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AM PULS Ausgabe 03 DAS MAGAZIN WENN MASCHINEN LERNEN Von Horst Nussbaumer, Chief Claims Officer, Zurich Gruppe Deutschland TREND D as Ersetzen menschlicher Arbeit durch Computer- programme ist längst auch in der Versicherungs- wirtschaft ein Thema. Täglich werden mehr Daten produziert, als strukturiert und ausgewertet werden kön- nen. Für herkömmliche Systeme sind diese ungenutzten Informationen unsichtbar, sie gehen verloren. Kognitive Computer bieten die Chance, Prognosemodelle auf Basis umfangreicher Datenanalysen zu schaffen und, ähnlich wie ein menschliches Gehirn, daraus zu lernen. Neben der Qualität der Dienstleistungen und der fortzuführenden Betrugsbekämpfung gehört die Digitalisierung zu den wichtigs- ten Triebfedern, wenn es um die Trends im Schadenmanagement von Versicherungen geht. Einerseits wünschen sich Kunden, ihre Schadenmeldungen per Smartphone übermitteln oder den Be- arbeitungsstatus des gemeldeten Schadenfalls jederzeit online verfolgen zu können. Andererseits können Versicherer die immer schnellere Verarbeitung von immer mehr Daten – wie auch das gleichzeitige Herausfiltern der richtigen Information – heute nur noch unter Anwendung moderner Technologien bewältigen. >> weiter auf S. 02 S.02 TREND WENN MASCHINEN LERNEN S.04 ZUM THEMA PREDICTIVE MODELLING IM PERSONENSCHADEN S.05 IM GESPRÄCH AKTUAR UND MSK-GESCHÄFTS- FÜHRER ONNEN SIEMS MÄRZ 2017

Ausgabe 03 MÄRZ 2017 AM PULS - actineo.de€¦ · Methoden – etwa zur Vorhersage der Schmerzensgeldhöhe oder der Dauer der Arbeitsunfähigkeit – noch viel mehr erkennen und

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Page 1: Ausgabe 03 MÄRZ 2017 AM PULS - actineo.de€¦ · Methoden – etwa zur Vorhersage der Schmerzensgeldhöhe oder der Dauer der Arbeitsunfähigkeit – noch viel mehr erkennen und

AM PULSAusgabe 03

D A S M A G A Z I N

WENN MASCHINEN LERNENVon Horst Nussbaumer, Chief Claims Officer, Zurich Gruppe Deutschland

TREND

Das Ersetzen menschlicher Arbeit durch Computer-

programme ist längst auch in der Versicherungs-

wirtschaft ein Thema. Täglich werden mehr Daten

produziert, als strukturiert und ausgewertet werden kön-

nen. Für herkömmliche Systeme sind diese ungenutzten

Informationen unsichtbar, sie gehen verloren. Kognitive

Computer bieten die Chance, Prognosemodelle auf Basis

umfangreicher Datenanalysen zu schaffen und, ähnlich wie

ein menschliches Gehirn, daraus zu lernen.

Neben der Qualität der Dienstleistungen und der fortzuführenden Betrugsbekämpfung gehört die Digitalisierung zu den wichtigs-ten Triebfedern, wenn es um die Trends im Schadenmanagement von Versicherungen geht. Einerseits wünschen sich Kunden, ihre Schadenmeldungen per Smartphone übermitteln oder den Be-arbeitungsstatus des gemeldeten Schadenfalls jederzeit online verfolgen zu können. Andererseits können Versicherer die immer schnellere Verarbeitung von immer mehr Daten – wie auch das gleichzeitige Herausfiltern der richtigen Information – heute nur noch unter Anwendung moderner Technologien bewältigen.

>> weiter auf S. 02

S.02 TREND WENN MASCHINEN LERNEN

S.04 ZUM THEMA PREDICTIVE MODELLING IM PERSONENSCHADEN

S.05 IM GESPRÄCH AKTUAR UND MSK-GESCHÄFTS-FÜHRER ONNEN SIEMS

MÄRZ 2017

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Ausgabe 03 AM PULS DAS ACTINEO MAGAZIN

Zwar haben Aktuare und Statistiker immer schon his-torische Daten nach Mustern durchsucht, die dabei helfen, künftige Schäden zu prog-nostizieren. Mit künstlicher Intelligenz können jedoch Einblicke in Bereiche ge-schaffen werden, bei denen traditionelle Methoden ver-sagen. So haben intelligente Maschinen mithilfe von Algo-

rithmen die Fähigkeit, schnell große Mengen von Daten zu analysie-ren – und dies genau und konsistent.

Algorithmen als Schlüssel

Der „Global Risk Report 2017“ des World Economic Forum, zu dessen Erstellung die Zurich Insurance Group maßgeblich beigetragen hat, stellt fest, dass die Minimierung der Risiken in Zusammenhang mit der vierten industriellen Revolution („Industrie 4.0“) und den damit verbundenen Anwendungen von künstlicher Intelligenz zu den wichtigsten aktuellen Fragen der Versicherungsbranche gehört. Für den Bereich der Assekuranz ergeben sich aus dieser Rich-tung der Digitalisierung ganz neue versicherungstechnische Auf-gaben, etwa rund um selbstfahrende Autos oder die sogenannte „Sharing Economy“. In der Kundenbetreuung bieten lernende Sys-teme den Versicherern neue Möglichkeiten wie beispielsweise die-jenige, allgemeine Anfragen durch intelligente Chat-Routinen zu

bearbeiten. Doch auch in den Bereichen Tarifoptimierung, Schaden-management, Marketing und Prävention sehen Experten deutliches Optimierungspotenzial durch künstliche Intelligenz. Wichtige Herausforderungen wie Risikokalkulation oder Betrugserkennung lassen sich mit Predictive Modelling, also mit mathematisch- statistischen Vorhersagemodellen, valider, schneller und effizienter bewältigen. Voraussetzung für eine möglichst hohe Wahrschein-lichkeit getroffener Prognosen mittels Predictive Modelling in der Versicherungsbranche ist jedoch eine ausreichende Datenlage und ihre punktgenaue Auswertung.

