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App ersetzt den Tramperdaumen G anz unaufdringlich steht das Schild auf dem Gehweg am Schwäbisch Gmünder Bahnhofplatz zwischen einem kleinen Sparkassenraum und der Front des Hochschulneubaus, auf der leuchtende Lettern die Uhrzeit anzeigen. Es sieht aus wie an einer Bushaltestelle: eine Stange, ein schlichtes „M“ auf grünem Grund, eine Infotafel. Doch nicht Buspas- sagiere sind es, die dort auf eine Mitfahrge- legenheit warten, sondern Tramper. Seit zwei Jahren gibt es fünf solcher Wartepunkte in Schwäbisch Gmünd. Sie heißen Mitfahrsäulen und sind das Produkt einer studentischen Initiative, die sich für mehr Fahrgemeinschaften auf Kurzstre- cken einsetzt – nicht zuletzt dem Klima zu- liebe. Unterstützt wird die Gruppe namens Intention with us, die aus Stu- denten der Hochschule für Gestaltung besteht, von der Stadtverwaltung. Durch ihr Trampernetz sollen ganz unkompliziert Fahrgemeinschaften zustan- de kommen – gerade auf Kurz- strecken, die von bekannten Tramperangeboten im Inter- net wie Blablacar, Mitfah- ren.de oder Bessermitfah- ren.de kaum bedient werden. Der Preis ist Verhandlungssache: Die einen Fahrer ver- langen eine kleine Spritbeteiligung, die an- deren laden ihre Mitfahrer ein. Damit sich die Fahrgemeinschaften fin- den, haben die Studenten nicht nur die Wartepunkte, sondern auch sogenannte Mitfahrscheiben entworfen: DIN A7-große Ausweise, die wie einst der Daumen am Straßenrand hoch gehalten oder einladend mit Fahrzeit und Ziel versehen hinter die Windschutzscheibe gelegt werden können. Man kann sie von der Projekthomepage he- runterladen. Auch eine Smartphone-App, über die Fahrten angeboten und gesucht werden können, ist geplant. Alles, was da- für noch fehle, sei das nötige Kleingeld, be- richtet der 28-jährige Robin Weidner, der Initiator und das Gesicht des Projekts. Die Gmünder Studenteninitiative ist nicht die erste in Baden-Württemberg, die ein lokales Mitfahrnetz aufzubauen ver- sucht. Da ist zum Beispiel das vor drei Jah- ren angestoßene Projekt Husch, das seit fast fünf Monaten via App für Android-Ge- räte und iPhones betrieben wird. Beteiligt sind bisher fünf ländliche Kommunen öst- lich von Mannheim und Heidelberg mit insgesamt 25 000 Einwohnern. Weitere sollen auf lange Sicht hinzustoßen. Das An- gebot soll Lücken im öffentlichen Nahver- kehrsangebot ausgleichen. Das Prinzip: Teilnehmer registrieren sich und erhalten als Erkennungszeichen einen Aufkleber für das Auto sowie eine grüne Tragetasche. Über die kostenlose App können sie sich zu Fahrten verabre- den. Perfekt funktioniert das Digitalange- bot zwar noch nicht, es werde aber aktiv nachgebessert, versichert der Hauptorga- nisator Michael Bering. Er hat auch auf die Nutzerprofile ein Auge: Anmeldedaten werden überprüft, Profile ohne Foto oder ungenutzte Konten gelöscht. In einigen Punkten ähnelt Husch der bürgerschaftlichen Initiative Höri-Mit, die 2011 ins Leben gerufen wurde. Ihr Einzugs- gebiet ist die Halbinsel Höri südlich von Radolfzell am Bodensee, ebenfalls eine ländliche Gegend, mit 10 000 Einwohnern. Die Höri-mit-Gruppe hat Pionierarbeit geleistet und viele Ideen späterer Projekte vorweggenommen. Innerorts hat sie Bus- haltestellen als Wartepunkte ausgewiesen. Die registrierten Teilnehmer bei Höri-mit werden mit Aufklebern, blauen Stoffta- schen und Leuchtbändern für die Nacht ausgestattet. Und die App, die die Husch- Kommunen oder die norddeutsche Initia- tive Fahr-mit nutzen, wurde ursprünglich für Höri-mit entwickelt. Bis heute be- kommt die Hauptverantwortliche Anne Overlack viele Anfragen: „Ein- mal in der Woche sitze ich am Telefon zu dem Thema“, sagt die 57-Jährige. Doch so engagiert die Initia- tiven auch betrieben werden, so viel Sicherheit Registrie- rungsverfahren versprechen, so modern der App-Einsatz an- mutet: Flächendeckende Fahr- tenangebote können noch nicht geschaffen werden. Im Rhein-Neckar-Gebiet und auf der Höri zeigt die Erfahrung: Die Beteiligung ist zu gering. Rund 250 bis 400 Menschen nutzten das Husch-Angebot oder zeigten sich zu- mindest interessiert daran, berichtet Be- ring. Der 71-Jährige zeigt sich dennoch zu- versichtlich: „Die App könnte laufen“, sagt er, „aber wir brauchen einfach Werbung, Werbung, Werbung.