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Arzneiverordnung in der Praxis Impressum Redaktion: Prof. Dr. med. D. Höffler (v.i.S.d.P.); Prof. Dr. med. K.-O. Haustein; Prof. Dr. med. U. Schwabe; J. D. Tiaden, Arzt und Apotheker; M. Voss, Arzt; Dr. med. M. Schutte R. Bartscherer; S. Beulke, PTA Anschrift der Redaktion: Arzneimittelkommission der deutschen Ärzte- schaft, Vorsitzender: Prof. Dr. med. B. Müller-Oerlinghausen, Geschäftsführer (komm.): J. D. Tiaden Postfach 41 01 25, 50861 Köln, Telefon: 02 21 / 40 04 -525 Telefax: 02 21 / 40 04 -539 e-mail: akdae@ t-online.de ISSN 0939-2017 Realisation und Vertrieb: nexus GmbH, Krahkampweg 105, 40223 Düsseldorf, Telefon: 02 11 / 905 35 86, Telefax: 02 11 / 905 36 36 Druck: Meinke GmbH, Neuss Abonnement: Die Schutzgebühr des Jahresabonnements für AVP einschl. Sonderhefte Therapieempfeh- lungen beträgt DM 58,– (für Studenten/AiP: DM 35,–; Nachweis erforderlich). Ihre Abo-Anfor- derung richten Sie bitte an die Arzneimittel- kommission. Wir möchten darauf hinweisen, dass die in „Arzneiver- ordnung in der Praxis“ erscheinenden Publikationen prinzipiell den Charakter von Autorenartikeln – wie in jeder anderen Zeitschrift – haben. Die gemäß Arznei- mittel-Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen zu veröffentlichenden Therapie- empfehlungen in ihrer aktuellen Fassung werden als solche gekennzeichnet. © Alle Rechte vorbehalten. AkdÄ, Köln 2001 Herausgegeben von den Mitgliedern der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft Ausgabe 4/2000–1/2001 · Januar Als Anfang dieses Jahrhunderts die pharmazeutische Industrie entstand und begann, für ihre Produkte zu wer- ben, wurde 1911 auf dem Kongress für Innere Medizin der Grundstein für die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft gelegt. Die Aufgabe der seinerzeit berufenen Kommission sollte es sein, die Ärzteschaft durch Ärzte un- abhängig und objektiv zu informieren. Dieses Ziel verfolgen wir bis zum heuti- gen Tag, u. a. mit diesem Heft. ARZNEIMITTELKOMMISSION DER DEUTSCHEN ÄRZTESCHAFT AkdÄ im Internet www .akdae.de Therapie aktuell Unerwünschte Arzneimittelwirkungen Die preisgünstige Verordnung Editorial Arzneimittel – kritisch betrachtet … was uns sonst noch auffiel Zitate Pharmazeutische Industrie und Universität: Steht alles zum Besten? Seite 2 Lokale Pharmakotherapie des Glaukoms Seite 3 Azathioprin zur Behandlung der Multiplen Sklerose Seite 6 Moderne medikamentöse Behandlungsprinzipien bei Morbus Crohn Seite 8 Orthostatische Hypotonie – was tun? Seite 9 Etanercept Seite 11 Die Bedeutung von Leukotrienantagonisten (Montelukast) in der Asthma-Therapie Seite 12 ACE-Hemmer: Datenübersicht Seite 13 Brauchen wir Bufexamac? Seite 13 Empfängnisverhütung durch ein Estrogenimplantat (Implanon ® ) Seite 14 Quinupristin/Dalfopristin – ein neues Antibiotikum für besondere Fälle Seite 15 Sevelamer – ein neuer Phosphatbinder Seite 16 Vorbeugung eines durch Kontrastmittel hervorgerufenen akuten Nierenversagens Seite 17 Urothel-Karzinom durch Chinesische Kräuter Seite 17 Warn-Signale Seite 17 Captopril/Hydrochlorothiazid Seite 18 Captopril Seite 19 Johanniskraut-Extrakt im Vergleich mit Imipramin oder Placebo bei Patienten mit mittelgradiger depressiver Störung Seite 20 Vorbeugung von Lungenembolien und tiefen Beinvenenthrombosen mit niedrig dosierter ASS Seite 21 Bisphosphonate beim Myelom Seite 22 Virostatikum Oseltamivir bei „Grippe“ in bescheidenem Umfang erfolgreich Seite 23 Leptin – eine neue Therapiemöglichkeit bei Adipositas? Seite 23 Antikoagulanzientherapie zur Verhinderung von Schlaganfällen Seite 24 Troponin-Konzentrationen zur Risikostratifizierung bei Patienten mit akutem Koronarsyndrom unter Tirofiban-Therapie Seite 25 Helicobacter pylori und Nicht-Ulkus-Dyspepsie Seite 25 Vermehrte Verordnung von Opiaten führt nicht zu erhöhtem Drogenmissbrauch Seite 26 Keine eindeutige Indikation für inhalative Corticoide bei chronisch-obstruktiver Bronchitis Seite 27 Ondansetron bei Bulimia nervosa Seite 27 Der Einfluss von Alendronat auf die Knochensubstanz in der frühen Menopause Seite 28 Candida im Darm – medikamentös behandeln? Seite 29 Durch Thrombopoietin beherrschte Thrombozytopenie als Folge einer Carboplatinbehandlung Seite 30 Hat die Spermienqualität abgenommen? Seite 31 Buchbesprechung: Die andere Medizin Seite 32 In eigener Sache Seite 32

Arzneiverordnung in der Praxis - akdae.de · das New England Journal of Medicine, hatte in den letzten Jahren erhebliche innere Konflikte zu bestehen, die zu einem Wechsel der Herausgeberschaft

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Page 1: Arzneiverordnung in der Praxis - akdae.de · das New England Journal of Medicine, hatte in den letzten Jahren erhebliche innere Konflikte zu bestehen, die zu einem Wechsel der Herausgeberschaft

Arzneiverordnungin der Praxis

ImpressumRedaktion:Prof. Dr. med. D. Höffler (v.i.S.d.P.); Prof. Dr. med. K.-O. Haustein; Prof. Dr. med. U. Schwabe; J. D. Tiaden, Arzt und Apotheker; M. Voss, Arzt; Dr. med. M. SchutteR. Bartscherer; S. Beulke, PTA

Anschrift der Redaktion:Arzneimittelkommission der deutschen Ärzte-schaft, Vorsitzender: Prof. Dr. med. B. Müller-Oerlinghausen, Geschäftsführer (komm.): J. D. TiadenPostfach 41 01 25, 50861 Köln, Telefon: 02 21 / 40 04 -525 Telefax: 02 21 / 40 04 -539e-mail: [email protected] 0939-2017

Realisation und Vertrieb:nexus GmbH, Krahkampweg 105, 40223 Düsseldorf,Telefon: 0211/9053586, Telefax: 0211/9053636Druck: Meinke GmbH, Neuss

Abonnement:Die Schutzgebühr des Jahresabonnements fürAVP einschl. Sonderhefte Therapieempfeh-lungen beträgt DM 58,– (für Studenten/AiP: DM35,–; Nachweis erforderlich). Ihre Abo-Anfor-derung richten Sie bitte an die Arzneimittel-kommission.

Wir möchten darauf hinweisen, dass die in „Arzneiver-ordnung in der Praxis“ erscheinenden Publikationenprinzipiell den Charakter von Autorenartikeln – wie injeder anderen Zeitschrift – haben. Die gemäß Arznei-mittel-Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzteund Krankenkassen zu veröffentlichenden Therapie-empfehlungen in ihrer aktuellen Fassung werden alssolche gekennzeichnet.

© Alle Rechte vorbehalten. AkdÄ, Köln 2001

Herausgegeben von den Mitgliedern der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft Ausgabe 4/2000–1/2001 · Januar

Als Anfang dieses Jahrhunderts diepharmazeutische Industrie entstandund begann, für ihre Produkte zu wer-ben, wurde 1911 auf dem Kongress fürInnere Medizin der Grundstein für dieArzneimittelkommission der deutschenÄrzteschaft gelegt. Die Aufgabe derseinerzeit berufenen Kommission solltees sein, die Ärzteschaft durch Ärzte un-abhängig und objektiv zu informieren.Dieses Ziel verfolgen wir bis zum heuti-gen Tag, u. a. mit diesem Heft.

ARZNEIMITTELKOMMISSIONDER DEUTSCHEN ÄRZTESCHAFT

AkdÄim Internet

www.akdae.de

Therapie aktuell

Unerwünschte Arzneimittelwirkungen

Die preisgünstige Verordnung

Editorial

Arzneimittel – kritisch betrachtet

… was uns sonst noch auffiel

Zitate

Pharmazeutische Industrie und Universität: Steht alles zum Besten? Seite 2

Lokale Pharmakotherapie des Glaukoms Seite 3Azathioprin zur Behandlung der Multiplen Sklerose Seite 6Moderne medikamentöse Behandlungsprinzipien bei Morbus Crohn Seite 8Orthostatische Hypotonie – was tun? Seite 9

Etanercept Seite 11Die Bedeutung von Leukotrienantagonisten (Montelukast) in der Asthma-Therapie Seite 12ACE-Hemmer: Datenübersicht Seite 13Brauchen wir Bufexamac? Seite 13Empfängnisverhütung durch ein Estrogenimplantat (Implanon®) Seite 14Quinupristin/Dalfopristin – ein neues Antibiotikum für besondere Fälle Seite 15Sevelamer – ein neuer Phosphatbinder Seite 16

Vorbeugung eines durch Kontrastmittel hervorgerufenen akuten Nierenversagens Seite 17Urothel-Karzinom durch Chinesische Kräuter Seite 17Warn-Signale Seite 17

Captopril/Hydrochlorothiazid Seite 18Captopril Seite 19

Johanniskraut-Extrakt im Vergleich mit Imipramin oder Placebo bei Patienten mit mittelgradiger depressiver Störung Seite 20Vorbeugung von Lungenembolien und tiefen Beinvenenthrombosen mit niedrig dosierter ASS Seite 21Bisphosphonate beim Myelom Seite 22Virostatikum Oseltamivir bei „Grippe“ in bescheidenem Umfang erfolgreich Seite 23Leptin – eine neue Therapiemöglichkeit bei Adipositas? Seite 23 Antikoagulanzientherapie zur Verhinderung von Schlaganfällen Seite 24Troponin-Konzentrationen zur Risikostratifizierung bei Patienten mit akutem Koronarsyndrom unter Tirofiban-Therapie Seite 25Helicobacter pylori und Nicht-Ulkus-Dyspepsie Seite 25Vermehrte Verordnung von Opiaten führt nicht zu erhöhtem Drogenmissbrauch Seite 26Keine eindeutige Indikation für inhalative Corticoide bei chronisch-obstruktiver Bronchitis Seite 27Ondansetron bei Bulimia nervosa Seite 27Der Einfluss von Alendronat auf die Knochensubstanz in der frühen Menopause Seite 28

Candida im Darm – medikamentös behandeln? Seite 29Durch Thrombopoietin beherrschte Thrombozytopenie als Folge einer Carboplatinbehandlung Seite 30Hat die Spermienqualität abgenommen? Seite 31Buchbesprechung: Die andere Medizin Seite 32In eigener Sache Seite 32

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2 Arzneiverordnung in der Praxis ~ Ausgabe 4/2000–1/2001

Editorial

Eine der international am höchsten an-gesehenen medizinischen Zeitschriften,das New England Journal of Medicine,hatte in den letzten Jahren erheblicheinnere Konflikte zu bestehen, die zueinem Wechsel der Herausgeberschaftführten. Vorbildlich und lehrreich wardie Art, wie die Leserschaft offen überden Konflikt informiert wurde. Es gingdabei um die Frage, ob die Besitzer derZeitschrift auf ihren redaktionellen In-halt Einfluss nehmen dürfen, wobeinatürlich ökonomische Fragen im Hin-tergrund standen. Unter der letzten Chefredakteurin, Marcia Angell, die indieser Auseinandersetzung klaren undunbeugsamen Widerstand geleistet hat,ist nun in den letzten Monaten dort eineüberaus spannende Diskussion über eineuns alle, aber besonders auch die AkdÄstets beschäftigende und irritierendeFrage gelaufen: Es ging um den zuneh-menden, nicht nur intensiver, sondernauch breiter werdenden Einfluss derPharmazeutischen Industrie auf die aka-demische, insbesondere auch die klini-sche Forschung. Unter anderem wurdedabei auch das potentiell problematischeVerhältnis von Anzeigenredaktion undwissenschaftlicher Redaktion offen undaggressiv angesprochen. Insbesonderedie eigentümliche Rolle der sich ständigvermehrenden Kontraktfirmen, d. h. derverschiedenen Subunternehmen, die fürden pharmazeutischen Unternehmerklinische Prüfungen durchführen, ana-lysieren, interpretieren und publizierenund deren Existenz natürlich davon ab-hängt, dass sie möglichst viele solcherAufträge rekrutieren können, wurde kri-tisch beleuchtet.

Während sich bei uns die allgemeinePresse (z.B. Die ZEIT) dieses Themasunter Bezug auf die im New EnglandJournal of Medicine gelaufene Diskus-sion durchaus angenommen hat, liestman dazu in unseren ärztlichen Zeit-schriften wenig oder gar nichts. Deshalbsei hier einmal ein Leserbrief zu demEditorial von T. Bodenheimer ”UneasyAlliance – Clinical Investigators and thePharmaceutical Industry“ in der Ausga-be vom 18. 5. 2000 kurz referiert. DerAutor des Briefes (Bellin E, N Engl J Med,2000, 343: 511) macht drei Vorschläge,um das Problem der schiefen Informa-tion über die Ergebnisse klinischer Prü-fungen in den Griff zu bekommen:

1. Alle klinischen Prüfungen der Indus-trie müssen bei der Oberbehörde (FDA)gemeldet werden; die Wirksamkeitskri-terien (endpoints) sind im Voraus zu be-nennen.2. Die Industrie wird verpflichtet, übersämtliche Studien, die sie überhauptdurchgeführt hat, jeweils einen Berichtanzufertigen.3. Die Industrie wird verpflichtet, die je-weiligen Rohdaten einer abgeschlosse-nen klinischen Prüfung im Internetjedem zugänglich zu machen, sodassjeder die Möglichkeit hat, sich im Detailselbst zu informieren – auch über Er-gebnisse, die sonst durch den Sponsornicht publiziert werden. (Können Prob-lemlösungen vielleicht einfacher sein,als wir normalerweise denken?)

Ich darf in diesem Zusammenhang auseigener Erfahrung ein Erlebnis referie-ren, von dem ich dachte, dass mir per-sönlich so etwas nicht widerfahrenkönnte: In Kooperation mit einer Berli-ner Kontraktfirma wirkte mein Labor aneiner Interaktionsstudie für ein neuesProdukt der Firma Takeda mit. Die Er-gebnisse wurden unter Federführungeines Kollegen aus der internationaloperierenden Kontraktfirma und mitmir als Koautor zu einem Manuskriptzusammengestellt, das in der von mirgeleiteten Zeitschrift Pharmacopsychi-atry zur Publikation eingereicht wurde.Die Herausgeber der Zeitschrift hatteneinige kleinere Änderungswünsche, dieich dem Erstautor mitteilte mit derBitte, eine endgültige Fassung einzurei-chen. Diese traf nie ein. Auf Rückfragewurde mir mitgeteilt, dass der Sponsoreine Publikation nicht wünsche, und daman eben auf weitere Aufträge angewie-sen sei, – ja, das sei eben eine wirklichunangenehme Situation… Meine Rück-frage beim Ethikkomitee der BerlinerÄrztekammer, von dem das Protokolldieser Studie begutachtet worden war,ergab, dass das Komitee keinerlei Mög-lichkeit sieht, dagegen etwas zu unter-nehmen. Es wurde mir empfohlen, denFall anderenorts bekannt zu machen.Dieser Empfehlung sei hiermit gefolgt.

Prof. Dr. med. B. Müller-OerlinghausenVorsitzender der Arzneimittelkommis-sion der deutschen Ärzteschaft

Pharmazeutische Industrie und Universität: Steht alles zum Besten?

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3Arzneiverordnung in der Praxis ~ Ausgabe 4/2000–1/2001

des Leberkreislaufes direkt der systemi-schen Zirkulation zur Verfügung steht.Apraclonidin hat eine hohe Allergieratevon 30%.

Das zur gleichen Substanzgruppegehörende selektivere Brimonidin ver-fügt über eine reduzierte ZNS-Gängig-keit und deshalb über weniger ausge-prägte Nebeneffekte. Die gute Drucksen-kung beruht auf einer Senkung derKammerwasserproduktion und einerSteigerung des uveoskleralen Abflusses.Es eignet sich zur Mono-, aber auch zurKombinationstherapie des Glaukoms(3).

Das Prostaglandin-Derivat Latanoprostführt – ebenfalls durch Steigerung desuveoskleralen Abflusses – zu einer Au-gendrucksenkung von bis zu 35%. Esbraucht nur 1 x täglich getropft zu wer-den. In den USA wird es bereits bei einemDrittel aller mit Monotherapie behandel-ten Glaukome gegeben (3). Lokale Ne-benwirkungen sind irreversible Wim-pern- und Irispigmentierungen, seltenauch Iritis und Makulaödem. Möglichesystemische Störungen (Bronchialasth-ma?) müssen noch weiter abgeklärt wer-den.

Wie soll vorgegangen werden?

Beim primären Offenwinkelglaukom, imGegensatz zu den sehr viel seltenerenprimären Winkelblockglaukomen, demkongenitalen Glaukom und den ver-schiedenen sekundären Glaukomenganz überwiegend eine Erkrankung derÄlteren, muss nach der Wirksamkeit,also dem Erreichen des individuell erfor-derlichen Zieldruckes (1), der möglichenNebenwirkungen und Kontraindikatio-nen der einzelnen Präparate (siehe Ta-bellen 1 und 2), eingestellt und dosiertwerden. Der Therapiebeginn richtet sichnach dem Augeninnendruck, dem Papil-len- und Gesichtsfeldbefund, dem Le-bensalter und der familiären Belastung.

Durch die Einführung neuer Wirkstoffehaben sich in jüngster Zeit die Möglich-keiten in der medikamentösen Glau-komtherapie entscheidend verbessert.Damit wurde dem Bedürfnis nach höhe-rer Therapiesicherheit durch effektivereWirkstoffe und deren Kombinationsowie eines größeren Ausweichpotenti-alsbeiokulärenodersystemischenNeben-wirkungen (UAW) Rechnung getragen.

Andererseits erfordern neue Erkenntnis-se zur Pathogenese einen Strategie-wechsel in der Glaukomtherapie. Nebendem erhöhten Augeninnendruck alsimmer noch wichtigstem Faktor müssenaus heutiger Sicht die gestörte Durch-blutung des Sehnervenkopfes und derNetzhaut – oft in Verbindung mit allge-meinen vaskulären Schäden – auch the-rapeutisch beeinflusst werden. Deshalbsind assoziierte systemische kardiovas-kuläre und hämatologische Erkrankun-gen wie eine Hypertonie und erhöhteBlutviskosität in enger Kooperation zwi-schen Internisten oder Allgemeinmedi-zinern und Ophthalmologen zu thera-pieren (6).

Welche Medikamentengruppenstehen zur Verfügung? Bisher eingesetzte Wirkstoffgruppen(Übersicht siehe Tabelle 1) sind Beta-Re-zeptorenblocker (Timolol, Metipranolol,Levobunolol), Beta-Sympathomimetika(Adrenalin-Derivate, z.B. Dipivefrin)und Parasympathomimetika (Pilocar-pin, Carbachol). Pilocarpin – seit mehrals 100 Jahren bekannt – tritt wegen sei-ner UAW zunehmend in den Hinter-grund. Besonders jüngere Patientenfühlen sich durch die enge Pupille unddie Myopisierung (teilweise schmerzhaf-ter Akkommodationsspasmus) erheblichgestört. Der gleiche Wirkmechanismuskann bei entsprechender PrädispositionAsthmaanfälle auslösen.

Bei Adrenalin-Derivaten ist mit einer

hohen Allergierate zu rechnen. Dagegensind Beta-Rezeptorenblocker unter Be-achtung der bekannten Gegenanzeigen(chronisch-obstruktive Bronchitis, Bra-dyarrhythmien) nach wie vor das Mittelder ersten Wahl. Ihre Vorzüge liegen vorallem in dem hohen und anhaltendendrucksenkenden Effekt sowie in der ge-ringen Rate okulärer Nebenwirkungen.

