (Kordon, Plenzdorf,

Seidemann, Lange, Rusch Plenzdo f), z. T. gestaffelt, so dass die Texte in Grup-

pen gelesen und diskutiert werden können. Kommentare lassen sich als Wand-

zeitung oder als Weblog veröffentlichen.

Was bewirkt Unterricht?

Die 68er wissen es, die SED hat es auch gemerkt, die Sozialisationsforschung hat

es wissenschaftlich untersucht: Über Schule kann man Gesellschaft nicht ändern,

Einstellungen und Überzeugungen werden durch Unterricht nicht wesentlich beein-

flusst. Unterricht unterliegt wirksameren Sozialisationsinstanzen. Gegen Eltern und

Lehrer, die noch mental in der DDR leben, zumal, wenn sie dort gut gelebt hatten,

gegen eine Geschichtspolitik von Medien und Parteien, denen ein „Kessel Buntes“

lieber ist als „Kontraste“, kann er, zumal das Thema erst im 10. Schuljahr und nur

einstündig stattfindet, wenig ausrichten.

Was Unterricht kann: Informationen zur Verfügung stellen, Material anbieten, zu

Diskussionen und zum Denken anregen, Thesen und Behauptungen überprüfen,

offensichtlich Falsches richtig stellen (Vor allem die Bücher von Schröder, Steiner,

Eckert, Wolle eignen sich dazu). Es gibt einen Zusammenhang zwischen Kennt-

nissen über die DDR und der Beurteilung der DDR. Je mehr man weiß, desto

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kritischer beurteilt man sie. Wenn Unterricht schon keine Einstellungen zu verän-

dern mag, so ist er doch notwendig, um Informations- und Diskussionsangebote

zu machen, zum Nachdenken zu zwingen, zum Entdecken anzuregen.

Es geht nicht um „Faktenhuberei“. Wenn Schüler die Parteien der Nationalen Front

aufsagen können, die Gliederung des MfS oder die Namen der Politbüromitglieder,

ist noch nicht viel gewonnen.41

Angesichts der wenigen Stunden im 10. Schuljahr verbietet sich ein chronolo-

gischer, systematischer, kursorischer Unterricht.

Auch wenn es zum Lachen reizt, dass Micky Maus und (lange Zeit) Karl May

verboten waren, es genügt nicht, die DDR lächerlich zu machen. Dennoch: Witze

(„So lachte man in der DDR“, Stefan Wolle, „Die heile Welt der Diktatur“, S. 154

ff), bringen Wahres pointierter auf den Punkt, als es lange Texte können.42

Es fällt schwer, die Herrschaft der SED nicht als Versagensgeschichte zu

schreiben. „Die DDR war besser“, wie es in Leserbriefen, Websites, Schulungs-

kursen und Veteranentreffen in Ostdeutschland heißt, kann durchaus als Aus-

gangsthese genutzt werden. Man kann die Mythen und Irrtümer ja einmal

untersuchen:

• Die Luft war in der DDR besser!

• Die DDR war 1989 nicht pleite, sondern wurde platt gemacht!43

• Nazis gab es in der DDR nicht! 44

• Es herrschte soziale Gleichheit!

Es wird immer betont, dass die Regierenden der DDR in Wandlitz vergleichsweise

bescheidene Häuser bezogen hätten. Dass die Ferienhäuser, etwa an der Ostsee

dafür umso luxuriöser waren, dass es in Wandlitz Spitzengastronomie gab, West-

niveau im Konsum, die Bediensteten und Gärtner kostenlos waren, dies fällt meist

unter den Tisch.45 Sehr wohl hat man sich anscheinend dort nicht gefühlt, die

meisten Wohnungen waren verwanzt und bis in die 60er Jahre trugen die Bewoh-

ner Pistolen.

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Der Einkommensunterschied betrug in West und Ost erstaunlicherweise etwa 1:6,

in der DDR natürlich auf niedrigerem Niveau. Als 1990 anlässlich des Währungs-

umtausches die Sparkonten offen gelegt wurden, zeigte sich, dass etwa 10% der

DDR-Bevölkerung über 60% des Sparvermögens verfügte.46 Auch nicht so viel

anders als im „faschistisch-kapitalistischen“ Westdeutschland.47

Man kann auch über diesen, in Ostdeutschland häufiger zu hörenden Satz nach-

denken:

„Drei Systeme habe ich mitgemacht, unter Hitler, unter Honecker und jetzt“48

Als Vertiefung bieten sich an:

• Die aus dem Arbeitskräftemangel resultierende Frauenemanzipation, die wie im

Westen auch, zu Doppelbelastung, nicht zu gleicher Bezahlung und schon gar

nicht zu besseren Karrierechancen in Wirtschaft, Partei, Regierung und Verwaltung

führte.

• Die Landflucht im Nordosten und Osten, die keineswegs erst nach der Vereini-

gung einsetzte, und die fehlenden Investitionen in ländlichen Gebieten. Auch die

SED investierte lieber in Sachsen als in Mecklenburg-Vorpommern.

In der Altmark, Brandenburg und Vorpommern herrschte seit Jahrhunderten

Armut, nicht erst seit 1989.49

Die DDR ist das einzige Land der Welt, das ununterbrochen einen Bevölkerungs-

schwund zu beklagen hatte. Auch wenn der Vergleich der nackten Zahlen nicht

unproblematisch ist: Die DDR haben in 40 Jahren 3,3 Millionen verlassen, nach der

Revolution (bis 2004) waren es etwas über 2 Millionen, denen ein Zuzug von ca. 1

Million gegenübersteht.50

• Die stetig sinkende Geburtenrate. Sie wuchs zwar nach der „Wende“ drama-

tisch, war aber schon in der Diktatur ein stetig wachsendes Problem geworden. In

diesen Zusammenhang gehören auch die extrem hohen Abtreibungszahlen.51

• Die Unmöglichkeit, mit einem an der Schwerindustrie des 19. Jahrhunderts orien-

tierten marxistischen Wirtschafts- und Gesellschaftsmodell erfolgreich auf Verän-

derungen wie Globalisierung, Bedeutungsverlust der Industriearbeit, Wachstum

des Dienstleistungssektors usw. zu reagieren.

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• Die Auswirkung von Repression, Angst und Anpassungsdruck, Sanktionierung

alles Abweichenden auf die zwischenmenschlichen Beziehungen und die Psyche

von Menschen52 („Jeder schweigt von etwas anderem“ u. a.)

• Biographien: Ulbricht, Honecker, Mielke, Gregor Gysi (Hermann Vinke, Die DDR)

• Zensur (Wolle, S 141) .

• Schule (Reiner Kunze, Wunderbare Jahre) 53

• Was wäre, wenn es die DDR heute noch gäbe?54

Vorschläge zum kreativen Schreiben: Die DDR im Zeitalter von Internet, SMS und

Ryanair, Die Achse Kuba – Nordkorea – DDR, Der chinesische Weg: Korrupte

Parteibonzen und ihre Kinder als Global Player, Terror der Geheimpolizei und

wachsender Reichtum eines neokommunistischen Adels.

Es ist nicht leistbar, in ein paar Stunden im 10. Schuljahr alles aufzuarbeiten. Aber

wenn Schüler/innen nach 10 oder 12 Schuljahren Schwierigkeiten haben, den

Unterschied zwischen Diktatur und Demokratie zu erklären und (vorwiegend in

Ostdeutschland) Opfer von außerschulischer Geschichtsklitterung sind, muss man

sich fragen, was denn sonst noch in der Schulzeit passierte.

Die folgenden Fragen bieten sich nicht nur für die letzten drei Wochen Geschichts-

unterricht im 10. Schuljahr an:

• Lassen sich Sozialismus und Demokratie vereinbaren?55

Wie kann Herrschaft optimal organisiert werden? Direkte Demokratie, Genossen-

schaft, Gewaltenteilung oder Einparteienherrschaft, „bürgerlicher“ Parlamentaris-

mus, Herrschaft auf Zeit oder Unfehlbarkeit einer Partei?56

Die drei Ks der Politik: Konflikt, Kompromiss und Konsens kann man in den unter-

schiedlichen Organisationsformen politischer Herrschaft einmal durchspielen. Die

so trocken erscheinenden Schemazeichnungen von Diktatur und Parlamentarismus

in den Sozialkundebüchern können damit belebt werden.

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Man ist in der neuen Bundesrepublik, nicht zuletzt in Ostdeutschland, schnell bei

der Hand, „die da oben“ als unfähig, geldgierig, Wahlbetrüger und ähnliches zu

beschimpfen. Auf die SED-Oberen, auf das Politbüro, trifft das in ungleich stärke-

rem Ausmaß zu. Das aber scheint niemanden mehr zu interessieren. Einem west-

deutschen Minister würde man Privilegien der ostdeutschen Oberschicht nicht

durchgehen lassen. Wenn ein westdeutscher Politiker private Touren mit dem

Dienstwagen unternimmt, steht das in der Zeitung. Wenn ein DDR-Bürgermeister

sich das Haus eines Republikflüchtlings aneignet, wenn ein Politbüromitglied sich

mit dem Hubschrauber in seine Jagdhütte fliegen lässt oder einen falschen Profes-

sorentitel trägt, erfuhr das niemand57. Da lassen sich schon ein paar Unterschiede

zwischen einer sozialistischen Demokratie und einer parlamentarischen heraus-

arbeiten.58 Und bei aller Kritikbedürftigkeit des parlamentarischen Systems er-

scheint es als das kleinere Übel im Vergleich zur Herrschaft von ZK und Politbüro.

Sozialismus als eine von mehreren Ideologien, die im parlamentarischen System

Mehrheiten suchen, Kompromisse eingehen, Niederlagen einstecken, aber nicht

repressiv und gewalttätig durchregieren und im Gegner den zu vernichtenden

Feind sehen, das bekommt ja auch den von der SED über die PDS zur Linkspartei59

gewanderten postkommunistischen Politikerinnen und Politikern, die (im Osten)

mit 30% Stimmenanteil respektabler dastehen als in Diktaturzeiten mit Wahlfäl-

schung zustande gekommenen 98%.

Schnell landet man bei Churchills Satz von der Demokratie als der schlechtesten

Herrschaftsform, ausgenommen alle anderen.

Bevor ich selbst Parlamentarismus, Rechtsstaat, oberste Bundesorgane unterrich-

tete, habe ich immer zuerst das Regierungssystem der DDR behandelt. So wurde

aus der Gegenüberstellung deutlich, was es heißt, Herrschaft auf Zeit auszuüben,

statt ein Politbüro zu haben, aus dem man nur durch Tod oder Putsch entfernt

werden konnte. Oder unabhängige Gerichte statt „Rechtsanwälten“, die beim

Zentralkomitee der SED für ihre Mandanten um gut Wetter betteln mussten.60

• Ist die Planwirtschaft der sozialen Marktwirtschaft überlegen?

Die Bankrotterklärung der Zentralverwaltungswirtschaft scheint bei der Aufarbei-

tung der SED-Diktatur keine große Rolle mehr zu spielen. Zumindest steht sie im

Schatten des angeblichen ökonomischen Desasters der Nachwendezeit.

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Die ausufernde Sozialpolitik Honeckers, die die Pleite der DDR beschleunigte, aber

die Bevölkerung ruhig stellen sollte, scheint vom Vorsitzenden der SED-Nachfolger-

partei „Die Linke“, Lafontaine, fortgesetzt zu werden.61

Wenn der Broiler in der Gaststätte weniger kostet als beim Metzger, der LPG-Bauer

für ein Ei bei Ablieferung 31 Pfennig erhält und es im Konsum dann für 25 kauft,

wenn Brot an Schweine verfüttert wird, weil es so billig zu haben ist, bei Warm-

mieten von 85 Mark kein Geld für Wohnungsinstandhaltung und -modernisierung

bleibt, die Zimmerwärme über geöffnete Fenster reguliert wird, weil es keine

Thermostaten gibt, dann sollte nicht nur geschmunzelt werden. Es sollte auch zum

Anlass genommen werden, zu überprüfen, ob ein Zentralverwaltungswirtschafts-

system, auch als NÖSPL62 veredelt, wirklich ernst genommen werden kann.

