73
Arbeitsrecht im Betrieb Dr. jur. Joachim Ingendahl 4. Vorlesung Sommersemester 2015 Stand 31.03.2015 1

Arbeitsrecht im Betrieb Dr. jur. Joachim Ingendahl 4. Vorlesung Sommersemester 2015 Stand 31.03.2015 1

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Arbeitsrecht im Betrieb Dr. jur. Joachim Ingendahl 4. Vorlesung Sommersemester 2015 Stand 31.03.2015 1

1

Arbeitsrecht im BetriebDr. jur. Joachim Ingendahl

4. Vorlesung Sommersemester 2015

Stand 31.03.2015

Page 2: Arbeitsrecht im Betrieb Dr. jur. Joachim Ingendahl 4. Vorlesung Sommersemester 2015 Stand 31.03.2015 1

2

Arbeitsrecht im Betrieb 0Abkürzungen Allgemein• AG Arbeitgeber• AGB Allgemeine Geschäftsbedingungen• AN Arbeitnehmer• a.o. außerordentlich/-e• ArbG Arbeitsgericht• AVArbeitsvertrag• BA Bundesanstalt für Arbeit• BAG Bundesarbeitsgericht• BG Berufsgenossenschaft• BMAS Bundesministerium Arbeit und Soziales• BR Betriebsrat• event. eventuell• ff fortfolgende• G Gesetz• Gf Geschäftsführer• gg. gegen• grds.grundsätzlich• i.d.R.in der Regel• IG Industriegewerkschaft• LAG Landesarbeitsgericht• MA Mitarbeiter• MTV Manteltarifvertrag• o. oder• s. siehe• Std. Stunde• TVTarifvertrag• UVV Unfallverhütungsvorschriften (BG)• VO Verordnung

Page 3: Arbeitsrecht im Betrieb Dr. jur. Joachim Ingendahl 4. Vorlesung Sommersemester 2015 Stand 31.03.2015 1

3

Arbeitsrecht im Betrieb 0Abkürzung Gesetz• AGG Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz• AEntG Arbeitnehmerentsendegesetz• ArbMedVV Verordnung zur Arbeitsmedizinischen Vorsorge • ArbSchG Arbeitsschutzgesetz• ArSiG Arbeitssicherheitsgesetz• ArbZG Arbeitszeitgesetz• BGB Bürgerliches Gesetzbuch• BBiGBerufsbildungsgesetz• BDSG Bundesdatenschutzgesetz• BEEG Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz• BetrVGBetriebsverfassungsgesetz• BUrlG Bundesurlaubsgesetz• EntgFGEntgeltfortzahlungsgesetz• GewO Gewerbeordnung• GG Grundgesetz• GmbHG Gesellschaft mit beschränkter Haftung Gesetz• HGB Handelsgesetzbuch• InsO Insolvenzordnung• JSchG Jugendschutzgesetz• KSchG Kündigungsschutzgesetz• MuSchG Mutterschutzgesetz• NachwG Nachweisgesetz• SGB Sozialgesetzbuch• SGG Sozialgerichtsgesetz• TVG Tarifvertragsgesetz• TzBfG Teilzeit- und Befristungsgesetz

Page 4: Arbeitsrecht im Betrieb Dr. jur. Joachim Ingendahl 4. Vorlesung Sommersemester 2015 Stand 31.03.2015 1

4

Arbeitsrecht im Betrieb 0 Student Arbeitnehmer

Anwesenheit keine Pflicht Arbeitszeit gegen EntgeltPflichten Lernen für Beruf Arbeit nach Weisung Vertrag je Vorlesung Arbeitsvertrag

Freiheit von Gesetze Wissenschaft Tarifvertrag -Gewerkschaft & Lehre Rechtsprechung - BAG

Lehrender Arbeitgeber Juristisches Denken Direktionsrecht

Nebenpflicht Vorlesung Fürsorgepflicht - umfassend - Fragen beantworten - geschlossen - frei reden & Rhetorik

Zum Schluss Klausur Zeugnis

Page 5: Arbeitsrecht im Betrieb Dr. jur. Joachim Ingendahl 4. Vorlesung Sommersemester 2015 Stand 31.03.2015 1

5

Arbeitsrecht im Betrieb 0Arbeits- & OrganisationspsychologeIhr beruflicher Einsatz erfolgt in Personalabteilung-en. Aus organisatorischen und Kostengründen müssen Personalverantwortliche das arbeitsrecht-liche Tagesgeschäft überwiegend ohne fachan-waltliche Begleitung bewältigen. Nur wenn Sie die beteiligen Akteure, ihre Aufgaben & Rechte, die wesentlichen Rechtsvorschriften und einschlägige Rechtsprechung kennen & anwenden, können Sie den sozialen Frieden schonen, indem Sie

1. kompetent reagieren sowie 2. rechtssichere Entscheidungen treffen, die Ihre Mitarbeiter nachvollziehen

und ggf. einer Überprüfung durch die Arbeitsgerichte standhalten.

Page 6: Arbeitsrecht im Betrieb Dr. jur. Joachim Ingendahl 4. Vorlesung Sommersemester 2015 Stand 31.03.2015 1

6

Arbeitsrecht im Betrieb 0Vor-& Nachbereitung Vorlesung• Power – Point auf Kanzlei-Homepage:

– Datei gesamt & am Vorabend Kapitel aktuell– Vorlesungsmitschrift auf Facebook „Arbeitsrecht Online“– für Vorbereitung (empfohlen) & Nacharbeit (erforderlich)

• Arbeitsmittel: – Wichtige Arbeitsgesetze, 21. Auflage 2014/2015 mit

• Hinweisreitern, nur auf Gesetze, beschriftet• ausschließlich handschriftlichen Anmerkungen im Buch

zugelassenes Hilfsmittel in Abschlussklausur– Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, 15. Auflage 2014, in Bibliothek

• Arbeitsgemeinschaften:– 3 – 5 Teilnehmer– 2 – 3 Stunden, einmal wöchentlich

Page 7: Arbeitsrecht im Betrieb Dr. jur. Joachim Ingendahl 4. Vorlesung Sommersemester 2015 Stand 31.03.2015 1

7

Arbeitsrecht im Betrieb 0Beteiligte im Arbeitsrecht1. Arbeitsvertrag:

1. Arbeitgeber Direktionsrecht2. Arbeitnehmer Existenzielle Abhängigkeit

2. Sozialversicherungen, Behörden: 1. Bundesanstalt für Arbeit + Arbeitsämter2. Krankenkassen & Pflegekassen3. Deutsche Rentenversicherung mit Prüfdienst4. Berufsgenossenschaft: Arbeitsunfälle und -sicherheit5. Finanzämter Abführung Lohnsteuer6. Zoll Bekämpfung Schwarzarbeit

3. Gesetzgeber: Arbeitsrechtliche Gesetze 4. Gewerkschaften: Arbeitsbedingungen, insbes. Löhne durch Tarifverträge5. Betriebsrat: Mitbestimmung AN zum Wohl des Betriebs6. Arbeitsgericht: Anwendung GG, Gesetze, TV

Page 8: Arbeitsrecht im Betrieb Dr. jur. Joachim Ingendahl 4. Vorlesung Sommersemester 2015 Stand 31.03.2015 1

8

Arbeitsrecht im Betrieb 0Vorlesung Thema 1. Gewaltenteilung gem. Grundgesetz & im Arbeitsrecht2. BGB Allg.T, Verträge, juristische Pers., absolute Rechte 3. Dienst- und Arbeitsverträge im Zivil- & SozialversR 4. Sozialversicherungen & Sozialgesetzbücher SGB 5. Allgemeiner Kündigungsschutz & -klage 6. Gewerkschaften & Tarifverträge, AN-Überlassung7. Betriebsrat: Beteiligungsrechte, Betriebsvereinbarung 8. Direktionsrecht Arbeitgeber & Arbeitsgesetze 9. Arbeitsverträge: Gestaltungen und ihre Grenzen10. Recruting & Diskriminierungsverbote des AGG11. Arbeitsschutz & -sicherheit 12. Kranke Mitarbeiter & Gesundheitsförderung 13. Wiederholung & Vertiefung: Kündigungsschutz 14. WuV: Rechtsträger & Rechte 1. Probeklausur 15. WuV: Rechtsmittel & -wege 2. Probeklausur

Page 9: Arbeitsrecht im Betrieb Dr. jur. Joachim Ingendahl 4. Vorlesung Sommersemester 2015 Stand 31.03.2015 1

9

Arbeitsrecht im Betrieb 1

Gewaltenteilung gem. Grundgesetz & Im Arbeitsrecht

Page 10: Arbeitsrecht im Betrieb Dr. jur. Joachim Ingendahl 4. Vorlesung Sommersemester 2015 Stand 31.03.2015 1

10

Arbeitsrecht im Betrieb 1Bundes- Republik Deutschland • Republik: Staatsform = Keine Monarchie• Bundesstaat: 16 Länder, NRW, Bayern, HH usw.

