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Tagungsberichte Arbeitstagung uber Probleme der Quantenchemie vom 26.9. bis 1.10.1966 in Mtinchenfrei (Brand-Erbisdort) Zu der Veranstaltung waren Professoren und Nachwuchswis- senschaftler aller Universitaten und Hochschulen der DDR eingeladen, die sich mit quantenchemischen Arbeiten be- schiiftigen. Die Tagung wurde von der Abteilung fur Quan- tenchemie der Universitit Jena (Leiter Prof. DF. Weber, In- stitut fur Theoretische Physik) veranstaltet. Die beiden Hauptanlicgen dieser Tagung waren: Kennenler- nen und Koordinierung der Forschungsvorhaben der quan- tenchemischen Arbeitsgruppen an den Hochschulen in der DDR einerseits, Aussprache und Erfahrungsaustausch uber. Lehrveranstaltungen zur Quantenchemie andererseits. In kurzen Diskussionsvortriigen (Dauer 20 Min.) skizzierte eine Reihe der Teilnehmer die Ergebnisse ihrer bisherigen Arbeit und umril3 die geplanten Forschungsvorhaben. Prof. Dr. W. Haberditzl (Institut fur Physikalische Chemie, Humboldt-Universitat zu Berlin) berichtete uber quanten- chemische Probleme des Diamagnetismus. Seine Arbeits- gruppe beschiiftigt sich mit Fragen des Dia- und Paramagne- tismus von Molekulen (keine Festkorper), dem Furuday- Effekt und mit Transporterscheinungen im Magnetfeld (ma- gnetokatalytischer Effekt). Mit Hilfe eines empirischen In- krementsystems konnten Aussagen uber das diamagnetische Verhalten von Molekeln abgeleitet werden. Dr. J. Fabian berichtete zusammen mit A. Mehlhorn (Insti- tut fur Organische Chemie, TU Dresden) uber MO-LCAO- Berechnungen an organischen Schwefelverbindungen. Es wurden Berechnungen nach den Methoden von Hiickel und Puriser-Purr-Pople (PPP) am Rechenautomaten Elliot 503 durchgefuhrt. Dr. R. Taube (Institut fur Anorganische Chemie, Universitat Greifswald) sprach uber LCAO-MO-Berechnungenan redu- zierten Metallphthalocyaninen nach einem kombinierten Ver- fahren von Hiickel, Wolfsberg-Helmholz. W. Qrundler (Institut fur Anorganische Chemie, Universitat Halle) stellte Berechnungen an Phosphanen nach einem er- weiterten MO-LCAO-Verfahrennach Hojjmann zur Diskus- sion. Prof. Dr. Weber berichtete uber die Arbeiten seiner Gruppe, die sich einerseits mit der Theorie der Linienformen und -brei- ten von ESR-Spektren, zum anderen mit der Berechnung an Komplexverbindungen unter Beriicksichtigung der Spin- Bahn-Kopplung, d. h. Behandlung der Wechselwirkung von Spin und Ligandenfeld, beschaftigen. Folgende Arbeiten sind bereits begonnen worden bzw. geplant : weitere Rechnungen zur Spin-Bahn-Kopplung, Untersuchungen zur Giite von Wellenfunktionen, Behandlung von Mehrteilchenproblemen mittels der Feldtheorie und Untersuchungen uber die Bezie- hungen zwischen Storungsrechnungen und Variationsverfah- ren. Prof. Dr. Valenta, Gestprofessor der Fachrichtung Chemie, Universitat Jena, berichtete uber seine Arbeiten zur Proble- matik der Oberflachenzustande. Er konnte z. B. zeigen, daB bei einem Kristall der Ordnungszustand an der Oberfliiche gcgenuber dem Inneren geandert ist. In Zukunft soll u. a. untersucht werden, welche Rolle die Oberflachenzustiinde bei der Chemisorption spielen. Weiterhin wurde uber die theoretischen Arbeiten des Insti- tuts fur Physikalische Chemie der Universitiit Jena berichtet. Dr. H. Muller trug sein FE-Model1 der chemischen Bindung vor. AuBerdem berichtete er uber die von H.