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Ausgleichsanspruch eines Tankstellenpächters nach HVertrG und "Handelsvertreterprivileg" nach Art 81 EGV

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9/212 und wohl auch 3 Ob 389/25 = SZ 7/176 ausgegan-gen waren.

6.3. Das in Wahrheit einzige Argument fuÈ r die voneinem Teil der Rsp und Lehre vorgenommene teleologi-sche Reduktion der in § 13 AO nach seinem Wortlaut ge-nerell angeordneten Grundbuchssperre nur auf die nach§ 10 Abs 1 AO unzulaÈssigen Eintragungen besteht imHinweis auf die unterschiedlichen Auswirkungen der Er-oÈffnung des betreffenden Insolvenzverfahrens auf dieVerfuÈ gungsfaÈhigkeit des Schuldners (§§ 1, 3 KO bzw § 8AO; vgl dazu auch Schubert in Konecny/Schubert § 3 KORz 1). TatsaÈchlich kann aber genau dieser Gesichtspunktder Regelung des § 13 KO jedenfalls nicht entscheidendzugrunde liegen, weil diese ja gerade nicht auf den Zeit-punkt der rechtsgeschaÈ ftlichen ErklaÈrung des Gemein-schuldners, sondern ausschlieûlich auf den Zeitpunktder Einbringung des Grundbuchsgesuchs abstellt. DieGrundbuchssperre nach § 13 KO gilt ja auch dann, wennder die Eintragungsgrundlage bildende Vertrag laÈngstvor EroÈffnung des Konkursverfahrens abgeschlossen (er-richtet) worden war, also zu einer Zeit zu der der spaÈ tereGemeinschuldner noch nicht gem §§ 1 Abs 1, 3 Abs 1 KOin seiner VerfuÈ gungsfaÈhigkeit beschraÈnkt war (vgl dazudie Judikaturnachweise unter Punkt 3.).

6.4. Nun laÈsst sich ± nach dessen Wortlaut und syste-matischer Stellung ± der Zweck des § 13 KO wohl zwang-los darin erkennen, nach EroÈffnung des Insolvenzverfah-rens eine (nachtraÈgliche) Besicherung einzelner GlaÈubi-ger zu verhindern und insoweit deren Gleichbehandlungzu sichern. Warum diese Gesichtspunkte nicht auch imAusgleichsverfahren wesentliche und den Zwecken die-ses Verfahrens dienliche Aspekte der Grundbuchssperredes § 13 AO sein koÈnnen, ist nicht ersichtlich. Soweitdie grundbuÈ cherliche Schaffung von Absonderungsrech-ten nach EroÈffnung des Ausgleichsverfahrens zum Zwe-cke der FortfuÈ hrung des Unternehmens angezeigt seinsollte, ist fuÈ r diese MoÈglichkeit ohnehin gesetzlich Vor-sorge getroffen (§§ 8 Abs 2, 10 Abs 4 AO).

Nach Ansicht des erkennenden Senats liegen daherinsgesamt keine tragenden GruÈ nde vor, die eine vom kla-ren Wortlaut des § 13 AO abweichende, diesen auf rich-terliche Absonderungsrechte (§ 10 Abs 1 AO) einschraÈn-kende Auslegung rechtfertigen koÈnnten. Da die Antrag-stellerin ihr Begehren nach Pfandrechtseinverleibungerst nach Beginn der Wirkungen des Ausgleichsverfah-rens uÈ berreicht hat und dafuÈ r keinen vor diesem Zeit-punkt gelegenen Rang in Anspruch nehmen kann, warihr Gesuch gestuÈ tzt auf § 13 AO abzuweisen. Dem gegendie rechtsrichtige Entscheidung des RekG erhobenen Re-visionsrekurs war demnach der Erfolg zu versagen.

Arbeits- und Sozialgerichtssachen

Ausgleichsanspruch eines TankstellenpaÈchtersnach HVertrG und ¹Handelsvertreterprivileg``nach Art 81 EGV

DOI 10.1007/s00503-010-1894-0

§ 1298 ABGB; §§ 22, 24 HVertrG 1993; Art 81 EGV:Ein Ausgleichsanspruch (§ 24 HVertrG 1993) gebuÈ hrt

dem Handelsvertreter (hier: TankstellenpaÈchter) nur,wenn der Unternehmer das VertragsverhaÈ ltnis nicht we-gen eines schuldhaften, einen wichtigen Grund nach § 22HVertrG 1993 darstellenden Verhaltens des Handelsver-treters gekuÈ ndigt hat. Verletzt der TankstellenpaÈchter in-folge Nichtzahlung der geschuldeten ErloÈsanteile seinezentrale Vertragspflicht, hat der Unternehmer im Verfah-ren um die Ausgleichszahlung die Tatsache der Vertrags-verletzung zu behaupten und zu beweisen, wobei das er-

wiesene vertragswidrige Verhalten des TankstellenpaÈch-ters dessen Verschulden indiziert. Nach § 1298 ABGBist es dann Sache des klagenden PaÈchters, sein mangeln-des Verschulden unter Beweis zu stellen.

TraÈgt der TankstellenpaÈchter die Risken, die mit demAbsatz der Waren und den marktspezifischen Investitio-nen verbunden sind, nur zu einem geringen Teil, schadetes fuÈ r die Annahme des Vorliegens eines echten Handels-vertretervertrags (iSd Art 81 EGV) auch nicht, dass ihndie Aufwendungen fuÈ r GeschaÈftsraÈumlichkeiten undPersonal treffen. Er steht dann dem VerpaÈchter nichtals Unternehmer iSd Art 81 EGV gegenuÈ ber, sodass diedort normierten Verbote auf die Vertragsbeziehung nichtanzuwenden sind.

OGH 16. 11. 2009, 9 ObA 59/09f (OLG Linz 24. 2. 2009, 11 Ra 95/08g; LGSalzburg 15. Mai 2008, 16 Cga 96/07a)

Der Kl war aufgrund eines mit der O. Aktiengesellschaftabgeschlossenen Tankstellen-Pachtvertrags ab 1. 11. 2001mit der selbstaÈndigen FuÈ hrung des Tankstellenunterneh-mens in X., betraut. Die Bekl ist Gesamtrechtsnachfolge-rin der O. Aktiengesellschaft. Der Kl war fuÈ r die Beklbzw deren RechtsvorgaÈngerin als Handelsvertreter (Ver-kauf von Treibstoffen und Folgemarktprodukten bzw-dienstleistungen) taÈ tig. Daneben betrieb er auch einenTankstellenshop und fuÈ hrte ein WaschgeschaÈ ft.

Der am 16./30. 10. 2001 geschlossene Tankstellen-pachtvertrag hat folgenden wesentlichen Inhalt:

¹I. Verpachtung der Tankstelle(...)2.) Vertragszweck, Betriebspflicht des PaÈchters, Verbot

der UÈ berlassung an Dritte:Der PaÈchter soll, ohne zur persoÈnlichen Dienstleistung

verpflichtet und ohne mit der ZufuÈ hrung von Kundenbetraut zu sein, die Tankstelle als selbstaÈndiger Unter-nehmer eigenverantwortlich als Selbstbedienungsanlagebetreiben. Der Verkauf von Treibstoffen, OfenheizoÈlund Schmierstoffen erfolgt ausschlieûlich im Agentur-verhaÈ ltnis, demnach im Namen und fuÈ r Rechnung derO. Verwandte MineraloÈlerzeugnisse (wie BremsfluÈ ssig-keit) aus dem Angebot der O. werden vom PaÈchter als Ei-genhaÈndler, demnach im eigenen Namen und fuÈ r eigeneRechnung vertrieben. Gleiches gilt auch fuÈ r Pflegemittel,SpezialitaÈ ten und Shop-Artikel, welche der PaÈchter zurWahrung eines einheitlichen Warensortiments an derTankstelle der O. fuÈ hren soll und bei den von ihr empfoh-lenen Lieferanten beziehen kann, sowie auch fuÈ r Dienst-leistungen, wie Wagenpflege, OÈ lwechsel etc. Der PaÈchterwird die Tankstelle waÈhrend der zulaÈssigen Betriebszei-ten offenhalten und sachgerecht mit entsprechendemPersonal betreiben sowie die Interessen der O. nach be-sten KraÈften wahrnehmen und alles unterlassen, wasdem Ansehen der O. und der von ihr verwendeten Mar-ken sowie den bei ihren Tankstellen gefuÈ hrten Warennachteilig sein kann. Betriebsurlaube und Sperrtage duÈ r-fen nur mit Zustimmung der VerpaÈchterin festgelegt wer-den. Diese stimmt bis auf weiteres einer EinschraÈnkungder TankstellenoÈffnungszeit wie folgt zu: 06:00±22:00Uhr. Der PaÈchter hat jedoch gesetzliche Verkaufsbe-schraÈnkungen durch OÈ ffnungszeitenbestimmungen be-treffend Waren, welche nicht zu den Kleinhandelsneben-rechten des Tankstellengewerbes gemaÈû § 279 Abs 2GewO 1994 gehoÈren, sowie bei gastronomischen Leistun-gen die gesetzlich oder behoÈrdlich angeordneten Sperr-zeiten und jedenfalls allfaÈ llige behoÈrdliche Betriebszei-tenregelungen, insb fuÈ r Wasch- und ServicetaÈ tigkeiten,zu beachten.