Steigerung der Produktivität

Zurich hat mit einer Reihe von Projekten die Abläufe im Schaden- management vereinfacht und verbessert, um damit den neuen Bedürfnissen der Kunden zu entsprechen. So sollen beispiels-weise bis 2019 insgesamt 40 Prozent aller Schadenfälle voll-ständig automatisch abgewickelt werden, gegenwärtig sind es etwa 20 Prozent. In den nächsten zwei Jahren werden außer-dem in allen Hauptmärkten digitale Angebote und Self-Service- Funktionen im Bereich des Schadenmanagements lanciert. In Deutschland verwendet das Unternehmen automatisierte Tech-nologien, um Routineabläufe im Bereich von Motorfahrzeug- Schadenfällen effizienter abzuwickeln. Bereits heute werden hier jährlich etwa 40.000 Glasschadenmeldungen mit intelli-genter Software bearbeitet. Dies führt zu einer signifikanten Steigerung der Produktivität und zu einer deutlichen Reduktion der Schadenbearbeitungsdauer. In Großbritannien wiederum kommt das Prinzip der kognitiven Automatisierung zum Einsatz,

um die Bearbeitung von medizinischen Schadenfällen zu verbes-sern: Medizinische Berichte werden dort automatisch ausge-wertet, was zu einer erheblichen Reduzierung der Bearbeitungs-zeit sowie höheren Qualität und Genauigkeit der Auswertungen geführt hat. Darüber hinaus können Zurich-Unternehmens-kunden eigene individuelle Assessments ihrer Risiken durch-führen, und zwar über eine intuitive iPad-App. Dabei erhalten sie konkrete Tipps zur Minimierung ihrer Risiken.

Emotionale Intelligenz bleibt gefragt

Künstliche Intelligenz kann und wird in der Versicherungsbranche fraglos die Arbeitsprozesse und den Markt verändern. Doch heute und auch zukünftig wird emotionale Intelligenz benötigt, um Kunden professionell und einfühlsam zu beraten. Gerade bei Angeboten wie Lebens- oder Unfallversicherungen sind menschliches Fingerspitzengefühl und die richtige Einschätzung eines Vermitt-lers gefragt. So können vor allem strategische Entscheidungen und die Pflege dauerhafter guter Kundenbeziehungen durch eine Maschine auch auf lange Sicht nicht ersetzt werden. ///

EDITORIAL Liebe Leserinnen, liebe Leser,die Zukunft gehört denjenigen, die bei der Digitalisierung die Nase vorn haben. In diesem Bereich ist Predictive Modelling aktuell eines der wichtigsten Schlag-wörter und ein weiterer Schritt in Richtung künstliche Intelligenz – auch in der Versicherungsbranche. Die KPMG-Studie „Mit Daten Werte schaffen“ aus dem Jahr 2016 ergab: Beim Thema Big Data bekunden Versicherer im Branchen-vergleich zwar das größte Interesse, allerdings verwenden nur 26 Prozent der befragten Versicherer fortgeschrittene Datenanalysen. Damit gehören Versicherungsunternehmen im Branchenvergleich zu den Spitzenreitern; das Potenzial ist damit jedoch bei weitem nicht ausgeschöpft. Dabei sind besonders zukunftsorientierte Prognosemodelle unerlässlich, um künftige Entwicklungen am Markt antizipieren und rechtzeitig agieren zu können. Verändertes Kundenverhalten und rasanter technologischer Fortschritt bei gleichzeitiger Niedrigzinsphase stellen alle Marktteilnehmer vor große

Herausforderungen. Es gilt, die anstehenden Aufgaben als Chance zu ver-stehen und in die richtige Richtung zu führen. Die aktuelle Ausgabe des ACTINEO-Kundenmagazins AM PULS zeigt, wie wichtig Predictive Modelling für die Versicherungsbranche ist, welches Potenzial Automatisierungs-prozesse gepaart mit der menschlichen Komponente in Zukunft haben und was das für den Personenschaden bedeutet.

Viel Spaß beim Lesen!Ihr

Olav Skowronnek

Horst Nussbaumer ist Chief Claims Officer bei der Zurich Gruppe Deutschland. Er verantwortet das Schadenmanagement des Versicherers und treibt in dieser Funktion unterschiedliche Digitalisierungsmaßnahmen kontinuierlich und mit Hochdruck voran. So setzt er bereits heute in standardisierten Bereichen des Schadenmanagements auf Robotertechnik und begleitet die um-fangreiche Transformation des Versicherers hin zu einer komplett neuen IT-Versicherungsplattform.

WENN MASCHINEN

LERNEN

MÄRZ 2017

TREND

>> Fortsetzung von S. 01

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0203

Ausgabe 03 AM PULS DAS ACTINEO MAGAZIN

Neben Dr. Michael Miller, Leiter medizinische Produktinnovation bei

ACTINEO, ist Boris Magdanz als Team-leiter künftig für den Bereich Rechnungs-

prüfung zuständig. Der 38-Jährige kann auf eine zehnjährige Tätigkeit in der Behand-

lung von traumatischen Unfallfolgen zurückblicken und bringt diese Kompetenz nun ins Team Rechnungsprüfung ein. „Ich freue mich sehr auf die Herausforderung, ein starkes Team in einem wachsenden Geschäftsbereich zu führen“, erklärt Boris Magdanz. „Neue Wege zu finden, um die Qualität der Rechnungsprüfung zu sichern, Prozesse zu verbessern und unsere Leistungen mit dem bestmöglichen Ergebnis für unsere Kunden zu steigern, steht dabei für mich an erster Stelle.“ Rechnungsprüfungen von ACTINEO zeigen, dass fast jede dritte Forderung der Sozialversicherungsträger beanstandet

werden kann und im SVT-Regress nachhaltige Einsparungen von insgesamt etwa zehn Prozent der ursprünglichen Forderungen möglich sind. ///

Grundvoraussetzungen für die faire und effiziente Regulierung eines Personenschadens sind nicht nur die zuverlässige Infor-mationsbeschaffung und eine gesicherte Abbildung der Daten, sondern auch die Erstellung fundierter Abschlussgutachten etwa zur Feststellung des Invaliditätsgrades. Die Sparkassen- Versicherung Sachsen setzt bei der Gutachtenerstellung jetzt auf die Unterstützung durch ACTINEO und hat diese Leistung zum Jahresbeginn in den Regelbetrieb übernommen. Zuvor hatte die zuständige Abteilung des Unternehmens das Modul ausgiebig auf Herz und Nieren geprüft.