Drei neue Wirkstoffklassen sind zu dengeschilderten hinzugekommen. Es sinddies die lokalen Carboanhydrasehemmer(Dorzolamid, Brinzolamid), die Alpha2-Agonisten (Clonidin, Apraclonidin, Bri-monidin) sowie ein Prostaglandin-Deri-vat (Latanoprost).

Der lokale Carboanhydrasehemmer Dor-zolamid ist wegen seines guten druck-senkenden Effektes und seiner positivenWirkung auf die Durchblutung vonNetzhaut und Sehnerv (Steigerung derarteriovenösen Passagezeit; 5) im klini-schen Einsatz bereits weit verbreitet undwird mit anderen Mitteln erfolgreichkombiniert. Hierzu hat auch die guteVerträglichkeit (nur kurzfristige kon-junktivale Reizung, 10–20 % Aller-gien, gelegentlich Geschmacksabnor-mitäten) beigetragen, sodass als Kontra-indikationen nur Überempfindlichkei-ten sowie schwere Nierenfunktions-störungen zu nennen sind (4).

Seit dem 1. 4. 2000 ist in Deutschlandmit Brinzolamid ein weiterer Carboan-hydrasehemmer auf dem Markt, der sichvon Dorzolamid nicht grundsätzlich un-terscheidet.

Von den Alpha2-Agonisten, die den Au-geninnendruck ebenfalls wirkungsvollsenken, kann Clonidin zu einem starkenBlutdruckabfall und zur Sedierungführen. Dieser zentralnervöse Effektwird durch die schnelle Resorption überdie große Schleimhautfläche des Trä-nenweg-Nasen-Rachenraumes erzielt,wobei das Medikament unter Umgehung

Therapie aktuell

Lokale Pharmakotherapie des Glaukoms

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4 Arzneiverordnung in der Praxis ~ Ausgabe 4/2000–1/2001

Auch Allgemeinerkrankungen wie Dia-betes mellitus und vaskuläre Schädenmüssen berücksichtigt werden. Die Be-treuung erfordert eine enge Kooperationzwischen Augen- und Hausarzt. Die Dif-ferentialindikation konservative Thera-pie oder Operation erfolgt in Absprachedurch den Ophthalmologen. Besonderer

Beachtung bedarf die Therapietreue(Compliance): bis zu 50% aller Patien-ten tropft unregelmäßig oder zu selten.Nur unter einheitlicher Betrachtung derokulären und allgemeinen Belange sindTherapieerfolg und hohe Lebensqualitätlangfristig zu erhalten.

In Anlehnung an Arzneiverordnungen, 19. Auflage, Deutscher Ärzte-Verlag Köln, 1999, S. 774–775.

Tabelle 1: Typische Kontraindikationen und UAW lokaler Glaukommedikamente

Substanzgruppe

Direkte Parasympathomimetika:Pilocarpin, Carbachol

Kontraindikationen

Überempfindlichkeit, Regen-bogenhautentzündung, de-kompensierte Herzinsuffi-zienz, Asthma bronchiale,Harnwegsobstruktion

UAW

Lokal: Miosis, Myopisierung, Sehen bei schlechter Beleuchtungerheblich erschwertSystemisch: Cholinerge Reaktionen wie Bronchialspasmus,Bradykardie, Übelkeit, Erbrechen, Tenesmen, Speichelfluss,Schwitzen, Blutdrucksteigerung

Beta-Sympathomimetika: Dipivefrin

Überempfindlichkeit, Eng-winkelglaukom, schwereHerz-Kreislauf-Erkran-kungen

Lokal: Reaktive Hyperämie, Allergie, Pigmentablagerungen,Makulaödem Systemisch: Arterielle Hypertonie, Tachykardie, Herzrhythmus-störungen, pektanginöse Beschwerden, zentrale Erregung,Kopfschmerzen

Beta-Rezeptorenblocker: Timolol, Metipranolol,Levobunolol

Asthma bronchiale, Brady-kardie < 50/min, AV-Block 2.und 3. Grades, SA-Block,Sinusknotensyndrom, Herz-insuffizienz NYHA III und IV

Lokal: Trockenes Auge, lokalanästhetischer Effekt, Bindehaut-reizungenSystemisch: Bronchospasmen, Bradykardie, SA- und AV-Blockierung, Verschlechterung einer Herzinsuffizienz, Blut-drucksenkung, Sedierung, Maskierung einer Hypoglykämie,bei Neugeborenen und Kleinkindern Gefahr von Apnoe undKrämpfen

Lokale Carboanhydrasehemmer:Dorzolamid, Brinzolamid

Überempfindlichkeit,schwere Nierenfunktions-störung

Lokal: Verschwommensehen, Stechen und Jucken, Bindehaut-und Lidrandentzündungen, Allergien, HornhautödemSystemisch: Kopfschmerzen, Müdigkeit, allergische Reaktioneinschließlich Angioödem, selten Bronchospasmus, bittererGeschmack, Übelkeit, Urolithiasis

Alpha2-Agonisten: Clonidin, Apraclonidin,Brimonidin

Überempfindlichkeit, Hypo-tonie (Clonidin), schwereHerzkreislauf-Erkrankungen

Lokal: Allergien, Vasokonstriktion, OberlidretraktionSystemisch: Hypotonie, Orthostase, Bradykardie, Sedierung,Schlafstörung, Depressionen, Potenzstörungen, allergische Re-aktionen (Apraclonidin: 30% Allergierate!), Mundtrockenheit.Wirkungsverstärkung von Digitalis, Beta-Rezeptorenblockern,Vasodilatatoren, Rebound-Phänomen nach plötzlichem Abset-zen von höherer Dosis möglich. Verstärkung der zentraldepres-siven Wirkungen der Antihistaminika, Hypnotika, Sedativa

Prostaglandine: Latanoprost

Überempfindlichkeit, Kon-taktlinsenträger, Asthmabronchiale, Schwangerschaftund Stillzeit

Lokal: Irreversible Iris- und Wimpernpigmentierung, verstärk-tes Wimpernwachstum, Bindehautrötung, Fremdkörpergefühl,MakulaödemSystemisch: Hautausschlag (allergisch?), Vorsicht bei Asthmabronchiale

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5Arzneiverordnung in der Praxis ~ Ausgabe 4/2000–1/2001

Tabelle 2: Fertigarzneimittel in der lokalen Glaukomtherapie (Auswahl)

Wirkstoffe Präparate Hersteller Packungsgröße* Preisund Dosierung

Direkte Parasympathomimetika:Carbachol Carbamann® Mann 10 ml bis 3 x 10 ml (3 x tgl.) ca. 14,50 DM bis 40,- DM

1, 2, 3% AT

Isopto-Carbachol‚ Alcon 10 ml bis 3 x 10 ml (3 x tgl.) ca. 20,- DM bis 47,- DM0,75; 1,5; 2,25; 3% AT

Jestryl viskos® 1% AT Chauvin 3 x 10 ml (3 x tgl.) ca. 40,- DMankerpharm

Pilocarpin versch. Produkte Mann 10 ml bis 3 x 10 ml (2-4 x tgl.) ca. 5,- DM bis 20,- DMin versch. % Alcon

WinzerCiba VisionUrsapharmPharma Stulln

Beta-SympathomimetikaDipivefrin Epifrin® 0,1% AT Pharm-Allergan 5 ml bis 2 x 10 ml (2 x tgl.) ca. 25,- DM bis 79,- DM

Glaucothil® 0,1% AT Alcon 5 ml bis 2 x 10 ml (2 x tgl.) ca. 23,- DM bis 73,- DM

Beta-RezeptorenblockerTimolol versch. Produkte Chauvin ankerpharm 5 ml bis 120 x 0,4 ml (2 x tgl.) ca. 6,- DM bis 70,- DM

in versch. % WinzerChibretCiba VisionUrsapharmMannHexalratiopharmPharma Stulln

Metipranolol Betamann® 0,1; 0,3; 0,6% AT Mann 5 ml bis 3 x 5 ml (2 x tgl.) ca. 12,- DM bis 30,- DM

Betamann EDO® 0,3% AT 60 x 0,5 ml bis 120 x 0,5 ml ca. 42,- DM bis 70,- DM

Levobunolol Vistagan® 0,1; 0,25; 0,5% AT Pharm-Allergan 5 ml bis 3 x 5 ml (2 x tgl.) ca. 12,- DM bis 30,- DM

Vistagan® O.K. 0,5% AT 30 x 0,4 ml bis 90 x 0,4 ml ca. 25,- DM bis 57,- DM

Lokale CarboanhydrasehemmerDorzolamid Trusopt® AT Chibret 5 ml bis 6 x 5 ml (3 x tgl.) ca. 44,- DM bis 232,- DM

(2 x tgl. komb.)

Brinzolamid Azopt® AT Alcon 5 ml bis 3 x 5 ml (2-3 x tgl.) ca. 43,- DM bis 119,- DM

Alpha2-Agonisten

Clonidin Clonidin-Ophthal® Winzer 10 ml bis 120 x 0,5 ml (2-3 x tgl.) ca. 9,- DM bis 54,- DM1/8; 1/16% AT

Dispaclonidin® 1/8% AT Ciba Vision 10 ml bis 3 x 10 ml (2-3 x tgl.) ca. 9,- DM bis 20,- DM

Isoglaucon® 1/16; 1/8%; 1/4 AT Alcon 10 ml bis 3 x 10 ml (2-3 x tgl.) ca. 11,- DM bis 30,- DM

Apraclonidin Iopidine® 0,5% AT Alcon 5 ml bis 2 x 5 ml (3 x tgl.) ca. 40,- DM bis 77,- DM

Brimonidin Alphagan® AT Pharm Allergan 5 ml bis 3 x 5 ml (2 x tgl.) ca. 42,- DM bis 112,- DM

ProstaglandineLatanoprost Xalatan® AT Pharm. & Upjohn 2,5 ml bis 3 x 2,5 ml (1 x tgl.) ca. 57,- DM bis 155,- DM

* 5 ml 2 x tgl. = 30 Tagesdosen

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6 Arzneiverordnung in der Praxis ~ Ausgabe 4/2000–1/2001

mit dem Ziel der Vermeidung der Operati-on und letztendlich der Erblindung.

Bei der durch den Augenarzt durchzu-führenden Mono- oder Kombinationsthe-rapie sind Wirkungsweise und Wirksam-keit (individueller Zieldruck!) zu beach-ten. Darüberhinaussindtopische und sys-temische Verträglichkeit, die Kontraindi-kationen sowie die Lebensqualität desPatienten entscheidend. Unerlässlich füreine erfolgreiche Langzeittherapie ist dieKenntnis dieser Medikamente durch denHausarzt. Erst dann wird eine individuellePatientenführung auf der Grundlageeiner vertrauensvollen Zusammenarbeitvon Augen- und Hausarzt möglich.

Literatur

1. Dannheim F, Pfeiffer N: Empfehlun-gen zur medikamentösen Glaukombe-handlung. Z prakt Augenheilkd 1998; 19:417–423.

2. Pfeiffer N: Moderne medikamentöseGlaukomtherapie. Dt Ärztebl 1998; 95:B-2561–B-2566.

3. Stewart WC: Perspectives in the me-dical treatment of glaucoma. Curr Opi-nion Ophthalmol 1999; 10: 99–108.

4. Sugrue MF: Pharmacological andocular hypotensive properties of topicalcarbonic anhydrase inhibitors. Progressin Retinal and Eye Research 2000; 19: 87–112.

5. Harris A, Arend O, Kagemann L et al.:Dorzolamide, visual function and ocularhemodynamics in normaltension glau-coma. J Ocular Pharmacol Ther 1999;15: 189–197.

6. Kremmer S, Selbach JM, Schäfers RFet al.: Das kardiovaskuläre Risikoprofilbei der Progression der Glaukomerkran-kung. Dt Ärztebl 2000; 97: A-2241 – A-2245.

Prof. Dr. med. Hans Gert StruckKlinik und Poliklinik für Augenheil-kunde der MLU Halle-WittenbergMagdeburger Str. 8, 06097 Halle

Für die kritische Durchsicht des Manu-skriptes danken wir Herrn Prof. Dr. med.W. Kohnen, Köln.

Neue pathogenetische Erkenntnisse undWirkstoffgruppen haben der medika-mentösen Glaukomtherapie wichtige Im-pulse gegeben. Zur topischen Behand-lung hinzugekommen sind die lokalenCarboanhydrasehemmer Dorzolamid und Brinzolamid, die Alpha2-AgonistenApraclonidin und Brimonidin sowie dasProstaglandin-Derivat Latanoprost. Die-se modernen – und höherpreisigen –Präparate stellen eine bedeutende Er-weiterung der therapeutischen Ansätzedar und ermöglichen die Kombinationverschiedener Therapieprinzipien (z. B.Reduzierung der Kammerwassersekreti-on mit Verbesserung des Kammerwas-ser- bzw. des uveoskleralen Abflusses)

FAZIT

Azathioprin zur Behandlung der Multiplen Sklerose

Indikation

Azathioprin-haltige Arzneimittel (z.B.Imurek®) sind zusammen mit Kortiko-steroiden oder anderen immunsuppres-siv wirksamen Medikamenten für denEinsatz zur Verhinderung von Ab-stoßungsreaktionen nach Organtrans-plantationen und zur Behandlung ver-schiedener Autoimmunkrankheiten zu-gelassen. Seit September 2000 zähltauch die schubförmige Multiple Sklero-se (MS) zu den zugelassenen Anwen-dungsgebieten, wenn eine immunpro-phylaktische Therapie angezeigt undeine Therapie mit Beta-Interferonennicht möglich ist oder unter einer bishe-

rigen Therapie mit Azathioprin ein stabi-ler Verlauf erreicht wurde.

Wirkung

Azathioprin ist ein Purinanalogon, wel-ches im Organismus zu 6-Mercaptopu-rin (6-MP) und Methylnitroimidazol ver-stoffwechselt wird. Beide Metabolitenwirken immunsuppressiv durch eineDämpfung von zellvermittelten Hyper-sensitivitätsreaktionen und Antikörper-produktion. Diese Wirkung tritt jedocherst frühestens nach 2–5 Monaten ein.

Pharmakokinetische Daten: Plasma-HWZ etwa 5 h, geringe Plasmaeiweiß-

bindung, scheinbares Verteilungsvolu-men von 6,4 l/kg, gute Liquorpenetrati-on, 18% Bioverfügbarkeit.

Wirksamkeit

In einer Metaanalyse wurden 7 Einzel-und Doppelblindstudien zur Wirksam-keit des Azathioprin bei MS erfasst undinsgesamt 793 Krankheitsfälle ausge-wertet. Die Patienten waren mindestens1 (n = 719), 2 (n = 563) bzw. 3 Jahre (n =459) mit Azathioprin oder Placebo be-handelt worden. Alle Verlaufsformen derMS waren vertreten. Es kam nach 2- bzw.3-jähriger Behandlung zu einer nochnicht signifikanten Reduktion der

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7Arzneiverordnung in der Praxis ~ Ausgabe 4/2000–1/2001

AkdÄ

Krankheitsprogression; aber die Schub-rate wurde signifikant vermindert. DieseErgebnisse wurden in einer weiterenDoppelblindstudie im Wesentlichen be-stätigt. Eine retrospektive MRT-Studiezeigte eine 39%ige Reduktion der Zahlzerebraler Entzündungsherde nach Aza-thioprin verglichen mit einer unbehan-delten Kontrollgruppe.

Risiken

Unerwünschte Wirkungen: allgemeinesKrankheitsgefühl, gastrointestinaleStörungen (Übelkeit, Erbrechen, Durch-fall, Leibschmerzen, seltener Anstieg derLeberwerte), Pankreatitis, Überempfind-lichkeitsreaktionen. Die Nebenwirkun-gen treten meistens schon frühzeitig aufund machen oft einen Therapieabbrucherforderlich. Später werden Leukozyto-penie, seltener Thrombozytopenie oderAnämie erkennbar.

Sicherheitsmaßnahmen: 1. Ausschluss von Schwangerschaft undStillzeit, sichere Antikonzeption.

2. Regelmäßige Kontrollen von Differen-zialblutbild und Leberwerten, diezunächst wöchentlich, später nur nochmonatlich erfolgen sollen.

3. Therapieeinstellung auf eine Ziel-größe der Leukozytenzahlen (600–1200Lymphozyten/mm3 bzw. Leukozyten um3500/mm3. Werte unter 3000/mm3 ma-chen eine Therapiepause bis zum An-stieg über 4000/mm3 erforderlich.

Als Spätfolge der Azathioprintherapie istein Malignomrisiko zu beachten, dasaber erst nach über 10-jähriger konti-nuierlicher Azathiopringabe Bedeutungerlangt.

Empfehlungen zur wirtschaft-lichen Verordnung

In einer vergleichenden Darstellungwurde gezeigt, dass für das Zielkriterium„Verminderung der Schubzahl“ durchAzathioprin mindestens ähnlich guteErgebnisse erreicht werden können wiedurch neuere Therapieprinzipien, zudenen Interferon beta und Glatiramer-acetat gehören. Für die neueren undteureren Verfahren spricht, dass erstensdas Evidenzniveau der vorgelegten The-rapiestudien höher ist als bei den zu-meist schon älteren Azathioprinstudien,zweitens eine signifikante Verlangsa-mung der Krankheitsprogression fürAzathioprin im Gegensatz zu den meis-ten Interferonpräparaten nicht belegtwerden konnte und drittens die Verträg-lichkeit von Azathioprin individuell sehrunterschiedlich ist.

Dennoch ist die Gabe von Azathioprinbei MS vielfach sinnvoll. Die Zielgruppesind Patienten mit schubförmigem Ver-lauf, ferner Patienten, bei denen eineTherapie mit Interferon beta nicht mög-lich ist, oder solche, bei denen bisherunter Azathioprin ein stabiler Verlauf er-

reicht wurde. Die Startdosis besteht aus2,5 mg/kg KG, gegeben in 2 oder 3 Ein-zeldosen. Die weitere Therapiesteue-rung erfolgt nach Verträglichkeit undinsbesondere den o. a. hämatologischenKriterien. Eine Kombinationstherapievon Azathioprin und Interferon beta-1wird erst diskutiert.

Kosten

Der Kostenvergleich zwischen Azathio-prin und Interferon beta erbringt in etwaum den Faktor 10 günstigere Jahresthe-rapiekosten für Azathioprin; anfallendeLaborkosten müssen jedoch zusätzlichberücksichtigt werden.

Glatirameracetat ist in Deutschland zurZeit noch nicht zugelassen, hat aberkürzlich im dezentralen EU-Verfahrendie Zulassung für Großbritannien erhal-ten und kann im Rahmen des § 73 AMGim Einzelfall durch jede öffentliche Apo-theke bezogen werden. Mit Mindestkos-ten von ca. 2.200 DM für die Monats-packung muss gerechnet werden (ohneevtl. zuzügliche Beschaffungskosten fürden Import).

Interferon beta-1a Avonex® 6 Mio. I.E. i.m. 28.955,81 DM/Jahr1x/Woche

Interferon beta-1a Rebif® 6 Mio. I.E.s.c. 31.698,55 DM/Jahr3x/Woche

Interferon beta-1b Betaferon® 9,6 Mio. I.E. s.c. 28.536 DM/Jahrjeden 2. Tag

Glatirameracetat Copaxone® 20 mg/d s.c. z. Z. ca. 22.400,00 DM/Jahr*

Azathioprin z. B. Imurek® 2–3 mg/kg KG/Tag ca. 3167,82 DM/Jahr**p.o. (2,5 mg bei 70 kg KG)

* Der Preis für Deutschland nach Markteinführung ist noch offen.** Anfallende Laborkosten sind hierbei nicht berücksichtigt.

Literatur auf Anfrage

FAZIT

Mit Azathioprin steht ein wirksamesMittel zur Schubreduktion der MS zurVerfügung. Jedoch wurde eine signifi-kante Reduktion der Krankheitspro-gression bzw. Reduktion der Zahl zere-braler Entzündungsherde im MRT nochnicht überzeugend belegt. Die Thera-piekosten liegen bei einem Zehntel an-derer Therapieprinzipien.

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Moderne medikamentöse Behandlungsprinzipien bei Morbus Crohn

Der M. Crohn kann im Gegensatz zurColitis ulcerosa alle Abschnitte desMagen-Darm-Traktes betreffen. Die Inzi-denz der chronisch rezidivierenden Er-krankung beträgt 4–5/100.000 miteinem Altersgipfel zwischen dem 15. und30. Lebensjahr. Da die Ätiologie und Pa-thophysiologie des M. Crohn nicht ein-deutig geklärt ist, gibt es keine durch-greifende kausale Therapie. Dennochkönnen gute Remissionsraten erzieltwerden. Im Folgenden werden die Be-handlungsprinzipien dargestellt, wie sieauch zum Teil bei der Konsensuskonfe-renz der Deutschen Gesellschaft für Ver-dauungs- und Stoffwechselkrankheitenvom November 1996 in Halle festgelegtwurden.