(...)3.) Vertragsdauer und vorzeitige VertragsaufloÈsung:3.1. Dieser Vertrag wird auf unbestimmte Zeit abge-

schlossen und kann vom PaÈchter oder der O. unter Ein-

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haltung einer KuÈ ndigungsfrist von 3 Monaten zu jedemJahresquartalsende (31. 03., 30. 06., 30. 09. und 31. 12.)mittels eingeschriebenen Briefes aufgekuÈ ndigt werden.Ab dem Beginn des 4. Vertragsjahres verlaÈngert sich dieKuÈ ndigungsfrist auf 6 Monate. KuÈ ndigungstermin ist je-doch jeweils der Letzte eines Kalendermonats.

3.2. Die O. ist jederzeit zur fristlosen AufloÈsung desVertrages berechtigt, wenn

(...)3.2.2. der PaÈchter eine Zahlungs- oder Sicherstellungs-

verpflichtung aus diesem Vertrag oder anderen VertraÈgenmit der VerpaÈchterin nicht einhaÈ lt;

3.2.3. der PaÈchter gegen die Verpflichtung zur ord-nungsgemaÈûen FuÈ hrung der Tankstelle oder zur Wahr-ung der Interessen der VerpaÈchterin verstoÈût;

(...)3.2.7. der PaÈchter seine VertrauenswuÈ rdigkeit verliert,

insbesondere bei strafgerichtlicher Verurteilung oderwiederholten VerwaltungsuÈ bertretungen;

(...)4. Pachtzins:4.1. Der PaÈchter hat fuÈ r TankstellennettoumsaÈ tze, das

sind vom Kunden vereinnahmte Entgelte abzuÈ glichMWSt., ausgenommen UmsaÈtze mit jenen Waren, dieder PaÈchter direkt von O. bezieht, einen umsatzabhaÈngi-gen Monatspachtzins wie folgt zu entrichten:ShopumsaÈ tze 10 % vom Umsatz,Lose (Brief-, Rubbellose und dgl) 2 % vom Umsatz,WaschgeschaÈ ft 15 % vom Umsatz,GastronomieumsaÈ tze 14 % vom Umsatz,Tabakwaren, soferne diese zulaÈssigerweiseverkauft werden duÈ rfen 5 % vom Umsatz;

ReifenumsaÈ tze sowie UmsaÈtze aus Serviceleistungen,Autobahn-Vignette und Telefon-Wertkarten sind pacht-zinsfrei.

Die Umsatzpacht hat jedoch mindestens (Mindestum-satzpachtzins), wertgesichert,fuÈ r das Jahr 2002 fuÈ r das Shop-GeschaÈft ATS 315.000,±fuÈ r das WaschgeschaÈ ft ATS 115.900,±fuÈ r die Gastronomie ATS 152.500,±ab dem 01. 01. 2003 fuÈ r das ShopgeschaÈ ft ATS 315.000,±fuÈ r das WaschgeschaÈ ft ATS 133.000,±fuÈ r die Gastronomie ATS 175.000,±

(...)SaÈmtliche Pachtzinse sind ab 01. 11. 2001 zuzuÈ glich

MWSt: zu entrichten.4.2. Die Umsatzpachtzinsabrechnung ist detailliert

nach den in Punkt 4.1. angefuÈ hrten Umsatzgruppen derVerpaÈchterin bis zum 10. eines jeden Folgemonats puÈ nkt-lich zuzuleiten. Die Zahlung des umsatzabhaÈngigen undfixen Pachtzinses hat bis spaÈ testens 15. des jeweiligenAbrechnungsmonats zu erfolgen.

(...)4.4. Der Pachtzins deckt lediglich die mit dem Bestand

des Objektes verbundenen Steuern und Abgaben. Alleaus dem Betrieb des PachtverhaÈ ltnisses entstehenden Be-triebskosten, Steuern und Abgaben und sonstigen Auf-wendungen hat der PaÈchter aus eigenem zu tragen.

(...)4.6. Die Aufrechnung von Gegenforderungen gegen

den Pachtzins wird einvernehmlich ausgeschlossen.4.7. Der PaÈchter ermoÈglicht der VerpaÈchterin die Ein-

hebung der monatlichen Pachtzahlungen im Bankein-zugsverfahren und verpflichtet sich, unverzuÈ glich die er-forderlichen AuftraÈge an das einvernehmlich bestimmteKreditinstitut zu erteilen und stets fuÈ r eine ausreichendeDeckung des Kontos zu sorgen.

4.8. Der PaÈchter bestellt fuÈ r alle AnspruÈ che der Ver-paÈchterin auf puÈ nktliche Bezahlung des umsatzabhaÈngi-gen und fixen Pachtzinses, aber auch fuÈ r allfaÈ llige Scha-denersatzanspruÈ che aus diesem PachtverhaÈ ltnis eine

BankbuÈ rgschaft im Betrag von ATS 1.200.000,±, welchewaÈhrend der gesamten Dauer des Pachtvertrages undbis zu 3 Monate danach aufrecht zu erhalten ist. FuÈ rden Fall, dass diese Sicherheit waÈhrend der Vertragsdau-er ganz oder teilweise aufgebraucht wird bzw wegfaÈ llt,hat der PaÈchter fuÈ r die rechtzeitige Stellung einer neuerSicherheit in der vorangefuÈ hrten HoÈhe zu sorgen.

(...)II. Warenvertrieb7. Verkauf von Agenturwaren:7.1. Der PaÈchter uÈ bernimmt den Verkauf von Treibstof-

fen, OfenheizoÈl und Schmierstoffen im Namen und fuÈ rRechnung von O. Diese Agenturwaren bleiben daher biszum Verkauf oder bis zur Entnahme fuÈ r den Eigenver-brauch im Eigentum der O. und haben zu den von O. je-weils vorgeschriebenen Preisen und nur gegen Barzah-lung, von O. ausgegebenen Gutscheinen oder unter Be-nuÈ tzung von ihr zugelassener Scheck- bzw Kreditkartenzu erfolgen. Gibt der PaÈchter dennoch ausnahmsweiseAgenturwaren auf Kredit ab, so ist er wie bei der Ent-nahme fuÈ r den Eigenverbrauch verpflichtet, den Gegen-wert der entnommenen Ware unverzuÈ glich bar einzuzah-len und traÈgt er allein das aus der KreditgewaÈhrung ent-stehende Risiko (Delkredere). Er haftet der O. gegenuÈ berfuÈ r jeden daraus entstehenden Schaden. Vorausbestel-lungen zu festen Preisen duÈ rfen nicht angenommen wer-den.

7.2. Gelder und Gutscheine gehen mit der UÈ bernahmedurch den PaÈchter in das Eigentum der O. uÈ ber. Sie sindsicher und gesondert zu verwahren und auf Weisung je-derzeit an O. abzufuÈ hren. Der PaÈchter haftet fuÈ r jedenVerlust, es sei denn, er weist nach, dass daran wederihn noch diejenigen Personen, deren er sich bei der Aus-uÈ bung seiner TaÈtigkeit bedient, ein Verschulden trifft.