Äußerst zufrieden

Die Schadensachbearbeiter des regionalen Versicherers lie-fern nun aussagekräftige Unterlagen – vor allem aus der bild-gebenden Diagnostik – über die Webakte an ACTINEO, wo ein

interdisziplinär arbeitendes Team unter der Leitung von Prof. Dr. med. Harald Meier ein Gutachten erstellt. „Wir sind mit den Ergebnissen der Testphase äußerst zufrieden. Die Gutachten von Prof. Meier sind sehr gut begründet und absolut nachvoll-ziehbar“, so Ulfhild Margraf, Abteilungsleiterin des Bereichs Schaden/Recht – Personenschaden bei der Sparkassen-Ver-sicherung Sachsen. „Die Zusammenarbeit mit ACTINEO im Bereich Gutachten vereinfacht die Schadenabwicklung er-heblich und verringert die gutachterlichen Kosten. Auch un-sere Kunden profitieren: Die Abwicklung eines Unfallscha-dens wird wesentlich vereinfacht und Geschädigte erhalten zügiger ihre Entschädigung.“ ///

Team Rechnungsprüfung nimmt Fahrt aufAnfang 2017 hat Boris Magdanz die Teamleitung der Rechnungsprüfung bei ACTINEO

übernommen. Der gelernte Physiotherapeut und Osteopath steht damit einem

wichtigen Servicebereich vor, mit dem ACTINEO-Kunden die Kosteneffizienz bei den

Sozialversicherungsträger-Regressen maßgeblich steigern können.

Zusammenarbeit ausgeweitetGetestet und für gut befunden! Nach einer intensiven Pilotphase hat die Sparkassen-Versicherung Sachsen jetzt auch

die Erstellung von Gutachten für die Invaliditätseinschätzung nach Unfallschäden in die Hände von ACTINEO gelegt.

Bereits seit 2012 ist der Personenschaden-Spezialist für die Beschaffung von Arztberichten im Bereich Unfall des

regionalen öffentlich-rechtlichen Versicherers zuständig.

Chancen erkennen und nutzen Von Lars Klußmeyer

Die allumfassende Digitalisierung der Versicherungsbranche schreitet voran: In den kommenden fünf Jahren werden im Kompositbereich rund 1,7 Mrd. Euro in die Digitalisierung der Prozesse investiert. Das ist ein Ergebnis der „Digital-Operations- Studie" 2016 des Beratungshauses EY Innovalue. Die Studie zeigt außerdem, dass Potenziale im Schadenmanagement bisher weitgehend ungenutzt geblieben sind: Obwohl jeweils mehr als 75 Prozent der befragten Unternehmen der Automatisierung der Schadenprüfung, Deckungsprüfung und Prüfung von Gutachten sowie von Rechnungen für die Zukunft eine hohe Re-levanz beimessen, sei eine baldige Umsetzung in vielen Fällen ungewiss. Ein abgesehen von der Prämienfindung noch relativ unbe-spieltes Feld der Digitalisierung für die Unfall- und Schadenver-sicherung insbesondere im Personenschaden ist das Predictive Modelling. Mit ihm lassen sich nicht nur Prozesse digitalisieren und das Schadenmanagement effizient gestalten, sondern auch die Reserveführung besser steuern. Doch gerade kleine Versi-cherer haben häufig nicht die richtigen Voraussetzungen für die Entwicklung von robusten Vorhersagemodellen. Entsprechend liegt ihre Selbsteinschätzung in Bezug auf Digitalisierungsthemen rund ein Viertel unterhalb jener von größeren Versicherern – auch das ist ein wichtiges Ergebnis der Studie. Bis 2020 stre-ben kleine Versicherungen dafür deutlich größere Umsetzungs-schritte als der Marktdurchschnitt an.

Digitalisierte Prozesse können auch im Personenschaden zu hohen Effizienzsteigerungen führen. Aus diesem Grund müssen Versicherer die Chancen des Predictive Modelling und ähnlicher Methoden – etwa zur Vorhersage der Schmerzensgeldhöhe oder der Dauer der Arbeitsunfähigkeit – noch viel mehr erkennen und nutzen: Dafür sind nicht nur einige Investitionen und ein gewis-ser Veränderungswille nötig, sondern unter Umständen auch der richtige Dienstleister, der die entsprechenden Rahmenbe- dingungen schaffen kann. ///

Lars Klußmeyer ist der Leiter Business Development und Mitglied der Geschäftsleitung der ACTINEO GmbH.

INSIDE

Zur PersonBoris Magdanz machte seinen Abschluss als staatlich geprüfter Physiotherapeut am Präha Bildungszentrum in Kerpen. Weitere Ausbildungsstationen waren die Hogeschool Zuyd im nieder-ländischen Heerlen und das Institut für angewandte Osteopathie in Neuss. Nach seinem Bachelorabschluss in Physiotherapie arbeitete er zunächst zehn Jahre in einer physiotherapeutischen Praxis in Köln, bis er 2015 schließlich seinen Weg zum Spezialisten für effizientes Personenschadenmanagement fand. In seiner Freizeit klettert Boris Magdanz gerne, surft und fährt Rennrad. Außerdem spielt und baut er mit Leidenschaft Gitarren und Ukulelen.

WENN MASCHINEN

LERNEN

AKTUELL

MÄRZ 2017

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PREDICTIVE

IM PERSONENSCHADEN

Sie finden in der Klimaforschung und in der Preis-

gestaltung von Handelsunternehmen ebenso An-

wendung wie bei der Vorhersage von Straftaten oder

Stromlasten: Prognosemodelle auf der Basis umfangreicher

Datenanalysen, auch Predictive Modelling genannt.

ACTINEO übernimmt im Personenschaden eine Vorreiter-

rolle und macht dieses Verfahren zum wichtigen Baustein

künftiger Leistungen. Dabei arbeiten die Personenscha-

den-Spezialisten mit den Aktuaren Meyerthole Siems Kohl-

russ zusammen.

