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Arbeitszeit und Vereinbarkeit: Österreich im internationalen Vergleich Bernadette Allinger (FORBA) “Alles unter einen Hut? Erwerbsarbeit und Versorgungsarbeit von Frauen und Männern in Österreich und in der EU” FORBA-Gespräch zur Arbeitsforschung, 24.10.2012

Arbeitszeit und Vereinbarkeit: Österreich im internationalen Vergleich Bernadette Allinger (FORBA) Alles unter einen Hut? Erwerbsarbeit und Versorgungsarbeit

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Arbeitszeit und Vereinbarkeit: Österreich im internationalen Vergleich

Bernadette Allinger (FORBA)

“Alles unter einen Hut?Erwerbsarbeit und Versorgungsarbeit von Frauen und Männern in Österreich und in der EU”FORBA-Gespräch zur Arbeitsforschung, 24.10.2012

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Inhalt:

Arbeitszeit in Europa

Vereinbarkeit in Europa

Politische Maßnahmen in ausgewählten Ländern im Vergleich: Ö, DK, KAN (Bsp. Elternkarenzregelungen, Kinderbetreuungsinfrastruktur)

Schlussfolgerungen

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Europa: Nordwest-Südost Gefälle bei Arbeitszeit

Nord- und Westeuropa: tendenziell eher kurze Arbeitszeiten

Süd- und Osteuropa: tendenziell eher längere Arbeitszeiten

Je höher die weibliche Erwerbsbeteiligung, desto niedriger die kumulierten Arbeitszeiten (Anxo et al. 2012); selbiges gilt für frauendominierte Branchen

Selbständige mit höherer AZ als ArbeitnehmerInnen

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Mehr als 40 Wochenstunden im Hauptberuf arbeiten (EWCS 2010):

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Wochenarbeitszeit von VZ-AN in der EU (Eurostat Arbeitskräfteerhebung 2011) Am unteren Ende: Dänemark mit 37,7 Stunden

(Männer 38,1h – niedrigster Wert, Frauen 37,2h – 3.niedrigster Wert nach IE und IT) vor Irland, Italien, Niederlande; auch Schweden mit 39,9h (Männer 40h, Frauen 39,8h) und Finnland mit 39,1h (Männer 40h, Frauen 38,1h) unter dem EU-27 Durchschnitt

Am oberen Ende: GB mit 42,2h (Männer 43,6h, Frauen 39,9h) und Ö mit 41,8h (Männer 42,4h – 2.höchster Wert, Frauen 40,8h – höchster Wert)

EU-27 Durchschnitt: 40,4h (Männer 41,1h, Frauen 39,3h)

In allen Ländern Wochenarbeitszeit der Männer über der der Frauen

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Normalerweise geleistete Wochenarbeitsstd. für VZ-beschäftigte AN im Alter von 15+ (Eurostat AKE 2011)

Normalerweise geleistete Wochenarbeitsstunden für VZ-Beschäftigte, Alter 15+ (Eurostat 2011)

35

36

37

38

39

40

41

42

43

Dänemark

Irland

Italie

n

Niederlan

de

Finnlan

d

Belgien

Frankre

ich

Litau

en

Luxe

mburg

Schw

eden

Span

ien

Lettlan

d

EU27

Griech

enlan

d

Ungarn

Estlan

d

Deutsc

hland

Malta

Slowak

ei

Bulgarie

n

Polen

Tschec

h. Rep

ublik

Rumänien

Slowenie

n

Zypern

Portuga

l

Österre

ich

Ver. Königr

eich

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Arbeitszeiten in Österreich (EWCS 2010)

Wochenstunden Männliche Beschäftigte Weibliche Beschäftigte<20 2,7% 10,8%

20 2,1% 11,8%

21-29 2,1% 11,0%

30-35 2,7% 16,1%

36-39 37,2% 22,2%

40 34,1% 22,5%

41-47 8,7% 2,5%

>=48 10,3% 3,1%

Durchschnittliche Arbeitszeit 39,8 Wochenstunden 31,8 Wochenstunden

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TeilzeitarbeitnehmerInnen in % der Beschäftigten insgesamt, Eurostat 2011

0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

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Beschäftigungs-quoten 25-54, Eurostat 2009