(...)8. VerguÈ tung fuÈ r Agenturware:8.1. Als Entgelt fuÈ r den Vertrieb von Agenturwaren er-

haÈ lt der PaÈchter fuÈ r verkaufte oder im Eigenverbrauchbezogene Treibstoffe, OfenheizoÈle und Schmierstoffe eineVerguÈ tung, die im Rahmen der branchenuÈ blichen Tank-stellenverguÈ tung von der O. jeweils in angemessener Wei-se festgesetzt wird. 50 % der VerguÈ tung entfallen auf ver-waltende TaÈtigkeiten.

8.2. Derzeit erhaÈ lt der PaÈchter folgende VerguÈ tungen:FuÈ r Vergaserkraftstoffe und Dieselkraftstoffe bis zu

einer verkauften Kalenderjahresmengevon 1.000.000 Liter ATS 36,± pro 100 Liter,+ SonderverguÈ tung von ATS 10,± pro 100 Liter,*)von 1.000.001 bis 1.500.000 Liter ATS 36,± pro 100 Liter,von 1.500.001 bis 3.000.000 Liter ATS 26,± pro 100 Liter,uÈ ber 3.000.000 Liter ATS 22,± pro 100 Liter,fuÈ r HeizoÈl extra leicht ATS 23,± pro 100 Liter.*) die SonderverguÈ tung wird bis auf weiteres geleistet.

FuÈ r Schmierstoffe rechnet sich die NettoverguÈ tung ausdem jeweiligen Unterschied zwischen dem Nettoein-standspreis und dem Nettoverkaufspreis gemaÈû jeweilsguÈ ltiger O.-Preisliste. Zu den vorgenannten VerguÈ tungenzahlt die O. die MWSt.

8.3. Die Abrechnung der VerguÈ tung fuÈ r Treibstoff-Um-saÈ tze wird wie folgt vorgenommen:

Der PaÈchter erhaÈ lt auf seinen VerguÈ tungsansprucheinen monatlichen Akontobetrag von ATS 25.000,± zu-zuÈ glich USt, zahlbar jeweils bis 5. eines jeden Monatsdurch UÈ berweisung auf das PaÈchterkonto. In den Agen-turabrechnungen wird bei allen Treibstoffen eine Teilver-guÈ tung von ATS 22,± je 100 Liter, zuzuÈ glich USt, beruÈ ck-sichtigt. Bis jeweils spaÈ testens Ende April erfolgt bezuÈ g-lich der VerguÈ tung eine Jahresabrechnung aufgrund derim Vorjahr vom VerpaÈchter tatsaÈchlich verkauften odereigenverbrauchten Treibstoffe.

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Forderungen der O. aus Jahresabrechnungen sowie derEndabrechnung sind sofort zur Zahlung faÈ llig. Differenz-betraÈge zu Gunsten des PaÈchters werden waÈhrend derlaufenden GeschaÈ ftsbeziehung bzw zum Saldenausgleichmit Gutschriften beglichen.

(...)8.5. Die dem PaÈchter zustehende VerguÈ tung gemaÈû

Punkt 8.3. kann von den vereinnahmten Geldern abgezo-gen werden, soweit der O. nicht anerkannte oder gericht-lich zugesprochene Forderungen, sei es aus diesem Ver-trag oder anderen Rechtstiteln, gegen den PaÈchter zuste-hen oder die VerguÈ tungen nicht abgetreten, verpfaÈndetoder gepfaÈndet wurden.

9. Eigenhandel:9.1. Sonstiges Waren- und Leistungsangebot:Alle anderen an der Tankstelle verkauften Waren, aus-

genommen Agenturwaren, werden vom PaÈchter in sei-nem Namen und auf seine Rechnung verkauft. Dies giltauch fuÈ r Dienstleistungen, die von ihm an der Tankstelleerbracht werden.

9.2. Es sind ausschlieûlich Schmierstoffen verwandteSpezialitaÈ ten (BremsfluÈ ssigkeit, Frostschutz etc) derMarke `O.' zu verwenden.

(...)9.7. Der PaÈchter wird sein Warenangebot auf das bei

vergleichbaren Tankstellen der O. uÈ bliche Sortiment aus-richten und die diesbezuÈ glichen Richtlinien der O. be-achten.

10. Anlieferung von Waren:(...)10.3. Der PaÈchter traÈgt von der ordnungsgemaÈûen An-

lieferung ab das Risiko der Lagerung, bei Agenturwarenjedoch nur, soweit er nicht nachweist, dass an dem Ver-lust oder der BeschaÈdigung der Waren ihn und diejenigenPersonen, deren er sich bei der AusuÈ bung seiner TaÈ tig-keit bedient, kein Verschulden trifft (...).

11. Gemeinsame Bestimmungen betreffend Agentur-und Eigenhandelswaren:

(...)11.3. Eine Aufrechnung oder ZuruÈ ckbehaltung ist der

O. gegenuÈ ber, ausgenommen fuÈ r anerkannte oder ge-richtlich zugesprochene Forderungen, auch nach Beendi-gung des VertragsverhaÈ ltnisses ausgeschlossen.

(...)III. Allgemeine Bestimmungen(...)`̀Die Selbstbedienungstankstelle, die im Grenzbereich

von OÈ sterreich zu Deutschland liegt, war ca eineinhalbJahre vor der UÈ bernahme durch den Kl erneuert worden.Im Zug des Umbaus wurden ein Shop und eine Bistro-Einheit eingebaut. Der Kl uÈ bernahm zu Beginn seinerTaÈ tigkeit an der Tankstelle einzelne Lieferscheinkunden,baute diese aber kontinuierlich ab. Von Anfang an tratenKassafehlbestaÈnde auf, deren Ursache waÈhrend der Jah-re nicht geklaÈrt werden konnte. Der vom Kl am Vortagverkaufte Treibstoff wurde im jeweiligen Gegenwertvon der Bekl bereits am naÈchsten Tag vom Konto desKl abgebucht. Ca 30 bis 40 % der Kunden zahlten mittelsBankomatkarten, Kreditkarten, O.-Routexkarten oderRoutexkarten anderer Betreiber. Bei Bezahlung mit Kre-ditkarte wurde dem Kl der entsprechende Betrag spaÈte-stens acht Tage nach Bezahlung gutgebucht, bei Bezah-lung mittels Bankomatkarte innerhalb von ca zwei Ta-gen. Bei Routexkarten wird dem Kartenbesitzer direktvom Kartenbetreiber der Betrag in Rechnung gestellt.

Von Herbst 2005 bis Juni/Juli 2006 kam es infolge vonStraûenumbauarbeiten zu Behinderungen in der Zufahrtzur Tankstelle. Ob es in dieser Zeit zu UmsatzruÈ ckgaÈn-gen kam, ist nicht feststellbar. UÈ ber die OÈ ffnungszeitender Tankstelle konnte der Kl nicht frei entscheiden, diesewurden ihm ebenso wie die Treibstoffpreise von der Bekl

vorgegeben. Die BefoÈrderungskosten fuÈ r den Treibstoffzur Tankstelle des Kl trug ebenso wie die Lagerkostendie Bekl. Der Kl trug lediglich die Betriebskosten (Ener-gie, Stromkosten, Reinigungskosten, Entsorgungskos-ten). Das Risiko fuÈ r die Betriebsanlage trug die Bekl.Auch fuÈ r Mangelhaftigkeit des Treibstoffs haÈ tte dieseeinzustehen gehabt.

