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Studentische Zeitung am Historischen Seminar Die unendliche Weihnachtsgeschichte Nr. 43, Dezember 2013 Avalist

Avalist 43 (Weihnachtsausgabe)

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Page 1: Avalist 43 (Weihnachtsausgabe)

Studentische Zeitung am Historischen Seminar

Die unendliche Weihnachtsgeschichte Nr. 43, Dezember 2013

Avalist

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AvalistAusgabe 43 - Dezember 2013c/o AStA der Leibniz Universität HannoverWelfengarten 2 C -30167 [email protected]

Wir suchen stets nach schreibbegeisterten Kommi-litonen, nach Kreativisten und Grafikern. Bringst du gute Laune und Interesse an Redaktionsarbeit mit, melde dich bei der Redaktion - wir freuen uns!

Redaktion:Jessica Prenzyna, Carina Pniok, Jan HeinemannJulia Wolff, Jenny Treibel, Ronja Hollstein, Alexander Weiss, Jan Waitzmann, Marcel Schrenk

Special Support: der Studierendenrat Geschichte Dennis Bürger, der einzig wahre Sascha

Für die Inhalte der Artikel und die darin vertretenen Meinungen sind allein die jeweiligen Verfasser verant-wortlich.

Inhaltsverzeichnis

Titelthema

Welfengarten

Aus aller Welt

Aus der Redaktion

Oh, Du Fröhliche , S. 4

sanctus vesper et musica pestis, S. 5

Die schönste Zeit des Jahres, S. 6

Warum Weihnachten eben trotz-dem toll ist, S. 8

Berufe im Wandel der Zeit, S. 9

Basteln für Frühaufsteher, S. 11

Immer das Gleiche: Was schenke ich dieses Jahr? , S.12

Weihnachtsvorbereitung auf Perua-nisch, S. 26

Weihnachten bei den Svenssons, S. 27

Warme Weihnachten in Bethlehem, S. 28

Ticker & Sprüche, S. 29Uniwahlen 2014, S. 23

Warum nicht für „Die Partei“, S. 25

Studentische Zeitung am Historischen Seminar

Wissen

Im Moore

Eine Zugfahrt, die ist lustig, S. 17

Quo vadis, Historisches Seminar, S. 18

Koffer - die Geburt einer Legende, S. 19

Der kleine Maulwurf, S. 22

Eine kleine Fabel zur Sache, S. 23

Das etwas andere Weihnachtsmär-chen, S. 13

Weihnachten nach Kriegsende, S. 14

Kochen mit Tobi , S.15

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Vorwort

Avalist 43, Dezember 2013 3

in Euren Händen haltet ihr die 43. Ausgabe des Avalist. Eine ganz besondere Ausgabe, eine Weihnachtsausgabe.

Es ist jedes Jahr das Gleiche: es gibt so viele Menschen, die Weihnachten lieben, aber genau so viele, die Weihnachten hassen. Stimmen, denen man eine Plattform geben sollte. Das haben wir getan. Die vorliegende Ausgabe bietet daher eine bunte Mischung aus allen Stimmungen und Meinungen zu Weihnachten, die wir am Historischen Seminar finden konnten.

Außerdem gibt es einen Bericht über die ErSie-Fahrt nach Bad Grund und einen Artikel von Daniel Rebmann, der uns leider in der letzten Ausgabe durchs Netz gefallen ist. Besonders schön ist, dass wir dieses Mal alle „Generationen“ von Studierenden dabei haben. Vom ErSie bis zum Ehemaligen haben sich alle beteiligt, einen Artikel geschrieben und die Redaktion mit Ideen und Enthusiasmus bereichert. Auch neue Zeichnungen haben wir im Heft. Und Jan Heinemann kommentiert den aktuellen Stand der Dinge im Seminar.

Gleichwohl die Vorlaufzeit, für das Einreichen und Korrekturlesen der Artikel dieser Sonderausgabe sehr knapp ausgefallen ist, konnten wir – nicht zuletzt durch den Rückgriff auf neuste

Editorialvon der Redaktion

Arbeitsmedien – eine stimmige und hochwertige Ausgabe fabrizieren. Darin müsst ihr uns sicher artig zustimmen – anderfalls gäbe es ja auch keine Geschenke, liebe Kinder.

Also egal ob ihr Weihnachten liebt, hasst oder es am liebsten ignorieren würdet. Viel Spaß mit dieser Ausgabe.

Eure Avalist Redaktion

Frohe Weihnachten!

Veranstaltungshinweise:

12.12.13: HistorikA-Weihnachtsparty im Rocker (ab 21 Uhr)17.12.13: HistorikA Table-Quiz (20 Uhr)14.01.14: Spätlese15.-17.01.14: Uni-Wahlen!

Liebe Leserinnen und Leser,

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Titelthema

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Oh, Du FröhlicheWarum Weihnachtslieder toll sind

von Jenny Treibel

Es ist Ende November. Gefühlte vier Stun-den am Tag ist es so etwas wie hell, eine

Mischung aus grau, kalt und ungemütlich. Der Herbst ist vorbei, die letzten Blätter werden zusam-mengefegt. Die Stadt wird kahl und stumm. Was für eine Scheißzeit!

Wen wundert es also, dass ausgerech-net jetzt die Weihnachtszeit anfängt?

Plötzlich werden kahle Bäume mit Lichterketten geschmückt; statt erfrorener Blumen bauschen sich Tannenzweige in den Pflanzenkübeln, ver-strömen einen herrlich-harzigen Duft. Freundinnen treffen sich auf eine Tasse heiße Schokolade oder einen Kaffee, während in den Schaufenstern Ster-ne, Christbaumkugeln und allerlei Flitterkram um die Wette glitzern. Die Menschen glauben immer, man müsse Weihnachten zynisch betrachten. Dass es ein Fest des Kapitalismus und des sinnentleer-ten Kaufens sei. Der Völlerei und endlosen Fami-lientreffen, bei denen sich sowieso niemand mag. Sie tun liebevoll arrangierten Weihnachtsschmuck als kitschigen Schund ab. Und es gibt noch etwas, das vielleicht herausragendste Merkmal, das die-se Grinchs der Moderne auszeichnet: Sie hassen Weihnachtslieder abgrundtief. Wenn sie durch die Fußgängerzone stiefeln, die grimmigen Gesichter tief zwischen Mütze und Schal verborgen, blitzen ihre Augen bösartig auf, sobald von irgendwoher die ersten Akkorde von Last Christmas heranwe-hen.

Dabei sind die Lieder vielleicht noch das ur-sprünglichste und selbstloseste an Weih-

nachten. Alle Jahre wieder versucht ein alternder Popstar sein Image und Konto mit einem poppigen, hirnlosen Weihnachtssong in den Charts aufzupo-lieren. Aber von solchen „Weihnachtsliedern“ soll hier nicht die Rede sein. Ich rede von Melodien, die uns seit unserer Kindheit vertraut sind. Von Texten, die man selbst noch besoffen vom Glüh-

wein zusammen kriegt, während man sich gleich-zeitig fragt, was man morgen eigentlich für einen wichtigen Termin hat. Weihnachtslieder verbinden die Menschen weltweit. Sie sind ein nationenüber-greifendes Kulturgut, das sich immer wieder durch Neuinterpretationen und -auflagen aktualisiert. Sie machen Weihnachten zu einer allumfassenden Er-fahrung, einem alljährlichen kleinen Wunder aus Plätzchenduft, Knusper-Ente, Tannenzweigen und eben Klängen und Harmonien. Wer nie den leich-ten Schauder und den Kloß im Hals gespürt hat, wenn er genau dieses eine Lied hört, das er schon als Kind unter dem Weihnachtsbaum gern hörte, der mag wahrlich ein Herz haben, das vier Num-mern zu klein ist. Der soll sich in seine Höhle hoch oben in den Bergen zurückziehen und mit seinem Echo reden.

Weihnachtslieder wärmen das Herz in der dunklen, kalten Jahreszeit. Sie stimmen

uns auf das Fest ein, mehr noch als Christbaumku-geln oder Printen. Und was macht mehr Spaß, als mit guten Freunden, den andern Verrückten aus dem drittklassigen Schulchor oder auch völlig Frem-den auf der Straße zusammen Do they know it´s Christmas? Zu schmettern? Irgendjemand kennt immer die dritte Strophe, die sonst alle vergessen haben. Und irgendjemand stimmt auch immer nach einigen Sekunden der Stille oder des Lachens das nächste Lied an. Was macht so ein Lieder-Grinch dann? Er steht grummelnd am Rand und ärgert sich darüber, dass er jede Zeile von Tochter Zion mitsin-gen kann und sich nicht traut, weil Weihnachtslie-der ja so was von doof sind. So sehr ärgert er sich, dass er nicht bemerkt, wie sein linker Fuß verräte-risch im Takt mitwippt.

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Titelthema

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sanctus vesper et musica pestisWarum Weihnachtslieder doch nicht toll sind

von Jan Heinemann

Deutschland, ein Gottesstaat Für Christen sind Heiligabend und die Weihnachtsfeiertage ein Grund zur Freude – jedenfalls für all jene Christen, die nicht unmittelbar durch die Religions- und Glaubenskriege, Kreuzzüge und Inquisition betroffen waren oder sind. Für alle Betroffenen und den vernünftigen Rest der Menschheit sind die letzten Dezemberwochen aufgrund dessen wohl eher ein Tag der Trauer. Nicht Volkstrauertage, Weltmenschheitstrauertage! Gleichwohl belügt sich insbesondere der deutsche Bürger gern bezüglich Wirklichkeit und Imagination und ist ein Meister im Verdrehen dieser beiden Zustände, sodass er sich mit Freude der kapitalistischen Doktrin hingibt – obwohl er natürlich gleichzeitig gegen Leiharbeit, Lebensmittelverschwendung und Umweltverschmutzung ist. Dass die Bundesrepublik ein säkularisierter Rechtsstaat ist und die Regierung ihren Eid auf die Bibel und nicht auf das Grundgesetz ablegt, scheint darum auch niemanden zu stören.

Das Fest als doktrinäre Unterbrechung Die Funktion der Weihnachtsfeierlichkeiten liegt damit auf der Hand: 1. Anschub kapitalistischer Produktionsmittel, das schafft Wachstum, Wachstum schafft Arbeitsplätze – wenn man nur feste genug daran glaubt; 2. außerdem wird durch die zelebratöse Unterbrechung die Möglichkeit zu übermäßigem Konsum geschaffen – wenn nicht konsumiert wird, kann auch nicht produziert werden; 3. zelebratöse Alltagsunterbrechungen sind ein Mittel der Stabilisierung von Herrschaft, schließlich will der Bürger sich der Festivitäten hingeben und nicht über politische Problemfälle debattieren – ein Schelm, wer Böses dabei denkt.

Propagandamusik –oder zelebrierter Militarismus Ich mag den Winter, schön kalt muss er sein, mit viel Schnee. Ich mag Glühweinstände und Schmalzgebäck, ich mag Pfefferkuchenkekse. Ich mag sogar die Lichterketten im Geäst der Innenstadt. Aber ich mag keine zwanghaft („Ich MUSS noch schmücken, bald ist Weihnachten!“) drapierten Staubfänger – und noch viel weniger mag ich Weihnachtsmusik! Denn Weihnachtslieder sind nicht einfach nur „ursprünglich“, romantisch, soziale Interaktion provozierend – Weihnachtslieder sind, um mit Foucault zu sprechen, disziplinierend. Sprich: Weihnachtslieder indoktrinieren Menschen zugunsten der oben beschriebenen Prozesse. Dabei bedienen sie sich des einfachsten Stilmittels der Menschheitsgeschichte: der stetigen Wiederholung. Das Wham! (Last Christmas) jedes Jahr aufs Neue eine Abfuhr

bekommt, dass die Glocken bimmeln und Tannenbäume grün sind (und das sind sie übrigens sogar im Sommer!), hat man spätestens nach drei Jahren verstanden. Aber Wiederholung ist effektiv, Wiederholung macht Chart-Platzierungen. Lieder werden einfach so lange wiederholt, bis das Gehirn den letzten Widerstand aufgibt und beginnt, die Melodien zu speichern – und was das Gehirn wiedererkennt, das findet es toll. Das absurdeste an diesem Effekt ist aber, dass er sich militärischer Mittel bedient. Nicht nur der Disziplinierung durch Wiederholung: aus jedem zweiten Karussell- und Fressbudenlautsprecher dröhnt Marschmusik – das erkennt der entsensibilisierte und reizüberflutete Weihnachtsmarktgänger natürlich nicht. Ganz neben Radetzky-, Defilier- und Reitermarsch kann man auf „In der Weihnachtsbäckerei“ herrlich einen französischen Grenadiermarsch des Premier Empire schmettern (On va leur percer le flanc! ran tan plan tire lire lan plan... ♫). Dass die „Sehnsucht nach Gemeinschaft“ uns in den Zweiten Weltkrieg geführt hat, haben namhafte Politiker bereits nach Ende desselben festgestellt, dass man diese Sehnsucht heute allerdings im Rahmen religiöser Feierlichkeiten zelebriert, macht das Ganze noch sehr viel kurioser! Warum feiern wir nicht den Tag der Deutschen Einheit oder den Volkstrauertag entsprechend? Das Ende des Krieges können wir ja nicht zelebrieren, schließlich haben wir nie einen Friedensvertrag unterzeichnet, die BRD ist noch immer Besatzungszone und eine souveräne Verfassung haben wir uns auch nie gegeben. Am Ende ist die Weihnachtszeit ein künstliches Konstrukt, das sich Massenmanipulation bedient und eine religionsstaatliche Doktrin verbreitet.