Glukokortikoide

Systemisch: Die Wirksamkeit der Gluko-kortikoide im akuten Erkrankungs-schub des M. Crohn ist in zahlreichenStudien belegt. Je nach Schwere des aku-ten Schubes werden oral bzw. intravenös40–80 mg Prednisolonäquivalent initialverabreicht mit nachfolgender Redukti-on in 5–10 mg-Schritten/Woche je nachklinischem Ansprechen. In den ersten4–6 Monaten haben niedrig dosierteKortikoide eine remissionserhaltendeWirksamkeit. Wegen der möglichenschwerwiegendenNebenwirkungen (v. a.steroidinduzierte Osteoporose) solltenaber die systemischen Steroide nach 4–6Monaten abgesetzt werden.

Lokal: Eine neue Alternative stellt dasBudesonid dar, das oral zugeführt undaufgrund seiner galenischen Form imdistalen Dünndarm und proximalenKolon freigesetzt wird und hier lokal aufden Entzündungsprozess wirkt. Im Ge-gensatz zu systemisch wirkenden Stero-iden wird Budesonid bereits bei der ers-ten Leberpassage zu über 90% metabo-lisiert, wodurch das Risiko für systemi-sche Steroidnebenwirkungen deutlichreduziert wird und damit eine wesent-

lich bessere Verträglichkeit resultiert.Die Regeldosierung beträgt 1 x 3 KapselnBudesonid zur Nacht pro Tag (9 mg Ge-samtdosis).

Aminosalicylate

Salazosulfapyridin (SASP) und 5-Ami-nosalicylsäure (5-ASA/Mesalazin)Im akuten Schub können hochdosiertAminosalicylate in einer Dosierung von4g/Tag eingesetzt werden. Für den M.Crohn ist die Langzeit-Rezidivprophyla-xe durch Dauergabe der Präparate überviele Jahre weniger gut belegt als für dieColitis ulcerosa. Bei eher seltenem dista-len Kolonbefall können zusätzlich Klys-men, Mesalazin-Suppositorien oderRektalschaum (Glukokortikoide, Bude-sonid) verabreicht werden. Obwohl häu-fig eine Kombinationstherapie mit ora-len Steroiden durchgeführt wird, ist einVorteil gegenüber einer Steroidmono-therapie bisher nicht gesichert.

Immunsuppressiva

Bei chronisch aktivem Verlauf, der aufKortison nur unzureichend ansprichtoder der nur über eine Kortison-Dauer-gabe mit höheren Dosen zu kontrollie-ren ist, gelten heute die Immunsuppres-siva Azathioprin und 6-Mercaptopurinals Standardtherapie (Dosierung 2–2,5mg/kg KG pro Tag). Da der Wirkungs-eintritt erst nach 2–6 Monaten erfolgt,muss bei gegebener Indikation überlap-pend mit systemischen Steroiden behan-delt werden. Eine Langzeitstudie unter-stützt die Fortsetzung dieser Therapieüber 4 Jahre. Bei etwa 10% der Patiententreten Nebenwirkungen (meist reversi-bel) wie Übelkeit, Allergie, Leukopenie,akute Pankreatitis und Hepatitis auf, diez. T. zum Abbruch der Therapie führen.Alternativ als Mittel der zweiten Wahl er-zielte in kontrollierten Studien Metho-trexat (25 mg i.m./Woche) eine remissi-onserhaltende Wirkung. Während sichorales Ciclosporin in Studien als nicht

wirksam erwiesen hat, konnte in thera-pierefraktären Fällen die intravenöseGabe in Einzelfällen einen deutlich posi-tiven, jedoch nicht anhaltenden Effektzeigen. Einzelberichten zufolge kann inhochfloriden, aktiven, therapierefrak-tären Stadien auch das Immunsuppres-sivum Tacrolimus durch Spezialistenversucht werden.

Neue Therapieoptionen

MitInfliximab(Remicade®),einem mono-klonalen Antikörper gegen den Tumor-Nekrose-Faktor alpha (TNF�), steht einneuer vielversprechender Therapiean-satz in der Behandlung einer schwergra-digen, aktiven Form bzw. von Fisteln alseiner der häufigsten Komplikationenzur Verfügung. Infliximab ist nicht dasMittel der 1. Wahl. Es ist eine weitereTherapieoption, wenn bei chronisch ak-tivem Verlauf und/oder einer Fistelbil-dung eine umfassende medikamentöseTherapie mit Glukokortikoiden und/oder Immunsuppressiva nicht an-spricht. Die Indikation zu dieser diffe-renzierten Therapie sollte auch wegender hohen Kosten von Spezialisten undBehandlungszentren gestellt und über-wacht werden.

M. Crohn und Gravidität

Eine Fruchtschädigung durch 5-Amino-salicylate und Glukokortikoide ist bishernicht bekannt, sodass während einerSchwangerschaft die Behandlung mitdiesen Medikamenten fortgesetzt wer-den kann. Für Azathioprin und 6-Mer-captopurin ist eine schädigende Wir-kung in prospektiven Untersuchungennicht beobachtet worden. Bis kontrol-lierte Studien vorliegen, wird man je-doch versuchen, vor einer Schwanger-schaft die Immunsuppressiva-Therapieabzusetzen. Auf jeden Fall besteht keineIndikation zum Schwangerschaftsab-bruch.

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9Arzneiverordnung in der Praxis ~ Ausgabe 4/2000–1/2001

Literatur

1. Stein RB, Hanauer SB: Medical thera-py for inflammatory bowel disease. Ga-stroenterol Clin North Am 1999; 28: 297–321.2. Stange EF, Schreiber S, Raedler A etal.: Therapie des M. Crohn. Ergebnisseeiner Konsensuskonferenz der Deut-schen Gesellschaft für Verdauungs- undStoffwechselkrankheiten. Z Gastroente-rol 1997; 35: 41–55.3. Schölmerich J: Gibt es Neues in derStandardtherapie der CED. Internist1999; 40: 1288–1299.4. Bouhnik Y, Lemann M, Mary JC et al.:Long-term follow-up of patients withCrohn’s disease treated with azathiopri-ne or 6-mercaptopurine. Lancet 1996;347: 215–219.

Dr. med. A. MadischProf. Dr. med. J. HotzAllgemeines Krankenhaus CelleKlinik für GastroenterologieSiemensplatz 4, 29223 Celle

FAZIT

Die hochdosierte Kortisontherapie p. o.oder i. v. ist noch immer die Stan-dardtherapie bei M. Crohn. Es stehenheute gute topische Präparate zur Ver-fügung (Budesonid), die am distalenDünndarm und proximalen Dickdarmihre Wirkung entfalten und dank gerin-ger Resorption kaum eine systemischeKortikoidwirkung haben. Der Nutzeneiner Rezidivprophylaxe mit Aminosa-licylaten ist umstritten. Immunsuppressiva wie Azathioprin,Mercaptopurin oder Methotrexat sinddie Therapie der Wahl in steroidpflich-tigen Fällen. Infliximab, ein kompetitiver Hemmerdes alpha-1-Tumor-Nekrose-Faktors,hat sich bei schweren Schüben be-währt, die Behandlung sollte aber z. Z.noch spezialisierten Zentren überlas-sen werden – u. a. wegen der hohenTherapiekosten.

Orthostatische Hypotonie – was tun?

Patienten mit schwerer orthostatischerHypotonie (OH) aufgrund autonomerDysfunktion können häufig nur wenigeSekunden oder Minuten stehen, bevorSymptome wie Nackenschmerzen,Schwindel, Sehstörungen oder Synko-pen auftreten. Die Symptome könnendurch eine gezielte Behandlung erheb-lich vermindert werden. Langzeitergeb-nisse für die Behandlung orthostatischerHypotonie liegen noch nicht vor, jedochlassen Ergebnisse kleinerer kurzzeitigerStudien folgende Empfehlungen zu.

Wann ist eine Behandlung vonorthostatischer Hypotonie not-wendig?

Vor Einleitung einer Therapie solltenach möglichen Ursachen (z. B. gene-ralisierte Amyloidose, diabetische Neu-ropathie, Hochdruckmedikation) ge-sucht werden. Die OH muss von anderenSyndromen und besonders der vasovaga-len Synkope abgegrenzt werden. EineBehandlung ist nur bei Patienten indi-ziert, die schon nach kurzer Zeit im Ste-

hen unter erheblichen Symptomen lei-den. Es liegen keine Daten darüber vor,dass asymptomatische Patienten voneiner Behandlung profitieren. Aufgrundder potentiellen Nebenwirkungen undKosten einer medikamentösen Therapiesollten zunächst allgemeine Maßnah-men (Erhöhung der Kochsalzzufuhr,reichliches Trinken sowie die Verwen-dung von Kompressionsstrümpfen oderLeibbinden) ausgeschöpft werden.

Welche Medikamente sollten mit Vorsicht verwendet werden?Der Verlust der autonomen Regulationführt dazu, dass Patienten mit schwererorthostatischer Hypotonie extrem emp-findlich gegenüber Substanzen sind, dieeine Änderung des Gefäßtonus oder derNatriumausscheidung bewirken. Alko-hol, Diuretika, Nitrate und Calciumanta-gonisten führen auch in geringen Dosie-rungen zu starken Blutdruckreduktio-nen. Die Einnahme dieser Substanzensollte tagsüber vermieden werden. Eini-ge nichtsteroidale Antiphlogistika undSympathomimetika verursachen exzes-sive Blutdruckanstiege, eine Wirkung,die für die Behandlung von orthostati-scher Hypotonie ausgenutzt werdenkann. Paracetamol hat keine oder einenur geringfügige Wirkung auf den Blut-druck und stellt für diese Patienten dasAnalgetikum der ersten Wahl dar. Da dieMehrzahl der Medikamente hinsichtlichder Kreislaufwirkung bei OH nicht un-tersucht ist, sollten sie nur mit größterVorsicht verwendet werden.

Pharmakologische Therapie

Prinzipiell unterscheidet man zwischenlänger wirksamen Substanzen, derenWirkung über mehr als 24 Stunden an-hält, und kürzer wirksamen Substanzen,die über einige Stunden wirken. In eini-gen Fällen ist eine Kombination dieserSubstanzen notwendig. Jedes zur Zeitverfügbare Medikament steigert denBlutdruck nicht nur im Stehen, sondernauch im Sitzen und Liegen. Länger wirk-same Substanzen sollten bei Patientenmit Hypertonie im Liegen vermiedenwerden. Ist dies nicht zu machen, müs-sen die Patienten darauf hingewiesen

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werden, dass sie sich, solange die Wir-kung eines der kürzer wirksamen Präpa-rate anhält, nicht hinlegen sollten.

Zu den länger wirksamen Substanzenzählen Fludrocortison (0,1–0,2 mg/Tag)und Erythropoietin. Die maximale Wir-kung von Fludrocortison, das relativpreiswert ist, ist nach etwa einer Wocheerreicht. Eine Gewichtszunahme von 1–2 kg unter Fludrocortison sollte nichtüberschritten werden. Da Fludrocorti-son Hypokaliämien verursachen kann,sind regelmäßige Kontrollen der Elek-trolyte und gegebenenfalls Kaliumsubs-titution notwendig. Erythropoietin istteuer und muss parenteral appliziertwerden. Eine Behandlung mit Erythro-poietin sollte nur bei Patienten erfolgen,die nicht auf andere Behandlungen an-sprechen. Ein Hämatokritwert von 50%sollte nicht überschritten werden.

Relativ preiswerte, kürzer wirksameSubstanzen zur Behandlung der or-thostatischen Hypotonie sind Alpha-Ad-renorezeptoragonisten, Indometacin undYohimbin.ZudenAlpha-Adrenorezeptor-agonisten, die zur Behandlung der OHverwendet werden, zählen Etilefrin (z. B.Adrenam®), Norfenefrin (z. B. Novadral®)und Midodrin (Gutron®). Was die Wir-kung betrifft, ist Midodrin (2,5–10mg/Dosis) bei schwerer OH am bestencharakterisiert. Relativ häufig treten al-lerdings nach seiner Einnahme Juckender Kopfhaut und eine Piloerektion (Auf-stellen der Haare) auf. Die Verwendungvon Indometacin (25–50 mg/Dosis) isthäufig durch gastrointestinale Neben-wirkungen limitiert. Ein Behandlungs-versuch mit Indometacin ist bei Patien-ten besonders sinnvoll, die aus anderenGründen ein nichtsteroidales Antiphlo-gistikum benötigen. Yohimbin (2,5–5mg/Dosis) verursacht durch Blockade

zentralnervöser und peripherer Alpha2-Adrenorezeptoren eine Zunahme derSympathikusaktivität. Die Substanz istbei Patienten mit zentralnervösen auto-nomen Neuropathien, wie z.B. Multi-System-Atrophie (Shy-Drager-Syndrom),besonders wirksam. Einige Patientenspüren nach Einnahme von Yohimbininnere Unruhe und Nervosität. Die post-prandiale Hypotonie kann durch Ein-nahme von Coffein (250 mg entspricht1–2 Tassen Bohnenkaffee) mit den Mahl-zeiten vermindert werden. Dihydroergo-tamin und Ephedrin-haltige Präparatesind nicht empfehlenswert. Da Anspre-chen und Verträglichkeit von Patient zuPatient stark variieren, müssen häufigmehrere Substanzen ausprobiert wer-den. Die Dosis der jeweiligen Substanzsollte vorsichtig titriert werden. Die Ein-nahme der Medikamente sollte am Mor-gen und gegebenenfalls noch einmal amMittag oder frühen Nachmittag erfolgen.

Hypertonie im Liegen

Etwa 50% der Patienten mit orthostati-scher Hypotonie sind im Liegen hyper-ton. Eine leichte Senkung des Blut-drucks in der Nacht kann dadurch er-reicht werden, dass das Kopfende desBetts um etwa 15–20 cm angehobenwird. Ist eine weitere Bludruckredukti-on indiziert, dann können Nitroglycerin-pflaster oder kurz wirksame Calciuman-tagonisten beim Zubettgehen verwendetwerden. Diese Medikamente führen zueiner Zunahme von orthostatischer Hy-potonie in der Nacht und erhöhen mög-licherweise das Risiko für Stürze. Das er-höhte Sturzrisiko ist bei Patienten,deren Überleben durch die Grunder-krankung limitiert ist, wie z.B. Amyloi-dose und Multi-System-Atrophie, nur inden seltensten Fällen akzeptabel.

Literatur

1. Smit AA, Halliwill JR, Low PA, WielingW: Pathophysiological basis of orthosta-tic hypotension in autonomic failure. JPhysiol Lond 1999; 519: 1–10.2. Jordan J, Shannon JR, Biaggioni I etal.: Contrasting actions of pressor agentsin severe autonomic failure. Am J Med1998; 105: 116–124.3. Low PA, Gilden JL, Freeman R et al.:Efficacy of midodrine vs placebo in neu-rogenic orthostatic hypotension. A ran-domized, double-blind multicenterstudy. Midodrine Study Group. JAMA1997; 277: 1046–1051.4. Jordan J, Shannon JR, Pohar B et al.:Contrasting effects of vasodilators onblood pressure and sodium balance inthe hypertension of autonomic failure. JAm Soc Nephrol 1999; 10: 35–42.

Dr. med. Jens Jordan Franz Volhard Klinik, Medizinische Fakultät der Charité, Campus BuchHumboldt Universität BerlinWiltbergstraße 50, 13125 Berlin

FAZIT

Die medikamentöse Behandlung vonsymptomatischer orthostatischer Hy-potonie ist bei Patienten sinnvoll, dienicht ausreichend auf nichtpharmako-logische Therapien ansprechen. Dasgeeignete Präparat muss individuellanhand der Wirkung und der Verträg-lichkeit ausgewählt werden. Alle Medi-kamente, die für die Behandlung vonorthostatischer Hypotonie geeignetsind, können den Blutdruck im Liegenstark erhöhen.

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11Arzneiverordnung in der Praxis ~ Ausgabe 4/2000–1/2001

Etanercept

ZUSAMMENFASSENDEBEWERTUNG

Etanercept (Enbrel®) ist ein neues Anti-rheumatikum. Es wird gentechnischhergestellt und ist ein Fusionsproteinaus 2 TNF-�-Rezeptoren, bestehendaus 934 Aminosäuren. Es hemmt kom-petitiv den Rezeptor für Tumornekrose-faktor-alpha (TNF-�). Es ist bei schwe-ren Verlaufsformen der rheumatoidenArthritis (RA) indiziert, wenn andereAntirheumatika versagen. Es erweistsich als hoch wirksam. Es muss zwei-mal wöchentlich s.c. injiziert werden.Die Jahrestherapiekosten werden der-zeit auf 30.000–50.000 DM geschätzt.

Parameter der Lebensqualität („HealthAssessment Questionnaire“) bessertensich ebenfalls signifikant im Vergleichzur Placebogruppe. Unter Etanerceptnormalisierten sich einige klinische La-borparameter (CRP, BSG, Leuko- undThrombozytenzahl, Plasmaalbumin).

Eine zweite randomisierte Doppelblind-Studie (4) prüfte den Nutzen der zusätz-lichen Gabe von Etanercept (2-malwöchentlich 25 mg) an 89 Patienten, dieseit mindestens 6 Monaten mit Me-thotrexat (15–25 mg/Woche) behandeltworden waren. Die Etanercept/Metho-trexat-Gruppe schnitt deutlich besser abals die Placebo/Methotrexat-Gruppe.

Da der TNF auch bei anderen Erkran-kungen eine Rolle spielt, werden weitereIndikationen geprüft. Hierzu kann nochkeine Stellung genommen werden.

Pharmakokinetik

Nach einmaliger subkutaner Injektionvon 25 mg wurde eine Eliminationshalb-wertszeit von 68 ± 19 h ermittelt (1).Etanercept wird nach subkutaner Gabelangsam absorbiert und mit erhebli-chen interindividuellen Schwankungeneliminiert. Bei einer zweimaligenwöchentlichen Gabe von 25 mg liegt diemittlere Steady-state-Konzentration beietwa 3 µg/ml. Etanercept wird über ver-schiedene Aminosäure-Stoffwechselwe-ge abgebaut und über die Galle und denUrin ausgeschieden, wobei auch beiLeber- und Niereninsuffizienz keineKumulation auftritt.

Risiken und VorsichtsmaßnahmenUnerwünschte Wirkungen: Vorüberge-hend auftretende Lokalreaktionen ander Injektionsstelle, die sich innerhalbvon 4 Wochen abschwächten und keinenEinfluss auf die Wirksamkeit hatten.

Kontraindikationen: chronische oderakute bakterielle Infektionen (Gefahrder Exazerbation).

Begleitbehandlung: Interaktionsstudienmit anderen Medikamenten zur Behand-lung der RA (außer Methotrexat) stehennoch aus. Nach bisherigen Erkenntnis-sen werden aber keine bedeutendenWechselwirkungen angenommen.

Indikation

Schwere Verlaufsformen der RA beinachgewiesener unzureichender Wirk-samkeit anderer Basistherapeutika. Eta-nercept kann mit Methotrexat kombi-niert werden.

Kosten

Wie bei allen gentechnisch hergestell-ten Medikamenten liegen die Behand-lungskosten mit 30 000–50 000 DM/Jahrenorm hoch. Schon aus diesem Grundist zu fordern, dass die Therapieindika-tion von einem (oder besser von zweivoneinander unabhängigen) Internistenmit der Zusatzbezeichnung Rheumato-logie zu stellen ist. Voraussetzung füreine Behandlung ist das Versagen ande-rer „klassischer Therapieansätze“.

Literatur

1. Korth-Bradley JM, Rubin AS, HannaRK et al.: The pharmacokinetics of eta-nercept in healthy volunteers. Ann Phar-macother 2000; 34: 161–164.

2. Moreland LW, Schiff MH, Baumgart-ner SW et al.: Etanercept therapy inrheumatoid arthritis. A randomized,controlled trial. Ann Intern Med 1999;130: 478–486.

3. Suffredini AF, Reda D, Banks SM et al.:Effects of recombinant dimeric TNF re-ceptor on human inflammatory respon-ses following intravenous endotoxinadministration. J Immunol 1995; 155:5038–5045.

