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FRAUNHOFER-INSTITUT FÜR FABRIKBETRIEB UND -AUTOMATISIERUNG IFF, MAGDEBURG 20. FORSCHUNGSKOLLOQUIUM AM FRAUNHOFER IFF 2018

Beitragsband: 20. Forschungskolloquium 2018 · f h b l f. REFLEXION DER FORSCHUNG ZUM DIGITALEN ZWILLING AUS DER GESCHÄFTSMODELLPERSPEKTIVE Marlene Eisenträger M. Sc., Fraunhofer-Institut

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F R A U N H O F E R - I N S T I T U T F Ü R F A B R I K B E T R I E B U N D - A U T O M AT I S I E R U N G I F F, M A G D E B U R G

20. FORSCHUNGSKOLLOQUIUM AM FRAUNHOFER IFF 2018

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INDUSTRIE 4.0 – (R)EVOLUTION DER PRODUKTION

20. Forschungskolloquium am Fraunhofer IFF

Herausgeber:

Univ.-Prof. Dr.-Ing. habil. Prof. E. h. Dr. h. c. mult. Michael Schenk

In Kooperation mit:

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INHALTSVERZEICHNIS

Vorwort

Univ.-Prof. Dr.-Ing. habil. Prof. E. h. Dr. h. c. mult. Michael Schenk,

Institutsleiter, Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb und -automatisierung IFF

Marlene Eisenträger M. Sc., Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb und -automatisierung IFF,

Virtual Engineering

Dipl.-Ing. Marc Gebauer, Brandenburgische Technische Universität Cottbus-Senftenberg,

Lehrstuhl für Produktionswirtschaft

Fadi Georges B. Sc., Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb und -automatisierung IFF,

Logistik- und Fabriksysteme

Alinde Keller M. A., Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb und -automatisierung IFF,

Mess- und Prüftechnik

Niels Schmidtke M. Sc., Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb und -automatisierung IFF,

Geschäftsstelle Fraunhofer-Verbund Produktion

Maik Groneberg B. Sc., Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb und -automatisierung IFF,

Thomas Depner M. Eng., Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb und -automatisierung IFF,

3

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Den Referentinnen und Referenten

gratuliere ich zu ihrem Selbstbewusst-

sein, ihre Projekte und Ideen im Rahmen

des Forschungskolloquiums vorzustel-

len, und zu ihrer Offenheit für kritische

Fragen und Anregungen.

Den Teilnehmenden möchte ich an die-

ser Stelle für ihr Engagement, ihre Neu-

gier und die rege Beteiligung danken.

Auch in Zukunft planen das Fraunhofer

IFF, die Otto-von-Guericke-Universität

Magdeburg und andere Partnerinstitu-

tionen dieses Format fortzusetzen und

damit junge und erfahrene Wissen-

schaftlerinnen und Wissenschaftlern

zu vernetzen. Deshalb freuen wir uns

auch auf das nächste, dann 21. For-

schungskolloquium, bei dem es wieder

die Möglichkeit geben wird, Forschungs-

ergebnisse verschiedener Nachwuchs-

wissenschaftlerinnen und Nachwuchs-

wissenschaftler gemeinsamen zu

diskutieren und zu interpretieren.

Und nun lassen Sie sich selbst von den

verschiedenen Blickwinkeln unserer

jungen Expertinnen und Experten inspi-

rieren.

Ihr

Univ.-Prof. Dr.-Ing. habil. Prof. E.h.

Dr. h.c. mult. Michael Schenk,

Institutsleiter des Fraunhofer IFF

VORWORT

5

Liebe Nachwuchswissenschaftlerinnen,

liebe Nachwuchswissenschaftler,

liebe Kolleginnen und Kollegen,

verschiedene Aus- und Weiterbildungen,

persönliche Interessen und Kompeten-

zen lassen jeden von uns einen persön-

lichen Beitrag zu der »(R)Evolution« der

Industrie 4.0 leisten. Dass dafür trotz,

oder gerade wegen dieser unterschied-

lichen Professionalitäten eine gemein-

same Arbeit von großer Bedeutung ist,

zeigt uns unser Arbeits- und Forschungs-

alltag.

Denn erst das wissenschaftliche Vernet-

zen macht interdisziplinäre Innovationen

möglich. Um digitale Logistikräume zu

entwickeln, brauchen wir beispielsweise

nicht nur Kenntnisse über die Bauele-

mente, sondern auch über Datenver-

arbeitung, Integration der einzelnen

Prozesse und den Menschen, der mit

und in diesem Raum agiert.

Für das Implementieren, Umsetzen und

Verbessern solcher Innovationen brau-

chen wir gegenseitiges Verständnis.

Hierfür müssen die fachlichen Inhalte an

den Hochschulen entsprechend moder-

nisiert und erweitert werden. Die neuen

der zukünftigen Ingenieurinnen und

Ingenieure fordern aber auch überfach-

liche Fähigkeiten wie Team-, Lern- und

Anpassungsfähigkeit und ein verstärktes

System- und Prozessdenken. Der Nach-

wuchs muss in der Lage sein, Sichtwei-

sen anderer Disziplinen bei ihrer Arbeit

zu berücksichtigen.

Natürlich ist es ebenso wichtig, dass

auch die erfahrenen Kolleginnen und

Kollegen an dem offenen Austausch

teilhaben und ihre langjährige Erfahrung

teilen.

Das Fraunhofer IFF und die Otto-von-

Guericke-Universität Magdeburg fördern

diese Zusammenarbeit aktiv – durch

gemeinsame Projekte und das regelmä-

ßige Austauschen über Forschungser-

gebnisse.

So teilten beim diesjährigen 20. For-

schungskolloquium sieben junge Wis-

senschaftlerinnen und Wissenschaftler

ihre Arbeit mit ihren Kolleginnen und

Kollegen. Von verschiedenen Stand-

punkten aus wurde dabei das Thema

»Industrie 4.0 – (R)Evolution der Produk-

tion« beleuchtet und mit allen Teilneh-

menden diskutiert.

Univ.-Prof. Dr.-Ing. habil. Prof. E. h.

Dr. h. c. mult. Michael Schenk,

Institutsleiter des Fraunhofer-Instituts für

Fabrikbetrieb und -automatisierung IFF.

Foto: Fraunhofer IFF, V. Kühne

Ihr

f h b l f

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REFLEXION DER FORSCHUNG ZUM DIGITALEN ZWILLING AUS DER GESCHÄFTSMODELLPERSPEKTIVE

Marlene Eisenträger M. Sc.,

Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb und -automatisierung IFF,

Virtual Engineering

Dipl.-Ing. (FH) Sebastian Möser M. Sc.,

Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb und -automatisierung IFF,

Virtual Engineering

Sergii Skrytutskyi M. Sc.,

Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb und -automatisierung IFF,

Virtual Engineering

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9

REFLEXION DER FORSCHUNG ZUM DIGITALEN ZWILLING AUS DER GESCHÄFTSMODELL- PERSPEKTIVE

Das Thema dieses Beitrags ist die Anwendung einer Methode

-

dellperspektive durch eine Adaption der Szenariotechnik. Die

Betrachtung und Ergebnisdarstellung erfolgt für die Forschung

zum digitalen Zwilling von Anlagen aus Sicht des Anlagen-

baus. Im Folgenden wird die zugrundeliegende Motivation

beschrieben und die einleitend umrissene Zielstellung abgelei-

tet und detailliert.

Im Kontext des Zukunftsbilds Industrie 4.0 wird das For-

schungsfeld der digitalen Produktion bedeutender, da Daten

zu einer wichtigen Ressource für den zukünftigen Unterneh-

menserfolg werden [1, 2]. Dies betrifft insbesondere Anlagen-

daten, die digital bereitgestellt und verarbeitet werden. Dafür

ist eine digitale Begleitung von Produktionsanlagen erforder-

und für den Anlagenbetrieb geeignet bereitgestellt werden

muss [3]. In diesem Zusammenhang ist der digitale Zwilling

einer Anlage ein zentrales Forschungsfeld am Fraunhofer IFF.

Inzwischen hat sich dieses Forschungsthema in der deutschen

und internationalen Technologieforschung etabliert, verein-

zelt wird der digitale Zwilling auch bereits in der Industrie

eingesetzt. Aus Perspektive der Anwender sind zielgerichtete

Forschungsbestrebungen erforderlich, um eine breite prakti-

zu etablieren und aufbauend Wertschöpfungspotentiale zu

heben.

Der anwendungsorientierten Forschung ist natürlich stets

daran gelegen, die richtigen, d.h. aus Anwendersicht relevan-

ten und zukunftsfähigen, Forschungsfragen zu untersuchen.

Der digitale Zwilling ist jedoch kein allgemein realisierbares

Konzept, er benötigt eine hohe Individualisierung bei der

Umsetzung abhängig vom angestrebten Erkenntnisgewinn [4].

Dies stellt eine besondere Herausforderung für die praxisori-

entierte Forschung dar, da eine große Unsicherheit über die

Anwendungsszenarien in der Zukunft und damit auch über die

Forschungsziele besteht. Konventionell werden Forschungsbe-

-

wendung von aktuellen Technologien. Anschließend werden

daraus Technologieinnovationen entwickelt. So werden auch

mögliche Geschäftsmodelle für den Einsatz der innovativen

-

die Bedarfsanalyse und die weitere Technologieforschung ein.

Der neue Ansatz, die Perspektive der Geschäftsmodellinno-

früheren, methodischen Prognose neuer Forschungsbedarfe.

Zusätzlich wird durch die wirtschaftliche Perspektive eine

zielführendere Technologieentwicklung sowie eine kombinierte

Etablierung von Technologie- und Geschäftsmodell am Markt

unterstützt. Daher stellt sich die folgende Forschungsfrage

für den konkreten Anwendungsfall: Welche Forschungsbe-

darfe zum digitalen Zwilling im Anlagenbau können aus der

Perspektive der Geschäftsmodellinnovation abgeleitet werden?

Diese Branche wurde gewählt, da hier die Erstellungsaufwän-

de im Engineering sowie die Aktualisierungsaufwände für den

digitalen Zwilling zum Tragen kommen, die einem wirtschaftli-

chen Mehrwert gegenüberstehen müssen.

Zur Beantwortung der Forschungsfrage wird eine strukturierte

Methodik eingesetzt, die sich am Vorgehen der Szenario-

technik orientiert. So wird der Unsicherheit bezüglich der

zukünftigen Entwicklungen im Anwendungsbereich Rechnung

getragen. Im Ergebnis werden konkrete Bedarfe für die ange-

wandte Forschung zum Thema digitaler Zwilling benannt, die

aus wirtschaftlicher Sicht für eine Etablierung des Konzepts im

Anlagenbau erforderlich sind. Im Folgenden werden zunächst

der Stand der Technik für die angeschnittenen Themen digi-

taler Zwilling und Geschäftsmodelle dargestellt. Aufbauend

werden die methodische Vorgehensweise und die Ergebnisse

Im Anlagenbau werden eine Vielzahl der Anlagen als kun-

denindividuelle Unikate oder Kleinserien entwickelt. Zudem

werden die Produktionssysteme hochgradig automatisiert und

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gekennzeichnet. Dies stellt neue Anforderungen an Entwickler,

Bediener und weitere Prozessbeteiligte [5]. Diesem Trend liegt

Industrie 4.0 zugrunde [6]. Technische Realisierungsgrundlage

ist der Aufbau der Anlagen aus sogenannten cyber-physischen

Systemen (CPS) auf der Ebene von Komponenten und Modu-

len. CPS verknüpfen reale (physische) mit informationsverar-

beitenden (virtuellen) Objekten und benötigen eine intelligente

Datenverarbeitung sowie Kommunikationsmechanismen

zur Interaktion miteinander [5]. Voraussetzungen dafür sind

sowie eine digitale Informationsbasis, z.B. über den aktuellen

Zustand des Systems. Hierfür bietet der digitale Zwilling eine

-

misches Modell eines realen Objektes oder Prozesses und er

beinhaltet digitale Dokumente und Strukturinformationen (Le-

benslaufakte) über den Lebenszyklus und bildet reale Zustände

in Echtzeit ab. Zielstellung ist stets der Erkenntnisgewinn [4].

Wie in der Motivation aufgezeigt, ist der digitale Zwilling

daher in der Umsetzung keine Universallösung, sondern am

angestrebten Wissenszuwachs ausgerichtet. Das Konzept des

digitalen Zwillings geht auf die NASA zurück. In den Folgejah-

ren verbreitete es sich in der Forschung [7] und zumindest der

Begriff ist inzwischen auch im praktischen Sprachgebrauch

etabliert.

Der digitale Zwilling ist einem Objekt zugeordnet und daher

prinzipiell unternehmensübergreifend zu verstehen, da er

den Anlagenlebenszyklus durchgängig begleiten soll. Dies

erfordert eine integrierte Erstellung im Engineering und eine

betriebsbegleitende Nutzung sowie Aktualisierung. Hierfür

werden neben dem Betreiber der Anlage auch die Informa-

tionen von weiteren Akteuren wie Instandhaltungsdienst-

leister und Teilelieferanten benötigt. Außerdem können die

Informationen allen Prozessbeteiligten Mehrwerte bieten,

z.B. Such- und Wegezeiten verringern, da die Daten direkt

an der Anlage verfügbar sind, und den Instandhaltungsauf-

wand infolge Datenauswertungen und angepasste Planungen

minimieren. Dies wirkt sich erheblich auf die Wertschöpfungs-

systeme aus [8]. In diesem Zusammenhang lassen sich die

Softwareanwendungen, die für die Erstellung und Nutzung

des digitalen Zwillings genutzt werden, als digitale Kollabora-

tionstechnologien charakterisieren. Sie bringen Informationen

verschiedenster Fachbereiche objektbezogen zusammen und

stellen neue Kommunikationswege zur Verfügung: Neben der

direkten, analoge Kommunikation, bei der die Informationen

der Systeme von allen Partnern gleichzeitig betrachtet werden,

erlauben die Systeme auch eine indirekte Kommunikation über

den digitalen Informationsaustausch. Der zweite Kommuni-

Informationserfassung wahrgenommen, ohne dass sie die

Weiternutzung durch andere Fachbereiche und Unternehmen

im Blick haben. Die Technologien ermöglichen und erfordern

somit eine Zusammenarbeit unterschiedlicher Fachbereiche

und teilweise sogar Unternehmen. Die Beteiligten haben

dabei unterschiedliche Sichten, Rollen und Berechtigungen zur

Handhabung dieser Datenbasis und stehen in einem wechsel-

seitigen Abhängigkeitsverhältnis bezüglich der Informationsbe-

reitstellung und -verarbeitung. Zugleich sind die Informationen

und sich daraus ergebende Entscheidungen zentral für die

wertschöpfenden Handlungen im Zusammenhang mit dem

betreffenden Produktionssystem. Aufgrund dieses Zusammen-

spiels der Unternehmen und der damit verbundenen Auf-

wände hat die Geschäftsmodellperspektive hohe Relevanz im

Zusammenhang mit dem digitalen Zwilling.

-

prinzip, nach dem eine Organisation Werte schafft, vermittelt

und erfasst« [9]. Zur detaillierten Beschreibung von Geschäfts-

modellen und ihren Elementen dient u.a. die Methode des

Business Model Canvas, welche ein Geschäftsmodell inhaltlich

in Elemente unterteilt und diese in Beziehung zueinander

setzt. Neben der Finanzperspektive (Kostenstruktur und Ein-

nahmequellen) umfasst die Darstellungsform die Kunden, ihre

Beziehung und die Kanäle zum Unternehmen, das Angebot

für diese Kunden sowie die zugrundeliegende Infrastruktur des

Unternehmens (Partner, Aktivitäten und Ressourcen) [9]. Im

Kontrast zu dieser detaillierten Darstellung sind Geschäftsmo-

dellmuster darauf ausgerichtet, die Übertragbarkeit typischer

Eigenschaften verbreiteter Geschäftsmodelle aufzuzeigen. Als

eine praktische Methode, die dieses Prinzip nutzt, hat sich

der Business Model Navigator der Universität Sankt Gallen

etabliert [10].

-

menhang mit Technologieveränderungen im Unternehmen

oder sogar im gesamten Markt. Nach Baden-Fuller und

-

rator zwischen dem Technologieeinsatz und dem Unterneh-

menserfolg, wie in Abbildung 1 dargestellt.

Abbildung 1: Zusammenhang von Technologie und Geschäftsmodell

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Die Wertschöpfungsstrukturen, die sich aus dem Geschäfts-

modell des Unternehmens ergeben, stellen somit den Rah-

men für die Vermittlung einer technologischen Innovation

in den (letzten Endes wirtschaftlich bemessenen) Erfolg des

Unternehmens. Denn Technologien unterstützen zwar bei

der Realisierung des Erfolgs, sie sind aber nicht der einzige

sich aus dem angestrebten Unternehmenserfolg in Verbindung

mit der Anwendersicht die wesentlichen Innovationsbedarfe.

Außerdem kann die Technologie ein Befähiger zur Realisierung

neuer Geschäftsmodelle sein. Daher bietet sich die Geschäfts-

relevanter Technologieinnovationen zu verwenden.