“ Für die Höri-Bewohner dagegen hat das Mitfahrprojekt schlicht an Bedeutung ver- loren, nur wenige nutzen es. Ein Grund da- für sei, erklärt Overlack, der gesunkene Leidensdruck. Das Nahverkehrsangebot auf der Halbinsel habe sich in den vergan- genen Jahren verbessert. Auch mangelnder Antrieb spielt eine Rolle: „Es ist schwer, die Leute zu mobili- sieren“, sagt Overlack. Es müsste dauernd geworben werden, aber das braucht viel Zeit. Das Projekt ist nicht bekannt genug, um zum Selbstläufer zu werden. Um mit- tels App ein zuverlässiges Netzwerk aufzu- bauen, müssten ständig Fahrten zur Verfü- gung stehen: „Es müssten Hunderte von Angeboten sein, Hunderte von Anfragen“, sagt Overlack. „Dann könnte es funktionie- ren.“ Es wären ein Umdenken bei den Bür- gern, Medienarbeit und eine stärkere Lob- by nötig, meint sie. Um die Angebote bekannter zu machen, könnte vielleicht ein gemeinsames Dachlo- go helfen. Die Idee kam bei einem Work- shop auf, den die Höri-mit-Gruppe organi- siert hat und an dem unter anderem Vertre- ter der Initiativen Husch und Mitfahr- scheibe.de teilnahmen. Bei Overlack und Bering stößt sie auf Interesse, bei dem De- sign-Studenten Weidner auf Begeisterung. Wie das Logo seiner Ansicht nach aussehen könnte? Ähnlich wie das weiße Mitfahr-M eben. Angelehnt an bekannte Schilder. Wiedererkennbar. Simpel. „So wie das H bei Bushaltestellen.“ Mobilität Am Straßenrand zu warten, bis ein Auto hält – das muss nicht mehr sein. Zumindest nicht überall. Einige lokale Initiativen unterstützen Kurzstreckentramper mit Apps, Aufklebern und Ausweisen. Doch sie ringen um Beteiligung. Von Christiane Widmann Ein Schild für den Klimaschutz: Der Student Robin Weidner will durch feste Wartepunkte und Erkennungszeichen Fahrgemeinschaften fördern. Foto: Jonas Voigt/Mitfahrscheibe.de MITFAHRGELEGENHEITEN DEUTSCHLAND- UND EUROPAWEIT Blablacar Die Online-Mitfahr- zentrale (www.blablacar.de) ist in 22 Ländern vertreten, von Deutschland bis Brasilien. Sie wirbt mit gebührenfreier Buchung via App und Home- page, einfacher Bezahlung des Fahrers über das Internet und bewerteten Mitgliederprofilen mit Foto. Präferenzen wie „Nichtraucher“ können ange- geben werden. Bessermitfahren.de Bei der kostenlosen Vermittlung über www.bessermitfahren.de ist keine Registrierung notwen- dig. Fahrten werden vornehm- lich im deutschsprachigen Raum, aber auch europaweit angeboten. Sie werden mit Zusatzinformationen – vom Autokennzeichen bis zum Fahrstil des Anbieters – auf der Webseite oder in der gleichnamigen App eingetra- gen. Die Verabredungen wer- den via Telefon, SMS oder E- Mail abgewickelt. Auch Zug- fahrten und explizit als kos- tenlos markierte Angebote sind zu finden. Mitfahren.de Das Tramper- Angebot (www.mitfahren.de) verspricht ebenfalls kostenlo- se Nutzung. Über Homepage und App werden Mitfahrgele- genheiten, Fernbus- und Bahnfahrten in und um Deutschland vermittelt. Preise können verglichen werden. Ein Haken: Start und Ziel müssen aus einer feststehenden Liste ausgewählt werden. cbw „Die App könnte laufen, aber wir brauchen einfach Werbung, Werbung, Werbung.“ Michael Bering, Mitfahrinitiative Husch Samstag/Sonntag, 18./19. März 2017 | Nr. 65 STUTTGARTER ZEITUNG BADEN-WÜ