Im Jahr 2004 wurden die Tanks an der Tankstelle desKl erweitert, weil die bisherige LagerkapazitaÈ t nichtausreichend war und mehrmals ± insb an den Wochenen-den ± kein Treibstoff mehr vorhanden war. WaÈhrend derca drei Monate dauernden Arbeiten war der Verkauf in-soweit eingeschraÈnkt, als er nur an zwei doppelten an-stelle von vier doppelten ZapfsaÈulen moÈglich war. NachUÈ bernahme der Tankstelle konnte der Kl die UmsaÈtze,vor allem im Gastronomie- und Shopbereich maûgeblichsteigern. Insb im Gastronomiebereich erwirtschaftete eruÈ berdurchschnittliche UmsaÈtze. Bis April 2006 fuÈ hrteder Kl den Shop und das Bistro eigenstaÈndig auf eigeneRechnung. Am 30. 3. / 10. 4. 2006 schlossen die Streitteileeinen Franchise-Vertrag als ErgaÈnzung zum Tankstellen-unternehmensvertrag ab. Diesem Vertragsabschluss wareine Informationsveranstaltung vorangegangen bei derdas Franchisesystem vorgestellt wurde. Bei dieser wurdedem Kl zugesichert, dass er keinen Nachteil durch diesesneue System habe. Auch die einzelnen Area-Manager derBekl empfahlen den TankstellenpaÈchtern, darunter auchdem Kl, den Franchise-Vertrag zu unterschreiben. Dassvon der Bekl auf den Kl in irgendeiner Form Druck oderZwang ausgeuÈ bt worden waÈre, den Vertrag zu unter-schreiben, kann nicht festgestellt werden. Die BeklwuÈ nschte zwar, dass moÈglichst viele TankstellenpaÈchterden Vertrag unterfertigen, es wurde allerdings auch dar-auf hingewiesen, dass die Nichtunterfertigung fuÈ r deneinzelnen PaÈchter keinen Nachteil bedeuten werde.

Aus diesem Franchise-Vertrag ergeben sich fuÈ r den Klneben der Verpflichtung zur Entrichtung der Franchise-gebuÈ hr unter anderem folgende Verpflichtungen:

¹8. Leistungen und Pflichten des V. Franchise-Partners8.1. Der V. Franchise-Partner anerkennt, dass das ein-

heitliche Auftreten und die IdentitaÈ t und der Ruf des V.Franchise-Systems eine grundsaÈ tzliche VoraussetzungfuÈ r den wirtschaftlichen Erfolg aller Beteiligten ist. DerV. Franchise-Partner verpflichtet sich deshalb, die im V.Franchise-Handbuch definierten Standards einzuhalten,sowie alles zu unternehmen, um die QualitaÈ t, die Umset-zung des V. Konzepts und den Erfolg des V. Franchise-Systems zu foÈrdern und die ErfuÈ llung seiner Pflichtennicht zu gefaÈhrden.

8.2. Der V. Franchise-Partner hat insbesondere nach-folgende im V. Franchise-Handbuch einschlieûlich derdazu gehoÈrenden Know-how Dokumentationen unddem V. Partner-Net naÈher beschriebenen Pflichten:

I. Die FuÈ hrung des V. Standorts entsprechend diesemVertrag und den Standards des V. Franchise-Systems;

(...)V. die Produkte des V. Sortiments und des V. Angebots

nur bei der O. oder von der O. empfohlenen Lieferantenzu beziehen, sofern LieferfaÈhigkeit besteht, um dadurchein einheitliches Erscheinungsbild und einheitliches V.Sortiment und V. Angebot auf dem V. Standort sowie eineeffiziente und zeitgerechte Belieferung zu gewaÈhrleisten;

VI. die FuÈ hrung des V. Standorts in sauberer undzweckmaÈûiger Weise entsprechend den von der O. aufge-stellten QualitaÈ ts- und Sauberkeitsstandards, -praktikenund -verfahren des V. Konzepts;

VII. die Beachtung der von der O. bestimmten HoÈchst-preise fuÈ r das V. Sortiment und das V. Angebot.`̀

Durch die EinfuÈ hrung des Franchise-Systems war demKl eine freie Preiskalkulation nicht mehr moÈglich, diePreise wurden vielmehr von der Bekl in das System der

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Tankstellen eingespielt. DaruÈ ber hinaus wurde dem Klein (verbindliches) Warensortiment vorgegeben, unterdem sich auch verderbliche GuÈ ter befanden, fuÈ r derenEntsorgung der Kl sorgen musste, wenn er sie nicht ver-kaufen konnte. Auch die Lieferanten wurden von derBekl vorgegeben. Die QualitaÈ t des Shops wurde vonden Area-Managern der Bekl und Mystery-ShoppernuÈ berpruÈ ft. Dass das Franchise-System unerprobt odermangelhaft gewesen waÈre, kann nicht festgestellt wer-den.

Der Kl erzielte vom 1. 11. 2001 bis 31. 12. 2001 Umsatz-erloÈse in HoÈhe von oÈS 1.329.757,52, davon an Provisions-erloÈsen aus Agentur oÈS 129.932,06. In diesen beiden Mo-naten des Jahres 2001 musste der Kl hohe InvestitionentaÈ tigen, sodass er in diesem Jahr laut Gewinn- und Ver-lustrechnung einen Bilanzverlust in HoÈhe vonoÈS 66.517,24 verzeichnete.

In den Jahren 2002 bis 2006 erzielte der Kl folgendeUmsatzerloÈse:2002: ³ 669.679,17darunter ProvisionserloÈse aus Agentur: ³ 88.323,262003: ³ 768.441,70darunter ProvisionserloÈse aus Agentur: ³ 92.062,372004: ³ 752.800,00darunter ProvisionserloÈse aus Agentur: ³ 91.100,002005: ³ 728.264,98darunter ProvisionserloÈse aus Agentur: ³ 93.283,032006: ³ 687.241,94darunter ProvisionserloÈse aus Agentur: ³ 80.822,34

Die Gewinn- und Verlustrechnungen weisen fuÈ r dieeinzelnen Jahre folgenden Gewinn bzw Verlust aus:2002: Bilanzgewinn ³ 3.118,272003: Bilanzgewinn ³ 14.563,672004: Bilanzgewinn ³ 36.600,002005: Bilanzgewinn ³ 24.519,282006: Bilanzgewinn ³ 851,75

Der Kl betrieb die Tankstelle immer in Doppelbeset-zung; an den Wochenenden arbeiteten in den Stoûzeitenimmer drei Personen an der Tankstelle. Durch die Steige-rung der UmsaÈtze im Gastro- und Shopbereich benoÈtigteder Kl in diesem Bereich auch vermehrt Personal. ImDurchschnitt beschaÈ ftigte der Kl sechs bis sieben Ange-stellte (inkl Lehrlinge, TeilzeitarbeitskraÈ fte und der Gat-tin des Kl). ZusaÈ tzlich arbeitete auch der Kl an der Tank-stelle mit, dies mit einer durchschnittlichen woÈchentli-chen Arbeitszeit von ca 60 Stunden. Der Personalauf-wand des Kl betrug in den Monaten November und De-zember 2001 oÈS 268.880,89. In den Jahren 2002 bis 2006hatte der Kl folgenden Personalaufwand:2002: ³ 132.981,902003: ³ 158.640,452004: ³ 140.300,Ð2005: ³ 153.994,812006: ³ 172.760,42

Ende 2003 lag bei der vom Kl betriebenen Tankstelleeine UÈ berschuldung in HoÈhe von etwa ³ 60.000,± vor.Dies war aufgrund der UmsatzstaÈrke allerdings nicht be-sorgniserregend. Als konkrete Maûnahme zur Senkungder Schulden wurde eine Optimierung der Personalkos-ten angestrebt, die im Jahr 2004 ebenso wie eine Reduk-tion der Privatentnahmen des Kl erreicht wurde.

Erste Zahlungsschwierigkeiten des Kl gegenuÈ ber derBekl traten im Herbst 2005 auf; es kam zu LiquiditaÈ ts-engpaÈssen, insb konnten einzelne BankeinzuÈ ge nichtdurchgefuÈ hrt werden. Die Zahlungsschwierigkeiten ver-staÈrkten sich ab Juli 2006. Der Kl wurde von der BeklmuÈ ndlich und mit Schreiben vom 31. 8. 2006 auchschriftlich ermahnt. In diesem Schreiben wurde dem Klauch die VertragsaufloÈsung angedroht. Per 31. 8. 2006 be-trug der offene Saldo ³ 97.933,73. Im September ent-schloss sich der Kl, einen Privatkredit in HoÈhe von

³ 42.500,± aufzunehmen und dieses Geld in das Betriebs-konto einzuzahlen. Dies fuÈ hrte zu einer kurzfristigenVerbesserung der finanziellen Situation im September2006. Mit Schreiben der Bekl vom 27. 9. 2006 wurdeder Kl aufgefordert, die BankbuÈ rgschaft von³ 100.207,40 auf ³ 140.000,± zu erhoÈhen, widrigenfallsihm die fristlose VertragsaufloÈsung drohe. Die Bank desKl weigerte sich allerdings, die Bankgarantie zu erhoÈhen.Mit Schreiben vom 1. 12. 2006 forderte die Bekl den Klauf, den zu diesem Zeitpunkt offenen Saldo von³ 54.329,79 bis spaÈ testens 7. 12. 2006 zu bezahlen, wid-rigenfalls neuerlich eine fristlose VertragsaufloÈsung an-gedroht werde. Der Kl bot darauf der Bekl Ratenzahlungan. Zwischen ihm, dem zustaÈndigen Area-Manager undder Hausbank des Kl wurde muÈ ndlich eine Ratenzah-lungsvereinbarung abgesprochen. Da die Bank des Kleine Zahlungsgarantie nicht abgeben konnte, sondernnur der Dauerauftrag der Bekl vorrangig erledigt wordenwaÈre, loÈste die Bekl nach Ablauf der dem Kl gesetztenZahlungsfrist (bis 7. 12. 2006) am 10. 12. 2006 den Tank-stellenpachtvertrag fristlos auf.