Demokratie: Die Staatsgewalt (kratie = Herrschaft) geht vom Volke (= Demos-) aus• Wahlen: Direkt & unmittelbar, Mehrheitsprinzip,

jede Stimme zählt grds. gleich• Urteile: „Im Namen des Volkes“Verfassung: Grundgesetz

• Verfassungsgeber: Das Volk • Erlass: Verfassungsgebende Versammlung

Page 11: Arbeitsrecht im Betrieb Dr. jur. Joachim Ingendahl 4. Vorlesung Sommersemester 2015 Stand 31.03.2015 1

11

Arbeitsrecht im Betrieb 1 Organe des Bundes:• Bundestag Wird vom Volk gewählt• Bundeskanzler vom Bundestag gewählt• Bundesregierung Bundeskanzler ernennt die Minister

= Kabinett• Bundesrat Vertretung der Bundes-Länder• Bundespräsident Von Bundesversammlung gewählt

Gesetzgebungsverfahren: • Bundesregierung bringt Gesetzesvorlagen ein• Bundestag beschließt mit Abstimmungsmehrheit

der Regierungsparteien• Bundesrat muss teilweise zustimmen• Bundespräsident unterzeichnet,eigenes Prüfungsrecht

Page 12: Arbeitsrecht im Betrieb Dr. jur. Joachim Ingendahl 4. Vorlesung Sommersemester 2015 Stand 31.03.2015 1

12

Arbeitsrecht im Betrieb 1Gewaltenteilung im Grundgesetz• Art. 70 ff Gesetzgebung Legislative -

Bundestag, -rat, -präsident - Länderparlamente - Art. 80 Rechtsverordnung

• Art. 83 ff Verwaltung Exekutive - Bundesministerien

- Länderverwaltungen = Öffentliches Recht

• Art. 92 ff Gerichte Judikative - Gerichtsbarkeiten - Rechtszüge

http://www.bundestag.de/dokumente/rechtsgrundlagen/grundgesetz/index.html

Page 13: Arbeitsrecht im Betrieb Dr. jur. Joachim Ingendahl 4. Vorlesung Sommersemester 2015 Stand 31.03.2015 1

13

Arbeitsrecht im Betrieb 1 Zusammenwirken der Gewalten• Gesetze: Rahmen und Strukturen des

Zusammenlebens in der Gesellschaft– Verbindlich für alle– Nicht systematisch, sondern Spiegel des politischen

Willens in seiner historischen Entwicklung– Durchsetzung durch Verwaltung & Gerichte

• Verwaltung: Gesetzesvollzug– Wahrnehmung der Aufgaben, z.B. Steuern einnehmen– Repressiv: Verteidigung gegen Verstöße

• Gerichte:– Auf Klage: Anwendung der Gesetze, auch Aufsicht – Bundesverfassungsgericht: Kein „rechtsfreier Raum“

Sonderstatus als Hüter der Verfassung

Page 14: Arbeitsrecht im Betrieb Dr. jur. Joachim Ingendahl 4. Vorlesung Sommersemester 2015 Stand 31.03.2015 1

14

Arbeitsrecht im Betrieb 1 Öffentliches Recht • Strafrecht Strafgesetzbuch• Rechtsverhältnisse staatlicher Stellen zum

untergeordneten Bürger– Öffentliches Recht Arbeitsschutzrecht ArbZG, ASiG– Sozialrecht Sozialgesetzbücher u.a.– Steuerrecht Abgabenordnung, EStG u.a.

Privatrecht• Rechtsverhältnisse zwischen Bürgern

Bürgerliches Gesetzbuch• Sonderprivatrecht:

– GesellschaftsrechtHandelsgesetzbuch – Handelsrecht– Arbeitsrecht der Arbeitsverhältnisse

Page 15: Arbeitsrecht im Betrieb Dr. jur. Joachim Ingendahl 4. Vorlesung Sommersemester 2015 Stand 31.03.2015 1

15

Arbeitsrecht im Betrieb 1 Verwaltungen des • Bundes

– Bundesministerien, z.B. für Arbeit und Soziales– Bundeseigene Verwaltung, z.B. Zoll

• Landes: Polizei, Finanzämter, Regierungspräsidium• Kommunale: Städte, Kreise & GemeindenVerwaltungsaufbau: • Historisch gewachsen über alle drei Ebenen • Grds. auf kommunaler Ebene, z.B.

Gewerbeämter und - aufsicht• Land NRW: Rechtsaufsicht

Page 16: Arbeitsrecht im Betrieb Dr. jur. Joachim Ingendahl 4. Vorlesung Sommersemester 2015 Stand 31.03.2015 1

16

Arbeitsrecht im Betrieb 1 Rechtsstaat• Rechtliches Gehör für Gegners vor

– Verwaltungsakt / Bescheid– gerichtlicher Entscheidung

Rechtsweggarantie – Art. 19 IV GG: • Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz gegen

öffentliche Gewalt• Unabhängig von finanziellen Mitteln:

Prozesskostenhilfe• Verbot überlanger Verfahrensdauern • Eilrechtsschutz• Grunds. aufschiebende Wirkung von Wider-

spruch und Klage gegen Verwaltungsakt

Page 17: Arbeitsrecht im Betrieb Dr. jur. Joachim Ingendahl 4. Vorlesung Sommersemester 2015 Stand 31.03.2015 1

17

Arbeitsrecht im Betrieb 1 Rechtsschutz in GerichtsbarkeitenZivilgerichte: Klagen unter Privaten• Amtsgerichte incl. Familien-, Insolvenzgerichte• Landgerichte incl. Kammern für Handelssachen• Oberlandesgerichte• Bundesgerichtshof auch Strafgerichtsbarkeit• Arbeitsgerichte aus ArbeitsverhältnissenWeitere Gerichtsbarkeiten: • Verwaltungsgerichtmit Ober-, Bundes-• Sozialgericht mit Landes-, Bundes-• Finanzgericht und Bundesfinanzhof• Bundesverfassungsgericht und Verfassungs-

gerichtshöfe der Länder: Stehen über Gesetzgeber

Page 18: Arbeitsrecht im Betrieb Dr. jur. Joachim Ingendahl 4. Vorlesung Sommersemester 2015 Stand 31.03.2015 1

18

Arbeitsrecht im Betrieb 1 Rechtszüge Berufung RevisionZivilgerichtsbarkeit Amtsgericht Landgericht nein Einschl. Familiengericht

Handelsregister Strafkammern InsolvenzgerichtSchöffengerichtLandgericht OberlandesG BGH

Strafkammern

Arbeitsgerichte LandesarbeitsG BAGSozialgericht LandesSozG BSozGFinanzgericht BFHVerwaltungsgerichtOberverwaltungs- BVerwG

Page 19: Arbeitsrecht im Betrieb Dr. jur. Joachim Ingendahl 4. Vorlesung Sommersemester 2015 Stand 31.03.2015 1

19

Arbeitsrecht im Betrieb 1 S Arbeitsrecht• Sonderrecht der unselbständigen = abhängig

beschäftigten Arbeitnehmer • Arbeitsgesetze: Einseitig zwingend bei Beschäf-tigung

von Arbeitnehmern = Arbeitnehmerschutz• Arbeitsgerichte: – Selbständiger Zweig der Zivilgerichtsbarkeit– Zuständig für Streitigkeiten aus Arbeitsverhältnissen