App ersetzt den Tramperdaumen Tödliches … · gebiet ist die Halbinsel Höri südlich von Radolfzell am Bodensee, ebenfalls eine ländliche Gegend, mit 10 000 Einwohnern. Die Höri-mit-Gruppe

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Region/Baden-WürttembergTelefon: 07 11/72 05-13 11E-Mail: [email protected]

App ersetzt den Tramperdaumen

G anz unaufdringlich steht das Schildauf dem Gehweg am SchwäbischGmünder Bahnhofplatz zwischen

einem kleinen Sparkassenraum und derFront des Hochschulneubaus, auf derleuchtende Lettern die Uhrzeit anzeigen.Es sieht aus wie an einer Bushaltestelle:eine Stange, ein schlichtes „M“ auf grünemGrund, eine Infotafel. Doch nicht Buspas-sagiere sind es, die dort auf eine Mitfahrge-legenheit warten, sondern Tramper.

Seit zwei Jahren gibt es fünf solcherWartepunkte in Schwäbisch Gmünd. Sie heißen Mitfahrsäulen und sind das Produkteiner studentischen Initiative, die sich fürmehr Fahrgemeinschaften auf Kurzstre-cken einsetzt – nicht zuletzt dem Klima zu-liebe. Unterstützt wird die Gruppe namensIntention with us, die aus Stu-denten der Hochschule fürGestaltung besteht, von derStadtverwaltung.

Durch ihr Trampernetzsollen ganz unkompliziertFahrgemeinschaften zustan-de kommen – gerade auf Kurz-strecken, die von bekanntenTramperangeboten im Inter-net wie Blablacar, Mitfah-ren.de oder Bessermitfah-ren.de kaum bedient werden. Der Preis istVerhandlungssache: Die einen Fahrer ver-langen eine kleine Spritbeteiligung, die an-deren laden ihre Mitfahrer ein.

Damit sich die Fahrgemeinschaften fin-den, haben die Studenten nicht nur dieWartepunkte, sondern auch sogenannte Mitfahrscheiben entworfen: DIN A7-großeAusweise, die wie einst der Daumen amStraßenrand hoch gehalten oder einladendmit Fahrzeit und Ziel versehen hinter dieWindschutzscheibe gelegt werden können.Man kann sie von der Projekthomepage he-runterladen. Auch eine Smartphone-App, über die Fahrten angeboten und gesucht werden können, ist geplant. Alles, was da-für noch fehle, sei das nötige Kleingeld, be-richtet der 28-jährige Robin Weidner, der Initiator und das Gesicht des Projekts.

Die Gmünder Studenteninitiative istnicht die erste in Baden-Württemberg, dieein lokales Mitfahrnetz aufzubauen ver-sucht. Da ist zum Beispiel das vor drei Jah-ren angestoßene Projekt Husch, das seitfast fünf Monaten via App für Android-Ge-räte und iPhones betrieben wird. Beteiligtsind bisher fünf ländliche Kommunen öst-lich von Mannheim und Heidelberg mitinsgesamt 25 000 Einwohnern. Weiteresollen auf lange Sicht hinzustoßen. Das An-gebot soll Lücken im öffentlichen Nahver-kehrsangebot ausgleichen.