-G. Fritsche durchgefuhrten Berechnungen der Potentialkurve von He, im Grundzustand. Dr. P . Kadura erlauterte seine Modell- rechnungen zur Mehrzentrenbindung. R. Gottschlich sprach uber Ladungsverteilungen in kleinen Molekulen. Dr. H. Dun- ken berichtete uber einfache LCAO-Berechnungen der Che- misorption an Metalloberflachen, die in Zusammenarbeit mit Ch. Opitz durchgefuhrt werden. Prof. Dr. Lorenz (Physikalisch-chemisches Institut, Univer- sitlt Leipzig) sprach uber seine experimentellen und theore- tischen Untersuchungen der Ladungsverteilung chemischer Komplexe, die an Elektrodenoberflachen adsorbiert sind. J. Reinhold (Institut fur Physikalische Chemie, Universitiit Leipzig) berichtete uber geplante MO-Berechnungen an Schwermetallkomplexen mit schwefelhaltigen Chelatliganden nach einem Verfahren von Hofjmunn, Die Arbeitegruppe ,,Theoretische Chemie" des Instituts fur Organische Chemie der Universitiit Leipzig unter Leitung von Dr. N. Scholz fuhrt MO-Berechnungen an Heterocyclen und angeregten Molekulzustiinden durch, um u. a. Aussagen uber das Reaktionsverhalten dieser Verbindungen machen zu kon- nen. Ferner interessiert der Zusammenhang zwischen der CH- Acidit5.t und MO-Daten. Ober Versuche zur quantenchemischen Interpretation ront- genspektroskopisch erhaltener Daten trug G. Leonhurdt (Phy- sikalisch-chemisches Institut, Universitat Leipzig) vor. Die Beeinflussung der Rontgenfeinstruktur durch die chemische Umgebung kann theoretisch gedeutet werden. Dr. J. Muuersberger (Institut fur Mathematik, TH Leuna- Merseburg) berichtete uber seine Berechnungen von Grund- zustiinden einiger leichterer Atome sowie von Parhelium- Zustanden. Bei den Diskussionen der Forschungsvorhaben der einzelnen Hochschulen ergaben sich die nachfolgend aufgefuhrten Schwerpunkte. 1. Der Ausbau des in Jena in der Form der Abteilung fur Quantenchemie vorhandenen quantentheoretischen Zen- trums ist notwendig. Dieses Zentrum soll aus einem Kol- lektiv von Wissenschaftlern bestehen, die aus verschiede- nen Fachbereichen kommen. Das zu bearbeitende For- schungsprogramm dad nicht zu einseitig orientiert sein. Dem Zentrum miissen Gastprofessoren- und Gastaspiran- tenstellen zur Verfiigung stehen, so daB in- und auslandi- sche Nachwuchswissenschaftler zeitweilig in diesem Kol- lektiv arbeiten und bestimmte Probleme losen konnen. 2. Der gegenwiirtige Stand der quantenchemischen For- schungsarbeiten erfordert bessere rechentechnische Mog- lichkeiten. Den Diskussionen iiber die studentische Ausbildung in Quan- tenchemie wurde breiter Raum gewidmet. In zweistundigen Vortragen wurden Vorlesungs- und Seminardispositionen der verschiedenen Hochschulen zu dieser Thematik dargelegt bzw. isolierte Themenkomplexe, z. B. ,,Das Variationsver- fahren" (Dr. J. Mauersberger), ,,Grundlagen der Huckelschen MO-Theorie" und ,,Anwendung der HMO-Theorie auf orga- nische Elektronen-Donator-Akzeptor-Komplexe " (R. Friebe, B. Stemminger, Institut fur Physikalische Chemie, Humboldt- Universitat zu Berlin) oder ,,Welche Moglichkeiten ergeben sich fur die UV-S-Spektroskopie aus der PPP-Methode" (Dr. J. Fabian) und ,,Berechnungen von organischen a-Elektro- nensystemen im Einelektronenschema (A. Mehlhorn) behan- delt. Prof. Dr. Weber gab in seinem Vortrag ,,Axiomatische Quantentheorie mit Obergang zur Quantenchemie" einen uberblick uber den Inhalt des ersten Semesters einer zwei- semestrigen Vorlesung zur Quantenmechanik fur Physiker. Den Inhalt und Aufbau der Vorlesung ,,Theoretisohe und an- organische Chemie" im Grundstudium erliuterte Doz. Dr. E. Hoyer (Institut fur Anorganische Chemie, Universitat Leipzig). Diese Vorlesung wird im zweiten Semester gelesen und beginnt mit der Einfiihrung der Wellengleichung, behan- 38 Z. Chem., 7. Jg. (1967) Heft I