Der Kl begehrte von der Bekl ³ 114.000,± sA. Infolgeder schuldhaften vorzeitigen AufloÈsung des Tankstellen-unternehmensvertrags durch die Bekl stehe ihm ein Aus-gleichsanspruch in dieser HoÈhe zu. Die Bekl habe ihrenebenvertraglichen Schutz- und Sorgfaltspflichten lau-fend verletzt und insb das Risiko aus dem Treibstoffab-satz unzulaÈssigerweise auf den Kl uÈ berwaÈ lzt sowie einunerprobtes Franchise-System eingefuÈ hrt. Trotz Auffor-derung durch den Kl habe die Bekl keine Maûnahmen ge-setzt, die wirtschaftliche Situation des Kl zu verbessern.Dieser habe gegenuÈ ber der Bekl weder ein rechtswidrigesVerhalten noch ein grob fahrlaÈssiges Verhalten gesetzt.UÈ berdies warf der Kl der Bekl vor, die Vertragsbeziehungin kartellrechtswidriger Weise gestaltet und gegen Art 81EGV verstoûen zu haben.

Die Bekl bestritt, beantragte Klageabweisung undwendete ein, dass sie das VertragsverhaÈ ltnis mit dem Klinfolge dessen schuldhafter Verletzung der vertraglichenZahlungs- und Sicherstellungsverpflichtungen aufgeloÈsthabe. Dem Kl stehe daher ein Ausgleichsanspruch nichtzu. UÈ berdies fehle es an der Verdienstlichkeit des Kl.Die behaupteten WettbewerbsbeschraÈnkungen desArt 81 EGV seien im vorliegenden Fall nicht anwendbar.

Das ErstG wies das Klagebegehren zur GaÈnze ab. UÈ berden eingangs zusammengefasst wiedergegebenen Sach-verhalt hinaus traf es umfangreiche Feststellungen uÈ berdie GruÈ nde fuÈ r die schlechte wirtschaftliche Situationder Tankstelle sowie die zusammenfassende Feststellung¹die gegenstaÈndliche Tankstelle ist gewinnbringend zufuÈ hren. Es kann ein jaÈhrlicher Gewinn von ca 40.000EUR erwirtschaftet werden`̀ .

Das BerG hob uÈ ber Berufung des Kl das Ersturteil auf,verwies die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidungnach VerfahrensergaÈnzung an das ErstG zuruÈ ck. (...)Den Rekurs an den OGH lieû das BerG zu, weil seineRechtsansicht zur Beweislastumkehr des § 1298 ABGBim Fall der vorzeitigen AufloÈsung des Vertrags wegenVerletzung wesentlicher Vertragsbestimmungen durchden Handelsvertreter gem § 22 Abs 2 Z 3 HVertrG (moÈg-licherweise) der juÈ ngst ergangenen Entscheidung zu8 ObA 45/08p widerspreche. Im UÈ brigen habe derOGH, soweit ersichtlich, zur Frage der Anwendbarkeitdes Art 81 EGV auf TankstellenpachtvertraÈge noch nichtStellung genommen.

Gegen diesen Beschluss richten sich der Rekurs des Klwegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem An-trag, ¹den angefochtenen Beschluss aufzuheben unddas Ersturteil dahin abzuaÈndern`̀ , dass der Ausgleichs-anspruch als dem Grunde nach zu Recht bestehend er-achtet werde sowie der Rekurs der Bekl wegen unrichti-

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ger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das Erstur-teil wiederherzustellen; hilfsweise wird ein Aufhebungs-antrag gestellt.

Beide Rekurse sind im Hinblick auf die vom OGH nochnicht behandelte Frage der Anwendbarkeit des Art 81EGV auf ¹TankstellenpaÈchter`̀ zulaÈssig. Sie sind abernicht berechtigt.

1. Zum Rekurs des Kl:Der Rechtsmittelwerber releviert zusammengefasst die

Anwendbarkeit des Art 81 EG und der vertikalen EG-Gruppenfreistellungs-Verordnung (EG) Nr 2790/1999auf den hier zur Beurteilung stehenden Fall als Rechts-fragen von erheblicher Bedeutung und vertritt im We-sentlichen die Rechtsansicht, dass bei Bejahung der Kar-tellrechtswidrigkeit des zwischen den Streitteilen abge-schlossenen Vertrags eine wirksame Vertragspflicht desKl insb zur Abfuhr der TreibstofferloÈse nicht bestandenhabe, sodass eine Vertragsverletzung nicht vorliegenkoÈnne und der Ausgleichsanspruch jedenfalls entstandensei.

Art 81 EG (vormals Art 85 EGV) bestimmt in seinemAbs 1, dass mit dem gemeinsamen Markt unvereinbarund verboten alle Vereinbarungen zwischen Unterneh-men, BeschluÈ sse von Unternehmensvereinigungen undaufeinander abgestimmte Verhaltensweisen sind, dieden Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeintraÈchtigengeeignet sind und eine Verhinderung, EinschraÈnkungoder VerfaÈ lschung des Wettbewerbs innerhalb des ge-meinsamen Markts bezwecken oder bewirken, insb

a) die unmittelbare oder mittelbare Festsetzung derAn- oder Verkaufspreise oder sonstiger GeschaÈ ftsbedin-gungen;

b) die EinschraÈnkung oder Kontrolle der Erzeugung,des Absatzes, der technischen Entwicklung oder der In-vestitionen;

c) die Aufteilung der MaÈrkte oder Versorgungsquellen;d) die Anwendung unterschiedlicher Bedingungen bei

gleichwertigen Leistungen gegenuÈ ber Handelspartnern,wodurch diese im Wettbewerb benachteiligt werden;

e) die an den Abschluss von VertraÈgen geknuÈ pfte Be-dingung, dass die Vertragspartner zusaÈtzliche Leistungenannehmen, die weder sachlich noch nach Handelsbrauchin Beziehung zum Vertragsgegenstand stehen. Nach Abs 2leg cit sind die nach diesem Artikel verbotenen Vereinba-rungen oder BeschluÈ sse nichtig.

Es entspricht der hA, dass die Zwischenstaatlichkeits-klausel des Art 81 Abs 1 EG in erster Linie als Kollisions-norm dient, die den Anwendungsbereich des EG-Kartell-rechts von jenem nationaler Kartellrechtsordnungen ab-grenzen soll (Brinker in Schwarze, EU-Kommentar2

[2009] Art 81 EGV Rz 68; Wollmann in Mayer, Kommen-tar EU/EGV, Art 81 Rz 68). Ziel ist der Schutz des ge-meinsamen Markts vor handelsbeeintraÈchtigenden undwettsbewerbsbeschraÈnkenden Maûnahmen. Aus diesemGrund wird der Begriff der Zwischenstaatlichkeit vomEuGH und der Kommission weit ausgelegt (Brinker,aaO Rz 68). Nach der Rsp des EuGH genuÈ gt es, dass sichanhand objektiver rechtlicher oder tatsaÈchlicher Um-staÈnde mit hinreichender Wahrscheinlichkeit vorausse-hen laÈsst, dass die Vereinbarung oder Verhaltensweisenden Warenverkehr zwischen den Mitgliedstaaten tat-saÈchlich oder potenziell beeinflussen koÈnnen (EuGH RsC-42/84, Remia, Slg 1985, 2545 Rz 22; Rs C-172/80, ZuÈ ch-ner, Slg 1981, 2021). Die handelsbeeintraÈchtigende undwettbewerbsbeschraÈnkende Wirkung muss spuÈ rbar sein,dh, ein bestimmtes quantitatives Ausmaû annehmen.Dies kann grundsaÈtzlich auch bei rein innerstaatlichenSachverhalten der Fall sein, insb, wenn eine Vereinba-rung oder Verhaltensweise zu einer Abschottung desMarkts fuÈ hrt und somit jene Bedingungen veraÈndert, zudenen auslaÈndische Unternehmer ihre Waren und

Dienstleistungen im Inland absetzen koÈnnen (Brinker,aaO Rz 70; Wollmann, aaO Rz 80; Pannagl, Der Tankstel-lenvertrag im Kartellrecht [2002] 141 f; EuGH, Rs C-8/73,Cementhandelaren).