Werner Obsts „Reiz der Idee – Pleite der Praxis. Ein deutsch-deutscher Wirt-

schaftsvergleich“ von 1983 hat nichts von seiner Gültigkeit verloren.63

Die DDR hatte über die Bundesrepublik Zugang zum EU-Binnenmarkt. Sie war de

facto EU-Mitglied, sehr zum Unwillen ihrer sozialistischen Bruderstaaten und der

restlichen EU, denen dieses Privileg überhaupt nicht gefiel. Im Interzonenhandel,

der seit 1949, unbeschadet aller politischen Ereignisse geräuschlos funktionierte,

wurde der SED ein zinsloser Überziehungskredit, der Swing, gewährt.64 Sie hat

sogar Pornohefte und Zigaretten in Westeuropa verkauft.

Die Gegenüberstellung von Sozialismus und Kapitalismus ist einer der zahlreichen

Siege im Kampf um Wörter, die die Kommunisten errungen haben. Dabei wird

unterschlagen, dass schon bei Adam Smith der Staat eine regulierende Rolle einzu-

nehmen hatte. Das reicht heute von Kartellamt über Sozialpolitik, Arbeitsschutz bis

Umwelt- und Verbraucherschutz. Bereichen, in denen die SED-Diktatur keineswegs

den nichtsozialistischen Ländern überlegen war.

Auch wenn die soziale Marktwirtschaft ihre Glanzzeiten hinter sich zu haben

scheint und die Wirtschaftsverbände ihre Interessen meist durchsetzen: Wenn

man seine Geschichte kennt, scheint der Sozialismus keine überzeugende Alterna-

tive zu sein.65

Der Glaube an ein sozialistisches Land, in dem einst Milch und Honig flössen, ist

ein quasireligiöses Heilsversprechen.66 Richard Schröder erzählt den Witz: „Was

passiert, wenn in der Sahara der Sozialismus eingeführt wird? Erst mal gar nichts,

nach einiger Zeit wird aber der Sand knapp.“

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Es ist ein Merkmal der Auseinandersetzung um die DDR in Ostdeutschland ist, dass

das Wirtschaftssystem darin kaum vorkommt. Die Diskussion wird vielmehr davon

beherrscht, wie man ein differenziertes Bild des Alltags zeichnet. Wie man

Biographien respektiert, nicht alles in Bausch und Bogen verdammt.

Von einer aberwitzigen Preis- und Subventionspolitik, von dem bürokratischen

Kontrollwahn, die Gesamtproduktion an Kniestrümpfen und Fctokopierpapier für

ein Jahr vorzuschreiben, von der Unfähigkeit der Zentralverwaltungswirtschaft

effizient, kostensparend, umweltbewusst zu produzieren, wird in Schulen und

Medien selten geredet.

Als Einstieg geeignet: Enteignungsaktion Rose (DDR-Geschichte in Augenblicken. Von Jugendweihe bis Biermann-Ausbürgerung, CD 1), weiteres Material zu sozialistischer Planwirtschaft (Schröder, Eckert, Steiner, Vinke, Mählert, Wolle, S. 189ff) Ein Papier von Wirtschaftsstudenten der Goethe-Universität in Frankfurt/M.67 Aus dieser sehr prägnanten, übersichtlichen Gesamtschau seien hier nur die wesentlichen, nicht alle jeweils erläuterten Punkte genannt:

- Gigantische, unproduktive Bürokratie zur Koordination der Wirtschaft - Unflexibilität der Wirtschaft - Teurer Sicherheitsapparat - Chaotische Wirtschaftsweise - Wirkungslosigkeit von Systemen zum Leistungsanreiz - Unproduktive Wirtschaftsweise - Umweltbelastungen - Versorgungsengpässe - Korruption68 - Fehlende Identifikation mit dem System - Keine Eigeninitiative - Gesundheitsgefährdungen am Arbeitsplatz

Projektorientierung

Ausgehend von einem ereignisgeschichtlichen Überblick oder von Aufnahmen aus

der Zeit der Maueröffnung (DVD „Auf den Spuren einer Diktatur“) können Fragen

und Themenbereiche gesammelt und in Arbeitsgruppen erarbeitet werden.

Die Gruppen präsentieren ihre Ergebnisse als Wandzeitungen, Folienpräsentatio-

nen oder mit Hilfe digitaler Tools (Wiki, Weblog, Website). „Leuchttürme“ könnten

wichtige Daten der Ereignisgeschichte sein: 1949 / 1953 / 1961 / 1989-90.

Die auditiven und visuellen Medien der Kiste eignen sich hervorragend als Startmedium.

Insbesondere „Auf den Spuren einer Diktatur“, wo, von den Wendejahren ausgehend, in

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kurzen Beiträgen verschiedene Themen (Widerstand, Ausreise, Doping, Justiz, Schieß-

befehl, Stasi u. a.) aufgegriffen werden.

Filmausschnitte findet man auch in digitalen Enzyklopädien (Brockhaus, Encarta)

„DDR-Geschichte in Augenblicken“ und „50 Jahre in 50 Tagen“ sind Audio-CDs, die in

Kurz-Beiträgen Originaltöne oder Interviews zu bestimmten Phasen oder Ereignissen im

geteilten Deutschland bringen.

Fallanalyse (Exemplarisches Lernen)

Keinesfalls ist beabsichtigt, mit diesem Medienangebot einen systematischen oder

chronologischen Geschichtsunterricht vorzuschlagen. Viel eher bietet sich die Me-

thode der Fallanalyse69 an. Dabei wird ein Ereignis, ein Konfliktfall, gewählt und

die darin involvierten Konfliktparteien und divergierenden Interessen erarbeitet.

Vertiefende Informationen werden immer wieder auf den Fall und die handelnden

Personen zurückgeführt. Politik wird dadurch sehr viel konkreter, als wenn der

Unterricht sich auf Institutionenkunde beschränkt.

• Fälle von Widerstand wie sie in „Die Schleife in Stalins Bart“ oder im „Schweigenden Klassenzimmer“ dokumentiert sind.

• Stasi- und Justizmethoden („Das Auge der Partei“, DVD „Jeder schweigt von etwas

anderem“, „Schüler gegen Stalin“, „Das schweigende Klassenzimmer“), Bestrafung von Todesschützen an der Grenze

Wahlpflichtkurs, Arbeitsgemeinschaft oder Projekttag

Die Medienkiste „Ampelmännchen und Todesschüsse“ bietet sich für vielfältigen

Gebrauch an: Wahlpflichtkurse, Arbeitsgemeinschaften, Projekttage und -wochen,

Vor- oder Nachbereitung eines Zeitzeugenbesuchs, eines Gedenkstättenbesuchs.

Wenn sie in der Schulbibliothek vorhanden wäre, wäre die erste Hürde, nämlich

die Materialbeschaffung durch die Fachlehrerin/den Fachlehrer, genommen.

Erzählende Literatur

Die erzählende Literatur ist überwiegend in Mehrfachexemplaren vorhanden, so

dass in Gruppen über das Gelesene diskutiert werden und in den Sachbüchern

Aspekte weiter verfolgt werden können.

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Hier können Formen des Lesetagebuches (z. B. Rezension, Brief an Autor/Autorin

oder handelnde Personen, kontrafaktisches Schreiben) angewandt werden.

Ausgiebiges Lesen der belletristischen Bücher und der Falldarstellungen ist ein

empfehlenswerter Einsieg in die Thematik, wenn man Zeit und eine motivierte

Gruppe hat.

Wenn nichts anderes geht:

Die Lektüre von Klaus Kordons „Krokodil im Nacken“ (ab Herbst 2008

als stark gekürzte Schulausgabe lieferbar) ist das mindeste, was

gemacht werden sollte, und wäre nicht das schlechteste.

Noch kürzer:

George Orwell, Die Farm der Tiere

Als Hörbuch sehr gut gelesen von Hans Korte; Diogenes Verlag, 2008, 3

CDs, 4 Std.

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Für den Fall, dass die Bücherkiste in Brandenburg auf Interesse stößt:

Im Rahmen des Unterrichtsprojekts oder weiterführend können lokalgeschichtliche

Untersuchungen durchgeführt werden

• Straßen- und Städtenamen,

• Gedenksteine und was sich hinter ihnen verbirgt

• Geschichte öffentlicher Gebäude, Gefängnisse, Grenzbefestigungen,

Nutzung von NS-Konzentrationslagern als SMAD-Lager,

• Lebensläufe lokaler GULag- und Stasi-Häftlinge,

• Zusammenleben mit der Sowjetarmee,

• eine Durchsicht von DDR-Schulbüchern70 (z. B. Geschichte, Mathematik),

• Erinnerungen an die Bürgerrechtsbewegung71

• Widerstand und Zivilcourage72

Bei Exkursionen sind folgende Einrichtungen wert, besucht zu werden:

Gedenkstätte Ehemaliges Stasi-Gefängnis, Berlin-Hohenschönhausen,

www.stiftung-hsh.de

Empfehlenswert ist – sofern es den Schülerinnen und Schülern zeitlich zugemutet werden

kann – zuerst das ehemalige MfS, Ruschestr. 103, (Normannenstr.) zu besuchen und

anschließend das Gefängnis in Hohenschönhausen.

Man muss beides zusammen erleben: Zuerst dieses muffige Ministerium für die

Schreibtischtäter, die (Selbst-)Heroisierung der „Tschekisten“, die Spitzeltechnik, und dann

das wichtigste Gefängnis dieses Ministeriums.

Informations- und Dokumentationszentrum der BStU www.bstu.bund.de

Mauerstraße 38, Berlin (Mitte)

Dort ist auch eine Fülle von Unterrichtsmaterialien erhältlich:

http://www.bstu.bund.de/cln_029/nn_712446/DE/Bildung/Unterrichtsmaterialien/unterrichts

materialien__node.html__nnn=true

Ehem. Stasi-Gefängnis Lindenstraße, Potsdam

Ehem. KGB-Gefängnis, Leistikowstr., Potsdam

Gedenkstätte Haftanstalt Bautzen www.gedenkstaette-bautzen.de

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Dokumentationszentrum in der ehemaligen Leipziger Stasi-Zentrale „Runde Ecke“,

Leipzig

www.runde-ecke-leipzig.de

Die “Runde Ecke“, hat eine Datenbank online gestellt, in der 1500 Objekte

fotografiert und erläutert wurden. Man muss mal stöbern, z. B.: “Postkontrolle”,

“Schminken”, “Geruchsprobe”.

http://www.runde-ecke-leipzig.de/cms/?id=250

Weitere Gedenkstätten und Museen: www.nachkriegsmuseen.de/stasi.html

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„Ampelmännchen und Todesschüsse“ ist eine Bücher- und Medienkiste im Rahmen des Projekts "Die Bibliothek in der Kiste" der Landes-arbeitsgemeinschaft Schulbibliotheken in Hessen e.V.

Zur Begründung dieser Bücher- und Medienkisten:

Es gibt Sachbücher, die in altersangemessener Weise Themen wissenschaftlich korrekt,

sprachlich verständlich, anschaulich und motivierend darbieten.

Wer Lesen in der Schule fördern will, kann dies nicht allein mit Lehrbüchern, Fotokopien

und Arbeitsblättern tun. Für einen offeneren Unterricht stellen Sachbücher eine gut

geeignete Hilfe dar: Sie ermöglichen Angebote für unterschiedliche Lesefähigkeiten, sie

sind weniger "didaktisiert", lassen Platz für eigenständige Lese- und Lernstrategien.

In der Theorie klingt das sehr einleuchtend. Im Alltag scheitert eine Benutzung von Sach-

büchern im Unterricht, die mehr als akzidentiell sein soll, allein schon daran, dass ein

maßgeschneiderter Bestand an Büchern, mit denen eine Klasse arbeiten kann, selten in

der Schule oder Schulbibliothek, auch nicht in einer nahe gelegenen Stadtbibliothek

vorhanden ist.