Arbeitstagung über Probleme der Quantenchemie vom 26. 9. bis 1. 10. 1966 in Mönchenfrei (Brand-Erbisdorf)

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Tagungsberichte

Arbeitstagung uber Probleme der Quantenchemie vom 26.9. bis 1.10.1966 in Mtinchenfrei (Brand-Erbisdort)

Zu der Veranstaltung waren Professoren und Nachwuchswis- senschaftler aller Universitaten und Hochschulen der DDR eingeladen, die sich mit quantenchemischen Arbeiten be- schiiftigen. Die Tagung wurde von der Abteilung fur Quan- tenchemie der Universitit Jena (Leiter Prof. DF. Weber, In- stitut fur Theoretische Physik) veranstaltet. Die beiden Hauptanlicgen dieser Tagung waren: Kennenler- nen und Koordinierung der Forschungsvorhaben der quan- tenchemischen Arbeitsgruppen an den Hochschulen in der DDR einerseits, Aussprache und Erfahrungsaustausch uber. Lehrveranstaltungen zur Quantenchemie andererseits. In kurzen Diskussionsvortriigen (Dauer 20 Min.) skizzierte eine Reihe der Teilnehmer die Ergebnisse ihrer bisherigen Arbeit und umril3 die geplanten Forschungsvorhaben. Prof. Dr. W . Haberditzl (Institut fur Physikalische Chemie, Humboldt-Universitat zu Berlin) berichtete uber quanten- chemische Probleme des Diamagnetismus. Seine Arbeits- gruppe beschiiftigt sich mit Fragen des Dia- und Paramagne- tismus von Molekulen (keine Festkorper), dem Furuday- Effekt und mit Transporterscheinungen im Magnetfeld (ma- gnetokatalytischer Effekt). Mit Hilfe eines empirischen In- krementsystems konnten Aussagen uber das diamagnetische Verhalten von Molekeln abgeleitet werden.

Dr. J . Fabian berichtete zusammen mit A. Mehlhorn (Insti- tut fur Organische Chemie, TU Dresden) uber MO-LCAO- Berechnungen an organischen Schwefelverbindungen. Es wurden Berechnungen nach den Methoden von Hiickel und Puriser-Purr-Pople (PPP) am Rechenautomaten Elliot 503 durchgefuhrt.

Dr. R . Taube (Institut fur Anorganische Chemie, Universitat Greifswald) sprach uber LCAO-MO-Berechnungen an redu- zierten Metallphthalocyaninen nach einem kombinierten Ver- fahren von Hiickel, Wolfsberg-Helmholz. W. Qrundler (Institut fur Anorganische Chemie, Universitat Halle) stellte Berechnungen an Phosphanen nach einem er- weiterten MO-LCAO-Verfahren nach Hojjmann zur Diskus- sion. Prof. Dr. Weber berichtete uber die Arbeiten seiner Gruppe, die sich einerseits mit der Theorie der Linienformen und -brei- ten von ESR-Spektren, zum anderen mit der Berechnung an Komplexverbindungen unter Beriicksichtigung der Spin- Bahn-Kopplung, d. h. Behandlung der Wechselwirkung von Spin und Ligandenfeld, beschaftigen. Folgende Arbeiten sind bereits begonnen worden bzw. geplant : weitere Rechnungen zur Spin-Bahn-Kopplung, Untersuchungen zur Giite von Wellenfunktionen, Behandlung von Mehrteilchenproblemen mittels der Feldtheorie und Untersuchungen uber die Bezie- hungen zwischen Storungsrechnungen und Variationsverfah- ren. Prof. Dr. Valenta, Gestprofessor der Fachrichtung Chemie, Universitat Jena, berichtete uber seine Arbeiten zur Proble- matik der Oberflachenzustande. Er konnte z. B. zeigen, daB bei einem Kristall der Ordnungszustand an der Oberfliiche gcgenuber dem Inneren geandert ist. I n Zukunft soll u. a. untersucht werden, welche Rolle die Oberflachenzustiinde bei der Chemisorption spielen.

Weiterhin wurde uber die theoretischen Arbeiten des Insti- tuts fur Physikalische Chemie der Universitiit Jena berichtet. Dr. H . Muller trug sein FE-Model1 der chemischen Bindung vor. AuBerdem berichtete er uber die von H.-G. Fritsche durchgefuhrten Berechnungen der Potentialkurve von He, im Grundzustand. Dr. P . Kadura erlauterte seine Modell- rechnungen zur Mehrzentrenbindung. R. Gottschlich sprach uber Ladungsverteilungen in kleinen Molekulen. Dr. H. Dun- ken berichtete uber einfache LCAO-Berechnungen der Che-

misorption an Metalloberflachen, die in Zusammenarbeit mit Ch. Opitz durchgefuhrt werden.