Das Prinzip: Teilnehmer registrierensich und erhalten als Erkennungszeicheneinen Aufkleber für das Auto sowie einegrüne Tragetasche. Über die kostenloseApp können sie sich zu Fahrten verabre-den. Perfekt funktioniert das Digitalange-bot zwar noch nicht, es werde aber aktiv nachgebessert, versichert der Hauptorga-nisator Michael Bering. Er hat auch auf dieNutzerprofile ein Auge: Anmeldedatenwerden überprüft, Profile ohne Foto oderungenutzte Konten gelöscht.

In einigen Punkten ähnelt Husch derbürgerschaftlichen Initiative Höri-Mit, die2011 ins Leben gerufen wurde. Ihr Einzugs-gebiet ist die Halbinsel Höri südlich vonRadolfzell am Bodensee, ebenfalls eine ländliche Gegend, mit 10 000 Einwohnern.

Die Höri-mit-Gruppe hat Pionierarbeitgeleistet und viele Ideen späterer Projektevorweggenommen. Innerorts hat sie Bus-haltestellen als Wartepunkte ausgewiesen.Die registrierten Teilnehmer bei Höri-mitwerden mit Aufklebern, blauen Stoffta-schen und Leuchtbändern für die Nachtausgestattet. Und die App, die die Husch-Kommunen oder die norddeutsche Initia-tive Fahr-mit nutzen, wurde ursprünglichfür Höri-mit entwickelt. Bis heute be-kommt die Hauptverantwortliche Anne

Overlack viele Anfragen: „Ein-mal in der Woche sitze ich amTelefon zu dem Thema“, sagtdie 57-Jährige.

Doch so engagiert die Initia-tiven auch betrieben werden,so viel Sicherheit Registrie-rungsverfahren versprechen,so modern der App-Einsatz an-mutet: Flächendeckende Fahr-tenangebote können nochnicht geschaffen werden. Im

Rhein-Neckar-Gebiet und auf der Höri zeigtdie Erfahrung: Die Beteiligung ist zu gering.

Rund 250 bis 400 Menschen nutztendas Husch-Angebot oder zeigten sich zu-mindest interessiert daran, berichtet Be-ring. Der 71-Jährige zeigt sich dennoch zu-versichtlich: „Die App könnte laufen“, sagter, „aber wir brauchen einfach Werbung,Werbung, Werbung.“

Für die Höri-Bewohner dagegen hat dasMitfahrprojekt schlicht an Bedeutung ver-loren, nur wenige nutzen es. Ein Grund da-für sei, erklärt Overlack, der gesunkeneLeidensdruck. Das Nahverkehrsangebotauf der Halbinsel habe sich in den vergan-genen Jahren verbessert.

Auch mangelnder Antrieb spielt eineRolle: „Es ist schwer, die Leute zu mobili-sieren“, sagt Overlack. Es müsste dauernd geworben werden, aber das braucht viel Zeit. Das Projekt ist nicht bekannt genug,um zum Selbstläufer zu werden. Um mit-tels App ein zuverlässiges Netzwerk aufzu-bauen, müssten ständig Fahrten zur Verfü-gung stehen: „Es müssten Hunderte vonAngeboten sein, Hunderte von Anfragen“,sagt Overlack. „Dann könnte es funktionie-ren.“ Es wären ein Umdenken bei den Bür-gern, Medienarbeit und eine stärkere Lob-by nötig, meint sie.

Um die Angebote bekannter zu machen,könnte vielleicht ein gemeinsames Dachlo-go helfen. Die Idee kam bei einem Work-shop auf, den die Höri-mit-Gruppe organi-siert hat und an dem unter anderem Vertre-ter der Initiativen Husch und Mitfahr-scheibe.de teilnahmen. Bei Overlack undBering stößt sie auf Interesse, bei dem De-sign-Studenten Weidner auf Begeisterung.Wie das Logo seiner Ansicht nach aussehenkönnte? Ähnlich wie das weiße Mitfahr-Meben. Angelehnt an bekannte Schilder.Wiedererkennbar. Simpel. „So wie das Hbei Bushaltestellen.“

Mobilität Am Straßenrand zu warten, bis ein Auto hält – das muss nicht mehr sein. Zumindest nicht überall. Einige lokale Initiativen unterstützen Kurzstreckentramper mit Apps, Aufklebern und Ausweisen. Doch sie ringen um Beteiligung. Von Christiane Widmann