Diese Überlegungen sind Ausgangspunkt des Projekts "Die Bibliothek in der Kiste" der

Landesarbeitsgemeinschaft Schulbibliotheken (LAG). Ziel ist es, Lehrerinnen und Lehrern

die Bearbeitung von Unterrichtsthemen mit Hilfe von Kinder- und Jugendbüchern (bzw.

geeigneten Sachbüchern) zu ermöglichen. Die Bücher werden den Schulen als "Mini-

Bibliothek" in Bücherschränkchen oder -koffern leihweise zur Verfügung gestellt.

Finanziert wird das Projekt mit Mitteln des Hessischen Kultusministeriums.

Die Bücher sollen aber nicht nur Wissen vermehren, in Arbeitstechniken einführen und

schülerorientierte Unterrichtsformen ermöglichen. Sie sind im weitesten Sinn Leseför-

derung, sollen zum Lesen verlocken und die Erfahrung ermöglichen. dass sich Lesen

lohnt.

Während anfangs (1992) im Projekt nur Sachbücher verwendet wurden, wurden im Laufe

der Zeit auch belletristische Literatur und für andere Medien (Videos, Dias) einbezogen.

Seit Beginn des Internetzeitalters werden bei den Sachthemen auch Internetadressen

aufgenommen. Das Internet ist keine Bibliothek, es ersetzt ältere Medien keineswegs.

Angestrebt wird ein „Medienmix“, durch den die Leistung und der Wert des einzelnen

Mediums deutlich werden. Lesen bleibt auch im Computerzeitalter unverzichtbar.

Anspruch ist, nicht bloß einen Querschnitt der Verlagsproduktionen zu dem jeweiligen

Thema anzubieten, sondern eine schulstufenbezogene Auswahl zu treffen. Da der

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Buchmarkt volatil ist, sind Bibliotheken und der Antiquariatsbuchhandel nicht zu unter-

schätzen. Gelegentlich befindet sich auch ein nach langem Suchen beschafftes Buch in

den Schränkchen.

Weitere Informationen unter: www.schulbibliotheken.de

Verwendungsvorschläge:

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1 Ulrich Arnswald, Zum Stellenwert der DDR-Geschichte in schulischen Lehrplänen, in: Aus Politik und Zeitgeschichte B 41-42/2004, http://www.bpb.de/publikationen/HB7S0C,2,0,Zum_Stellenwert_der_DDRGeschichte_in_schulischen_Lehrpl%E4nen.html Siehe auch Fn. 4! 2 Siehe: Wohin treibt die DDR-Erinnerung. Dokumentation einer Debatte, hrsg. von Martin Sabrow u.a., Göttingen 2007 (auch Bundeszentrale f. pol. Bildung), „Zwickmühle der Vergangenheit“, in: Der Spiegel, 21/2008, S. 166f. Brandenburgs Kultusministerium lehnt z. b. die Finanzierung eines Dokumentations-zentrums in Brandenburg ab, in dem sowohl der DDR-Haftanstalt als auch der NS-Hinrichtungsstätte und der Euthanasiemorde gedacht werden sollt. Es will nur eine Euthanasiegedenkstätte finanzieren. (Potsdamer Neueste Nachrichten, 3.6.08) 3 Marianne Birthler bezeichnete die DDR als „zweite Katastrophe in der jüngeren Geschichte Deutsch-lands“. (23.05.07 in einer Veranstaltung in Berlin) 4 Der Begriff wurde von Egon Krenz geprägt. Gemeint war, die erneuerte SED solle jetzt die „Wende“ herbeiführen. Von Revolution, was ja berechtigt wäre, spricht kaum noch jemand. 5 Eine Studie des Forschungsverbundes SED-Staat der Humboldt-Universität, Berlin; z. B. in: www.sueddeutsche.de/jobkarriere/artikel/484/142174/3/. Einige Lehrkräfte, so Schroeder verhinderten die Schülerbefragungen zum Teil sogar aggressiv und versuchten mitunter auch zu manipulieren. Dass Brandenburger und Ostberliner Schüler am schlechtesten abschnitten, erklärt nachträglich, warum der Berliner Senat und die Potsdamer Landesregierung (Die Potsdamer Schüler/innen bilden das Schlusslicht beim DDR-Wissen!) sich nicht entschließen konnten, die Untersuchung mit zu finanzieren. Das Geld für ein Gutachten, in dem die methodische Sorgfalt der Studie bezweifelt wurde, stellte der Berliner Senat aber zur Verfügung. Immerhin hatte die brandenburgische Landesregierung beschlossen, die Richtlinien für den Geschichts-unterricht zu überarbeiten. Vor der Verabschiedung wurde es allerdings wieder etwas entschärft. Vergleiche zwischen NS- und SED-Diktatur werden nun nicht mehr angeregt. DDR-Ursachen für Frem-denfeindlichkeit sollen auch nicht mehr untersucht werden. Potsdamer Neueste Nachrichten v. 14.12.07.. Dem Bericht hat die Landesregierung m. E. nicht widersprochen. Eine bemerkenswerte Fußnote der Untersuchung ist, dass NPD-orientierte Jugendliche die DDR ähnlich positiv sehen wie der PDS-nahestehende (Zurzeit der Umfrage hieß sie noch so.) Da trifft sich Volks-gemeinschaft mit antikapitalistischen und antiisraelischen Einstellungen. 6 Prof. Schroeder in einem Vortrag am 7.4.08 in Potsdam 7 Man denke nur an die Forderung Willy Brandts „Mehr Demokratie wagen!“, an die Strafrechtsreform, an die Mitbestimmung von Schülern und Studenten in Schulen und Hochschulen. 8 Statistisches Bundesamt (Hrsg.) Datenreport 2006, Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn 2006, S. 644. Umfrageergebnisse des Spiegels im Rahmen der Serie „Zukunft der Demokratie“, Heft 19/2008 ff. sind nicht ganz so drastisch, aber tendenziell vergleichbar. Katja Neller, DDR-Nostalgie, Wiesbaden 2007, kommt zu dem Ergebnis, dass es so etwas wie eine Rückfallsucht in undemokratische Verhältnisse gibt. Das Forsa-Institut hält Umfragergebnis, die eine hohe Demokratie-Ablehnung ergeben für „Unfug“ und versucht, mit einer eigenen Studie dagegen zu halten. (u.a. Tagesspiegel v. 26.09.08). Der als Bundespräsident kandidierende Ex-DDR-Kabarettist Sodann, der keine Demokratie im gegenwärtigen Deutschland zu erkennen vermag, wurde von seinen Führungsleuten schon interpretiert: sei eine Demokratie. (Frankfurter R undschau v. 16.10.08) 9 Sehr lesenswert dazu: Mary Fulbrook, Verarbeitung und Reflexion der geteilten Vergangenheit seit 1989, in: Christoph Kleßmann u. a. (Hrsg.), Deutsche Vergangenheiten – eine gemeinsame Herausfor-derung, Berlin, 1999, pp. 286 -298. 10 Hans-Joachim Maaz, Der Gefühlsstau. Ein Psychogramm der DDR, Berlin 1990 (nur noch antiqua-risch), z. B. auf S. 91 11 „Wir wurden dazu erzogen, den Mund zu halten. ´Auch ihr werdet wegen eurer Zunge Ärger bekom-men` - das wurde uns Kindern andauernd eingeschärft. Wir hatten unser ganzes Leben lang Angst, den Mund aufzumachen. Unsere Mutter sagte immer, jeder andere sei ein Spitzel.“ (Aus: Die Flüsterer: Leben in Stalins Russland, von Orlando Figes, Berlin 2008) Schwer vorstellbar, dass in einer Gesellschaft, in der man ohne Umschweife die Großmutter als IM ver-dächtigt oder das Westfernsehen erst guckt, wenn die Kinder im Bett liegen, dieser Satz einer Russin nicht ebenfalls gegolten haben sollte. Noch ein Beispiel: In einer Gruppe junger Leute, die 1968 gegen die Niederschlagung des Prager Aufstandes protestierten, war es in einem Falle der Vater, der seinen Sohn anzeigte, bei einem anderen war die Mutter IM. (FAZ v. 21.8.08, S. 44f.) 12 Siehe dazu auch Stefan Wolle, Die heile Welt der Diktatur, S.126f 13 Siehe auch dazu Mary Fulbrook, Fn 9! 14 Micky Maus und Karl May waren (zeitweise) verboten, Brechts Kriegsfibel war umstritten. Der SED-Verlag Volk und Wissen druckte so genannte Plusauflagen: Er bezahlte den Westverlagen eine Auflage

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von 100.000 Exemplaren, z.B. des „kleinen Prinzen“, druckte aber 300.000. Die SED verdiente also an dem durch ihre Zensur geschaffenen Lesehunger der Bevölkerung. 15 Ich habe aber noch größeren Respekt vor Menschen, die nach der „Wende“ ihr Ministeramt zurück-gaben, weil sie nicht mit einem als IM verdächtigten Ministerpräsidenten zusammenarbeiten wollten oder die die Straßenseite wechseln würden, wenn ihnen Dr. Gysi entgegenkäme, wie ein Stasi-Opfer erzählt. „Was damals Recht war, kann heute nicht Unrecht sein!" diesen Satz sagte Hans Filbinger, ehemaliger Ministerpräsident von Baden-Württemberg, in einem Interview zu seiner Verteidigung gegen Vorwürfe, er habe als Richter an NS-Unrechtsurteilen mitgewirkt. IMs reden ähnlich, behaupten, sie hätten keinem geschadet. Angehörige der DDR-Oberschicht und Menschen, die das MfS in seinen Akten führte, treten im Bundestag und in den neuen Landtagen als Interessenvertreter Ostdeutschlands auf. Bürgerrechtler sind weitgehend aus Politik und Verwaltung verschwunden. SED-Opfer beklagen sich, dass sie in den Ämtern wieder die alten Gesichter sähen. 16 Ich habe mich gefragt, ob ich als (Besser-)Wessi eine solche Bücher- und Medienkiste zusammen-stellen darf. Kann aber die DDR wirklich nur beurteilen, wer in ihr als unpolitischer „Normalbürger“ (das Wort las ich in einem Leserbrief in einer ostdeutschen Zeitung), womöglich als gläubiger Marxist, gelebt hat? Ich habe es nie vergessen, dass in einer Diskussion über den Zweiten Weltkrieg ein ehemaliger Wehr-machtsmajor mir damals jungem Geschichtsstudenten vorwarf, ich sei nicht bei Stalingrad dabei gewe-sen, ich dürfe doch über den Krieg gar nicht reden. 17 Politisch Verfolgte als Zeitzeugen sind wichtig für Schulen. Deswegen geht ja auch um sie der geschichtspolitische Streit. Die Opfer stören die verklärende Erinnerung. Deswegen soll der Alltag und nicht mehr der Stasi-Terror im Mittelpunkt der Erinnerungskultur stehen. Zu fragen wäre, was die Ver-fechter dieses Konzeptes meinen. Unbequem ist auch der Vergleich mit der Nazizeit. Hier soll ein Abstand gewahrt bleiben. Nationalsozialisten haben nicht für eine gute Sache gefoltert und getötet, wie die Kommunisten. 18 Jana Hensel, Zonenkinder, Reinbek 2002, mehrere Auflagen; Robert Ide, Geteilte Träume, München 2007. Hensel plaudert über Kindheitserinnerungen, die sich überall hätten ereignen können. Ide erzählt sehr viel realistischer und politischer von Kindheit, Jugend und Schule und der Entfremdung zwischen Eltern und Kindern in der Nachwendezeit. Sehr lesenswert! 19 Wenn die Aufarbeitung der DDR-Geschichte behindert wird, ist es besonders ärgerlich. Richard Schröder stellt in seinem Buch „Die wichtigsten Irrtümer über die deutsche Einheit“ einiges richtig, was an der DDR nachträglich schön gerechnet wird. Ärgerlich ist auch, dass der renommierte Fischer-Verlag in Plenzdorf/Dammanns „Ein Land, genannt die DDR“ die Schriftstellerin Daniela Dahn davon schwärmen lässt, dass, sieht man von ein paar kleinen Schwächen ab, die DDR auf dem besten Weg ins Arbeiter-und-Bauern-Paradies gewesen war, als die „Wende“ dazwischen kam. Der Ausstellungsband „Partei-diktatur und Alltag in der DDR“ des Deutschen Historischen Museums in Berlin dokumentiert eine arg enttäuschende Ausstellung (2007). Sei zeigt ein paar Reliquien (Brühwürfel und Ulbrichts Pelzmütze), erklärt aber nichts und schon gar nicht, wie die allmächtige Partei den Alltag durchdrang. Die Bücher von Autoren, die den unberechtigten Untergang der DDR durch imperialistische Machenschaften beschwören und von Amazon-Lesergenossen dafür fünf Sternchen erhalten, sollen hier gar nicht erwähnt werden. Im Streit um die richtige Art der Aufarbeitung der SED-Diktatur wird die „Betroffenenliteratur“, die Geschi-chte von Tätern und Opfern, als unzureichend empfunden. Das verzerre das Gesamtbild. (Mary Fulbrook, Fn. 9, S. 293) Man stelle sich vor, so würde bei der Behandlung der nationalsozialistischen Diktatur argu-mentiert werden: „Lauft doch nicht dauernd mit den Schulklassen ins KZ, ladet nicht so viele jüdische Zeitzeugen ein!“ „Das Tagebuch der Anne Frank“: Betroffenheitsliteratur, die dem Gesamtbild Nazi-Deutschlands nicht gerecht würde. In der eingangs erwähnten Untersuchung der 107 Lehrpläne, s. Fn 1! notiert Ulrich Arnswald, dass das Thema Verfolgung zu kurz komme. Es werde nur in zwei Lehrplänen erwähnt (Bayern und RPF). 20 In einer Längsschnittstudie schneidet bei den Befragten der „Wendegeneration“ im Systemvergleich die DDR in fast allen Bereichen mit z. T. extrem hohen Werten hervorragend ab: Soziale Gerechtigkeit, soziale Sicherheit, Familienförderung, Gleichberechtigung der Frau, Kinderbetreuung, Schutz vor Krimi-nalität, Schulbildung, Verhältnis der Menschen untereinander, Gesundheitswesen. Siehe: Berth, Hendrik u. a., Einheitslust und Einheitsfrust. Junge Ostdeutsche auf dem Weg vom DDR- zum Bundesbürger. Eine sozialwissenschaftliche Längsschnittstudie von 1987 – 2006, Gießen 2007, p.69 21 Desto bewunderungswürdiger ist die große Leistung der Bürgerrechtler in den Monaten der friedlichen Revolution. 22 Abgesehen von den 40ern und anfänglichen 50ern, als u. a. die SMAD (Militäradministration in der sowjetisch besetzten Zone bis zur Gründung der DDR 1949) noch zuständig für die Verfolgung von Nazis war. Die verheerenden Folgen dieser fehlenden Aufarbeitung für die gemeinsame politische Zukunft des