Eine spuÈ rbare Abschottung des Markts kann sich insbdurch die BuÈ ndelung gleichartiger Vereinbarungen mitWettbewerbsbeschraÈnkungen im Rahmen vertikaler Ver-triebssysteme ergeben (sogenannte BuÈ ndeltheorie), dieauf diese Weise auch zu einer BeeintraÈchtigung des Han-dels zwischen den Mitgliedstaaten fuÈ hrt (Bunte in Lan-gen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europaÈ-ischen Kartellrecht10 [2006] Bd 2 Art 81 Rz 104 undRz 127 ff; Simon in Lange, Handbuch zum deutschenund europaÈ ischen Kartellrecht2 [2006] Kap 4 Rz 379).Im Zusammenhang mit AlleinbezugsvertraÈgen hat derOGH in 6 Ob 290/99m unter Bezugnahme auf die Ent-scheidung des EuGH Rs C-234/89, Delimitis, Slg 1991,I-935, Rz 20 bis 26 ausgesprochen, dass sich aus der Ge-samtheit aller auf dem relevanten Markt bestehendengleichartigen Vereinbarungen und aus den uÈ brigen wirt-schaftlichen und rechtlichen BegleitumstaÈnden der Ver-traÈge ergeben muÈ sse, dass diese die kumulative Wirkunghaben, neuen inlaÈndischen und auslaÈndischen Wettbe-werbern den Zugang zu diesem Markt zu verschlieûen.Sei dies nicht der Fall, koÈnnen die einzelnen VertraÈge,aus denen das BuÈ ndel der Vereinbarung bestehe, denWettbewerb nicht im Sinn des genannten Artikels be-schraÈnken. Sei der Markt hingegen schwer zugaÈnglich,muÈ sse noch gepruÈ ft werden, wie weit die streitigen Ver-einbarungen zu der kumulativen Wirkung beitragen. Da-bei seien nur jene VertraÈge verboten, die zu einer etwai-gen Abschottung des Markts erheblich beitragen.

Der EuGH (Rs C-214/99, Neste Markkinointi, Slg 2000,I-11121) hat die Anwendbarkeit der BuÈ ndeltheorie aufTankstellenpachtvertraÈge bejaht. In seiner rechtlichenBeurteilung hob er jedoch hervor, dass sich Tankstellen-vertraÈge wesentlich von anderen AlleinbezugsvertraÈgen,wie etwa Bier- oder EislieferungsvertraÈgen unterschei-den, da rein faktisch in einer bestimmten Tankstellenur Kraftstoffe einer einzigen Marke vertrieben werden.Daraus folge, dass fuÈ r den Lieferanten entscheidenderBestandteil des im Ausgangsverfahren in Rede stehendenVertragstyps weniger die Ausschlieûlichkeitsklausel anund fuÈ r sich als die Dauer der vom WiederverkaÈufer ein-gegangenen Bezugspflicht sei und diese Dauer fuÈ r dieMarktabschottungswirkung ausschlaggebend sei. Aufdie ihm gestellte Vorlagefrage antwortete der EuGHletztlich dahin, ¹dass das Verbot nach Art 85 Abs 1EG-Vertrag (jetzt: Art 81 Abs 1 EG) nicht auf einen miteinem Kraftstofflieferanten geschlossenen Alleinbezugs-vertrag anzuwenden ist, den der WiederverkaÈufer jeder-zeit mit einer Frist von einem Jahr kuÈ ndigen kann, wennsaÈmtliche AlleinbezugsvertraÈge dieses Lieferanten ent-weder einzeln oder insgesamt in Verbindung mit demNetz gleichartiger VertraÈge saÈmtlicher Lieferanten er-heblich zur Abschottung des Marktes beigetragen haben,die VertraÈge mit einer Laufzeit wie der des betreffendenAlleinbezugsvertrages aber nur einen sehr kleinen Teilaller mit dem selben Lieferanten geschlossenen Alleinbe-zugsvertraÈge ausmachen, die uÈ berwiegend befristete Ver-traÈge sind, die fuÈ r mehrere Jahre geschlossen wordensind`̀ .

Der vom EuGH entschiedene Fall unterscheidet sichvon dem hier zu beurteilenden dadurch, dass einerseitsVertraÈge mit unterschiedlichen Bindungsfristen vorlagenund dass andererseits Gegenstand des Verfahrens nurVertraÈge uÈ ber den Bezug von Treibstoffen waren, waÈh-rend im hier zu beurteilenden Fall die Parteien einen Ver-trag uÈ ber die Pacht einer Tankstelle verbunden mit demBezug von Treibstoffen und anderen Waren von der Ver-paÈchterin zu bestimmten Konditionen abschlossen. Zwar

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liegen die im letztgenannten Vertrag bedungenen KuÈ ndi-gungsfristen von drei bzw sechs Monaten zum jeweiligenQuartalsende klar unter der vom EuGH unter dem Blick-winkel des Art 81 Abs 1 EG als unschaÈdlich erkanntenJahresfrist, doch fuÈ hrte eine KuÈ ndigung durch den PaÈch-ter nicht ohne weiteres zur MoÈglichkeit fuÈ r andereMarktteilnehmer, nun dem Tankstellenbetreiber ihreTreibstoffe zum Vertrieb anzubieten. Die Tankstelle fielevielmehr lediglich an die Bekl zuruÈ ck, ohne dass einemarktrelevante AÈ nderung im Vertriebssystem angenom-men werden koÈnnte. Konkretes Vorbringen zum Vorlie-gen der Voraussetzungen einer Marktabschottungswir-kung unter dieser Voraussetzung hat der Rechtsmittel-werber nicht erstattet, sodass weitere, uÈ ber die Frageder Bindungsdauer hinausgehende EroÈrterungen unter-bleiben koÈnnen.

Wie der EuGH betont, muss die zu pruÈ fende Vereinba-rung oder akkordierte Verhaltensweise zwischen Unter-nehmen stattfinden. Als Unternehmen ist jede wirt-schaftliche TaÈ tigkeit ausuÈ bende Einrichtung unabhaÈngigvon ihrer Rechtsform und der Art ihrer Finanzierung an-zusehen (EuGH Rs C-41/90, HoÈfner und Elsner, Slg 1991,I-1979, Rz 21; Rs C-205/03p, FENIN/Kommission, Slg2006, I-6295, Rz 25). Nicht als Unternehmer und somitnicht dem Kartellverbot des Art 81 EG unterliegend,werden hingegen grundsaÈ tzlich echte Handelsvertreterangesehen (Leitlinien fuÈ r vertikale BeschraÈnkungen,2000/C291/01, Rz 12 ff). In den Rechtssachen CEEES(Rs C-217/05, Slg 2006, I-11987) und CEPSA (Rs C-279/06) befasste sich der EuGH mit der Frage der Handels-vertretereigenschaft von Tankstellenhaltern. In derRechtssache CEEES stellte der EuGH fest: ¹Wenn daherein Absatzmittler wie der Betreiber einer Tankstelle,selbst wenn er eine eigene RechtspersoÈnlichkeit hat, seinVerhalten auf dem Markt nicht eigenstaÈndig bestimmt,weil er vollstaÈndig von seinem GeschaÈ ftsherrn, einemKraftstofflieferanten, aufgrund der Tatsache abhaÈngigist, dass dieser die finanziellen und kommerziellen Risi-ken in Bezug auf die betreffende wirtschaftliche TaÈtig-keit traÈgt, ist das in Art 85 Abs 1 des Vertrages aufge-stellte Verbot auf die Beziehungen zwischen diesem Ab-satzmittler und seinem GeschaÈ ftsherrn nicht anwend-bar.`̀

Als Kriterien, anhand derer die tatsaÈchliche Risikover-teilung zwischen Tankstellenbetreiber und Kraftstofflie-ferant zu beurteilen ist, nannte der EuGH zum einen diemit dem Absatz der Waren verbundenen Risiken, undzum anderen die Risiken, die mit den marktspezifischenInvestitionen verbunden sind, dh, den Investitionen, dieerforderlich sind, damit der Tankstellenbetreiber VertraÈ-ge mit Dritten aushandeln und abschlieûen kann (Rz 51).