Prof. Dr. Lorenz (Physikalisch-chemisches Institut, Univer- sitlt Leipzig) sprach uber seine experimentellen und theore- tischen Untersuchungen der Ladungsverteilung chemischer Komplexe, die an Elektrodenoberflachen adsorbiert sind.

J . Reinhold (Institut fur Physikalische Chemie, Universitiit Leipzig) berichtete uber geplante MO-Berechnungen an Schwermetallkomplexen mit schwefelhaltigen Chelatliganden nach einem Verfahren von Hofjmunn, Die Arbeitegruppe ,,Theoretische Chemie" des Instituts fur Organische Chemie der Universitiit Leipzig unter Leitung von Dr. N. Scholz fuhrt MO-Berechnungen an Heterocyclen und angeregten Molekulzustiinden durch, um u. a. Aussagen uber das Reaktionsverhalten dieser Verbindungen machen zu kon- nen. Ferner interessiert der Zusammenhang zwischen der CH- Acidit5.t und MO-Daten.

Ober Versuche zur quantenchemischen Interpretation ront- genspektroskopisch erhaltener Daten trug G. Leonhurdt (Phy- sikalisch-chemisches Institut, Universitat Leipzig) vor. Die Beeinflussung der Rontgenfeinstruktur durch die chemische Umgebung kann theoretisch gedeutet werden.

Dr. J. Muuersberger (Institut fur Mathematik, TH Leuna- Merseburg) berichtete uber seine Berechnungen von Grund- zustiinden einiger leichterer Atome sowie von Parhelium- Zustanden.

Bei den Diskussionen der Forschungsvorhaben der einzelnen Hochschulen ergaben sich die nachfolgend aufgefuhrten Schwerpunkte.

1. Der Ausbau des in Jena in der Form der Abteilung fur Quantenchemie vorhandenen quantentheoretischen Zen- trums ist notwendig. Dieses Zentrum soll aus einem Kol- lektiv von Wissenschaftlern bestehen, die aus verschiede- nen Fachbereichen kommen. Das zu bearbeitende For- schungsprogramm dad nicht zu einseitig orientiert sein. Dem Zentrum miissen Gastprofessoren- und Gastaspiran- tenstellen zur Verfiigung stehen, so daB in- und auslandi- sche Nachwuchswissenschaftler zeitweilig in diesem Kol- lektiv arbeiten und bestimmte Probleme losen konnen.

2. Der gegenwiirtige Stand der quantenchemischen For- schungsarbeiten erfordert bessere rechentechnische Mog- lichkeiten.

Den Diskussionen iiber die studentische Ausbildung in Quan- tenchemie wurde breiter Raum gewidmet. In zweistundigen Vortragen wurden Vorlesungs- und Seminardispositionen der verschiedenen Hochschulen zu dieser Thematik dargelegt bzw. isolierte Themenkomplexe, z. B. ,,Das Variationsver- fahren" (Dr. J. Mauersberger), ,,Grundlagen der Huckelschen MO-Theorie" und ,,Anwendung der HMO-Theorie auf orga- nische Elektronen-Donator- Akzeptor-Komplexe " ( R . Friebe, B. Stemminger, Institut fur Physikalische Chemie, Humboldt- Universitat zu Berlin) oder ,,Welche Moglichkeiten ergeben sich fur die UV-S-Spektroskopie aus der PPP-Methode" (Dr. J. Fabian) und ,,Berechnungen von organischen a-Elektro- nensystemen im Einelektronenschema (A. Mehlhorn) behan- delt. Prof. Dr. Weber gab in seinem Vortrag ,,Axiomatische Quantentheorie mit Obergang zur Quantenchemie" einen uberblick uber den Inhalt des ersten Semesters einer zwei- semestrigen Vorlesung zur Quantenmechanik fur Physiker.