-

perspektive wird bezweckt, dass Forschungsbedarfe früher

anwendungsbezogen begründet werden können. Das dafür

entwickelte Vorgehen baut auf den Prinzipien des Business

Model Navigators [10] der Universität Sankt Gallen auf und

integriert zentrale Aspekte der Szenariotechnik nach Reibnitz

[12] zur Zukunftsprognose. Abbildung 2 stellt das methodi-

sche Vorgehen im Überblick dar.

(1) Informationen sammeln

Das Vorgehen benötigt grundlegend eine ausreichende Infor-

mationsbasis über den Anwendungsfall sowie die Sicht der

Akteure in der Branche, insbesondere von Führungskräften,

welche sich mit Geschäftsmodellinnovationen in ihrem Unter-

nehmen auseinandersetzen. Neben Recherchen zum Stand der

Forschung und Technik sollte hierbei primär die Anwendersicht

zum Thema Geschäftsmodellinnovation im Anlagenbau wur-

den daher Trends und Herausforderungen sowie Anforderun-

gen an neue Geschäftsmodelle ermittelt.

(2) Bewertungskriterien ableiten

Auf Basis der gesammelten Informationen können anschlie-

ßend Bewertungskriterien abgeleitet werden. Diese dienen

dazu, zukunftsfähige Geschäftsmodelle für den Anwendungs-

fall auszuwählen.

(3) Zukunftsprognose erstellen

Entsprechend der Vorgaben der Szenariotechnik nach Reibnitz

[12] werden qualitative Zukunftsszenarien entwickelt, die als

inhaltlicher Rahmen für die Hinterfragung der zukünftigen

Umsetzung verschiedener Geschäftsmodelle dienen. Dazu

werden zunächst Eigenschaften zur Beschreibung der Zukunft

-

Als Grundlage für die spätere Auswahl werden Geschäftsmo-

dellmuster gesammelt, die auf den Anwendungsfall übertrag-

bar sind. In diesem Schritt werden verschiedene Geschäftsmo-

-

fall ergeben (z.B. Produktart).

(5) Geschäftsmodellmuster bewerten

Die qualitative Bewertung zur Auswahl passender Geschäfts-

modellmuster erfolgt zum einen über die (szenarienunab-

hängigen) Bewertungskriterien und zum anderen über ihre

Eignung für die einzelnen Zukunftsszenarien. Muster, die in

allen Szenarien sowie bei den Bewertungskriterien vergleichs-

weise hoch abschneiden, werden ausgewählt und im Folgen-

den detaillierter betrachtet.

(6) Geschäftsmodelle analysieren

Für die Analyse werden die ausgewählten Muster zunächst

auf den Anwendungsfall übertragen. Hierzu bietet sich eine

Detaillierung mithilfe des Business Model Canvas an, um das

Muster zu einem Geschäftsmodell für ein typisiertes Unter-

nehmen auszugestalten. Im Rahmen der Detaillierung der

Geschäftsmodelle wird zuvor noch das aktuelle Geschäftsmo-

dell des typisierten Unternehmens aufgestellt. Um aufbau-

end die Forschungsbedarfe zu ermitteln, werden die neuen

Geschäftsmodelle mit dieser Ausgangsvariante verglichen und

die wesentlichen Unterschiede herausgearbeitet.

(7) Forschungsbedarfe ableiten

Aus dem Vergleich wird auf weitere Forschungsbedarfe

Unterschieden Lücken zum aktuellen Stand von Technik und

Forschung bestehen. Diese Form der Herleitung ist zugleich

die Argumentationsgrundlage für aufbauende Forschungs-

projekte.

der Geschäftsmodellperspektive, eigene Darstellung.

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aufbauend auf dem aktuellen Geschäftsmodell eines typisier-

ten, mittelständischen Anlagenbauers mit einem hohen Anteil

an kundenindividuellen Entwicklungsleistungen. Das primäre

Angebot ist der Verkauf individualisierter Produktionsanlagen.

Das Geschäftsmodellmuster der garantierten Anlagenverfüg-

barkeit ergänzt das Wertangebot um eine umfassende Service-

dienstleistung, wie das Business Model Canvas in Abbildung

4 illustriert. Dies wirkt sich auf die Vertragsgestaltung aus,

bei der zum Anlagenverkauf eine regelmäßige Servicegebühr

hinzukommt. Die Anlagenverfügbarkeit zielt auf das Bedürfnis

im Kundenunternehmen ab, das Produktionsrisiko zu minimie-

ren. Dabei unterstützt ihn der Anlagenentwickler in diesem

Geschäftsmodell durch einen Instandhaltungsservice, der mit

der Datenbasis des digitalen Zwillings agiert. Als Grundvoraus-

setzung ist ein tiefgreifendes Wissen beim Anlagenbauer über

die individualisierten Anlagen erforderlich. Daher können diese

nicht als reine Unikate entwickelt werden. Stattdessen muss

sich der Anlagenbauer auf eine Branche mit passender Modu-

larisierung dieser Anlagen spezialisieren. Deren Betriebsdaten

lassen sich dadurch so auswerten, dass Informationen zu einer

Anlage auch auf andere Anlagen übertragbar sind. Dafür sind

das digitale Engineering und die datenseitige Begleitung des

Anlagenlebenszyklus zentral und müssen konsequent umge-

setzt werden. Aus diesem beispielhaften Szenario ergeben sich

zahlreiche Ansätze für aufbauende Forschungsfragen, auf die

im nächsten Abschnitt eingegangen wird.

Als wesentliche Grundlage des Geschäftsmodells wurde

die durchgängige Datenhaltung über den gesamten Anla-

Aktivität im Anlagenbauunternehmen darin bestehen, die

benötigte Datenbasis in der Entwicklungsphase zu erstellen,

integriert in den bestehenden Prozessen und ohne erhebliche

Zusatzaufwände. Dafür ist insbesondere eine weiterführende

Einbettung des digitalen Zwillings in bestehende Entwick-

lungsphilosophien erforderlich, als sie der Stand von Technik

und Forschung erfüllt: Die Modularisierung und Skalierbarkeit

digitaler Zwillinge durch eine entsprechende Datenstruktur ist

erforderlich. Nur durch eine entwicklungsintegrierte Erstellung

des digitalen Zwillings ist sichergestellt, dass die Datenqualität

als Grundlage für spätere Auswertungen zur Sicherstellung der

Anlagenverfügbarkeit ausreichend ist und die Erstellung dieser

der Verfügbarkeit individualisierter Anlagen nötig, dass Wissen

infolge der Modularisierung zu Anlagenmodulen und -kompo-

nenten von verschiedenen Anlagen übertragbar und gemein-

sam auswertbar ist.

Aufbauend auf einer quantitativen Umfrage zur Geschäftsmo-

dellinnovation mit 4.0 Anlagenbauunternehmen sowie einer

entsprechenden Literaturrecherche wurden neun branchen-

-

entierung, kooperative Ökosysteme und individualisierte Leis-

tungsangebote. Die Anforderungen aus der Praxis orientieren

sich an heutigen Erfolgsfaktoren für die Geschäftstätigkeit

im Anlagenbau. Außerdem zeigt die Befragung beim Thema

Trends deutlich eine technologische statt einer wirtschaftlichen

Fokussierung, denn die Bedeutung technischer Trends wie der

digitale Zwilling wurde höher eingeschätzt. Auf dieser Grund-

lage wurden zwei Extremszenarien für das Jahr 2025 beschrie-

ben, ein konservatives und ein progressives Szenario. So wurde

für die Eigenschaft »Verbreitung des digitalen Zwillings« die

Annahme getroffen, dass sich im konservativen Szenario das

Konzept nur punktuell durchsetzt, während das progressive

Szenario von einem verbreiteten Marktstandard ausgeht.

Anhand der Szenarien werden die Geschäftsmodellmuster

bewertet. Für den Anwendungsfall wurden solche Muster

ausgewählt, die für die Investitionsgüterindustrie geeignet

sind. Insgesamt wurden 33 Muster aus dem Business Model

Navigator sowie der erweiterten Business Model Pattern Da-

tabase [13] einbezogen. Die Muster wurden zunächst anhand

der Bewertungskriterien szenarienunabhängig eingeschätzt.

Dafür wurde für jedes erfüllte Kriterium ein Punkt vergeben.

Anschließend wurde die Eignung der Muster in jedem Szena-

rio mit 0, 1 oder 2 bewertet (nicht, partiell oder voll geeignet).

Zur Visualisierung wurde eine einfache Matrix verwendet, wie

sie in der folgenden Abbildung für das konservative Szenario

dargestellt ist:

Als eines der geeigneten Geschäftsmodellmuster mit hohen

Bewertungen in beiden Szenarien sowie den Kriterien wurde

die »garantierte Anlagenverfügbarkeit« (engl. guaranteed

Hinterlegung der geeigneten Geschäftsmodellmuster, eigene Dar-

stellung.

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Es stellen sich somit folgende Fragen: Wie ist ein entsprechen-

des Austauschformat für modulare, skalierbare digitale Zwillin-

ge zu gestalten? Welche Anwendungen und Funktionen sind

dafür erforderlich, um solche digitalen Zwillinge zu erstellen,

auszutauschen und zu integrieren?

Damit einher geht der Bedarf nach passenden Entwicklungs-

prozessen im Anlagenbau. Mit der Forderung nach einem

digitalen Zwilling wird eine Qualitätsanforderung an die

digitale Unterstützung der Anlage formuliert, die sich inhaltlich

aus dem angestrebten Erkenntnisgewinn in der Betriebsphase

ergibt. Diese Vorverlagerung der betrieblichen Anforderungen

muss den Ingenieuren aller Fachbereiche bewusst sein und

fehlen jedoch konkrete Gestaltungsempfehlungen. Zugleich ist

es für die Menschen kaum möglich, die durch die Technologie

angeregten Veränderungen zu antizipieren und im Gegenzug

Entwicklungsprozesse mit digitalem Zwilling gestaltet wer-

den? Wie lassen sich sichten integrierte, also interdisziplinäre

Anlagenmodelle im Engineering Prozess erstellen, die für

Menschen und Computer verständlich sind?

Im Anlagenbetrieb ist die Datenbasis weiterzuführen, da für

die Auswertung der Verfügbarkeit natürlich aktuelle und

korrekte Daten erforderlich sind. Dabei ist ein zentraler Bedarf,

klare Prozesse für die Aktualisierung des digitalen Zwillings zu

gestalten, mit deren Hilfe eine aktuelle Datenbasis sicherge-

stellt werden kann. Neben den benötigten Rollenstrukturen

ist auch erforderlich, weitestgehend technische Methoden zur

Konsistenzprüfung zwischen digitaler und realer Anlage zu

entwickeln. Die Menschen benötigten außerdem ein Verständ-

nis der Zusammenhänge der Unternehmen und der Prozesse,

damit sie die Daten zur Aktualisierung richtig aufnehmen und

den passenden Prozess auswählen. Zusammengefasst ergeben

sich folgende Fragestellungen: Wie kann die Konsistenz von

digitalem Zwilling und Anlage sichergestellt werden, metho-

disch wie auch technisch? Wie laufen (unternehmensübergrei-

fende) Aktualisierungsprozesse in Wertschöpfungsnetzwerken

ab?

Als Grundlage für die Aktualisierung ist eine geeignete Zusam-

menarbeit der Unternehmen rund um die Anlage erforderlich.

Erste Forschungserkenntnisse zur datenbasierten Kooperation

in der Produktion [8] weisen auf einen erheblichen Struktur-

wandel hin. Im Zusammenhang mit dem digitalen Zwilling sind

solche Kooperationen noch nicht praktisch umgesetzt. Ent-

sprechend ergeben sich zahlreiche Fragen: Welche Eigenschaf-

ten müssen kooperative, auf Anlagen mit digitalen Zwillingen

bezogene Unternehmensnetzwerke aufweisen? Wie gelingt

ihr Aufbau und die langfristige Aufrechterhaltung sowie ein

geeigneter Auftritt am Markt (Netzwerkgeschäftsmodelle)?

benötigt? Wie lassen sich Informationen in einem solchen

Kooperationsszenario bewerten? Wie erreichen die Mitarbeiter

selbst ein unternehmens- und prozessübergreifendes Ver-

ständnis der Wirkzusammenhänge im kooperativen Wert-

schöpfungssystem?

Außerdem ergeben sich breite Forschungsbedarfe im Bereich

der Datennutzung und -auswertung. So ist für die Erhöhung

der Anlagenverfügbarkeit wesentlich, die störungsbedingte

Stillstandszeit von Anlagen zu minimieren. Diesem Zweck

dient auch die vorausschauende Instandhaltung, wozu sich

folgende Fragestellungen ergeben: Wie muss der digitale Zwil-

ling aufgebaut sein, dass er die richtige Informationsgrundlage

Abbildung 4: Business Model Canvas für die garantierte Anlagenver-

fügbarkeit (dunkel), als Erweiterung des Basisgeschäftsmodell eines

typisierten Unternehmens im Anlagenbau (hell), eigene Darstellung.

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wie die Rollen und Aufgabenverteilung bei der Kooperation

und die Nutzung des digitalen Zwillings zur betriebsbegleiten-

den Optimierung betrachtet. Mit diesen Projekten werden die

Technologien des digitalen Engineerings am Fraunhofer IFF

weiterentwickelt und zugleich die Anwendungsbedingungen

hinsichtlich Mensch und Organisation integriert erforscht und

gestaltet.

6 Literatur

[1] Bitkom (Hrsg.) (2017): Geschäftsmodelle in der Industrie

4.0 : Chancen und Potentiale nutzen und aktiv gestalten. In:

https://www.bitkom.org/Bitkom/Publikationen/Faktenpapier-

zu-Geschaeftsmodellen-in-der-Industrie-40.html. Stand: 15.

Januar 2019.

[2] Gregorzik, Stefan (2017): Wertschöpfung im Internet der

Dinge : Konzeption und Technik zukunftsfähiger Geschäftsmo-

delle. In: ProduktDaten Journal Jg. 24, 2017, Nr. 1, S. 30–33.

[3] Schmucker, Ulrich; Haase, Tina; Schumann, Marco (2015):

Digital Engineering and Operation. In: Schenk, Michael (Hrsg.):

Produktion und Logistik mit Zukunft : Digital Engineering and

Operation. Berlin, Heidelberg: Springer Vieweg, S. 283–377.

[4] Eisenträger, Marlene; Adler, Simon; Kennel, Matthias;

Möser, Sebastian (2018): Changeability in Engineering :

Symbioses of Agile Methodologies and Virtual Engineering. In:

Conference Proceedings ICE/IEEE ITMC 2018: 24th Internati-

onal Conference on Engineering, Technology and Innovation,

Stuttgart, S. 28–35.

[5] Reinhart, Gunther et al. (2013): Cyber-Physische Produk-

tions-systeme : Produktivitäts- und Flexibilitätssteigerung

durch die Vernetzung intelligenter Systeme in der Fabrik, at

– Automatisierungstechnik Methoden und Anwendungen der

Steuerungs-, Regelungs- und Informationstechnik Jg. 103, Nr.

10, S. 84–89.

[6] Geisberger, Eva; Broy, Manfred (2012): > agendaCPS :

Integrierte Forschungsagende Cyber-Physical Systems acatech

STUDIE. München: acatech – Deutsche Akademie der Technik-

wissenschaften.

[7] Negri, Elisa; Fumagalli, Luca; Macchi, Marco (2017): A

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für die vorausschauende Instandhaltung – insbesondere für

individualisierte Anlagen – darstellt? Wie lässt sich Erfahrungs-

wissen aufbereiten und zusammen mit den Anlagendaten auf

andere Anwendungsfälle, Anlagen oder Module übertragen?

Außerdem ist für die Realisierung einer hohen Anlagenverfüg-

barkeit eine regelmäßige Optimierung der Anlage ein ertrag-

reiches Zusatzangebot. Neben konstruktiven Dienstleistungen

könnte dies auch mit einer betriebsbegleitenden Prognose der

Anlagenauslastung in Verbindung mit einer automatisierten

Adaption der Anlagenfunktion zielführend unterstützt werden.

Solche Anwendungen des digitalen Zwillings zählen zum

aktuellen technologischen Forschungsbedarf. Dabei ist jedoch

auch der Anwender im Fokus, da solche fortgeschrittenen

Technologien hohe Anforderungen an die Mitarbeiter stellen,

hinsichtlich Bedienung, Verständnis der dargestellten Infor-

Frage, welche Methoden sich zur Darstellung und Erfassung

von Wirkzusammenhängen in Anlagen eignen.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die angestrebte

entwickelt wurde und für den Anwendungsfall »Digitaler

Zwilling im Anlagenbau« prototypisch umgesetzt wurde. Eine

Übertragbarkeit der Methode auf andere Anwendungsfälle

wird aufgrund der dargestellten Adaption etablierter Metho-

den postuliert, wurde jedoch bisher nicht getestet.