Das Prinzip des Predictive Modelling ist in der Versicherungsbranche nicht neu. Die Entwick-lung von Prognosemodellen auf der Basis strukturierter Daten wird im Pricing, also bei der Tarifierung, von den Versicherern schon immer als Kernkompetenz betrieben. Die Digitalisierung mit ihrer Möglichkeit, große Datenmengen zu erfassen und zu analysieren, treibt die Entwicklung jedoch stetig voran. Mehr und mehr bedient sich daher auch der Schaden mathema-tisch-statistischer Methoden, um bestehende Datenbestände nicht nur für die Beschreibung von Ist-Zuständen, sondern auch für die Vorhersage von Entwicklungen zu nutzen. Im Personen-schaden lassen sich durch Predictive Modelling ebenfalls wichtige Erkenntnisse gewinnen. Wohl alle Versicherer sehen die potenziellen Chancen des Predictive Modelling. Häufig steht jedoch die spärliche Datenlage der Umsetzung im Weg. Für diese Versicherer erzeugen Dienst-leister wie ACTINEO die nötigen Datenstrukturen und System-voraussetzungen, um die Chancen von Big Data überhaupt nutzen zu können. Schon jetzt bietet ACTINEO seinen Kunden die strukturierte Erfassung und medizinische Codierung sowie die anonymisierte und datenschutzkonforme Auswertung ihrer Per-sonenschadendaten an. Im Ergebnis lassen sich der Ablauf und Aufwand bei der Regulierung besser steuern, die Risikoprüfung und Reserveführung auf eine valide Grundlage stellen und weiter-gehende Aussagen über künftige Schadenfälle treffen – bei kleinen Personenschäden ebenso wie im Großschadenbereich.

Pilot: Schmerzensgeldhöhe

Um den Bereich Predictive Modelling als Serviceleistung auszu-bauen und zur Optimierung eigener Prozesse zu nutzen, arbeitet ACTINEO mit dem aktuariellen Beratungsunternehmen Meyerthole Siems Kohlruss in Köln zusammen (s. auch IM GESPRÄCH auf Seite 5). Die renommierten Versicherungsmathematiker aus Köln haben zunächst ein Modell zur Vorhersage der Schmerzensgeldzah-lung erstellt. Grundlage sind von Kunden zweckgebunden freige- gebene und von ACTINEO gelieferte ICD-10-codierte Personen-

schadendaten aus historischen Fällen. Ein Probe-lauf in diesem Bereich liegt aus zweierlei Gründen nahe: Die erforderliche Datenlage für einen sta-tistischen Ansatz ist vorhanden und die Relevanz der Schmerzensgeldeinschätzung für eine schnelle und faire Regulierung ist gerade im Mengenscha-den groß. Neben der Kennzahl des tatsächlich gezahlten Schmerzensgelds liefert ACTINEO zahlreiche weitere Datenfelder pro Personenschadenfall an Meyerthole

Siems Kohlruss, die als möglicherweise relevante Kriterien in das Modell zur Ermittlung der angemessenen Höhe des Schmerzens-gelds mit einfließen.

Vorteile der Prozessautomatisierung

Nach der Datenpflege entwickelt Meyerthole Siems Kohlruss

auf Basis der Ergebnisse multivariater Analysen einen Algorith-mus für das Schmerzensgeldmodell, der im nächsten Schritt bei ACTINEO systemtechnisch in die jeweiligen Kundenprozesse implementiert werden kann. Auf dieser Basis bekommt der Schadensachbearbeiter der Versicherung einzelfallbezogen ein angemessenes Schmerzensgeld ausgewiesen und erhält so neben den bestehenden unternehmensbezogenen Vorgaben eine weitere wertvolle Unterstützung bei der Schadenregulie-rung, die den durchschnittlichen Marktwert der Konsensent-scheidungen abbildet. Auch die interne Workflowsteuerung bei ACTINEO profitiert von der durch Predictive Modelling entstehenden Datenverede-

lung: Die Personenschaden-Spezialisten können zum Beispiel aus modellierten Daten direkt die sogenannte fiktive Arbeits-unfähigkeit von Nichterwerbstätigen ableiten. Dies macht die bisher notwendige medizinische Einschätzung in vielen Fällen überflüssig – analog zur Ermittlung der Schmerzensgeldhöhe, bei der perspektivisch ein Großteil der juristischen Prüfungen durch standardisierte Prozesse wegfallen könnte.

Künftige Entwicklungen

Im Ausblick sind die Methoden und der Nutzen des Predictive

Modelling theoretisch für alle Regulierungspositionen im Per- sonenschaden denkbar: vom Schmerzensgeld über Heilbehand-lungskosten bis hin zu Haushaltsführungsschäden, Erwerbs- schäden etc. Letztlich hat auch der Geschädigte von einer durch Modelle standardisierten Regulierung deutliche Vorteile: Er kann sicher sein, dass der Versicherer mit einem einheitlichen, markt-gerechten Maßstab rechnet und er eine faire Behandlung erfährt. Predictive Modelling transformiert also Arbeitsvorgänge in der Schadenregulierung wie die Schmerzensgeldeinschätzung von einem erfahrungsbasierten zu einem evidenzbasierten und automatisierten Prozess. Dies ist zukunftsweisend: Experten sind sich einig, dass die Digitalisierung der Prozesse auch in der Versi-cherungswirtschaft unaufhaltsam voranschreitet. In absehbarer Zeit wird die sogenannte Dunkelverarbeitung, bei der Vorgänge nach Eingabe der Daten komplett automatisiert – bildlich ge-sprochen „im Dunkeln“ – ablaufen, zunehmend Einzug halten, im Personenschaden vor allem bei den kleinen Mengenschäden. Im Falle des Schmerzensgeldes würden die durch ACTINEO geliefer-ten relevanten Schadendaten den Prozess bis zur automatischen Zahlungsvorbelegung anstoßen. ///

ZUM THEMA

Ausgabe 03 AM PULS DAS ACTINEO MAGAZIN

MODELLING

Wohl alle Versicherer sehen die potenziellen

Chancen des Predictive Modelling.

MÄRZ 2017

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ACTINEO nutzt künftig Verfahren des Predictive Mo-

delling zur Optimierung von Serviceleistungen und

internen Prozessen. Dazu kooperieren die Personen-

schaden-Spezialisten mit dem aktuariellen Beratungs-

unternehmen Meyerthole Siems Kohlruss. Im Gespräch

verrät Geschäftsführer Onnen Siems, wo datenbasierte

Vorhersagemodelle eingesetzt werden können – und ob

sie auch bei Fußballwetten erfolgreich sind.