• Sozialversicherungen: Zwangs- Mitgliedschaft knüpft an bestehendes Arbeitsverhältnis:– Gesamt- Sozialversicherungs– Beiträge zu Renten-,

Arbeitslosen-, Kranken-& Pflegeversicherung– Streitigkeiten vor Sozialgerichte

Page 20: Arbeitsrecht im Betrieb Dr. jur. Joachim Ingendahl 4. Vorlesung Sommersemester 2015 Stand 31.03.2015 1

20

Arbeitsrecht im Betrieb 1 SStaatsgewalten im Arbeitsrecht • Gesetzgeber übt Zurückhaltung, Ausfüllung durch Kollektivarbeitsrecht:– Tarifverträge, Tarifvertragsgesetz:• Vereinbarung Gewerkschaft – Arbeitgeber, § 2• Allgemeinverbindlichkeit, §§ 4 Abs. 5, 7 AEntG: Für

alle Arbeitnehmer der Branche– Betriebsvereinbarungen, BetriebsVG• zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber

• Gerichte: Bundesarbeitsgericht füllt Gesetzeslücken

• Verwaltung: - Arbeitssicherheit - Sozialversicherungen SGB

Page 21: Arbeitsrecht im Betrieb Dr. jur. Joachim Ingendahl 4. Vorlesung Sommersemester 2015 Stand 31.03.2015 1

21

Arbeitsrecht im Betrieb 1 SAusstrahlung Grundrechte auf Arbeitsverhältnis: Verpflichtung AG• Glaubens- und Gewissensfreiheit, Art. 4: • Kopftuch am Arbeitsplatz: Einstellung, Kündigung?• Mahlzeiten ohne Schweinefleisch in Kantine

• Meinungsfreiheit, Art. 5: • Sachliche Kritik an Arbeitgeber zulässig

• Familie, Art. 6: - „Zölibatsklausel“ in AV unwirksam• Kein Fragerecht nach Familienplanung • Keine Pflicht zur Mitteilung einer Schwangerschaft

• Berufsfreiheit, Art. 12: • Berufswahl und Ausübung• Verwertung des Wissens nach Arbeitsvertragsende

Page 22: Arbeitsrecht im Betrieb Dr. jur. Joachim Ingendahl 4. Vorlesung Sommersemester 2015 Stand 31.03.2015 1

22

Arbeitsrecht im Betrieb 1 SGrundgesetz: Grundrechte: Schutz Bürger vor Staat Ausstrahlung auf Arbeitgeber• Art. 2 Freie Entfaltung, Schutz der körperlichen Integrität:

- Weder Eingriff noch Untersuchung - Verbot: Verdeckt Mithören & Beweisverwertung

• Art. 3 Gleichheit, insbes. Männer + Frauen Arbeitsrechtliche Gleichbehandlung & AGG

• Art. 4 Glaubens- u. Gewissensfreiheit• Art. 5 Freie Meinungsäußerung, Pressefreiheit• Art. 9 Vereinigungsfreiheit:

Abs. 3 Gewerkschaften und Streikrecht• Art. 12 Berufsfreiheit, freie Arbeitsplatzwahl• Art. 14 Eigentum• Art. 19 Gesetzesvorbehalt: Einschränkung von Grund-

rechten nur durch ein Gesetz

Page 23: Arbeitsrecht im Betrieb Dr. jur. Joachim Ingendahl 4. Vorlesung Sommersemester 2015 Stand 31.03.2015 1

23

Arbeitsrecht im Betrieb 1 SArbeitnehmerdatenschutz: • Recht des Arbeitnehmers auf „informationelle

Selbstbestimmung“aus• Schutz allgemeines Persönlichkeitsrecht, Art. 2 II 3 GG • § 75 Abs. 2 Betriebsverfassungsgesetz

• Personalakten: Arbeitgeber– hat beschränktes Recht, Informationen über AN zu erheben,

verarbeiten und zu nutzen: Nur soweit • rechtmäßig erworben• zur Begründung, Durchführung o. Beendigung des

Arbeitsverhältnisses erforderlich, § 32 BDSG.– muss sorgfältig verwahren & vertraulich behandeln, – darf keine Detailinformationen zur Gesundheit des AN

erheben; was AG mit Einwilligung erfährt, darf kein regulärer Teil der Personalakte sein, sondern muss besonders gesichert werden.

Page 24: Arbeitsrecht im Betrieb Dr. jur. Joachim Ingendahl 4. Vorlesung Sommersemester 2015 Stand 31.03.2015 1

24

Arbeitsrecht im Betrieb 1 SGrundrechte und Arbeitsrecht: • Art. 3 GG: Gleichheitsgrundsatz• Abs. 1: Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. Abs. 2:

Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Abs. 3: Niemand darf wegen seines Geschlechts, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benach-teiligt oder bevorzugt werden.

• Ungleichbehandlung nur aus sachlichem Grund • Arbeitsrechtliche Gleichbehandlung, z.B. equal pay

• Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz: Diskriminierungsverbot, § 1 AGG

• § 75 BetrVG: Behandlung der Mitarbeiter

Page 25: Arbeitsrecht im Betrieb Dr. jur. Joachim Ingendahl 4. Vorlesung Sommersemester 2015 Stand 31.03.2015 1

25

Arbeitsrecht im Betrieb 1 SStreik im öffentlichen Dienst• Gewerkschaft Verdi:• Angestellte & Arbeiter, nicht Beamte• Verwaltungen von Bund, Ländern, Städten &

Gemeinden• Streikrecht, Art. 9 Abs. 3 GG:• Zur Regelung von Arbeitsentgelten,

insbes. Lohnstrukturen und sonstigen Arbeitsbedingungen

• in Tarifverträgen, hier „Tarifvertrag für den öffentlicher Dienst - TVöD“

Page 26: Arbeitsrecht im Betrieb Dr. jur. Joachim Ingendahl 4. Vorlesung Sommersemester 2015 Stand 31.03.2015 1

26

Arbeitsrecht im Betrieb 1 SKoalitionsvertrag „Große Koalition“Gesetzgebung Arbeitsrecht bis 2017• Allg. gesetzlicher Mindestlohn zum 01.01.2015: 8,50 €/Std. • Allgemeinverbindlich- Erklärung nach Tarifvertragsgesetz:

Besonderes öffentlichen Interesseses genügt. Tarifgebundene AG müssen nicht mehr mindestens 50 % aller AN beschäftigen.

• Arbeitnehmerüberlassung: „Überlassung von AN vorüber-gehend“ im AÜG wird auf eine Höchstdauer von 18 Monaten konkretisiert. Abweichungen nur in Tarifverträgen.

• Scheinselbständigkeit, Missbrauch von Werkvertragsge-staltungen: Rechtswidrige Vertragskonstruktionen bei Werk-verträgen zulasten von AN verhindern. Die Kontroll- + Prüf-tätigkeit bei Schwarzarbeit konzentrieren + effektiver .

• Teilzeitrecht: AN, die sich z. B. wegen Kindererziehung o. Pflege von Angehörigen zu einer Teilzeitbeschäftigung entschieden haben, können zur früheren Arbeitszeit zurückkehren.

Page 27: Arbeitsrecht im Betrieb Dr. jur. Joachim Ingendahl 4. Vorlesung Sommersemester 2015 Stand 31.03.2015 1

27

Arbeitsrecht im Betrieb 1 SArbeitsgesetzgebung aktuell• Mindestlohngesetz MiLoG: 01.01.2015 8,50 €/Std.

– Anwendungsbereich: Alle Arbeitsverhältnisse– Ausnahmen: Ausbildung, Praktikanten, Jugendliche– Pflicht: Aufzeichnung der Arbeitszeiten, § 17

• Allgemeinverbindlicherklärung, § 5 TVG: Tarifgebundene AG müssen nicht mehr mindestens 50 % aller AN beschäftigen, besonderes öffentliches Interesse genügt.

• Tarifeinheitsgesetz, Entwurf BMAS 04.11.2014:– Große Koalition mit DGB gegen Streikmacht der

Spartengewerkschaften (aktuell insbes. Lokführer, Flugkapitäne)

• Missbrauch von Werkvertragsgestaltungen, Gesetzentwurf Bundesrat: Umgehung des Arbeitsrechts durch Scheinverträge zulasten von AN verhindern.