Bei der Betrachtung der Forschungsbedarfe zeigt sich ein

breites Bild vernetzter Forschungsfragen. Die einzelnen Fra-

gestellungen sind dabei integrativ auf Mensch, Technik und

Organisation ausgerichtet und stehen miteinander im engen

Zusammenhang. Dieses Gesamtbild zeigt sich besonders deut-

lich aufgrund der gewählten Geschäftsmodellperspektive und

ist daher der entwickelten Methode zuzurechnen.

wurden bereits zwei Projekte zu Ausschreibungen des BMBF

konzipiert und erfolgreich beantragt. Das Vorhaben »DAVID«

(Designansatz zur Strukturierung verteilter digitaler Zwillinge)

strebt die Entwicklung eines integrierten Austauschformats

für digitale Zwillinge an. Es adressiert primär die Forschungs-

bedarfe zur Skalierbarkeit und Modularisierung digitaler

Zwillinge sowie die Methoden zur Integration und Aktualisie-

rung. Außerdem wird mit dem Vorhaben »NedZ« (Gestaltung

unternehmensübergreifender Kooperationsnetzwerke mit dem

digitalen Zwilling) untersucht, wie unternehmensübergreifen-

de Nutzungsszenarien technologisch und arbeitsgestalterisch

umgesetzt werden können. Dabei werden Forschungsbedarfe

Page 17: Beitragsband: 20. Forschungskolloquium 2018 · f h b l f. REFLEXION DER FORSCHUNG ZUM DIGITALEN ZWILLING AUS DER GESCHÄFTSMODELLPERSPEKTIVE Marlene Eisenträger M. Sc., Fraunhofer-Institut

15

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16

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17

LEBENSZYKLUSORIENTIERTE BETRACHTUNG VON TECHNOLO-GIEBASIERTEN GESCHÄFTS- MODELLINNOVATIONEN AM BEISPIEL EINER INDUSTRIELLEN WÄSCHEREI

Dipl.-Ing. Marc Gebauer,

Brandenburgische Technische Universität Cottbus-Senftenberg

Lehrstuhl für Produktionswirtschaft

Dr.-Ing. Martin Busse,

Berendsen GmbH Nordost

Dipl.-Ing. Marlon Lehmann,

Brandenburgische Technische Universität Cottbus-Senftenberg

Lehrstuhl für Automatisierungstechnik

Univ. Prof. Dr. habil. Herwig Winkler,

Brandenburgische Technische Universität Cottbus-Senftenberg

Lehrstuhl für Produktionswirtschaft

Univ. Prof. Dr.-Ing. Ulrich Berger,

Brandenburgische Technische Universität Cottbus-Senftenberg

Lehrstuhl für Automatisierungstechnik

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19

LEBENSZYKLUSORIENTIERTE BETRACHTUNG VON TECHNOLOGIEBASIERTEN GESCHÄFTSMODELL- INNOVATIONEN AM BEISPIEL EINER INDUSTRIELLEN WÄSCHEREI

Industrielle Wäschereien spielen in der Volkswirtschaft

Deutschlands eine bedeutende Rolle. Im Jahr 2014 gab es

noch 4700 Wäschereibetriebe mit knapp 70.000 Mitarbeitern.

Diese Unternehmen erwirtschafteten einen Jahresumsatz von

etwa drei Milliarden Euro. Sie unterstützen Krankenhäuser,

Hotels und Gastronomieunternehmen, Handwerk und Handel,

die Reinigung von Wäsche bzw. durch die Bereitstellung sau-

berer Wäsche [1].

Ein Blick in die Statistik offenbart kontinuierlich sinkende

Unternehmenszahlen. Parallel steigt jedoch der Umsatz der

Konsolidierung statt. Aus dem Konsolidierungsdruck resul-

tiert für die einzelnen Unternehmen die Notwendigkeit von

Innovationen. Zur Konkretisierung und Differenzierung der

Notwendigkeit von Innovation wird ein Lebenszyklusansatz für

das Geschäftsmodell einer Wäscherei exemplarisch verwendet.

Anschließend erläutern die Autoren das Forschungsprojekt

PickClothBot, welches primär auf eine Prozessinnovation

abzielt.

Prozessinnovationen stellen neben anderen Innovationsarten

nur eine Möglichkeit für notwendige Veränderungen dar. Zu

den weiteren Innovationsarten gehört die Geschäftsmodel-

linnovation. Deren Bedeutung für den Unternehmenserfolg

betont bspw. Chesbrough mit »… a mediocre technology per-

sued with a great business model may be more valueable than

a great technology exploited via a mediocre business model«

[4] S. 354. Die These der Wirksamkeit von Geschäftsmodellin-

novationen auf den Unternehmenserfolg erhält Unterstützung

aus der hervorgeht, dass Unternehmen, die sich auf Ge-

schäftsmodellinnovationen fokussieren, besonders erfolgreich

sind [5].

Zusätzlich zu der Erfolgswirkung der tatsächlichen Umsetzung

von Geschäftsmodellinnovationen unterstützt der Umgang

mit Geschäftsmodellen und Geschäftsmodellinnovationen

die Planung sowie Durchführung strategischer Maßnahmen

methodisch.

Die Projektion strategischer Optionen auf die Geschäftsmodell-

Perspektive ermöglicht eine ganzheitliche Betrachtung der

strategischen Maßnahmen für die Logik der unternehmeri-

schen Tätigkeit [6].

Im vorliegenden Artikel wird ein Innovationsprojekt dargestellt,

welches vornehmlich auf eine Prozessinnovation mit dem Ziel

abzielt. Die ganzheitliche Betrachtung der Umsetzung der

angestrebten Prozessinnovation aus der Geschäftsmodell-

die Umsetzung der Prozessinnovation in einer evolutionären

Geschäftsmodellinnovation resultiert, welche sich in der

Änderung der Lebenszyklusphase des Geschäftsmodells der

umsetzenden Wäscherei zeigt.

Geschäftsmodelle stellen für Manager und Wissenschaftler

einen bedeutenden und seit Mitte der 90er Jahre mit zuneh-

mender Intensität diskutierten Betrachtungsgegenstand der

Wirtschaftswissenschaften dar [6]. Innovative Geschäftsmodel-

le sind bis heute die Grundlage des Erfolges weltweit bekann-

ter Unternehmen, wie Dell [8], [9], IBM [4] oder auch Apple

[10] und Amazon [11].

Trotzdem sich die Forschung zu Geschäftsmodellen in unter-

schiedliche Richtungen entwickelt hat [12] und eine Vielzahl

business strategy and business processes …« [13] S. 9 oder »A

business model constists of [...] elements, that, taken together,

create and deliver value.« [10] S. 52 entwickelt wurden, orien-

tiert sich mittlerweile ein Großteil von Wissenschaftlern an der

-

tion, delivery, and capture mechanisms …« [14] S. 172 [7].

bei dem aktuellen Verständnis des Begriffs Geschäftsmodell

um die ganzheitliche Logik der Wertschöpfung sowie der Er-

tragserzielung von Unternehmen handelt, die als umgesetzte

Strategie zu verstehen ist. Die besagte Logik lässt sich wiede-

rum mit unterschiedlichen Kombinationen von Geschäfts-

modellelementen beschreiben. Mögliche Kombinationen von

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20

Geschäftsmodellelementen lassen sich aus generischen Ge-

schäftsmodellen entnehmen, die den Umgang mit Geschäfts-

modellen bzgl. des Erfassens, Verstehens, Analysierens, Kom-

munizierens, Enwickelns und Änderns unterstützen [6],[15].

Eine Variante mit den drei Elementen Produkt-/Markt-Kombi-

stammt von Zollenkop. Generische Geschäftsmodelle stellen

eine methodische Grundlage für Geschäftsmodellinnovationen

dar. Geschäftsmodellinnovationen als neue Logik der Wert-

und Ertragsgenerierung bieten Chancen für Unternehmen,

sich vom Wettbewerb abzugrenzen und unternehmerisch

erfolgreich zu sein. So generiert das Unternehmen Nespresso

mit seinen Kaffeekapseln etwa das Fünffache an Umsatz pro

Volumeneinheit gegenüber konventionellen Angeboten der

Wettbewerber [16].

Analog zu den Geschäftsmodellen bestehen für den Begriff

-

nitionen und Betrachtungsweisen [12] sowie ein Mangel an

Methoden zur Umsetzung von Geschäftsmodellinnovationen

[17].

Foss/Saebi, die unter Geschäftsmodellinnovation »… de-

business model …« verstehen [12]. Geschäftsmodellinnova-

tionen bestehen in den Varianten evolutionäre und radikale

Geschäftsmodellinnovation [18]. Der methodische Mangel für

Geschäftsmodellinnovationen ist kritisch, da Unternehmen

regelmäßig ihr Geschäftsmodell hinterfragen sollten, um es

ggf. an neue Situationen anzupassen oder sich proaktiv vom

Wettbewerb abzuheben [19].

Ein Geschäftsmodelllebenszyklus trägt das Potenzial, den me-

thodischen Mangel im Feld der Geschäftsmodellinnovationen

zu verringern. Dies lässt sich mittels des Begriffsverständnisses

eines Lebenszyklus sowie Analogien zu anderen Lebenszyklen

als Basis für Lebenszyklusmanagementkonzepte begründen.

Ein Lebenszyklus unterstellt graduelle Entwicklungsstufen

eines Objektes, mit denen unterschiedliche und ggf. vorher-

sagbare Herausforderungen sowie Innovationsbedarfe für

die Erfolgssicherung verbunden sind [20]. Die Analogie zum

Produktlebenszyklus zeigt, dass die Kenntnis eines Lebens-

Verknüpfung mit geeigneten Methoden und Indikatoren,

steigert [21], [22].

Da bisher die Themenfelder Geschäftsmodell bzw. Geschäfts-

modellinnovation und Lebenszyklen weitestgehend getrennt

voneinander betrachtet wurden, ist zuerst ein Geschäftsmo-

delllebenszyklus zu charakterisieren. Zu diesem Zweck wurde

eine systematische Literaturrecherche mit den Begriffen

»business model« und »life cycle« am 30.01.2017 in Web

of Science durchgeführt. Im Ergebnis standen 58 Artikel aus

internationalen Fachzeitschriften, welche zwischen 1997 und

2017 veröffentlicht wurden. Die Charakteristika eines Lebens-

zyklus bestehen in dem betrachteten Lebenszyklusobjekt, der

Kurvenform, den Lebenszyklusphasen und der Dimension der

Y-Achse [23], [24]. Die meisten Artikel thematisieren Produk-

te als Lebenszyklusobjekt. Ein Geschäftsmodelllebenszyklus

kommt einmal vor. Als Kurvenform ist die S-Kurve mit vier

Lebenszyklusphasen vorherrschend. Als Dimension der Y-

Achse kommen unterschiedliche Erfolgs- und Kostengrößen in

Frage. Für Geschäftsmodelle lassen sich aus den untersuchten

Artikeln jedoch keine Empfehlungen ableiten. Weiterhin ist

festzustellen, dass die Phasenbestimmung i.d.R. anhand quali-

tativer Daten erfolgt.

Überträgt man diese Ergebnisse auf das Konzept eines Ge-

schäftsmodelllebenszyklus, erscheint der Ansatz von Zollenkop

geeignet. Er entwirft ein Lebenszykluskonzept für Geschäfts-

modelle in Form einer S-Kurve mit den vier zustandsorientier-

ten Phasen Entstehung, Wachstum, Reife und Niedergang. Für

die Geschäftsmodellelemente Produkt-/Markt-Kombination,

-

chiert Zollenkop 136 Indikatoren aus der Strategie- und

Innovationsliteratur. Des Weiteren gibt er bereits qualitative

Ausprägungen der Indikatoren für die Phasenzuordnung der

einzelnen Geschäftsmodellelemente an. Somit entwickelt er

ein bereits sehr detailliertes Konzept für einen Lebenszyklus,

welches auf das unternehmensindividuelle Geschäftsmodell

anzupassen ist. Bezogen auf den Lebenszyklus versteht man

eine Änderung der Phase als evolutionäre Geschäftsmodellin-

novation. Resultieren die Änderungen der Geschäftsmodelle

in einer neuen Logik der Wertschöpfung und Ertragserzielung,

beginnt ein neuer Lebenszyklus und eine radikale Geschäfts-

modellinnovation liegt vor.

Der Ansatz von Zollenkop für einen Geschäftsmodelllebens-

zyklus und der dazugehörigen Phasenbestimmung wird im

ersten Schritt verwendet, um den Innovationsdruck für das

Unternehmen bzw. dessen Geschäftsmodell einzuschätzen.

Des Weiteren dient die Möglichkeit der Phasenbestimmung

für Geschäftsmodelle in deren Lebenszyklus zur Prüfung des

Vorliegens einer evolutionären Geschäftsmodellinnovation im

Fall der Umsetzung der Projektergebnisse aus dem Innovati-

onsprojekt PickClothBot.

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21

Da sich eine Geschäftsmodellinnovation über die Änderung

-

schrittige Vorgehensweise von Zollenkop, welche die Phasen-

bestimmung des Geschäftsmodelllebenszyklus anhand der

Geschäftsmodellelemente vorsieht, besonders.

Zuerst ist eine aussagekräftige Teilmenge von Indikatoren für

jedes Geschäftsmodellelement auszuwählen. Anschließend

sind qualitative oder quantitative Ausprägungen der Indikato-

ren als Schwellenwerte für die Phasen festzulegen. Letztend-

lich wird die Phasenzuordnung für die einzelnen Geschäfts-

modelle anhand der Indikatoren und ihrer Schwellenwerte

durchgeführt, um auf die Lebenszyklusposition des gesamten

Geschäftsmodells zu schließen [25].

Entsprechend des Vorschlages von Zollenkop erfolgt die Pha-

senbestimmung für den Lebenszyklus des Geschäftsmodells

in drei Schritten. Die Auswahl der für das Geschäftsmodell

geeigneten Indikatoren als erster Schritt erfolgt in einem

semistrukturierten Experteninterview mit dem Produktions-

leiter eines europaweit tätigen Wäschereikonzerns. Für die

Indikatorauswahl bestehen zwei Kriterien. Zum einen müssen

die Indikatoren relevant bzgl. der Unternehmensstrategie sein.

Zum anderen soll der Indikator durch die Umsetzung der Pro-

-

prägungen aus Sicht des Experten statt. Anschließend kommt

es im dritten Schritt zur Bestimmung der Lebenszyklusphase

des fokussierten Geschäftsmodells. Zu diesem Zweck dient die

Auszählung der Indikatorausprägungen pro Geschäftsmodel-

lelement. Im Falle eines uneindeutigen Ergebnisses wird der

Modalwert bestimmt und die Lebenszyklusphase an diesem

festgemacht.

Bei der betrachteten Wäscherei handelt es sich um ein euro-

paweit tätiges Unternehmen, welches Marktführer für den

Bereich Textil- und Hygienedienstleistungen ist. Die Leistungen

des Unternehmens bestehen in textilen, hygienischen, sicher-

heitsbezogenen Mietlösungen für die vier Geschäftsfelder Ge-

sundheitswesen, Hotellerie und Gastronomie, sowie Industrie

und Dienstleistungen. Im Geschäftsfeld Gesundheitswesen

bietet das Unternehmen bisher nur Mietwäsche, insbesondere

Bettwäsche und Bekleidung, für Krankenhäuser an.

Für das Geschäftsmodellelement Produkt-/Markt-Kombination

-

satz, Produktvariation, Anzahl der Anwendungsgebiete und

Sortiment Anwendung. Die Marktanteile der Unternehmen

konzentrieren sich aufgrund der Konsolidierung zunehmend

auf große Unternehmen und sind relativ stabil. Die Umsätze

des Unternehmens sinken ebenso wie die Produktvariationen.

Währenddessen ist die Anzahl der Anwendungsgebiete der

Bereinigung statt. Im Wettbewerbsvergleich handelt es sich

überwiegend um undifferenzierte Standartprodukte. Für das

Geschäftsmodellelement Produkt-/Markt-Kombination sind

drei Indikatoren der Lebenszyklusphase Niedergang zuzuord-

nen und zwei der Lebenszyklusphase Reife.

charakterisiert sich durch die Indikatoren Schlüsselaktivitäten,

Produktion und Kapazitätsauslastung. Die Schlüsselaktivitäten

bestehen in Rationalisierungsprozessen und Desinvestitio-

Fertigungssystem zu charakterisieren, bei dem die Kapazitäten

nicht vollausgelastet sind und teilweise abgebaut werden. Die

-

phase.

Der Ertragsmechanismus ist gekennzeichnet durch die

Indikatoren Umsatz und Deckungsbeitrag. Beide haben das

Maximum überschritten und sinken seitdem. Somit ist das

Geschäftsmodellelement Ertragsmechanismus ebenfalls der

Lebenszyklusphase Niedergang zuzuordnen. Da sich alle drei

Geschäftsmodellelemente und damit das gesamte Geschäfts-

Innovationen notwendig, um das Überleben des Unterneh-

mens zu sichern. Die Indikatorausprägungen der anzustreben-

den Lebenszyklusphasen unterstützen die Orientierung bei der

Ausgestaltung der umzusetzenden Innovationen.

Das ZIM-geförderte Forschungsprojekt PickClothBot zielt auf

werden vor allem Technologien der Robotik, Bilderkennung

und RFID verwendet. Der Roboter sortiert die Wäschestücke,

welche über RFID-Kennzeichnungen einen digitalen Zwilling

haben [26] und mittels der Bilderkennung in den Transportbo-

xen aufgefunden werden.

-

rung auf den Prozess der Wäschereien ab, der als Kernprozess

für weitere Prozessschritte weitreichende Verbesserungspoten-

ziale bietet.

Page 24: Beitragsband: 20. Forschungskolloquium 2018 · f h b l f. REFLEXION DER FORSCHUNG ZUM DIGITALEN ZWILLING AUS DER GESCHÄFTSMODELLPERSPEKTIVE Marlene Eisenträger M. Sc., Fraunhofer-Institut

22

Das Sortieren der Wäsche ist zeitaufwändig, weitestgehend

manuell und die Keimbelastung für die ausführenden Mit-

arbeiter ist an diesem Punkt der Wertschöpfungskette von

Wäschereien besonders hoch.