4. Weinblatt ME, Kremer JM, BankhurstAD et al.: A trial of etanercept, a recom-binant tumor necrosis factor receptor: Fc fusion protein, in patients with rheu-matoid arthritis receiving methotrexate.N Engl J Med 1999; 340: 253–259.

WirkungEtanercept (Enbrel®) konkurriert als lös-licher TNF-�-Rezeptor mit höherer Affi-nität als die zellständigen TNF-�-Rezep-toren um die Bindung von Tumornekro-sefaktor-alpha. Hierdurch wird die TNF-�-vermittelte Entzündungskaskade inder rheumatoiden Synovialschleimhautverhindert (3). Somit wird auch die Bil-dung anderer proinflammatorischer Zy-tokine gehemmt.

Die Auswirkungen einer teilweisen odervollständigen TNF-�-Blockade sind nochunzureichend geklärt. Da der TNF-�eine zentrale Rolle bei Entzündungs-und Immunvorgängen spielt, wird mög-licherweise die Immunabwehr bei bakte-riellen Infekten oder Malignomen beein-trächtigt.

Klinische Studien

In einer halbjährigen randomisiertenDoppelblind-Studie (2) erhielten 234 Pa-tienten mit therapierefraktärer rheu-matoider Arthritis Etanercept zweimalwöchentlich in einer Dosierung von 10oder 25 mg s.c. In allen primären undsekundären Endpunkten zeigte sich einedosisabhängige schnellere und anhal-tendere Besserung als unter Placebo. Die AkdÄ

Arzneimittel – kritisch betrachtet

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Die Bedeutung von Leukotrienantagonisten (Montelukast) in der Asthma-Therapie – eine kritische Zwischenbilanz

Leukotriene sind wesentliche Media-toren der asthmatischen Reaktion. ImVergleich zum Histamin sind sie etwa1000-mal stärker bronchokonstrikto-risch wirksam und ihre Wirkung hältetwa 3- bis 4fach länger an. Leukotrien-antagonisten hemmen entweder dieSynthese dieser Mediatoren oderblockieren ihre Rezeptoren.

Seit April 1998 ist in Deutschland der Cysteinyl-Leukotrienrezeptorantago-nist (Cys LT2-Rezeptorantagonist) Mon-telukast (Singulair®) für Erwachseneund für Kinder ab dem 6. Lebensjahr bei leicht- bis mittelgradigem Asthma als orale Zusatztherapie zu inhalativenSteroiden sowie bei belastungsinduzier-tem Asthma als Monotherapie zugelas-sen (3).

Beim Einsatz in der Asthmatherapiesteht die antiinflammatorische Wirkungder Antileukotriene im Vordergrund (1).So konnten in klinischen Studien eineVerbesserung der Lungenfunktion(FEV1-Anstieg), des Symptomscores undeine Reduktion des Verbrauchs an weite-ren Medikamenten gezeigt werden.Unter klinischen Aspekten lässt sichnach heutigem Wissensstand der in Ta-belle 1 dargestellte Vergleich zwischeninhalativen Steroiden und Leukotrien-antagonisten ziehen:

Insgesamt ist die Datenlage aber nochunbefriedigend, da bereits die erstenpublizierten Studien zur Zulassung desMedikaments geführt haben. So fehleninsbesondere für das Kindesalter nochVergleichsstudien mit größeren Fallzah-len gegenüber den etablierten Thera-pien. Auch der Einsatz bei mittelschwe-rem und schwerem Asthma bedarf einerweiteren Absicherung durch sorgfältiggeplante Studien.

Unsere Kenntnisse zum differenziertenEinsatz von Leukotrienantagonistensind ebenfalls noch ungenügend. Nurein Teil der Patienten spricht auf die

Therapie an, sodass Kriterien zur Aus-wahl geeigneter Patienten gefundenwerden müssen. Ursache für diese gerin-gere therapeutische Potenz im Vergleichzu den inhalativen Corticosteroidenkönnten Enzympolymorphismen desLeukotrienstoffwechselweges (2) sowiedie Tatsache sein, dass Cysteinyl-Leu-kotriene nicht die einzigen Mediatorender asthmatischen Entzündung sind.

Der große Vorteil des Medikaments liegtdarin, dass bei einmaliger (abendlicher)oraler Gabe eine hohe Compliance er-wartet werden kann und sich die Wir-kung innerhalb kurzer Zeit zeigt. Liegtnach einwöchiger Therapie kein Erfolgvor, kann der Versuch beendet werden.Ausführlicher geprüft werden mussnoch, ob der systemische Effekt bei ora-ler Applikation eventuell auch andereFormen der Entzündung positiv beein-flussen kann (z. B. allergische Rhinitis)und ob die Kombination mit Antihista-minika eine therapeutische Option ist.

Literatur

1. Pizzini E, Leif JA, Reiss TF et al.: Mon-telukast reduces airway eosinophilie in-flammation in asthma: a randomized,controlled trial. Eur Respir J 1999; 14: 12–18.

2. Sampson AP: The pharmacology ofleukotriene receptor agonists. Eur Respir Rev 1998; 63: 1037–1041.

3. Wettengel R, Berdel D, Hofmann D et al.: Asthmatherapie bei Kindern undErwachsenen. Med Klinik 1998; 93: 639–650.

Prof. Dr. med. Ralf WettengelKarl-Hansen-KlinikAsthma-Klinik Antoniusstraße 19, 33175 Bad Lippspringe

Für die kritische Durchsicht des Manu-skriptes danken wir Herrn Prof. Dr. med.T. Schaberg, Rotenburg/Wümme.

FAZIT

Ein neues, eher schwach wirksamesTherapieprinzip mit dem Vorteil der ein-mal täglichen Einnahme. Leider sprichtnur ein Teil der Patienten an. Die Ta-gestherapiekosten liegen mit ca. 4 DMvergleichsweise hoch. Kein Mittel derersten Wahl, kein Ersatz für inhalativeCorticosteroide! Die Datenlage istnoch nicht befriedigend.

Leukotrienantagonisten Inhal. Glucocorticosteroide

Anwenderfreundlichkeit ++ +

Symptomkontrolle + ++

Lungenfunktion + +

Hyperreagibilität (+) +

Inflammation (+) +

Exazerbationshäufigkeit (?) (+)

Wirksamkeit + ++

Langzeiteffekt ? +

Nebenwirkungen (–) (+)

Tabelle 1: Vergleich Leukotrienantagonisten/Inhal. Glucocorticosteroide

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13Arzneiverordnung in der Praxis ~ Ausgabe 4/2000–1/2001

Anmerkungen� Nur zur Behandlung der essentiellen

Hypertonie zugelassen: Spirapril, Imi-dapril, Moexipril

� Zugelassen zur Behandlung der es-sentiellen Hypertonie und Herzinsuf-fizienz: Lisinopril, Perindopril, Bena-zepril, Cilazapril, Quinapril, Rami-pril, Fosinopril, Trandolapril

� Zulassung zur Behandlung der essen-tiellen Hypertonie, Herzinsuffizienz,

linksventrikulären Dysfunktion (LVD):Captopril, Enalapril

� Zulassung zur Behandlung der diabe-tischen Nephropathie: Captopril. Fürdiese Substanz existieren auch Dosie-rungsempfehlungen für die Behand-lung von Kindern

� Als einzige Substanz für die parente-rale Applikation verfügbar: Enalapri-lat

ACE-Hemmer: DatenübersichtWirkstoff Handels- Markt- HWZ Aktiver Biover- Einfluss Dosis Ausschei- Ausschei- TTK (DM)

namen einführung (h) Metabolit fügbarkeit von (mg) dung dung hepa- empfohlene(%) Nahrung renal (%) tisch (%) Dosis

Benazepril Cibacen 01/1993 10–11 Ja 28 Nein 10–20(40) 33 12 1,31–2,62

Captopril Lopirin, 03/1981 1,9 Ja 70–75 Nein 2–3 x 25–50 95 1,31–3,93Tensobon, Generika:Generika 0,36–1,08

Cilazapril Dynorm 05/1992 9 Ja 60 Nein 2,5–(5) 53 1,31–2,62

Enalapril Xanef, Pres, 11/1984 11 Ja 60 Nein 10–20 (40) 61 33 1,31–1,84Generika Generika:

0,58–0,80

Fosinopril Fosinorm, 08/1992 11,5 Ja 29 Nein 10–20 (80) 44 46 1,07–1,51Dynacil

Imidapril Tanatril 10/1999 10–19 Ja 40 Ja 10 22 1,18

Lisinopril Acerbon, 12/1989 12 Nein 25 Nein 10–20 100 0 1,31–2,62Coric, Generika:Generika 0,58–1,16

Moexipril Fempress 01/1997 2–10 Ja 13–22 Ja 7,5–15 (30) 13 >50 1,31

Perindopril Coversum 11/1989 3–5 Ja 65–70 Nein 4–8 75 25 1,31–2,62

Quinapril Accupro 03/1991 3 Ja 60 Nein 10–20 (40) 60 40 1,21–2,42

Ramipril Delix, Vesdil 05/1993 13–17 Ja 15–28 Nein 2,5–5 (10) 60 39 1,31–2,62

Spirapril Quadropril 01/1997 33–41 Ja 50 Nein 6–12 40 60 1,19–2,38

Trandolapril Gopten, 03/1993 16–24 Ja 60 Nein 2–4 33 66 1,31–2,62Udrik

Stand: Oktober 2000

� Außer Trandolapril, Spirapril undImidapril sind alle Substanzen auchals Kombinationspräparat mit einemDiuretikum (meist Hydrochlorothia-zid 12,5 oder 25 mg) verfügbar.

Dr. rer. nat. Stephan GrossmannApotheke Klinikum DarmstadtGrafenstraße 9, 64283 Darmstadt

Brauchen wir Bufexamac?Bufexamac, 2-(4-Butophenyl)acetohy-droxamsäure, ist ein nicht-steroidalesAntiphlogistikum, das ausschließlichzur Lokalbehandlung von entzündli-chen Dermatosen benutzt wird. Einekurzfristige Anwendung als Antirheu-matikum in Form von Suppositorienund intraartikulären Injektionen istnicht mehr aktuell. Bufexamac wird seitüber 20 Jahren - erste Mitteilung erfolg-

te 1966 – überwiegend von praktischenÄrzten und Pädiatern zur Behandlungvon Dermatosen zunächst als Parfenac®

Creme bzw. Malipuran® Creme ange-wendet.

Inzwischen sind in Deutschland zahlrei-che Bufexamac-haltige Lokaltherapeuti-ka vorhanden. Der Grund für die außer-ordentlich häufige Anwendung ist die oft

irrationale Furcht vor Cortison-Neben-wirkungen der Patienten oder bei Kin-dern der Eltern, aber auch von Ärzten.

Anwendungsgebiete

Neurodermitis, Ekzeme verschiedenerGenese, entzündliche Hautveränderun-gen wie Sonnenbrand, Insektenstiche,aber auch entzündliche Hämorrhoiden,Phlebitiden und Keloide wurden mit Bu-fexamac behandelt.

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14 Arzneiverordnung in der Praxis ~ Ausgabe 4/2000–1/2001

FAZIT

Es ist unstrittig, dass in der lokalen Der-matotherapie eine Steroidalternativegebraucht wird. Bufexamac hat dieseErwartungen enttäuscht und ist mitdem erhöhten Risiko der Sensibilisie-rung behaftet. Inzwischen sind Neu-entwicklungen in klinischer Prüfung,von denen zu hoffen ist, dass diese denErwartungen entsprechen.

Wirkung

In ersten Studien wurde Bufexamac diegleiche Wirkung wie Fluocinolonaceto-nid oder Betametason zugeschrieben(1). Weitere Multicenterstudien konntenaber keinen signifikanten Unterschiedzwischen Placebo und Bufexamac fest-stellen (2). Dies entspricht der heute gel-tenden Meinung.

Nebenwirkungen

Sensibilisierung gegen Bufexamac alsKontaktallergie wurde zuerst 1973 mit-geteilt. Der AkdÄ sind in der Zeit von1990 bis 2000 115 Fälle über uner-wünschte Arzneimittelwirkungen (UAW)bekannt geworden (Datenstand: 23.11.2000). Zunächst wurde die Sensibilisie-rungsfähigkeit bei der hohen Zahl derAnwendungen als gering angesehen. In-zwischen mussten mit zunehmenderHäufigkeit kontaktallergische Reaktio-nen z. T. schwerer Art durch die Anwen-dung von Bufexamac beobachtet wer-den. „Bufexamac is a frequent contactsensitizer“ (3), sodass empfohlen wurde,Bufexamac in die Standard-Testserienaufzunehmen.

Die AkdÄ hat kürzlich bereits in einerMitteilung im Deutschen Ärzteblatt aufdie Gefahr einer Kontaktallergie nachBufexamac hingewiesen (4).

Literatur

1. Achten G, Bourlond A, Haven E et al.:Etude du bufexamac creme et du bufexa-mac onguent dans le traitment de diver-ses dermatoses. Dermatologica 1973;146: 1–7.2. Christianssen JV, Gadborg E, Kleiter Iet al.: Efficacy of Bufexamac (NFN)Cream in Skin Diseases. Dermatologica1977; 154: 177–184.3. Kränke B, Derhaschnig J, Komericki P,Aberler W: Bufexamac is a frequentcontact sensitizer. Contact Dermatitis1996; 34: 63.4. AkdÄ: Bufexamac: Ein Ekzemthera-peutikum, das selbst häufig allergischeKontaktekzeme hervorruft. Dt Ärztebl2000; 97: 3212.

Prof. Dr. med. E. LandesKleukensweg 2, 64297 Darmstadt

Empfängnisverhütung durch ein Estrogenimplantat (Implanon®)

Implanon® ist ein implantierbares Gesta-gen-Depot. Verwendet wird ein Metabo-lit von Desogestrel, einem in der klassi-schen „Pille“ häufig verwendeten Gesta-gen. Nach den vorläufigen Befunden isteine sichere Empfängnisverhütung von3 Jahren zu erwarten. Danach muss dasImplantat chirurgisch entfernt werden.Die Sicherheit des Präparates ist sehr gutund scheint der klassischen oralen Kon-trazeption mindestens gleichwertig,wenn nicht sogar überlegen zu sein.

Das Präparat muss mit einem gewissenchirurgischen Aufwand appliziert wer-den. Wie weit dies in Deutschland ange-

nommen wird, muss sich herausstellen.Es ist ja bekannt, dass hinsichtlich derAkzeptanz medizinischer Eingriffe undMethoden erhebliche regionale, natio-nale und kontinentale Unterschiede be-stehen. Bei speziellen Indikationen istdas Präparat heute schon zu empfehlen,obwohl zu beachten ist, dass Blutungs-störungen – von der Amenorrhoe bis zurPolymenorrhoe – im Einzelfall nichtvorauszusehen sind. Das Präparat dürftezunächst vor allem in Entwicklungslän-dern angewandt werden.

Prof. Dr. med. W. Kuhn, Göttingen

Hinweis

Die in AVP enthaltenen Dosierungsanga-ben sind Empfehlungen. Sie müssendem einzelnen Patienten und seinemZustand angepasst werden. Die angege-benen Dosierungen wurden sorgfältiggeprüft. Da wir jedoch für die Richtigkeitdieser Angaben keine Gewähr überneh-men können, bitten wir Sie dringend, dieDosierungsempfehlungen der Herstellerzu beachten.

Hinweis

Die in AVP enthaltenen Preisangabenwurden sorgfältig recherchiert undüberprüft (Quelle: Lauer-Taxe). Für dieRichtigkeit der Angaben können wir je-doch keine Gewähr übernehmen.

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15Arzneiverordnung in der Praxis ~ Ausgabe 4/2000–1/2001

Obwohl kein Präparat der Praxis, möch-ten wir über eine Neuentwicklung imAntibiotikabereich informieren. Quinu-pristin/Dalfopristin (Synercid®) ist einsemisynthetisches Derivat des natürlichvorkommenden Streptogramins Pris-tinamycin A/B und gehört zur Gruppeder MLS-Antibiotika (Makrolide/Lincos-amide/Streptogramine). Es wirkt bakte-rizid. Die Aufnahme in die Zelle erfolgtfür beide Komponenten unabhängigvoneinander durch passive Diffusion,und erst am Wirkort kommt es zur synergistischen Wirkung.

Wirkungsspektrum

Quinupristin/Dalfopristin (QD) besitztseinen Wirkungsschwerpunkt bei gram-positiven Bakterien. Bemerkenswert istdie relative Unwirksamkeit gegenüberEnterococcus faecalis, während Entero-coccus faecium hochempfindlich ist. Diemeisten gramnegativen Keime sind auf-grund ihrer für Streptogramine inper-meablen Zellwand natürlich resistent.Wirksamkeit besteht gegenüber Erre-gern atypischer Pneumonien (Legionel-len, Chlamydien, Mykoplasmen) sowieNeisserien-Arten.

Zugelassene Indikationen

Intravenöse Therapie einer nosokomia-len Pneumonie, Haut- und Weichteilin-fektionen sowie klinisch relevante Infek-tionen durch Vancomycin-resistenteEnterococcus faecium. QD darf nur ver-abreicht werden, wenn dokumentiert ist,dass kein anderes Antibiotikum gegenden Erreger wirksam bzw. geeignet ist;ist also ein Antibiotikum in Reserve.

Kontraindikationen

Schwere Leberinsuffizienz, gleichzeitigeGabe von Mutterkornalkaloiden undArzneimitteln, die durch das CytochromP450 3A4-Enzymsystem metabolisiertwerden (z. B. Omeprazol) und das QT-In-tervall verlängern können.

Daten zur Gabe in der Schwangerschaft,Stillzeit und bei eingeschränkter Nie-renfunktion liegen nicht vor.

Nebenwirkungen

Initial wurden vor allem venöse Neben-wirkungen (Entzündung, Schmerz,Thrombophlebitis) beschrieben, wes-halb die Substanz nur über einen zen-tralvenösen Katheter verabreicht wer-den darf. Arthralgien (10%) und Myalgi-en (7%). Erhöhung der Leberenzyme,Veränderung des Blutbildes (Abnahmevon Hkt, Hb; Leuko-, Thrombo-, Granu-lozytopenie).

Wechselwirkungen

Die Hemmung des Cytochrom P450-Isoenzymes 3A4 sowie des CYP3A4-Me-tabolismus von Ciclosporin A, Midazo-lam, Nifedipin und Terfenadin führt zuerhöhten Plasmaspiegeln dieser Sub-stanzen. Zu erwarten ist zudem eine ver-stärkte kardiale Nebenwirkung beigleichzeitiger Gabe von Medikamentenmit QT-verlängernder Wirkung (KlasseIa- und III-Antiarrhythmika, Neurolepti-ka, Azolderivate, Chinolone, Makrolide).

Pharmakokinetik

HWZ 1 bis 2 h. Beide Substanzen werdenschnell in zwei konjugierte (Q) bzw.einen nichtkonjugierten (D) antimikro-biell aktiven Hauptmetaboliten umge-wandelt. Die Ausscheidung erfolgt vor-wiegend biliär über den Stuhl (75% derGesamtdosis) und nur geringgradigrenal (15–20%). Anreicherung in Gra-nulozyten bis zum 60fachen des Plasma-spiegels.

Dosierung und Kosten3 x 5–7,5 mg/kg pro Tag, woraus sich beieinem Preis von etwa DM 125 für eine500 mg Durchstechflasche Tages-therapiekosten von mindestens DM 375ergeben. Lieferung erfolgt nur an kran-kenhausversorgende Apotheken.

Prof. Dr. med. Heinrich K. GeissHygiene-Institut der Universität Heidel-berg, Sektion InfektiologieIm Neuenheimer Feld 324, 69120 Heidelberg

Für die kritische Durchsicht des Manu-skriptes danken wir Herrn Prof. Dr. Dr.Dr. hc. mult. D. Adam.

Quinupristin/Dalfopristin – ein neues Antibiotikum für besondere Fälle

FAZIT

Quinupristin/Dalfopristin ist das ersteparenterale Streptogramin mit einerWirkung gegen multiresistente gram-positive Bakterien. Sein Indikationsge-biet beschränkt sich auf schwere, mitgängigen Antibiotika nicht mehr be-handelbare Infektionen durch grampo-sitive Erreger. Es stellt hier einentatsächlichen therapeutischen Fort-schritt dar. Hauptanwendungsgebiet:Infektionen durch Vancomycin-resis-tente Enterococcus faecium-Stämme(Unwirksamkeit gegen Enterococcusfaecalis!), Kombinationspartner (z. B.mit Glykopeptiden) bei multiresistentenStaphylokokken. Damit ist Quinupris-tin/Dalfopristin ein Antibiotikum in Re-serve, dessen Anwendung auf Ausnah-mesituationen bei schwerstkrankenPatienten zu beschränken ist.