Jedem das Seine Ich bin Demokrat, darum stehen für mich die Prinzipien Toleranz und Selbstbestimmung oben an. Will sagen: jeder kann so exzessiv tun und lassen, also auch Weihnachten feiern, wie er möchte, solange er andere damit nicht belästigt. Ich fühle mich belästigt. Gerade durch Weihnachtsmusik, denn Musik kann man nicht ausweichen, Musik kann man nur abschalten.

Man lese diesen Artikel entsprechend seines genealogischen Anspruchs, wie ich ihn seit einigen Ausgaben als Leitstil entworfen habe, und mit einem gewissen Schmunzeln.– Denkt gefährlich! Hinterfragt das offensichtliche. –

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Titelthema

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Die schönste Zeit des Jahres… zum Abgöbeln

von Daniel Rebmann nach fast wahren Begebenheiten

Es gibt viele Menschen auf der Welt. Einige davon sind Christen und einige von diesen Christen glauben an Nächstenliebe und sowas. Und diese Nächstenliebe wird besonders an Weihnachten hochgehalten, wenn alle versu-chen nett zu einander zu sein. Zum Kotzen! Was bringt es das ganze Jahr über ein Arsch zu sein und nur einmal an Weihnachten zum Gottesdienst zu gehen und sich dann des-wegen groß aufzuspielen. Und noch schlimmer, was bringt es einem zu diesem einen Gottesdienst zu gehen, wenn man sich danach einfach direkt auf dem Weihnachtsmarkt zulau-fen lässt!

Hier könnte es so schön darum gehen, dass die meis-ten sog. Christen keine Ahnung haben, was sie da eigentlich feiern. Und selbige sich als eben Christen definieren, indem sie der Kirche Geld in den Rachen werfen und denken das reicht. Oder darum, dass die heilige Mutter Kirche dieses Geld gerne nimmt, um sich ihren geheiligten Arsch damit abzuwischen und nichts davon an Gemeinden weiterzuge-ben. Aber nein! Hier soll es um den schlimmsten und wider-wärtigsten Pool menschlicher Abartigkeit gehen, den man in dieser hochheiligen Zeit betrachten kann. Den Weihnachts-markt!!!

In der Stadt wie auf dem Dorf ist es jedes Jahr die gleiche Prozedur, dass irgendwann das bunte Gerümpel auf dem zentralen Platz, das da seit dem Schützenfest stand, ent-fernt wurde, und durch erst vor kurzem verstorbenes Holz in Form einer Tanne ersetzt wird. Und es beginnt der übli-che Weihnachtsreigen darum herum. Tagsüber laufen Men-schen umher, um gutgemeinte Ausreden für Geschenke zu kaufen, bei dem Stand bei dem mundgeklöppelter Schund für wohltätige Zwecke verkauft wird. Der gute Weihnachts-christ lässt sich aber gerne auf die Abzocke ein, da er denkt, dass er damit ein gutes Werk tut. Sonst ist er das ganze Jahr über ein Antisemit, homophob und auch sonst ein Arsch und würde eben selbigen Wohltätigkeitsstand im Sommer nicht mal anschauen. Aber an Weihnachten ist das ja was gaaanz anderes. Und klein Pubert von und zu guckt die Tante ko-misch an, weil er eigentlich das neueste FSK 18 Ballerspiel haben wollte oder die neueste Imitation irgendeiner Amok-läuferwaffe aber die nette, etwas verwirrte Tante ihm teure-ren Mist aus Echtholz schenkt, den man im Baumarkt hätte billiger haben können. Der Schund wird zwar auch von Kin-dern hergestellt, aber nicht in Deutschland.

Der gute Weihnachtschrist ist ja ein Patriot und un-terstützt lieber unsere deutsche Wohltätigkeit - und denkt er hätte dabei was Gutes getan. An selbigem Stand stehen je-

doch nicht die Erbauer des Mülls selbst, sondern ihre nächs-ten Verwandten im Geiste, die sehr unmotivierten Konfir-manden der nächsten Gemeinde. Sie wurden von ihrem Diakon freiwillig in diesen Job gezwungen, da man ja sonst Kinderarbeiter hätte engagieren müssen. Der junge Linus und der Kai-Uwe würden währenddessen eigentlich lieber gepflegt Marihuana hinter der Bude konsumieren aber nein, sie wurden von den netten Leuten von der Kirche in Ver-tretung ihrer Eltern dazu gebracht, sich in dieser Bude die Beine in den Bauch zu stehen und den Hintern abzufrieren, dank der viel zu kleinen Heizanlage, bei der man sowieso Angst haben muss, dass sie explodiert wenn man einmal da-gegen stößt. Dem ist so, da selbiger Wärmespender schon im Einsatz war, als noch die Eltern der beiden Jugendlichen in derselben Butze ihren unfreiwilligen Dienst taten.

Tja Jungs, selber schuld, wenn man dem Pastor im Konfirmandenunterricht ans Bein pisst. Neben dem Behin-dertenstand (behindert ist ja eigentlich jeder Stand auf so einem Markt) steht der ach so weihnachtliche und der ach so christliche Stand mit dem Schmuckgerümpel. Heidnische und sadistische Symbole prangen hier um die Wette mit kaufbaren Symbolen zur Verherrlichung des Konsums für illegale Drogen. Im Klartext hängen Pentagramme neben Thorhämmern und Ketten mit Peaceblättern. Und manchmal erspäht man darunter sogar ein kleines (sehr christliches) umgedrehtes Kreuz. Oh du Fröhliche…… Neben diesem Stand wiederrum steht der Hippie-Stand vom verrückten Esoterik-Onkel, der kleine filigrangefertigte Buddha-Fi-gürchen verkauft. Weiß doch jeder, dass Buddha an Weih-nachten geboren ist. Oh du Seelige… Daneben stehen die modernen Sternensänger mit ihren Panflöten und ihren tra-ditionellen Gewändern aus den peruanischen Anden. Aber Illegale haben sich die Chance verdient hier wenigstens ein bisschen Geld für zu Hause zu machen. Somit wird nicht weiter auf sie eingedroschen.

Zeit ist es nun zu den beiden schlimmsten Parteien zu kommen die in einer Rubrik enthalten sind und an diesem Weihnachtsklüngel teilnehmen. Die Rubrik KUNDEN.

Das schlimmste am Weihnachtsmarkt sind weder die eigenartigen Stände, noch die Fress- und Saufbuden mit ih-ren hygienisch sehr fragwürdigen Methoden. (Wobei eben diese Methoden im Zusammenhang mit der zweiten Gruppe nochmal interessant werden.) Nein, das Größte aller Übel, das der liebe Herrgott an Weihnachten über uns herfallen ließ, sind die Besucher des Weihnachtsmarktes! Diese teilen sich in zwei Gruppen auf. Und nein, es sind nicht Verblen-

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Titelthema

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dete und Idioten, obwohl das passen würde. Es sind die Pär-chen und die Abendgesellschaften. Es ist anzumerken, dass sich beide Gruppen um den ersten Platz bei der Widerwär-tigkeit, Verlogenheit und Falschheit ihrer Kategorie einen sehr harten Kampf liefern.

Die erste Widerlichkeit, die hier behandelt werden soll, sind die ach soooooooo glücklichen Pärchen, die über den Weihnachtsmarkt schlendern. Es hat seinen Grund, warum die Selbstmordrate an Weihnachten steigt. Weil ein normal denkender und fühlender Mensch von dieser klebrig süßen Pärchen-Arie so angeekelt ist, dass er die Welt, in der so etwas möglich ist nicht mehr ertragen kann. Zur Weih-nachtsmarktzeit zieht es all die eigentlich gescheiterten Paa-re, die sich zu Hause nicht mehr ertragen können nach drau-ßen, an die frische Luft (frisch ist auf dem Weihnachtsmarkt differenziert zu betrachten), um gemeinsam ihre sinnentleer-te Beziehung zu zelebrieren. Während man sich zu Hause fast an die Gurgel geht, muss man auf dem Weihnachtsmarkt natürlich allen zeigen, dass man doch total glücklich ist mit-einander und präsentiert sich als perfektes Traumpaar. Da-mit der Partner dann auch die Fresse hält, stopft man ihm bedenklich klebrige Süßspeisen in die Futterluke, damit er sich nicht verplappert. Diese Speisen sind so exotisch wie würgreizbegünstigend und für den Verkauf das ganze Jahr über nicht zu empfehlen (darum wird mit dem Verkauf selbi-ger nur auf geschlossenen Flächen, wie Weihnachtsmärkten und Rummeln Geld verdient).

Zum Glück gibt es keine Insekten im Winter, sonst würden die ganzen Buden Wespen- und fruchtfliegenhalti-ge Süßigkeiten-Bomben verkaufen. Somit sieht man jedes Jahr die ach so Glücklichen um diese Bazillenfabriken her-umschlendern und sich gezuckerten Ersatz für Sexspielzeug gegenseitig oral einführen. Unterdrückte Frustration und Verzweiflung werden in jämmerlichem Lachen und einge-übten Zärtlichkeiten ausgelebt. Aber für die anderen soll es traumhaft aussehen. Händchenhaltend und verliebt einander anschauend flanieren diese Werbeträger für Abtreibung über den Ort des Grauens. Und schieben sich Kalorien rein we-gen der sie sich selbst und einander im Frühjahr zum großen Abnehmen hassen werden. Sie schmücken den Weihnachts-markt als grausiges Detail der lebensbejahenden Gesell-schaft, die es am liebsten nicht mehr wäre. Sie sind noch jung genug und denken tatsächlich, dass sie noch etwas im Leben schaffen werden. Arme Irre.

Die, die schon alle Hoffnung fahren gelassen haben kommen erst raus, wenn es dunkel wird. An dieser Stelle sollte dieser Gruppe ein Dank ausgesprochen werde, dass sie die Gesellschaft nicht am Tage mit ihrem Anblick ver-stört. Es sind die Abendgesellschaften der Glühweinsäufer. Sich aus den Kneipen und Spelunken der Region rekrutie-rend, ziehen sie im Winter entgegen ihrer Natur in die eisige Kälte des Weihnachtsmarktes. Wenn Vati das Eheweib und die Kinder bei den Süßigkeiten abgehängt hat, trifft er am

Glühweinstand seine alten Schulkameraden, um mit ihnen die Hoffnungslosigkeit ihres Daseins unter dem Deckmantel aufgesetzter weihnachtlicher Harmlosigkeiten zu ertränken. Das Werkzeug dieser traurigen Tat übertrifft in Widerlich-keit die Täter um Längen. Es sind der übliche Glühwein und seine ekelhaft süßlich schmeckenden Verwandten mit Schuss. Jaaaa der Glühwein. Ungesund und abführend zu-gleich, zersetzte er schon Generationen von Gehirnzellen und Mageninnenwänden. Jeder, der schon mal einen Weih-nachtsmarkt betreten hat, kennt den Duft, der einem schon lange bevor man diesen Ort sieht, in die Nase steigt. Zer-mürbend süß und dennoch so angefüllt mit Alkohol, dass es die Mischung einem augenblicklich die Tränen in die Augen treibt. Der Glühwein, der alleine durch seinen Geruch das Gefühl vermittelt, als hätte man Tyll auf der Zunge. Man möchte kurz vor dem Weihnachtsmarkt innehalten, um an-dächtig zu brechen, aber man wird von seinen teilbetrunke-nen Kollegen immer weiter reingeschoben, in diese Wolke der Abscheulichkeit, bestehend aus Zucker und abgestande-nem, aber wieder aufgekochten, gepuschten und gestreckten Alkohols, in Erwartung des bevorstehenden Vollrausches.

Vergammelndes Holz, dem der ruhige Tod schon seit Jahren verwehrt wird und das stattdessen jedes Jahr wieder rausgeholt wird, rahmt diese Orgie aus sinnlosen Reden und den mit ihnen einhergehenden Alkoholkonsum ein. Auf dem Boden steht knöcheltief ein widerwärtiger Brei aus Papier- und Plastikverpackungen, Holzresten, Glasscherben, Erbro-chenem und im schlimmsten Falle Schneematsch, der das ganze befeuchtet und vermengt zu der ekligsten Suppe, die man sich vorstellen kann. Stellenweise liegen auch Besoffe-ne auf dem Boden und wälzen sich im Sud dieser Hölle auf Erden. Man möchte eigentlich nicht einfach nur schweben, sondern gleich davonfliegen aber es gibt kein Entkommen. Und die meisten Menschen wollen es auch nicht. Vati freut sich, wenn er mit seinen alten Saufkumpanen bei dem wider-lich-süßen Nektar der Gescheiterten unwahre Geschichten austauschen kann und danach folgerichtig ins Dunkel mit ihnen zum um-die-Wette-Kotzen hinter der Glühweinbude verschwindet, bevor Mutti ihn erwischt und ihn nach Hause tritt, weil der versoffene Arsch sich mal wieder abgeschos-sen hat. Während Vati dann von Mutti nach Hause gezogen wird – zum Ausschlafen seines Rausches und der darauf-folgenden Standpauke am nächsten Morgen im verkaterten Zustand – versucht er sich krampfhaft an irgendwelchem Firlefanz von den Verkaufsständen festzuhalten, um sie dem Eheweib vorzusetzen, als Bestechung zur Milderung seiner Strafe.

Na dann mal fröhliche WeihnachtenGefakte Leserkommentare:Der Weihnachtsmarkt als Horrorvision von Hieronymus Bosch.