Die Projektpartner Brandenburgische Technische Universität

und pi4 robotics übernehmen in Abstimmung mit unterschied-

lichen Wäschereien die Konzeption sowie die Erstellung des

Demonstrators der Sortieranlage.

Im Projekt werden zuerst die Marktsituation der Wäscherei-

en in Deutschland sowie relevante Normen und Standards

erarbeitet. Es schließt sich die Erfassung und Priorisierung der

Anforderungen an, bevor die Demonstratoren geplant, konst-

ruiert und getestet werden.

Die Marktsituation ist geprägt durch einen starken Wett-

bewerb, der sich u.a. durch den Preisdruck bei niedrigen

Margen äußert. Die Nachfrage nach Dienstleistungen der

Wäschereien steigt jedoch u.a. im bisherigen Nischenmarkt für

trägerbezogene Kleidung und dem wachsenden Bereich der

-

lands in Kombination mit einer neuen Norm (RAL 992/4) für

kaum noch wirtschaftlich darstellbar. Zusammengefasst sind

die wichtigsten Anforderungen an die Sortieranlage für das

Projekt folgende:

– Keine Gefährdung für Mitarbeiter

– Sicherung des Datenschutzes

– Anschaffungspreis der Anlage < 120.000 €

– Sortierleistung > 250 Stk/h

– Einsatzmöglichkeit in unterschiedlichen Wäschereisegmen-

ten

– Keine Beschädigung und kein Verlust von Wäschestücken

– -

dung, im trägerbezogenen Bereich 4–5 kg und knapp 10

Kleidungsstücke

– Bulkreadingfähigkeit des RFID-Systems

– Prozessstabilität und Prozesssicherheit

Diese und weitere Anforderungen wurden über Literaturre-

cherchen und Expertengespräche mit Personen aus verschiede-

sich der Verschluss der Wäschesäcke als einer der wichtigsten

Diskussionspunkte für die Demonstrator Erstellung heraus.

Der Verschluss muss durch unterschiedliche Parteien, z.B. zu

sicher zu verwenden sein. Außerdem muss der Verschluss über

auf die unzureichende Durchspülbarkeit des zuvor favorisier-

ten Verschlusses mit einer zylinderförmigen Basisgeometrie

sorgte letztlich für die Substitution des eigentlichen Verschlus-

ses durch eine doppelt in den oberen Rand des Wäschesackes

gelegte Kordel, welche den Wäschesack über die Haftreibung

verschließt.

Im Ergebnis des Forschungsprojektes PickClothBot wird eine

roboter-basierte Wäschesortieranlage stehen die, neben der

Mitarbeiterentlastung sowie der Hygiene dient [27].

Mit der Einführung der Wäschesortieranlage erschließt sich für

Wäschereien die Möglichkeit, trägerbezogene Kleidung aus

weiterhin konzentrierten Marktanteile weniger stabil werden.

Die Umsätze würden über zusätzliche Dienstleistungen in dem

neuen Geschäftsfeld und Anwendungsgebiet für Wäsche aus

Mit dem neuen Geschäftsfeld geht eine Erweiterung des

Sortiments einher. Zwei von fünf Indikatoren zeigen eine

Verschiebung von der Reife- in die Wachstumsphase an und

die verbleibenden drei sprechen für eine Verschiebung von der

Niedergangs- in die Reifephase. Durch die Prozessinnovation

aus dem Projekt PickClothBot ergebe sich für die Wäscherei

eine Veränderung der Schlüsselaktivitäten von Rationalisierung

und Desinvestitionen hin zu Kundenorientierung mit zusätzli-

chen Leistungen. Die Produktion wäre stärker durch Automa-

tisierung gekennzeichnet und die Kapazitätsauslastung könnte

durch das zusätzliche und wachsende Kundensegment gestei-

gert werden. Für das Geschäftsmodellelement Wertkettenkon-

von der Niedergangs- in die Reifephase zu konstatieren. Der

Indikator Produktion spricht sogar für eine Verschiebung in die

Wachstumsphase.

Aufgrund der Erschließung eines neuen Geschäftsfeldes

werden die Indikatoren Ertragsmechanik und Deckungsbei-

der Indikatoren für eine Verschiebung des Elements Ertrags-

mechanik von der Niedergangs- in die Reifephase sprechen.

Tabelle 1 zeigt die ausgewählten Indikatoren für den Ge-

schäftsmodelllebenszyklus. Die dunkelgrau gekennzeichneten

Ausprägungen treffen für die Wäscherei ohne die Umsetzung

der Ergebnisse aus dem Innovationsprojekt PickClothBot zu

und die hellgrau hinterlegten Ausprägungen sind der glei-

chen Wäscherei mit umgesetzter Prozessinnovation und der

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23

resultierenden Geschäftsfelderweiterung zugeordnet. Die Be-

trachtung der Prozessinnovation aus dem Innovationsprojekt

PickClothBot aus der Geschäftsmodellperspektive zeigt, dass

direkt abzielt, auch die Geschäftsmodellelemente Produkt-/

Markt-Kombination und Ertragsmechanik ändern. Für alle drei

Geschäftsmodellelemente ergeben sich Phasenverschiebungen

im Geschäftsmodelllebenszyklus und es resultiert eine evolu-

tionäre Geschäftsmodellinnovation, welche der umsetzenden

neues Marktsegment, Differenzierungsvorteile und Steigerun-

gen in Marge und Umsatz bietet.

Zusammenfassend bestätigt der Lebenszyklusansatz für

Geschäftsmodelle die Notwendigkeit von Innovationen für

Wäschereien. Die Indikatorausprägungen der erstrebenswer-

element

Produkt-/Markt-

Kombination

Verteilung Markt-

anteileinstabil

Konzentration,

schwankend

Konzentration,

relativ stabil

weitere Konzen-

tration, stabil

Produkt-/Markt-

Kombination

Technologie-kate-

gorie

Schrittmachertech-

nologie

Schlüsseltechno-

logie Basistechnologie

veraltende Techno-

logie

Produkt-/Markt-

KombinationUmsatz geringes Wachstum hohes Wachstum Umsatzmaximum sinkend

Produkt-/Markt-

KombinationProduktvariation gering mehrere umfangreich sinkende Anzahl

Produkt-/Markt-

Kombination

Anzahl der Anwen-

dungsgebieteunbekannt zunehmend stabil abnehmend

Produkt-/Markt-

KombinationSortiment klein rasche Erweiterung

langsame bzw. ge-

ringe Erweiterung Bereinigung

Produkt-/Markt-

KombinationProdukte

unterschiedliche

oft kundenspezi-

mind. eine stabile

-

-

tem Produktionsvo-

lumen

überwiegend undifferenzierte

Standardprodukte

Wertketten- Schlüssel-

aktivitäten

Innovation, Investi-

tion, Marketing

Produktion,

Marketing

Kundenorientie-

rung, Zus. Leistung

Rationalisierung,

Desinvest

Wertketten- Produktion

Werkstatt-

fertigung Automatisierung

Wertketten- Kapazitäts-

auslastung

von Unter- zu Voll-

auslastung

Kapazitätsaufbau,

UnterauslastungVollauslastung

Unterauslastung,

Kapazitätsabbau

Ertragsmechanik Umsatz geringes Wachstum hohes Wachstum Umsatzmaximum sinkend

Ertragsmechanik Deckungsbeitrag negativ positiv erreicht Maximum positiv, sinkend

phasen der Geschäftsmodellelemente, eigene Darstellung in

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24

ten Lebenszyklusphasen unterstützen die Differenzierung der

Lösungsansätze über die Zeitpunktbestimmung hinaus. Die

Geschäftsmodellperspektive offenbart, dass sich durch die Um-

setzung der im Innovationsprojekt PickClothBot angestrebten

-

reichende Änderungen der Wertschöpfungs- und Ertragslogik

ergeben, aus denen Wettbewerbsvorteile für die Wäscherei

eine Phasenverschiebung von der Niedergangs- in die Reife-

phase statt. Daraus ergibt sich eine evolutionäre Geschäfts-

modellinnovation. Die verwendete methodische Grundlage

für einen Geschäftsmodelllebenszyklus und die Phasenbestim-

mung bietet eine mit gängigen generischen Geschäftsmodel-

len vergleichbare Grundlage und eine Vielzahl von Indikatoren

für die drei Geschäftsmodellelemente. Die subjektiv geprägte

Auswahl der Indikatoren resultierte in einer praktikablen, aber

ungleich auf die Geschäftsmodellelemente auf die Geschäfts-

modellelemente verteilte Anzahl von Indikatoren. Weiteres

Potenzial für die Anpassung der Methode zur Phasenbestim-

mung bieten die Ausprägungen der Indikatoren, welche bspw.

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25

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[25] Zollenkop, M. (2006): Geschäftsmodellinnovation :

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[26] Kunath, M.; Winkler, H. (2018): Integrating the Digital

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BLOCKCHAIN IN DER BAU- BRANCHE: BAUFORTSCHRITTS-KONTROLLE DURCH EIN BLOCK-CHAIN-BASIERTES SYSTEM

Fadi Georges B. Sc.,

Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb und -automatisierung IFF,

Logistik- und Fabriksysteme

Dipl.-Math. Stefanie Samtleben,

Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb und -automatisierung IFF,

Logistik- und Fabriksysteme

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BLOCKCHAIN IN DER BAUBRANCHE: BAUFORT-SCHRITTSKONTROLLE DURCH EIN BLOCKCHAIN- BASIERTES SYSTEM

Die Digitalisierung in Unternehmen ist die Herausforderung

der Gegenwart und Zukunft. Eine einfache »Digitalisierung«

der laufenden Prozesse ist nicht die Lösung. Um die Digitali-

sierung erfolgreich zu meistern, müssen Prozesse neu gedacht

werden. Vor allem sollen sie sicher und vertrauenswürdig sein.

Eine besondere Herausforderung bieten komplexe Geschäfts-

und Arbeitsprozesse, an denen viele Akteure beteiligt sind und

viele einzelne Aktionen koordiniert werden müssen. Damit

dies gelingt, ist Transparenz Voraussetzung. Die Blockchain-

Technologie verspricht im Digitalisierungskontext mehr

Fälschungssicherheit, mehr Transparenz und automatisierte

Prozesse. Um zu verstehen für welche Prozesse die Blockchain-

Technologie geeignet ist, wird sie in diesem Beitrag am Beispiel

der Baubranche kurz erläutert. Zusätzlich wird ein Entschei-

dungsprozess für oder gegen den Einsatz der Blockchain-

Technologie vorgestellt.

Die Baubranche koordiniert hochkomplexe Prozesse. Viele

verschiedene Akteure müssen zeitlich abgestimmt zusam-

menarbeiten, um ein Bauwerk zu realisieren. Jeder hat seinen

Aufgabenbereich und ist abhängig von anderen Aufgaben-

bereichen. Beispielsweise kann in einem Hochbauprojekt der

Rohbau nicht beginnen, wenn der Aushub für die Grundplatte

noch nicht erfolgt ist. Die Baustelle ist eine Produktionsstätte,

an der die Beteiligten temporär zusammenkommen, um ein

einmaliges Bauwerk zu errichten. Das bedeutet auch, dass alle

Logistikprozesse oft individuell und im Detail einmalig sind.

Durch die räumliche und zeitliche Varianz sowie die Art der

Prozessorganisation und -planung können in Fabriken etab-

lierte Rückmeldungs- und Steuerungssysteme nicht verwendet

werden. Benötigt wird ein neuer Ansatz.

Robuste, sichere und verteilte Systeme sind in der heutigen

Zeit nicht nur eine Notwendigkeit, sondern sollten die gesamte

Infrastruktur der Arbeitsprozesse eines Unternehmens unter-

verteilten Systeme haben derzeit eine Struktur, die dem Client-

Server-Modell folgt. Wobei der zentrale Knotenpunkt bzw. der

Server die Kontrolle der Rechenprozesse, sowie die Verwaltung

der Systeminfrastruktur übernimmt. Ein neues innovatives

Strukturkonzept eines verteilten Systems ohne Client-Server-

Modell wurde mit Erscheinen der Blockchain-Technologie prä-

sentiert. Die Blockchain-Technologie verzichtet auf die traditio-

nelle Funktionsweise sowie auf den traditionellen strukturellen

Systemaufbau. Sie bildet eine kompetente Systemstruktur, in

der die Prozesse bzw. die Transaktionen von keiner zentralen

Stelle, sondern von allen Beteiligten des Systems gleichmä-

ßig nach bestimmten Regelungen durchgeführt werden. Der

Einsatz der Blockchain-Technologie setzt allerdings eine große

Menge von Arbeitsknoten und Nutzergruppen voraus.

Die Ausführung von Bauprojekten ist geprägt durch das Zu-

sammenspiel einer Vielzahl von Fachdisziplinen und Interessen,

wie beispielweise dem Rohbau, der technischen Gebäudeaus-

rüstung, dem Heizungs- und Sanitärbau, aber auch dem Bau-

herrn und den Architekten. Daher wurde untersucht wie der

Ausführungsprozess von Bauprojekten mittels der Blockchain-

Technologie besser überwacht und gesteuert werden kann,

da durch die Komplexität und der Interdependenzen in den

-

rung besteht.

Die Blockchain-Technologie hat durch den Bitcoin große Be-

rühmtheit erfahren. Bitcoins sind eine virtuelle Währung. Diese

ist deshalb so interessant, weil sie unabhängig von einem Ban-

kensystem existiert. D.h. es gibt keine zentrale Instanz, die den

die Gemeinschaft, den sogenannten Konsens. Der Konsens

kann auf verschiedene Art und Weisen hergestellt werden,

die hier nicht von Belang sind [1]. Das Bitcoin Netzwerk ist ein

offenes Netzwerk. Offene Blockchain-Netzwerke schaffen Ver-

trauen über den Konsens über Entscheidungen. Das bedeutet,

dass eine neue Transaktion an alle dezentralen Nutzerrechner

gesendet wird. Diese prüfen anhand der Historie, ob der Trans-

fer korrekt ist. Hat eine Mehrheit der Teilnehmer bestätigt,

dass die Transaktion korrekt ist, wird sie ausgeführt. In der of-

fenen Blockchain sind die Teilnehmer nicht unbedingt bekannt

und vertrauenswürdig. Jeder Nutzer, der keine Erlaubnis hat,

kann die Daten lesen, erstellen oder beides. Die andere Art der

Blockchain-Technologie ist die private Blockchain. Die private

Variante beinhaltet Einschränkungen für die Teilnehmer. In der

privaten Blockchain müssen alle Teilnehmer bekannt und ver-

trauenswürdig sein. Der Zugriff ist begrenzt, d.h. nur bestimm-

te Nutzer können die Daten erstellen oder lesen [2].

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Aufgrund des notwendigen Schutzes sensibler Daten, kommt

eine offene Blockchain nicht in Frage. Daher soll in diesem

Beitrag untersucht werden, inwiefern ein privates Blockchain-

Netzwerk geeignet ist, um die Supply Chain und damit einen

Teil des Baufortschritts zu überwachen.

Der Name »Blockchain« stammt aus der Speicherweise von

Daten innerhalb von Blöcken. Die Ereignisdaten werden in Blö-

cken gespeichert, die zu einer Kette verbunden sind. Je mehr

Ereignisdaten es gibt, umso mehr wächst die Blockchain. Ein

Block funktioniert wie ein Datencontainer für eine begrenzte

Anzahl an Ereignissen. Jeder Block in der Blockchain registriert

und bestätigt den Erstellungszeitpunkt und die Reihenfolge

der eigenen Ereignisse. In Abbildung 1 ist die Struktur der

Datenblöcke zu sehen. Jeder Block beinhaltet eine Hashnum-

mer bzw. einen eindeutigen Bezeichner, einen Zeitstempel des

letzten gültigen Ereignisses (Transaktion) und die Hashnummer

des vorherigen Blocks. Die Hashnummer des vorherigen Blocks

verbindet die Blöcke miteinander und behindert jede mögliche

Änderung in den Blöcken oder das Hinzufügen neuer Blöcke

zwischen den alten Blöcken. Jede Transaktion soll kryptogra-

phisch verschlüsselt werden und verfügt über eine bestimmte

Identitätsnummer und Zeitstempel [3].

Das Hauptprinzip der Blockchain-Technologie ist ein sogenann-

tes »Distributed Shared Ledger«. Dies ist eine Datenbankart, in

der die Datenbestände gemeinsam genutzt werden und jeder

Akteur eine vollständige Kopie erhält. Das Ledger wird in einer

verteilten Weise in dem Blockchain-Netzwerk verwaltet und

gespeichert. Dieses Ledger ermöglicht es, dem Blockchain-

Netzwerk aufeinanderfolgende digitale Ereignisse (Transaktio-

nen) zu erstellen und diese Ereignisketten zahlreichen Nutzern

verfügbar zu machen [5]. Die Blockchain und ihr Hauptprinzip

können als Datenspeicher bzw. Datencontainer betrachtet

werden. Die Blockchain-Infrastruktur ist ein Peer-to-Peer

Netzwerk, in dem bestimmte Nutzer bzw. Teilnehmer Daten

erstellen können [9]. Gleichzeitig können andere bestimmte

Nutzer in der privaten Blockchain die Daten nur lesen. Diese

Flexibilität im Umgang mit den Daten bietet die Blockchain-

Technologie in Echtzeit bereits [2, 4].