Ein Schild für den Klimaschutz: Der Student Robin Weidner will durch feste Wartepunkteund Erkennungszeichen Fahrgemeinschaften fördern. Foto: Jonas Voigt/Mitfahrscheibe.de

Friedrichshafen

Messerstecher stellt sich Ein wegen versuchten Totschlags in Fried-richshafen gesuchter 24-Jähriger hat sichgestellt. Er wurde festgenommen und amFreitag dem Haftrichter vorgeführt, wie diePolizei mitteilte. Der Mann wird verdäch-tigt, bei einem Konflikt in einer Gemein-schaftsunterkunft am Mittwochabend vierMänner mit einem Messer verletzt zu ha-ben. Die Gruppe habe in dem Haus unter anderem Bekannte besucht und sei dabei mit dem 24-Jährigen aneinandergeraten,hatten die Behörden am Donnerstag mitge-teilt. Im Verlauf des wohl schon länger schwelenden Streits habe der Verdächtigeeinen der Männer mit Messerstichen le-bensgefährlich und einen weiteren schwerverletzt. Die beiden anderen Besucher er-litten leichte Stichwunden. Bei dem Streitseien auch Schüsse gefallen. lsw

MITFAHRGELEGENHEITEN DEUTSCHLAND- UND EUROPAWEIT Blablacar Die Online-Mitfahr-zentrale (www.blablacar.de) ist in 22 Ländern vertreten, von Deutschland bis Brasilien. Sie wirbt mit gebührenfreier Buchung via App und Home-page, einfacher Bezahlung des Fahrers über das Internet und bewerteten Mitgliederprofilen mit Foto. Präferenzen wie „Nichtraucher“ können ange-geben werden.

Bessermitfahren.de Bei der kostenlosen Vermittlung über

www.bessermitfahren.de ist keine Registrierung notwen-dig. Fahrten werden vornehm-lich im deutschsprachigen Raum, aber auch europaweit angeboten. Sie werden mit Zusatzinformationen – vom Autokennzeichen bis zum Fahrstil des Anbieters – auf der Webseite oder in der gleichnamigen App eingetra-gen. Die Verabredungen wer-den via Telefon, SMS oder E-Mail abgewickelt. Auch Zug-fahrten und explizit als kos-

tenlos markierte Angebote sind zu finden.

Mitfahren.de Das Tramper-Angebot (www.mitfahren.de) verspricht ebenfalls kostenlo-se Nutzung. Über Homepage und App werden Mitfahrgele-genheiten, Fernbus- und Bahnfahrten in und um Deutschland vermittelt. Preise können verglichen werden. Ein Haken: Start und Ziel müssen aus einer feststehenden Liste ausgewählt werden. cbw

„Die App könnte laufen, aber wir brauchen einfach Werbung, Werbung, Werbung.“Michael Bering, Mitfahrinitiative Husch

Emmendingen

Tödliches Familiendrama Im südbadischen Emmendingen bei Frei-burg hat ein Polizeibeamter offenbar seine Ehefrau, seinen Hund und dann sich selbsterschossen. Die Tat ereignete sich im Hausdes Ehepaares, wie eine Polizeisprecherin am Freitag sagte.

Ein Kollege des Polizisten hat am Don-nerstag in dem Haus nach dem Rechten se-hen wollen und entdeckte durch die Fens-terscheibe den Mann, der leblos auf demBoden lag. Die Feuerwehr brach daraufhindie Tür des Hauses auf. Dort lag außer derLeiche des 58-jährigen Polizisten auch dievon dessen 42-jähriger Ehefrau. Auch derHund des Paares war tot. Eine Schusswaffelag neben den Leichen. Dabei handle es sichum die Dienstwaffe des Polizisten, bestätig-ten die Ermittler. Es sei die Tatwaffe.