Es ist als ob Ditmar Wischmeyer und Charlotte Roche auf einem Dach ste-hen und auf einen Weihnachtsmarkt herab urinieren.

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Titelthema

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Warum Weihnachten eben trotzdem toll istvon Carina Pniok

Nach einer Daseinsberechtigung für die-sen Artikel wurde ich öfter gefragt.

Schließlich sei Weihnachten ja so schrecklich. Heuchelei von Nächstenliebe, Konsum, alles nur Konsum. Einmal im Jahr in die Kirche gehen? Scheinheilig! Singles sind noch entrüsteter. Und dann die Familie! Familie ist ja so anstrengend, alle sind da, jedes Jahr die gleichen Geschich-ten, die erzählt werden und Tante Uschi sinniert zum x-ten Mal über Blasenentzündungen, die sich die jungen Mädchen heutzutage bei der heutigen Mode ja zuziehen müssen. Was ein Stress, diese Schmückerei. Weihnachtsmarkt ist nur Abzocke. Ja gut, da kann ich, außer vorher drauf sparen oder nicht hingehen, auch keinen Rat zu beitragen.

Ja, Weihnachten ist Stress. Meine Oma nervt mich spätestens ab Ende Oktober

damit, dass sie gern wissen möchte, was ich mir zu Weihnachten wünsche. Schließlich hat sie als Rentnerin und Altenheimbewohnerin ja keine Zeit, um sowas kurzfristig zu organisieren. Ganz besonders auch deswegen nicht, weil meine Mut-ter alle Geschenke für meine Oma besorgen muss, da diese nicht mehr in die Stadt fahren darf, weil sie sich sonst verläuft. Aber genau das macht es doch aus. Es geht nicht darum, dass meine Oma ganz besonders viel Geld in Geschenke investiert. Nein. Es geht darum, dass sie mir und auch mei-ner restlichen Familie eine Freude machen möch-te. Sie kauft also nicht irgendwas, tut ihre Pflicht und Schuldigkeit mit Socken oder ähnlich Unkre-ativem. Nein. Als sie noch gesund war, sind wir im November gemeinsam in die Stadt gefahren und sind bummeln gegangen. Wir haben irgendwo einen Kakao getrunken und eine Waffel gegessen und haben uns dann all die schönen Sachen an-gesehen, die man gern hätte. Entweder hat man danach eine Jeans anprobiert und sie lag darauf-hin Wochen später unterm Baum oder man ist im Schmuckladen immer an der gleichen Uhr hängen geblieben. Das soll Kommerz sein? Nein. Es ist die Zeit, die man miteinander verbringt. Es ist die gemeinsame Zeit, die man damit verbringt, zu-sammen zu schlendern und sich Sachen anzuse-hen. Und die Aufmerksamkeit des anderen sich zu merken, was einem gefällt, und ihn dann Wochen später damit glücklich zu machen. Nicht weil es einen bestimmten materiellen Wert hat, sondern weil sich diese andere Person aus deinem Leben gemerkt hat, was dir gefällt. Deswegen macht

Schenken mir Spaß.

Heute, wo es meiner Oma leider nicht mehr so gut geht, schreiben wir alle

Wunschlisten. Meine Mutter sammelt sie ein und ich verwalte jene meiner Mutter. Da stehen so Dinge drauf wie Bücher, die man gern lesen wür-de, Filme, die einem im Kino besonders gut gefal-len haben, die man gern öfter sehen würde. Oder der Ring, der so schön geglitzert hat. Und wieso wir nicht einfach jedem erzählen, was wir haben möchten? Weil wir genau das nicht wollen! Noch-mal, es geht nicht um einen materiellen Wert, son-dern darum sich insgeheim abzusprechen und zu beraten, was von der Liste eine besondere Freude wäre. Die heimlichen Besorgungen, Verstecke im Zimmer zu finden und die Sachen unbemerkt und liebevoll einzupacken. Die Überraschung und die Freude an Heiligabend. Dass mein Gegenüber sich Gedanken gemacht hat, was mir gefallen könnte. Und die Freude anderen eine Freude zu bereiten, ist unbezahlbar und deswegen kein Kommerz.

Und nun zum Rest der Familie. Meine Familie lebt über Deutschland verteilt.

Ich kann nicht jederzeit zu ihnen rübergehen, wenn ich das möchte und mit ihnen plaudern oder Zeit mit ihnen verbringen. Das geht nicht. Aber Weihnachten, da ist das möglich. Ich weiß, dass es Berufe gibt, bei denen die Menschen Weihnachten nicht frei haben. Mein Vater sitzt auch immer auf heißen Kohlen, weil er zwischen Weihnachten und Neujahr dankenswerter Weise Bereitschaft hat. Aber so lange sein Telefon nicht klingelt, ist die

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ganze Familie Weihnachten zusammen. Wir sitzen an einem Tisch und es geht mal nicht um die Ar-beit. Es geht nicht um Stress, sondern die Spie-lesammlungen werden hervorgekramt. Wir sitzen alle am großen Esstisch, der Ofen ist an, meine Mutter hat alle Kerzen angezündet. Vor Wochen hat sie hier festlich und weihnachtlich dekoriert. Alles schimmert im Kerzenlicht. Es glitzert, der Ofen knistert. Es riecht nach Mandarinen und Orangen. Und der größte Stress, den wir haben, ist die Frage, wieso mein Vater und mein Bruder eigentlich kein Mensch-ärger-Dich-nicht spielen können, ohne massiv zu schummeln. Ja, das ist je-des Jahr das Gleiche. Jedes Jahr sitzen wir zusam-men und spielen und verbringen einfach nur Zeit zusammen. Das kann man ätzend finden. Aber ob-wohl es hier manchmal hoch her geht, gibt es für mich nichts Größeres als meine Familie. Und nur an Weihnachten haben wir alle die Zeit, uns nur darauf zu konzentrieren.

Wir sitzen drei Tage zusammen, wir spielen, kochen, essen. Andere Fa-

milienmitglieder kommen noch zu Besuch. Klar kann das auch stressig sein. Aber dafür hat man sich wiedergesehen. Ich habe dann wieder meine Tante gesehen. Fast 70 ist sie. Sie trägt golden und silbern glitzernde Klamotten. Jeder Fingernagel glitzert in einer anderen Farbe. Auf ihrem blond-toupierten Haar sitzt eine glitzernde und blinkende Weihnachtsmütze. Auf ihrem Pulli in XL prangt ein Reh, das in Regenbogenfarben schimmert. Wenn meine Tante anfängt zu lachen, lachen alle mit. Ich weiß nicht, wie die Weihnachtsmuffel un-

ter euch sowas nicht gut finden können. Mir geht jedes Mal das Herz auf. Ich freue mich immer wie-der. Meine Oma beklagt sich dann, dass im Alten-heim nur alte senile Menschen leben würden, mit denen sie nichts anzufangen weiß und pöbelt dann erst mal lustig vor sich hin. Und wenn man sie daran erinnert, dass sie 90 ist und selbst dement, muss man schnell in Deckung gehen. Denn dann kann es sein, dass sie sich auf ihre zarten 1,50m aufrichtet und einem verbal noch mal ordentlich zusammenstaucht, man solle gefälligst nicht so frech sein. Sie steckt dann voller Leben inmitten all ihrer Lieben.

Moment mal? Bei der soll das so harmo-nisch Weihnachten sein? Nein, natür-

lich nicht. Nur mit dem Unterschied, dass meine Mutter Mitte November beginnt durchzudrehen und dann Weihnachten keine Energie mehr hat, sich über die Parasiten, wie wir unsere Verwandt-schaft liebevoll nennen, aufzuregen. Wir erledi-gen das vorher. Das kann dann auch mal ordent-lich laut werden. Da fliegen die Fetzen, aber es ist ausgesprochen. Es wird geschrien und gemotzt. Weihnachten sei ja so ein Stress. Wieso tun wir uns das alle Jahre wieder an? Ja, und wieso? Aus den oben genannten Gründen. Weil wir das restli-che Jahr über keine Zeit finden, uns Zeit füreinan-der zu nehmen. Und ja, dann haben wir uns Weih-nachten tatsächlich lieb und wir sitzen zusammen und freuen uns einfach, dass wir uns haben und diese drei Tage gemeinsam verbringen dürfen. Ge-nau deswegen liebe ich Weihnachten so sehr.

Titelthema

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von Jörg Schendel

Berufe im Wandel der Zeit

Maulwurf: Herzlich willkommen und vielen Dank, dass Sie sich Zeit für uns und unsere Leserschaft genommen haben. Sie sind auch sicherlich heute noch eine vielbeschäftigte Frau, oder nicht?Christkind: Ja, aber sicherlich doch. Ich reise fast das gan-ze Jahr durch die verschiedensten Länder der Welt. Auftritte, kleine Moderationen, Fotosessions, alles was man sich so denken kann.Maulwurf: Hm. Also ich ging eher davon aus, dass Sie das Jahr über die Geschenke vorbereiten, die Sie dann am Weih-nachtsabend verteilen. Oder haben Sie dafür Helfer, die die-sen Teil der Arbeit organisieren.

Christkind: Helfer? Helfer!? So wie der dicke Typ in dem roten unmodischen Regenmantel? Soll ich mir auch kleine Gnome, Kobolde und Elfen als Sklaven halten, damit es zum Heiligen Fest genug Krimskrams gibt, den man unter den Baum legen kann? Sehe ich aus wie ein zweiter Primark?Maulwurf: Okay, anscheinend sind Sie auf den Weihnachts-mann oder auch Santa Claus, wie manche ihn nennen, nicht gut zu sprechen. Hat er Ihnen in den letzten Jahrzehnten zu-viel Kundschaft gekostet?Christkind: Ach, Maulwurf, wissen Sie, eigentlich ist der Dicke ja ganz okay. Seine Arbeitsbedingungen sind das Pro-blem. Das was er da macht, ist in keinem Land außer am

Ein Interview mit dem ehemaligen Geschenkebringerund langsam in Vergessenheit geratenen Topmodel Das Christkind

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Titelthema

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Nordpol möglich, wenn man vielleicht von Nordkorea ab-sieht. Was mich an der ganzen Sache stört, ist eben, dass er eine Erfindung eines einfachen, weltlichen Unternehmens ist und über die Jahre, durch die vielen Gedanken der Kinder an ihn, zu einem physisch vorhandenen Wesen geworden ist.Maulwurf: Gab es den Weihnachtsmann vor der Idee von Coca Cola nicht? Da wissen Sie anscheinend mehr. Ich ging bisher davon aus, dass der Weihnachtsmann niemand ande-res ist als der Nikolaus mit einer neuen Werbeidee für seine Person.Christkind: Nein, der Nikolaus ist wer anders. Der benötigt auch gar nicht die Aufmerksamkeit wie ich oder der Weih-nachtsmann. Der Nikolaus hat noch immer den Vorteil, dass er ein Heiliger dieser seltsamen katholischen Kirche ist. So-lange es die gibt, muss er sich keine Sorgen um seine Exis-tenz machen. Und ich fürchte diesen ehemaligen Fischerei-verein wird es noch ein ganzes Weilchen geben.Maulwurf: Die letzten Worte habe ich gerade überhört, aber ich möchte darauf zu sprechen kommen, dass Sie wieder an-gedeutet haben, dass Ihre Existenz oder auch die Existenz des Weihnachtsmannes vom Glauben abhängt, wie ist das genau?Christkind: Es ist eigentlich ganz leicht. Wobei – für euer eingeschränktes irdisches Wissen könnte es schon kompli-ziert sein. Daher versuche ich es zu vereinfachen. Solange ein Gedanke, oder sagen wir eine Erinnerung existiert, so-lange existiert auch der Gegenstand auf den er/sie sich be-zieht. Sie sind doch selber Historiker, Sie können doch die Macht einer Erinnerung erahnen. Wenn nun genug Leute an die Existenz eines natürlichen oder übernatürlichen Wesens glauben, so entsteht dieses auch. Der genaue Zusammen-hang zwischen der Gedankenkraft und der Entstehung von Wesen ist zu kompliziert, um ihn hier genauer darzulegen, aber irgendwann werdet ihr Menschen ihn verstehen.Maulwurf: Ähm… okay. Sie sagen also, dass wenn genug Menschen an etwas glauben, dann fängt es auch an, zu exis-tieren? Christkind: Ja, genau das sage ich. Maulwurf: Warum gibt es dann keine Vampire. Ich mei-ne ja nur, die ganzen Bücher der letzten Jahre, die ganzen verrückten Teenies, die sich ebenfalls einen eigenen Glitzer-vampir wünschen. Warum gibt es die dann nicht?Christkind: Da sollten Sie einmal mit der Gewerkschaft der Vampire reden. Glauben Sie mir, keiner hat sich mehr über diese Bücher aufgeregt als jene Herren. Jahrhunderte lang versuchen sie, versteckt zu leben und dann werden reihen-weise Bücher voller Lügen veröffentlicht. Das war damals eine interessante Vollversammlung der VeneL.Maulwurf: VeneL?Christkind: Vereinigung eigentlich nicht-existenter Lebewe-sen.Maulwurf: Und in dieser Vereinigung sind all die seltsa-