Den Inhalt und Aufbau der Vorlesung ,,Theoretisohe und an- organische Chemie" im Grundstudium erliuterte Doz. Dr. E. Hoyer (Institut fur Anorganische Chemie, Universitat Leipzig). Diese Vorlesung wird im zweiten Semester gelesen und beginnt mit der Einfiihrung der Wellengleichung, behan-

38 Z. Chem., 7. Jg. (1967) Heft I

Page 2: Arbeitstagung über Probleme der Quantenchemie vom 26. 9. bis 1. 10. 1966 in Mönchenfrei (Brand-Erbisdorf)

delt die Schrodinger-Gleichung an Beispielen (Teilchen im Kasten), des weiteren die Theorie des PSE, Bindungsphiino- mene, koordinationschemische Probleme, Halbleiter und Festkorper u. a. m. Ebenfalls in Leipzig wird wiihrend der Spezialausbildung in organischer Chemie von Dr. M . Scholz eine zweisemestrige fakultative Vorlesung mit intensiven Obungen iiber die ,,HMO-Methode und ihre Anwendung in der organischen Chemie" gelesen, deren Ziel ein aktives Be- herrschen der HMO-Methode ist.

Dr. H. Miiller sprach iiber die Form und den Inhalt eines ,,Quantenchemischen Seminars im Vertiefungspraktikum", in dem eine Einfiihrung fur Chemiker in die wichtigsten quan- tenchemisohen Methoden an Beispielen gegeben wird. AuBerdem wurden Vorlesungsausschnitte aus verschiedenen Vorlesungszyklen vorgetragen. So sprach Dr. El. Kehlen (Institut fur Physikalische Chemie, Universitiit Halle) zurn Thema ,,Axiomatische Denkweise und das Versagen der klassischen Physik". Dieser Vortrag ist als Einleitung zu einer quantenchemischen Vorlesung fur Chemiker gedacht und sol1 die deduktive Methode erllutern. Dr. R. Taube brachte mit der ,,Einfuhrung der einfachen LCAO-MO- Methode am Beispiel des H,f und einem Ausblick auf leichte Molekiile" einen Ausschnitt aus dem Vorlesungsprogramm fur anorganische Chemie an der Universitat Greifswald. SchlieBlich erorterte Dr. 8. Pretzschner (Institut fur Anorga- nische und Analytische Chemie der Bergakademie F'reiberg) an Hand einer Vorlesungsstunde zum Thema ,,Mehrfachbin- dungen in der anorganischen Chemie" die Anwendung empi- rischer Regeln fur Kraftkonstanten zur Bestimmung von Bindungsordnungen. Bei den Diskussionen iiber Form und Inhalt einer quanten- chemischen Ausbildung wurden auBerdem die Erfahrungen mit verwertet, die beispielsweise iiber die Veranstaltungen ,,Allgemeine Chemie" im ersten Semester von Prof. Dr. R. Paetzold an der Universitiit Jena und iiber eine theore- tische Vorlesung in anorganischer Chemie im 4. Semester von Prof. Dr. a. Schott an der Universitlt Rostock vorlagen. Die Grundgedanken der Diskussionen, die im folgenden zusam- mengestellt sind, wurden dem Wissenschaftlichen Beirat des Staatssekretariats fur das Hoch- und Fachschulwesen, Sek- tion Chemie, ubermittelt.

1. Der Einbau von Vorlesungen und Seminaren zur Theore- tischen Chemie, insbesondere auch zu Problemen der Quantenchemie, in den Studienplan aller Chemiker ist un- erlaBlich. Die Quantenchemie bildet die Grundlage zum Verstandnis vieler Probleme der Chemie, wie beispiels- weise der chemischen Bindung, des Reaktionsverhaltens chemischer Verbindungen, spektrochemischer Messungen u. a. m. Der Entwicklung der Wissenschaft mu13 nicht zu- letzt aus okonomischen Grunden durch eine entsprechende Anderung des Studienprogramms durch Aufnahme theo- retischer Vorlesungen Rechnung getragen werden. Dabei ist der Bildungswert, den eine solche theoretische Ausbil- dung fur die Studierenden besitzt, nicht zu unterschltzen.