Eine der wichtigsten Konzepte in der Blockchain-Technologie

ist »Permissions«, welches in einer privaten Blockchain

eingesetzt wird. Jeder Teilnehmer in dem privaten Blockchain-

Netzwerk verfügt über eine eindeutige einmalige Identität.

Die Teilnahmeberechtigung der Nutzer kann verschiedene

Niveaus annehmen und wird durch einen sogenannten Regu-

vergeben [3]. Einige Teilnehmer sind berichtigt, nur bestimmte

Ereignisse (Transaktionen) anzusehen, während andere, wie

z.B. der Bauherr im Anwendungsfall einen Zugriff auf die

gesamte Kette erhält.

Das zweite Konzept der Blockchain-Technologie sind die intelli-

genten Verträge »Smart Contracts«. Smart Contracts sind

eine programmierte Vereinbarung zwischen den Blockchain-

Netzwerkteilnehmern. Ein Smart Contract wird in der Block-

chain gespeichert und automatisch ausgeführt, nachdem das

Ereignis (Transaktion) die Voraussetzungen bzw. Vorschriften

erfüllt hat.

Smart Contracts können an Stelle von traditionellen Verträgen

verwendet und teilweise oder vollständig automatisch ausge-

führt werden [2].

Es gibt derzeit Forschungsprojekte bzw. Anwendungsversuche

der Blockchain-Technologie in verschiedenen Branchen, die

einen hohen Bedarf an modernen Digitalisierungsmethoden

haben. Außer den Anwendungen in den Kryptowährungen

gibt es andere bestehende Anwendungsbeispiele der Block-

chain wie das Internet der Dinge, SmartHome, in Supply Chain

Abbildung 1: Detaillierte Darstellung von Shared Ledger, Block und

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Management und weitere [2]. Die Blockchain-Technologie hat

viele Potenziale, welche in der Bauausführung genutzt werden

können. Unter Bauausführung werden vor allem die Ge-

schäfts- und Überwachungsprozesse zwischen den Bauherren

und Bauunternehmen verstanden. Zu den Bauunternehmen

gehören in dem betrachteten Anwendungsfall jene Unterneh-

men, die die Bauausführung koordinieren, die das Material

produzieren und die es liefern. Warum dieser Anwendungsfall

für den Einsatz der Blockchain-Technologie geeignet ist, wird

im Folgenden erläutert.

In Abbildung 2 ist ein Entscheidungsmodell zu sehen. Mithilfe

dieses Entscheidungsmodells wurde für die Bauausführung

ein privates Blockchain-Netzwerk ausgewählt. An dem ersten

Entscheidungsknoten wurde festgestellt, dass der Anwen-

dungsfall einen Speicherplatz für aktuelle Zustände des Bau-

materials verlangt. Da an der Lieferkette der Baumaterialien

viele Akteure beteiligt sind, wurde am zweiten Entscheidungs-

knoten festgelegt, dass die Anwendung für mehrere Akteure

bzw. Teilnehmer gleichzeitig verfügbar sein soll. Die dezentrale

Funktionsweise eines Systems verkürzt die Reaktionszeitinter-

valle, beseitigt die einzelnen Fehlerquellen und verhindert den

Ausfall des Systems [7].

In dem Anwendungsfall gibt es eine Vielzahl von Akteuren, die

zu unterschiedlichen Einrichtungen und Firmen gehören. Aus

diesem Grund wurde an dem dritten Entscheidungsknoten

festgelegt, dass die Anwendung auf Basis einer dezentralen

Funktionsweise aufgebaut werden soll. In dem Anwendungs-

fall sollen die abzuspeichernden Ereignisse sämtliche Daten

von Baumaterialien beinhalten. Einer oder mehrere Teilnehmer

können zeitversetzt, durch voneinander abhängige Ereignis-

se, den Zustand desselben Baumaterials aktualisieren. Die

Bauprozesse sind abhängig voneinander und müssen in einer

bestimmten Reihenfolge durchgeführt werden. Aus diesen

zwei Gründen wurde an dem vierten Entscheidungskno-

ten festgestellt, dass die durchzuführenden Transaktionen

abhängig voneinander sind. Der Anwendungsfall basiert auf

der klaren Identität und Bekanntheit aller Akteure. Im An-

wendungsfall soll das Hinzufügen neuer Akteure durch einen

Regulator organisiert werden.

All diese Faktoren und die obenstehenden Antworten führten

zu der Entscheidung, eine private Blockchain für den Anwen-

dungsfall zu verwenden. Die Anwendung dient der Live-

Verfolgbarkeit von Baumaterialen und so indirekt für einen Teil

des Baufortschritts. Zusätzlich werden die beiden Blockchain-

Konzepte (Smart-Contracts und Permissions) eingesetzt

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In Abbildung 3 sind in der ersten Ebene die Teilnehmer des

Blockchain-Netzwerkes zu erkennen, welche sich von ei-

nem Netzwerkregulator hinzufügen lassen. Der Handwerker

erstellt beispielsweise einen elektronischen Auftrag durch eine

End-User-Anwendung (Webanwendung) im Rahmen einer

Transaktion. Die Transaktion wird zu einem Block hinzugefügt

mit den folgenden Daten: Transaktionsdatum, Transaktionsart,

Transaktion-ID und Transaktionsdetails. Der Auftrag wird im

Rahmen von neuen Transaktionen mit den vorher beschriebe-

nen Inhalten durch mehrere Teilnehmer bis zur Vereinbarung

und Materialbestellung aktualisiert. Der Bauleiter überprüft

die Bestellung und löst eine Transaktion zu demselben Auftrag

aus und nun wird das Shared-Ledger synchronisiert. Durch das

Smart-Contract sind der Bauherr und die externe Firma bei

der Bestellung an zuvor programmierte Restriktionen gebun-

den. Der Status des Baumaterials lässt sich durch die externen

Teilnehmer (externe Firma, Versanddienst oder Zulieferer) im

Rahmen von neuen Transaktionen aktualisieren. Die live-Kopie

der Blockchain (Shared-Ledger) wird gleichzeitig bei allen

Teilnehmern synchronisiert. Anschließend soll der Bauleiter

bestätigen, dass das Baumaterial die Qualitätsvorausset-

zungen und Anforderungen erfüllt hat. Wenn die gesamte

Aufgrund der Komplexität der Prozesse in Bauprojekten gibt

es zahlreiche Herausforderungen. Die Komplexität liegt in der

Vielzahl von Aktivitäten und ihrer Abhängigkeiten. Eine dieser

Aktivitäten ist die Materialbeschaffung für Baustellen. Die Ab-

noch über Papier. Durch die Fülle an benötigten Materialien,

ohne welche Bauleistungen nicht erfüllt werden können, kann

hier der Überblick schnell verloren gehen. Das Herstellen von

Transparenz und Sicherheit ist erschwert. Bei einer unzurei-

chenden Kommunikation zwischen den Akteuren kann es

leicht zu Verzögerungen kommen. Es besteht hier die Gefahr

der Manipulation.

Die Blockchain-Technologie ist zur Digitalisierung und Automa-

tisierung des beschriebenen Anwendungsbereiches geeignet.

Durch den Blockchain-Einsatz können die Transparenz und die

Rückverfolgbarkeit von Materialien gesteigert und Verwal-

tungskosten verringert werden [3, 8–10].

Verfolgbarkeit des Baumaterials, eigene Darstellung.

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darunter führende Unternehmen aus den Bereichen Finanzen,

Bankwesen, Internet der Dinge, Lieferketten, Fertigung und

Technologie [11].

(End-User) wurden auf Basis einer Webanwendung erstellt.

verwendet, damit der Benutzer auf die API zugreifen kann.

Dieser Token wird verwendet, um auf die Informationen in der

Blockchain zuzugreifen. Sobald die Webanwendung gestar-

tet ist, sieht sie wie in Abbildung 4 aus. Wenn zur Historian

Record-Seite navigiert wird, ist eine Liste aller im Netzwerk

durchgeführten Transaktionen zu sehen. Die Liste hat die

Transaktionsart, die Transaktions-ID und Details.

Die Funktion des Transaktionsprozessors wartet auf die

Erfüllung der Zusagen, bevor die Transaktionen ausgeführt

werden. Wenn irgendwelche Zusagen versagen, schlagen

die Transaktionen fehl und der Prozess kann nicht ausgeführt

werden. In dem Code von Smart-Contract sind die folgenden

Einzelheiten zu beschreiben. Im Beispielszenario: Eine externe

Firma verkauft das bestellte Baumaterial. Sie verwendet den

-

ren, die ihn mit ihrem eigenen digitalen Schlüssel signieren.

Dieser Schlüssel wird im Blockchain-Netzwerk bereitgestellt.

Ein Auftrag zum Kauf von einem Baumaterial wird gestellt.

Der Bauherr unterschreibt den Vertrag mit seinem privaten

Ablaufkette reibungslos bis zum letzten Schritt kommt, lässt

sich das Smart-Contract ausführen. Wenn es möglich ist, auf

Kryptowährungen zuzugreifen, dann kann automatisiert ein

Zur Programmierung und Bereitstellung des Anwendungs-

falls wurden die Programmiertools und die Frameworks des

Hyperledger-Projektes von Linux Foundation benutzt. Diese

sind in Tabelle 1 zu sehen.

Hyperledger besteht aus Hyperledger Modular Umbrella-

Approach unter drei Ebenen: Infrastruktur, Frameworks und

Tools. Die Hyperledger-Infrastruktur besteht aus Systemen, die

eine offene Entwicklung und Akzeptanz beschleunigen. Das

Hyperledger-Framework heißt Fabric. Dies ist zum Erstellen der

Business-Anwendung und bietet eine Reihe von Vorgehens-

weisen und Richtlinien. Das Hyperledger-Tool heißt Composer.

Dieses Tool ist zum Erstellen von Business-Netzwerkanwen-

dung sowie zur Verwaltung des Chaincodes. Hyperledger

ist ein Open-Source-Projekt, das zur Entwicklung von Cross-

Industry-Blockchain-Lösungen dient. Es ist eine weltweite

Zusammenarbeit, die von Linux Foundation gehostet wird,

Infrastruktur

Framework Hyperledger-Fabric

Tools Hyperledger-Composer

Betriebssystem Ubuntu Linux 16.04 LTS

-

che unserer Anwendung, eigene Darstellung.

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[7] Limoncelli, T. A. ; Hogan, C. J.; Chalup, S. R. (2014): The

practice of system and network administration. 2. Ausgabe.

Upper Saddle River, NJ: Addison-Wesley.

[8] Deloitte Development LLC (2017): Using blockchain to

drive supply chain innovation : A series exploring industry 4.0

technologies and their potential impact for enabling digital

supply networks.

[9] Francisco, D. S. K. (2018): The supply chain has no clothes

: Technology adoption of blockchain for supply chain manage-

ment. Department of marketing and logistics University of

north Florida, USA.

[10] Hofmann, E.; Strewe, U. M.; Bosia, N. (2018): Supply

Chain Finance and Blockchain Technology : The Case of Rever-

se Securitisation. Cham: Springer International Publishing.

[11] The Linux Foundation (2018): White Paper : Hyperledger

Architecture : Introduction to Hyperledger Business Blockchain

Design Philosophy, Volume 1. Online verfügbar unter: https://

www.hyperledger.org/resources/publications#white-papers.

Schlüssel und bestätigt den richtigen Abschluss des Prozesses.

Wenn der Bauleiter bestätigt, dass alle Bedingungen erfüllt

sind, wird das Eigentum des Baumaterials verschoben und

der neue Besitz automatisch in dem Bestandregister eingetra-

gen. Bald nach Erhalt des Materials ändert sich der Status der

Materiallieferung in »Arrived«. Wenn Material nicht rechtzeitig

eingeht, wird der Betrag nicht übertragen, und eine Meldung

zeigt eine verspätete Materiallieferung an.

In dem vorliegenden Beitrag wurde die Blockchain-Technologie

anhand eines Anwendungsfalls für die Prozesse der Bauaus-

führung beschrieben. Die Erfolgsfaktoren eines Blockchain-Ein-

satzes sind abhängig von mehreren Voraussetzungen in dem

anzuwendenden Fall. Diese Voraussetzungen sind beispiels-

weise die große Anzahl von Nutzern bzw. Teilnehmern, Trans-

parenzniveau der Transaktionen und Automatisierungsmög-

lichkeiten gemäß bestimmten Vorschriften oder Gesetzen in

dem anzuwendenden Fall zu erfüllen. Dank der Funktionswei-

se dieser Technologie können die beiden im Anwendungsfall

implementierten Blockchain-Konzepte (Smart-Contract und

steigern und die Prozesskosten reduzieren, da viele Vorgänge

automatisiert werden können.

7 Literatur

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für Business- und IT Manager.

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KOGNITIVE ASSISTENZSYSTEME IN DER PROZESSINDUSTRIE – MITARBEITER WERDEN ZU MIT- GESTALTERN

Alinde Keller M. A.,

Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb und -automatisierung IFF,

Mess- und Prüftechnik

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KOGNITIVE ASSISTENZSYSTEME IN DER PROZESSINDUSTRIE – MITARBEITER WERDEN ZU MITGESTALTERN

frage

-

tisierung führen zu Veränderungen in der Produktionsarbeit.

Mitarbeitern. Zum anderen entstehen durch die erhöhte

technologische Komplexität zunehmend anspruchsvolle

-

kompetenzen erfordern. Kognitive Assistenzsysteme sind ein

Lösungsansatz, um diesem Spannungsfeld zu begegnen [1].

Als informationstechnische Assistenz stellen sie den Arbeits-

personen über eine digitale Mensch-Maschine-Schnittstelle

Assistenzinhalte zur Verfügung. Sie sind Teil cyberphysischer

und situativ relevante Informationen. Die Assistenzinhalte

werden teilweise über virtuelle und erweiterte Realitäten dar-

gestellt. Vorarbeiten des Fraunhofer IFF zeigen das Potenzial

solcher kognitiven Assistenzsysteme in verschiedenen Anwen-

dungsfeldern (u. a. [2], [3]).

Kognitive Assistenzsysteme lassen sich nach dem Industrie-

soziologen Hirsch-Kreinsen (vgl. [4], [5]) in zwei Kategorien

einer technikzentrierten Sichtweise. Ein Beispiel dafür sind

Picking-Systeme in der Kommissionierung. Diese Form der

Assistenzlösung ist instruktional gestaltet und wird bei Tätig-

keiten mit geringerem Anforderungsniveau eingesetzt. Ein

Wissenssystem hingegen entspricht einer komplementären

Sichtweise [vgl. [4], [5]). Entscheidungen im Arbeitsprozess

werden sowohl vom Menschen als auch von der Technik

getroffen. Wissenssysteme werden bei eher anspruchsvol-

len Tätigkeiten eingesetzt. Ein Beispiel dafür sind kognitive

Assistenzsysteme in der Instandhaltung, die Erfahrungswissen

integrieren und Problemlösekompetenzen unterstützen. Diese

der Gestaltung von Assistenzlösungen. Im Folgenden wird der

Begriff Wissenssystem als Synonym für kognitive Assistenzsys-

teme genutzt.

Wissenssysteme unterscheiden sich von performance-orientier-

ten Systemen insbesondere durch zwei Eigenschaften. Zum ei-

nen werden bei Wissenssystemen die Assistenzinhalte sowohl

vom System als auch von den Arbeitspersonen generiert und

validiert. Dies hat zur Konsequenz, dass das Wissenssystem

nur funktionsfähig ist, wenn Arbeitspersonen Inhalte eingeben

von Wissenssystemen nicht nur auf eine Tätigkeit, wie es bei

einer instruktionalen Assistenzlösung der Fall ist, sondern auf

verschiedene Tätigkeiten und Arbeitssysteme. Die Konsequenz

ist, dass Arbeitspersonen das gleiche System mit jeweils ver-

schiedenen Zielstellungen und unterschiedlichem Bedarf nut-

zen. Aus den genannten Eigenschaften lassen sich folgende

Voraussetzungen für einen erfolgreichen Einführungsprozess

von Wissenssystemen in Unternehmen ableiten:

bedarfsgerecht in das System ein. Dazu müssen sie den

eigenen Informationsbedarf sowie den von Kollegen

berücksichtigen.

– Voraussetzung 2: Bei der Gestaltung des Wissenssys-

werden. Arbeitspersonen verschiedener Funktionen und

Hierarchien müssen Anforderungen an die Assistenzlösung

aus ihrer Perspektive erarbeiten. Gleichzeitig sind die von

Assistenzsystem berührten Arbeitsprozesse anzupassen.

Zusammenfassend ist der Einbezug der Mitarbeiter als Mitge-

stalter der Inhalte, des Systems und der Arbeitsprozesse ein

notwendiger Bestandteil im Einführungsprozess der Assistenz-

lösung.

um

Zur Erfüllung der genannten Voraussetzungen trägt ein

ganzheitliches Prozessverständnis der Arbeitspersonen für die

unternehmensindividuellen Auswirkungen des Wissenssystems

bei. Zu dieser These führen zum einen eigene Erfahrungen aus

der betrieblichen Praxis und zum anderen aktuelle Studien aus

der der Automobil- sowie Metall- und Elektroindustrie (vgl.