Zusammenfassend fuÈ hrte der EuGH in der Rechtssa-che CEEES aus, ¹dass fuÈ r die Feststellung, ob Art 85des Vertrages Anwendung findet, die Verteilung der fi-nanziellen und kommerziellen Risiken zwischen dem Be-treiber und dem Lieferanten von Kraftstoffen nach Kri-terien wie dem Eigentum an den Waren, dem Beitrag zuden mit ihrem Vertrieb verbundenen Kosten, ihrer Lage-rung, der Haftung fuÈ r eventuelle SchaÈden an den Warenoder fuÈ r Dritte durch sie entstandene SchaÈden und derVornahme von fuÈ r den Absatz dieser Waren spezifischenInvestitionen zu untersuchen istª (Rz 60). AusdruÈ cklichfuÈ hrte der EuGH in diesem Zusammenhang aus, dassArt 85 (jetzt Art 81 EG) nicht anwendbar sei, wenn derAbsatzmittler nur einen geringen Teil der Gefahren tra-ge. FuÈ r diesen Fall erachtete der EuGH die Verpflichtungder Betreiber, den Kraftstoff zu einem festen Preis zu ver-kaufen, als Befugnis des MineraloÈlunternehmens den TaÈ-tigkeitsbereich ihrer Handelsvertreter festzulegen (Rz 63).

In der Rechtssache CEPSA (Rs C-279/06) wiederholteder EuGH den Grundsatz, dass Art 81 EG nicht zur An-

wendung gelange, wenn der Betreiber nur einen geringenTeil der Gefahren trage; in diesem Fall sei das VerhaÈ ltniszwischen ihm und dem Lieferanten ident mit dem Ver-haÈ ltnis zwischen einem Handelsvertreter und seinem Ge-schaÈ ftsherrn (Rz 40). Ebenso stellte der EuGH (neuerlich)klar, dass im Fall eines Handelsvertretervertrags die demAbsatzmittler auferlegten Verpflichtungen betreffendden Verkauf der Waren an Dritte fuÈ r Rechnung des Ge-schaÈ ftsherrn unter anderem in Bezug auf die Festsetzungdes Endverkaufspreises nicht unter Art 81 EG fallen.

In seiner juÈ ngst ergangenen Entscheidung vom 15. 7.2009, 16 Ok 6/09, hatte der OGH (allerdings in einem kei-nen Tankstellenbetreiber betreffenden Fall) die Frage derAnwendbarkeit des ¹Handelsvertreterprivilegs`̀ nachArt 81 EG zu beurteilen. Unter ausfuÈ hrlicher Befassungmit der zu dieser Problematik ergangenen Rsp des EuGH,den von der Kommission erstellten Leitlinien und der je-weils dazu ergangenen Literatur fuÈ hrte der OGH aus,dass der Umstand, dass der Handelsvertreter die Risikentrage, die uÈ blicherweise mit einer solchen TaÈtigkeit zu-sammenhaÈngen, das Vorliegen eines echten Handelsver-tretervertrags nicht ausschlieûe. Es schade daher auchnicht, dass der Handelsvertreter regelmaÈûig die Aufwen-dungen fuÈ r GeschaÈ ftsraÈumlichkeiten und Personal zutragen habe.

Unter Anwendung dieser GrundsaÈ tze vermag der er-kennende Senat der Rechtsansicht des Rechtsmittelwer-bers nicht beizupflichten, wonach er infolge Tragungeines erheblichen Finanzierungsrisikos nicht als ¹echter`̀Handelsvertreter anzusehen sei. ZunaÈchst ist darauf hin-zuweisen, dass der Kl hinsichtlich des wesentlichen Be-reichs der Treibstoffe, OfenheizoÈle und Schmierstoffe(ohnehin) im Namen und auf Rechnung der Bekl taÈ tigist, also als echter Stellvertreter (Koziol/Welser13 I,200 f) agiert.

Unter BeruÈ cksichtigung des (unstrittigen) Vertragsin-halts sowie der weiteren nicht bestrittenen Feststellun-gen des ErstG ergibt sich hier fuÈ r die vom EuGH aufge-stellten Kriterien der Risikoverteilung folgendes Bild:Das Eigentum verbleibt bei der Bekl; die Kosten des Wa-renvertriebs, insb die BefoÈrderungskosten traÈgt die Bekl;die Kosten fuÈ r das Tankstofflager traÈgt die Bekl; fuÈ r dieMangelhaftigkeit des Treibstoffs haftet die Bekl, der KltraÈgt die Haftung fuÈ r die ordnungsgemaÈûe Lagerungder Kraftstoffe und die Haftung fuÈ r uÈ bernommene Gel-der und Gutscheine; jedoch in beiden FaÈ llen nur fuÈ rden Fall seines Verschuldens; eine Delkredere-Haftungtrifft den Kl ausdruÈ cklich nur in jenen FaÈ llen, in denener entgegen der grundsaÈ tzlichen Vereinbarung eigen-maÈchtig Kredit gewaÈhrt; im Zusammenhang mit der Be-zahlung durch Kredit- und Bankomatkarten traÈgt der Klinsoweit ein finanzielles Risiko, als er die ZinsbelastungfuÈ r das verzoÈgerte Einlangen des von seinem Konto abge-buchten Betrags traÈgt.

Die Tragung der Personalkosten durch den Kl stellt imSinn der AusfuÈ hrungen des OGH in 16 Ok 6/09 ebensowenig wie die Tragung der Betriebskosten eine relevanteRisikouÈberwaÈ lzung dar. Auch die mit der Lagerung derKraftstoffe verbundene Haftung kann schon in Hinblickauf deren VerschuldensabhaÈngigkeit sowie in Hinblickauf § 1298 ABGB nicht als RisikouÈ berwaÈlzung angesehenwerden. Ebensowenig ist dies in signifikantem Ausmaûdem Vorbringen des Rechtsmittelwerbers zu entnehmen,dass er bei unbaren Zahlungstransaktionen die Treib-stoffumsaÈ tze zum naÈchstmoÈglichen Zeitpunkt im Ban-keinzugsverfahren an die Bekl abliefern muÈ sse, er dieseUmsaÈtze aber zum Teil erst zu einem spaÈ teren Zeitpunktgutgebucht erhalte. Angesichts der sich aus den Feststel-lungen ergebenden ProzentsaÈtze der diesbezuÈ glichenZahlungsvorgaÈnge sowie des zwischen Zahlung an dieBekl bzw an den Kl liegenden Zeitraums von wenigen

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Tagen, kann dieses Risiko allerdings nur als ¹gering`̀ be-urteilt werden und begruÈ ndet daher im Sinn der Rsp desEuGH keinen Entfall des Handelsvertreterprivilegs.

Der Rechtsmittelwerber releviert auch die UÈ berwaÈl-zung des Absatzrisikos auf den Kl durch die Pflicht, dieTankstelle zu den von der Bekl vorgegebenen Zeiten of-fen zu halten und hiefuÈ r die Personalkosten zu tragen.Wie bereits dargelegt, stellt aber die Tragung von Perso-nalkosten eine typischerweise mit der TaÈ tigkeit eines(echten) Handelsvertreters verbundene Belastung dar.Die Verpflichtung die Tankstelle zu bestimmten (umsatz-schwachen) Zeiten offen zu halten, ergibt sich aus derNatur des abgeschlossenen Vertrags und konnte vom Kldurch Personalreduktion abgefangen werden, der jedochnach den insoweit unbekaÈmpft gebliebenen Feststellun-gen, die Tankstelle immer in Doppelbesetzung betrieb(...).