AM PULS: Herr Siems, was macht ein Aktuar?

Onnen Siems: Aktuare sind Versicherungsmathematiker und ursprünglich in der Lebensversicherung zu Hause. In der Schaden- und Unfallversicherung ist das aktuarielle, statistische Denken noch relativ neu. Meyerthole Siems Kohlruss als aktuarielles Beratungsunternehmen ist wiederum ein Kind der Deregulierung des Versicherungsmarktes Mitte der 1990er Jahre. Wir sind für Erst- und Rückversicherer sowie für Wirtschaftsprüfungsgesell-schaften, aber auch für Captives und Corporates tätig.

AM PULS: Sie erstellen für Ihre Kunden unter anderem Prognose-modelle auf der Basis umfangreicher Datenanalysen, etwa für die Schadenvorhersage bei Unwettern. Wo betreibt die Versiche-rungsbranche noch Predictive Modelling?

Onnen Siems: Das Thema ist im Versicherungsbetrieb ja tra-ditionell fest verankert: Jede Prämienfindung beruht auf Vorhersagemodellen. Neu sind neben der Ausweitung mathe-matisch-statistischer Methoden auf den Schadenbereich die großen Datenmengen sowie der Trend zur Digitalisierung und Automatisierung mit aktuariellem Know-how. Predictive Model-ling liefert den Grundstein dafür, dass Risiken automatisch ver-zeichnet werden – unabhängig von der Erfahrung und Expertise des einzelnen Versicherungsmitarbeiters.

AM PULS: Welche Anwendungsmöglichkeiten gibt es im Perso-nenschaden?

Onnen Siems: Unsere Zusammenarbeit mit ACTINEO beim Pre-dictive Modelling setzt bei der Schmerzensgeldhöhe an und soll mit wachsender Datengrundlage sukzessive erweitert werden (s. ZUM THEMA, Seite 4). Grundsätzlich sind datengetriebene Vorhersagemodelle für alle Schadenkomponenten denkbar – von den Behandlungs- bis zu den Rechtsanwaltskosten. Große Relevanz, auch in Bezug auf die Kosteneinsparung, sehe ich bei teuren Komponenten wie den Rehakosten, beim Verdienstausfall und bei Krankenhauskosten, die sich inflationär entwickelt haben.

AM PULS: Welchen Rat geben Sie Ihren Kunden in Bezug auf die Möglichkeiten von Big Data?

Onnen Siems: Data first! Daten sollten angeschaut, nicht nur abgespeichert werden. Für eine valide Prognose muss man sich, so sagen wir immer, die Finger schmutzig machen und saubere Daten schaffen. Allein die Datenaufbereitung nimmt 50 Prozent der Arbeit bei Meyerthole Siems Kohlruss in Anspruch – unter Beach-tung aller datenschutzrechtlichen Bestimmungen natürlich.

AM PULS: In die Zukunft geschaut: Welche Entwicklungen sind im Predictive Modelling in den nächsten fünf Jahren zu erwarten?

Onnen Siems: Die sogenannte Dunkelverarbeitung, also vollstän-dig automatisiert ablaufende Vorgänge, wird künftig ganz oben auf der Agenda stehen. Das Projekt von ACTINEO und Meyerthole Siems Kohlruss ist ein Mosaiksteinchen in der allumgreifenden Prozessautomatisierung in der Schadenbearbeitung. Für die Ver-sicherer wird es darum gehen, Kostenvorteile zu gewinnen, die die Wettbewerbsfähigkeit erhöhen. Die Versicherungsnehmer wiede- rum können sich über günstigere Preise freuen.

AM PULS: Eine ganz andere Frage: Wie tippt ein Aktuar bei einer Fußballmeisterschaft?

Onnen Siems: Auch im Fußball kann man natürlich aussagekräf-tige Daten sammeln, matchen und Predictive Models erstellen; ei-nige Nerds bei uns im Büro machen das sogar. Ich persönlich tippe lieber aus dem Bauch heraus, liege in der Ergebnistabelle aber immer ganz unten.

IM GESPRÄCHBEST PRACTICE

Erfolgreiches Zusammenspiel

Mehrere spezialisierte Teams bei ACTINEO begleiten

und unterstützen Key-Account-Kunden im gesam-

ten Schadenmanagementprozess. Jedes von ihnen

sorgt für einen reibungslosen Ablauf bei der Bearbeitung von

Schadenfällen des jeweiligen Versicherers. Doch wie arbei-

tet ein solches Kundenteam eigentlich? AM PULS wirft einen

Blick hinter die Kulissen.

Viele Versicherer gehören seit Jahren zum festen Kundenstamm von ACTINEO und nehmen inzwischen – auch spartenübergrei-fend – mehrere Produkte und Services des Personenschaden- Spezialisten in Anspruch. Mit speziell für sie zusammengestell-ten Kundenteams leistet ACTINEO für diese Key-Account-Kunden medizinisch kompetente Unterstützung bei der Schadenregu-lierung. „Effizientes Personenschadenmanagement beginnt mit der schnellen Informationsbeschaffung“, erklärt Teamleiterin Simone Müller stellvertretend für ihre Teamleitungskollegen und -kolleginnen. Zusammen mit ihrer zwölfköpfigen Mannschaft – überwiegend Mitarbeiter aus dem medizinischen und kaufmän-nischen Bereich – sorgt sie dafür, dass für die Kunden in ihrem Zuständigkeitsbereich alle relevanten Arzt- und Krankenhaus-berichte eingehen.