Page 28: Arbeitsrecht im Betrieb Dr. jur. Joachim Ingendahl 4. Vorlesung Sommersemester 2015 Stand 31.03.2015 1

28

Arbeitsrecht im Betrieb 1 SEuropäische Gemeinschaft „EU“• Grundgesetz:

• Staatsziel, Art. 23: Vereinigtes Europa • Hoheitsrechte , Art. 24: Auf zwischenstaatliche Einrichtungen

• Europäisches Parlament: • Wahl durch alle EU- Bürger• Rechtsetzungen durch:

– Rechtsverordnungen: Unmittelbare Bindung– Richtlinien: Auftrag an nationale Gesetzgeber zur Umsetzung

• Europäische Kommission: – Executive – wie Regierung – Alleiniges Initiativrecht im Gesetzgebungsverfahren

• Europäischer Gerichtshof EuGH, Luxemburg: Anrufung nur durch nationale Obergerichte

• Arbeitnehmer- Freizügigkeit: Jeder Unionsbürger kann in jedem Mitgliedsstaat eine Beschäftigung aufnehmen und ausüben: Willkommens- und Integrationskultur

Page 29: Arbeitsrecht im Betrieb Dr. jur. Joachim Ingendahl 4. Vorlesung Sommersemester 2015 Stand 31.03.2015 1

29

Arbeitsrecht im Betrieb 1 SArbeitsrecht Europäische Union• Arbeitnehmerfreizügigkeit: Mobilität • Gleichbehandlung,

Diskriminierungsverbot: – EU Länder, Männer/Frauen, Alter, Behinderung u.a– Unmittelbar & mittelbar

• Mindest- Arbeitsbedingungen:– Arbeitszeiten, Teilzeitarbeit, z.B. 20 Tage Urlaub– Befristete Beschäftigungsverträge– Entsendung von Arbeitnehmern

• Sicherheit & Gesundheitsschutz am Arbeits-platz: Verbesserungen Arbeitsunfälle + Berufskrankheiten

Page 30: Arbeitsrecht im Betrieb Dr. jur. Joachim Ingendahl 4. Vorlesung Sommersemester 2015 Stand 31.03.2015 1

30

Arbeitsrecht im Betrieb 1 SArbeitsrecht Europäische Union• EU-Politik darauf ausgerichtet– hohe Beschäftigungsraten und starken

Sozialschutz zu erreichen,– die Lebens- + Arbeitsbedingungen zu

verbessern,– den sozialen Zusammenhalt zu gewährleisten

• Ziele:– Sozialen Fortschritt zu fördern und – Lebens- + Beschäftigungsbedingungen zu

verbessern

Page 31: Arbeitsrecht im Betrieb Dr. jur. Joachim Ingendahl 4. Vorlesung Sommersemester 2015 Stand 31.03.2015 1

31

Arbeitsrecht im Betrieb 1 SEuropäischer Gerichtshof Luxemburg• Zuständig: Für Auslegung nationalen

Rechts nach übergeordnetem Europäischen Recht

• Vorabentscheidungsersuchen: Hat ein Gericht Zweifel hinsichtlich Auslegung oder Gültigkeit einer nationalen Rechtsnorm, kann es den EuGH anrufen.

• Zu Urlaubsansprüchen gegen BAG :– 20.01.2009: Bei langfristiger Erkrankung

verfällt Urlaub nicht am Jahresende (Schultz – Hoff)

– 12.06.2015: Urlaubsansprüche sind auch nach dem Tod des AN – an die Erben – abzugelten

BAG 12.03.2013 - 9 AZR 532/11

Page 32: Arbeitsrecht im Betrieb Dr. jur. Joachim Ingendahl 4. Vorlesung Sommersemester 2015 Stand 31.03.2015 1

32

Arbeitsrecht im Betrieb 2

Rechtsbeziehungen Privater• Bürgerliches Gesetzbuch BGB• Handelsgesetzbuch HBG

Page 33: Arbeitsrecht im Betrieb Dr. jur. Joachim Ingendahl 4. Vorlesung Sommersemester 2015 Stand 31.03.2015 1

33

Arbeitsrecht im Betrieb 2Rechtsbeziehungen Privater• Subjekte: Inhaber von Rechten

– Natürliche Personen – Personengesellschaften: GbR, OHG, KG– Juristische Personen: GmbH, Aktiengesellschaft

• Objekte: Gegenstand von Rechten– Absolute Rechte: Abwehransprüche gegen jedermann

• Körper & Gesundheit, Eigentum, Besitz, Urheberrechte– Relative Rechte: Ansprüche (nur) gegen Vertragspartner

• Verträge: Begründen Ansprüche– Vertragsfreiheit: Abschluss- und Gestaltungsfreiheit– Durch zwei übereinstimmende Willenserklärungen– Vertragstypen mit standardisierten Regelungen

Page 34: Arbeitsrecht im Betrieb Dr. jur. Joachim Ingendahl 4. Vorlesung Sommersemester 2015 Stand 31.03.2015 1

34

Arbeitsrecht im Betrieb 2Träger von Rechten, Arbeitgeber • Natürliche Person

– Rechtsfähigkeit mit Geburt § 1 BGB – eingetragener Kaufmann e.K. § 2 HGB

• Juristische Personen Vertretung durch– Eingetragener Verein, § 21 BGB Vorstand– Gesellschaft mit beschränkter Haftung GmbH +

Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) Geschäftsführer– Aktiengesellschaft AktienG Vorstand– Stiftungen, Genossenschaft Vorstand

Rechtsfähigkeit durch Eintragung in das Handelsregister• Gewerkschaften: Rechtsfähigkeit aus Art.9 II GG

Ohne Eintragung in ein staatliches Register

Page 35: Arbeitsrecht im Betrieb Dr. jur. Joachim Ingendahl 4. Vorlesung Sommersemester 2015 Stand 31.03.2015 1

35

Arbeitsrecht im Betrieb 2 GPersonengesellschaften

Vertretung durch• Gesellschaft bürgerlichen Rechts, § 705 BGB• Gemeinsamer Zweck: beliebig alle Gesellschafter zusammen

• Handelsgesellschaften:• Offene Handelsgesellschaft OHG § 105 HGBGemeinsamer Zweck: Betrieb eines Handelsgewerbes jeden Gesellschafter allein• Kommanditgesellschaft KG § 161 HGB den Komplementär• Sonderform: GmbH & Co KG den Geschäftsführer der GmbH

Page 36: Arbeitsrecht im Betrieb Dr. jur. Joachim Ingendahl 4. Vorlesung Sommersemester 2015 Stand 31.03.2015 1

36

Arbeitsrecht im Betrieb 2Absolute Rechte = Geschützt gegen jeden1. Besitz, § 854 BGB =

Tatsächliche Gewalt über eine Sache2. Eigentum = Umfassende Herrschaft§ 929 Übertragung durch Einigung + Übergabe§ 985 Herausgabeanspruch gegen den Besitzer,

z.B. Arbeitsmittel + Geschäftsunterlagen nach Ende des Arbeitsverhältnisses§ 1004 Unterlassungsanspruch gegen Störer

• z.B. Streikaufruf des Betriebsrats über Intranet 3. Leben und Gesundheit, § 823 BGB

Page 37: Arbeitsrecht im Betrieb Dr. jur. Joachim Ingendahl 4. Vorlesung Sommersemester 2015 Stand 31.03.2015 1

37

Arbeitsrecht im Betrieb 2Immaterielle absolute Rechte:• Urheberrechte: Jedes Werk der Kunst– Bücher, Film, Fotografie, Musik, Baukunst, usw. – Grds. auch im „world wide web“

Durch Eintragung beim Deutschen Patentamt• Patent: PatentG & ArbeitnehmererfindungsG– Neu & Erfindungshöhe: Beträchtlicher Fortschritt– Nutzungsrecht durch Lizenzvertrag

• Gebrauchsmuster GebrauchsmusterG– Geringere Anforderungen an Fortschritt

• Marke: MarkenG Wort- oder Bildmarke• Eingetragenes Design DesignG

Page 38: Arbeitsrecht im Betrieb Dr. jur. Joachim Ingendahl 4. Vorlesung Sommersemester 2015 Stand 31.03.2015 1