men Lebewesen wie Elfen, Trolle, Osterhasen oder auch die Zahnfee?Christkind: Im Großen und Ganzen schon. Jedes Jahr kommt wer neues hinzu und andere verlassen uns, da sie vergessen werden. Und falls es Sie interessiert, unser Vor-sitzender ist momentan das Sockenmonster.Maulwurf: Sockenmonster? Klingt gefährlich.Christkind: Ist es nicht. Es ernährt sich ausschließlich von nassen Socken. Und auch immer nur von einer eines Paa-res.Maulwurf: Ich bin mir nicht sicher, ob ich mehr darüber wissen möchte. Scheint ja ein recht exklusiver und gehei-mer Verein mit einem recht einmaligen Präsidenten zu sein.Christkind: Und ich bin mir nicht sicher, ob ich nicht schon zuviel erzählt habe.Maulwurf: Also zurück zu Weihnachten. Sie machen sich also Sorgen, dass Sie irgendwann gar keine Rolle mehr spielen?Christkind: Nee, nicht so wirklich. Sind wir doch einmal ehrlich, wenn Sie die Wahl haben, dass ihre Geschenke, von einem dicken, bärtigen, nach Milch und Keksen rie-chenden Mann gebracht werden, oder von mir, einer blon-den, grazilen Schönheit, welche Wahl würden Sie treffen?Maulwurf: Stimmt, die Wahl erscheint recht einfach.Christkind: Stellt sich für mich eigentlich nur die Frage, warum das momentan nur die Menschen im Süden eures Landes erkennen. In euren Bundesländern Bayern, Baden-Württemberg und Österreich.Maulwurf: Das Thema möchte ich dann doch lieber nicht vertiefen, aber eine letzte Frage. Was würden Sie unseren Lesern für das Weihnachtsfest mit auf den Weg geben?Christkind: Hm. Ebenfalls eine gute Frage. Liebe Leser dieser kleinen hochqualitativen Zeitung. Weihnachten ist kein Fest des Konsums, es geht nicht darum wie viel ihr dem Coca-Cola Gott opfert. Es geht um die Gesten, die Nähe, die Liebe, die Menschen um euch herum. Nehmt euch nach dem Lesen dieses Interviews einen Moment Zeit. Schaut euch um. Denkt darüber nach, was ihr zu Weihnach-ten plant. Entspricht es dem Gedanken von Weihnachten? Oder stürzt ihr euch wieder nur in den neuerlichen Kauf-rausch, den ihr auch von anderen erwartet, um genau das zu erhalten, was ihr anderen vorher monatelang, gebetsmüh-lenartig immer wieder vorgestellt habt?Nehmt euch Zeit. Nehmt ein, zwei eurer Kommilitonen in den Arm und freut euch einfach darüber, dass die Men-schen auch nett zueinander sein können.Und nicht zu vergessen: Nutzt die zwei Wochen Weih-nachtsunterbrechung, um mit den Hausarbeiten anzufan-gen. Das wird im Januar sonst zu knapp.Maulwurf: Vielen Dank für das Interview, dem ist nichts hinzuzufügen.

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Bastelideen für frühaufstehervon Carina Pniok

bekommt ein kleineres Schild als beispielsweise Manfred-Wolfgang-Peter. Erklärt sich von selbst.

Und der Rest ist ganz einfach. Ihr schneidet immer größer werdende Rechtecke aus den verschiedenen Papiersorten aus und klebt sie dann entwe-der ordentlich oder bewusst kreuz und quer übereinander. Die Abstandsklebepunkte könnte man zum Beispiel un-ter einem kleinen Stern plat-zieren.

Am Ende muss das Ganze noch einmal gelocht werden. Dann zieht ihr das Band eu-rer Wahl durch, macht eine Schleife und befestigt das

ganze am Geschenk.

Und fertig sind eure ganz persönlichen Einzel-stücke für eure Lieben.Soviel gleich zu Beginn: das hier ist nichts

für Leute, die Geschenke am 23.12. kaufen. Denn die haben sowieso keine Zeit zum Ge-

schenke selbst einpacken und lassen das in den Geschäften machen, auch wenn das zur Weih-nachtszeit echt ins Geld gehen kann. Zumindest dafür, dass man am Ende eine Bratpfanne im Lo-gomuster des Kaufhauses eingepackt hat.

Für alle, die das nicht so prickelnd finden, hier eine Idee, wie man die Geschenkverpackung weiter in-dividualisieren kann, indem man die Namensan-hänger selber bastelt. Die sind nicht nur praktisch, weil es dann zu keinen peinlichen Verwechslungen kommt, sondern auch wirklich hübsch und verlei-hen für alle Weihnachtsliebhaber den Geschenken das Tüpfelchen auf dem I.

Im ersten Schritt legt man sich alle Bastelutensi-lien zurecht. Ihr braucht verschiedenfarbiges Pa-pier, eine Schere, Kleber, Glitzerstifte, ein Lineal, einen Bleistift, einen Locher, Bänder und optiona-le Abstandsklebepunkte.

Dann entscheidet ihr erst einmal, wie groß ihr die Anhänger machen wollt. Es empfiehlt sich die Größe der Länge des Namens anzupassen. Uwe

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Immer das gleiche: Was schenke ich dieses Jahr?Dos und Don‘ts bei Geschenken für die/den Liebste/n

von der Redaktion

Frauen- Haushaltsgegenstände - Diäthinweise - Digitale Bilderrahmen- Süßigkeiten- Geschenke im Kaufhaus mit Logo des Ladens auf dem

Papier einpacken lassen

+ Dinge, die sie in den letzten 4 Wochen als besonders schön bezeichnet hat (Jungs, seid aufmerksam)

+ Theaterkarten+ Gutscheine für Ausflüge (wenn sie denn auch eingelöst

werden) + Fotoalben von vergangen gemeinsamen Ausflügen+ Bücher (auch gilt erhöhte Aufmerksamkeit)+ DVDs von den Lieblingsfilmen und Lieblingsserien+ Wellness Gutscheine+ Gebrauchsgegenstände, die ausdrücklich gewünscht wur-

den+ alles, was ausdrücklich gewünscht wurde+ Schmuck und Parfum (gilt allerdings nur, wenn man sich

ganz sicher ist, dass es auch das richtige ist. Sonst kann der Duft schon mal als Kloreiniger enden)

Männer- Krawatten, Socken, Unterwäsche- Süßigkeiten- Diäthinweise- Schreibwaren

+ nützliches Werkzeug+ Bücher + DVDs+ technische Geräte (außer digitale Bilderrahmen)+ gemeinsame sportliche Aktivitäten (beispielsweise in den

Hochseilgarten oder ähnliches)

Jedes Jahr ist es das Gleiche: Weihnachten kommt immer so wahnsinnig überraschend. Und am 20. De-zember fehlen grundsätzlich immer noch Geschenke. Der Erfahrung nach ist es meist das für den Freund oder die Freundin. Damit wollen wir nicht sagen, dass es leichter ist, der Familie etwas zu schenken.

Aber das ist die Familie, die mögen einen auch ohne super kreatives Geschenk. Außerdem schenken die meis-ten von uns ihrer Familie bereits seit ca. 15 Jahren und mehr Geschenke zu Weihnachten. Da hat man schon Übung, ist routiniert und weiß auf jeden Fall, was man zur Not schenken kann, falls einem nichts anderes einfällt.

Das ist bei der Freundin oder dem Freund meist anders. Und abgesehen von der Tatsache, dass man noch keine Routine

hat, ist es in dieser Beziehung auch wichtiger. Die Wirkung des Geschenkes kann über die Stimmung des Partners ent-scheiden. Und dazu kommt, dass die Außenwirkung eines solchen Geschenkes nicht zu unterschätzen ist. Diäthinweise oder einfach irgendein Parfum kommen bei den Damen der Schöpfung nicht besonders gut an. Und sicher kein Kerl freut sich darüber, eine gemeinsame Unternehmung mit der Liebsten zu machen, wenn die Schwiegermutter in Spe dabei ist.

Unten haben wir einige Vorschläge aufgelistet. Grundsätzlich gilt aber folgendes: es ist wichtig sich Gedanken zu

machen. Zu überlegen worüber sich der andere freuen könnte. Oder in den Wochen vor Weihnachten aufmerksam zu-hören, wenn irgendwelche neuen CDs oder DVDs angepriesen werden, oder die Liebste auf das eine Armband immer wieder deutet. Und sollte das Geschenk dann doch nicht der Wahnsinn sein, er oder sie merkt aber trotzdem, dass dahin-ter persönliche Gedanken und Mühe stecken ist das immer noch Gold wert. In diesem Sinne: viel Spaß beim schenken.

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Das etwas andere WeihnachtsmärchenFrankreich 1914

von Sebastian Schütte

Es hieß: „Bis spätestens Weihnachten sind wir alle wieder zu Hause.“ Pustekuchen,

es ist Heiligabend und ich habe gerade meine letzte Wache für heute hinter mir. Im Nachhi-nein hätte ich wohl nicht dem Ruf des Kaisers zu den Waffen folgen, sondern doch in London bleiben sollen. Dort gab es zwar einige kleinere Repressionen für Deutsche, doch das war alles besser, als hier zu sitzen. Heute Mittag gab es den ersten Schnee und es ist bitterkalt geworden. Jetzt haben wir eine kalte aber klare Nacht und der Schnee verhüllt den Matsch und die Toten der letzten Wochen wie ein weißes Tuch. Das Vor-feld, die klare Luft und der mit Sternen übersähte Himmel sehen fast schon idyllisch aus. Von drü-ben ist bis auf ein paar vereinzelte Schüsse auch nichts zu hören. Entweder ist ihnen genauso kalt oder sie bewundern auch die klare Nacht. Davon, dass heute Heiligabend ist, merkt man nicht viel, bis auf die vier kleinen Weihnachtsbäume, die wir als Liebesgaben aus der Heimat bekommen haben. Sie sind mit echten Kerzen ausgestatten und wir haben sie in gleichmäßigen Abständen auf die Trench gestellt. Ein wenig frage ich mich, was wohl die Tommys auf der anderen Seite da-von halten? Naja, in zwei Tagen werde ich wieder abgelöst und darf für eine Woche in die Reser-vestellung. Oh, die Briten drüben beginnen ein Lied zu singen. Na wartet, das können wir doch auch! Wir leisten uns gerade einen Wettkampf mit den Tommys, wer am lautesten singen kann. Sie haben ein schönes Lied gesungen mit einer eingängigen Melodie und wir haben applaudiert. Hier ist gerade mächtig was los, die Briten rufen uns zu „we not shoot, you not shoot“ und unser Offizier will rausgehen und mit ihnen reden. Ich soll als Übersetzer mitgehen. Schreibe den Brief demnächst zu Ende...

-----Du wirst nicht glauben, was hier die letzten

Tage los war. Wir haben einen kleinen, privaten Waffenstillstand mit den Briten vereinbart, um die Gefallenen der letzten Wochen zu beerdigen. In der Heiligen Nacht fiel kein einziger Schuss, stattdessen haben wir uns im Niemandsland ge-troffen und Geschenke ausgetauscht. Ich habe zwei meiner Uniformknöpfe gegen eine leckere Dosenwurst getauscht. Morgens haben wir mit den Briten zusammen einen gemeinsamen Got-tesdienst gefeiert und danach gab es ein Fussball-spiel, was wir zwei zu eins gewinnen konnten. Die Tommys sind so fußballverrückt, dass sie sogar hier einen Ball dabei haben. Der Schütze Müller hat davon ein paar Fotos gemacht und ich hoffe, dass ich ein paar der Abzüge bekomme, die ich euch dann schicke. Nun ist alles vorbei und wir sind in der Reservestellung aber die letz-ten Tage werde ich niemals vergessen.

So oder so ähnlich könnte ein Brief aussehen, den viele Soldaten in den Tagen nach Weihnach-ten nach Hause geschickt haben. Da die Zensur der verschiedenen Feldpoststellen sich noch im Aufbau befand und teilweise noch sehr durchläs-sig war, konnten die Soldaten fast frei von ihren Erlebnissen der letzten Tage berichten. Diese klei-ne Episode des Kriegs klingt fast schon wie ein Märchen. Sie ist so besonders, weil nicht nur an einem Frontabschnitt, sondern über die gesamte Westfront spontane Waffenstillstandsabkommen zwischen den Soldaten geschlossen wurden. Es verbrüderten sich Briten und Schotten mit Han-noveranern, Bayern oder Sachsen. Es gab auch Franzosen, obwohl diese um ihr Land kämpften und Preußen, die als sehr diszipliniert galten, die an diesem Ereignis teilnahmen und die Waffen niederlegten. Die einfachen Soldaten merkten, dass sie gar nicht so verschieden waren und alle in der gleichen Situation steckten, die sie weder herbeigeführt hatten, noch ändern konnten. An

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diese Geschichte erinnern sich Belgier und Fran-zosen jedes Jahr, sie ging dort in die Geschichte ein und wurde tradiert. In die deutsche Erinne-rungskultur ist dieses Ereignis nicht eingegangen und war schon fast vergessen, bis Michael Jürgs Ende der 90er sein Buch „Der kleine Frieden im Großen Krieg“ veröffentlichte, in dem viele die-ser kleinen Geschichten erzählt wurden. Während der Besucher sich im belgischen Flandern Fields Museum schon immer über die Ereignisse der Heiligen Nacht 1914 informieren konnte, schaffte dieses Ereignis den Sprung in die Erinnerung der breiten deutschen Öffentlichkeit erst durch den 2006 produzierten Film „Merry Christmas“ mit Benno Fürmann, Daniel Brühl und Diane Krüger. Der Film wurde 2005 auch auf den Filmfestspie-len von Cannes gezeigt. Diese Geschichte zeigt, wie in einer Nacht die Menschlichkeit über den

gesamten Hass der Welt siegte und ist vielleicht damit auch eine schöne Anekdote für die heutige schnelllebige Weihnachtszeit.