Garantierte Laufzeitbearbeitung

Außerdem ist das Team für die Kosten-

übernahmeerklärungen zuständig und über-

nimmt die Gebührenver- handlungen mit Arztpraxen

und Kliniken. „Alle für die Schadenregulierung notwen-

digen Informationen werden strukturiert und medizinisch

codiert aufbereitet, natürlich unter Einhaltung aller datenschutzrecht-

lichen Bestimmungen“, erläutert Simone Müller. Bis zu 1.500 Belege pro Monat und Key-Account gehen über die Schreibtische des Teams – mit einem garantierten Servicelevel von durchschnitt-lich 15 Tagen für 80 Prozent aller Vorgänge und durchschnittlich 25 Tagen für 100 Prozent aller Vorgänge. Neben einem schnellen Belegmanagement erhalten die Schadenbearbeiter außerdem über das webbasierte Infoboard den tagesaktuellen Stand jedes Personenschadenfalls sowie viele organisatorische und medi-zinische Zusatzinformationen. „Die Zusammenarbeit mit den einzelnen Versicherern verläuft in der Regel reibungslos und unkompliziert“, fasst Simone Müller zusammen. „Dank der jahre-langen Kundenbeziehung, festen Ansprechpartnern auf beiden Seiten und einem optimierten Workflow werden die bestmögli-chen Voraussetzungen für die Bearbeitung eines Schadenfalls geschaffen – mit klarem Kostenvorteil und Prozessbeschleuni-gung für den Kunden.“ ///

Ausgabe 03 AM PULS DAS ACTINEO MAGAZIN

0405

„Data first!“

MODELLINGONNEN SIEMS

Onnen Siems ist Diplom-Mathematiker und geschäftsführender Gesellschafter von Meyerthole Siems Kohlruss. Seine Spe-zialgebiete dort sind Tarifierung, Datenpools, Software und Naturgefahrenmodelle. Meyerthole Siems Kohlruss wurde 1998 in Köln als erste deutsche aktuarielle Beratungsgesellschaft gegründet und begleitet Versicherungsunternehmen bei strategischen Ent-scheidungen und operativen Prozessen. www.aktuare.de

MÄRZ 2017

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Ausgabe 03 AM PULS DAS ACTINEO MAGAZIN

GASTBEITRAG

Daten unter Verschluss

PARTNER

Bestens vernetzt

ACTINEO arbeitet mit einem interdisziplinären

Netzwerk von Fachärzten zusammen, um sei-

nen Kunden das bestmögliche medizinische

Know-how rund um das Thema Personenschaden zu

bieten. Dr. Rokya Camara ist als Ärztin für Kinder- und

Jugendheilkunde für die Personenschadenbegutach-

tung im pädiatrischen Bereich zuständig. AM PULS

stellt die Medizinerin vor.

Ist die Erkrankung des Frühchens angeboren oder auf einen Behandlungsfehler zurückzuführen? Hat die berechnete Behandlung des Kleinkinds wirklich einen direkten Unfall-bezug? Seit Anfang 2016 beantwortet Dr. Rokya Camara bei ACTINEO solche und ähnliche Fragen rund um das Thema Personenschaden bei Kindern. Die Fachärztin für Kinder- und Jugendheilkunde hat an der Universität Duisburg-Essen stu-diert und am Universitätsklinikum Essen ihre Facharztaus-bildung absolviert. Zwei Jahre arbeitete Dr. Rokya Camara in Asien und Afrika und versorgte dort neben Touristen auch die einheimische Bevölkerung medizinisch. Seit 2014 ist sie hauptberuflich in der Neonatologie des Uniklinikums Bonn tätig und beschäftigt sich dort schwerpunktmäßig mit der Versorgung kranker Neu- und Frühgeborener.

Fehlern auf die Spur kommen

„Bei ACTINEO habe ich eine beratende Funktion; das ist sehr abwechslungsreich und eine ideale Ergänzung zu meiner hauptberuflichen Tätigkeit in der Klinik“, erklärt Dr. Rokya Camara. Neben der fachspezifischen Beratung der ACTINEO- Teams verfasst sie aktenkritische Stellungnahmen im Bereich Heilwesen und überprüft SVT-Regressforderungen im Be-reich Rechnungsprüfung. Die medizinische Expertin kontrolliert die von den Versicherern eingereichten Dokumente fallbe- zogen und systematisch auf die Kriterien Kausalität, medi- zinische Notwendigkeit der aufgeführten Leistungen und Ein-haltung allgemeiner Therapiestandards und von Leitlinien. „Meine Aufgabe ist es, Fehlern bei der Abrechnung auf die Spur zu kommen und ungerechtfertigte Kosten einzusparen“. So garantiert das medizinische Wissen der 42-Jährigen eine fachlich fundierte Evaluation der Forderungen, zum Beispiel hinsichtlich der standardmäßigen Behandlung von Unfallver-letzungen oder des regelhaften Verlaufs von Heilprozessen. ///

Bei der Regulierung von Personenschäden kommt es not-

wendigerweise zu einer Bewertung gesundheitlicher Daten.

Die Versicherungswirtschaft ist sich hier ihrer hohen Verant-

wortung bewusst und hat mit dem Code of Conduct und ab-

gestimmten Einwilligungsformularen ein praktikables und

funktionierendes Instrument geschaffen, um den individuellen

Schutz von Gesundheitsdaten zu gewährleisten.

Von Rechtsanwalt Heinz Otto Höher,

Partner bei BLD Bach Langheid Dallmayr

Die ärztliche Schweigepflicht beruht auf dem verfassungsrecht-lich geschützten Gut des Rechts auf informationelle Selbst-bestimmung. Sie ist daher auch nach § 203 StGB strafbewehrt. Ärzte, aber auch Mitarbeiter der privaten Personenversicherung können strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden, wenn sie unbefugt ein anvertrautes, zum persönlichen Lebensbereich gehörendes Geheimnis offenbaren. Auch wenn viele Personen mit ihren Gesundheitsdaten sehr locker umgehen, hat die ärzt-liche Schweigepflicht weiterhin ihre Berechtigung. Der Patient vertraut sich dem Arzt an und hat ein Recht darauf, dass eine Weitergabe ohne seine Zustimmung nicht erfolgt. Ohnehin ist der digitale Fingerabdruck, den wir durch unkontrollierbare Da-tensammlungen erhalten, an denen wir uns durch die Benutzung von Facebook und ähnlichen Dienstleistern selbst beteiligen, schon sehr groß. Die Gesundheitsdaten gehören jedem persön-lich, und das ist ein in Art. 1 und Art. 2 GG verbrieftes Recht.