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[6], [7]). Die Auswirkungen des Wissenssystems erstrecken sich

über Tätigkeiten, Arbeitssysteme und Unternehmen (Abbil-

dung 1). Diese sollten für die Arbeitspersonen transparent

sein, damit diese den Informationsbedarf ihrer Kollegen verste-

hen, Inhalte bedarfsgerecht in das System eingeben sowie das

System und davon betroffene Arbeitsprozesse mitgestalten

können. Ein ganzheitliches Prozessverständnis befähigt die

Arbeitspersonen außerdem zum selbstorganisierten Umgang

mit dem Wissenssystem und dient letztendlich der Realisierung

-

dernde Arbeit [5] im Unternehmen.

Basierend auf dieser These stellt sich die Frage, wie sich ein

ganzheitliches Prozessverständnis der Arbeitspersonen im

Einführungsprozess eines Wissenssystems erreichen lässt.

Zur Beantwortung dieser Frage werden im Folgenden erste

Erkenntnisse anhand einer methodischen Umsetzung in einem

praktischen Beispiel als Feldzugang geschildert, um darauf auf-

bauend weiterführende Forschungsvorhaben abzuleiten.

Im Forschungsprojekt CPPSProcessAssist (FKZ: 02P14B084)

wurde für vier klein- und mittelständische Unternehmen

(KMU) der Prozessindustrie ein modulares und mobiles Assis-

tenzsystem zur Unterstützung von Instandhaltungstätigkeiten

entwickelt. Es wird beispielsweise für die Instandhaltung mo-

biler Gascontainer genutzt oder bei Anlagen zur Herstellung

von Granulaten eingesetzt. Die Lösung integriert die unterneh-

Entwicklung und Evaluation des Systems erfolgte in drei aufei-

nander aufbauenden Prototypen mit den folgenden Zielen:

– Reduzierung ungeplanter technisch bedingter Stillstand-

zeiten

– Integration von Erfahrungswissen

– Flexible Anbindung des Assistenzsystems an unterschiedli-

che prozesstechnische Anlagen

Die im Abschnitt 2.2 beschriebenen Methoden wurden in

den Teilaufgaben des Projekts eingesetzt. Diese umfassen die

Evaluation und die organisationale Einbettung des Wissenssys-

tems sowie die didaktische Gestaltung der Assistenzinhalte.

Das im Projekt entwickelte modulare Assistenzsystem bildet

die unternehmensübergreifenden Anforderungen ab und ist

an die vorhandene IT-Infrastruktur anpassbar. Die browser-

basierte Funktionsweise ermöglicht einen niederschwelligen

Zugang über die Nutzung auf mobilen Geräten.

Im Folgenden werden ausgewählte Funktionen des Assistenz-

systems skizziert.

– BMK abrufen: Jedes Bauteil einer Anlage erhält eine ein-

deutige Betriebsmittelkennzeichnung (BMK), welche im di-

gitalen Zwilling der Anlage hinterlegt ist. Über die Eingabe

einer BMK im Assistenzsystem kann der Instandhalter auf

verknüpfte Informationen zugreifen, wie z. B. Dokumente,

Meldungen, Handlungsempfehlungen oder Sensordaten.

Voraussetzung ist, dass die logischen Verknüpfungen im

System hinterlegt wurden. Das Abrufen einer BMK erfolgt

über das Einlesen von QR-Codes.

– Signale: Über diese Funktion können Arbeitspersonen auf

– Meldung verfassen: Im Stil einer Twitter-Nachricht ver-

fassen Arbeitspersonen Beobachtungen und Hinweise zu

einem Fehler oder deren Problemlösung. Optional ver-

knüpfen sie diese mit einer BMK und fügen Fotos hinzu.

Aus Meldungen können Aufgaben erstellt werden. Häufen

sich Meldungen zu einem ähnlichen Störungsbild, kann

über einen Redaktionsprozess eine Handlungsempfehlung

erstellt werden.

– Handlungsempfehlungen: In einem Autorentool werden

Entscheidungsbäume oder Checklisten erstellt. In der

mobilen Ansicht, etwa auf einem Tablet, werden den

Arbeitspersonen die einzelnen, zur Fehlerbehebung erfor-

derlichen, Schritte angezeigt. Optional kann die Empfeh-

lung vom Nutzer kommentiert und bewertet werden. Die

Handlungsempfehlung kann sowohl mit einer BMK als

auch mit einem Fehlercode verknüpft sein. In diesem Fall

erscheint im Display eine Fehlermeldung. Mit einem Klick

auf diese Meldung kann die Arbeitsperson die Handlungs-

empfehlung abrufen.

Abbildung 1: Die Einführung von Wissenssystemen erfordert ein

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39

Das Konzept des systemischen Wirkungsmonitorings [11]

basiert auf systemtheoretischen Prinzipien und wird etwa im

Management komplexer Projekte mit einem hohen Gewicht

sozialer Zielstellungen und einer hohen Anzahl an Stakehol-

dern, z.B. in der Entwicklungspolitik, eingesetzt. Charakte-

ristisch ist, dass zwischen dem direkten und dem indirekten

Nutzen einer Maßnahme unterschieden wird (Abbildung 3).

Während der direkte Nutzen in unmittelbarem Zusammen-

hang mit einer erbrachten Leistung steht, beschreibt der

indirekte Nutzen Wirkungen, die keiner linearen Ursache-

Wirkungs-Beziehung zugeordnet werden und nicht eindeutig

bewiesen werden können. Letztere können jedoch in einen

plausiblen Zusammenhang mit der Maßnahme gebracht und

daher ebenfalls berücksichtigt werden. Ein weiterer Anspruch

des Konzeptes ist es, die Komplexität einer Maßnahme zu er-

fassen, indem Wirklogiken zwischen dem ursächlichen Bedarf,

den daraus abgeleiteten Zielen, den eingesetzten Mitteln, der

realisierten Aktivität und der damit erbrachten Leistung sowie

der Nutzung durch die Zielgruppe erarbeitet werden. Diese

Wirklogiken werden im Verlauf eines Projektes partizipativ und

unerwartet auftretende Entwicklungen reagieren zu können

[11].

Jedes KMU setzt andere Schwerpunkte und sieht andere Po-

tenziale im Einsatz der Assistenzlösung. Um die erforderlichen

des Systems ganzheitlich zu erarbeiten, erfolgte die Gestaltung

des Systems aus einer soziotechnischen Perspektive an den

Schnittstellen zwischen Mensch-Technik, Technik-Organisation

und Mensch-Organisation. Im Projektverlauf wurden zur Ge-

staltung und Evaluation des Systems entsprechende Methoden

und Instrumente eingesetzt, u.a. das szenariobasierte Design

nach Benyon [9], Fragebögen und ein Workshopkonzept nach

DIN EN ISO 9241-210 [10] oder leitfadengestützte Interviews

(vgl. [8]).

Um die prozessübergreifenden Auswirkungen des Wissens-

Methoden und Instrumente mit dem Ansatz des systemischen

Wirkungsmonitorings [11] kombiniert. Dabei entschlüsseln

Endnutzer verschiedener Funktionen und Hierarchien der KMU

sowie Forscher aus der Verfahrenstechnik, Informatik und

Pädagogik den direkten Nutzen und die indirekte Wirkung des

Assistenzsystems.

eigene Darstellung.

Page 42: Beitragsband: 20. Forschungskolloquium 2018 · f h b l f. REFLEXION DER FORSCHUNG ZUM DIGITALEN ZWILLING AUS DER GESCHÄFTSMODELLPERSPEKTIVE Marlene Eisenträger M. Sc., Fraunhofer-Institut

40

Das systemische Wirkungsmonitoring wurde beispielsweise bei

Start-Workshops am Anfang des Projekts eingesetzt. In dem

Workshop wurde das Konzept auf den Kontext des Projektes

CPPSProcessAssist übertragen, wie in Abbildung 2 anhand

der hervorgehobenen Felder dargestellt. Einer Zielstellung aus

dem Lastenheft wurden die dafür relevante Assistenzfunktion

zugeordnet. Diese Kombination wurde wiederum mit den

verschiedenen Tätigkeiten und Aufgaben sowie Rollen der

Arbeitspersonen abgeglichen und jeweils der erwartete direkte

-

Beispielsweise wurde bei einem der Anwendungspartner,

ausgehend von der Zielstellung im Lastenheft »vor Ort Zugriff

auf Handlungsempfehlung zur Behebung bekannter Feh-

lermeldungen«, die Funktion der Handlungsempfehlung im

Einsatz bei einer Tätigkeit zur Störungsbehebung für verschie-

dene Rollen betrachtet. Ein erfahrener Instandhalter nannte

dabei als direkten Nutzen: »Mehr Ruhe und Freizeit für mich«.

Ein indirekter Mehrwert sei für ihn darüber hinaus: »Meine

Kollegen lernen die Anlage besser kennen«. Ein nicht so

erfahrener Kollege hingegen erwartete als direkten Nutzen vor

allem eine »erhöhte Sicherheit« bei der Störungsbehebung

und als indirekten Nutzen eine »Zeitreduzierung bei der Feh-

lersuche«. Diese Aussagen deckten bereits in der frühen Phase

des Projekts den auf verschiedene Tätigkeiten und Arbeitssys-

teme verteilten Nutzen des Assistenzsystems auf. Auf Basis

dieser Einschätzungen konnten unternehmensindividuelle und

-

ckelt werden. Im weiteren Verlauf des Projekts wurden die

und teilweise angepasst. Ein weiterer Mehrwert der Methode

bestand darin, dass bei allen Beteiligten frühzeitig ein gemein-

sames Problemverständnis entstand, sowie ein Zukunftsden-

ken gefördert wurde. Zudem wurden Gestaltungsoptionen

abgeleitet: Beispielsweise entwickelten Mitarbeiter eines

Unternehmens den Wunsch, Handlungsempfehlungen mit der

Vergabe von Sternchen bewerten zu können.

Bei mehreren Evaluationseinheiten in den folgenden Monaten

wurden die in den Start-Workshops erarbeiteten Wirklogi-

ken und Evaluationskriterien angewendet. Dies diente der

iterativen Weiterentwicklung des Systems und der betroffenen

Arbeitsprozesse in den Unternehmen. Die Ergebnisse werden

im Folgenden anhand des Beispiels skizziert.

Bei einem Anwendungspartner wurden zunächst Tätigkeits-

der größte Teil der Arbeitszeit (ca. 30 Prozent) auf Wartungs-

und Reinigungstätigkeiten entfällt. Auf Basis dieses Ergebnis-

ses wurde in der folgenden Evaluationseinheit das Assistenz-

system bei der Wartung eines Gasregeldruckgeräts getestet.

Außerdem wurden dabei leitfadengestützte Interviews durch-

geführt, die mit dem Konzept des systemischen Wirkungsmo-

nitorings kombiniert wurden. Die Kombination erfolgte durch

die Einbindung der anfänglich erarbeiteten Wirklogiken (siehe

Abschnitt 2.1) in den Interview-Leitfaden.

Die Ergebnisse zeigen einen hohen Aufwand zur Erstellung

der Handlungsempfehlungen. Bei der Wartung des Gasregel-

druckgeräts stellte sich heraus, dass der Experte der Wartungs-

-

Page 43: Beitragsband: 20. Forschungskolloquium 2018 · f h b l f. REFLEXION DER FORSCHUNG ZUM DIGITALEN ZWILLING AUS DER GESCHÄFTSMODELLPERSPEKTIVE Marlene Eisenträger M. Sc., Fraunhofer-Institut

41

Auch entwickeln sie unternehmensindividuelle Evaluationskri-

terien, die sie selbst mittragen. Dabei werden den Mitarbei-

tern die Herausforderungen und Potenziale einer vernetzten

betrieblichen Informationspraxis mit dem Assistenzsystem

bewusst, wie z.B. die Bindung von Ressourcen für die Eingabe

von Assistenzinhalten.

Die Ergebnisse verdeutlichen außerdem, dass die Befragten

den verteilten Nutzen der Assistenzinhalte für ihr Unter-

selbstorganisierten Umgang mit dem System zu fördern und

realisieren.

Es besteht weiterer Forschungsbedarf, auf welche Weise das

Erstellen und Aktualisieren von Inhalten im System verstetigt

werden kann. Auch die technische Realisierung zusätzlicher

nutzeradaptiver Funktionen ist ein weiteres Forschungsgebiet.

Weiterhin ist zu untersuchen, wie die Mitarbeiter für die Ent-

werden können. Darüber hinaus ist die gewählte Vorgehens-

weise zur Einführung und Gestaltung von Wissenssystemen

aus der Perspektive der strategischen Organisationsentwick-

lung zu systematisieren. Diese kann in zukünftigen Projekten

in weiteren Industriebranchen eingesetzt und validiert werden.

4 Literatur

[1] Schlick, C.; Bruder, H.; Luczak, H. (2018): Arbeitswissen-

schaft. Berlin: Springer Vieweg.

[2] Schenk, M.; Berndt, D. (2016): Zentrum für Kognitive Au-

tonome Arbeitssysteme für den Anlagen- und Sondermaschi-

nenbau, Magdeburg. Industrie 4.0 Management 32(4):62–63.

Link: https://www.iff.fraunhofer.de/

content/dam/iff/de/dokumente/messtechnik/IM-kognitive-

autonome-arbeitssysteme-IFF-IM-16-4.pdf (Abrufdatum:

05.10.2018).

[3] Haase, T. (2017): Industrie 4.0 : Technologiebasierte

Lern- und Assistenzsysteme für die Instandhaltung. Bielefeld:

Bertelsmann.

[4] Hirsch-Kreinsen, H. (2018): Arbeitswelt im Wandel. Vortrag

gehalten auf der AFI-Tagung: Arbeit 4.0, Bozen, 16. Januar

Hirsch-Kreinsen-Arbeitswelt-im-Wandel.pdf (Abrufdatum:

15.10.2018).

aufgabe ohne Assistenzsystem schneller ist, zur Erstellung der

Handlungsempfehlung jedoch 7 Stunden Zeit brauchte. Ein

weiterer sachkundiger Instandhalter hingegen, der Novize bei

der Durchführung der Wartungsaufgabe war, führte die War-

tung in 2,5 Stunden selbstständig durch. Seine Einschätzung

war, dass er dies ohne Assistenzsystem nicht bewältigt hätte.

Besonders hilfreich waren für ihn Tipps und Tricks, die der

Experte in der Handlungsempfehlung hinterlegt hatte.

Die Auswertung der Interviews zeigte außerdem, dass durch

den Einsatz des Assistenzsystems im Gegensatz zum Projekt-

-

wartet wurde. Vielmehr rückte die Veränderung von Tätigkeits-

feldern durch die Bindung von Ressourcen bei der Erstellung

von Assistenzinhalten in den Fokus der Aufmerksamkeit der

Arbeitspersonen, wie auch die Aussicht, langfristig Tätigkeiten

auf mehreren Schultern zu verteilen.

Interviews und Workshops den Informationsbedarf anderer

Kollegen sowie den prozesshaften Charakter der Handlungs-

empfehlungen. Es brauche, so z. B. die Einschätzung eines

erfahrenen Instandhalters, ca. 50 Durchläufe, bis eine Emp-

fehlung ausreichend validiert sei. Dabei sei immer zu fragen,

ob die Formulierungen erklärbar und verständlich seien.

Mitarbeitern, wie auch Entscheidungsträgern der KMU, wurde

bewusst, dass bereits der Prozess zur Erstellung der Hand-

lungsempfehlung ein Lernprozess ist, der einen Mehrwert

für das Unternehmen darstellt. Zusammenfassend führte der

Einsatz des systemischen Wirkungsmonitorings in den Evalua-

tionseinheiten dazu, dass der direkte und indirekte Nutzen des

Assistenzsystems sichtbar wurde.

Durch den Einsatz des systemischen Wirkungsmonitorings im

Projekt CPPSProcessAssist konnten erste Erkenntnisse gewon-

nen werden, inwiefern sich ein ganzheitliches Prozessverständ-

nis der Arbeitspersonen im Einführungsprozess eines Wissens-

systems erreichen lässt.

Die unternehmensübergreifende Infrastruktur des entwickel-

ten Assistenzsystems bildet die Anforderungen von Instand-

haltungstätigkeiten in der Prozessindustrie grundsätzlich ab.

Sie ist jedoch für den Einsatz im Unternehmen individuell

anzupassen. Dabei unterstützt der Einsatz des systemischen

Wirkungsmonitorings ein ganzheitliches Prozessverständnis

der Arbeitspersonen. Diese nehmen funktions- und prozess-

übergreifende Perspektiven ein und entwickeln eigene Ideen

bei der Eingabe von Inhalten.

Page 44: Beitragsband: 20. Forschungskolloquium 2018 · f h b l f. REFLEXION DER FORSCHUNG ZUM DIGITALEN ZWILLING AUS DER GESCHÄFTSMODELLPERSPEKTIVE Marlene Eisenträger M. Sc., Fraunhofer-Institut

42

[5] Hirsch-Kreinsen, H. (2019): Entwicklung und Gestaltung

digitaler Arbeit. In: Tagungsband zur 20. gtw-Konferenz 2018

»Digitalisierung – Fachkräftesicherung – Lehrerbildung«. Arti-

kel zur Veröffentlichung angenommen.