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vereinten Deutschlands sind noch nicht abzusehen. Laut Umfragen gehen Ostdeutsche mit der NS-Ver-gangenheit sehr viel unbefangener um (Fn. 9). Bezeichnend ist ein lapsus linguae auf der Leipziger Dokumentarfilmwoche 1981: In einer Debatte über einen westdeutschen Film sagte ein Diskutant: „Als dann in der BRD der Faschismus errichtet wurde…“ Gemeint war die Weimarer Republik. Niemand nahm Anstoß an der Formulierung. (Peter Wensierski/ Wolfgang Büscher, Null Bock auf DDR, p. 90) 23 Bei Günter Grass sicher zu Recht. Der DDR-Nationalpreisträger Erwin Strittmatter war Mitglied eines SS-Polizeiregiments gewesen, was erst nach seinem Tod bekannt wurde. Er war wohl nicht an Mord-aktionen beteiligt, hat sie aber im Regimentstagebuch protokollieren müssen. 24 Genau wie die Hitler-Diktatur begann die DDR-Gründung mit einem Fackelzug! 25 Annette Kahane von der Amadeu-Antonio-Stiftung sagte in einem Tagesschau-Interview: „Der Unter-schied ist, dass die Gesellschaft im Westen wacher ist. Im Osten ist es den Menschen oft egal - oder sie sympathisieren sogar heimlich mit den Tätern. In manchen Regionen im Osten gibt es eine große Leere - auch was die Werte betrifft. Wenn eine fremdenfeindliche Gewalttat passiert, ist die erste Reaktion: 'Jetzt kommen wieder die Westmedien, und wir kriegen Ärger.“ (Amadeu Antonio wurde 1990 von Jugendlichen in Eberswalde getötet.) Der ehemalige Regierungssprecher Heye sagt: „Es gibt kleine und mittlere Städte in Brandenburg und anderswo, wo ich keinem, der eine andere Hautfarbe hat, raten würde hinzugehen.” In Halle bezahlt die Universität ausländischen Professoren Taxifahrten, um Zwischenfälle zu vermeiden. Erkannt wird inzwischen, dass die nazistischen und fremdenfeindlichen Aktivitäten die wirtschaftliche Ent-wicklung bremsen. Die Ablehnungsquote ausländischer Spezialisten auf Jobangebote ist im Osten dop-pelt so hoch wie in Westdeutschland. 26 Inzwischen tragen Ost-Neonazis ihre Erfahrungen mit befreiten Zonen und bürgernahem sozialem Engagement nach Westen. Sascha Lange, schreibt in „DJ Westradio“: „Das rechtsextreme Gedankengut … war, anders als es die DDR-Medien später verbreiteten, nicht aus dem Westen importiert, sondern seit Jahrzehnten in der DDR selbst herangewachsen. … Nazis waren nicht nur Hilfsschüler, sondern auch Söhne von mittleren SED-Bonzen. Fascho-Sein wurde … zur … Fundamentalopposition von Jugendli-chen gegen den DDR-Staat“ (S. 118f.) 27 Zitat aus der o.a. Schülerbefragung 28 Andrej Hermlin, Sohn von Stefan Hermlin, erzählt von seinem Geschichtslehrer, dass der einmal im Unterricht zur westdeutschen TV-Serie Holocaust Stellung nehmen musste: Da fehle der kommunistische Widerstand (Was nicht stimmt) und außerdem seien nicht nur arme unschuldige Juden getötet worden, sondern auch jüdische Millionäre. (Von A. Hermlin in einer Veranstaltung in Berlin am 20.5.08 erzählt.) 29 U. a. wurde Andrej Hermlin so in einer NVA-Kaserne begrüßt. (Von ihm erzählt in einer Veranstaltung in Berlin am 20.5.08) 30 S. dazu Annette Leo, Peter Reif-Spirek (Hrsg.), Helden, Täter und Verräter. Studien zum DDR-Anti-faschismus, Berlin 1999, S. 37ff) 31 Was den letzten SED-Vorsitzenden, Dr. Gysi, nicht hinderte, im Frühjahr 1990 den jüdischen Weltbund aufzufordern, mit einem Kredit der bankrotten DDR zum Weiterleben zu verhelfen. Liest man Kommentare in israelischen und amerikanischen Zeitungen dazu, spürt man die Verblüffung ob dieser Chuzpe. 32 Das hinderte die Stadtverwaltung Potsdams nicht daran, den Erben die Kosten für die Sicherung der Ruine in Rechnung zu stellen. Nicht zu klären war für mich, ob die Besetzer das Haus nur zerfallen ließen oder auch beschädigt haben. Wer mehr zum Antismitismus der SED, nicht dem Antizionismus!, erfahren will: Stefan Meining, Kommunistische Judenpolitik. Die DDR, die Juden und Israel, Hamburg: 2002. 33 Siehe Fn. 4! 34 Weite Teile der Linkspartei, allen voran Prof. Dr. Norman Paech, sind mit der Menschenrechtspolitik Chinas nicht unzufrieden. Auch das SED- und später PDS-, dann Linksparteimitglied Egon Krenz war ja schon hochzufrieden mit chinesischer Menschenrechtspolitik wie der Erschießung demonstrierender Studenten 1989 auf dem Tian'anmen-Platz in Peking. Von der Kommunistin Sarah Wagenknecht aus dem Linksparteivorstand, die sich Hoffnungen auf einen Stellvertreterposten macht, ist kein kritisches Wort über die DDR bekannt geworden. 35 In Frankreich wurde die Zusammenarbeit der Vichy-Regierung mit der Nazi-Regierung, insbes. bei der Verfolgung und Ermordung der französischen Juden fast 60 Jahre beschwiegen, mit Lügen zugedeckt, die Résistance mythisch überhöht. Siehe: http://www.zeit.de/2002/12/Untergang_einer_Staatsluege?page=1 36 A.a.O., S.94 37 Mir fallen nur Wolfgang Berghofer (Oberbürgermeister von Dresden) und Günter Schabowski (Polit-büromitglied) ein.

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Die Verengung der Aufarbeitung der SED-Diktatur auf die Stasi und die IMs erweist als fatal: Es wird unerbittlich um Menschen gestritten, die wegen einer besseren Wohnung, einer schnelleren Autoliefe-rung, wegen eines väterlichen Freundes als Stasi-Kontaktperson IM wurden. Man verliert aus dem Blick, dass manche gezwungen wurden, manche durch ihre Berichte auch Menschen geschützt haben, manche gleich wieder ausgestiegen sind oder gar nein gesagt haben! Dabei verliert man auch die Nomenklatura aus dem Blick. Ein Angehöriger der DDR-Oberschicht wie Dr. Gregor Gysi, Sprecher der DDR-„Rechtsanwälte“, SED-Mitglied und „Reisekader“, empört sich über die Unterstellung einer Zusammen-arbeit mit dem MfS mit dem Hinweis, sein Ansprechpartner sei das Zentralkomitee gewesen. Siehe auch die Fälle in: Ich habe „Nein!“ gesagt. Zivilcourage in der DDR, von Marco Hecht und Gerhard Praschl, Berlin 2002 und Fn 72. 38 Potsdamer Neueste Nachrichten v. 12.9.2008 39 Auch noch ein Jahrzehnt nach der „Wende“ 1945 hielten viele Deutsche die Nazizeit für die Zeit, in der es den Deutschen besser als zurzeit gegangen war. 40 Bedauerlich, dass in Brandenburg ein solcher Vergleich im Unterricht nicht erwünscht ist; s. Fn 5! 41 Leider wird Geschichte sehr oft als Pauk- und nicht als Denkfach praktiziert. Grundlegende Auseinandersetzung mit dem kommunistischen Gesellschaftssystem, mit der kommunistischen Ideologie ist, wenn auch in unzulänglichem Maß, erst Thema des Politikunterrichts der S II; s. Fn 1! Die Einführung operationalisierter Bildungsstandards kommt hoffentlich auch für den Geschichts- und Po-litikunterricht, so dass die von Schülern zu erwartenden Kompetenzen präziser bestimmt werden können. 42 Richard Schröder zitiert den Klassiker: „Was passiert, wenn der Sozialismus in der Sahara eingeführt wird? Fünf Jahre nichts, dann wird der Sand knapp.“ Lesenswert auch die „Sieben Weltwunder der DDR“. (Die wichtigsten Irrtümer über die deutsche Einheit, S.71). 43 Zu den Mythen und Irrtümern der Wendezeit siehe die Bücher von Schröder, Steiner, Eckert! 44 Amadeu-Antonio-Stiftung verleiht eine Ausstellung „Das hat´s bei uns nicht gegeben! Antisemitismus in der DDR“, www.amadeu-antonio.stiftung.de 45 Obst vergleicht das Einkommen des westdeutschen Bundeskanzlers mit dem Einkommen und den kostenlosen Privilegien von Honecker und Stoph Ende der 60er Jahre. Beides ist in etwa gleich. Hone-ckers Gesamteinkommen betrug aber das 14fache des DDR-Durchschnitteinkommens, das des Bundeskanzlers das (seinerzeit) 5fache eines durchschnittlichen westdeutschen Arbeitnehmereinkom-mens. 46 Diese Akte ist laut Prof. Schroeder (Vortrag in Potsdam am 7.4.08) nicht mehr auffindbar. 47 Ich verwende deswegen den Begriff der DDR-Oberschicht, auch wenn es diese in der sozialistischen Gesellschaft eigentlich nicht geben sollte. Die Privilegien der Nomenklatura (eigene Krankenhäuser, be-sondere Restaurants und Einkaufsmöglichkeiten, Reisefreiheiten) gepaart mit überdurchschnittlichem Nominaleinkommen, rechtfertigen das. 48 Zitiert von Martin Sonneborn, ehem. Chefredakteur der Satire-Zeitschrift Titanic in: FAZ v. 9.6.08, p. 42. Sonneborn dreht einen Film über eine Rundreise in Ostdeutschland. Der Bericht geht so weiter: „Ich frag-te natürlich nach, welches System das beste gewesen sei. Daraufhin stemmte er die Arme in die Hüften, seufzte auf `pffffffft´ und starrte minutenlang ratlos in den Himmel.“ 49 Die ehemaligen Großfarmen, die Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften, in denen die Bauern als Landarbeiter beschäftigt waren, werden heute, teilweise mit den ehemaligen LPG-Vorsitzen-den als Geschäftsführer, mit modernster, Arbeitskräfte sparender Technik weitergeführt. Die Landarbei-ter, soweit sie nicht eine Altersversorgung erhalten, die sie in der DDR in der Höhe nie erhalten hätten, sind arbeitslos. 50 http://www.tagesschau.de/inland/meldung159186.html. 1960 vor dem Bau des „antifaschistischen Schutzwalls“ verließen z. B. 247000 Menschen die DDR, 25000 zogen zu. 2004 verließen 185000 Menschen die neuen Bundesländer, 133000 zogen zu. (Datenreport 2006, hrsg. vom Statistischen Bun-desamt, Bonn 2006, S. 47) 51 Das Statistische Bundesamt geht für die ehemalige Bundesrepublik von einer „erheblichen Untererfas-sung“ aus, da es eine Meldepflicht erst ab 1995 gibt. Andererseits galt für die DDR, dass jede dritte schwangere Frau eine Abtreibung vornehmen ließ. 52 Das wird deutlich bei den Reaktionen auf die Erwähnung der häufigen Abtreibungen in der DDR im Zusammenhang mit der Ursachenforschung bei den zahlreichen Kindsmorden durch junge Mütter http://www.focus.de/politik/deutschland/abtreibungen-normalste-sache-der-welt_aid_263590.html oder bei Hinweisen auf die autoritäre Erziehung im Zusammenhang mit Ausländerfeindlichkeit http://www.rbb-online.de/_/kontraste/beitrag_jsp/key=rbb_beitrag_1259342.html Diese Thematik scheint zum Tabuthema zu werden, weil in Frage gestellt wird, dass es ein normales Le-ben jenseits von Partei und Staat gegeben hätte. Maaz, s. Fn 7, S. 191, schreibt dazu: „Wenn ich die Wahrheit nicht zulasse, weil sie so schmerzt, muss ich viel Energie zu ihrer Unterdrückung aufwenden.“