Stärkung der Vertrauensbasis

Der individuelle Schutz bei Gesundheitsdaten war auch Thema des Arbeitskreises V auf dem Verkehrsgerichtstag 2017. In der Diskussion kristallisierte sich heraus, dass die bisher von der Versicherungswirtschaft verwendeten Formulierungen der Schweigepflichtentbindungserklärungen weitgehend ausreichend und praktikabel sind. Es wurde daher nur die Empfehlung ausge-sprochen, hierüber vertrauensvoll noch einmal eine Abstimmung der Gremien der Versicherungswirtschaft und der Anwaltschaft herbeizuführen. Dies ist zu begrüßen, da dies der Stärkung einer für die Personenschadenregulierung notwendigen Vertrauens-basis dient. Dienstleister, die in die Regulierung von Personenschäden ein-gebunden sind, haben auch die besonderen Anforderungen zu beachten, welche zur Wahrung der ärztlichen Schweigepflicht notwendig sind. Wer seinen Arzt von der Schweigepflicht ent-bindet, damit sein Personenschaden reguliert oder eine Perso-nenversicherung abgeschlossen werden kann, muss sich darauf verlassen können, dass auch die Dienstleister seine Rechte wah-ren. Dies beginnt schon mit den Anforderungen an eine sichere Datenübermittlung über verschlüsselte E-Mail-Kontakte und der datenschutzkonformen Aufbewahrung von Daten. Nur professio-nelle Dienstleister mit einem entsprechenden Erfahrungsschatz und der Bereitschaft zu ständiger Innovation können dies leisten.

Aus meiner anwaltlichen Erfahrung in der Bearbeitung von Personenschäden kann ich bestätigen, dass bekannte Reha-bilitationsdienstleister wie ACTINEO diesen besonderen Anfor-derungen gerecht werden. Größere Probleme bestehen eher in der Anwaltschaft, wo trotz des Bewusstseins der besonderen anwaltlichen Schweigepflicht gerade die hohen Anforderungen an eine sichere Aufbewahrung und Übertragung von Daten häufig nicht ausreichend Beachtung finden. Auch dies sollte in den vom Verkehrsgerichtstag angeregten Gesprächen zwischen der Versi- cherungswirtschaft und der Anwaltschaft zur Sprache kommen.

Verweigerung der Schweigepflichtentbindung

Die Regulierung eines Personenschadens kommt ohne die Be-wertung gesundheitlicher Daten nicht aus. Bei kleineren Schäden kann es probat sein, den Angaben des Geschädigten zu vertrau-en, ohne umfassende Gesundheitsdaten zu erheben. Dies ist bei umfangreicheren Schäden nicht möglich, da in diesem Fall auch weitere Leistungsträger eingebunden sind. Jedem Geschädigten steht es frei, ob er seine Ärzte von der Schweigepflicht entbindet. Die Verweigerung der Entbindung bedarf auch keiner Begründung. Die Konsequenz kann dann aber sein, dass der Schadenumfang nicht aufzuklären ist. Nach § 286 ZPO obliegt dem Geschädigten der sogenannte Strengbeweis, dass eine körperliche Beein-trächtigung mit Krankheitswert vorliegt und diese dem Versi-cherungsfall zuzurechnen ist. Gelingt dieser Beweis ganz oder teilweise nicht ohne ärztliche Berichte, die der Geschädigte vorenthalten möchte, kann er seinen Anspruch nicht beweisen, sodass die Forderungen nicht vollständig oder gar nicht ausge-glichen werden können. Einige Diskussionen gab es zu einem häufig falsch verstandenen Urteil des OLG Düsseldorf vom 5. März 2013 (NZV 2014, 85). Hier-nach besteht zutreffend kein abstrakter Anspruch des Schadenver-sicherers auf eine Entbindung des Krankenversicherers von seiner Schweigepflicht, um ein Vorerkrankungsverzeichnis herauszufor-dern. Dies bedeutet aber nicht, dass bei der Benennung konkreter Umstände die Vorlage eines solchen Verzeichnisses zur Aufklärung des Sachverhalts nicht sinnvoll sein kann. Erfolgt die Vorlage dann nicht, ist es eine Frage der Beweiswürdigung, wie dies zu werten ist. Entsprechendes gilt bei der Vorlage von Arztberichten. ///

DR. ROKYA CAMARA

HEINZ OTTO HÖHER

MÄRZ 2017

Page 7: Ausgabe 03 MÄRZ 2017 AM PULS - actineo.de€¦ · Methoden – etwa zur Vorhersage der Schmerzensgeldhöhe oder der Dauer der Arbeitsunfähigkeit – noch viel mehr erkennen und

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Das IDM-Prinzip ®

Die Personenschaden-SpezialistenACTINEO ist ein unabhängiger, auf Personenschadenmanagement spezialisierter Dienstleister. Seit seiner Gründung 2009 hat sich das Unternehmen zum Marktführer für effiziente und ganzheitli-che Lösungen im Personenschadenmanagement entwickelt und ist heute ein stark wachsender Player mit derzeit 100 Mitarbeitern. Im Auftrag von Versicherungen leistet das Kölner Unterneh-men medizinisch kompetente Unterstützung im gesamten Scha-denmanagementprozess, damit Personenschäden schnell und angemessen reguliert werden können. Die Kernkompetenzen von ACTINEO fußen auf dem IDM-Prinzip®, das die Bereiche Informati-onsbeschaffung (ACTIVEINFO), Schadenmanagement auf fundier-ter Datenbasis (ACTIVEDATA) sowie medizinische Begutachtung und (Risiko-)Bewertung (ACTIVEMED) umfasst (s. Grafik rechts). Durch eine frühzeitige Falltransparenz können bei Bedarf die richtigen medizinischen Weichen gestellt und so die Krankheits-kosten und Krankheitsfolgekosten minimiert werden. Die Vorteile des ACTINEO-Systems: Transparenz in allen Segmenten des Per-sonenschadens, Qualitäts- und Effizienzsteigerung, Arbeitserleich-terung und erhebliche Verbesserung der Wirtschaftlichkeit. Seinen Kunden stellt ACTINEO zudem mit einem eigens entwickelten, EDV-gestützten Expertensystem umfangreiche Controlling-Daten zur Verfügung – die Basis für eine gezielte Steuerung von Perso-nenschäden in allen Segmenten. Im Jahr 2016 hat ACTINEO von der ServiceValue GmbH das Gütesiegel „Servicestarker Schadendienstleister 2016“ erhalten. Die Aus-zeichnung bestätigt, dass der Personenschaden-Spezialist seinen Anspruch, den Kunden stets in den Mittelpunkt zu stellen, kontinuierlich Mehrwerte zu erzeugen und ein verlässlicher Partner zu sein, erfolgreich umsetzt.