Frauen ohne

KinderFrauen mit

1 KindFrauen mit 2 Kindern

Frauen mit 3+ Kinder

Männer ohne

KinderMänner mit

1 KindMänner mit

2 KindernMänner mit 3+ Kindern

Malta 56,6 45,7 37,4 29,6 83,9 91,7 95,6 88,5Italien 63,9 59 54,1 41,3 79,8 88 91,1 87,7Griechenland 64,8 61,3 59,9 54,5 84,4 90,8 94,4 93Rumänien 66,7 70,4 66,8 51,6 77,4 82,1 84,6 75,6Spanien 68,4 63,2 60,3 49 72,5 80,2 84,7 75,5Polen 73,6 73,1 70,8 62,6 76,3 86,6 90,2 87,8Portugal 74,5 76,3 75,2 66,3 78,4 88,8 90,4 86,2Belgien 74,6 74,8 77,2 61,7 80,4 89,1 93,1 87,1Ungarn 75,2 65,6 65,7 39,1 75,2 82,5 85,1 73,9Lettland 75,5 76,8 75,3 61,4 68,8 77,5 82,7 78,1EU27 75,8 71,3 69,2 54,7 80,3 87,4 90,6 85,4Litauen 76,2 81,3 78,8 66,7 65,2 81,5 83 76,9Slowakei 77,3 70,2 69,6 53,7 78,4 88,8 90,3 83,8Bulgarien 77,7 76,7 74,1 44,3 79,7 86,4 86,9 67,7Irland 77,7 67,2 61,5 49,6 73,6 77,7 82,4 80,4Zypern 78 75,5 77,4 67,7 82,7 92,7 94,3 92,8Slowenien 78,5 84,8 89,1 79,3 80,5 90 93,7 89,5Frankreich 78,7 78 78 58,9 82,3 90,3 92,9 89,2Luxemburg 78,9 72 69,4 53,1 87,9 91,2 95 93,1Estland 81,6 77,6 70 56,5 71,5 80,7 83,2 84,9Deutschland 81,8 76,5 72,6 53,6 82,7 90,6 92,8 87Ver. Königreich 82,2 75 72 48,8 82,5 89,3 91,7 82,8Österreich 82,3 81,3 77,3 60,1 85,5 92 93,2 90,1Niederlande 83,1 78,4 81,1 71,3 88,2 93,4 95,6 93,3Finnland 83,2 78,6 83,3 68,2 79 88,8 92,1 88,7Tschech. Rep. 84,4 70,2 68,9 52,6 86,6 92,8 96,1 89,5

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EU: Nordwest-Südost Gefälle bei Vereinbarkeit (EWCS)

Insgesamt betrachtet sind Frauen eher mit ihrer Vereinbarkeit zufrieden als Männer

Frauen in Zentral- und Mitteleuropa, sowie West- und Südeuropa berichten von größeren Schwierigkeiten mit der Vereinbarkeit als Frauen in den nordischen Staaten

Selbstbestimmung und Planungssicherheit über die Arbeitszeit tragen wesentlich zu Work-Life Balance bei – AN in Ö können die Lage ihrer Arbeitszeit häufiger selbst bestimmen als in anderen Ländern

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Hohe Zufriedenheit mit Vereinbarkeit im NW

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Politische Maßnahmen zur Vereinbarkeit

Arbeitszeitpolitik, bzw. flexible Arbeitszeitoptionen über den Lebensverlauf hinweg

(Eltern-)Karenzregelungen

Kinderbetreuung(sinfrastruktur)

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Ausgewählte Länderbeispiele: (Österreich,) Dänemark, Kanada

Ö – ‚konservative‘ Wohlfahrtsstaatstradition mit traditioneller Orientierung an männlicher Versorgerehe und Bereitstellung von sozialer Sicherung durch die Familie

DK – ‚sozialdemokratische‘ Wohlfahrtsstaatstradition mit Bereitstellung von sozialer Sicherheit durch den Staat (Steuern)

KAN – ‚liberale‘ Wohlfahrtsstaatstradition mit Bereitstellung sozialer Sicherung durch den Markt

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Politische Maßnahmen 1: Arbeitszeitorganisation

Ö: Recht auf Elternteilzeit für Eltern von Kindern bis zu 7 Jahren (mind. 20 MitarbeiterInnen, seit mind. 3 Jahren beim selben Arbeitgeber)

DK: Recht für Arbeitgeber und ArbeitnehmerInnen zur Vereinbarung von Teilzeitarbeit

A, DK: Gegen Ende des Erwerbslebens Reduzierung der Arbeitszeit möglich (Ö – ATZ ab 53/58J. mit 40-60% Reduktion; DK: ab 60J. Red. auf 12-30 Wochenstd. möglich)

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Politische Maßnahmen 2: Karenzregelungen I