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16 Arzneiverordnung in der Praxis ~ Ausgabe 4/2000–1/2001

Sevelamer – ein neuer Phosphatbinder

Die Hyperphosphatämie stellt ein zen-trales Problem in der Behandlung vonPatienten an der Hämodialyse (HD) dar.Wie neuere Studien gezeigt haben, istdie Hyperphosphatämie nicht nur we-sentlicher Faktor in der Entwicklungeines sekundären Hyperparathyreoidis-mus und von Weichteil- und Herzklap-penverkalkungen, sondern führt auch zueiner erhöhten kardialen Mortalität beiDialysepatienten. Daher ist eine Kon-trolle der Phosphatspiegel von zentralerBedeutung. Hierbei müssen bei norma-ler mitteleuropäischer Diät etwa 4200mg Phosphor/Woche eliminiert werden,um eine ausgeglichene Phosphatbilanzzu erzielen. Ungefähr 2400 mg Phosphorwerden beim HD-Pat. über die Dialyse(3x/Woche) eliminiert, sodass durch me-dikamentöse Phosphatbindung noch ca.1800 mg/Woche entfernt werden müs-sen.

Die bis heute verwendeten SubstanzenCalciumcarbonat, Calciumacetat undAluminium-haltige Phosphatbinder sindauf Grund ihrer UAW wie Hypercalcä-mie, Aluminiumencephalopathie undAluminiumosteopathie nur begrenzt an-wendbar. Daher wird schon lange nachalternativen calcium- und aluminium-freien Phosphatbindern gesucht.

Sevelamerhydrochlorid (Renagel®) istein kationisches Polymer (Polyallylami-ne hydrochlorid), das als Ionenaustau-scher Phosphatanionen im Darm bindet.Es wird nicht absorbiert und über denStuhl ausgeschieden.

In mehreren klinischen Studien konntedie Wirksamkeit von Sevelamer nachge-wiesen werden (1, 2). Hierbei zeigte sicheine signifikante Reduktion der prädialy-tischen Phosphatwerte, vergleichbar mitder konventionellen Therapie mit calci-umhaltigen Phosphatbindern. In einerLangzeitstudie an 192 Patienten (2) lagdie mittlere Dosis, die eingenommenwerden musste, bei 6,3 g Sevelamer proTag. Dies entspricht einer Einnahme voninsgesamt 16(!) Kapseln/Tag zu denMahlzeiten. Hierdurch wurde eine Re-duktion des mittleren prädialytischenPhosphatspiegels von 2,81 mmol/l auf2,06 mmol/l erzielt. Prädialytische Nor-mophosphatämie konnte also mit dereingesetzten Menge an Kapseln auchnicht erzielt werden.

UAW waren in dieser Studie vor allem gastrointestinale Beschwerden wie Völlegefühl, Durchfall bzw. Obstipation.Insgesamt mussten 7 von 192 Patientendie Studie aufgrund dieser UAW been-den.

Literatur

1. Slatopolsky EA, Burke SK, Dillon MAand the RenaGel study group: Renagel, anonabsorbed calcium and aluminium-free phosphate binder lowers serumphosphorus and parathyroid hormone.Kidney Int 1999; 55: 299–307.

2. Chertow GM, Burke SK, Dillon MA,Slatopolsky E for the RenaGel studygroup: Long-term effects of sevelamerhydrochloride on the calcium x phos-phate product and lipid profile of hemo-dialysis patients. Nephrol Dial Trans-plant 1999; 14: 2907–2914.

Dr. med. O. HergesellProf. Dr. med. Dr. h.c. mult. E. RitzKlinikum der Universität Heidelberg,Sektion NephrologieBergheimerstraße 56 A, 69115 Heidelberg

FAZIT

Mit Sevelamer steht ein neuer, wirksa-mer calcium- und aluminiumfreierPhosphatbinder zur Verfügung. UAWsind gastrointestinale Beschwerden.Um eine adäquate Senkung des prädia-lytischen Phosphatspiegels zu erzielen,ist die Einnahme von minimal 12 Kap-seln/Tag (!) notwendig. Die Tagesthera-piekosten liegen bei ca. 22 DM. Dies istnicht ganz das Zehnfache der Behand-lung z. B. mit Calciumacetat. Die Indika-tion wird sich also wegen der Menge der zu schluckenden Kapseln und desPreises auf einzelne Fälle beschrän-ken. Das Problem der Phosphatsen-kung bei HD-Patienten ist also nochnicht gelöst.

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17Arzneiverordnung in der Praxis ~ Ausgabe 4/2000–1/2001

Es wird über einen 81-jährigen Mann be-richtet, der wegen einer Ösophagitisneun Monate lang Omeprazol einnahm.Es kam dann zu einer lichenoiden Erup-tion, die einen Monat nach Absetzen ver-

schwand. In der Folge erhielt er Lanso-prazol, und drei Wochen später trat dieHautveränderung erneut auf und wie-derholte sich auch nach Pantoprazol-Gabe.

Literatur

Bong JL et al.: Lichenoid drug eruptionwith proton pump inhibitors. Brit Med J2000; 320: 283.

Lichenoide Eruption als Reaktion auf Protonpumpenhemmer

Häufig müssen Patienten mit einge-schränkter Nierenfunktion, oft Diabeti-ker, wegen einer koronaren Herzkrank-heit oder einer arteriellen Verschluss-krankheit Kontrastmittel erhalten. Ineinem hohen Prozentsatz kommt es indiesen Fällen zu einem akuten Nieren-versagen. Deutsche Autoren veröffent-lichten jetzt eine Untersuchung:

83 Patienten mit einem Plasmakreatininvon 2,4 ± 1,3 mg/dl erhielten randomi-siert Placebo oder Acetylcystein, 2 x 600

mg, am Tage vor und am Tage der Unter-suchung. In der Placebo-Gruppe kam eszu einem Plasma-Kreatinin-Anstieg beineun, in der Acetylcystein-Gruppe nurbei einem Patienten.

Es handelt sich um ein alltägliches Pro-blem – Tendenz steigend. Alle bisherigenVersuche, es zu lösen, schlugen fehl. DaAcetylcystein gut verträglich und billigist, verdient es diese Spur, weiter verfolgtzu werden.

Literatur

1. Tepel M, van der Giet M, SchwarzfeldC: Prevention of radiographic-contrast-agent-induced reductions in renal func-tion by acetylcysteine. N Engl J Med2000; 343: 180–184.2. Safirstein R, Andrade L, Vieira JM:Acetylcysteine and nephrotoxic effects ofradiographic contrast agents – a new usefor an old drug. N Engl J Med 2000; 343:210–211.

Urothel-Karzinom durch Chinesische KräuterIn Belgien hatten Patienten in den Jah-ren 1990 bis 1992 „Chinesische Pillen“genommen, die zur Gewichtsreduzie-rung angepriesen wurden. Diese enthiel-ten Aristolochia fangchi. Dies ist nephro-toxisch und führte bei den Patienten zuNierenversagen (wir hatten schon in AVP1/2000 berichtet). Bei diesen Patienten –inzwischen an der künstlichen Niere

oder transplantiert – entwickelten sichhäufig Urothel-Karzinome. Bei 39 Pati-enten wurden daher Nieren und Harnlei-ter prophylaktisch entfernt, und in 18Fällen fanden sich histologisch Urothel-Karzinome. Dies gibt uns erneut Anlass,auf die irrige Vorstellung hinzuweisen,dass natürliche und pflanzliche Mittelharmlos seien.

LiteraturNortier JL et al.: Urothelial carcinomaassociated with the use of a Chinese herb.N Engl J Med 2000; 342: 1686–1691.

Unerwünschte Arzneimittelwirkungen

Vorbeugung eines durch Kontrastmittel hervorgerufenen akutenNierenversagens

Warn-SignaleAkute Arthritis unter Clopidogrel

Literatur:Garg A et al.: Clopidogrel associated withacute arthritis. Brit Med J 2000; 320: 483.

Ein 62-jähriger Mann, allergisch gegenAcetylsalicylsäure, klagte drei Wochennach Clopidogrel über schwere Schmer-zen im rechten Knie. Dieses war ge-spannt, und er konnte mit diesem Beinnicht auftreten. Die Quadrizeps-Sehnezeigte die klassischen Entzündungszei-chen. Nach Absetzen verschwanden dieSymptome.

Es wird über zwei Fälle einer akuten Ar-thritis unter dem Thrombozytenaggre-gationshemmer Clopidogrel (Iscover®)berichtet. Eine 76-jährige Frau bekamzwei Wochen nach Einnahme einen aus-gedehnten Juckreiz sowie intensiveSchmerzen und Schwellung der Meta-carpal-Gelenke. Eine Woche nach Been-digung der Gabe verschwanden Pruritusund Schmerzen.

Page 18: Arzneiverordnung in der Praxis - akdae.de · das New England Journal of Medicine, hatte in den letzten Jahren erhebliche innere Konflikte zu bestehen, die zu einem Wechsel der Herausgeberschaft

18 Arzneiverordnung in der Praxis ~ Ausgabe 4/2000–1/2001

ü

Capto 25/25 mg AbZ comp. 35,45

Capto comp 25/25-1A Pharma 35,45

Capto corax comp. 25/25 35,45

Jutacor comp. 25/25 35,55

Captopril/HCT AL 25/25 35,70

Captopril-HCT acis 25 mg/25 mg 36,95

Capto Lich comp 25 mg/25 mg 38,95

Captobeta 25 comp. 38,95

Captogamma HCT 25/25 39,45

Captopril comp. Basics 25/25 mg 39,80

Captopril Verla plus 25/25 39,80

Adocomp 25/25 39,85

Capto comp. v. 39,85

Cardiagen 25 HCT 39,90

ACE-Hemmer-ratiopharm comp 25/25 39,95

Capto-ISIS plus 25 39,95

Captohexal comp 25/25 39,95

Captopril 25 comp. Heumann 39,95

Captopril-HCT Stada 25/25 39,95

Acenorm HCT 25/25 40,30

Capto-BASF comp 25 40,90

Capozide 25 Beragena 139,23

Capozide 25 Kohl 139,35

Capozide 25 MTK 139,35

Capozide 25 Emra Med 139,65

Capozide 25 Eurim Pharm 139,69

Capozide 25 Westen Pharma 139,69FB Capozide 25 Bristol Myers Squibb 155,22FB Tensobon comp mite 155,22

Quelle: ABDA-Datenbank (Stand 15.12. 2000); alle Preisangaben in DM.

ct 25/25

.

.

.

Kombination Captopril/Hydrochlorothiazid je 25 mg, Tabletten, 100 St ck, FB: 155,22 DM

Festbetrag Präparat Packungspreis

Nierenfunktionsverschlechterung durch topisch angewendetes Ketoprofen

Französische Autoren berichten übereine 62-jährige Patientin mit polyzysti-scher Nierenerkrankung und einemPlasmakreatinin um 3,5 mg/dl, die aneiner Monarthritis eines Fußgelenks er-krankte. Dies wurde mit lokal applizier-tem Ketoprofen zweimal täglich für fünfTage behandelt. Daraufhin verdoppeltesich der Plasmakreatininwert, und nach-dem die Behandlung mit Ketoprofen ge-

stoppt wurde, fiel das Plasmakreatininwieder auf den Ausgangswert.

Die Autoren wiesen Ketoprofen im Plasma nach (4,17 mg/l sechs Tage nachAbsetzen des Ketoprofens; normalerPlasmaspiegel für orales Ketoprofen:5–10 mg/l). Man muss also von einerganz erheblichen Resorption ausgehen.Die örtliche Behandlung mit nichtstero-

idalen Antirheumatika sollte also beiNierenkranken mit der gleichen Vor-sicht angewendet werden wie die oraleMedikation.

LiteraturKrummel T et al.: Acute renal failure in-duced by topical ketoprofen. Brit Med J2000; 320: 93.

Cardona et al. berichten über einen 78-jährigen Patienten, bei dem es unterVenlafaxin (Trevilor®) nicht nur zu einerLeberenzymerhöhung (in der Fachinfor-mation angegeben), sondern auch zueiner erheblichen Erhöhung des Biliru-

bins kam. Die Veränderungen bildetensich nach Absetzen innerhalb von fünfWochen zurück. Bei der Gabe dieses An-xiolytikums sollte also die Leberfunktionstreng überwacht werden.

Literatur

Cardona X, Avila A, Castellanos P: Ven-lafaxine-associated hepatitis. Ann InternMed 2000; 132: 417.

Venlafaxin-assoziierte Hepatitis

Die preisgünstige Verordnung

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19Arzneiverordnung in der Praxis ~ Ausgabe 4/2000–1/2001

Capto 25 1A Pharma 18,24

Capto 25 mg AbZ 18,24

Capto corax 25 18,24

Captopril 25 PB 18,24

Jucapt 25 18,30

Captopril AL 25 18,40

Cardiagen 25 18,85

Captopril acis 25 mg 19,91

Captopril Atid 25 19,91

Adocor 25 19,98

Capto Lich 25 mg 19,98

Capto-dura M 25 19,98

Captobeta 25 19,98

Capto-Sanorania 25 mg 21,15

Capto 25 v.ct 23,10

Captopril Basics 25 mg 23,10

Capto Eu Rho 25 23,95

Coronorm 25 23,95

Captogamma 25 24,08

ACE-Hemmer-ratiopharm 25 24,15

Captohexal 25 24,15

Captopril GRY 25 24,16

Captopril 25 Heumann 24,46

Captomerck 25 mg 24,51

Captoflux 25 mg 24,93

Captopril Pfleger 25 25,01

Sansanal 25 25,72

Captopril Stada 25 26,95

Tensostad 25 26,95

Captopril Verla 25 27,99

Tensiomin 25 33,44

Capto-Puren 25 39,90

Sigacap 25 39,90

Captodoc 25 mg 39,93

Capto-KSK 25 mg 39,95

Mundil 25 41,66

Capto BASF 25 mg 45,52

Phamopril 25 50,00

Captopress 25 55,48

Captopril 25 Apogepha 59,01

Captowieb 25 65,63

Acenorm 25 67,43

Capto-ISIS 25 79,80

Lopirin 25 Kohl Pharma 83,98

Lopirin 25 MTK Pharma 83,98FB Captopril AWD 25 93,36

FB Lopirin 25 Bristol Myers Squibb 93,36FB Tensobon 25 93,36

Quelle: ABDA-Datenbank (Stand 15.12. 2000); alle Preisangaben in DM.

Captopril Tabletten, 25 mg, 100 Stück, FB: 93,36 DM

Festbetrag Präparat Packungspreis

Nach Angaben des Arzneiverordnungs-Reports 2000 zeigen ACE-Hemmer eineweitere Steigerung der Verordnungen.Dabei fällt auf, dass die Captopril-Präpa-rate 1999 nach einer Stagnation im Vor-

jahr in der Verordnungshäufigkeit wie-der deutlich zugenommen haben.

ACE-Hemmer-Kombinationen stiegen1999 stärker als die Monopräparate,

wobei Captopril-Kombinationen einenhöheren Zuwachs verzeichnen konntenals die Kombinationen der langwirken-den ACE-Hemmer.

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20 Arzneiverordnung in der Praxis ~ Ausgabe 4/2000–1/2001

Ergebnisse einer randomisiertenMulticenter-Studie bei einer Be-handlungsdauer von 8 Wochen

Über die Effizienz von Johanniskraut-Präparaten im Vergleich mit anderenantidepressiv-wirksamen Pharmaka lie-gen noch wenige Forschungsergebnissevor. Die hier diskutierte Publikation vonPhilipp et al trägt dazu bei, die Kennt-nisse zu dieser Fragestellung zu erwei-tern.

Die Autoren führten in Zusammenarbeitmit 18 Allgemeinärzten im Zeitraum Ok-tober 1996 bis April 1998 eine prospekti-ve, randomisierte, doppelblinde Multi-centerstudie durch, die sich über einen8-wöchigen Behandlungszeitraum er-streckte. 263 Patienten nahmen an derStudie teil, wobei ein Ausgangsscore-Wert von 18 auf der Hamilton-Depressi-onskala erforderlich war. Der durch-schnittliche Ausgangswert aller Patien-ten lag bei 22,6 (SD 4,1). Die Studien-teilnehmer erhielten entweder 3 x täg-lich 350 mg Johanniskraut-Extrakt(STEI 300, Steiner Arzneimittel, Berlin)oder 100 mg Imipramin (3 Einzelgaben)oder 3 tägliche Gaben eines Placebo. Inder 8. Woche war der Hamilton-Score inder Placebogruppe um 12,1, in der Jo-hanniskraut-Gruppe um 15,4 und derImipramin-Gruppe um 14,2 Punkte ver-ringert. Nach den Ergebnissen in diesemund weiteren psychometrischen Testver-fahren war Johanniskraut einer Behand-lung mit Placebo überlegen und der Be-handlung mit Imipramin etwa äquiva-lent. Es ist jedoch darauf hinzuweisen,dass die Dosis Imipramin niedrig und dieDosis Johanniskraut-Extrakt hoch lag.

Bemerkenswert ist die Besserung in derPlacebogruppe: Schwerwiegende uner-wünschte Wirkungen traten weder beiMedikation mit Johanniskraut noch mitImipramin auf. Häufigste unerwünschteWirkung war Mundtrockenheit in der

Gruppe der mit Imipramin behandeltenPatienten. Es ist zu vermuten, dass hier-durch keine echten Doppelblindbedin-gungen bestanden.

Die Autoren konnten somit bei mittel-schweren Depressionen gleiche Wirk-samkeit für relativ niedrig dosiertes Imi-pramin und alternativ Johanniskraut beieiner Behandlungszeit von 8 Wochenzeigen. Wegen unterschiedlicher Zu-sammensetzungen der verschiedenenJohanniskraut-Präparationen beziehensie ihre Ergebnisse zutreffend aber nurauf das von ihnen benutzte Johannis-kraut-Medikament mit einer Dosis von1050 mg Extrakt/Tag. Erhältlich sindauch Präparate mit 40 mg Extrakt/Drag.,die beispielsweise in einer Dosierungvon 3 x 2 Drag., entsprechend einer Ta-gesdosis von 240 mg, empfohlen werden.Bei Pflanzenextrakten ist der Gehalt derInhaltsstoffe, beim Johanniskraut dem-entsprechend der Gehalt an Hypericin,aufgrund natürlicher Schwankungen in-konstant, wie es früher bei der Anwen-dung von Folia digitalis beachtet wer-den musste.

Wegen des nebenwirkungsarmen Ver-ordnungsprofils von Johanniskraut er-wägen die Autoren, leichte bis mittelgra-dige depressive Störungen ohne psycho-tische Symptome primär mit Johannis-kraut zu behandeln. Kritisch ist anzu-merken, dass die gelegentlich wichtigeNebenwirkung „Lichtsensibilisierung“nicht genannt wird und dass im unter-suchten Patientensegment leichter bismittelgradiger Störungen auch Psycho-therapie in Form der kognitiven Verhal-tenstherapie und der interpersonellenTherapie gleichwertige Ergebnisse er-zielen kann. Außerdem ist auf die kürz-lich berichteten gravierenden Interak-tionen von Johanniskraut hinzuweisen.Durch die gleichzeitige Einnahme vonJohanniskraut-Präparaten können diePlasmakonzentrationen von Phenpro-

coumon, Warfarin, einigen Antikonvul-siva, oralen Kontrazeptiva, Antiinfekti-va, Theophyllin und auch von trizykli-schen Antidepressiva gesenkt werden(Dt Ärztebl 97; 5, 4.2.2000: B–239 undDt Ärztebl 97; 12, 24.3.2000: B–683).

Literatur

Philipp M, Kohnen R, Hiller KO: Hyperi-cum extract versus imipramin or place-bo in patients with moderate depression:randomised multicentre study of treat-ment for eight weeks. Brit Med J 1999:319: 1534–1538.