Der 24.12.1945: Vor etwas mehr als einem halben Jahr hatte Deutsch-land den Krieg endgültig verloren,

den es selbst gut sechs Jahre zuvor begonnen hatte. 12 Jahre Nationalsozialismus, die mit der großflächigen Zerstörung des Landes und der Besetzung durch die vier Alliierten endeten. Das Staatsgebiet war zwischen diesen in verschiede-ne Besatzungszonen aufgeteilt. Dieses umfass-te aber nicht mehr das Staatsgebiet von 1937. Schlesien, Ostpreußen und andere Landesteile im Osten wurden Polen oder der Tschechoslowakei zugeschlagen. Die deutschen Einwohner wurden in der Folge vertrieben.

Der Zweite Weltkrieg hatte also Not und Zerstörung nach Deutschland gebracht und das sich bis zur Weihnachtszeit 1945 keinesfalls ge-ändert, sondern sich vielfach durch Flucht und Vertreibung in einigen Gebieten noch verschlim-

mert. Vergleichen lassen sich die Situationen in den einzelnen Besatzungszonen allerdings nur schwer. Je nach Zone gab es eine durchaus sehr unterschiedliche Politik im Bezug auf die Ver-sorgung und den Wiederaufbau des Landes. Vor allem in der sowjetischen Besatzungszone waren die Lebensbedingungen wesentlich schlechter, als in den drei westlichen Zonen. Hier war das Ziel der Besatzung in der frühen Nachkriegszeit nicht der Wiederaufbau des zerstörten Landes, stattdessen ging es den Siegern hauptsächlich um die Reparationsleistungen. Erschwert wurde der Wiederaufbau auch durch die hohe Zahl der im Krieg Getöteten und den Millionen von Kriegs-gefangen, die als Arbeitskräfte in allen Besat-zungszonen fehlten.

So viel zur allgemeinen Lage in Deutsch-land. Die Situation auf dem Land war deutlich besser als in den Städten, da sich die Bevölkerung

Weihnachten nach kriegsende1945 in Deutschland

von Jan Waitzmann

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dort selbst mit Lebensmitteln versorgen konnte. Hatte schon die schlechte Versorgungslage wäh-rend des Kriegs große und opulente Festessen für den Großteil der Bevölkerung unerschwinglich gemacht, war dies nun für fast alle Deutschen unmöglich. Trotzdem versuchte man von dem Wenigen, was an Lebensmitteln zur Verfügung stand, etwas Besonderes für den Heiligen Abend zurück zu legen. Auf dem Land war es möglich, selbst im Wald einen Weihnachtsbaum zu schla-gen. Diese Möglichkeit bot sich für die Bewoh-ner der Städte allerdings kaum, sodass auch auf diese Weihnachtstradition verzichtet werden musste. Vor allem aber war Holz durch den Man-gel an Kohlen und Briketts wieder zum wichtigs-ten Heizmittel geworden. Diejenigen, die einen Weihnachtsbaum ergattern konnten, hatten mit weiteren Mängeln zu kämpfen. Auch Kerzen wa-ren in der Nachkriegszeit Mangelware, weshalb die Reste der letzten Jahre reichen mussten. Auch unter dem Baum spürten grade die Kinder die Probleme der Zeit. Geschenke ließen sich nicht kaufen und so fanden sich unter den Weihnachts-bäumen in Deutschland Selbstgebasteltes und Handarbeiten wie Handschuhe und Pullover.

Mangel und Not machten also auch vor dem Weihnachtsfest nicht Halt. Dennoch war das erste Nach-

kriegsweihnachten für viele Familien (trotzdem) festlich. Nach sechs Jahren Krieg und Zerstörung, die die letzten Jahre (auch) nach Deutschland ge-bracht hatten, war es das erste Weihnachtsfest im Frieden. Zahlreiche Familien hatten Angehörige verloren, auch befanden sich noch Millionen von deutschen Soldaten in Kriegsgefangenschaft, sodass viele Familien an Weihnachten getrennt waren. Aber es waren auch die ersten Soldaten nach dem Krieg zurück gekehrt und man feier-te das erste gemeinsame Weihnachtsfest. Und selbst wenn viele Familien noch getrennt waren, so hatte man den Krieg überlebt, der Millionen von deutschen Zivilisten das Leben gekostet hat-te. Und das ließ sich jetzt, trotz Not und Mangel, in diesen schweren Zeiten feiern. Schließlich war Weihnachten.

Kochen mit tobivon Tobias Kelb

Zugegebenermaßen ist Backen nicht so mein Ding. Und weihnachtlich Kochen erfordert viel Vorbereitung und Mühe.

Beides ist ebenfalls nicht so mein Ding. Was mein Ding ist, sind Sandwiches; einfach und re-lativ schnell zubereitet. Gut vor allem, wenn auf die Schnelle mal was her muss. Deshalb präsen-tiere ich euch mein BBQ-Käse-Sandwich!

Shut up and eat!

Einfaches Kinderspielzeug:

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Bild 1:Wie immer die Zutaten: 1 Ei, 3 große Scheiben Toast, eure Lieblingssaucen, Käse (hier: Maas-damer), eine beliebige Fleischbeilage (für den extra-Bonus am besten Bacon). Mit geringer(!) Hitze und etwas Öl in der Pfanne ein „Ei im Körbchen“ (mittleres Loch in die Scheiben und Ei rein) machen. →

Bild 2:Die anderen Scheiben toasten und mit Lieblings-sauce Nr.1 bestreichen. Nehmt nicht zu viel. Hier mit Tabasco Chipotle für das extra BBQ-Erleb-nis. →

Bild 3:Mit Käse und Fleischbeilage belegen. Etwaiger Bacon sollte vorher in der Pfanne in den Wunsch-zustand gebracht werden. ↓

Bild 5:Scheiben mit Lieblingssauce Nr.2 bestreichen. Auch hier wieder nicht zu viel. Niemand mag das Kleckern beim Reinbeißen. ↓

Bild 4:Ich mag es, wenn der Käse nicht ganz so stark verläuft. Das bleibt aber euch überlassen. Auch zu empfehlen mit Cheddar. ↓

Bild 6:Die Scheibe mit dem Ei zwischen beide Scheiben legen und diagonal aufschneiden. Guten Appetit! →

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Eine Zugfahrt, die ist lustig...Vollkommene Sicherheit bei absoluter Ahnungslosigkeit

von Ronja Hollstein

Ein ErSie zu sein, ist nicht einfach. Es ist sogar ziemlich kompliziert. Man muss so vieles beachten, sich so

unterschiedlichen Problemen stellen. Da sind die vielen neuen Leute und der Wunsch, gut mit ihnen auszukommen, Gleichgesinnte zu finden, „cool“ zu sein. Und dann gibt es da die unendlichen Weiten der Uni mit all ihren Stolperfallen und Hindernissen. Man ist noch einmal der Schulanfänger, der voller Furcht und Aufregung vor der Schule steht und bewundernd zu all den Schulkindern aufblickt, die so selbstverständlich wissen, was sie zu tun haben und wohin sie gehen müssen. Man selbst dagegen läuft jede Sekunde Gefahr, etwas falsch zu machen, etwas zu vergessen, sich anders zu verhalten, als es erwartet wird. Die gute Nachricht in dieser Situation ist immer: Ich bin nicht allein, es gibt viele von meiner Sorte. Vielleicht sogar einige, die noch weniger Ahnung von nahezu allem haben als ich. Ist das nicht tröstlich? Was allerdings noch viel besser ist: man ist nicht allein, denn es gibt sie, diese „großen Schulkinder“. Es gibt sie, diejenigen, die wissen, wie der Hase läuft. Diejenigen, die genau wissen, wie man sich fühlt und die gemerkt haben, dass alles am Ende doch nicht so schlimm ist. Es gibt sie und sie sind bereit, die schüchternen, verwirrten Erstsemesterstudierenden an die Hand zu nehmen.

Die ErSie-Fahrt vom 15.11. bis zum 17.11. nach Bad Grund im Harz war so ein An-die-Hand-nehmen. Wir 34

Erstsemester wurden von den sieben „alten Hasen“ in ausnahmslos Alles eingeführt, was für uns Geschichtsstudierende wirklich wichtig ist: Sei es das korrekte Zitieren, das Mixen eines „Schütte Spezial“, absolut sicheres Referieren, selbst bei völliger Ahnungslosigkeit, oder das erfolgreiche Drücken vor Aufräumarbeiten. Jeder von uns ErSies hat etwas mitgenommen von dieser Exkursionsfahrt – einen ordentlichen Kater etwa, oder jede Menge Informationen zum Bergbau in Clausthal-Zellerfeld. Oder eine neue gute Freundschaft - vielleicht auch eine gesunde Antipathie. Das Wissen darum, wer die Glühbirne wirklich erfand (Blinky Bill – hättest du es gewusst?) oder auch um die Verbindung zwischen höfischen Gepflogenheiten im Mittelalter und dem Sprachgebrauch von RTL2.

Was wir alle mitnahmen aus diesen zwei Tagen ist das Eine, was wirklich wichtig ist für so einen unsicheren

Erstsemesterstudenten: Sicherheit. Die Sicherheit, es klappt alles, selbst wenn ich nicht weiß, wie. Und im Zweifel gibt es immer jemanden, den ich fragen kann. Vollkommene Sicherheit, aufgehoben sein und das bei absoluter Ahnungslosigkeit – das ist doch ein gutes Gefühl.

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Quo vadis, Historisches Seminar?Kritische Anmerkungen zur politischen Lage in Institut und Fachgruppe.

von Jan Heinemann

Verlustängste

Der Avalist ist laut Fachratsbeschluss unpolitisch. Unpolitisch soll heißen:

Konfrontation vermeiden. Meine Bemühun-gen, die Begrifflichkeiten Politik und poli-tisch im Sinne der Postfundamentalisten zu differenzieren, scheinen also Früchte zu tra-gen. Jedoch nur oberflächlich, denn: unpoli-tisch sein, heißt undemokratisch sein! Demo-kratie bedeutet mit Rancière: Kampf um den (Mitbestimmungs-) Anteil der Anteillosen, mit Mouffe: agonistischer Wettstreit um konflik-torische Konsense im pluralistischen Kosmos hegemonialer Prozesse, mit Balibar: Souverä-nität durch Widerstand!

Mit dem Beschluss reagiert der Fachrat auf die Nachwehen der (erfolglosen) Besetzung, auf die Nachwehen der Avalist-Ausgabe Nr. 41, in deren Folge politische Differenzen auf unprofessioneller, persönlicher Ebene ausge-tragen wurden, zwischen Lehrkörper und Stu-dierenden, wie innerhalb des Lehrkörpers, wie innerhalb der Fachgruppe. Man möchte die Konfrontation vermeiden, man möchte koope-rieren, man möchte gemeinsam glücklich sein. Das möchte ich auch! Was übersehen wird, ist jedoch folgendes – und hier scheinen die Er-kenntnisse der Besetzung bereits verdrängt: Ohne politische Konfrontation keine politi-sche Identifikation, ohne politische Identifi-kation keine politische Arbeit, ohne politische Arbeit kein Fachrat.

Welche universitas?

Diese Konfrontation muss sich keineswegs gegen den Lehrkörper

des Institutes richten – und wurde dies seiner-zeit bekanntlich lediglich aufgrund, sich mir

noch immer nicht erschließender, konsequent verweigerter Kooperation. Vielmehr könnten wir gemeinsam für gemeinsame Interessen eintreten (konfliktorischer Konsens). Hausin-terne Auseinandersetzungen begründen sich auf unterschiedlichen Interessenlagen der be-troffenen Statusgruppen und sind gesetzlich vorgesehene Kanäle demokratischer Selbst-verwaltung. Solche Diskurse bedeuten jedoch nicht kategorisch Zerstrittenheit; die profes-sionelle demokratische Arbeit in den Hoch-schulgremien kann und sollte vielmehr als Stifter anerkennenden Miteinanders verstan-den werden.

Gemeinsam geht nichts

Das gilt gleichsam für die Fachgruppe bzw. den Fachrat an sich. Die politi-

sche Lethargie grassiert, demonstrativ werden Beschlüsse gefasst, die Unwissen und man-gelnde Bereitschaft sich mit hochschulpoliti-schen Themen inhaltlich auseinanderzusetzen demonstrieren. An hochschulpolitische Pro-jekte ist gar nicht erst zu denken. Dabei gibt es so viel zu tun: Die Regelungen des HRG stehen im NHG unverändert, die Demokrati-sierung der Hochschule über die kümmerli-chen Errungenschaften der 68er ist mehr als nötig, in Gremien und Kommissionen wird über das Schicksal des Studiums entschieden. Das einzige was zählt, ist das Ziel, alles ande-re wird schon gut gehen, rechts und links zu gucken, hält nur auf – und vor allem: die Angst vor dem Risiko etwas Etabliertes zu verlieren, ist bezeichnend für das gesamtdeutsche Bür-gertum. Es gab Zeiten, da war die Universität Denkfabrik, wurden in der Universität über-kommene gesellschaftliche Konstrukte dekon-struiert, stieß der universitäre Diskurs gesell-

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schaftliche Diskurse an und griff aktiv in die demokratische Gestaltung der Gesellschaft ein. Heute blicken wir auf konkurrenzverhaf-tete Einzelgänger, Klatsch und Tratsch sind hoch im Kurs.