38

Arbeitsrecht im Betrieb 2Relative Rechte: Ansprüche

A B

§ 433 BGB

Verkäufer Käufer

Kaufpreis Gegenstand

Page 39: Arbeitsrecht im Betrieb Dr. jur. Joachim Ingendahl 4. Vorlesung Sommersemester 2015 Stand 31.03.2015 1

39

Arbeitsrecht im Betrieb 2Vertragstypen des BGB§ 433 Kaufvertrag Gegenstand gegen Kaufpreis§ 491 Darlehen Rückgabe vertretbarer Sachen

Arbeitgeberdarlehen§ 516 Schenkung Verfügung unentgeltlich§ 535 Miete, Pacht, Leihe Rückgabe derselben Sache

§ 576 Werkmietwohnungen§ 611 Dienstvertrag Dienste gegen Vergütung Grundform des Arbeitsvertrages§ 631 Werkvertrag Werk= Erfolg gegen Werklohn§ 662 Auftrag, Geschäftsbesorgung§ 765 Bürgschaft Einstehen für fremde Schuld§ 779 Vergleich Ungewissheit +

gegenseitiges Entgegenkommen

Page 40: Arbeitsrecht im Betrieb Dr. jur. Joachim Ingendahl 4. Vorlesung Sommersemester 2015 Stand 31.03.2015 1

40

Arbeitsrecht im Betrieb 2Vertragsschluss durch zweiübereinstimmende Willenserklärungen :§ 145 Angebot muss unter Anwesenden

sofort angenommen werden§ 147 Annahme: Akzeptieren ohne ÄnderungAuslegung: 1. Willenserklärungen, § 133: Nach Empfängerhorizont2. Verträge, § 157 : - Wortlaut nach Treu und Glauben

- mit Rücksicht auf die Verkehrssitte

Abstraktionsprinzip: Zu unterscheiden sind1. schuldrechtlich: Verpflichtungsgeschäft2. dinglich: Verfügung = Eigentumsübertragung

Page 41: Arbeitsrecht im Betrieb Dr. jur. Joachim Ingendahl 4. Vorlesung Sommersemester 2015 Stand 31.03.2015 1

41

Arbeitsrecht im Betrieb 2Willenserklärungen Wirksamkeit§ 104 Geschäftsfähigkeit

- ab 18 Jahre - außer dauernder Geschäftsunfähigkeit

§ 106 Beschränkte Geschäftsfähigkeit 7–17 JahreVertragsschluss wirksam nur mit § 107 Einwilligung oder§ 108 Genehmigung der gesetzlichen Vertreter § 113 Ermächtigung zu Arbeitsverhältnissen:

Für Rechtsgeschäfte zur Eingehung /Aufhebung unbeschränkt geschäftsfähig Berufsausbildung: Siehe §§ 10, 11 BBiG

Jugendarbeitsschutzgesetz: Zulässig erst ab 15. Lebensjahr

Page 42: Arbeitsrecht im Betrieb Dr. jur. Joachim Ingendahl 4. Vorlesung Sommersemester 2015 Stand 31.03.2015 1

42

Arbeitsrecht im Betrieb 2Willenserklärungen & Verträge: Grundsatz Formfreiheit–Ausnahmen:§ 126 Schriftform Urkunde mit Namensunterschrift

a) § 623 Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch- Kündigung -Aufhebungsvertrag

b)Tarifvertrag, § 1 Abs. 2 TVG c) Betriebsvereinbarung, § 77 Abs. 2 BetrVG § 127 Vereinbarte Form, in Arbeitsvertrag:

a) Schriftform für Änderung b) Doppelte Schriftform: Auch für Verzicht auf Schriftformerfordernis

§ 128 Notariell: Übertragung Grundstücke, GmbH - Anteile §125 Folge bei Formmangel: Nichtigkeit

Page 43: Arbeitsrecht im Betrieb Dr. jur. Joachim Ingendahl 4. Vorlesung Sommersemester 2015 Stand 31.03.2015 1

43

Arbeitsrecht im Betrieb 2Kündigungserklärung, schriftlich: • Auslegung, § 133 BGB:

– Nicht notwendig Wort „Kündigung“, jedoch – Wille zur Beendigung des Vertrages erkennbar

• Wirksamwerden mit Zugang, § 130 BGB:– Unter Abwesenden: Empfänger hat normalerweise die

Möglichkeit zur Kenntnisnahme:• Einwurf in Briefkasten: Vormittags bis 12:00 Uhr• Übliche Zeit der Postzustellung

BAG 22.3.2012– 2 AZR 224/11 – Nachweis:

• Deutsche Post: Einschreiben / mit Rückschein• Bote Einwurf in Briefkasten oder= Zeuge persönliche Übergabe

Page 44: Arbeitsrecht im Betrieb Dr. jur. Joachim Ingendahl 4. Vorlesung Sommersemester 2015 Stand 31.03.2015 1

44

Arbeitsrecht im Betrieb 2Verträge: Unwirksamkeitsgründe

§ 134 Gesetzliches Verbot: - Einseitiges Verbotsgesetz, BGH 2013: Handwerkervertrag Verstoß SchwarzarbeiterG: Vorsätzlicher Verstoß Unternehmer, den Besteller kennt und bewusst zu eigenem Vorteil ausnutzt - Arbeitsrecht: Auch Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung§ 138 Sittenwidriges Rechtsgeschäft: Wucher - Auffälliges Missverhältnis Leistung + Gegenleistung -- grds. doppelter Marktpreis, z.B. Zinsen 12% statt 6 % -- Lohn: weniger als 2/3 des tariflichen / üblichen Entgeltes - Zwangslage, Unerfahrenheit, Mangel an Urteilsvermögen oder erhebliche Willensschwäche - Ausbeutung der Schwächung, indiziert durch Missverhältnis BAG 22.04.2009 - 5 AZR436/08

Page 45: Arbeitsrecht im Betrieb Dr. jur. Joachim Ingendahl 4. Vorlesung Sommersemester 2015 Stand 31.03.2015 1

45

Anfechtung Willenserklärungen wegen §119 BGB Irrtums über Abs. 1 Abgabe oder Inhalt der Erklärung: auch Aufhebungsvertrag, Kündigung Abs. 2 Eine verkehrswesentliche Eigenschaft, - Schwerbehinderung: Nein

- Approbation des angestellten Arztes: Ja § 121 Anfechtungsfrist: unverzüglich =

»Ohne schuldhaftes Zögern“§123 BGB Täuschung, falsche Angaben in Bewerbung oder Drohung mit empfindlichen Übel§ 124 Anfechtungsfrist: 1 Jahr§ 142 Wirkung: Unwirksam von Anfang an

Arbeitsrecht im Betrieb 2

Page 46: Arbeitsrecht im Betrieb Dr. jur. Joachim Ingendahl 4. Vorlesung Sommersemester 2015 Stand 31.03.2015 1

46

Arbeitsrecht im Betrieb 2(Stell-) Vertretung, §§ 164 ff BGB§ 164 Abgabe einer Prüfungsschema:

- eigenen Willenserklärungen - für einen anderen- mit VertretungsmachtWirkung unmittelbar für den Vertretenen

§ 174 Kündigung (einseitiges Rechtsgeschäft) durch Vertreter: Unwirksam, wenn

- Erklärender keine Vollmacht vorgelegt- Empfänger „unverzüglich“ zurückweist

(§ 121 „unverzüglich“ = ohne schuldhaftes Zögern BAG: Binnen 1 Woche)

Page 47: Arbeitsrecht im Betrieb Dr. jur. Joachim Ingendahl 4. Vorlesung Sommersemester 2015 Stand 31.03.2015 1

47

Arbeitsrecht im Betrieb 2Vollmacht• Rechtsgeschäftlich:

– formfrei, zu Beweiszwecken: schriftlich– Duldungs- und Anscheinsvollmacht

• Gesetzliche:– Geschäftsführer für GmbH, § 35 GmbHG– Vorstand für Verein und Aktiengesellschaft– Komplementär für KG, §§ 125, 164 HGB– Insolvenzverwalter als Partei kraft Amtes