Dr. med. T. Allhoff, Essen,Prof. Dr. med. M. Gastpar, Essen, Prof. Dr. med. B. Müller-Oerlinghausen,Berlin, Prof. Dr. med. R. Repges, Aachen

Johanniskraut-Extrakt im Vergleich mit Imipramin oder Placebobei Patienten mit mittelgradiger depressiver Störung

FAZIT

Johanniskraut-Extrakt in der hier ver-wendeten Form ist bei leichter bis mit-telgradiger Depression einem Placeboüberlegen und Imipramin in einer Dosisvon 100 mg/Tag gleichwertig. Wegender zahlreichen Interaktionen sollte derExtrakt aber nur verwendet werden,wenn eine Begleitmedikation verträg-lich und in klinisch ausreichender Wir-kung verabreichbar oder nicht erfor-derlich ist. Es muss gewährleistet sein,dass das verwendete Präparat demhier geprüften in seinem Hypericinge-halt gleichwertig ist, wobei kritisch an-zumerken ist, dass höchstwahrschein-lich Hypericin gar nicht das therapeuti-sche Prinzip von Johanniskraut dar-stellt. Unklar bleibt, womit die Behand-lung weitergeführt werden soll: die Depression soll 4 – 6 Monate über dieSymptomremission weiterbehandeltwerden. Zur Wirksamkeit einer solchenstabilisierenden Medikation gibt es je-doch für Johanniskraut keine Daten.

Zitate

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21Arzneiverordnung in der Praxis ~ Ausgabe 4/2000–1/2001

Vorbeugung von Lungenembolien und tiefen Beinvenen-thrombosen mit niedrig dosierter ASS: die Pulmonary EmbolismPrevention (PEP)-Studie

In zwei prospektiven, randomisier-ten, placebokontrollierten, multizentri-schen, aber nicht geblindeten Studienwurde der Nutzen einer niedrig dosier-ten antiaggregatorischen Therapie mitAcetylsalicylsäure (ASS) zusätzlich zurStandardmedikation mit Heparin unter-sucht. Patienten, die aufgrund einerOberschenkelhalsfraktur operativ ver-sorgt werden mussten oder sich einerelektiven Knie- oder Hüftoperation un-terzogen, wurden in die Studie einbezo-gen.

Endpunkte waren Tod oder das Auftretenvon schwerwiegenden klinischen Ereig-nissen wie Lungenembolie, symptomati-sche tiefe Beinvenenthrombose, Myo-kardinfarkt oder zerebraler Insult. Dieantiaggregatorische Therapie mit täg-lich 160 mg ASS wurde vor der Operati-on begonnen und über einen Zeitraumvon 35 Tagen postoperativ zusätzlich zurStandardmedikation während des sta-tionären Aufenthalts mit unfraktionier-tem oder niedrig molekularem Heparinfortgeführt.

An der ersten Studie nahmen 13356 Pa-tienten (6679 Patienten ASS, 6677 Pati-enten Placebo) mit Oberschenkelhals-fraktur teil. Die Gesamtsterblichkeit un-terschied sich zwischen beiden Gruppeninnerhalb der ersten 35 Tage postopera-tiv nicht. 447 Todesfälle traten in derASS-Gruppe und 461 Todesfälle in derPlacebo-Gruppe auf (Hazard ratio 0,97;95% CI 0,85-1,10). Die Autoren führtenweitere Subgruppenanalysen durch.Doch auch Todesfälle allein aufgrundvaskulärer Ereignisse wie pulmonaleEmbolien, ischämische Herzerkrankun-gen, zerebraler Insult, Myokardinfarktund Herzinsuffizienz zeigten insgesamtkeine signifikanten Unterschiede zwi-schen beiden Gruppen (235 Todesfälle inder ASS-Gruppe und 252 Todesfälle inder Placebo-Gruppe; Hazard ratio 0,93;95% CI 0,78-1,11).

Das Auftreten von tödlich verlaufendenLungenembolien jedoch war zwischenbeiden Gruppen signifikant unterschied-lich. In der ASS-Gruppe traten nur 18tödlich verlaufende Lungenembolien, inder Placebo-Gruppe hingegen 43 Todes-fälle auf (Hazard ratio 0,42 (95% CI 0,24-0,73). Ein protektiver Effekt von ASSzeigte sich auch bei den nichttödlich ver-laufenden Lungenembolien und/odersymptomatischen tiefen Beinvenen-thrombosen. Nur bei 87 Patienten tratendiese Ereignisse unter einer Therapiemit ASS auf, während 122 Patienten inder Placebo-Gruppe betroffen waren(Hazard ratio 0,71; 95% CI 0,54-0,94).

Tödliche Blutungskomplikationen wa-ren in beiden Gruppen selten und nichtunterschiedlich (15 Patienten entspre-chend 0,2% in der ASS-Gruppe gegen-über 13 Patienten entsprechend 0,2% inder Placebo-Gruppe). GastrointestinaleBlutungen traten dagegen in der ASS-Gruppe häufiger auf als in der Placebo-Gruppe (182 Patienten in der ASS-Grup-pe gegenüber 122 Patienten in der Place-bo-Gruppe).

Insgesamt verhinderte ASS bei vier von1000 Patienten das Auftreten von tödli-chen pulmonalen Embolien. Demge-genüber stand ein erhöhtes postoperati-ves Blutungsrisiko von 6 Ereignissen pro1000 Patienten, das allerdings durchBluttransfusionen kompensiert werdenkonnte.

Die zweite Studie untersuchte insge-samt 2648 Patienten in 22 Krankenhäu-sern Neuseelands (1332 Patienten ASS,1316 Patienten Placebo), die sich einerelektiven Hüftoperation, und 1440 Pati-enten (715 Patienten ASS, 715 PatientenPlacebo), die sich einer elektiven Knie-operation unterzogen. Die Patienten er-hielten die Therapie präoperativ unddann postoperativ bis zum 35. Tag zu-sätzlich zur Standardmedikation mit

unfraktioniertem und niedrig molekula-rem Heparin.

Innerhalb des Beobachtungszeitraumsvon 35 Tagen zeigte sich weder bei dentödlichen (17 Todesfälle in der ASS-Gruppe gegenüber 22 Todesfällen in derPlacebo-Gruppe) noch bei den nichttöd-lichen vaskulären Ereignissen ein statis-tisch signifikanter Vorteil der ASS-The-rapie gegenüber der Placebo-Therapie(55 Ereignisse in der ASS-Gruppe ge-genüber 61 Ereignissen in der Placebo-Gruppe). Transfusionsbedürftige Blu-tungsepisoden unterschieden sich zwi-schen beiden Gruppen ebenfalls nichtsignifikant (64 Patienten in der ASS-Gruppe gegenüber 75 Patienten in derPlacebo-Gruppe).

Beide Studien zusammengenommen er-geben für alle 17444 randomisierten Pa-tienten eine Risikoreduktion bezüglichpulmonaler Embolie oder tiefer Beinve-nenthrombose von 34%. Daher empfeh-len die Autoren, eine antiaggregatori-sche Therapie mit ASS routinemäßigdurchzuführen. Die Autoren sehen dieErgebnisse ihrer Studie als Bestätigungeiner zuvor durchgeführten Metaanalysean.

Eine protektive Wirkung von ASS zurVermeidung eines Myokardinfarkts,eines zerebralen Insults und anderer vas-kulärer Todesursachen konnte die vor-liegende Studie nicht bestätigen. Die Au-toren weisen darauf hin, dass die statisti-sche Aussagekraft der Studie bezüglichdieser Endpunkte nicht groß genug istund eine größere Anzahl von Patientennotwendig wäre. Ebenfalls geben die Au-toren zu bedenken, dass die Möglichkei-ten einer adäquaten Diagnose in demvorliegenden älteren Patientenkollektiv,das sich häufig auch mit atypischenSymptomen präsentiert, als einge-schränkt zu beurteilen sind.

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22 Arzneiverordnung in der Praxis ~ Ausgabe 4/2000–1/2001

Die Aussagekraft der Studie wäre aller-dings noch stärker, wenn diese Untersu-chungen vom Studiendesign her „blind“durchgeführt worden wären. ZukünftigeStudien sollten auch die Frage klären, obeine Reduktion der ASS-Dosis von 160mg auf 100 mg täglich, wie in der Myo-kardinfarktprophylaxe üblich, wirksamist. Das Blutungsrisiko könnte dann viel-leicht noch weiter reduziert werden.

Literatur

Pulmonary Embolism Prevention (PEP)Trial Collaborative Group: Prevention ofpulmonary embolism and deep veinthrombosis with low dose aspirin: Pul-monary Embolism Prevention (PEP).Lancet 2000; 355: 1295–1302.

Dr. med. Stephanie LäerInstitut für Experimentelle und Klini-sche Pharmakologie und Toxikologie,Abteilung für PharmakologieUniversitätsklinikum Hamburg-Eppen-dorfMartinistr. 52, 20246 Hamburg

FAZIT

Es wird eine routinemäßige Applikati-on von 160 mg ASS pro Tag bei einerVielzahl chirurgischer oder medizini-scher Eingriffe, die mit einem erhöhtenvenös-thromboembolischen Risiko be-haftet sind, empfohlen. Dies bedeutet,dass die ASS-Therapie bereits vor derOperation begonnen wird. Das Blu-tungsrisiko war in dieser Studie er-staunlich gering. Das hier propagierteVorgehen widerspricht der allgemei-nen Praxis in Deutschland, wo ASS 48Stunden vor Wahleingriffen abgesetztwird. Über die Frage, ob bei Notfallein-griffen, die notgedrungen oft unter ASSerfolgen, auffällig häufiger Blutungengesehen werden, herrscht keine ein-heitliche Meinung.

Bisphosphonate beim Myelom

Das multiple Myelom ist charakterisiertdurch osteolytische Skelettdestruktio-nen, die zu erheblichen Schmerzen, Hy-perkalzämie, pathologischen Frakturenund Rückenmarkskompression führenkönnen. Diese klinischen Manifestatio-nen sind nicht nur durch direkte Mye-lommanifestationen im Sinne von foka-len Knochendestruktionen, sondernauch durch eine allgemein angestiegeneosteoporotische Aktivität bedingt. Auchnach erfolgreicher Chemotherapiebleibt das Risiko einer Osteopenie undpathologischer Frakturen bestehen.Durch die Einführung der Bisphospho-nate wurde diese Situation erheblichverbessert.

In einer finnischen Studie mit 336 Mye-lompatienten, die Melphalan und Pred-nison erhielten, konnte durch Clodronat2,4 g/Tag (Bonefos®, Ostac®) das Fort-schreiten von Läsionen von 24 auf 12%signifikant reduziert werden. Das Auftre-ten einer Hyperkalzämie wurde jedochnicht beeinflusst.

In einer Studie des Medical ResearchCouncil mit 536 Myelompatienten ver-minderte Clodronat placebokontrolliertsignifikant die Zahl von Wirbelkörper-frakturen, die Abnahme der Körper-größe und führte zur Halbierung derschweren Hyperkalzämien. Patienten,die zum Zeitpunkt der Diagnose nochkeine Skelettmanifestationen hatten,entwickelten im weiteren Verlauf um40% seltener Frakturen und eine Ab-nahme der Körpergröße.

Mit Pamidronat (Aredia®, nur i.v. ver-fügbar), einem Bisphosphonat der zwei-ten Generation, wurde in einer prospek-tiven Studie mit 392 Patienten einesmultiplen Myeloms der osteoprotektiveEffekt ebenfalls bestätigt.

Zur Zeit laufen Studien mit den Bisphos-phonaten der dritten Generation, Zole-dronat und Ibandronat. Eine abschlie-ßende Beurteilung ist noch nicht mög-lich. Zusätzlich gibt es Hinweise dafür,

dass die Bisphosphonate beim Myelomnicht nur den Skelettstoffwechsel beein-flussen, sondern über eine Induktion derApoptose auch einen direkten Antitu-moreffekt auslösen.

Nach unserem gegenwärtigen Wissens-stand können wir die intravenöse Gabevon Bisphosphonaten für die Behand-lung des multiplen Myeloms bei Patien-ten mit ein oder mehreren Osteolysenund/oder beim Vorliegen einer schwe-ren Osteoporose empfehlen. Der besteZeitpunkt für den Therapiebeginn istnoch nicht klar. Es scheint jedoch sinn-voll zu sein, die Behandlung gleichzeitigmit der Chemotherapie zu beginnen undunbegrenzt fortzusetzen. Selbst beimNachweis neuer Frakturen und andererKonsequenzen der Skelettdestruktionsollte die Behandlung nicht beendetwerden. Die orale Applikation ist weni-ger wirksam, da die Substanzen eineschlechte Resorption aufweisen. In derZukunft wird man die Bisphosphonateder dritten Generation wegen der Mög-lichkeit eines rascheren Einlaufens derInfusion und der damit verminderten In-fusionsdauer bevorzugen.

Literatur

Kyle RA: The Role of Bisphosphonates inMultiple Myeloma. Ann Int Med 2000; 132: 734–736.

Prof. Dr. med. Peter DringsRuprecht-Karls-UniversitätThoraxklinik Heidelberg gGmbHAmalienstraße 5, 69126 Heidelberg

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23Arzneiverordnung in der Praxis ~ Ausgabe 4/2000–1/2001

Virostatikum Oseltamivir bei „Grippe“ in bescheidenem Umfang erfolgreich

In einer großen Multicenterstudiewurde die Wirksamkeit von Oseltamivir,einem Virostatikum (Neuraminidase-In-hibitor, in Deutschland noch nicht zuge-lassen) untersucht. In die Studie wurdenPatienten einbezogen, die innerhalb derletzten 36 Stunden an einer grippeähnli-chen Erkrankung mit mindestens 38°CFieber erkrankt waren. 238 Patienten er-hielten Placebo, 243 je 75 mg Oseltami-vir und 244 Patienten 150 mg Oseltami-vir, jeweils zweimal täglich für insge-samt 5 Tage. Die Erkrankung endete (do-sisabhängig) früher unter Verum alsunter Placebo: die mittlere Krankheits-dauer betrug bei Placebo 117 h, bei 75mg Oseltamivir 87 h und bei 150 mgOseltamivir 82 h.

Ob diese Verkürzung der Krankheits-dauer die sicher nicht billige und nichtimmer optimal vertragene Therapierechtfertigt, bleibt zunächst offen. Be-merkenswert ist aber, dass sich bei diesermehr lästigen als gefährlichen Erkran-kung, die aber für nahezu die Hälfte allerKrankheitstage in den Industrieländern

verantwortlich ist, überhaupt einmal eintherapeutischer Ansatzpunkt abzeich-net. Wir werden die Entwicklung ge-spannt verfolgen. Über Zanamivir beiGrippe hatten wir bereits in AVP 1/2000berichtet und waren zum Schluss ge-kommen, dass die Erkrankung lediglichum einen Tag verkürzt wird und eineGrippeimpfung effektiver und billigerist.

In der vorliegenden Oseltamivir-Arbeitfindet sich folgender, besonders interes-santer Aspekt. Alle Patienten wurden be-züglich Influenza A und B kulturell undserologisch untersucht. Es zeigte sich,dass 66% der Patienten mit „grippeähn-licher Erkrankung“ (klinische Diagno-se) eine echte Influenza A, selten Influ-enza B hatten. Dies erklärt wohl die be-reits belegte Tatsache, dass Grippe-geimpfte den Winter mit weniger „Erkäl-tungskrankheiten“ überstehen alsNichtgeimpfte. Offenbar verbirgt sichunter dem, was wir so pauschal als „Er-kältung“ oder „grippeähnliche Erkran-kung“ subsumieren, doch häufig eine

echte Influenza A. Die Beobachtung soll-te Anlass für den Hausarzt sein, stärkerals bisher auf die Grippeimpfung zudrängen. Jedenfalls wird sie billiger seinals die Behandlung mit dem von Hoff-mann-La Roche hergestellten, bei unsnoch nicht zugelassenen und sicherlichsehr teuren Virostatikum.

Literatur

Nicholson KG, Aoki FY, Osterhaus AD etal.: Efficacy and safety of Oseltamivir intreatment of acute influenza. Lancet2000; 355: 1845–1850.

Prof. Dr. med. Dietrich Höffler, Darm-stadt

FAZIT

Es sollte mehr gegen Grippe geimpftwerden. Die weitere Entwicklung könn-te uns einmal eine wirksame Behand-lung der wegen ihrer volkswirtschaftli-chen Auswirkungen doch nicht unbe-deutenden Krankheit bescheren.

Leptin – eine neue Therapiemöglichkeit bei Adipositas?

Wie bereits in AVP 2/2000 berichtet,scheint das Hormon Leptin Übergewichtund Essverhalten zu beeinflussen. Pati-enten mit genetisch bedingtem Leptin-Mangel sind stark übergewichtig; beiTieren führt die zusätzliche Gabe vonLeptin zur Gewichtsabnahme. Kann re-kombinant hergestelltes, exogen zuge-führtes Leptin zur Gewichtsabnahmebeim Menschen führen? Dieser Fragegingen Autoren aus New York nach (1).

Zwei Gruppen von Patienten wurdenplacebokontrolliert untersucht: Schlan-ke (body mass index: 20–27,5 kg/m2;(n=54)) und Übergewichtige (body massindex: 27,6–36,0 kg/m2; (n=73)). Über vier Wochen wurden beiden Gruppen Placebo oder Leptin in verschiedenenDosierungen einmal täglich subkutanverabreicht. Die Übergewichtigen er-hielten Placebo oder Leptin noch einmalfür weitere 20 Wochen. Die Normge-

wichtigen bekamen eine normokalori-sche Diät, die übergewichtigen Proban-den 500 kcal/die. Primärer Endpunkt derStudie war das Körpergewicht. Unter-sucht wurde densitometrisch auch dieKörperzusammensetzung (Fettanteil).

Ergebnisse: Sowohl bei den Norm- alsauch bei den Übergewichtigen nahmdosisabhängig und eindeutig unter-schiedlich zu Placebo das Körpergewicht

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ab. Diese Gewichtsabnahme beruhte zu95% auf einer Reduktion der Fettmasse.Ähnlich wie bei Übergewichtigen in dertäglichen Praxis des Hausarztes war dieEinhaltung der Diät insbesondere in derlänger behandelten Gruppe (20 Wochen)problematisch.

UAW: geringe Reaktionen am Injekti-onsort, die jedoch nicht zu wesentlichenAbbruchraten führten. Bei 40–70% derbehandelten Patienten kam es zu einerAntikörperbildung gegen Leptin. Diesebeeinträchtigte jedoch nicht die Wir-kung des Leptins oder führte gar zu al-lergischen Reaktionen.

Literatur

1. Heymsfield SB, Greenberg AS, Fu-jioka K et al.: Recombinant leptin forweight loss in obese and lean adults: arandomized, controlled, dose-escalationtrial. JAMA 1999; 282: 1568–1575.

Dr. med. Michael ZieschangCarsonweg 25,64289 Darmstadt

FAZIT

Die Studie war nicht darauf angelegt zuuntersuchen, ob tägliche Leptin-Injek-tionen zur Therapie der Adipositas geeignet sind. Sie führt aber weiter im Verständnis der Entstehung von Adi-positas. Als möglicher Mechanismuswird ein relativer Leptin-Mangel bei„Dicken“ diskutiert. Durch Erhöhungder zentralnervösen Leptin-Spiegelkann dieser Mangel überwunden wer-den; die Patienten nehmen ab. Aus die-sen Erkenntnissen könnte sich die„Spritze gegen Fettsucht“ entwickeln –billig wird das rekombinante Hormonaber nicht sein.

Die Indikation zur Antikoagulation istbei einigen kardialen Embolie-Quellenanerkannt, speziell bei großen Herzwand-aneurysmen, dilatativer Kardiomyopa-thie, mechanischen Herzklappenprothe-sen und nachgewiesenen intrakardialenThromben. Auch bei Patienten mit Vor-hofflimmern ist eine Antikoagulationsinnvoll, wie Hart et al. in ihrer Meta-analyse (16 Studien, 9874 Patienten, Be-obachtungszeit im Mittel 1,7 Jahre) zei-gen.

Der Therapieerfolg auf die Primär-prävention sowie Sekundärpräventionvon Schlaganfällen wurde berücksich-tigt. In den 3 Gruppen wurden jeweilsverglichen:

� Warfarin* (in einem INR-Bereich2,2–3,1) versus Placebo

� ASS (25 mg–1200 mg/d) versusPlacebo

� Warfarin versus ASS.

Schwere Blutungsereignisse wurdenebenfalls in die Auswertung einbezogen,insbesondere auch eine Studie, die auf-grund älterer Patienten und „schärfererAntikoagulation“ ein dreifach höheres

Risiko für intrazerebrale Blutungen imVergleich zu den anderen Studien derMetaanalyse belegte.

Die Publikation von Hart et al. zeigt, dassPatienten mit absoluter Arrhythmie undhohem Risiko (Zustand nach apoplekti-schem Insult oder TIA) am meisten voneiner oralen Antikoagulation mit Warfa-rin profitieren. Im Vergleich zu ASS kön-nen bei 2 schweren Blutungsereignissen48 Schlaganfälle pro Jahr pro 1000 Pa-tienten verhindert werden.