Betrübende Aussichten:

„Wir müssen reden!“

Heute muss ich mit dem Präsidenten Barke eine Lanze brechen: Es sind doch ge-rade die Geisteswissenschaften, die diesen Diskurs fordern, fördern, verbreiten müssen, die die gesamtgesellschaftliche Bedeutung der Universität von Neuem klarstellen müssen, „wenn nicht Sie, wer dann?“

Alles, was ich in „Eine schrecklich nette Fa-milie“ (mit)geschrieben habe, habe ich so ge-meint, wie es zu lesen war und meine Meinung hat sich seit dem nicht geändert. Es geht nicht an, dass wir uns unserer gesellschaftlichen Bedeutung verweigern, es geht nicht an, dass wir unsere gesetzlichen Aufgaben vernach-lässigen, es geht nicht an, dass wir unsere ei-genen, eigensten Interessen und Bedürfnisse totschweigen. Ich möchte, dass wir reden, ich möchte, dass wir Ideen, Visionen vorantreiben,

dass wir als Fachgruppe, als Institut für diese Ideen und Interessen eintreten, gemeinsam, Seite an Seite. Aber wir können nicht Seite an Seite stehen, ohne zu wissen, wo wir stehen – und das können wir allein herausfinden durch politische Auseinandersetzung, und manchmal auch nur durch Konfrontation.

Wenn wir als Studierendenschaft unserem ei-genen Diskurs Einschränkungen auferlegen, dann sind nicht nur die Geisteswissenschaften, dann sind die Universitäten, dann ist die De-mokratie verloren!

Koffer - Die Geburt einer LegendeAKA. Aufstieg des Bösen

AKA. Mein erster Tag an der Uni

von Daniel Rebmann

Mein ganzes Leben werde ich mich an meinen ersten Tag in der Uni erinnern (jetzt Erinnerungswellen einfügen).

Zu Beginn ist erst einmal zu erwähnen, dass jegliche Informationen, die ich von Universität und Studium hatte, aus der Sowjetunion stammten. Meine Mutter konnte mir halt nichts besser erklären. Somit habe ich

mir meine vornehmsten Klamotten und meine besten Schuhe angezogen und nahm meinen Metallkoffer für meine Unterlagen mit (jaa genau, den KOFFER!). Um 7.00 Uhr bin ich los aus Wunstorf, habe mich von Mutti verabschiedet und sie hat mir einen schönen Tag in der Uni gewünscht. Sie wusste um die Tragweite eines solchen Tages im Leben eines jeden Studenten. Ich war eingestellt auf viel Rumgelaufe und Ämterklüngel.

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Ich dachte, dass da viel Organisation am Anfang ist und Stände, an denen man hin und herlaufen wird und sehr viele korrekt gekleidete, vornehme Kommilitonen, die mich schief angucken werden, nur weil ich nicht so vornehm bin wie sie. Ebenfalls war mir viel von den Burschenschaften erzählt worden und dies beeinflusste ebenso mein Bild wie die paar Amifilme, die ich mit dem Thema Uni und saufen gesehen habe (Oh man wie falsch ich doch lag).

Ich kam gegen 8.00 Uhr bei der Straßenbahnhaltestelle der Hauptuni an. Überall war schon ein großes Gedränge und viele Menschen liefen vor der Uni herum. Man hörte Musik von den Asta Boxen und irgendwelche wilden, politisch motivierten Ansagen gegen Burschenschaften. Ich reihte mich ein in den Strom aus neuen Studenten, der sich in das Welfenschloss zwängte. Auf der großen, imposant wirkenden Treppe zu den Glastüren, welche in die schon fast einschüchternd wirkende Haupthalle führten, standen viele Leute, die mir Flyer, Buttons und kleine Papiertaschen in die Hand drückten (ich hatte überhaupt keine Ahnung was das alles war). Diese grünen Buttons vom B-Team und Weiteres kamen mir wie Hieroglyphen vor.

Ich nahm alles mit (wer weiß ob man das nicht irgendwie unbedingt braucht). In der Halle war eine Bühne, auf der der Uni-Präsident und seine Stellvertreterin uns alle willkommen hießen. Während der Reden der beiden liefen Leute mit Schildern durch das Gemenge von Studenten. Sie hatten sich die Münder mit Klebeband zugeklebt und auf den Schildern stand irgendwas von Studiengebühren und Freiheit der Lehre (erst viel später habe ich verstanden, dass es Leute aus dem Elchkeller waren, die damit eine Protestaktion gegen die Verhältnisse an der Uni durchführten. Jahre später habe ich diese Leute auch kennengelernt, aber das ist eine andere Geschichte). Dann wurde auch der Bürgermeister

von Hannover in einer angeblichen Videoschalte auf die Leinwand der Bühne geworfen. Er hieß alle willkommen und wollte partout nichts von seinem ersten Tag an der Uni erzählen (Ich glaube ja immer noch, dass die das Interview mit ihm einfach aufgenommen haben und es jedes Jahr nur wieder abspielen).

Immer noch hatte ich keine Ahnung und dachte, dass all diese Ansagen wichtig für mein Studium wären (DEM IST NICHT SO!!!). Nach all diesen Ansagen war ich immer noch nicht schlauer geworden und wollte mich an den Ort begeben, an dem ich Geschichte studieren sollte (Erstens dachte ich, dass ich am selben Tag wirklich noch irgendwelche Lehrveranstaltungen besuchen müsste und zweitens kannte ich das Seminargebäude noch nicht). Also begab ich mich nach draußen, um zu gucken, ob ich da irgendwelche Hinweise auf den Ort finden würde, wohin ich mich begeben muss, um endlich mal zu studieren! Schlau wie ich war, ging ich erst mal an der Fahne des Studierendenrates Geschichte (die dazu da war, die Geschichtsstudenten abzufangen, damit man mit ihnen

gemeinsam zum Historischen Seminar gehen kann) vorbei (mit dem Gedanken: Kommunisten!? Was machen die hier und wieso stehen die hier und was wollen die genau von den Studenten?) und ging in die ungefähre Richtung des Seminars und fragte mich durch. Ich kannte ja die Adresse des Gebäudes und mir halfen ein paar Leute auf

dem Weg mit Richtungsanweisungen.

Endlich kam ich an. Unten standen mehrere Leute in den HistorikA T-Shirts in schwarz und rot und sagten mir nach Anfrage und Angabe meines Studienfaches wohin ich zu gehen hatte (Ich hab nicht kapiert, wer die waren, aber da sie nach irgendwas Fachverbundenem aussahen, war das ja ok). Nachdem ich die Treppen überwunden hatte und fleißig den Plakaten und Hinweisen gefolgt bin, kam ich

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dann ins HistorikA Café. Schon am Eingang wurde ich mit einem fiesen Grinsen von den Kommilitonen vom Rat beäugt (und ich dachte mir: Scheiße die sehen ja alle normal aus!). Dann wurde ich auch schon gefragt, was ich denn jetzt hier mache und erklärte meine Anwesenheit. Ich hatte ja keine Ahnung vom Bachelor-/Master-System und dachte mir, dass ich dann den von mir angestrebten Endabschluss angeben soll. Somit sagte ich, dass ich Masterstudent wäre. Als ich dann weiter ausgeführt habe, dass ich ja keine Ahnung von Uni und so hätte, war die Verwirrung groß bei den Kollegen, im Master sollte ich ja wenigstens eine gewisse Ahnung von Unistrukturen haben. Als sie dann endlich herausfanden, dass ich erst im Begriff war meinen Bachelor anzustreben, war das Gelächter groß. Und als sie im weiteren Verlauf mein Äußeres betrachtet haben und die kleine Metallaktentasche erblickten, erschallte zum ersten Mal der Name im Seminar, der zur Legende werden sollte… KOFFERTRÄGER!! (Nach sechs Jahren bin ich diesen Namen immer noch nicht los. Es kann auch schlimmer kommen…fragt mal Kotzi... ;-)).

Nachdem man mich zu der Einführung für den Bachelorstudiengang geschickt hat, hieß es dann: Hiernach gibt es um 16:00 Uhr noch eine Campusrally… mit Bier. In diesem Sinne ging es dann auch weiter (Die Campusrally ist ein Ereignis, das man in seinem Leben nie vergisst. Und auch die Leute nicht, die mit einem an selbiger teilgenommen haben. Es ist dringendst anzuraten an dieser teilzunehmen). Naja, der Rest ist ja bekannt oder wird von selbst herausgefunden. Bierkonsum, Kutscherspiel und die nachfolgende Cocktailparty mit Preisverleihung für die beste Gruppe. Das Problem für mich war, dass ich in meinen feinen Klamotten die komplette Rally durchhalten

musste. Und mit dem Koffer!

An dem Abend lernte ich die Persönlichkeiten kennen, die im Seminar schon den Legendenstatus inne hatten. Zu ihnen gehörte Stefan M., der die Swingparties vor langer Zeit organisierte. Danyo, der die erste Campusrally angeleiert hatte. Vertreter der Politischen Seiten des Rates, wie Stefan Meyer und Totty. Svenja, die eine Große Anführerin des Studierendenrates wurde und ebenfalls eine sehr prägende Persönlichkeit war. M. Böhne, der nicht einfach nur durch seinen Gesang auffiel, sondern auch durch seine Unterstützung des Rates und der Studenten in vielen Lebenslagen (einer der Begründer des Kofferträger-Mythos). Schütte, der Svenjas Nachfolge als Ratsvorsitzender irgendwann noch antreten sollte und sich lange in der Uni hielt (ebenfalls der Begründer des Mythos und schillernde Persönlichkeit im Seminar). Sein Einsatz für die Studierenden sucht seines Gleichen, ebenso seine Fachkenntnisse in der Uni. Felix, der aufgrund eines ganz bekannten Artikels der NP zu einer Ikone der Studierenden der LUH wurde und der auch sonst dank seiner fotogenen Art und seines Mona Lisa-ähnlichen Lächelns oft abgelichtet wurde. Bekannt wurde er in der Zeitung mit den Worten: „Dann dauert es eben länger“ zum Bildungsstreik 2009. Viele weitere sind eigentlich noch zu erwähnen, aber es ist zu wenig Zeit, dies zu tun.

Nach etlichen Bieren, Cocktails und viel Bewegung ging es dann nach Hause. Nach dem Urinieren in den Georgengarten fand ich auch die Straßenbahnhaltestelle. Als ich in Wunstorf angekommen war, kam meine Mutter mit viel Neugier auf mich zu, wie denn die Uni war und wer da alles so rumlief. Jedoch reichten meine geistigen Kräfte nur noch für ein gequältes „CAMPUSRALLY!!!!!!!“ und dann torkelte ich in mein Zimmer und fiel ins Bett.

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Im Moore

22 Avalist 43, Dezember 2013

Der kleine Maulwurfvon Daniel Rebmann

Einst geschah es auf der großen Leibnizwiese. Im 21sten kleinen Maulwurfsbau im Moore der Wiese.Als der kleine Maulwurf eines Morgens erwachte und wie jeden Morgen aufs Töpfchen gehen woll-te, merkte er, dass sein Abort verschlossen war und ein Schild dranhing, auf dem stand „Reparaturar-beiten“. Verstört und erbost streckte er seine kleinen Maulwurfärmchen in die Luft und schrie: „Was soll denn der Scheiß! Wo soll ich denn jetzt hinmachen.“ Nach kurzer Überlegung stampfte er mit seinen klei-nen Maulwurfsfüßchen zu der Versammlung der al-ten und weisen Maulwürfe, um sich Rat zu holen. Als er dort angekommen war, brachte er sein Prob-lem vor, jedoch konnte ihm nicht geholfen werden. Der älteste und weiseste Maulwurf war nämlich ge-nauso verstört, da man sein Töpfchen auch versperrt hatte. „Ich weiß auch nicht mehr wohin mit meinen Häufchen und kann dir somit leider auch nicht hel-fen. Ich dachte ja selber, dass es zu so etwas nie kom-men würde. Aber frag doch mal die roten Pferdchen im Astastall auf der Wiese. Sie sind so groß und se-hen von da oben viel mehr als wir,… glauben sie zu-mindest. Wenn jemand weiß, warum unsere Töpfchen versperrt sind, dann sie. Sie können vielleicht auch helfen, indem sie mit ihren Hufen viel Lärm machen, wie immer.“ Also machte sich der kleine Maulwurf mit einem verbissenen Gesichtchen auf den Weg nach oben zur Wiese.Auf der Wiese angekommen, sah er auch schon die roten Pferdchen. Sie waren groß und konnten die ganze Wiese überblicken. Dachten sie zumindest. Jedoch erwiderten sie auf die Schilderung der Sach-lage durch den kleinen Maulwurf nur: „Lieber klei-ner Maulwurf, wir würden dir gerne helfen, aber wie du siehst, stehen wir selber bis zum Hals in unseren eigenen Pferdeäpfelchen. Wir müssen uns um uns selbst kümmern und können dir nicht helfen.“ „Miese Verräter“, sagte der kleine Maulwurf. Er setzte ein kleines Maulwurfshäufchen vor den roten Pferdchenstall, streckte seinen kleinen Maulwurfs-

mittelfinger aus und rief: „Danke für nix, ihr Egois-ten!“ Er zündete sein Häufchen an und ging wütend davon.Die Pferdchen hatten ihm noch geraten, zu den blau-en Faultieren vom Baudezernats-Baum zu gehen, da die an allen Töpfchen und Häuschen auf der Wiese arbeiteten und dafür zuständig waren. Bald war er am blauen Faultierbaum angekommen und brachte auch hier seine Beschwerde vor. Die blauen Faultiere erwiderten nur: „Wir können unsere Geschwindigkeit nicht bestimmen, das macht der Chihuahua in der schönen Hundehütte. Der regelt alles auf der Wie-se und auch wann welches Töpfchen gemacht wird. Und seins kommt immer zuerst.“ Das kleine Gesicht-chen vom kleinen Maulwurf verzog sich vor Wut. Er zündete den blauen Faultierbaum an, rief: „Damit ihr endlich mal eure kleinen Faultierärschlein bewegt!“ und zog wütend davon.Spät nachts kam er an der wunderschönen Presidi-alhundehütte des Chihuahuas an. Der Chihuahua schlief seelenruhig in seinem weichen Bettchen. In der Hütte war auch sein goldenes Töpfchen, das er sich selbstlos hatte anlegen lassen. „Na warte“, sprach der kleine Maulwurf und sabotierte das Chi-huahuatöpfchen. Er presste gaaaaanz doll, um das größte Maulwurfshäufchen rauszudrücken, das je ein kleiner Maulwurf gemacht hatte. Den Rest stopfte er mit dem feinen Chihuahuaklopapier voll. Mit einem verschlagenen kleinen Maulwurfsgrinsen drückte er die Spülung und rannte. Kurz darauf wurde der Chihuahua in Maulwurfshäufchen und Klopapier gewickelt aus seiner tollen Hütte gespült. „Das hast du davon, mein Töpfchen zu verschließen!“, rief der kleine Maulwurf, während der Chihuahua verstört in seinen Häufchen schwamm.