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Er befürchtet, dass dies die Gegensätze zwischen West- und Ostdeutschen in Zukunft noch viel krasser werden lässt. http://www.zeit.de/2001/14/Wie_Pubertierende 53 Das als effizient vermutete Schulwesen der DDR scheint als ein letzter Mythos nicht nur zu überleben, sondern erfreut sich wachsender Sympathie in Westdeutschland. Dass in den 60er und 70er Jahren die meisten Staaten vielgliedrige Schulsysteme abgeschafft haben, interessiert weniger. Die westdeutschen Reformschulen (Bielefeld, Wiesbaden, Odenwaldschule, Bensheim) sind out. Verwunderlich, dass aus-gerechnet dieses jetzt hoch gelobte Schulsystem in den Revolutionsmonaten im Mittelpunkt der Kritik stand, etwa bei Christa Wolf. 54 Verblüffend realistisch, wenn auch ein wenig langatmig: Christian von Ditfurth, Die Mauer steht am Rhein. Deutschland nach dem Sieg des Sozialismus, Köln 22007 (1999) 55 Der Spiegel zitiert die Bundestagsabgeordnete der Partei „Die Linke, Ulla Jelpke: „… Sozialismus –„meinetwegen auch demokratisch - ….“ (Der Spiegel, 30/2008, p 47). Die oft bemühte Formulierung „Sozialismus mit menschlichem Antlitz“ ließe sich auch einmal hinterfragen… 56 Lenin sorgte 1921, nach dem Aufstand der Kronstädter Matrosen, mit dem Verbot der Fraktionsbildung dafür, dass unterschiedliche Meinungen in der KP nicht mehr diskutiert werden durften. By the way: Der Satz von Rosa Luxemburg über die Freiheit Andersdenkender erhält einzig in diesem Zusammenhang seinen Sinn. Luxemburg kritisierte 1918 Fehler Lenins und seinen sich abzeichnenden Unfehlbarkeits-anspruch. Mit bürgerlicher Demokratie, noch nicht einmal mit dem revisionistischen demokratischen Sozialismus der SPD hat Luxemburgs Satz etwas zu tun. 57 Dass es für große Teile der DDR-Elite einen reibungslosen Übergang in die neue Bundesrepublik gab, nicht zuletzt dank der Milliarden Mark, die der SED/PDS 1990 zur Verfügung standen und die nie mehr vollständig zurückgefordert werden konnten. Die Unabhängige Kommission zur Überprüfung des Vermö-gens der Parteien und Massenorganisationen der DDR schloss 2006 ihre Arbeit nach sechzehn Jahren ab und schrieb: „Die SED/PDS verfolgte eine Strategie der Vermögensverschleierung.“ 58 Franz Loeser, Philosophieprofessor an der Humboldt-Universität und hochrangiger SED-Funktionär, berichtet in seinem stellenweise lesenswerten Buch „Die unglaubwürdige Gesellschaft. Quo vadis DDR?“ Köln 1984, diese Details. Er floh Anfang der 80er Jahre aus der DDR, blieb aber überzeugter Marxist. Er hielt die SED-Diktatur für „entartet“ und hoffte auf eine wahre sozialistische Demokratie. 59 Vereinsrechtlich scheint es so zu sein, dass die SED nie aufgelöst wurde, sondern sich nach Anpas-sung an das Parteiengesetz mehrfach umbenannte. 60 Zumindest behauptet das der ehemalige DDR-Rechtsanwalt und letzte SED-Vorsitzende Dr. Gysi für seine Mandanten getan zu haben. 61 Gegen Lafontaines „50 Milliarden-Versprechen“ melden sogar Linkspartei-Abgeordnete Bedenken an. 62 „Neues ökonomisches System der Planung und Leitung“ (NÖSPL). Dabei handelt es sich um eine Reform des planwirtschaftlichen Systems in den 60er Jahren, d.h. Einführung marktwirtschaftlicher Ele-mente in die Zentralverwaltungswirtschaft. 63 Obst war ein wichtiger Manager der DDR-Planwirtschaft, der den Staat 1969 resigniert verließ. Er sagt den Zeitpunkt der Pleite der DDR zum selben Zeitpunkt voraus, wie Planungschef Schürer 1989, nämlich 1990/91. Als der SPD-Politiker Ringstorff 1990 nach den ersten freien Volkskammerwahlen forderte, die Erlöse der Privatisierung der DDR-Wirtschaft der Bevölkerung zugute kommen zu lassen, fragte ihn der DDR-Ministerpräsident de Maizière, wie er darauf komme, dass da etwas zu verteilen wäre. (Schröder, a.a.O. S. 72) 64 Siehe z. B. den Bericht des Spiegel über den zu erwartenden Bankrott der DDR 1983: www.spiegel.de/schulspiegel/0,1518,533807,00.html 65 Auch wenn angesichts der Erschütterungen der Finanzmärkte Enteignungsfantasien wuchern: Die DDR hatte, nach meiner Kenntnis der Faktenlage, nie eine Spekulationskrise. Sie war allerdings schneller bankrott als Lehmann Brothers Inc., die 1850 gegründet wurden. 66 So nennt Loeser die Zeit, in der der Kommunismus einst verwirklicht sein wird; s. Fn. 24. Vergleiche dazu auch die Studie Kommunismus als Religion. Die Intellektuellen und die Oktoberrevolution, von Michail Ryklin, Frankfurt am Main und Leipzig 2008. 67 http://www.wiwi.uni-frankfurt.de/Professoren/ritter/veranstalt/ss97/wipol/projekt/pro31.htm 68 Dieses Thema scheint noch nicht sehr erforscht zu sein. Eine Mangelwirtschaft, in der aber alles zu kriegen ist, kann nur durch Korruption am Laufen gehalten werden. Das fing schon bei Autoreifen und Klempnerterminen an. Siehe dazu auch das Interview mit Frau Birthler: http://www.transparency.de/birthler-interview-RB32.1215.0.html 69 Siehe Gottfried Breit, Mit den Augen des anderen sehen - Eine neue Methode zur Fallanalyse. Schwal-bach 1991, 2. unveränderte Aufl. 1992, oder Methodentraining I für den Politikunterricht, erhältlich im Buchhandel oder bei der Bundeszentrale für politische Bildung, http://www.bpb.de/publikationen/ARHLJP,0,0,Methodentraining_I_f%FCr_den_Politikunterricht.html 70 Gegebenenfalls die Beispiele auf http://www.poolalarm.de/kindersuchdienst/ddr-schule.htm

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71 So stand z. B. statt des Italieners Marconi ein Russe als Erfinder der drahtlosen Telegraphie im Phy-sikbuch. 72 Immer mehr davon kommt allmählich ans Licht. Z. B. gab es Aussteiger, die als Indianer(!) zu leben versuchten oder Punks. Es gab illegale Radiosendungen und Flugblätter, Wandzeitungen in Schulen. Es gab IMs, die bewusst falsch informiert haben oder sich offenbarten und damit für SED unbrauchbar wurden. Im Mai 2008 aktuell: Der Fall von Sabine Popp, die im Vogtland 1980 Parolen („Wiederver- einigung“ oder „Mauer weg“) auf die Straße malte. Sie, ihre Schwester und ein Freund mussten für mehrere Jahre ins Gefängnis. Der junge IM, der für seine Denunziationen mit einer Auslandsreise, Geld, einem Austauschmotor und einem Kredit belohnt wurde, sieht sich als Opfer, da sein Name in einer Ausstellung genannt wird, und bemüht die Gerichte. Die Nachbarschaft hält bis heute Distanz zur „Fa-schistin“ Sabine Popp (FAZ, 5.7.08, S. 3). Alle URLs, soweit nicht anders vermerkt, angeschaut zwischen 01.02. und 20.02.2008 Gerne bin ich bereit, auch für hier nicht belegte Aussagen und Informationen Quellen anzugeben.