Bei Patienten mit niedrigem Risiko undabsoluter Arrhythmie weist die orale An-tikoagulation im Vergleich zu ASS kei-nen Vorteil auf.

Aus klinischer Sicht sind weitere Studi-en erforderlich, die insbesondere detail-lierter auf die Risikostratifizierung derPatienten eingehen.

*in Deutschland selten angewendet, vergleichbarPhenprocoumon (z.B. Marcumar®)

Antikoagulanzientherapie zur Verhinderung von Schlaganfällenbei Patienten mit Vorhofflimmern

FAZIT

Nach heutigem (begrenztem) Kenntnis-stand bei niedrigem Risiko: ASS; beihohem Risiko (vorausgegangener In-sult oder TIA): orale Antikoagulation mitPhenprocoumon/Warfarin (INR 2,2–3,1).

Literatur

Hart RG, Benavente O, McBride R, Pear-ce LA: Antithrombotic therapy to pre-vent stroke in patients with atrial fibril-lation: a meta-analysis. Ann Intern Med1999; 131: 492–501.

Prof. Dr. med. Ulrich T. SeyfertUniversität des SaarlandesAbt. für Klinische Hämostaseologie,Haus 7566412 Homburg/Saar

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25Arzneiverordnung in der Praxis ~ Ausgabe 4/2000–1/2001

Heeschen et al. berichten über 2000 Pa-tienten mit akutem Koronarsyndrom,bei denen eine Therapie mit Tirofiban(Aggrastat®, Glucoproteinblocker/Throm-bozytenaggregationshemmer, zur i.v.-Applikation) und Heparin durchgeführtwurde und zusätzlich eine Diagnostikmit Troponin I und Troponin T erfolgte.Die Konzentrationen von Troponin wur-den zur Abschätzung des zukünftigenRisikos benutzt, wobei als EndpunkteMortalität, Myokardinfarkt oder rezidi-vierende Ischämie festgelegt wurden.Die sekundären Endpunkte waren eben-falls Mortalität, Myokardinfarkt oder er-neute Ischämie nach 7 oder 30 Tagen.

28% der Patienten hatten erhöhte Tro-ponin I-Konzentrationen und 29% er-höhte Konzentrationen von Troponin T.Die Komplikationen nach 30 Tagen (Tod,Infarkt) waren mit 13% für die Tropo-nin-positiven Patienten im Vergleich zuden Troponin-negativen deutlich er-höht. Tirofiban senkte das Risiko desTodes deutlich um 25%, ebenso die In-farktrate. Eine Beeinflussung bei Tropo-

nin I-negativen Patienten durch Thera-pie konnte nicht beobachtet werden. DieTroponin I- und -T-Bestimmung identi-fizierte somit sehr zuverlässig Hochrisi-kopatienten bei einem akuten Koronar-syndrom, die eindeutig davon profitier-ten. Die Daten wurden aus der bereitspublizierten PRISM-Studie entnom-men.

Literatur

Heeschen C, Hamm CW, Goldmann B etal.: Troponin concentrations for stratifi-cation of patients with acute coronarysyndromes in relation to therapeutic ef-ficacy of tirofiban. PRISM Study Investi-gators. Platelet Receptor Inhibition inIschemic Syndrome Management. Lan-cet 1999; 354; 1757–1762.

Dr. med. T. Steinberg,Prof. Dr. med. H. LöllgenKlinikum RemscheidMed. Klinik, Kardiologie, PneumologieBurger Straße 211, 42859 Remscheid

Troponin-Konzentrationen zur Risikostratifizierung bei Patientenmit akutem Koronarsyndrom unter Tirofiban-Therapie

FAZIT

Es mehren sich überzeugende Daten,wonach die Glucoproteinblocker(GP2B/3A-Rezeptoren-Antagonisten)zu einer deutlichen Senkung der Kom-plikationsrate bei akutem Koronarsyn-drom führen. Die vorliegende Studie istinsofern von größerer Bedeutung, alsmit der Bestimmung von Troponin I oderT möglicherweise eine klare Indikationzur sehr teuren Behandlung mit Gluco-proteinblockern abgeleitet werdenkann. Patienten mit Troponin-positivenErgebnissen profitieren offensichtlichvon einer solchen Therapie, Patientenmit negativen Werten nicht. Nach die-ser und früheren Untersuchungenmuss wohl bei akutem Koronarsyn-drom der Einsatz von Glucoprotein-blockern nicht nur positiv bewertet,sondern bald schon als Standardthera-pie angesehen werden. Die Therapie-kosten sind hoch.

Helicobacter pylori und Nicht-Ulkus-Dyspepsie

Im Rahmen einer Metaanalyse (1) wurdegeprüft, ob eine Beziehung zwischenHelicobacter pylori (Hp) und dem Auf-treten der Nicht-Ulkus-Dyspepsie (sog.Funktionelle Dyspepsie) besteht. Darü-ber hinaus wurde untersucht, ob die Era-dikation von Hp bei Patienten mit Nicht-Ulkus-Dyspepsie zu einer Besserung derSymptome führt.

Es zeigte sich eine geringe, jedoch statis-tisch relevante Assoziation zwischeneiner Infektion mit Hp und dem Auftre-ten einer Nicht-Ulkus-Dyspepsie. Meh-rere Untersuchungen fanden dagegenkeine derartige Korrelation (2). Zur Be-

antwortung der Frage, ob eine Eradikati-onstherapie zum Verschwinden oder zurBesserung der Symptome der Nicht-Ulkus-Dyspepsie führt, konnten nur fünfrandomisierte Studien ausgewertet wer-den. In drei Untersuchungen wurde nureine Einzelsubstanz zur Therapie einge-setzt, und zwei Studien behandelten miteiner Dreifachkombination. Die Analysezeigte, dass eine Eradikation mit einerBesserung der Dyspepsiesymptome ver-bunden war, jedoch stützte sich dieseAussage im Wesentlichen auf die Ergeb-nisse der (bei der Ulkusbehandlungunüblichen) Behandlung mit Einzel-substanzen, wohingegen der Nachweis

für eine Effektivität mit den heute gängi-gen Dreifachkombinationen nicht ge-führt werden konnte.

Etwa ein Drittel der Erwachsenen in denwestlichen Ländern zeigt eine Infektionmit Hp, und die überwiegende Mehrzahldieser Menschen hat keine oder nur ge-ringgradige Symptome. Andererseitswird die Häufigkeit von dyspeptischenBeschwerden mit etwa 25 % angegeben.Die hohe Prävalenz der Infektion mit Hpund die hohe Prävalenz der Nicht-Ulkus-Dyspepsie machen es eher unwahr-scheinlich, dass die Hp-assoziierte Gas-

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26 Arzneiverordnung in der Praxis ~ Ausgabe 4/2000–1/2001

FAZIT

Die Untersuchungen von Jaakkimainenet al. weisen auf eine zwar statistischsignifikante, jedoch geringe Assoziati-on zwischen einer Infektion mit Helico-bacter pylori und einer Nicht-Ulkus-Dyspepsie hin. Ein ausreichender Be-leg für eine Besserung oder ein Ver-schwinden der Symptome nach einerEradikationstherapie konnte in denanalysierten Studien nicht geführt wer-den. Nach Auffassung des Referentenist es somit beim derzeitigen Erkennt-nisstand mit Blick auf Untersuchungenanderer Autoren und die Therapiekos-ten sowie mögliche unerwünschteArzneimittelwirkungen nicht gerecht-fertigt, probatorisch eine Eradika-tionstherapie bei der Nicht-Ulkus-Dys-pepsie durchzuführen. Siehe hierzuauch die aktuellen Therapieempfehlun-gen der AkdÄ zur funktionellen Dys-pepsie.

tritis ursächlich für die Symptome derDyspepsie ist. Eine Infektion mit Hpkann akut durchaus Symptome wieÜbelkeit, Erbrechen und abdominelleBeschwerden verursachen. Bis heutefehlen aber gesicherte Daten darüber, obeine Infektion mit Hp über einen länge-ren Zeitraum Symptome einer Nicht-Ulkus-Dyspepsie auslösen kann. Darü-ber hinaus haben placebokontrollierteStudien mit einer Dreifachtherapiekeine signifikante Besserung der Symp-tome der Nicht-Ulkus-Dyspepsie nachEradikation gezeigt.

Literatur

1. Jaakkimainen RL, Boyle E, Tudiver F:Is Helicobacter pylori associated withnon-ulcer dyspepsia and will eradicationimprove symptoms? A meta-analysis.Brit Med J 1999; 319: 1040–1044.

2. Arzneimittelkommission der deut-schen Ärzteschaft: Empfehlungen zurTherapie bei funktioneller Dyspepsieund Reizdarmsyndrom. AVP 2000, Son-derheft, S. 15 (Lit.st. 8, 9, 13, 16, 23).

Prof. Dr. med. K. H. HoltermüllerMedizinische Klinik IMarkus-KrankenhausWilhelm-Epstein-Straße 2, 60431 Frankfurt/M.

Anmerkung der Redaktion

Von einigen Lesern des Artikels „Heli-cobacter pylori-Infektionen – Wann undwie behandeln“ in AVP 3/2000 wurdenwir darauf hingewiesen, dass die dortwiedergegebene Meinung, bei funk-tioneller Dyspepsie und Helicobacter py-lori-Nachweis sei die Eradikation „rat-sam“, nicht consensus omnium ist.

Daran zweifeln wir nicht, weisen aber da-rauf hin, dass wir lediglich das Ergebniseiner Konsensus-Konferenz wieder-gaben. In den im vergangenen Jahr er-schienenen Therapieempfehlungen derAkdÄ zur funktionellen Dyspepsie undzum Reizdarmsyndrom wird dieseEmpfehlung nicht gegeben.

Vermehrte Verordnung von Opiaten führt nicht zu erhöhtem Drogenmissbrauch

In den USA nimmt – wie bei uns – dieVerordnung von Opiaten erfreulich zu.Amerikanische Autoren machten sichdarüber Gedanken, ob dies zu einem er-höhten Drogenabusus führt. Ihnenstand dazu ein Informationssystem zurVerfügung, an das ungefähr 500 ameri-kanische Akutkrankenhäuser ange-schlossen sind. Diese melden routi-nemäßig Patienten, bei denen Drogen-abusus zur stationären Aufnahme führ-te. Während in der Zeit von 1990 bis 1996die Verordnung von Morphin um 59%,die von Oxycodon um 23% und die vonHydromorphon um 19% und die vonFentanyl um 1168% zunahm, blieb dieZahl der in diesem System gemeldeten

FAZIT

Die ängstliche Zurückhaltung in derVerordnung von Opiaten, die bei unsvielfach noch festzustellen ist, ist nichtgerechtfertigt und führt zu unvertretba-rem Leid bei betroffenen Patienten.

Fälle von Missbrauch gleich. Die verbrei-tete Meinung, dass großzügiges Verord-nen von Opiaten den Drogenabusus för-dert, kann an Hand dieser Daten alsonicht gestützt werden.

Dieses Ergebnis kann auch nicht ver-wundern, da diejenigen Patienten, dieeiner solchen Schmerzbehandlung be-dürfen, meist ältere und krebskranke Patienten sind, die sicher mit ihren Mit-teln nicht „dealen“.

Literatur

Joranson DE et al.: Trends in medical useand abuse of opioid analgesics. JAMA2000; 283: 1710–1714.

Prof. Dr. med. D. Höffler, Darmstadt

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27Arzneiverordnung in der Praxis ~ Ausgabe 4/2000–1/2001

In einer Doppelblindstudie wurde dieWirkung eines inhalierbaren Glukokor-tikoids (2 x 500 µg Fluticason – z. B. Ate-mur®, Flutide® – täglich über 3 Jahre) aufdie Abnahme des Atemstoßes (FEV1) alsHauptzielparameter untersucht. Weite-re Kriterien waren die Häufigkeit vonExazerbationen und die Lebensqualität.In die Studie einbezogen wurden Rau-cher oder Ex-Raucher im Alter von40–75 Jahren (mittleres Lebensalter: 64Jahre) mit ausgeprägter und nur wenigreversibler Atemwegsobstruktion (FEV1nach Bronchodilatation im Mittel 1,4 l).751 Patienten wurden randomisiert, 387haben die Studie abgeschlossen (212 inder Verum-Gruppe, 175 in der Placebo-Gruppe).

Nachfolgend die wichtigsten Ergebnisse: 1. FEV1-Abfall pro Jahr: In der Flutica-

son-Gruppe 50 ml, in der Placebo-Gruppe 59 ml. Die Unterschiede re-sultieren überwiegend aus einer Dif-ferenz in den ersten 3–6 Behand-lungsmonaten (kein FEV1-Verlust inder Verum-Gruppe). Später verlaufendie Kurven parallel.

2. Mittlere Exazerbationshäufigkeit proPatient und Jahr in der Fluticason-Gruppe 0,99, in der Placebo-Gruppe1,32. Ein Rückgang der Exazerbati-onsrate wurde besonders bei den Pa-tienten mit der schlechtesten Lun-genfunktion beobachtet.

3. Verschlechterung des Gesundheits-zustandes in der Fluticason-Gruppeum 2,1 Einheiten pro Jahr, in der Pla-cebo-Gruppe um 3,2 Einheiten proJahr (gemessen mit dem Saint Geor-ge’sRespiratory Questionaire,SGRQ).

Kommentar

Die ISOLDE-Studie ist eine von vierLangzeitstudien, die in den letzten Jah-ren bei Patienten mit chronisch-ob-struktiver Bronchitis (COPD) durchge-führt wurden: Euroscope und Copenha-

gen City Lung Study jeweils über 3 Jahre,Paggiaro et al. über 6 Monate.

Der wichtigste Zielparameter war jeweilsdie Verschlechterung der Lungenfunkti-on, bezogen auf die Abnahme des for-cierten Einsekundenvolumens (FEV1).

Aus diesen Untersuchungen ergebensich folgende Schlussfolgerungen:1. Inhalierbare Glukokortikoide haben

nach einem leichten initialen Effektkeinen Einfluss auf den jährlichenFEV1-Abfall.

2. Bei Patienten mit schwerer Obstruk-tion wird die Häufigkeit infektbeding-ter Exazerbationen etwas vermindert.

3. Die Abnahme der Lebensqualität über3 Jahre (nur gemessen in der ISOL-DE-Studie) ist in der Behandlungs-gruppe etwas geringer.

4. Der jährliche FEV1-Abfall wird nurdurch Aufgabe des Zigarettenrau-chens günstig beeinflusst.

Literatur

Burge PS, Calverley PM, Jones PW et al.:Randomised, double blind, placebo con-trolled study of fluticasone propionate in

Keine eindeutige Indikation für inhalative Corticoide bei chronisch-obstruktiver Bronchitis – die Ergebnisse der ISOLDE*-Studie

FAZIT

Für inhalierbare Glukokortikoide be-steht bei Patienten mit chronisch-ob-struktiver Bronchitis keine eindeutigeIndikation. Eine klare Indikation ist nur bei Asthmagegeben. Da in der Praxis zwischenAsthma und COPD nicht genügend dif-ferenziert wird, werden viele COPD-Pa-tienten (ca. 70%) unnötigerweise mitinhalierbaren Glukokortikoiden behan-delt. Ein Umdenken ist erforderlich.

patients with moderate to severe chronicobstructive pulmonary disease: theISOLDE trial. Brit Med J 2000; 320: 1297–1303.

*Das Akronym ISOLDE steht für „In-haled Steroids in Obstructive Lunge Disease in Europe“.

Prof. Dr. med. Ralf WettengelKarl-Hansen-KlinikFachkrankenhaus für PneumologieAntoniusstraße 19, 33175 Bad Lippspringe

Ondansetron bei Bulimia nervosaDie bisherige Behandlung der Bulimiemit Psychotherapie und Medikamentenist nicht immer erfolgreich. Es wirddaher nach neuen Behandlungsformengesucht.

Ondansetron (Zofran®) ist ein Seroto-nin-5-HT3-Rezeptorantagonist und wirdvorwiegend eingesetzt, um vagal beding-tes Erbrechen bei einer Krebs-Chemo-therapie zu verhindern. In einer Arbeitvon Faris et al. wurden 26 Patientinnenmit Bulimie in einer randomisierten

Doppelblindstudie mit Ondansetron undPlacebo behandelt. Unter Ondansetronkam es im Vergleich zu Placebo zu einersignifikanten Abnahme der Häufigkeitvon Essanfällen und Erbrechen. Außer-dem verringerte sich die Zeit, die die Pa-tientinnen mit bulimischem Verhaltenverbrachten. Die Anzahl der „normalenMahlzeiten“ ohne nachfolgendes Erbre-chen erhöhte sich ebenfalls signifikant.

Wegen des „gutartigen“ Nebenwir-kungsprofils von Ondansetron (z.B. Obs-

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28 Arzneiverordnung in der Praxis ~ Ausgabe 4/2000–1/2001

FAZIT

Im Hinblick auf die insgesamt geringenTherapiemöglichkeiten erscheint beischwersten Fällen von Bulimie ein Ver-such mit Ondansetron (Zofran®) ge-rechtfertigt – wobei die extrem hohenTagestherapiekosten (nicht ganz DM60 bei 2 x 4 mg täglich) nicht unberück-sichtigt bleiben können.

tipation) scheint der Einsatz des Medika-ments eine sinnvolle Therapieoption zusein. Die Autoren führen die Wirkungdes Medikaments auf eine verminderteafferente vagale Aktivität zurück, da dasBeenden einer Mahlzeit und das Auf-kommen eines Sättigungsgefühls vor-wiegend vagal gesteuert werden. Da On-dansetron und andere HT3-Antagonistendie afferente vagale Aktivität vermin-dern, scheint die Besserung auf einerKorrektur der abnormalen vagalen Neu-rotransmission zu beruhen. Zwar könn-te die Ondansetron-Wirkung auch zen-tral bedingt sein, da zentral serotonergwirkende Medikamente, wie z.B. selek-tive Serotoninwiederaufnahmehemmer,auch bei einer Bulimie zu einer Besse-rung führen können. Ondansetrondurchdringt die Bluthirnschranke je-doch nur minimal, sodass eine periphereWirkung wahrscheinlicher ist.

Literatur

Faris PL, Kim SW, Meller WH et al.: Ef-fect of decreasing afferent vagal activitywith ondansetron on symptoms of buli-mia nervosa: a randomised, double-blindtrial. Lancet 2000, 355: 792–797.

Priv. Doz. Dr. med. Borwin BandelowPsychiatrische Klinik der Universität Göttingenvon-Siebold-Str. 5, 37075 Göttingen

Der Einfluss von Alendronat auf die Knochensubstanz in der frühen Menopause

Das Bisphosphonat Alendronat (Fosa-max®) wurde in einer 4-Jahresstudie hin-sichtlich der Vergleichbarkeit mit einerLangzeit-Estrogen-Gestagen-Anwen-dung zur Verhinderung der postme-nopausalen Osteoporose untersucht. Daes sich bei dem Präparat nicht um einHormon handelt, wurden die Fragen-komplexe Mammakarzinom und kardio-vaskuläre Erkrankungen ausgeklam-mert.

Die Knochendichte konnte eindeutiggesteigert werden. Wirbel- und Hüftfrak-turen bei Frauen mit bestehender Osteo-porose wurden um 30–50% reduziert.Eine vierjährige Behandlung war bezüg-lich des postmenopausalen Knochen-substanzverlustes günstiger als einezweijährige. Insgesamt waren relevanteUnterschiede im Vergleich zur klassi-schen Estrogen-Gestagen-Therapie je-doch nicht nachzuweisen, abgesehendavon, dass Kombinationspräparate mitNorethisteron (verglichen mit einer 4Jahre langen Behandlung mit Bisphos-phonat in einer Dosis von 5 mg/die)einen günstigeren Effekt auf die Kno-chendichte hatten, und zwar in allenEtagen des Skelettsystems. Diese Aus-sage wird jedoch im Hinblick auf Unter-schiede in den verschiedenen Hormon-präparaten und dem Milieu, in dem diePatientinnen leben, relativiert.

Literatur

Ravn P et al.: Alendronate and estrogen-progestin in the long-term prevention ofbone loss: four-year results from theearly postmenopausal intervention co-hort study. Ann Int Med 1999; 131:935–942.