[6] bayme vbm Studie (2016): Industrie 4.0 – Auswirkungen

auf Aus- und Weiterbildung in der M+E Industrie. Studie

herausgegeben von bayme vbm: Die bayerischen Metall- und

Elektro-Arbeitgeber. Link: http://baymevbm.de/industrie4.0

(Abrufdatum: 07.07.2018).

[7] Zinke, G.; Renger, P.; Feirer, S.; Padur, T. (2017): Berufsaus-

bildung und Digitalisierung – ein Beispiel aus der Automobilin-

dustrie. Wissenschaftliche Diskussionspapiere, Heft 186. Bonn:

Bundesinstitut für Berufsbildung.

[8] Keller, A.; Adler, S.; Jachmann, D.; Haase, T. (2017): Assis-

tenzsysteme für die Prozessindustrie : Ein partizipativer Gestal-

tungsansatz. In: Gesellschaft für Arbeitswissenschaften (Hrsg)

Soziotechnische Gestaltung des digitalen Wandels. Kreativ,

innovativ, sinnhaft. Dortmund: GfA-Press.

[9] Benyon, D. (2010): Designing Interactive Systems : A

Comprehensive Guide to HCI and Interaction Design. Harlow:

Addison Wesley.

[10] DIN EN ISO 9241 – 210 (2010): Ergonomie der Mensch-

System-Interaktion – Teil 210: Prozess zur Gestaltung

gebrauchstauglicher interaktiver Systeme. Berlin: Beuth.

[11] Baumfeld, L.; Hummelbrunner, R.; Lukesch, R. (2012):

Instrumente systemischen Handelns. Stuttgart: Rosenberg.

Dieser Betrag wurde durch das Bundesministerium für Bildung und

-

-

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INTELLIGENTE LOGISTIKRÄUME – KONZEPT ZUR BEWÄLTIGUNG DER STEIGENDEN ANFORDERUNGEN DER INDUSTRIELLEN LOGISTIK VON MORGEN

Niels Schmidtke M. Sc.,

Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb und -automatisierung IFF,

Geschäftsstelle Fraunhofer-Verbund Produktion

Prof. Dr.-Ing. Fabian Behrendt,

SRH Fernhochschule

43

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45

INTELLIGENTE LOGISTIKRÄUME – KONZEPT ZUR BEWÄLTIGUNG DER STEIGENDEN ANFORDERUNGEN DER INDUSTRIELLEN LOGISTIK VON MORGEN

Die digitale Transformation der Industrie hat samt ihren tech-

nologischen Komponenten und Paradigmen einen direkten

Produktionswirtschaft in Deutschland [1]. In Kombination

mit der Entwicklung und Einführung neuer Technologien

starrer Unternehmensstrukturen und Steuerungsarchitektu-

ren vollzieht die Logistik eine vergleichbare Entwicklung. Die

Vision einer Logistik 4.0 reicht von Netzwerken aus modularer

Förder- und Lagertechnik, im Sinne von dezentral gesteuerten

und in Echtzeit kommunizierenden cyber-physischen Systemen

(CPS) bis hin zur Anwendung von künstlicher Intelligenz (KI)

und naturanalogen Verfahren [2]. Es besteht die Anforderung

steuern und deren Zustände zu erfassen, um ein zielorientier-

tes Zusammenwirken im Sinne einer ganzheitlichen Vernet-

zung zu bewerkstelligen. Für die Umsetzung ist es erforderlich,

geeignete Technologiekonzepte und Methoden zu entwickeln

und zu nutzen, sodass anforderungsgerechte und situative

Logistikprozesse ermöglicht werden.

Die Unternehmen stehen in diesem Zusammenhang hohen

Investitionskosten gegenüber, wodurch eine vollständige In-

tegration von Technologiekonzepten i.d.R. nicht in einem Zug

die bestehenden Anlagen und Prozesse sukzessiv ergänzen

oder ersetzen. Dadurch kommt es zu einer schrittweisen Um-

setzung und Auswirkung der technologischen Konzepte und

Paradigmen. Die Folge ist ein Zusammenschluss unterschied-

licher Automatisierungs- und Digitalisierungsgrade, sodass

agentenbasierte autonome Transporteinheiten neben manuel-

len, nicht mit Sensorik ausgestatten Gabelstablern oder Rou-

tenzügen im innerbetrieblichen Materialtransport zum Einsatz

kommen. Durch den damit verknüpften Paradigmenwechsel

besteht die Notwendigkeit die singulären Lösungen zusam-

menzubringen und aus methodischer Sicht die Wirkungswei-

sen für das Gesamtsystem zu analysieren. An dieser Stelle

neben den neuen logistischen Anforderungen (z.B. Flexibili-

sierung aufgrund Individualisierung) an das Zusammenwirken

von Objekt, Prozess und System auch die Interaktion mit der

beteiligten logistischen Infrastruktur (z.B. Integrationsplattfor-

men) in Betracht zieht. Das Vorgehensmodell des ILR dient der

Untersuchung logistischer Systeme sowie deren Datenstruktur

und Entwicklung von Soll-Konzeptionen für ein bedarfsgerech-

tes und situatives Zusammenwirken der logistischen Instanzen.

Es wird das Ziel verfolgt, die Interaktionen der Akteure mit

unterschiedlichen Befähigungen zur Automatisierung, Autono-

mie und Digitalisierung sowie deren Umgebungen umzusetzen

und durch die methodische Untersuchung der Wirkungszu-

sammenhänge geeignete Handlungsempfehlungen abzuleiten.

Es entsteht ein koordiniertes, ganzheitliches Logistikkonzept,

indem alle beteiligten Akteure zielorientiert miteinander inter-

agieren.

Im Zuge der Digitalisierung werden sich Produktions- und

Logistikprozesse durch den Einsatz neuer Technologien

nachhaltig ändern. Dies führt zur Entstehung neuer Herausfor-

derungen, welche zugleich als Treiber für die digitale Trans-

formation verstanden werden können [4]. Die technologische

Perspektive umfasst dabei die technologischen Komponenten,

wie z.B. CPS, IoTS, Cloud Computing oder Edge Computing,

als auch die Paradigmen einer Industrie 4.0, wie z.B. Integra-

tion, Flexibilität und Dezentralität. Diese können als Basis für

damit angestrebte ganzheitliche Vernetzung der logistischen

Objekte maßgeblich. Solche technologischen Komponenten

der Konnektivität. Sie werden daher zum einen als Enabler

-

enzsteigerungspotenziale der Logistik [5].

Durch die enge Verknüpfung von Produktion und Logistik wird

es eine Industrie 4.0 ohne adaptive CPS in der Logistik nicht

geben. Die Logistik muss durch ihre Charakteristik als Quer-

wandlungsfähig sein, wie die dadurch unterstützten Produkti-

onssysteme [6]. Ihre grundlegenden Aufgaben werden dabei

auch im Kontext einer Industrie 4.0 unverändert bleiben.

Die Verantwortung der Logistik liegt darin, ihre Funktion

gemäß der »8 Richtigen der Logistik« [7] zu erfüllen und die

Prozesse entsprechend der Zielvorgaben zu managen. Der

Fokus liegt auf dem Einsatz innovativer Technologien mit dem

Page 48: Beitragsband: 20. Forschungskolloquium 2018 · f h b l f. REFLEXION DER FORSCHUNG ZUM DIGITALEN ZWILLING AUS DER GESCHÄFTSMODELLPERSPEKTIVE Marlene Eisenträger M. Sc., Fraunhofer-Institut

46

Ziel, neue Konzepte für Planung, Steuerung und Realisierung

erstellen und umzusetzen [8].

Der technologische Wandel hat zur Folge, dass die Kom-

plexität und Dynamik der beteiligten Prozesse sowie deren

Koordinationsumfang und -intensität steigen [9]. In diesem

Zusammenhang besteht die Notwendigkeit die grundlegenden

Aufgaben der Logistik (im Sinne der »8 Richtigen der Logis-

tik«) sowie die dabei zu bewältigenden Anforderungen aus

einer erweiterten Perspektive der Industrie 4.0 zu betrachten.

Die Sicht auf die logistischen Grundaufgaben erfolgt dabei aus

einer physischen und einer informationstechnischen Perspekti-

ve. Der Fokus liegt zum einen auf der Objektsicht, welche sich

auf die Operanden wie z.B. Güter (physisch) und Informati-

onen (informationstechnisch) bezieht. Zum anderen wird die

Prozesssicht betrachtet, welche die Operationen wie z.B. den

-

die objekt- und prozessseitigen Anforderungen aus den zwei

Perspektiven auf, um im Rahmen der Logistik 4.0 die Ver-

richtung der Kernaufgaben mit dem richtigen Objekt, in der

richtigen Menge, am richtigen Ort, zur richtigen Zeit, zu den

richtigen Kosten, in der richtigen Qualität, ökologisch richtig

und mit den richtigen Informationen sicherzustellen.

Abbildung 1 zeigt, dass die Informationen in der Logistik 4.0

nicht nur als logistisches Objekt selbst auftreten, sondern

ebenfalls objekt- und prozessbegleitend, wodurch ihr Nutzen

für die Prozessteuerung und -optimierung deutlich wird [11].

wird das logistische Objekt in die Lage versetzt eigenständig zu

agieren und seine Operationen selbstständig zu koordinieren

[12]. Die Selbstorganisation, d.h. die selbstständige Entschei-

dungsfunktion, für logistische Prozesse gewinnt zunehmend

an Bedeutung, die Autonomie kann dabei in unterschiedlichen

Die Ausgangsbasis einer Logistik 4.0 ist eine umfassende

Informationsverfügbarkeit auf allen Ebenen logistischer Sys-

teme. Es erfolgt eine Selbstoptimierung durch Rückschlusse

Anpassung an ein volatiles Umfeld [13]. Daraus ergeben sich

als Anforderung für die Gestaltung von logistischen Systemen

eine hohe Adaptivität, im Sinne der Anpassungsfähigkeit an

das volatile Umfeld, und Resilienz, um die Widerstandfähigkeit

gegenüber Störungen im Betriebsablauf zu bewältigen.

Eine geeignete digitale Infrastruktur gilt als eine wesentliche

in der Logistik 4.0 [14, 16].

Dies beinhaltet u.a. Integration und den Einsatz von CPS.

Diese Objekte, Produktionsanlagen oder auch Logistikkompo-

nenten enthalten eingebettete Systeme, die sie dazu befähi-

gen, lokal sowie global zu kommunizieren, Daten und Dienste

z.B. aus Service-Plattformen zu nutzen (Bsp.: VFK-Cloud

Forschungsplattform der FhG [15]) sowie sich miteinander zu

vernetzen. Sie interagieren mithilfe von Sensoren (Datenerfas-

sung) und Aktoren mit ihrer Umwelt und geben die erfassten

Daten zu den Steuerungssystemen weiter [17, 18]. Dabei

erfolgt die Kommunikation und Steuerung in Echtzeit über

eine IT-Infrastruktur. Dessen Bereitstellung in Kombination mit

Plattformen und Software-Anwendungen, welche in entfern-

ten, virtuellen Rechenzentren verortet sind, wird als Cloud

Computing verstanden. Dadurch gelingt es die Intelligenz des

Logistiksystems dezentral bzw. verteilt vorzuhalten in Kom-

bination mit einer Echtzeitkommunikation über das IoTS [17,

18]. Eine ganzheitliche Integrationsfähigkeit (Skalierbarkeit)

ist daher ebenfalls als eine Anforderung an Logistiksysteme zu

sehen.

Durch die zunehmende Flexibilisierung aufgrund der Pro-

duktindividualisierung steigen auch die Anforderungen an

die Zusammenarbeit zwischen Mensch und Maschine. Viele

manuelle Tätigkeiten gelten in der operativen Logistik als

körperlich belastend. Da die Logistik als nicht wertschöpfende

Tätigkeit wahrgenommen wird, werden ergonomische Arbeits-

platzgestaltungen nicht gleichermaßen vorangetrieben wie

z.B. in der Produktion [19]. Eine Anforderung an die Gestal-

tung logistischer Systeme ist daher auch die Ergonomie, d.h.

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Das Augenmerk liegt auf den zu bewältigenden Anforderun-

gen einer Logistik (4.0) sowie die dabei verwendeten Konzep-

te, Methoden und Vorgehensmodelle zur Gestaltung von Lo-

gistiklösungen. Tabelle 1 zeigt eine exemplarische Auswahl an

logistischen Konzepten sowie deren Ausprägung hinsichtlich

der verfolgten Schwerpunktsetzung des Forschungsvorhabens.

Die Aspekte Steuerung und Regelung sind an dieser Stelle von

der Betrachtung ausgeschlossen.

Aus den bestehenden Erkenntnissen wird deutlich, dass vor

allem die ständig wachsenden Anforderungen an Produk-

tions- und Logistiksysteme, induziert durch technologische

Fortschritte und das volatile Umfeld, die Entwicklung von

anpassungsfähigen Lösungen vorantreiben. Die geforderte

Adaptivität kann durch die gegenseitige Vernetzung lo-

gistischer Objekte erreicht werden. Durch den Einsatz von

-

systems einhergeht. Durch den beschriebenen Ansatz können

bereits relevante Anforderungen teilweise aufgezeigt werden,

ein methodisches Vorgehen zur bedarfsorientierten Auswahl

nicht vorgestellt [13]. [21] liefert ähnliche Ergebnisse, wobei

die Anpassungsfähigkeit entlang der Wertschöpfungskette

analysiert wird. Die bestehenden Planungsstrukturen werden

um den Aspekt Flexibilitätsplanung ergänzt, das für weitere

die Mensch-Maschine-Interaktion und die dabei ablaufenden

Arbeitsprozesse räumlich, zeitlich und benutzerfreundlich zu

optimieren.

Zusammenfassend muss die Logistik 4.0 durch ihre Quer-

schnittsfunktion ganzheitlich betrachtet werden, eine konsis-

tente Gesamtkonzeption ist dabei nachhaltig von Vorteil. Eine

punktuelle Betrachtung sowie die Beschränkung auf bestimm-

te Technologien ist nicht vorteilhaft [20].

Zur Abgrenzung des ILR-Konzeptes und der Darstellung der

Forschungslücke wurde eine wissenschaftlich erarbeitete Lite-

raturrecherche zum gegenwertigen Forschungsstand durchge-

führt. Die Recherche erstreckt sich über Publikationsarten wie

Dissertationen, Buchbeiträge und Journal-/Conference Paper.

Insgesamt wurden über 100 Publikationen recherchiert. Ein

Inklusionskriterium war, dass die betreffende Publikation einen

Lösungsansatz präsentiert, deren Schwerpunkt auf der Gestal-

tung logistischer Systeme (ganzheitlich) liegt. Ausgeschlossen

wurden Publikationen, deren Fokus auf einzelnen Technologie-

komponenten im Logistikumfeld liegen, sowie jene Publikatio-

nen, die unzureichend hinsichtlich Inhalt, Formulierungen und

wissenschaftlicher Relevanz waren.

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Adaptive Logistiksysteme [13]

Wandlungsfähige Logistiksysteme [21]

Cyber-physische Logistiksysteme [22]

Cyber-physische Logistikmodule [23]

Lean-Logistics-Reifegradmodell [24]

Digitale Fabrik [25]

Intelligenter Logistikraum [26]

erfüllt

teilweise

erfüllt

nicht erfüllt

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Durch das Forschungsvorhaben des ILR wird unter Berücksich-

tigung von zukünftig relevanten Anforderungs- und Zielkriteri-

en ein ganzheitliches Lösungskonzept zur Zusammenführung

von singulären technologischen Lösungen und Prozessab-

läufen entwickelt. Die Methodik zielt auf ein zielorientiertes

Zusammenwirken von logistischen Systemen, Prozessen,

Objekten und der beteiligten logistischen Infrastruktur ab,

welches durch die Entwicklung einer Kennzahlensystematik

operationalisiert werden kann. Die Gestaltung basiert auf einer

bedarfsgerechten Auswahl und Kopplung von Methoden so-

Zielkriterien und Anforderung.

Der »intelligente Logistikraum« (ILR) wird erstmalig in [26] wie

»Unter einem Intelligenten Logistikraum wird der Wirkungs-

bereich von mobilen Objekten, wie Verkehrs-, Transport und

Umschlagmittel, Waren und Personen, in einer logistischen

Infrastruktur mit einer IT-technischen Umgebungsintelligenz

(Ambient Intelligence) verstanden. Der intelligente Logistik-

raum wird dabei durch logistische Prozesse in einem topogra-

die IT-technische Umgebungsintelligenz sehr robust ablaufen.«

Durch die Neuprägung des Begriffs »Logistikraum« als

skalierbaren Untersuchungs- und Aktionsbereich besteht die

Notwendigkeit, ein methodisch gestütztes Vorgehensmo-

dell zu entwickeln, welches es ermöglicht, Logistikräume zu

-

gehensschritte intelligent zu gestalten. Es lassen sich Logistik-

räume innerhalb der Knoten und Kanten von Produktions- und

Logistiknetzwerken verorten, wobei diese ebenso übergreifend

als Zusammenschluss mehrerer Knoten und Kanten im Sinne

einer Supply Chain betrachtet werden können. Dazu zählen

auch Stadtgebiete, Betriebsgelände und einzelne Produktions-

und Logistikbereiche in der Intralogistik (Skalierungsfunktion)

[27]. Die Betrachtungsgrenzen sind nicht an die physischen

Gegebenheiten gebunden, sondern orientieren sich an der

Funktionalität bzw. an den jeweiligen Material- und betei-

Komponenten mithilfe von Hard- und Softwarelösungen sowie

für die Informationstechnik baulicher Einrichtungen entsteht

-

struktur (intelligente Infrastrukturen). Für die Beschreibung

eines ausgewählten Bereichs und die Formulierung einer

Handlungsempfehlung, sieht das Vorgehensmodell vor, Intelli-

genzfaktoren aus der menschlichen Intelligenztheorie [28] auf

Untersuchungen ein Anpassungsmaß aufzeigt und Wand-

lungsstrategien generieren lässt. Die vorgestellte Vorge-

hensweise richtet sich schwerpunktmäßig an Unternehmen

mit Serienproduktion. Um eine breite Anwendbarkeit auch

innerhalb anderer Fertigungstypen (z.B. kundenindividuelle

-

sprechender methodischer Erweiterung des Lösungskonzepts.