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Landesarbeitsgemeinschaft Schulbibliotheken in Hessen e.V. www.schulbibliotheken.de © 2008 Günter Schlamp Stand 21.09.08

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Unterrichtsmaterial zur Geschichte "Aktion Rose" CD "DDR-Geschichte in Augenblicken", produziert von der apparat multimedia GmbH, gefördert mit Mitteln der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur. (CD 1, Track 1/2) Arbeitsvorschläge Sekundarstufe I Stundenschwerpunkt Im Mittelpunkt der Stunde steht ein Beispiel für die Umwandlung privaten Eigentums in Volkseigentum in der DDR. Die Schüler/innen beschäftigen sich mit der Frage des Eigentums in unterschiedlichen Gesellschaftssystemen und der Umsetzung bzw. Funktionalisierung sozialistischer Ideen in der SED-Diktatur. Bearbeitungsvorschläge • Der Begriff Volkseigentum: Durch den Lehrenden wird den Schüler/innen der Begriff Volkseigentum (Staatseigentum, entstanden durch Enteignung) erläutert und in Beziehung zum Eigentumsbegriff des BGB gestellt. • Die Schüler/innen hören das Feature zur „Aktion Rose“ und ergänzend dazu das Interview. Anschließend können sie Verständnisfragen zum Gehörten stellen, um danach mit Unterstützung durch den Lehrenden den Ablauf der „Aktion Rose“ zu rekonstruieren. Dabei können auch die Dokumente 2 und 4 zur Hilfe genommen werden. • Die Schüler/innen lesen die Dokumente 1 und 3 und tragen gemeinsam mit der Lehrperson die offiziellen Argumente des SED-Staates für die „Aktion Rose“ zusammen. Anschließend beantworten sie folgende Fragen: Welche Ziele verfolgte die SED mit ihrer Aktion? • Anhand der im Dokument 4 und 5 dargestellten Ergebnisse und Einzelbeispiele machen sich die Schüler/innen ein Bild davon, was die „Aktion Rose“ für die Betroffenen bedeutete. • Die Schüler/innen stellen ihre Gefühle und Gedanken zum Gehörten bzw. Gelesenen dar und diskutieren, ob auf diese Weise soziale Gerechtigkeit hergestellt wurde. Folgende Fragen können gestellt werden: Passt das Vorgehen gegen Hotel- und Restaurantbesitzer zum Anspruch der SED, in der DDR eine sozial gerechte Gesellschaft errichten zu wollen? Kann man eine sozial gerechte Gesellschaft gegen den Willen ihrer Mitglieder durchsetzen? Weiterführende Aufgaben / Projektideen Die Schüler/innen recherchieren historische und aktuelle Versuche, eine sozial gerechte Gesellschaft zu verwirklichen? Das gefundene Material wird in Kleingruppen zu einer Präsentation verarbeitet und vor der Klasse präsentiert. Zu den einzelnen Ergebnissen kann eine Diskussion stattfinden über den Verlauf und den Ausgang der Experimente, wobei die Frage der Demokratie ein zentraler Bezugspunkt der Diskussion sein sollte. Die Schüler/innen schlagen Schritte zur Verwirklichung einer sozial gerechten Gesellschaft

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aus ihrer Sicht vor und diskutieren, wer für diese Schritte verantwortlich sein soll und was sie selbst dazu beitragen können. Arbeitsvorschläge Sekundarstufe II Stundenschwerpunkt Im Mittelpunkt der Stunde steht ein Beispiel für die Umwandlung privaten Eigentums in Volkseigentum in der DDR. Die Schüler/innen beschäftigen sich mit der Frage des Eigentums in unterschiedlichen Gesellschaftssystemen und der Umsetzung bzw. Funktionalisierung sozialistischer Ideen in der SED-Diktatur. Bearbeitungsvorschläge • Welche Formen und Aspekte von Gerechtigkeit gibt es? Was macht eine sozial gerechte Gesellschaft aus? Die Schüler/innen tragen Bestandteile einer solchen Gesellschaft zusammen, die der Lehrende an der Tafel notiert. • Die Schüler/innen hören das Feature zur „Aktion Rose“ sowie das Interview. Ergänzend dazu lesen sie das Dokument 2, um anschließend den Ablauf der Aktion rekonstruieren zu können. • Die Schüler/innen beschäftigen sich anhand der Dokumente 1 und 3 mit der offiziellen Begründung und Legitimation der „Aktion Rose“ und notieren die Ziele, die die SED mit ihrer Aktion verfolgte. Dabei versuchen sie eine Differenzierung zwischen Begründungen, die lediglich der Legitimation des Vorgehens dienten und Begründungen, die mit den angestrebten Zielen direkt übereinstimmten, vorzunehmen. • Anhand der Fallbeispiele aus Dokument 5 sowie der in Dokument 3 dargestellten Ergebnisse der Aktion bekommen die Schüler/innen ein Bild von den Auswirkungen auf die Betroffenen. Vor diesem Hintergrund diskutieren sie die Frage: Passt das Vorgehen gegen Hotel- und Restaurantbesitzer zum Anspruch der SED, in der DDR eine sozial gerechte Gesellschaft errichten zu wollen? • Die Schüler/innen diskutieren, welche Gedanken und Gefühle das Vorgehen der Staatsorgane in der DDR bei ihnen auslöst. Außerdem beantworten sie folgende Fragen: Wie stellt sich den Schüler/innen die DDR im Lichte solcher Maßnahmen dar? Kann man eine Gesellschaftsform gegen den Willen ihrer Mitglieder durchsetzen? Weiterführende Aufgaben / Projektideen Die DDR wurde von der SED als „Arbeiter- und Bauernstaat“ bezeichnet und als „Diktatur des Proletariats“. Die Schüler/innen untersuchen die Machtstrukturen und die Herrschaftsausübung in der DDR und diskutieren anschließend die Frage: Was war die DDR für ein Staat? Hatten die Arbeiter und Bauern das Sagen? Unterstützend zum Stundenschwerpunkt schauen sich die Schüler/innen den Dokumentarfilm „und dann standen wir vor dem Nichts“ der Stiftung Aufarbeitung an.

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Dokumente Dokument 1 Einsatzplan für die Aktion Rose Entwurf : Ministerium des Innern, Hauptverwaltung Deutsche Volkspolizei Berlin, 30. Januar 1953 Einsatzplan für die Aktion Rose Betrifft: Ferienaktion Bezug: ohne Im gesamten Küstengebiet der DDR einschließlich der Insel Rügen (ausgenommen Insel Hiddensee) findet in der Zeit vom 10.2. bis 10.3.1953 eine Überprüfung sämtlicher Besitzer und Pächter von Hotels und Pensionen statt. Es liegen Hinweise vor, daß von diesen Besitzern seit Jahren ständig gegen die Gesetze der DDR verstoßen wird. Diese Verstöße finden ihren Ausdruck in dem Verkauf von illegal eingeführten Westwaren, Verkauf von bezugsbeschränkten Waren ohne Markenabgabe zu überhöhten Preisen, in Wirtschaftsverstößen schlechthin. Darüber hinaus besteht der begründete Verdacht, daß die Besitzer dieser Hotels und Pensionen mit den Agentenzentralen des amerikanischen Imperialismus in Westberlin und Westdeutschland in Verbindung stehen und für dieselben arbeiten. Zwecks Einschränkung bzw. Beseitigung dieses Gefahrenherdes für die DDR wird angeordnet, entsprechende Untersuchungen und Ermittlungen gegen die in der Anlage I genannten Hotelbesitzer, Verwalter, bzw. Pächter einzuleiten. [...] Quelle: Bundesarchiv Berlin, Bestand "Aktion Rose", Findbuch MdI der DDR 11/755 Blatt 1 bis 22. Dokument 2 Instruktion BDVP Rostock, Einsatzleitung vom 4. Februar 1953 Instruktion I zum Befehl des Chefs der Deutschen Volkspolizei Betr. Aktion Rose Die der Zentralschule der Volkspolizei K Arnsdorf durch Befehl des Chefs der Deutschen Volkspolizei übertragene Aufgabe ist von größter politischer Bedeutung und erfordert von jedem VP-Angehörigen das größtmöglichste Maß an Einsatzkraft und Bewußtsein. Gründlichkeit, politische Parteilichkeit und ein Höchstmaß an Disziplin ist die Voraussetzung für das Gelingen der uns übertragenen Aufgabe. [...] II:) Arbeitsweise der Einsatzgruppen: a) Ausschlaggebend für den weiteren Verlauf des jeweiligen Untersuchungsverfahrens ist der Beginn der Überprüfung, d.h. der Eintritt in das Haus durch die Einsatzkräfte hat so überraschend zu erfolgen, daß es dem Besitzer oder Pächter nicht möglich ist Beweismaterial beiseite zu schaffen Die jeweiligen Maßnahmen, die hierzu notwendig sind, bleiben dem

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Geschick der Einsatzgruppenleiter überlassen.... c) Da das Gästebuch wichtige Hinweise für die Durchführung des Ermittlungsverfahrens gibt, ist es zu beschlagnahmen. Es ist nicht besonders im Beschlagnahmeprotokoll zu vermerken, sondern unter sonstiges Schriftenmaterial etc. zu nehmen. d) Bei der Befragung und Vernehmung des Personal Berücksichtigt muß hierbei werden, daß es sich bei den Hotelangestellten um Menschen handelt, die noch nicht in dem Masse ihre Abhängigkeit von ihrem Arbeitgeber abgelegt haben, wie z.B. ein Betriebsarbeiter. Man muß bestrebt sein, das Vertrauen dieser Menschen zu erwerben, dann wird es möglich sein, vieles von ihnen zu erfahren. IV Festnahmen a) Bei der Vornahme von Festnahmen ist der Abschnittsleiter zu unterrichten. Der Antrag zum Erlaß eines Haftbefehls ist beim Staatsanwalt des jeweiligen Kreises einzuholen. b) Die festgenommenen Personen werden in nachstehend aufgeführten Haftanstalten eingeliefert: Abschnitte 1 und 2 Haftanstalten Stralsund u. Grimmen Abschnitt 3 Haftanstalten Wolgast, Greifswald Abschnitt 4 Haftanstalt Rostock Abschnitt 5 Haftanstalt Wismar Abschnitt 6 Haftanstalt Grevesmühlen Quelle: Bundesarchiv Berlin, Bestand "Aktion Rose", Findbuch MdI der DDR 11/755 Blatt 1 bis 22. Dokument 3 §§ 1 und 2 der Wirtschaftsstrafverordnung der DDR (angewandt in 208 Verfahren) (1) „Wer die Durchführung der Wirtschaftsplanung oder die Versorgung der Bevölkerung dadurch gefährdet, dass er vorsätzlich 1. entgegen einer für ihn verbindlichen Anordnung einer Dienststelle der Wirtschaftsverwaltung die Herstellung, Gewinnung, Verarbeitung, Bearbeitung, Beförderung oder Lagerung von Rohstoffen oder Erzeugnissen ganz oder teilweise unterlässt oder fehlerhaft vornimmt, 2. Gegenstände, die wirtschaftlichen Leistungen zu dienen bestimmt sind, ihrem bestimmungsgemäßen Gebrauch entzieht oder ihre Tauglichkeit hierfür mindert, 3. Rohstoffe oder Erzeugnisse entgegen dem ordnungsmäßigen Wirtschaftsablauf vernichtet, beiseite schafft, zurückhält oder im Werte mindert, wird mit Zuchthaus und mit Vermögenseinziehung bestraft. (2) Liegt ein minderschwerer Fall vor oder ist die Tag fahrlässig begangen, so ist auf Gefängnis und Geldstrafe oder auf eine dieser Strafen zu erkennen.“ Quelle: Klaus Müller: Die Lenkung der Strafjustiz durch die SED-Staats- und Parteiführung der DDR am Beispiel der „Aktion Rose“. Lang Verlag 1995, S. 111f. Dokument 4

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Auszug aus dem Abschlussbericht des Generalstaatsanwalts der DDR vom 2. Mai 1953 IV. Ergebnis der Aktion Die Untersuchungen der Deutschen Volkspolizei endeten mit folgendem Ergebnis: 1. Insgesamt durchgeführte Überprüfungen 711 2. Eingeleitete Ermittlungsverfahren 527 3. Davon Vorgänge mit Republikflucht 130 4. Festnahmen 447 5. Republikflüchtige Personen 219 Beschlagnahmen: Insgesamt beschlagnahmte Objekte einschließlich der Grundstücke, die unter die VO vom 17.7.1952 § 1 fallen: 621 Der Einheitswert dieser Objekte beträgt ca. 30.000.000 DM Nicht enthalten ist in dieser Summe das Inventar. Davon Hotels und Pensionen 440 Gaststätten, Wohnhäuser, Wirtschaftsbetriebe 181 An Bargeld und Konten wurden ca. 1.645.000 DM an Schmuck und Wertsachen im Werte von ca. 300.000 DM sichergestellt. Ferner wurden sichergestellt: 1. Omnibusse 17 2. Personenkraftwagen 54 3. Lastkraftwagen 10 4. Lieferwagen 11 5. Krafträder 11 Hinzu kommen noch verschiedene Funkgeräte, Fischerboote, Aggregate, Waffen usw. Quelle: Ernst-Jürgen Walberg/Thomas Balzer: Erinnerungen für die Zukunft. Dietz Verlag 1999, S. 93. Dokument 5 3 Einzelfälle von Betroffenen der „Aktion Rose“ 1.) Fall Schade, Kröpelin (Bad Doberan) Ein Landwirt wurde am 15.4.1953 zu einer Zuchthausstrafe von drei Jahren nebst Vermögenseinziehung verurteilt. Ihm wurde vorgeworfen, Vieh verkauft und Korn angekauft und wieder verkauft zu haben, in der Absicht, das Gebiet der Deutschen Demokratischen Republik zu verlassen. Während seiner Fahrt nach Westberlin wurde er gestellt. In diesem Fall entschied sich die Kommission für die Rückgabe zur Nutzung. 2.) Fall Schulz, Kühlungsborn Gegen eine Rückgabe zur Nutzung entschied sich die Kommission in folgendem Fall: Ein Fleischer, der sechs Gesellen und einen Lehrling beschäftigt hatte und neben seiner Fleischerei eine 64 Hektar große Landwirtschaft mit drei Landarbeitern betrieb, wurde am 23.3.1953 zu zwei Jahren Zuchthaus nebst Vermögenseinziehung verurteilt. Ihm wurde vorgeworfen, wöchentlich unentgeltlich und ohne Markenabgabe an seine Beschäftigten Fleisch weitergegeben zu haben und dadurch 17 Zentner Fleisch beiseite geschafft zu haben. Zudem soll er 1952 einen Pkw zum Preis von 11.000 D-Mark erworben haben,