• Gesetzlich normiert:– Prokura, § 49 HGB – Anmeldung Handelsregister– Handlungsvollmacht, § 54 HGB– Ladenangestellter, § 56 HGB

Page 48: Arbeitsrecht im Betrieb Dr. jur. Joachim Ingendahl 4. Vorlesung Sommersemester 2015 Stand 31.03.2015 1

48

Arbeitsrecht im Betrieb 2Treu und Glauben, § 242 BGB• Neben vertragliche Leistungspflichten bestehen

– Mitwirkungs-, Schutz- + Aufklärungspflichten• Unzulässige Rechtsausübung:

Kleiner Kündigungsschutz - außerhalb KSchG– Versprechen, offensichtlich willkürlich oder zur Unzeit– in ehrverletzender Form oder– Diskriminierend, insbes. Verstoß gegen AGG, trotz § 2 IV

• Verwirkung von Ansprüchen:– Zeitmoment: erheblicher Zeitablauf, nicht bei kurzer Verjährung– Umstandsmoment = Vertrauenstatbestand aus Verhalten

• Rechtsmissbrauch:– bei Sachgrundbefristungen– Arbeitnehmerüberlassung– Widerspruchsrecht bei Betriebsübergang

Page 49: Arbeitsrecht im Betrieb Dr. jur. Joachim Ingendahl 4. Vorlesung Sommersemester 2015 Stand 31.03.2015 1

49

Arbeitsrecht im Betrieb 2Leistungsstörungen: VerzugLeistungsverzug: z.B. AG mit Lohnzahlung§ 286 Abs. 1 Fällige Forderung und Mahnung

oder Abs. 2 Fälligkeit kalendermäßig bestimmtFolge: Schadensersatz + § 288 ZinsenAnnahmeverzug: des Arbeitgebers§ 294 Grundsätzlich: Arbeitnehmer muss seine Arbeit

so wie geschuldet tatsächlich anbieten § 242 Ein Angebot ist entbehrlich, wenn Arbeitgeber

sich auf das fehlende Angebot nicht berufen kann, z.B. nach außerordentlichen KündigungFolge § 615 BGB: Verzugslohn ohne Arbeit geschuldet

Page 50: Arbeitsrecht im Betrieb Dr. jur. Joachim Ingendahl 4. Vorlesung Sommersemester 2015 Stand 31.03.2015 1

50

Arbeitsrecht im Betrieb 2Annahmeverzug des AG: § 294 BGB Tatbestands- Voraussetzungen: - AN - Angebot der Arbeitsleistung:

- Wie geschuldet: Am rechten Ort + Zeit - Entbehrlich, wenn AG bereits abgelehnt hat, insbes. a.o. Kündigung, Freistellung

- Leistungswille und –fähigkeit des AN - Nichtannahme durch AG§ 615 BGB + Betriebsrisiko:– Keine Nachleistungspflicht – Anrechnung

• ersparte Aufwendungen• anderweitiger Verdienst, oder böswillig unterlassen

Page 51: Arbeitsrecht im Betrieb Dr. jur. Joachim Ingendahl 4. Vorlesung Sommersemester 2015 Stand 31.03.2015 1

51

Arbeitsrecht im Betrieb 2Einreden: Berücksichtigung nur, wennvom Schuldner erhoben:• Verjährung, §§ 194, 199 I, 214

– Jedes relative Recht, z.B. Lohnanspruch– Frist: Jahresende + 3 Jahre, aus 2013 am 31.12.2016

• Zurückbehaltungsrecht, § 273 BGB:– Schuldner hat selbst einen fälligen Anspruch – gegen den Gläubiger– aus dem selben rechtlichen Verhältnis

Folge: Schuldner kann eigene Leistung verweigernArbeitsverweigerung Arbeitnehmer, § 273 BGB: - Nur, wenn Lohnrückstand erheblich, und zwar- sowohl nach Höhe als auch nach Dauer

Page 52: Arbeitsrecht im Betrieb Dr. jur. Joachim Ingendahl 4. Vorlesung Sommersemester 2015 Stand 31.03.2015 1

52

Arbeitsrecht im Betrieb 2Einwendungen: Untergang von Ansprüchen durch• § 362 Erfüllung, insbes. Zahlung• § 387 Aufrechnung mit Gegenforderung• § 397 Erlass bzw. Verzicht– z.B. Ausgleichsquittung bei Beendigung

des Arbeitsvertrages• Insolvenz: Restschuldbefreiung• Arbeitsrecht: Verfallklausel = Anspruch

schriftlich geltend machen, Frist – Tarifvertrag: Grds. 2 Monaten– Arbeitsvertrag: BAG mindestens 3 Monate

Page 53: Arbeitsrecht im Betrieb Dr. jur. Joachim Ingendahl 4. Vorlesung Sommersemester 2015 Stand 31.03.2015 1

53

Arbeitsrecht im Betrieb 2 SFall: Geschuldete ArbeitszeitFrau AT ist seit 2006 bei der I GmbH als Angestellte beschäftigt. Nach dem Arbeitsvertrag erhält AT „für die Erfüllung ihrer Aufgaben“ ein Jahresgehalt von 95.000 € brutto, sowie eine vom Unternehmens- erfolg abhängige Tantieme. Mit Schreiben vom 10.11.2010 forderte I dazu auf, täglich mindestens 7,6 Stunden zu arbeiten und eine Wochenarbeits-zeit von 38 Stunden einzuhalten. Im Dezember 2010 arbeitet AT insgesamt 19,8 Stunden, vom 1. bis 19. Januar 2011 insgesamt 5,51 Stunden. AT meint, das Maß ihrer Arbeitsleistung sei die geschuldete Arbeitsleistung. Sie erhebt Klage zum Arbeitsgericht auf Feststellung, dass sie nicht zur Ableistung von 38 Stunden wöchentlich verpflichtet ist. Mit Erfolg?BAG 15.05.2013 – 10 AZR 325/12

Page 54: Arbeitsrecht im Betrieb Dr. jur. Joachim Ingendahl 4. Vorlesung Sommersemester 2015 Stand 31.03.2015 1

54

Arbeitsrecht im Betrieb 2 SLösung: Geschuldeten Arbeitszeit bei Fehlen ausdrücklicher VereinbarungDer Arbeitsvertrag enthält keine nähere Bezif-ferung des Umfangs der Arbeitszeit. Dann ist anzunehmen, dass die Parteien die betriebsübliche Arbeitszeit vereinbaren wollen. Dies entspricht dem Vertragswillen verständiger und redlicher Vertragspartner. Ein Vollzeitarbeit-nehmer muss mangels anderer Anhaltspunkte davon ausgehen, dass er in gleichem Umfange wie andere Vollzeitarbeitnehmer zur Arbeit verpflichtet ist, §§ 133, 157 BGB.Ergebnis: AT ist verpflichtet, die übliche Arbeitszeit für Vollzeitarbeitskräfte einzuhalten.

Page 55: Arbeitsrecht im Betrieb Dr. jur. Joachim Ingendahl 4. Vorlesung Sommersemester 2015 Stand 31.03.2015 1

55

Arbeitsrecht im Betrieb 2 SFall: Sprachunkundiger ArbeitnehmerP ist Portugiese mit Wohnsitz in Portugal und der deut-schen Sprache nicht mächtig. Nach auf portugiesisch geführten Verhandlungen stellte ihn Spedition H 2009 als Kraftfahrer im internationalen Transport für monat-lich 900 € brutto ein. Beide Parteien unterzeichneten einen Arbeitsvertrag in deutscher Sprache, der in § 12 beiderseitige Ausschlussfristen enthält: 3 Monate zur schriftlichen Geltendmachung, bei Ablehnung/ Nicht-erklärung 2 Monate zur gerichtlichen Geltendmach-ung. Nach Ende des Arbeitsverhältnisses am 31.3.2011 macht P mit Schreiben vom 13.4.2011 das Entgelt für Dezember 2010 geltend und reicht am 12.05.2011 Klage ein. Mit Erfolg? BAG 19.03.2014 – 5 AZR 252/12

Page 56: Arbeitsrecht im Betrieb Dr. jur. Joachim Ingendahl 4. Vorlesung Sommersemester 2015 Stand 31.03.2015 1

56

Arbeitsrecht im Betrieb 2 SLösung: Sprachunkundiger Arbeitnehmer1. Vertragsschluss:

1. Arbeitsvertragsangebot & Zugang, § 130 Abs. 1 BGB: Auslegung objektiver Inhalt

2. Annahme durch P, auch wenn nicht verstanden3. Ausschlussfrist § 12

2. Wirksamkeit: 1. Allgemeine Geschäftsbedingung, § 305 Abs. 22. Eingeschränkte Kontrolle im Arbeitsrecht, § 10 Abs. 4

S. 2 3. Überraschende Klausel § 305 c Abs. 1: Die Ver- einbarung von Verfallklauseln entspricht einer weitverbreiteten Übung im Arbeitsleben,Mindestfrist Arbeitsvertrag BAG: 3 Monate.