Und die Moral von der Geschichte ist, dass der klei-ne Maulwurf vom reumütigen Chihuahua ein Ext-ratöpfchen auf der Wiese bekam, bis sein Töpfchen fertig sein würde.

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Welfengarten

Avalist 43, Dezember 2013 23

Eines Tages fiel das kleine Vögelchen aus dem Nest. Es fror fürchterlich. Da kam eine Kuh vorbei und setzte einen schönen, großen und warmen Fladen auf das Vögelchen. So wurde das arme Tier die ganze Nacht gewärmt.

Am nächsten Morgen kam ein Fuchs vorbei und zog das kleine Vögelchen vorsichtig aus dem Hau-fen. Er machte das Kleine sauber und fraß es mit einem großen Happs auf.

Und die Moral von der Geschichte: Nicht jeder, der auf dich scheißt, ist dein Feind. Und nicht jeder, der dich aus der Scheiße zieht, ist dein Freund.

Eine kleine fabel zur sache

Uniwahlen 2014An der Uni Hannover stehen wieder mal die Wahlen

vor der Tür, ca. 3% der Studierenden treffen sich im Vorfeld, planen und verwirklichen. Es stehen die verschiedensten Gremien zur Wahl: StuRa, Senat, Fakultätsrat usw. Auch der Studierendenrat Geschichte wird wieder Kandidaten ins Feld schicken.

Für den Fakultätsfachschaftsrat steigen für die Studierendenschaft des Historischen Seminars gleich fünf Kandidaten in den Ring. Namentlich sind dies: Jessica Prenzyna, Marcel Schrenk, Jan Heinemann, Lars Gassmann und Kevin Fischer. Sie werden sich unter anderem dafür einsetzen, auch im kommenden Jahr unsere Studiengänge Bachelor Geschichte, Fachmaster Geschichte, Master of Education, Atlantic Studies und auch die abgeschriebenen European Studies vertreten zu dürfen. Die Anzahl der vertretenen Studiengänge ist

insofern von Belang, dass die Anzahl der vertretenden Studierenden über die finanziellen Bezüge des Fachrates bestimmt.

Für den Fakultätsrat stellen wir als Historiker sogar mit Jan Heinemann einen Spitzenkandidaten und mit Julia Wolff eine junge, aufstrebende, sehr charismatische Komillitonin als direkte Vertretung. Selten war der Studierendenrat Geschichte so stark vertreten. Zu finden sein, werden sie auf der „Kritischen Liste“, einem Wahlbündnis aus Juso HSG, Campus Grün, Die Partei HSG, FSR MaPhy, FSR Maschinenbau, Basisdemokratische Fachschaft Sozialwissenschaften, FR Berufspädagogen, FR Politik, FR Germanistik, FR Theologie, einigen unabhängigen Kandidaten und dem Studierendenrat Geschichte.

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Welfengarten

24 Avalist 43, Dezember 2013

Unsere Vertreter setzen sich für die Belange der Studierendenschaft an der Philosophischen Fakultät ein, setzen sich direkt mit den anderen Statusgruppen (Mittelbau und Professuren) auseinander und wollen unter anderem die Öffnung aller Gremien für die Hochschulöffentlichkeit erreichen und fordern zudem eine gerechtere Besetzung der Gremien und eine stärkere Rückbindung der studentischen Gremienverteter mit der demokratischen Basis, den Fachgruppen.

Für den StuRa werden für die nächste Legislaturperiode Michael Wunder und Marcel Schrenk antreten. Aus der aktuellen Diskussion „Studieren mit Nazis“ heraus wollen sich beide für den freien Zugang zu Bildung für Extremisten jeglichen Spektrums einsetzen, denn nur so können diese Personen einsehen, dass ihre Einstellungen und Gedanken nicht immer korrekt sein müssen. Des Weiteren wollen sich beide für eine Stärkung der studentischen Hilfskräfte einsetzen, diese brauchen eine eigene Vertretung, kein Mitarbeiter darf sich in seiner Meinung durch seinen Chef beeinflussen lassen. Viele Hilfskräfte kennen ihre Rechte gar nicht, sie wissen nur, dass sie keine Gefangenen befreien dürfen. Entschlossen werden sich Michael und Marcel für den Erhalt der Volluniversität einsetzen, für den Erhalt und Ausbau studentischer Frei- und Arbeitsräume!

Alle Vertreter sprechen sich gegen exkludierende Praktiken der Bildungsstruktur und der Universität aus. Wir sprechen uns gegen Extremismus egal in welcher Form aus. Wir setzen uns für die Studierenden ein, wir setzen uns fur EUCH ein!

Vielleicht gibt euch das einen kurzen Einblick, warum ihr uns wählen solltet. Aber ihr könnt auch gerne das persönliche Gespräch mit uns suchen.

Die Wahl habt IHR! Vom 14.-16. Januar 2014. Im Wahllokal eurer Fakultät (für die Philosophische Fakultät befindet sich das Wahllokal im Lichthof!). Der Studierendenrat wird wieder ein Wahltaxi anbieten. Zu abgestimmten Zeiten werden euch Vertreter des Fachrates zum Wahllokal führen.

Für den Senat treten an (Kritische Liste):

Jan Heinemann (11)Alexander Stähr (19)Jan Waitzmann (25)Jessica Prenzyna (30)Olga Wenzel (34)Melanie Gebhardt (40)Alexander Weiss (45)Daniel Rebmann (53)Ann Kathrin Opitz (99)Marcel Schrenk (103)

Für den Fakultätsrat treten an (Kritische Liste):

Jan Heinemann (1)Julia Wolff (4)Lars Gassmann (15)Alexander Weiss (21)Jessica Prenzyna (26)Melanie Gebhardt (32)Juliane Altsinger (38)Alexander Stähr (43)Jan Waitzmann (49)Fabian Ewert (60)

Für den Fakultätsfachschaftsrat treten an:

Jessica Prenzyna (1)Marcel Schrenk (2)Jan Heinemann (3)Lars Gassmann (4)Kevin Fischer (5)

Für den StuRa (Studentischer Rat) treten an:

Marcel Schrenk (1)Michael Wunder (2)

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Warum nicht für „die Partei“Was kommt nach den Inhalten?!

von Marcel Schrenk

Welfengarten

Avalist 43, Dezember 2013 25

Vom 14.-16. Januar 2014 sind Uniwahlen an der LUH. Auch ich werde für den StuRa und den Fach-schaftsrat antreten. Als Mitglied der Hochschul-gruppe der Partei „Die Partei“ und als Mitglied des Studierendenrates Geschichte stand ich nun vor der Entscheidung, für welche Gruppe ich antreten wür-de.

Die Entscheidung fiel mir in gewisser Weise recht schwer. Ich identifiziere mich mit allen Punk-ten meiner Partei auf Bundes- und Landesebene. Das oberste Ziel, alle Inhalte zu überwinden, ist ein nobles und anstrengendes Ziel. Auch hier werde ich mich für das Gemeinwohl aufopfern und mei-ne gesamte Energie für dieses Ziel aufbieten. Doch konnten wir uns auf universitärer Ebene noch nicht auf ein Alleinstellungsmerkmal festlegen. Den Um-bau des Conticampus in eine Raucherlounge, um-zogen von einer Plexiglaskuppel, fand zwar regen Zuspruch, doch schaffte es auch dieser Programm-punkt nicht auf die Agenda.

Der Studierendenrat Geschichte beschäftigt sich hingegen mit den Belangen und Problemen der Stu-dierenden vor Ort. Er setzt sich in diversen Gremien für die Studierendenschaft ein und auch wenn man sich untereinader mal zofft, schafft man es doch (auch wenn nicht immer alle den rechten Weg ver-lassen wollen) zu einem Ergebnis zu kommen und sich auf eine gemeinsame Handlungsorientierung zu einigen. Der Rat veranstaltet diverse Partys und Spaßaktionen, die das Leben am Seminar für die Studierenden aller Fachgruppen vielfältig und bunt gestalten sollen. Aber auch die politische Vertre-tung kommt (dabei) nicht zu kurz, allerdings sieht man sie im Gegensatz zum Weihnachtsfilm nicht, man schmeckt sie nicht wie die Cocktails oder den Glühwein. Gremienarbeit und die Arbeit in Exper-tengruppen geschieht im Hintergrund. Die Arbeit ist anstrengend und doch muss sie getan werden.

Ich denke mal, dass ansatzweise ersichtlich ist, was ich damit sagen will. Ich trete im Namen des Rates für die Studierenden des Seminars und der Universität an. Im Rahmen der Hochschulpolitik müssen Inhalte zwar überwunden werden, doch müssen Inhalte für das Leben an der Uni angerei-chert werden. Ich kann keine Interessen vertreten, wenn die Inhalte dieser Wünsche, Anregungen oder auch Probleme überwunden werden müssen.

„Politik wird mit dem Kopf, nicht mit dem Kehlkopf gemacht.“

„Die Demokratie ist die schlechteste aller Staats-formen, ausgenommen alle anderen.“(Winston Churchill)

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Aus aller Welt

26 Avalist 43, Dezember 2013

Weihnachtsvorbereitung auf PeruanischEin Erfahrungsbericht

von Jessica Prenzyna

Es war Ende November, als meine Gastfa-milie beschloss, ein Krippenspiel aufzu-bauen, wie es in Peru nun mal Tradition

ist. Mir kam dabei ein kleiner, aus Holz nachge-bauter Stall in den Sinn, in dem man dann Maria, Joseph, Jesus und die ganzen Nebendarsteller un-terbringt. So etwas macht sich ja immer gut als Deko auf der Fensterbank oder unter dem Weih-nachtsbaum. Tja, die Figuren waren dann doch etwas größer als gedacht und das Krippenspiel wurde auch nicht drinnen unter dem Baum auf-gebaut, sondern großflächig im Garten. Zu den allseits bekannten Figuren gesellten sich noch ein paar kitschige Engel, ein Puma und ein Lama. Durch Stühle, Pappkartons und ganz viel Folie konnte das Ereignis sogar auf verschiedenen Ebenen stattfinden. Den schwierigen Part bildete die Beschaffung von Abdeckungsmaterial, da das ‚Nacimiento‘ (span. für Geburt) ja nicht auf Plas-tikfolie stattfinden konnte. Es folgte ein Ausflug zu den Inkaruinen am Rande des Dorfes, um ein trockenes, krisseliges Gewächs zu sammeln (ich habe leider keine Ahnung mehr, wie es heißt…), damit die Krippendarsteller etwas Ordentliches unter ihre Porzellanfüße bekamen.

Wir wateten also barfuß durch einen eiskal-ten und leicht reißerischen Bach und kraxelten danach die Hänge an den Ruinen ein Stück weit hoch. Das Hochkommen war auch nicht das Schwierige, das folgte dann mit dem Herunter-

klettern auf der anderen Seite, die mir an man-chen Stellen doch etwas steiler vorkam. Mit mei-ner Höhenangst wäre ich am liebsten auf allen Vieren Stück für Stück langsam runtergerobbt, aber der Rest sah kein Problem darin, mit Sack und Pack leichtfüßig nach unten zu gelangen. Vielleicht war es auch harmloser als es aussah, vielleicht aber auch gefährlicher. Die Perua-ner sehen die Dinge, meiner Meinung nach, ja manchmal zu entspannt. Wie man jedoch sieht, habe ich es überlebt.

Nach diesem kleinen Abenteuer ging es an das Herrichten der Krippe. Sie musste natürlich grö-ßer, schöner und sowieso überragender sein, als alle anderen im Dorf. Es ist nämlich so, dass je-der, der ein bisschen Platz hat, ein ähnlich großes Krippenspiel aufbaut. Das ist zu vergleichen mit der Weihnachtsbeleuchtung in den USA: jeder möchte den anderen übertreffen. Ich fand unser Krippenspiel am Ende ziemlich gelungen und die leider sehr kurze vorweihnachtliche Zeit mit meiner Gastfamilie, die mir vor meiner Abreise Anfang Dezember noch blieb, war wirklich wun-dervoll.