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obwohl der Schätzwert des Wagens bei 3.000 D-Mark lag. Im Jahr 1953 soll er im Zusammenhang mit einer Viehzählung drei Kühe und zwei Schafe verschwiegen haben. Ferner habe er die Landwirtschaft nur deswegen gehalten, um problemlos Schwarzschlachtungen durchführen zu können. Zur Begründung der Versagung der Rückgabe führte die Kommission aus, „dass es sich hier um keinen Härtefall handelt und dass eine Rückgabe zur Nutzung nicht erfolgen kann.“ 3. Fall Possehl, Bad Doberan Im folgenden Beispielsfall entschied die Härtekommission ebenfalls negativ. Hier handelte es sich um einen Landwirt, der zu vier Jahren Zuchthaus nebst Vermögenseinziehung verurteilt wurde, weil er Sollrückstände in der Wirtschaft aufkommen ließ. Er bewirtschaftete eine Fläche von 27 Hektar. Zur Begründung führte die Kommission aus: „dass die örtlichen Organe die Überlassung zur Nutzung ablehnen. Die Kommission lehnte ebenfalls die Rückgabe ab.“ Quelle: Klaus Müller: Die Lenkung der Strafjustiz durch die SED-Staats- und Parteiführung der DDR am Beispiel der „Aktion Rose“. Lang Verlag 1995, S. 72f. Hintergrundtext Sozialistisches Eigentum statt Privateigentum Der marxistisch-leninistischen Theorie zufolge sind Privateigentum an Produktions-mitteln und Kapitalbesitz die Hauptursache für die Ausbeutung und Entfremdung des Menschen. Dementsprechend galten auch in der SBZ/DDR die Beseitigung des Privateigentums und die Überführung der Produktionsmittel in gesellschaftliches Eigentum als wichtigste Ziele der sozialistischen Umgestaltung der Gesellschaft. Bereits 1945 erfolgte als erste der strukturell einschneidenden Reformen in der sowjetischen Besatzungszone (SBZ) die Bodenreform, die von allen zugelassenen Parteien unterstützt wurde. Durch die Enteignung von Grundbesitzern mit mehr als 100 Hektar Land konnten insgesamt 2,1 Millionen Hektar Land unter etwa 500 000 Personen verteilt werden. Von großer Bedeutung für die weitere ökonomische und politische Entwicklung war der Befehl 124 der sowjetischen Militäradministration (SMAD) vom 30. Oktober 1945, der das gesamte Eigentum des deutschen Staates, der NSDAP und ihrer Amtsleiter sowie der Wehrmacht auf dem Gebiet der sowjetischen Besatzungszone für beschlagnahmt erklärte. Einen Teil davon stellten Betriebe dar, die durch die SMAD in sowjetische Aktiengesellschaften (SAG) umgewandelt wurden und in den Besitz der UdSSR übergingen. Den übrigen Teil stellte die SMAD im März 1946 den ostdeutschen Verwaltungen zur Verfügung. Die KPD und spätere SED drängten, nicht zuletzt unter dem Druck der SMAD, auf die Überführung der Betriebe in „Volkseigentum“ und verstaatlichten damit einen wesentlichen Teil der Industrie (Anteil an der Bruttoproduk-tion 1946: 40 Prozent). Vor allem 1948 führten Prozesse gegen Unternehmer, die als „Wirtschaftsverbrecher“ angeklagt wurden, zu weiteren Verstaatlichungen. Auch Banken und Versicherungen befanden sich nach ihrer Wiedereröffnung in Staatsbesitz. Die zumeist kleineren und mittleren Industriebetriebe waren seit dem Beginn des Zweijahrplanes (1949/50) ebenso wie das produzierende Handwerk durch staatlich gelenkte Materialzuteilungen und langfristige Verträge an die volkseigenen Betriebe

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gebunden. Der private Einzelhandel, der 1950 noch knapp 53 Prozent des Einzelhandelsumsatzes abdeckte, hatte infolge der andauernden Rationierung der meisten Lebensmittel und vieler Konsumgüter sowie angesichts von Festpreisen und Konkurrenz durch die staatliche Handelsorganisation (HO) und die staatlich geförderten Konsumgenossenschaften keine Entwicklungschancen mehr. Mit dem ersten Fünfjahrplan 1950 beschloss die SED-Führung die Einbindung der DDR in den politischen und ökonomischen Verbund der sozialistischen Staaten, den „Rat für Gegenseitige Wirtschaftshilfe“, und übernahm gleichzeitig die Grundzüge des sowjetischen Wirtschaftssystems. Das bedeutete eine Zunahme des ohnehin schon starken Zentralismus in der Planung und Leitung, um den Führungsanspruch der SED in allen volkswirtschaftlichen Belangen durch zu setzen. Nicht zu vernachlässigen ist die höchst problematische Ausgangslage der ostdeutschen Wirtschaft: In Folge der Teilung Deutschlands war die ursprüngliche Arbeitsteilung zwischen Schwerindustrie im Westen und Leichtindustrie in Mitteldeutschland aus dem Gleichgewicht geraten; eine eigene Rohstoffversorgung fehlte, außerdem mussten Reparationen in Höhe von 40 Milliarden Mark an die Sowjetunion gezahlt werden. Dazu kam, dass die ehemalige wirtschaftliche Führungsschicht in einem Entnazifizierungsverfahren in Folge Beteiligung bzw. Verstrickung in NS-Verbrechen enteignet und zum Teil verhaftet worden war. Diese Stellen wurden nun mit politisch zuverlässigen, fachlich aber oft ungeeigneten Personen besetzt. Die Hintergründe für die „Aktion Rose“ Im Sommer 1952 beschloss die Zweite Parteikonferenz der SED den Aufbau des Sozialismus in der DDR. Die Vorstellungen vom Sozialismus, wie sie die SED vertrat, waren durch die sowjetische Praxis geprägte, stalinistische Ideen. Nach dieser Parteikonferenz wurde die Praxis der Enteignung radikalisiert. Die weit gefassten gesellschaftspolitischen Ziele wurden hinter dem Vorwurf krimineller Wirtschafts-sabotage versteckt und mit strafrechtlichen Deliktfabrikaten, wie es Otto Kirchheimer nannte, durchgesetzt. Deliktfabrikate heißt, dass nach Belegen für allgemein gebräuchliche wirtschaftliche Vorgänge – die nach der neuen Wirtschaftsstrafverordnung aber auch als kriminell interpretiert werden konnten – gesucht wurde und im Falle des Findens von Beweisen, diese Personen dann wegen Wirtschaftsstraftaten angeklagt und verurteilt wurden. Die SED mit ihrer politischen Polizei, der Staatssicherheit, ging nun daran, die Feinde des Sozialismus zu identifizieren. Dazu gehörten neben den politischen Abweichlern, den Andersdenkenden und den Kirchen vor allem der Klein- und Mittelstand: selbstständige Handwerker, Hoteliers und Gastronomen, Unternehmer und sonstige Freiberufler sowie die Bauernschaft. Sie alle wurden kriminalisiert und verfolgt. Grundsatz war: ‚Wenn man nur lange genug sucht, findet man schon etwas’. Die „Aktion Rose“ diente der Enteignung von privaten Hotels, Pensionen, Restaurants, Taxiunternehmen und Fischräuchereien an der Ostseeküste. Es war eine Gewaltaktion gegen die eigenen Bürger, die die SED-Staats- und Parteiführung zu Beginn des Jahres 1953 inszenierte. Ermittelt wurde wegen angeblicher Wirtschaftsdelikte und wegen des Verdachts der Agententätigkeit für westdeutsche und amerikanische Geheimdienste. Die Aktion war generalstabsmäßig geplant und wurde durch Offiziere und

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Offiziersschüler der Polizei aus Sachsen in Verbindung mit der Bezirksverwaltung für Staatssicherheit des Bezirkes Rostock durchgeführt. Ausgelöst wurde die Aktion durch einen Brief des FDGB-Feriendienstes an das ZK der SED vom Juli 1952, mit dem der FDGB einen besseren Zugriff auf in Privatbesitz befindliche Hotels für die kommende Urlaubssaison forderte. Als Walter Ulbricht 1952 auf der Insel Rügen war, störten auch ihn die privaten Hotels. Zudem gab es Pläne von Seiten der Sowjetunion, den Jasmunder Bodden auf der Insel Rügen zu einem Kriegshafen ähnlich Murmansk auszubauen. Für die Realisierung der Verteidigungspläne der „Schutzzone Ostsee“ wurden Immobilien zur Unterbringung von Soldaten und Arbeitern gebraucht. Hinzu kam, dass die selbstständig arbeitenden Unternehmen dem Aufbau der Planwirtschaft in der DDR im Wege standen. Der Verlauf der „Aktion Rose“ Vom 10. Februar bis zum 10. März 1953 wurden von fünf eigens zusammengestellten Volkspolizei-Einsatzgruppen, insgesamt 400 Mann, von denen der größte Teil aus der Polizeischule Arnsdorf (Sachsen) kam, Hunderte von Hotels, Restaurants und anderen selbstständigen Betrieben und Dienstleistungseinrichtungen durchsucht. Den Schwer-punkt der Aktion bildeten die Inseln Rügen und Usedom. Die Volkspolizei nahm 447 Personen unter der Beschuldigung fest, sie hätten Wirtschaftsverbrechen begangen. 219 Betroffene konnten rechtzeitig in den Westen fliehen. 440 Hotels und Pensionen sowie 181 Gaststätten, Wohnhäuser und Wirtschaftsbetriebe wurden beschlagnahmt, in 527 Fällen wurden strafrechtliche Ermittlungsverfahren eröffnet. Als eine der juristischen Hauptwaffen in diesem politischen Kampf erwies sich die Wirtschaftsstrafverordnung vom 23. September 1948 (Dokument 3). In Bützow, dem Sitz der Untersuchungshaftanstalt, in die die Verhafteten der „Aktion Rose" zentral verbracht wurden, bildete man zu ihrer Aburteilung ein Sondergericht aus politisch besonders zuverlässigen Richtern, das in kürzester Zeit die Urteile sprach, die die SED von ihm erwartete. Insgesamt wurden 408 Personen verurteilt – überwiegend nach den Gummiparagraphen der bereits genannten Wirtschaftstrafverordnung von 1948, die von den Richtern mit einer unglaublichen Willkür angewandt wurden. Die Strafmaße lagen zwischen einigen Monaten Gefängnis und 10 Jahren Zuchthaus. Entscheidender als die Haftstrafen war jedoch aus der Sicht der SED der Vermögens-einzug, zu dem die Betroffenen ebenfalls durchweg verurteilt wurden. Hierdurch bemächtigte sich das Regime der Hotels und Gaststätten mit dem Ziel, den Ostsee-tourismus unter der Ägide des Feriendienstes des "Freien Deutschen Gewerkschafts-bundes" zu sozialisieren. Stolz präsentierte der Generalstaatsanwalt am 2. Mai 1953 das Ergebnis dieser Aktion: Allein der Wert der "beschlagnahmten" Objekte belief sich auf 30 Millionen Mark, weiterhin wurden Bargeld in Höhe von insgesamt 1,7 Mio. Mark und ca. eine halbe Mio. Mark an Schmuck und Wertsachen eingezogen. Zwar musste die SED wenig später, im Juni 1953, auf sowjetisches Geheiß und in der Folge der Ereignisse des 17. Juni ihre harte Umgestaltungs- und Repressionspolitik abmildern – der so genannte "Neue Kurs" brachte den meisten verurteilten Hotel- und Restaurantbesitzern die Freiheit und manchem auch vorübergehend den Besitz zurück – auf lange Sicht ging das Regime jedoch von seinem Ziel, der Liquidierung des Mittelstandes im Hotelgewerbe, nicht ab.