Die Hintergründe der Tat seien nochunklar. Polizisten ist es den Angaben derBehörde zufolge erlaubt, Dienstwaffen mitnach Hause zu nehmen, wenn sie dort si-cher aufbewahrt werden. dpa

Demografie

Baden-Württembergist relativ jung Mit durchschnittlich 43,2 Jahren sind die Baden-Württemberger die Jüngsten im Vergleich der deutschen Flächenländer.Jünger waren nach aktuellen Zahlen aus dem Jahr 2015 nur die Bewohner der Stadt-staaten Berlin (42,7 Jahre) und Hamburg(42,3 Jahre), wie das Statistische Landes-amt in Stuttgart mitteilte. Der Bundes-schnitt betrug 44,2 Jahre. Die ältesten Bür-ger leben laut den Statistikern in Sachsen-Anhalt (47,4 Jahre). Die Durchschnittswer-te aus dem Jahr 1990 belegen die Alterung der Gesellschaft: Damals waren die Baden-Württemberger im Schnitt noch 38,3 Jahrealt. Der Bundeswert betrug 39,3 Jahre.

Starke Zuwanderung hat nach Angabender Statistiker dazu geführt, dass sich die Alterung in Baden-Württemberg abge-schwächt hat. Die Zugezogenen warendeutlich jünger als die einheimische Bevöl-kerung. So lag das Durchschnittsalter der2015 Zugezogenen bei 30 Jahren – 13 Jahreunter dem Durchschnittsalter der bereitsim Land lebenden Bevölkerung. lsw

Gezielte Einschüchterung von Spitzenforschern?

Im Kampf um das Schicksal der letztenetwa zehn Versuchsaffen im TübingerMax-Planck-Institut (MPI) für biolo-

gische Kybernetik verschärft die Soko Tier-schutz ihre Gangart. Bei einer als Schwei-gemarsch angekündigten Demonstration am Samstag in einer Woche will der inAugsburg gemeldete gemeinnützige Vereinnicht nur das MPI ansteuern, sondern auchzu den Wohnadressen von drei beteiligtenWissenschaftlern ziehen. Dort solle jeweilseine kurze Ansprache gehalten und eineProtestnote übergeben werden.

Der kommissarische Generalsekretärder Max-Planck-Gesellschaft in München,Rüdiger Willems, nannte die Soko-Ankün-digung „vollkommen unangemessen“. Er sprach von einem „unerträglichen Eingriffin die Privatsphäre unserer Mitarbeiterund deren Familien“. Die Landesbeauftrag-te für den Tierschutz, Cornelie Jäger, kriti-sierte, die Soko vermenge eine Systemdis-kussion mit personalisierter Diffamierung.Der Tübinger Oberbürgermeister BorisPalmer (Grüne) zog auf seiner Facebook-Seite einen Vergleich mit den Praktiken desKu-Klux-Klan. „Stellt euch vor das MPI, so-lange ihr wollt, aber lasst das Privatleben von Familien in Frieden!“, postete Palmer.Ein Verbot des Marsches sei nach demVersammlungsgesetz nicht möglich. Aller-dings verfügte Palmer einen Mindest-

abstand zu den Wohnungen von 100 Me-tern. „Das ist Sippenhaft“, sagte er.

Der Soko-Vorsitzende Friedrich Müllnversicherte, man wolle gegen Tierversuchedemonstrieren, nicht gegen die Familien der Forscher. Deshalb habe man sich zuvorper E-Mail an die Betroffenen gewandt undangeboten, sie „in die Planung einzubezie-hen“, damit nicht „Unbeteiligte durch denProtest behelligt“ würden. Bei den drei aus-gewählten Forschern handle es sich um„hauptverantwortliche Vivisektoren“, dienicht als Befehlsempfänger des MPI, son-dern aus eigenem wissenschaftlichen Ehr-geiz ihre „sinnlosen Experimente“ an Affenvornähmen, sagte Mülln. „Wir wünschenuns einen Dialog. Leider war das MPI dazu bisher nicht bereit.“

Verdeckte Recherchen der 300 Mitglie-der zählenden Soko Tierschutz hatten vor drei Jahren eine Diskussion über die Expe-rimente an Affengehirnen angestoßen.2015 rückte die Polizei zu einer Hausdurch-suchung im MPI aus. Das Ermittlungsver-fahren wegen des Verstoßes gegen das Tier-schutzgesetz steht nach Angaben derTübinger Staatsanwaltschaft kurz vor demAbschluss. Ein in Auftrag gegebenes Gut-achten sei abgeschlossen und den Verteidi-gern zugeleitet worden, sagte eine Spreche-rin der Staatsanwaltschaft. Zum Ergebniswollte sie sich nicht äußern.