Prof. Dr. med. W. Kuhn, Göttingen

FAZIT

Nach der vorliegenden Arbeit sind diehormonelle Therapie und die Therapiemit Bisphosphonaten hinsichtlich ihrerWirksamkeit auf den Knochen ver-gleichbar. Ersteres wäre dann vorzu-ziehen, wenn die durch Estrogen-Ges-tagen-Präparate zu beeinflussendenpostmenopausalen Beschwerden imVordergrund stehen und zugleich einewirksame Osteoporosetherapie bzw. -prophylaxe vorgenommen werdenmuss. Der Kostenvergleich zwischenbeiden Möglichkeiten spricht eindeutigzugunsten der Hormonbehandlung.

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. . . was uns sonst noch auffiel

Candida im Darm - medikamentös behandeln?

29Arzneiverordnung in der Praxis ~ Ausgabe 4/2000–1/2001

Die Diskussion über Candida albicans imDarm begann, als der Amerikaner C. O.Truss 1976 in der Zeitschrift Orthomole-cular Psychiatry einen Artikel über das„Candida-Hypersensitivitäts-Syndrom“veröffentlichte. Er führte von gastroin-testinalen Störungen bis zum Chronic-Fatigue-Syndrom alle möglichen Be-schwerden auf eine Fehlbesiedlung desDarmes mit Candida spp. zurück. Hier-bei soll z. B. der Verabreichung von Anti-biotika, Corticosteroiden, anderen Medi-kamenten und Ovulationshemmernsowie bestimmten Ernährungsfaktorenwie der Einnahme von Nahrungszuckern,Alkohol und Umweltfaktoren (wie z.B.Amalgam) eine entscheidende Bedeu-tung für die Entwicklung einer „intesti-nalen Dysbiose“ zukommen. Die Über-wucherung durch Candida spp. führe zueiner Gas-, Alkohol- und Toxinfreiset-zung und einer „Barriere-Störung“ derDarmwand sowie einer „Beeinflussungdes Immunsystems“. Bereits 1986 nahmdie Amerikanische Akademie für Aller-gologie und lmmunologie zur Frage des„Candida-Hypersensitivitäts-Syndroms“Stellung und lehnte dieses Konzept alsspekulativ ab. In der Folgezeit wurdenmehrere englisch- und deutschsprachi-ge Übersichtsartikel geschrieben, diesich mit der möglichen pathogeneti-schen Bedeutung intestinaler Candida-Besiedlungen befassten, aber nicht allekontrovers diskutierten Aspekte derCandida-Besiedlung im Darm berück-sichtigten.

Wir haben daher die Literatur der letztenJahre gesichtet.

Ist Candida im Darm vonpathogenetischer Bedeutung?1. Eine intestinale Candida-Besiedlung

kommt bei gesunden Erwachsenenhäufig vor und ist erheblichenSchwankungen unterworfen (Präva-lenz: 8–66%).

2. Die erhöhte Prävalenz einer intesti-nalen Candida-Besiedlung unter An-tibiotikatherapie (Prävalenz bis zu100%) spiegelt den unter diesen Be-dingungen vorhandenen selektivenWachstumsvorteil von Hefen gegen-über der bakteriellen Darmflorawider und hat per se keine pathoge-netische Bedeutung.

Kann man Candida im Darm mitMedikamenten oder Diäteliminieren?Eine Eradikation von Candida spp. ausdem Darm ist mit Nystatin oder einersog. „Anti-Pilz-Diät“ nicht möglich,wohl aber eine zumindest temporäre Re-duktion unter die Nachweisgrenze.

Führt Candida im Darm automa-tisch zu Infektionen?

1. Bisher gibt es keinen Beweis für dieExistenz einer intestinalen Candida-lnfektion oder einer Translokationvon Hefen aus dem Darm bei immun-kompetenten Erwachsenen – auchnicht unter Antibiotika-Gabe. Es istjedoch nicht völlig ausgeschlossen,dass eine Candida-assoziierte Diar-rhoe auftritt, die aber durch eine Anti-biotika bedingte Fehlbesiedlung bes-ser erklärt wäre. Die Frage, ob eine in-testinale Candida-Besiedlung für dieEntstehung und Perpetuation einerCandida bedingten Vulvovaginitisverantwortlich sein kann, ist offen.

2. Invasive Candida-lnfektionen sind beiimmunkompetenten Erwachsenenallenfalls ausnahmsweise möglich.

Gibt es ein so genanntesCandida-Hypersensitivitäts-Syndrom?

1. Weder epidemiologische Untersu-chungen noch Behandlungsstudienergeben bisher sichere Hinweise fürdie Existenz des sog.„Candida-Hyper-sensitivitäts-Syndroms“. Nicht aus-zuschließen ist jedoch ein Zusam-menhang zwischen intestinaler Can-dida-Besiedlung und Colon irritabilebei gleichzeitig bestehender IgE-ver-mittelter Typ 1-Sensibilisierung ge-genüber Candida spp. Möglich istaußerdem ein Zusammenhang zwi-schen vaginaler Candidose und einerRhinitis allergica sowie einer Candi-da-Besiedlung der Haut und derma-tologischen Erkrankungen (atopi-sche Dermatitis, Urticaria).

2. Bisher gibt es keine Hinweise darauf,dass Candida

– ein Malabsorptions-/Malassimila-tionssyndrom, eine chologene Di-arrhoe oder endokrinologischeStörungen bewirkt,

– eine „Barrierestörung“ der Darm-wand oder systemisch wirksameMykotoxine verursacht,

– für bestimmte Beschwerden ver-antwortlich ist,

– eine„immunmodulatorische“ Wir-kung hat.

Thomas Zunder (Arzt)Prof. Dr. med. Franz DaschnerKlinik der Albert-Ludwigs-UniversitätInstitut für Umweltmedizin und Kran-kenhaushygieneHugstetter Straße 55, 79106 Freiburg

Für die kritische Durchsicht des Manu-skriptes danken wir Herrn Prof. Dr. med.Ulrich Höffler, Ludwigshafen.

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30 Arzneiverordnung in der Praxis ~ Ausgabe 4/2000–1/2001

ginitis verantwortlich sein kann, ist offen.Eine Eradikation von Candida spp. aus dem Darm ist mit Nystatin o. ä.nicht möglich, wohl aber eine zumin-dest temporäre Reduktion unter dieNachweisgrenze. Über Candida wirdmehr geredet als gewusst.

Viele Gesunde haben Candida im Stuhl.Der Nachweis dieser Hefe berechtigt zu keinerlei diagnostischen oder thera-peutischen Schlussfolgerungen. DieFrage, ob eine intestinale Candida-Be-siedlung für die Entstehung und Perpe-tuation einer Candida bedingten Vulvova-

FAZIT

Durch Thrombopoietin beherrschte Thrombozytopenie als Folgeeiner Carboplatinbehandlung

Die Myelosuppression ist die wichtigstedosislimitierende Begleitwirkung dermeisten Zytostatika. Während die Anä-mie dank der Möglichkeit einer raschenkomplikationslosen Erythrozytensub-stitution und die Granulozytopenie dankdes Einsatzes des GCSF und GMCSF vielvon ihren Gefahren verloren haben,stellt die Thrombozytopenie und diedamit verbundene Blutungsgefahrimmer noch ein ernstes Problem dar. Der Thrombozytenersatz ist aufwendigund kostspielig, der Effekt kurzfristigund bei wiederholter Applikation frag-würdig. Aus diesem Grund wird seitmehreren Jahren an der Entwicklungvon rekombinantem humanem Throm-bopoietin gearbeitet.

In einer Multicenterstudie wurden dieklinische Toleranz und der haemato-poietische Effekt von rekombinantemhumanem Thrombopoietin bei 29 Pati-entinnen geprüft, die wegen gynäkologi-scher Tumoren Carboplatin erhielten.Beim ersten Behandlungszyklus wurdedas Carboplatin allein gegeben, wäh-rend des zweiten Zyklus erhielten die Pa-tientinnen zusätzlich das Thrombopoie-tin. Somit diente der erste Zyklus als in-terne Kontrolle für den zweiten Zyklus.

In der Gruppe der Patientinnen, die dieoptimale biologische Dosis des Throm-bopoietin (0,0012 mg/kg Körperge-wicht) im zweiten Zyklus erhalten hat-

ten, war der durchschnittliche Throm-bozytennadir 44 x 109/Liter signifikanthöher als beim ersten Zyklus (20 x109/Liter). Auch die Dauer der Thrombo-zytopenie war signikant kürzer. Der Be-darf an Thrombozytentransfusionen, derin dieser Studie bei Thrombozytenzah-len unter 20 x 109/Liter angenommenwurde, reduzierte sich von 75% auf 25%.Neutropenie und Anämie wurden durchdas Medikament nicht beeinflusst. Dieklinische Toleranz war insgesamt gut.

In der kritischen Beurteilung ihrer Er-gebnisse weisen die Autoren darauf hin,dass es sich um eine kleine definierteGruppe von Patientinnen unter Carbo-platin-Behandlung gehandelt hat undweitere klinische Studien erforderlichseien. Dieser Aussage ist zuzustimmen.Erstaunlich ist die hohe Zahl an Throm-bozytenkonzentraten bei 75% der Pati-entinnen, die das Carboplatin ohneThrombopoietin erhalten hatten. Diesentspricht nicht unserer klinischen Er-fahrung und ist wohl am ehesten auf diegewählte Patientinnengruppe zurückzu-führen.

Denkbar wäre in der Zukunft der inter-ventionelle Einsatz bei raschem Abfallder Thrombozyten im Verlauf von The-rapien, die potentiell kurativ durchge-führt werden. Man würde auf diese Weisedie sonst notwendige Dosisreduktion desZytostatikums vermeiden können.

Literatur

Vadhan-Raj S, Verschraegen CF, Bueso-Ramos C et al.: Recombinant humanthrombopoietin attennuates carbopla-tin-induced severe thrombocytopeniaand the need for platelet transfusions inpatients with gynecologic cancer. AnnIntern Med 2000; 132: 364–368.

Prof. Dr. med. Peter DringsRuprecht-Karls-UniversitätThoraxklinik Heidelberg gGmbHAmalienstraße 5, 69126 Heidelberg

FAZIT

Die Daten erlauben eine optimistischeEinschätzung, nunmehr auch auf dieThrombozytopenie Einfluss nehmen zukönnen, nachdem bisher schon auf dierote Reihe (Erythropoietin) und dieweiße Reihe (Neupogen®) eingewirktwerden kann. Noch steht rekombinan-tes Thrombopoietin bei uns nicht zurVerfügung. Es dürfte sicher wie alle re-kombinanten Hormone teuer sein,muss aber gegen die sehr teurenThrombozytenkonzentrate aufgerech-net werden.

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31Arzneiverordnung in der Praxis ~ Ausgabe 4/2000–1/2001

In den letzten Jahren geistern Berichtedurch die Presse, durch Umweltfaktorenkönne die männliche Fruchtbarkeit be-einträchtigt sein. Basis für diese Berich-te sind Veröffentlichungen zu einemsäkularen Trend der Verminderung derAnzahl der Spermatozoen im Ejakulat,die in kausalen Zusammenhang mit derVerbreitung von Chemikalien gebrachtwird,weil auch diese einen, allerdings an-steigenden säkularen Trend aufweisen.Da der Arzt in dieser Frage der Umwelt-toxikologie angesprochen wird, hier eineZusammenfassung der Problematik:

Welche Datenbasis ist für eine solcheAussage vorhanden?

1. Es trifft zu, dass in einer Zusammen-fassung von 61 Studien, die zwischen1938 und 1990 veröffentlicht wurden,eine Halbierung der Spermatozoen-konzentration von 113 auf 66 Mio./mldargestellt wurde (1). Diese Darstel-lung blieb jedoch nicht unwiderspro-chen, insbesondere wurde auf die Un-vergleichbarkeit von Ergebnissen ausverschiedenen Studien mit unter-schiedlicher Methodik hingewiesen.Seit dieser Veröffentlichung wurde in mehreren retrospektiven Studiendieser Trend bestätigt (2) oder aberauch nicht gefunden (3), wobei regio-nale Unterschiede unbezweifelt sind.Aus methodischen Gründen wärenDaten aus prospektiven Studien zufordern, da nur eine solche Studieeine klare Aussage zu der Frage „Gibtes einen zeitlichen Trend der Abnah-me der Spermatozoenkonzentrati-on/Spermatozoenqualität?“ ermög-licht. Daten aus derartigen Studienliegen derzeit noch nicht vor.

2. Umwelteinflüsse, die einen negativenEinfluss auf die männliche Fertilitätausüben können, sind vielfältig. Hier-zu zählen: Genussmittel wie Alkohol,Tabak, Rauschgifte, physikalischeFaktoren wie Hitze, ionisierende

Strahlen, Arzneimittel wie Zytostati-ka und letztlich Chemikalien wie Pestizide, Herbizide, Estrogene (z.B.aus Fleisch) etc. Aber auch Stress, wiez.B. durch Erdbeben hervorgerufen,kann, wie in einer Untersuchung inJapan nachgewiesen wurde, zu redu-zierter Motilität der Spermien führen(4). Neuerdings wurde auch die Hy-pothese geäußert, ein in früherenJahrzehnten bestandener Jodmangelkönne damals zu einer erhöhtenSpermienzahl geführt haben. Wegender Jodsupplementierung, die in un-terschiedlichen Regionen zu unter-schiedlichen Zeitpunkten eingeführtwurde, habe dann die Spermienzahlabgenommen. Diese Hypothesewurde mit aktuellen tierexperimen-tellen Daten unterlegtund imZusam-menhang mit historischen epidemio-logischen Daten diskutiert (5). Es istalso schwierig, Chemikalienbelas-tung als den einzigen relevantenGrund für eine mögliche Spermien-zahl-/Spermienqualitätsbeeinflus-sung zu identifizieren.

Literatur

1. Carlsen E, Giwercman A, Keiding, N,Skakkebaek NE: Evidence for decreasingquality of semen during the past 50years. Brit Med J 1992; 305: 609–613.

2. Auger, J, Kunstmann, JM, Czyglik, FC,Jouannet, P: Declince in semen qualityamong fertile men in Paris during thepast 20 years. N Engl J Med 1995; 332:281–285.

3. Saidi, JA, Chang, DT, Goluboff, ET etal.: Declining sperm counts in the UnitedStates? A critical review. J Urol 1999; 161:460–462.

4. Fukuda, M, Fukuda, K, Shimizu, T etal.: Kobe earthquake and reduced spermmotility. Hum Reprod 1996;11:1244–1246.

5. Crissman, JW, Cooke, PS, Hess, RA etal.: Postulated human sperm count dec-line may involve historic elimination ofjuvenile iodine deficiency: a new hypo-thesis with experimental evidence in therat. Toxicological Science 2000; 53: 400–410.

Prof. Dr. med. Ursula Gundert-RemyDr. med. Barbara Heinrich-HirschBundesinstitut für gesundheitlichenVerbraucherschutz und Veterinär-medizinFachbereich ChemikalienbewertungThielallee 88-92, 14195 Berlin

Hat die Spermienqualität abgenommen?

FAZIT

Die vorliegenden Daten erlauben keineabschließende Aussage, es bestündeein Trend zur Abnahme der männlichenFertilität/Spermatozoenkonzentration.Auch wenn diese Abnahme vorhandenwäre, ließe sie sich nach heutigemWissen nicht mit einer zunehmendenBelastung durch Umweltchemikalienverknüpfen. Die vorliegenden Datenlassen aber auch nicht zu, den Trendzur Abnahme der Fertilität/Spermato-zoenkonzentration zu negieren. Sachgerecht geplante epidemiologi-sche Untersuchungen stehen nochaus.

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32 Arzneiverordnung in der Praxis ~ Ausgabe 4/2000–1/2001

Ist es Ihnen nicht auch schon so gegan-gen: Da sitzt auf der anderen Seite desSchreibtisches ein Patient und erzähltIhnen etwas von einer besonderen Be-handlungsmethode, die bei ihm oder beieinem Freund schlagartig eine schwerechronische Krankheit beseitigte, nach-dem bereits alle „schulmedizinischen“Verfahren angewandt wurden und ver-sagt hatten. Nun müssen Sie mit rotenOhren gestehen, dass Sie diese Therapiegar nicht kennen. Sie haben ja im Studi-um und in der Fortbildung (zu Recht)über diese „alternativen“ oder „natürli-chen“ Heilverfahren nichts gelernt.

In dieser Situation hilft:Handbuch Die Andere Medizin. Nutzenund Risiken sanfter Heilmethoden. He-

rausgegeben von der Stiftung Warentest,4. erweiterte Auflage 1996, 383 Seiten,DM 49,00.

Hier finden Sie von Ayurveda bis zyto-plasmatische biomolekulare Therapie –also von A-Z – alles und können sich dannrasch informieren. Die Besprechungender Heilmethoden sind nach einem über-sichtlichen, einheitlichen Schema auf-gebaut, sodass man sich rasch orientie-ren kann. Am Ende wird dann eine Emp-fehlung ausgesprochen, und auch auf dieKosten wird eingegangen. Die Darstel-lung ist erfreulich kritisch und kommtmeist zum Schluss, dass die Behandlungnicht zu empfehlen oder gar abzulehnensei. Dies kann u. U. dem Patienten als Fo-tokopie ausgehändigt werden, und er

Buchbesprechung: Die andere Medizin

FAZIT

Das Buch kann jedem praktisch tätigenArzt als Nachschlagewerk uneinge-schränkt empfohlen werden.

wird so vielleicht vor sinnlosen Geldaus-gaben bewahrt.

Das Buch setzt sich auch sehr kritisch mitden Behandlungsmethoden auseinander,die eine weite Verbreitung gefundenhaben, wie Akupunktur, anthroposophi-sche Medizin und Homöopathie. Hierkommen die Autoren nicht zu einer pau-schalen Ablehnung, was kaum verwun-dern kann. Aber auch hier wird eine kri-tische Sichtweise keineswegs vermisst.

In eigener SacheDeutscher Umweltpreis für Prof. Daschner

Am 15.10. 2000 wurde Herrn Prof. Dr.med. Franz Daschner aus Freiburg, zu-sammen mit dem Auricher Unterneh-mer Aloys Wobben, der Deutsche Um-weltpreis der Deutschen Bundesstiftung„Umwelt“ (Osnabrück) verliehen.

Prof. Daschner, seit vielen Jahren or-dentliches Mitglied der AkdÄ, erhielt denPreis für seine Leistungen im modernenUmweltschutz in Krankenhäusern,Aloys Wobben für sein Engagement aufdem Gebiet der Windenergie.

In der Laudatio hob ein Jury-Mitgliedhervor, Prof. Daschner habe in seinemKlinikum in Freiburg ganzheitliche Lö-sungen umgesetzt, vom Einkauf über dieKüche, die Wäscherei, die Energiever-sorgung, die Reinigungs- und Desinfek-tionsmittel, die Entsorgung von Sonder-müll, den Einsatz von Mehrwegsmate-rialien bis hin zur Kompostierung vonGrünabfällen. Freiburg sei ein Modell fürDeutschland geworden, dem bundesweitheute schon 100 Kliniken nacheiferten.In seinen Dankesworten bedankte sich

Prof. Daschner bei seinem Team undsagte, er hoffe, dass der Preis im deut-schen Gesundheitswesen ein Zeichensetze und sich die weiße zur „grünen“Medizin wandle. Wir freuen uns sehrüber die Ehrung eines unserer Mitglie-der und gratulieren herzlich.

Red. AVP

Vorstand der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft neu gewählt

Am 01.12. 2000 wurde in Köln im Rah-men der diesjährigen Mitgliederver-sammlung der AkdÄ der Vorstand neugewählt. Die Vorstandsmitglieder, Prof.Dr. R. Gugler (Karlsruhe), Dr. Hans Har-jung (Griesheim), Prof. Dr. D. Höffler(Darmstadt), Prof. Dr. B. Müller-Oerling-hausen (Berlin), wurden von der Ver-sammlung bestätigt. Prof. Dr. K. O. Hau-

stein (Erfurt) kandidierte nicht erneut.An seiner Stelle wurde Prof. Dr. W. D.Ludwig (Berlin) in den Vorstand ge-wählt. In der ersten konstituierenden Sitzungdes Vorstandes wurden Prof. Dr. B. Mül-ler-Oerlinghausen als erster Vorsitzen-der und Prof. Dr. D. Höffler als stellver-tretender Vorsitzender bestätigt. Weiter

gehören dem Vorstand der AkdÄ Prof. Dr. W. Brech (1. Vorsitzender KV Süd-württemberg, Reutlingen) als Vertreterder Kassenärztlichen Bundesvereini-gung und Dr. H. Friebel (Präsident derLÄK Sachsen-Anhalt, Magdeburg) alsVertreter der Bundesärztekammer an.

Red. AVP