2. Eine quantenchemische Ausbildung der Chemiestudenten sollte in Etappen, beginnend mit dem ersten Studienjahr und den entsprechenden Voraussetzungen in Mathematik

Neue Fachliteratur

Geschichte der Analytischen Chemie

Von F. Szabadvdry. Deutsche Bearbeitung: G. Kerstein. Aka- d6miai Kiad6 (Verlag der Ungarischen Akademie der Wissen- schaften), Budapest 1966. 410 Seiten, 100 Bilder und zahl- reiche Tabellen. Format 17 x 24,5 cm, Ln. 39,30 MDN. Erstmalig liegt ein ausfiihrliches Werk vor, das ausschlieBlich die Entwicklung der analytischen Chemie behandelt. Analy- tische Beobachtungen haben seit altersher viele Fortschritte

und Physik angepaBt, erfolgen. Im 1. Studienjahr konnen im Rahmen der Vorlesungen und Seminare zur ,,Allgemei- nen Chemie" auf quantenchemischer Basis die Theorie des PSE, Fragen der chemischen Bindung u. a. qualitativ be- handelt werden. Diese Veranstaltungen muBten fur aZle Chemiestudenten obligatorisch sein. Im 2. Studienjahr sollten die Kenntnisse in Quantenchemie vertieft und mathematisch fundiert werden. Wahrend der Spezialaus- bildung miiBten in den einzelnen Fachgebieten (anorga- nische, organische und physikalische Chemie) fakultative Vorlesungen und Seminare, z. B. zum Thema Liganden- feldtheorie, HMO-Methode u. a., veranstaltet werden, in denen dem jeweiligen theoretischen Anliegen dieser Ge- biete Rechnung getragen wird. Der Stoff in den quantenchemischen Vorlesungen und Se- minaren darf nicht ausgesprochen vom Formalismus her, sondern mup zweckmaBig an Beispielen behandelt werden. Der Lehrstoff in Mathematik und Physik sollte durch Ab- sprachen mit der Fachrichtung Chemie so gewiihlt werden, daB die mathematischen Grundlagen fur eine quantenche- mische Ausbildung der Chemiestudenten gegeben sind (beispielsweise ist an der Humboldt-Universitat zu Berlin der Mathematikunterricht fur Chemiker auf 6 Semester erweitert worden). Insbesondere bei der Auswahl des Lehr- stoffes in Physik sollte man sich dem Beispiel der Hoch- schulen des sozialistischen Auslandes anschlieBen und eine Vorlesung mit Seminar iiber Theoretische Physik abhal- ten, damit dem Chemiestudenten die theoretischen Grund- lagen seiner Fachdisziplin vermittelt werden konnen. Das Ziel einer allgemeinen Ausbildung aller Chemiestuden- ten in Quantenchemie kann nicht ein unbedingtes aktives Beherrschen der quantenchemischen Methoden sein. Letz- teres bleibt nach wie vor wenigen Studenten vorbehalten, die entweder nach ihrer dreijahrigen Grundausbildung eine entsprechende Spezialausbildung in Quantentheorie erhalten oder aber ein Zweitstudium in Theoretischer Phy- sik absolvieren bzw. eine Aspirantur fur diese Fachdisziplin erhalten. Dem wissenschaftlichen Nachwuchs der Fachrichtung Chemie fehlt eine fundierte quantenchemische Ausbildung. Deshalb sollte denjenigen Nachwuchswissenschaf tlern, die sich bereits jetzt mit quantenchemischen Problemen be- sch&ftigen, die Belegenheit gegeben werden, in Fortbil- dungsseminaren (Sommerschulen) ihre Kenntnisse syste- matisch zu vertiefen.

Form und Inhalt der Arbeitstagung entsprachen in vollem Umfang den Erwartungen der Beteiligten und Veranstalter. Die Beschrankung der Teilnehmerzahl auf etwa 30 Personen gewiihrleistete eine aktive Beteiligung aller Anwesenden an der Gestaltung des Arbeitsprogramms und somit eine ideale Arbeitsatmosphare. Es war einstimmiger Wunsch aller An- wesenden, in etwa einjlhrigem Abstand iihnliche Veranstal- tungen folgen zu lassen, deren inhaltlicher Schwerpunkt ab- wechselnd einmal auf Probleme der Forschung und einmal auf Probleme der Weiterbildung und Ausbildung konqentriert sein sollte.

H . Miiller und Helga Dunken, Jena. ZCT 1810

auf dem Gebiet der Chemie eingeleitet und gefordert und so zur Erweiterung der naturwissenschaftlichen Kenntisse bei- getragen. Diese Einfluhahme auf den Werdegang der Che- mie zeigt die vorliegende ,,Geschichte der Analytischen Che- mie" auf, in zusammenfassender Gestaltung. Es legt das Buch aber auch in sehr anschaulicher Weise dar, wie die analyti- sche Chemie selbst zu einem in sich geschlossenen, fur die Praxis bedeutungsvollen Teilgebiet der Chemie geworden ist.

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