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Aus aller Welt

Avalist 43, Dezember 2013 27

Weihnachten bei den SvenssonsEine fiktive schwedische Weihnachtsgeschichte

von Alexander Weiss

Björn Svensson war müde und genervt. Ei-gentlich wie immer, wenn es sich bei dem 15-jährigen Schweden und seiner Familie

um das alljährliche Weihnachtsfest drehte. Auch die-ses Jahr hatten seine Eltern Gustav und Margaretha Svensson wieder alle möglichen nahen und fernen Verwandten aus ganz Skandinavien zum Julbord, dem traditionell schwedischen Weihnachtsessen, eingela-den. Oma, Opa, Onkel, Tante, sogar Björns Schwipp-schwager Lasse aus Kiruna war angereist um beim Julskinka, dem großen Weihnachtsschinken, den neu-esten Klatsch und Tratsch aus der Heimat loszuwer-den.

Das Highlight des Abends dürften aber wie immer Opa Eriks Geschichten werden. Wahrscheinlich wie-der die über das Luciafest von 1974. Björn kannte sie schon auswendig. Damals wäre beinahe die gro-ße Kirche Sigtunas abgebrannt und das nur, weil das Mädchen, das damals zur Lucia gekürt wurde, über den Saum ihres weißen Gewandes stolperte und mit-samt brennendem Kerzenkranz auf dem Kopf kurz vor Opa Erik eine Punktlandung auf der roten Aus-legeware im Mittelgang der Kirche hinlegte. Moch-te man der Geschichte glauben, war es lediglich der Geistesgegenwart des Pfarrers zu verdanken, dass die Kirche am Feiertag „der Leuchtenden“ nicht selbst zur „Erleuchteten“ wurde. Irgendwie witzig, dach-te Björn. Erst vor kurzem hatte er von Peter, einem Austauschschüler aus Deutschland, erfahren, dass man dort am 13. Dezember gar kein Luciafest feierte. Schlimmer noch: Peter kannte die heilige Lucia gar nicht! Dabei gehörte dieser Feiertag doch (fest) zum vorweihnachtlichen Klimbim dazu!

Auch war es Björn neu, dass in Deutschland der Tomte gar nicht Tomte, sondern „Weihnachtsmann“ hieß. Komischer Name für einen dicken, kleinen, bärtigen Mann – und nicht grade sehr einfallsreich! Tomte, fand er, passt zur Personenbeschreibung von Tomte eben viel besser als „Weihnachtsmann“. Sonst könnte man ihn ja auch gleich „Julmann“ nennen! Ein komisches, kleines Völkchen diese Deutschen, dachte Björn.

Auf dem Weg ins Wohnzimmer sah bzw. hörte er, wie seine Mutter in der Küche laut trällernd zum Gas-senhauer „Last Christmas“ letzte Vorbereitungen für das große Essen traf. Weihnachtsschinken, Köttbullar in rauen Mengen, Rippchen und Lachs, sowie jede Menge Süßes nebst Aufschnitt und Knäckebrot. Björn war sich sicher, dass man damit eine ganze Expediti-on zum Nordpol hätte versorgen können. Ob das wohl

in anderen Ländern ähnlich war? Er fand es jeden-falls übertrieben, dass er jedes Mal sprichwörtlich um einen Platz am Tisch kämpfen musste. Wann würde sein Vater wohl endlich nachgeben und einen größe-ren Tisch kaufen? Björn wusste aber genau, dass die-se Diskussion jetzt wenig zielführend war. Sein Vater hatte momentan ohnehin andere Sachen im Kopf. Wie jedes Jahr um diese Zeit hatte er sich in der Küche einen kleinen Platz neben dem Herd erkämpft und bastelte an seiner Rezeptur für den perfekten Glögg (Glühwein).

Björn schaute auf die Uhr. Es war kurz vor drei. Höchste Zeit für Kalle Janker, Knatte, Fnatte und Tjatte alias Donald Duck und seine Neffen Tick, Trick und Track, wie sie Peter nannte. Wieder musste er an die Reaktion des deutschen Austauschschülers denken, als er ihm davon erzählte, dass in Schweden jede Familie an Heiligabend um 15 Uhr Kalle Jan-ker im Fernsehen schaute. Für Björn gehörte das seit seiner frühesten Kindheit als festes Ritual zu diesem Feiertag dazu. Für Peter anscheinend nicht. Immer-hin – und da waren sich beide einig – das Wichtigste an Weihnachten waren für sie die Geschenke. Moch-te sie nun der Tomte oder der Weihnachtsmann unter den Baum legen. Am Ende lief die Bescherung doch irgendwie in jedem Land gleich ab.

Nachdem sich nun die ganze Familie gebannt vor dem Fernseher versammelt hatte, tat der Schneesturm draußen sein übriges, um auch die letzten Unent-schlossenen von den Straßen Schwedens zu vertrei-ben und über das ganze Land so etwas wie Besinn-lichkeit einkehren zu lassen.

God Jul till er alla! Frohe Weihnachten euch allen!

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Aus aller Welt

28 Avalist 43, Dezember 2013

Warme weihnachten in Bethlehemvon Michael Wunder

Habt ihr euch schon mal gefragt, wieso es in einem gängigen Weihnachtslied heißt „mitten im kalten Winter“, wenn sich das Weihnachtsgesche-hen doch im Mittleren Osten abspielte? Weil es zu Weihnachten ekelhaft windig und kalt ist! So je-denfalls meine Erfahrungen im Jahr 2012.

Aber erst mal zurück zum Anfang. Um an den Ort des Geschehens zu kommen, muss der weih-nachtliche Pilger, Neugierige oder Pauschaltourist sich zunächst in Jerusalem zum Damaskustor be-geben. Dort befindet sich, nördlich der historischen Altstadt gelegen, der arabische Busbahnhof, von wo aus Busse nach Hebron, Ramallah oder eben Bethlehem abfahren. Zunächst muss sich der Bus durch den chaotischen Straßenverkehr der „Heili-gen Stadt“ kämpfen, bevor es dann entlang der is-raelischen Sperranlagen ohne Stop in palästinensi-sches Gebiet geht. Dass die Fahrt so reibungslos an den Checkpoints vorbei ging, hat mich schon über-rascht. Nach ca. 30 Minuten Fahrt durch verwin-kelte Ortschaften kommt der Reisende schließlich auf der „Hebron Straße“ an.

Von hier geht es dann im überteuerten Taxi oder,

wenn man die Fahrer der letzteren doch abgewim-melt bekommt, zu Fuß entlang der „Papst Paul VI Straße“. Diese gabelt sich dann an der „Lutheri-schen Weihnachtskirche“. Quasi vor der kleinen Kirchenpforte verengt sich die Straße und geht in einen Basar (ja, genau so einen wie aus 1001 Nacht) über. Ein paar Schritte weiter durch das Gewimmel und schon ist in der Ferne das Minarett der „Omar Moschee“ zu sehen. Es folgen ein paar Stufen ab-wärts und spätestens jetzt wird klar, dass Jesus und Co. gut trainierte Beine gehabt haben müssen (alle Heiligen Stätte scheinen aus irgendeinem Grund „immer“ an bergigen Orten zu sein!).

Am Fuß der Treppe angekommen mündet von links die „Stern-Straße“ ein, welche der katholi-sche Patriarch, beim traditionellen Umzug der ara-bischen Pfadfinder, auf seinem Weg zu Geburtskir-che benutzt. Auf dem selben Weg sollen die „drei Heiligen Könige damals zum Stall“ benutzt haben. Den Schritten der Könige folgend gelangt der Rei-sende dann zum „Krippen-Platz“.

Hier befinden sich die schon erwähnte „Omar Moschee“, das „Palästinensische Friedenszent-

rum“, diverse Restaurants und Ca-fés sowie das Gebäude, zu dem an Weihnachten alle Welt strömt: die Geburtskirche. Da aber die Karten für die Weihnachtensmesse streng limitiert sind, ist hier zumindest am Weihnachtsabend, das Ende der Reise. Na ja...

Ich für mir einen Teil habe da-mals die Lutherische Weihnach-tenskirche besucht und den Abend mit warmem Gewürzwein in ei-nem Restaurant am Krippen-Platz ausklingen lassen. In diesem Sinne Frohe Weihnachten und Prost!

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TickerNachrichten, wie wir sie gerne hätten...

25.12.336: Zum ersten Mal weihnachtet es sehr.24.12.1865: Der Ku-Klux-Klan wird gegründet.

Ob die weiße Farbe der Kutten mit Weihnach-ten zu tun hat, ist nicht überliefert.

22.11.2013: Heinemann schickt erste WhatsApp-Nachricht - LUH verliert 20.000 Studierende.

01.12.2013: Erich Barke präsentiert auf einer Klausurtagung die Idee, Weihnachten zu streichen. Auf Nachfrage stellt er klar, dass er damit nur provozieren wollte. Vieles kann auf den Prüfstand gehoben werden.

23.12.2013: Das Weihnachtsspezial der beliebten Vorabendsoap „Im Moore 21“ ist ein voller Erfolg. Auch die neuen Darsteller sind bereits in das Sendekonzept integriert.

26.12.2013: Den Weihnachtsmann gibt’s wirk-lich. Er heißt K.H. Geppert und kommt aus Nienstedt.

15.03.2014: Jan Heinemann ruft die „Befreite Universität Hannover“ aus. Wegen der Se-mesterferien ist die Reaktion eher verhalten.

01.10.2014: Die Studiengebühren sind abge-schafft. Oder doch nicht?

24.12.2014: Stille Nacht! Heilige Nacht! Alles schläft. Wirklich alles? Nein, im Vorderhaus brennt Licht. Ako scannt noch.

13.04.2017: E. Barke schlägt vor, Universalge-nies wie Leibniz zu klonen, um mit ihnen mehrere Professuren gleichzeitig zu besetzen. Die Biologen sehen ihren Fachbereich als ge-rettet an.

21.12.2018: Weihnachtsfrieden zwischen den verschiedenen, verfeindeten Studiengängen. Man trifft sich im Park hinter dem Hauptge-bäude zu Keksen und Glühwein.

01.10. 2028: Das Historische Seminar zieht in das ehemalige Gebäude der Maschinenbauer um. Die wiederum beziehen ein neues Gebäu-de am Campus Stöcken.

02.10.2028: Die Toilettensanierung im Gebäu-de „Im Moore 21“ ist endlich abgeschlossen. War doch fast im Zeitplan.

13.08.2098: Geschichte wird wieder Leitwissen-schaft.

Jan W. „Digitale Bilderrahmen, die sind scheiße. Ich hasse digitale Bilderrahmen.“

Jan W. „Ich habe Technik-Tourette. Ich habe das zwanghafte Bedürfnis Technik anzuschreien und zu beleidigen.“

Jan W. „Digitale Bilderrahmen sind eine Erfin-dung des Teufels.“

„Das sind leider Propagandabilder...“

„Willst du produktiv sein?“ „Joar.“ „Dann iss was!“

Dennis: „Andere mit meinem Namen haben es halt nicht so weit gebracht.“

Beckers: „Das ist ja einfach, wenn man einen Alex in seinem Team hat, ne?“

Hohkamp: „Der Absolutismus ist tot!“

Kommilitonen zum „Gesagt ≠ Gehört“-Schema: „Die Spirale des Scheiterns!“

Aus der Vorlesung von Herrn Aschoff. Ein Stu-dent verlässt nach 45 Minuten den Vorle-sungsaal. Herr Aschoff: „Warum gehen Sie denn so frühzeitig?“ Student: „Ich bin eigent-lich für die Numerik-Vorlesung hier, ich stu-dier das hier gar nicht.“ Aschoff: „Bleiben Sie doch hier, dann lernen sie mal Richtiges!“

Und aus der brandneuen „Danke, du verschwendest meine Zeit“-Rubrik:Burschi: „Ich bin kein Rassist, aber...!“

StuKo-Vertreter: „Ich wusste gar nicht, dass es studentische Vollversammlungen gibt.“

Querulantin: „Die Einladungsmail kam viel zu spät! Aber ich wäre sowieso nicht gekom-men...“

Teilnehmer des Gremienseminars: „Ob wir dar-über abstimmen wollen, müssen wir erstmal abstimmen!“

Aus der Redaktion

Avalist 43, Dezember 2013 29

SprücheBest of Semester und Redaktionswochenende

Page 30: Avalist 43 (Weihnachtsausgabe)

Zugabe

30 Avalist 43, Dezember 2013

Werbung in eigener Sache

Maulwurf zum Ausmalen.

Ist er nicht süß?

Page 31: Avalist 43 (Weihnachtsausgabe)

Zugabe

Avalist 43, Dezember 2013 31

Der Herr mit der roten Mütze sieht sich mit einer Vielzahl von Vorurteilen konfrontiert.

Was soll man davon halten?

Page 32: Avalist 43 (Weihnachtsausgabe)

Der Studierendenrat Geschichte spricht sich entschlossen gegen jegliche Form von Rassismus, Sexismus, völkischer Ideologie, Antisemitismus, Diskriminierung jeglicher Art und Gewaltverherrlichung aus.

Weiterhin ist sich der Studierendenrat Geschichte seiner politischen, gesellschaftlichen und sozialen Verantwortung bewusst, insbesonde-re auf Grundlage der täglichen wissenschaftlichen Reflexion histori-scher Ereignisse und Strukturen.

Wir treten für Bürgercourage, sowie für die kritische Diskussion und Dekonstruktion von menschenverachtenden Positionen und Meinun-gen im universitären und öffentlichen Raum ein.

Stellungnahme!