Mutterschaftsurlaub, Elternkarenz

Ö: 8+8 Wochen Mutterschutz 100% Einkommen; 12-36 Monate Kinderbetreuungsgeld (teilbar)

DK: 4+14 Wochen Mutterschutz 100% Einkommen mit Obergrenze (bis zu ca. 530€/Woche; tw. mehr in KVs); 32 Wochen 100% (teilbar); verlängerbar bis zu 46 Wochen (mit geringerer Kompensation) bzw. 64 Wochen bei TZ-Arbeit (abh. von AG-Zustimmung)

KAN: 15-18 Wochen Mutterschutz, anzutreten ab 11-17 Wochen vor errechnetem Geburtstermin (kann auch erst bei Geburt angetreten werden), davon 15 Wochen bei 55% des Einkommens (max. 376€/Woche; höhere Komp. in QC – 18 Wochen zu 70% oder 15 Wochen zu 75%); danach 35(-37) Wochen Elternurlaub zu 55% (teilbar, auch gleichzeitig; höhere Komp. bzw. auch kürzere Modelle in QC)

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Politische Maßnahmen 2: Karenzregelungen II

Spezifischer Vaterurlaub

Ö: kein spezifisches ‚Papa-Monat‘ (außer im öffentlichen Dienst, 4 Wochen unbezahlt)

DK: 2 Wochen Papa-Monat (100%) ‚use it or lose it‘

QC: 3 oder 5 Wochen ‚use it or lose it‘ für Väter innerhalb des 1.Jahres (75 bzw. 70%)

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Politische Maßnahmen 3: Kinderbetreuungsinfrastruktur I

Abdeckung

Ö: Abdeckung 14% <3jährigen 2010 bzw. 19% <3jährigen (inkl. Tagesmütter-/väter 2010/11), fast vollständig (>90%) bei 3+jährigen

DK: Fast vollständige Abdeckung bei 9 Monaten+

KAN: 50% <5jährigen, fast vollständige Abdeckung bei 5+jährigen; 40% der Kinderbetreuungsplätze in QC, aber nur 22% Anteil der unter 6jährigen (QC/KAN)

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Politische Maßnahmen 3: Kinderbetreuungsinfrastruktur II

DK: seit 2001 Anspruch auf öffentliche Kinderbetreuung; Kinderbetreuungseinrichtungen sind Kompetenzbereich der Gemeinden; Kosten gedrittelt (Gemeinde, Staat, Eltern)

KAN: Kinderbetreuung liegt im Kompetenzbereich der Provinzen; kein föderaler Plan, kaum öffentliche Kinderbetreuung; vor letztem Regierungswechsel (2005/06) fast ‚turnaround‘ ABER: Einführung eines ‚Universal Childcare Benefit‘ CAD100 (€77)monatlich (bis zu 6 Jahren) nachdem Finanzen für öffentliche Kinderbetreuung beschlossen waren

QC: öffentliche Kinderbetreuung: 7$ a day (ursprünglich 5$ - mit Einführung 1997 Wendepunkt in Frauenbeschäftigung); Fokus auf qualitativ hochwertige Einrichtungen

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SchlussfolgerungenBrüche mit wohlfahrtsstaatlicher Tradition: Tendenz der

konservativen und liberalen WFS-Modelle in Richtung nordisches Modell (Doppelversorgermodell mit außerhäuslicher öffentlicher Kinderbetreuung):

Ö: Familienorientierung vorhanden; aber Universalleistung des KBG, Tendenz zu kürzeren Erwerbsunterbrechungen (kurze Variante KBG mit einkommensabhängiger Kompensation, Ausbau der Kinderbetreuungseinrichtungen)

KAN: QC schert stark vom restkanadischen Modell aus, mit öffentlicher Kinderbetreuung; in ENG-KAN fast Schwenk in Richtung öffentlicher Kinderbetreuungsinfrastruktur passiert – durch Regierungswechsel verhindert

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Schlussfolgerungen II

Zur stärkeren Erwerbsintegration von Frauen (Erhöhung der weiblichen Beschäftigungsquote, Verlängerung der AZ der bereits in den Arbeitsmarkt integrierten Frauen): neben dem Ausbau der Kinderbetreuung und gut kompensierten kurzen Erwerbsunterbrechungen auch:

Verteilung unbezahlte Arbeit über Lebensphasen zur Verringerung geschlechtsspezifischer Unterschiede ( Väterbeteiligung erhöhen)

Familienfreundliche, flexible Arbeitszeitoptionen über den Erwerbsverlauf

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Danke für Ihre Aufmerksamkeit!

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