Page 57: Arbeitsrecht im Betrieb Dr. jur. Joachim Ingendahl 4. Vorlesung Sommersemester 2015 Stand 31.03.2015 1

57

Arbeitsrecht im Betrieb 2 SFall: Verzicht auf KündigungsschutzkageA ist seit 2006 bei der InduService GmbH (über 10 MA) als Bauwerker beschäftigt. Nach einem Arbeitsunfall am 30.09.2009 mit langer Erkrankung und Rehabili -tation kündigt die GmbH am 26.04.2011 das Arbeits-verhältnis zum 31.05.2011. A unterzeichnet unter der Überschrift „Arbeitspapiere“ eine Ausgleichsquittung zum Empfang von Arbeitspapieren und einen Verzicht auf die Kündigungsschutzklage. A erhebt Kündigungsschutzklage und bestreitet, Die Ausgleichsquittung unterzeichnet zu haben. Kann die Klage Erfolg haben? BAG 25.09.2014 – 2 AZR 788/13

Page 58: Arbeitsrecht im Betrieb Dr. jur. Joachim Ingendahl 4. Vorlesung Sommersemester 2015 Stand 31.03.2015 1

58

Arbeitsrecht im Betrieb 2 SLösung: Verzicht Kündigungsschutzklage1. Verzicht ist Vertrag2. Allgemeine Geschäftsbedingung, § 305 BGB:

1. Begriff, Abs. 1 BGB: Für mehrere Verwendungen vorformuliert

2. Einbeziehung, Abs. 2: Hinweis und Möglichkeit zur Kenntnisnahme

3. Wirksamkeit: 1. Transparenz, § 305 c Abs. 1: Klausel versteckt =

überraschend2. Keine Gegenleistung, § 10 Abs. 4 S. 2

Page 59: Arbeitsrecht im Betrieb Dr. jur. Joachim Ingendahl 4. Vorlesung Sommersemester 2015 Stand 31.03.2015 1

59

Arbeitsrecht im Betrieb 2 SFall: Anspruch auf TantiemeHerr J war bis zum 30.6.2011 für die Firma A als „Leiter IT“ tätig. Sein Arbeitsvertrag vom 22.12. 1995 enthält folgende Vergütungsvereinbarung: „J erhält ein Bruttogehalt von 120.000 DM p.a., das in 12 monatlichen Teilbeträgen ausgezahlt wird. Bei erfolgreicher Zusammenarbeit im 1. Jahr zahlt A zusätzlich eine Tantieme von 10.0000 DM.“ A zahlte jährlich eine Tantieme, in den Jahren 2004 bis 2006 erhielt J jeweils 34.103 €. J verlangt für die Jahre 2007 bis 2010 Tantiemen in gleicher Höhe. Zurecht? BAG 17.04.2013 - 10 AZR 251/12

Page 60: Arbeitsrecht im Betrieb Dr. jur. Joachim Ingendahl 4. Vorlesung Sommersemester 2015 Stand 31.03.2015 1

60

Arbeitsrecht im Betrieb 2 SLösung: Anspruch auf Tantieme1. Schriftlicher Arbeitsvertrag: Nur für 1. Jahr2. Betriebliche Übung: a) Wiederholte, mindestens 3- malige Zahlung ohne

Freiwilligkeitsvorbehalt b) Enthält kollektives Element: Bezieht sich auf eine

Vielzahl oder zumindest eine abgrenzbare Grup-pe von Arbeitnehmern, ohne dass individuelle Besonderheiten die vertraglichen Beziehungen gestalten.

3. Ergebnis: Zurückverweisung zur Aufklärung:a) Individueller Tantiemeanspruch kann durch eine schlüssige/konkludente Abrede entstanden sein, b) über deren Höhe der Arbeitgeber nach billigem Ermessen zu entscheiden hat, § 315 BGB

Page 61: Arbeitsrecht im Betrieb Dr. jur. Joachim Ingendahl 4. Vorlesung Sommersemester 2015 Stand 31.03.2015 1

61

Arbeitsrecht im Betrieb 2 SFall: Schwangere SchwangerschaftsvertretungFrau F schließt mit der S – AG einen auf 2 Jahre be-fristeten Arbeitsvertrag als Schwangerschaftsvertre-tung. Einen Monat nach Beschäftigungsbeginn setzt F die S- AG in Kenntnis, dass sie schwanger ist und in wenigen Monaten ein Kind gebären wird.Die S-AG ficht den Arbeitsvertrag wegen arglistiger Täuschung an. F sei ihre Schwangerschaft bei Abschluss des Arbeitsvertrages bekannt gewesen. Sie hätte niemals eine Schwangere als Schwanger-schaftsvertretung eingestellt. Besteht das Arbeitsverhältnis fort? LAG Köln 11.10.2012 - 6 Sa 641/12

Page 62: Arbeitsrecht im Betrieb Dr. jur. Joachim Ingendahl 4. Vorlesung Sommersemester 2015 Stand 31.03.2015 1

62

Arbeitsrecht im Betrieb 2 SLösung: Schwangere Schwangerschaftsvertretung1. Kündigung: Keine Zustimmung, § 9 I

MuSchuG2. Anfechtung wg. verschwiegener

Schwangerschaft1. Verkehrswesentliche Eigenschaft, § 119 Abs. 2

BGB 2. Täuschung mit Arglist, § 123 BGB:

1. Verschwiegen: Schweigerecht o. Offenbarungspflicht? 2. Frage S-AG: Recht zu lügen? Auf unzulässige Frage!

3. Rechtliche Wertung des Grundgesetz und AGG:Schwangere Frauen würden durch eine Offenbarungs-pflicht wegen ihres Geschlechtes diskriminiert.

BAG 06.02.2003 - 2 AZR 621/01Ergebnis: Kein Anfechtungsgrund,

das Arbeitsverhältnis besteht fort.

Page 63: Arbeitsrecht im Betrieb Dr. jur. Joachim Ingendahl 4. Vorlesung Sommersemester 2015 Stand 31.03.2015 1

63

Arbeitsrecht im Betrieb 2 SFall: Insich- (Vertrag-)GeschäftG ist Geschäftsführer der Hochbau GmbH. Anlässlich der Auslieferung seines neuen Dienstwagens möchte er seinen bisherigen Dienstwagen für seinen Sohn erwerben, der demnächst 18 Jahre alt wird und bereits seinen Führerschein macht. Als er den schrift-lichen Kaufvertrag aufsetzt, kommen ihm Bedenken. Abwandlung:G ist verwitwet. Die Hochbau GmbH soll mit seinem Sohn einen Ausbildungsvertrag abschließen.

Page 64: Arbeitsrecht im Betrieb Dr. jur. Joachim Ingendahl 4. Vorlesung Sommersemester 2015 Stand 31.03.2015 1

64

Arbeitsrecht im Betrieb 2 S

Arbeitgeber Arbeitnehmer

§ 164 Vollmacht In fremdem Namen

Vertreter

Page 65: Arbeitsrecht im Betrieb Dr. jur. Joachim Ingendahl 4. Vorlesung Sommersemester 2015 Stand 31.03.2015 1

65

Arbeitsrecht im Betrieb 2 SLösung: Insich- (Vertrag-)GeschäftEin Vertrag kommt zustande, wenn sich Verkäufer und Käufer über Gegenstand und Preis einig werden. Die GmbH wird von ihrem Geschäftsführer vertreten. Fraglich ist, ob der Geschäftsführer die GmbH auch bei einem Vertrag mit sich selbst vertreten kann.§ 181 BGB: Satzung und Eintragung ins Handelsregister• Abwandlung:Fraglich ist, ob der Geschäftsführer bei einem Vertragsschluss gleichzeitig die GmbH und seinen Sohn vertreten kann.