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Literatur Otto Kirchheimer: Politische Justiz – Verwendung juristischer Verfahrensmöglichkeiten zu politischen Zwecken, Neuwied und Berlin, 1. Aufl. 1965. Klaus Müller: Die Lenkung der Strafjustiz durch die SED-Staats- und Parteiführung der DDR am Beispiel der Aktion Rose, Lang Verlag 1995. Falco Werkentin: Methoden und Verfahrensweisen der verdeckten Enteignung selbständiger Produzenten, Gewerbetreibender, Bauern und Grundstücks-/ Hauseigentümer in der Geschichte der SBZ/DDR. In: forum historiae juris, www.rewi,hu-berlin.de, 1998. Ernst-Jürgen Walberg/Thomas Balzer: Erinnerungen für die Zukunft: Geschichten und Geschichte aus dem Norden der DDR. Hrsg. vom Norddeutschen Rundfunk. Dietz Verlag 1999. Martin Holz: Die Aktion Rose 1953 an der Ostseeküste. In: Rugia Rügen-Jahrbuch Jahrgang 2004. (Dieser Eintrag basiert auf dem Artikel und den Berichten von Zeitzeugen) Politische Strafjustiz in der früheren DDR dargestellt an ausgewählten Einzelschicksalen. Zusammengestellt durch die Landesjustizverwaltungen der fünf neuen Bundesländer. Erfurt, 1996. Filmdokumentation: „Dann standen wir vor dem Nichts“, Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, 2003.

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Grundzüge der Wirtschaftspolitik

http://www.wiwi.uni-frankfurt.de/Professoren/ritter/veranstalt/ss97/wipol/projekt/pro31.htm

Warum scheiterte die DDR? Harald Henke, Dominic Wolfram, Robin Heintz, Galera Drego, Jessica Haff

Eine wirtschaftliche Analyse

Das Wirtschaftssystem der DDR

Die Wirtschaft der DDR war ein typisches Beispiel für eine Zentralverwaltungswirtschaft. Grundprinzip war dabei die zentrale Planung und Lenkung von Produktion und Verteilung der Güter. Produktionsmittel und Bankwesen waren in Staatshand.

Entscheidend für die Lenkung der Wirtschaft waren die Wirtschaftspläne. Sie wurden von der staatlichen Planungsbehörde als Steuerinstrument erstellt. Dabei gab es sowohl Produktionspläne für die Betriebe als auch Bedarfspläne für die Bevölkerung. Letztere stellte den Betrieben Arbeitskräfte zur Verfügung und musste sich den staatlichen Konsumplänen unterordnen. Die Betriebe erhielten ihrerseits Produktionsauflagen (z.B. in Bezug auf Güterarten, Preise oder auch Mengen). Oberstes Ziel war die Erfüllung der in den Plänen festgelegten Normen. Der Erfolg der Planerfüllung wurde in regelmäßigen Abständen überprüft.

Problemanalyse

A. System-Probleme

Diskrepanz zwischen Ideologie und Wirklichkeit

Gigantische, unproduktive Bürokratie zur Koordination der Wirtschaft

Beispiel: Bis der Jahresplan für einen Betrieb vollendet ist, durchlief er (teilweise mehrmals) Parlament, Ministerrat, Plankomitee, Funktionalministerium, Industrieministerium, VVBs und VEBs.

Im Jahre 1977 beliefen sich die Staatsausgaben für den Staatsapparat und die Wirtschaftsverwaltung auf 3,6 Milliarden DDR-Mark, mehr als 3 % des Staatshaushaltes.

Unflexibilität der Wirtschaft

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Die DDR-Wirtschaft war nicht in der Lage, auf Weltmarktveränderungen zu reagieren, da das starre Planungssystem lähmend wirkte.

Teurer Sicherheitsapparat

Die DDR hatte eine Vielzahl verschiedener Ordnungs- und Kampfverbände, so u.a. das Ministerium für Staatssicherheit (MfS), Volkspolizei (VoPo), Bereitschaftspolizei, Grenztruppen, Nationale Volksarmee (NVA), Kampfgruppen. Jedes Jahr wurden viele Milliarden Mark für die Ausrüstung und Unterhaltung dieser Einheiten ausgegeben. So machten die Ausgaben 1977 ca. 10 % des ge- samten Staatshaushaltes aus (11 Milliarden DDR-Mark).

Chaotische Wirtschaftsweise

Jahrzehntelang lebte die DDR-Wirtschaft von ihrer Substanz. Die Staatsausgaben waren höher als die Einnahmen aus den wenigen produktiven Bereichen. Vor allem in den achtziger Jahren wurde das staatliche Überleben erst durch westliche Kredite sichergestellt.

B. Probleme im täglichen Wirtschaftsablauf

Abstimmungsprobleme

Die Planungen im materiellen, güterwirtschaftlichen und finanziellen Bereich gingen nicht Hand in Hand, wie es für eine funktionierende Planwirtschaft unerlässlich ist. Es war nicht unüblich, dass die Produktion eines Betriebes unterbrochen werden musste, weil bestimmte Lieferungen oder finanzielle Mittel fehlten, die von anderen Betrieben bereitgestellt werden sollten.

Interessenkonflikte Betriebe - Planungsbehörden

Betriebe waren zumeist an niedrigen Planauflagen interessiert, was mit einer geringeren zu bewältigenden Arbeitsmenge gleichzusetzen ist, auch wenn ein höheres Ausmaß der Produktion möglich und volkswirtschaftlich sinnvoll gewesen wäre.

Unzureichende Investitionsplanung

Staatlich gelenkte Investitionen flossen häufig in wenig sinnvolle Bereiche ab, an anderer Stelle, an der sie gebraucht wurden, fehlten sie dafür. Beispiel: Der Uranbergbau im Erzgebirge.

Unterentwickelte Infrastruktur Fehlende Tradition der Produktion

Die lange Tradition von Bauernstand, Handwerk und Industrie war vor allem durch die Enteignungen der Anfangsjahre ausgeschaltet worden. So fehlten Leistungsprinzip und -interesse innerhalb der Betriebe.

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Wirkungslosigkeit von Systemen zum Leistungsanreiz

In der DDR gab es zahlreiche Auszeichnungen für besondere betriebliche u.ä. Leistungen. So kannte man ein Vielzahl von Orden und Ehrentiteln wie "Held der Arbeit" oder "Aktivist der sozialistischen Arbeit". Ihre Wirksamkeit ist jedoch höchst fragwürdig.

Maroder Zustand von Anlagen und Maschinen Unproduktive Wirtschaftsweise

Der Beschäftigungsgrad der DDR-Wirtschaft war künstlich hochgehalten. Viele Stellen waren quasi doppelt besetzt, so dass man von einer hohen latenten Arbeitslosigkeit ausgehen konnte.

C. Probleme der Bevölkerung in und mit dem System

Umweltbelastungen

Lebensstandard und Gesundheit der Bevölkerung litten unter der Produktionsweise, die auf Kosten der Umwelt betrieben wurde. Beispiel: Die Chemieanlagen von Bitterfeld.

Versorgungsengpässe

Die Versorgung der Bevölkerung stagnierte, Mangel herrschte vor allem an vielen Konsumgütern.

Korruption

Die Konzentration wirtschaftlicher und staatlicher Macht führte dazu, daß bestimmte Stellen und Ämter zu Schlüsselpositionen im Wirtschaftsablauf wurden. Die Voraussetzungen für Korruption und Misswirtschaft waren damit gegeben; beides war verbreitet.

Flüchtlinge

Die zunehmenden Probleme zusammen mit den Geschichten über den "Goldenen Westen" führten zu einer dramatischen Zunahme der Flüchtlingszahlen vor dem Mauerbau. Auch danach gab es noch Fluchtversuche. Die Flüchtlinge waren zumeist junge Leute, in die der Staat für Ausbildung u.ä. investiert hatte. Diese gingen dem Wirtschaftssystem verloren.

Fehlende Identifikation mit dem System Keine Eigeninitiative

Selbständiges Denken und Handeln war im Betrieb nicht gefragt. Auch im täglichen Leben über nahm der Staat viele Aufgaben, so dass Eigeninitiative völlig unterging. Damit einhergehend ist der Mangel an Motivation der bei vielen Arbeitenden zu beobachten war. Man hatte sich in einem Zustand der Lethargie eingerichtet.

Fehlende Zukunftshoffnungen Gesundheitsgefährdungen am Arbeitsplatz

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Schlechte Arbeitsbedingungen und unzureichende Sicherheitsbestimmungen beim Umgang mit gefährlichen Stoffen sorgten für gesundheitliche Risiken und Unfallgefahren in manchen Arbeitsbereichen. Beispiele: Atom-, Chemieindustrie, Uranbergbau.

III. Zusammenfassung

Das Scheitern der DDR hatte viele Gründe, und selbstverständlich waren diese nicht rein wirtschaftlicher Natur. Auch politische und soziale Ursachen spielten eine Rolle. Die staatlich gelenkte Wirtschaft war aber ein wichtiger Eckpfeiler des gesamten Systems, so dass deren Scheitern auch den Fortbestand der staatspolitischen Konzeption nachhaltig beeinflussen musste.

Eine Volkswirtschaft solcher Größe vollständig und wirksam zu planen erscheint nahezu unmöglich. Einen Produktionsplan aufzustellen, in dem die Produktion hunderter Betriebe mit ihren zahllosen Verflechtungen festgelegt ist, kann nicht funktionieren. Sobald die Kette an einer Stelle unterbrochen ist, ist das ganze System lahmgelegt. Auch ist es nicht möglich, die Produktion auf die Präferenzen der Bevölkerung abzustellen. Das wurde mit der Forderung der völligen Unterordnung des Individuums unter das System überspielt, eine ideologische Schulung der Bevölkerung sollte die Menschen den Erfordernissen des Systems anpassen. Dies hatte keinen Erfolg, es weckte nur Unwillen und Widerstand gegen das System, was nur durch drastische Maßnahmen (Sicherheitsapparat, Mauerbau) nicht zu einem vorzeitigen Zusammenbruch der DDR führte.

Mit der Zeit aber, als die Probleme nicht mehr zu kontrollieren waren und auch der "Große Bruder" in Moskau Schwächen zeigte, begann der offene Widerstand der Menschen, der dann schnell und unblutig zum Ende der DDR führte.

Q

uellenverzeichnis:

• Geschichte der DDR, Informationen zur politischen Bildung 231, 2.Q 1991

Leciejewski, Klaus: Die sozialistische Ordnung der Wirtschaft - Erfahrungen und Konsequenzen, in: Staat und Gesellschaft nach dem Scheitern des sozialistischen Experiments, Veröffentlichungen der Walter-Raymond-Stiftung, Band 31, Köln 1991

Dobias, Peter: Theorie und Praxis der Planwirtschaft, Paderborn 1977 Gabler, Kleines Lexikon Wirtschaft, Wiesbaden 1989 Thalheim, Karl C.: Die wirtschaftliche Entwicklung der beiden Staaten in

Deutschland, Berlin 1981 Wißmann, Ulrich: Ideologie und technischer Wandel, Frankfurt/Main 1983 Schlenk, Hans: Der Binnenhandel der DDR, Berlin 197