Unabhängig davon will das MPI zumApril die Tierversuche an nichthumanen Primaten einstellen. Die Soko Tierschutzmöchte die übrigen Tiere in Gnadenhöfenunterbringen. Die Pläne des MPI sind an-ders. Ein Teil werde aufgrund notwendigerhistologischer Untersuchungen gemäß den

Versuchsanträgen eingeschläfert, für die übrigen werde nach geeigneten aufneh-menden Einrichtungen im wissenschaft-lichen Bereich gesucht, erklärte eine Spre-cherin. Die Landestierschutzbeauftragte Jäger hat dafür Verständnis: „Fast alle Versuchsaffen sind nicht resozialisierbar.“

Tübingen Tierschützer kündigen Proteste vor den Privatwohnungen von Mitarbeitern des Max-Planck-Instituts an. Von Eberhard Wein

F ür Linksautonome sind „Hausbesu-che“, sogenannte Home-Visits, einprima Mittel. Die ganze Nachbar-

schaft kann so erfahren, dass hier ein Nazi wohnt. Die Gegenseite macht es nicht an-ders: Wenn Andersdenkende, Flüchtlingeoder Ausländerfamilien eingeschüchtertwerden sollen, stellen sich rechte Krakee-ler einfach vor die Haustür.

Schon allein wegen dieser zweifelhaftenVorbilder verbietet sich der von der SokoTierschutz angekündigte Schweigemarschzu den Wohnungen der Mitarbeiter desTübinger Max-Planck-Instituts. Dochletztlich geht es den radikalen Tierschüt-zern bei ihrem Protest gegen Tierversuchewie Linksautonomen und Nazis: Wer davonüberzeugt ist, moralisch oder qua Abstam-

mung überlegen zu sein, braucht bei derWahl der Mittel nicht zimperlich zu sein.

Gewiss: Manchmal geht es nur auf dieharte Tour. Ohne die heimlich – und illegal– gedrehten Szenen von Affenversuchen,mit denen die Soko Tierschutz vor drei Jah-ren die Öffentlichkeit schockierte, hättesich an der Praxis in den Laboren des Insti-tuts wohl nichts geändert. Doch die Aus-einandersetzung nun auf die beteiligtenForscher zu fokussieren (und damit derenFamilien mit zu treffen), wird der Sachenicht einmal inhaltlich gerecht. WelcheForschungen unter welchen Bedingungenan Tieren zulässig sein sollten, geht ebennicht nur ein paar Wissenschaftler an. Undder von der Soko angeblich angestrebteDialog kommt so ohnehin nicht zustande.

Auf die harte TourHausbesuche Den radikalen Tierschützern ist beim Kampf gegen Tierversuche offenbar

jedes Mittel recht. Sie folgen dabei zweifelhaften Vorbildern. Von Eberhard Wein

Kommentar

Blaufelden

Rollerfahrer kommt ums Leben Ein 72 Jahre alter Rollerfahrer ist bei einem Un-fall in Blaufelden (Kreis Schwäbisch Hall) ge-storben. Wie die Polizei mitteilte, hatte ein Traktorfahrer am frühen Donnerstagabend beim Linksabbiegen den entgegenkommenden Zweiradfahrer übersehen. Der 72-Jährige prall-te gegen den Traktor und stürzte auf die Fahr-bahn. Er starb noch an der Unfallstelle. Der 55-jährige Traktorfahrer blieb unverletzt. lsw

Zwiefalten

Traktor begräbt Frau unter sichEine 49-Jährige ist bei einem Unfall mit einem Traktorgespann in Zwiefalten (Kreis Reutlin-gen) ums Leben gekommen. Wie die Polizei mitteilte, hatte der Fahrer des Treckers am Donnerstagnachmittag gegen 17 Uhr auf einer abschüssigen Straße die Kontrolle über das Gespann verloren, so dass das Fahrzeug kippte. Die Frau geriet unter den Traktor und starb noch an der Unfallstelle. Der Fahrer wurde schwer verletzt. lsw

Kurz berichtet

31Samstag/Sonntag, 18./19. März 2017 | Nr. 65STUTTGARTER ZEITUNG BADEN-WÜRTTEMBERG