Mit dem gemeinsamen Markt unvereinbare und verbo-tene Vereinbarungen sind nach Art 81 Abs 2 EG nichtig.Zur Frage des Umfangs der Nichtigkeit vertritt der OGHaber im Einklang mit der Lehre die Auffassung, dass dieunmittelbar anzuwendende Nichtigkeit wegen eines Ver-stoûes gegen das EG-Kartellverbot zwar absolut wirktund grundsaÈtzlich ex tunc die Unwirksamkeit zur Folgehat (EvBl 1997/20; 10 Ob 402/97h; 6 Ob 322/00x), dassdies aber nach der Rsp des EuGH nicht fuÈ r die gesamteVereinbarung, sondern nur fuÈ r diejenigen Teile gilt, dieentweder selbst unmittelbar vom Verbot des Art 81Abs 1 EG erfasst sind oder sich von den von diesem Ver-bot erfassten Teilen nicht sinnvoll abtrennen lassen (6 Ob322/00x mwN). Die Nichtigkeit erstreckt sich daher nurauf die kartellrechtswidrigen Bestandteile. Nur wennsich eine gemeinschaftsrechtswidrige Vertragsklauselvom restlichen Vertragswerk nicht trennen laÈsst, tritt Ge-samtnichtigkeit ein.

Auch insoweit vermag das Argument nicht zu uÈ berzeu-gen, dass jedenfalls die ¹Pflicht bezuÈ glich der promptenErloÈsabfuhr`̀ von einer Teilnichtigkeit umfasst sei. Esist nicht nachvollziehbar, wieso das Risiko einer ¹Zwi-schenfinanzierung`̀ fuÈ r maximal einige Tage, die Ver-pflichtung zur ErloÈsabfuhr aus TreibstoffeinnahmengaÈnzlich beseitigen sollte, wuÈ rde dies doch zu einer nichtzu rechtfertigenden Bereicherung des Kl fuÈ hren. Das giltauch fuÈ r das Argument, dass der Kl verpflichtet gewesensei, die ErloÈse ¹prompt`̀ abzufuÈ hren, auch wenn die Ein-nahmen so niedrig waren, dass der Kl daraus die Be-triebskosten nicht haÈtte decken koÈnnen.

Insgesamt erweisen sich daher die RechtsmittelausfuÈ h-rungen des Kl zum behaupteten Kartellrechtsverstoû alsnicht uÈ berzeugend.

2. Zum Rekurs der Bekl:

Die Rekurswerberin missversteht die AusfuÈ hrungendes BerG, wenn sie meint, dieses ginge von der Rechtsan-sicht aus, der Unternehmer, der keinen Ausgleich zahlenwolle, muÈ sse generell und uneingeschraÈnkt bei berech-tigter VertragsaufloÈsung das Verschulden des zu RechtgekuÈ ndigten Handelsvertreters im konkreten Fall be-haupten und beweisen. Das BerG hat naÈmlich durchden Einschub zwischen Gedankenstrichen klargestellt,dass es dies nur in jenen FaÈ llen annimmt, wenn ein Ver-schulden des Handelsvertreters fuÈ r die Annahme der Be-gruÈ ndetheit der vorzeitigen AufloÈsung nicht erforderlichist. Damit ist primaÈr der Fall des § 22 Abs 2 Z 5 HVertrGangesprochen, wonach bei KonkurseroÈffnung uÈ ber dasVermoÈgen des Handelsvertreters nicht vom Vorliegenvon Verschulden auszugehen ist. Es wird aber auch instRsp judiziert, dass die auûerordentliche AufkuÈ ndigungdes VertragshaÈndlervertrags auch sonst nicht immer einVerschulden des anderen Vertragsteils voraussetzt (RIS-Justiz RS0029330).

Abgesehen davon ist die Frage der vorzeitigen AufloÈ-sung des VertragsverhaÈ ltnisses von jener, ob dem Han-delsvertreter ein Ausgleich nach § 24 HVertrG zukommt,zu trennen. Ein Ausgleichsanspruch gebuÈ hrt naÈmlichdem Handelsvertreter nur, wenn der Unternehmer dasVertragsverhaÈ ltnis nicht wegen eines schuldhaften, einenwichtigen Grund nach § 22 HVertrG darstellenden Ver-haltens des Handelsvertreters gekuÈ ndigt hat. SZ 71/179[= JBl 1999, 322. Red.] folgert in einem die EroÈffnungdes Konkurses uÈ ber das VermoÈgen des Handelsvertretersbetreffenden Fall, es habe daher der Unternehmer dasVorliegen eines wichtigen Grundes und das Verschuldendes Handelsvertreters zu behaupten und zu beweisen.In diesem Sinne argumentiert auch 1 Ob 42/05s, wonachder Unternehmer den Beweis des Vorliegens eines wich-tigen Grundes zur vorzeitigen AufloÈsung des Vertrags an-zutreten habe. Die E 8 ObA 45/08p verweist auf diesenGrundsatz, hebt jedoch gleichzeitig hervor, dass dieNichtabfuhr des VerkaufserloÈses fuÈ r Agenturwaren einenachhaltige Verletzung der zentralen Vertragspflicht dar-stelle. Sie fuÈ hrt dann weiters aus, der Kl habe nachzu-weisen vermocht, dass er zwar zahlungswillig, aber nichtzahlungsfaÈhig gewesen sei und dass ihn an der mangeln-den ErfuÈ llung der Vertragspflicht kein Verschulden ge-troffen habe. Da die Tankstelle unter den vertraglichenBedingungen nicht gewinnbringend zu fuÈ hren gewesensei, werde durch das Scheitern der Zahlungsversuche¹mangels ZahlungsfaÈhigkeit allein auch noch kein Ver-schulden des Kl durch die Bekl nachgewiesen`̀ .

FuÈ r den hier zu beurteilenden Fall der Vertragsverlet-zung durch Nichtzahlung der vereinbarten ErloÈsanteile± somit im Unterschied zu 1 Ob 42/05s einer klaren Ver-letzung der zentralen Vertragspflicht ± laÈsst sich zusam-menfassend schlussfolgern, dass es zwar am Unterneh-mer liegt, die Tatsache der Vertragsverletzung zu be-haupten und zu beweisen, dass aber das erwiesene ver-tragswidrige Verhalten des TankstellenpaÈchters ± andersals im Fall der KonkurseroÈffnung ± dessen Verschuldenindiziert, sodass die Bekl insoweit ihrer Behauptungs-und Beweispflicht nachgekommen ist. Gem § 1298 ABGBist es nun Sache des kl Handelsvertreters, sein mangeln-des Verschulden unter Beweis zu stellen. Nichts anderesbesagt die eben zitierte E 8 ObA 45/08p, aus der sich er-gibt, dass nach gelungenem Gegenbeweis des Kl derdurch den Unternehmer erbrachte Nachweis der Nicht-zahlung der VerkaufserloÈse allein als Verschuldensbe-weis nicht mehr ausreichen kann.

Erachtet das BerG vor dem Hintergrund zutreffenderRechtsansicht die Aufnahme weiterer Beweise als erfor-derlich, hier zur Frage der nicht gegebenen MoÈglichkeitdie Tankstelle gewinnbringend zu fuÈ hren (vgl dazu zu-letzt 9 ObA 18/09a), kann dem der OGH, der nicht Tatsa-cheninstanz ist, nicht entgegentreten.

Mit ihren AusfuÈ hrungen zur mangelnden Kartell-rechtswidrigkeit des hier zu beurteilenden Vertragsver-haÈ ltnisses wird die Bekl auf die diesbezuÈ glichen ausfuÈ hr-lichen ErwaÈgungen im Zusammenhang mit der Behand-lung des Rechtsmittels des Kl verwiesen.

Strafsachen

Tatbegriff und Teilrechtskraft im Finanzstrafrecht

DOI 10.1007/s00503-010-1873-5

§§ 1, 33, 53, 214 FinStrG und § 289 StPO:Mit Abgabe einer unrichtigen JahressteuererklaÈrung

unabhaÈngig von der HoÈhe des Hinterziehungsbetragswird ein Finanzvergehen (§ 1 Abs 1 FinStrG) der Abga-benhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG begruÈ ndet.

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