Weitere Informationen unter www.actineo.de

Ausgabe 03 AM PULS DAS ACTINEO MAGAZIN

0607

ÜBER ACTINEOUNTERWEGS

Auch in diesem Jahr präsentiert ACTINEO auf dem Messe-kongress „Schadenmanagement & Assistance“ am 28./29. März 2017 in Leipzig seine Leistungen als unabhängiger Dienstleister bei der Personenschadenregulierung. ACTINEO-Geschäftsführer Olav Skowronnek referiert am 28. März um 15.30 Uhr im Fachforum Personenschaden-management (Saal GRÜN) zum Thema SVT-Regresse. Am Stand (Congress Center Leipzig, Ebene 0, Stand 77) informiert er gemeinsam mit den Geschäftsleitungskollegen Verena Klumb und Lars Klußmeyer sowie mit Dr. Michael Miller, Leiter medizinische Produktinnovation bei ACTINEO, rund um das Thema effizientes Personenschadenmanagement. ///

ACTINEO bietet auch am neuen Firmensitz in der

Mannesmannstraße 5 in Köln Top-Services und -Produkte.

Termine 2017

MESSE LEIPZIG 28.-29.03.2017

FACHTAGUNG ASSECURANZ 28.09.2017

Save the date! Trends, Entwicklungen und Best Practice im Personenschadenmanagement stehen auch 2017 wieder auf der Tagesordnung der Fachtagung Assecuranz in Köln. ACTINEO lädt am 28. September 2017 zum sechsten Mal gemeinsam mit den Partnern e-consult und rehacare zum Informations- und Erfahrungsaustausch in den ROTONDA Business Club ein. Das Programm wird in den Sommermonaten unter www.actineo.de veröffentlicht. ///

MÄRZ 2017

Page 8: Ausgabe 03 MÄRZ 2017 AM PULS - actineo.de€¦ · Methoden – etwa zur Vorhersage der Schmerzensgeldhöhe oder der Dauer der Arbeitsunfähigkeit – noch viel mehr erkennen und

ACTINEO bündelt für seine Kunden die wichtigsten Daten

zu jedem Personenschadenfall in einem webbasier-

ten, tagesaktuellen Infoboard. Ab sofort kann dort

nun auch der Stand der Rechnungsprüfung im Rahmen der

SVT-Regresse abgerufen werden.

Mit dem Infoboard stellt ACTINEO den Versicherern ein digitales Portal für effizientes, datengetriebenes Schadenmanagement zur Verfügung. Jetzt ganz neu: Ab sofort kann der aktuelle Stand der Rechnungsprüfung eingesehen werden. Hat ein Versiche-rer das Modul gebucht, können befugte Schadensachbearbeiter über ihren Browser fallbezogene Details dazu abrufen. Neben der Chronologie der Bearbeitung inklusive Einwands-behandlung können die aktuellen Einsparungen auf Wunsch auch differenziert nach Kategorien wie Krankenhauskosten oder Medikamente abgelesen werden. Außerdem kann der für den Fall zuständige Schadensachbearbeiter von der ACTINEO-Emp-fehlung abweichende Zahlungen rückmelden. ///

Um seine Kunden bei der Steuerung im Personen-

schaden noch besser zu unterstützen, baut ACTINEO

die medizinischen Zusatzinformationen für Scha-

denbearbeiter weiter aus. Seit Januar verbindet der Perso-

nenschaden-Spezialist ICD-10-Diagnosen mit sogenannten

Weller-Keys.

Die Träger der gesetzlichen Unfallversicherungen arbeiten mit der sogenannten Weller-Tabelle, die die Steuerung und Quali-tätssicherung des Heilverfahrens nach Unfällen datenbasiert optimiert. Auf Basis der bekannten Unfalldiagnosen nach ICD-10

ordnet ACTINEO dem Schadenfall den dem Verletzungsmuster ent-sprechenden Weller-Key zu. Dies erleichtert dem Schadensach-bearbeiter den Zugriff auf prog-nostische Einschätzungen des Heilverfahrens, etwa der Be-handlungsmethoden, der Phy-siotherapie, des Heilverlaufs, der Komplikationsrisiken und der Ausfallzeiten. ///

IMPRESSUM

Herausgeber: ACTINEO GmbH

Mannesmannstraße 5 · 50996 Köln

Telefon +49 (0)2236 48 003 100

Telefax +49 (0)2236 48 003 111

[email protected]

www.actineo.de

Verantwortlich für den Inhalt:

Verena Klumb, Olav Skowronnek (V.i.S.d.P.),

ACTINEO GmbH

Text und Redaktion:

Kathrin Melzer, ACTINEO GmbH/Juliane Geller (Leitung),

Andreas Tenhafen, Pronomen GmbH & Co. KG, Köln

Gestaltung: markenmut AG, Trier

Cartoon: Mario Lars, www.farbfiguren.de

Lektorat: Claudia Lange, korrektopia.de

Druck: W+S Druck und Medien, Siegburg

PORTFOLIO

COMPOSIT

Neu: Rechnungsprüfung im Infoboard

Verknüpfung von ICD und WellerHeilverfahren optimal steuern

Cartoon

SMARTE MASCHINEN von Ulrich Eberl, Carl Hanser Verlag, 2016. 24 Euro

Sie kochen und kellnern, malen und musizieren, denken und debattieren: Die Maschinen sind erwacht und ver-ändern jetzt schon nahezu all unsere Lebensbereiche. Manche übertreffen uns Menschen sogar bereits: Sie stellen bessere Diagnosen als Ärzte, beherrschen unzählige Fremdsprachen und erkennen technische Probleme, noch bevor sie überhaupt auftreten. Doch wohin führt das? Sind intelligente Roboter und Computer ein Segen für die Menschheit oder eine Gefahr für die Privatsphäre, Arbeitsplätze und die Sicherheit? Der Wissen-schaftsjournalist, Industriephysiker und Zukunftsforscher Ulrich Eberl hat in Labors und Firmen auf der ganzen Welt recherchiert und schildert die faszinierende Entwicklung auf dem Gebiet der künstlichen Intelligenz. Dabei traf er Roboter, die neugierig lernen wie Kinder, Maschinen, die hilfsbereit und emotional sind, und Android-Damen, in die man sich verlieben kann. ///

Ausgabe 03 AM PULS DAS ACTINEO MAGAZIN

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MÄRZ 2017