Page 66: Arbeitsrecht im Betrieb Dr. jur. Joachim Ingendahl 4. Vorlesung Sommersemester 2015 Stand 31.03.2015 1

66

Arbeitsrecht im Betrieb 2 S• Unterzeichnung der Kündigung weder– durch offenkundig Bevollmächtigten des Arbeitgebers

( insbes. Geschäftsführer, Leiter Personalabteilung)

– noch Vorlage einer Vollmacht • Folgen, § 174 BGB: – Empfänger kann Kündigung binnen einer Woche

zurückweisen. – Kündigung ist dann unwirksam, keine Heilung oder

Genehmigung• Neue Kündigung erforderlich, • die Arbeitsverhältnis erst später beendet• Solange ist Arbeitgeber in Annahmeverzug

Page 67: Arbeitsrecht im Betrieb Dr. jur. Joachim Ingendahl 4. Vorlesung Sommersemester 2015 Stand 31.03.2015 1

67

Arbeitsrecht im Betrieb 2 SKündigung durch VertreterWer muss einer von ihm unterschriebenen Kündigung seine schriftliche Vollmacht beifügen? 1. Abteilungsleiter Rechnungswesen GmbH Ja 2. Filialleiter einer Einzelhandelskette Ja3. Kaufmännischer Leiter einer GmbH & Co KG

Nein4. Personalleiter einer GmbH Nein5. Prokurist? ppa. § 54 HGB Nein6. Geschäftsführer einer GmbH? Organ, bei nein

bei mehreren grds. Gesamtvertretung, dann alle7. Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen

Rechts? Grds. alle Gesellschafter

Page 68: Arbeitsrecht im Betrieb Dr. jur. Joachim Ingendahl 4. Vorlesung Sommersemester 2015 Stand 31.03.2015 1

68

Arbeitsrecht im Betrieb 2 SFall: BER – Chefplaner RP 25.06.2015Die Pannenserie um den Berliner Großflughafen reißt nicht ab: Der im Mai gefeuerte Chefplaner der Entrauchungsanlage, der Angestellte Alfredo di Mauro, war gar kein Ingenieur, sondern in seiner Ausbildung nur Bauzeichner.Flughafenchef Hartmut Mehdorn hatte Anfang Mai erklärt, dass die Zusammenarbeit mit dem 52- Jährigen beendet sei. Er habe die Anlage in ihrer nicht funktionsfähigen Form geplant. Bereits im Früh-jahr 2012 galt die Entrauchungsanlage als Haupt-ursache für den geplatzten Eröffnungstermin des Flughafens. Wie hätten Sie als BER-Personalchef das Arbeitsver-hältnis beendet?Hat BER Schadensersatzansprüche?

Page 69: Arbeitsrecht im Betrieb Dr. jur. Joachim Ingendahl 4. Vorlesung Sommersemester 2015 Stand 31.03.2015 1

69

Arbeitsrecht im Betrieb 2 SLösung: BER - Chefplaner1. Kündigung: Außerordentlich, § 626

BGB2. Anfechtung des Arbeitsvertrage wg.

1. Arglistiger Täuschung, §123 BGB2. Irrtum über verkehrswesentliche

Eigenschaft, § 119 II BGBRückwirkung auf Zeitpunkt Vertragsschluss

3. Schadensersatz bei 1. Kündigung: § 628 Abs. 22. Anfechtung: Aus § 823 BGB

Page 70: Arbeitsrecht im Betrieb Dr. jur. Joachim Ingendahl 4. Vorlesung Sommersemester 2015 Stand 31.03.2015 1

70

Arbeitsrecht im Betrieb 2 SFall: Kündigung unter einer Bedingung:• „Wir kündigen fristgerecht zum 28.02.2015, falls Sie nicht bereit

sind, ab dem 09.12.2013 zu folgenden anderen Bedingungen weiterzuarbeiten…..“

• Kündigung bedingungsfeindlich: Bei Gestaltungsrecht kann Erklärungsempfänger keine Ungewissheit / Schwebezustand zugemutet werden. Die bedingte Kündigung ist unwirksam.

• Unbedenklich sind nur:– Rechtsbedingungen,

• "außerordentliche, hilfsweise ordentliche Kündigung.“ Die außerordentliche wird unbedingt, die ordentliche Kündigung unter der Bedingung ausgesprochen, dass die außerordentliche unwirksam ist.

– Potestativ- Bedingung: Hängt vom Willen des Erklärungs-empfängers ab /versetzen ihn nicht in eine ungewisse Lage • z.B. Änderungskündigung bei gleichzeitigem Angebot der

Fortsetzung des Vertrages zu geänderten Beding-ungen, die Erklärungsempfänger annehmen kann

Page 71: Arbeitsrecht im Betrieb Dr. jur. Joachim Ingendahl 4. Vorlesung Sommersemester 2015 Stand 31.03.2015 1

71

Arbeitsrecht im Betrieb 2 S Anfechtung: Eigenkündigung + Aufhebungsvertrag

1. § 119 Abs. 1 BGB: a)Erklärungsirrtum: Abgabe einer Erklärung b)Inhaltsirrtum, z.B. bloße Entschuldigung gemeint2. § 123 BGB: Drohung AG mit fristloser Kündigung ist nur dann ein empfindliches Übel, wenn verständiger Arbeitgeber a.o. Kündigung nicht ernsthaft in Erwägung ziehen durfte BAG 28.11.2007 – 6 AZR 1108/06

3. Unbeachtlich: a) Irrtümer über Rechtsfolgen, z.B. steuer- und sozial-

versicherungsrechtliche, z.B. Sperrzeit b) Unkenntnis Sonderkündigungsschutz

Page 72: Arbeitsrecht im Betrieb Dr. jur. Joachim Ingendahl 4. Vorlesung Sommersemester 2015 Stand 31.03.2015 1

72

Arbeitsrecht im Betrieb 2 SFall: Verwirkte SchwerbehinderungDie G- AG beschäftigt seit dem 29.08.1989 Frau A in ihrem Betriebsteil in K bei der Herstellung von Gummi-dichtungen für die Automobilindustrie.Mit Schreiben vom 29.11.2006 kündigte die G-AG A zum 30.6.2007, weil sie die Produktion K schließt und teilweise nach Ungarn verlagert. A erhebt 15.12.2006 Kündigungsschutzklage. Den Gütetermin 23.1.2008 nimmt A selbst wahr. Dann beauftragt sie Rechtsan-walt R, der mit fristgerechtem Schriftsatz vom 2.03.2008 geltend macht, A sei gem. Bescheid des Versorgungs-amtes vom 31.9.1988 zu 50 % schwerbehindert. Im Kammertermin 4.5.2008 macht die G-AG geltend, ihr sei die Schwerbehinderung erst durch den Schriftsatz vom 02.03.2008 bekannt geworden. Hat A mit ihrer Klage Erfolg?BAG 09.06.2011 – 2 AZR 703/09 und 23.02.2010 – 2 AZR 659/08

Page 73: Arbeitsrecht im Betrieb Dr. jur. Joachim Ingendahl 4. Vorlesung Sommersemester 2015 Stand 31.03.2015 1

73

Arbeitsrecht im Betrieb 2 SLösung: Verwirkte Schwerbehinderung1. Kündigungsschutz Schwerbehinderte, § 85

SGB IX: Kündigung nur mit Zustimmung der Haupt-fürsorgestelle = Landschaftsverband Rheinland : Lag nicht vor.

2. Berufen auf Schwerbehinderung: Grundsätzlich unabhängig von Kenntnis des Arbeitgebers.

3. Verwirkung: Kennt der AG bei Ausspruch der Kündigung die Schwerbehinderung nicht, muss der Arbeitnehmer ihn binnen 3 Wochen informieren. Danach kann AN sich auf den Kündigungsschutz nicht mehr berufen.