[22] beschreibt eine ganzheitliche Konzipierung über System-,

Anforderungen basiert. Durch die primäre Ausrichtung auf

die Integrationsplattformen, wie IoTS wird die Anwendbarkeit

auf die Realisation der kontinuierlichen Kommunikation in

Logistiksystemen beschränkt. Eine methodische Planung und

Bewertung der anwendungs- und anforderungsorientierten

Technologieauswahl ist nicht Bestandteil der Forschungsergeb-

nisse [22]. Durch die Kopplung und Überführung der Erkennt-

nisse aus cyber-physischen Logistiksystemen auf Technologien

lassen sich einzelne Logistik- und Produktionsmodule gestalten

[23]. Die Logistikmodule werden mit Intelligenz ausgestattet

und den Modulen ohne Intelligenz gegenübergestellt. Durch

die Integration der Logistikmodule kann die Auswirkung auf

die Wandlungsfähigkeit des Systems veranschaulicht werden.

Intelligente Logistikmodule kennzeichnen sich demnach durch

ihre Ausstattung mit notwendigen Sensoren und Aktoren. Die

Bestimmungskriterien der Intelligenz in Logistikmodulen sowie

die Messbarkeit ihrer Intelligenzausprägung und Auswirkung

werden nicht untersucht [23]. Über eine Reifegradbestimmung

[24] wird die aktuelle Transformationsposition der logistischen

Prozesse auf Schlankheit analysiert. Im Bewertungsverlauf lässt

Maßnahmen zur Erhöhung der Prozessqualität abgeleitet

werden können. Das Modell beinhaltet lediglich Analyse-

und Bewertungsmethoden, die den Entwicklungsstand von

Logistiksystemen widergeben. Die abzuleitenden Maßnahmen

gelten als Handlungsempfehlungen und müssen im Hinblick

auf die Umsetzung in einem zielorientierten Lösungskonzept

Methoden und einer Kopplung der Softwarewerkzeuge ein

Abbild des realen Produktionsprozesses geschaffen werden.

Die Integration über alle logistischen Ebenen verlangt eine ge-

genseitige Abstimmung im Gesamtsystem und soll dabei nicht

nur auf die Softwareebene beschränkt werden [25].

Ausgehend vom heutigen Forschungsstand lässt sich fest-

stellen, dass die logistischen Operanden, Operatoren und

Operationen eine unterschiedliche Ausprägung bzgl. der

Digitalisierung und Automatisierung aufweisen. Es entsteht

die Notwendigkeit, diese unterschiedlichen Ausprägungen

bedarfsgerecht und situationsbezogen zusammenzuführen,

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abzuleiten. Dabei werden neben den klassischen Zielgrößen

wie Zeit, Qualität und Kosten, ebenso Zieldimensionen wie z.

B. Resilienz, Adaptivität und Skalierbarkeit verfolgt.

Zentrale Forschungsfragen, die sich aus der Abgrenzung zu

anderen Forschungsarbeiten sowie aus der Idee des Konzept-

ansatzes, ergeben sind:

– Welche Merkmale bzw. Eigenschaften können herangezo-

-

spannen und untereinander zu vernetzen?

– Können sich zwischen Objekten und Infrastrukturen merk-

malsorientierte Zusammenhänge herstellen lassen und wie

können diese methodisch aufgearbeitet werden?

– Wie lassen sich daraus geeignete Intelligenzfaktoren und

-grade für Objekt, Prozess, System und der beteiligten

Infrastruktur ableiten?

– Wie muss eine methodisch gestützte Vorgehensweise

aussehen, um intelligente Logistikräume zu erzeugen und

Mehrwerte zu generieren?

Die notwendige Methodik lässt sich als Vorgehensmodell be-

schreiben, angelehnt an ein Modell zur Planung der operativen

Logistik [32]. Die Anwendung des ILR-Vorgehensmodells soll

dabei eine Systematik bieten, um Zusammenhänge und Ge-

meinsamkeiten zwischen logistischen Operanden, Operatoren

und Operationen anhand von Merkmalen und deren Merk-

malsausprägungen herzustellen. Dieser Ansatz ermöglicht es,

Logistikräume an unterschiedlichen Stellen aufzuspannen und

abzugrenzen.

Der ILR-Gestaltung liegt ein zweigeteilter Prozess zugrunde

(vgl. Abbildung 3). In der Abgrenzungsphase werden spezi-

unter Beachtung der technologischen und organisatorischen

Gegebenheiten formuliert. In der Analysephase werden

Logistikräume anhand der Merkmale der logistischen Instan-

-

verknüpft werden. Die anschließende Konzeptionsphase

beinhaltet die Erstellung eines Technologiekatalogs, eine

funktionsorientierte Clusterung der Technologien sowie die

Überführung der bestehenden und potentiellen Lösungen in

eine Morphologie. Der Übergang zu intelligenten Logistikräu-

men erfolgt durch die Vernetzung der logistischen Operatoren

und Operanden ab der Bewertungsphase. Die Bewertung der

(technologischen) Alternativen sowie die Eignung im Sinne der

bewerkstelligt werden. An dieser Stelle wird das Konzept der

eine technische Sichtweise zu adaptieren und so individuelle

Intelligenzgrade ableiten zu können. Diese ermöglichen eine

gesamtheitliche Messbarkeit und Bewertung von techno-

logischen und methodischen Änderungen im betrachteten

Untersuchungs- und Aktionsbereich.

Insgesamt werden durch den ILR daher verschiedene Sichten

beschrieben [29]:

– Soziotechnische Sicht – das selbstorganisierende, nachhal-

tige und skalierbare Wirken;

einem Strukturraum;

– Digitalisierungssicht – das Entstehen einer verteilten Intel-

ligenz

(i.A.a. [31]):

»Der Intelligente Logistikraum stellt einen skalierbaren Un-

tersuchungs- und Aktionsbereich zur Analyse, Bewertung,

Planung, Steuerung und Regelung von Logistiklösungen dar.

Er umfasst das bedarfs- und situationsgerechte Zusammen-

wirken von logistischen Objekten, Prozessen, Systemen und

der beteiligten (intelligenten) Infrastruktur. Durch technische

abgrenzbarer Logistikräume zielorientiert gerecht zu werden.«

Insgesamt wird mit dem ILR-Konzept das Ziel verfolgt, ein

Analyse-, Planungs-, Bewertungs- als auch Steuerungs-, Rege-

zu schaffen, welches die starren Systemgrenzen durch eine

intelligente Vernetzung aufhebt. Ziel ist es, einen Aktionsbe-

reich zu erschaffen, welcher intelligent gesteuert und geregelt

wird. Dieser soll in der Lage sein, bedarfsgerecht entsprechend

vorherrschender Anforderungen sowie situativ entspre-

chend der jeweiligen Zustände, sich selbst und seine Umwelt

wahrzunehmen und demgemäß Handlungsentscheidungen

eigene Darstellung.

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50

Der ILR versteht sich in der Anwendung als Planungssystema-

tik, in der beliebige Referenzproblemstellungen der Logistik in

einer Test- und Demonstrationsumgebung dargestellt werden

können. Dabei wird eine zielgerichtet-intelligente Auswahl

an prozessstabilisierenden und/oder prozessverbessernden

Technologien und Methoden in der Intralogistik von Produk-

tionssystemen vorgenommen. Die Struktur der exemplarisch

ausgewählten Lern- und Musterfabrik, Landshut, (vgl. Abbil-

skalierbarer Untersuchungsbereich für den ILR.

Der beschriebene technologiebasierte Lösungsansatz dient

dazu, den geringen Vernetzungsgrad der logistischen Prozesse

und deren Objekte aufzuheben sowie technische Insellösun-

gen zu vermeiden. Durch gezielte Technologieauswahl werden

die Forderungen nach Prozessstabilisierung und -verbesserung

-

ziente (intelligente) Logistik- und Automatisierungslösungen

für die Intralogistik ergeben werden. Die Bestimmung der

Intelligenz und deren Ausprägung in technischen Systemen

wird durch die selektive und gezielte Auswahl von Technolo-

gien untersetzt. Die somit herbeigeführte Verbesserung durch

die Bestimmung der systeminhärenten Intelligenz auf Objekt-,

Prozess-, System- und Infrastrukturebene ist als Erkennungs-

merkmal des ILR hervorzuheben.

technischen Intelligenzfaktoren aufgegriffen und mit (Techno-

logie-)Kosten ins Verhältnis gesetzt, um im Ergebnis durch die

Aufstellung einer Argumentebilanz eine Empfehlung hin-

sichtlich der Technologieauswahl zu geben. In der Folge ist es

notwendig, die Intelligenzfaktoren durch konkrete technische

und wirtschaftliche Kennzahlen zu untersetzen (z.B. anhand

verschiedener Technologiegruppen). Es wird ein Ansatz über

sowie die Berücksichtigung des Zusammenspiels von Objekt,

-

Zielstellung entsprechende Lösungsalternative ausgewählt und

umgesetzt (Technologien als Systemlösungen, organisatorische

Lösungen). Die operativen Steuerungsabläufe werden in der

Betriebsphase kontrolliert, geregelt und die Zielerreichung

validiert. Die Erkenntnisse über die Wirkungszusammenhänge

können effektiv genutzt werden und im Rahmen einer (Re-)

Gesamtintelligenz des betrachteten Logistikraums überprüft

und eine Umsetzung der Maßnahme eingeleitet werden.

Ziel ist es schließlich, Logistikräume adaptiv und wandlungsfä-

hig über einen gesamten logistischen Prozess hin abzubilden

diesem Zusammenhang lassen sich Logistikräume miteinander

vernetzen, die sich durch ihre Merkmalsgleichheit miteinander

vernetzt betrachten lassen und eine globale Optimierung des

betrachteten Logistiksystems ermöglichen sollen.

Logistikräume, eigene Darstellung.

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51

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[11] Arnold, D.; Isermann, H.; Kuhn, A.; Tempelmeier, H.;

Berlin: Springer (VDI-Buch), S. 3–4.

Der aufgezeigte Ansatz des ILR demonstriert eine neuartige

Sichtweise auf die Analyse, Planung und Bewertung von

logistischen Systemen. Dabei ist der Ansatz als skalierbares

Werkzeug aufgebaut und kann adaptiv in diversen intra- und

extralogistischen Problemstellungen angewendet werden.

Hierbei spielt besonders in der Intralogistik die Art der Pro-

duktionsstätte (i.A.a. [33]) ebenso eine wichtige Rolle, wie die

Auswahl der richtigen Werkzeuge und Methoden (i.A.a. [7]).

Die nächsten Arbeitsschritte beinhalten die Konkretisie-

rung und Anwendung des Vorgehensmodells anhand einer

dabei einen vollständigen Leistungserstellungsprozess vom

Wareneingang über Lagertechnik, Kommissionierung und

Montage bis hin zum Warenausgang eines produzierenden

Unternehmens ab (vgl. Abbildung 4). Als Beispiel kann der

Prozess der Voll- und Leergutversorgung herangezogen

werden. In einer virtuellen Testumgebung sollen vernetzungs-

fähige Technologien für einen Soll-Prozess ausgewählt und

die Wandlungsfähigkeit des Logistikraums erprobt werden.

Beispielhaft ist hier der Einsatz eines Routenzugsystems oder

die Verwendung autonomer AGVs in Verbindung mit Drohnen

(Aktivitätsanalyse) zu nennen, die in einem integrativen und

sollen. Weiterhin gehört die Erstellung eines Merkmalskatalogs

-

winnen zu den nächsten Schritten der Konzeptbearbeitung.

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52

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[25] Bracht, U.; Geckler, D.; Wenzel, S. (2011): Digitale Fabrik

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[26] Schenk, M.; Richter, K.; Poenicke, O. (2012): Smart

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Online: https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Publikationen/

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Page 55: Beitragsband: 20. Forschungskolloquium 2018 · f h b l f. REFLEXION DER FORSCHUNG ZUM DIGITALEN ZWILLING AUS DER GESCHÄFTSMODELLPERSPEKTIVE Marlene Eisenträger M. Sc., Fraunhofer-Institut

KONZEPTION UND EVALUATION EINER SYSTEMATIK ZUR AUS-WAHL TECHNISCHER SYSTEM-KOMPONENTEN FÜR IOT USE CASES IN DER LOGISTIK

Maik Groneberg B. Sc.,

Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb und -automatisierung IFF,

Dipl.-Wirt.-Ing. Olaf Poenicke,

Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb und -automatisierung IFF,

53

Page 56: Beitragsband: 20. Forschungskolloquium 2018 · f h b l f. REFLEXION DER FORSCHUNG ZUM DIGITALEN ZWILLING AUS DER GESCHÄFTSMODELLPERSPEKTIVE Marlene Eisenträger M. Sc., Fraunhofer-Institut
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55

KONZEPTION UND EVALUATION EINER SYSTEMATIK ZUR AUSWAHL TECHNISCHER SYSTEMKOMPONEN-TEN FÜR IOT USE CASES IN DER LOGISTIK

Mit der weltweiten Vernetzung von Supply Chains und dem

Wandel des Konsumverhaltens gehen steigende Anforderun-

gen an die Logistik einher. Dabei spielen neben der Qualität

und Geschwindigkeit der Prozessdurchführung, auch Kos-

tendruck, individuelle Anpassungsfähigkeit, Transparenz

und Flexibilität eine Rolle [1]. Diesen Anforderungen kann

durch eine zunehmende Digitalisierung von Logistikprozessen

begegnet werden. Aus einer aktuellen Umfrage zum Stand

der Digitalisierung zur Unterstützung und Steuerung von

Transportprozessen geht hervor, dass 32 Prozent der befragten

Unternehmen ihren Digitalisierungsgrad als »gut« einschät-

zen, 36 Prozent als »befriedigend« und 32 Prozent als »gering

entwickelt« [2]. Ein möglicher Treiber der Digitalisierung kann

das Internet der Dinge bzw. Internet of Things (nachfolgend

IoT) sein, welches nach einer Umfrage zu den Trends der

Informations- und Kommunikationsbranche mit 48 Prozent

einen hohen Stellenwert bei den befragten einnimmt [3]. Auch

der Gartner Hype Cycle zu den aufkommenden Trends in der

Supply Chain Strategie von 2017, verdeutlicht die Relevanz

des IoT in den nächsten 5 bis 10 Jahren [4]. Für die Umsetzung

IoT-basierter Digitalisierungslösungen fehlt den Entscheidern

in der Logistikbranche, der Wirtschaft und Wissenschaft, aber

oftmals der notwendige IT-Background um die Entwicklung

und den Einsatz von neuen Systemen anzustoßen. Dies bremst

die Digitalisierung durch das Zurückhalten längst notwendiger

Investitionen in neue Technologien aus. Diesem Problem soll

der Logistik entgegnet werden. Ziel ist es, anwendungsfallspe-

-

en, Auto-ID-Systemen bzw. Sensornetzwerken und Sensoren

zu konzipieren. Eine solche Systematik ist dabei für frühe

Planungsphasen relevant, um aus den vielfältigen IoT-Techno-

logien, die für einen betrachteten Anwendungsfall adäquaten

Technologien vorauswählen zu können. Entsprechend ist für

die Entwicklung der Systematik die Überprüfung folgender

These grundlegend: »Anwendungsfälle der Logistik können

auf bestimmte Charakteristika heruntergebrochen werden,

welche als allgemeingültige Entscheidungskriterien für den

Einsatz von IoT-Technologien dienen.« Wie diese These über-

prüft wurde, ist Gegenstand der vorliegenden Abhandlung.

Die im vorigen erläuterte Thematik ist sehr umfangreich,

aus diesem Grund wird im Folgenden eine Abgrenzung zu

den betrachteten Technologien, sowie zu den Bereichen der

Logistik und des Internets der Dinge vorgenommen. Im Fokus

der Betrachtung für die Konzeption der Systematik liegt der

Teilbereich der Stückgutlogistik. Im Rahmen der Überprüfung

der genannten These dient dies nicht nur der Vereinfachung

der Betrachtung, sondern hat auch den Hintergrund, dass

extralogistischen Prozessen mittels Auto-ID-Systemen oder

kabellosen Sensornetzwerken erst möglich wird, wenn es sich

bei diesen um Stückgüter handelt. Stückgüter sind äußerst

heterogene Gütermengen, welche in unterschiedlichen Verpa-

ckungen (Fässer, Säcke, genormte Transportbehältnisse) oder

lose auftreten können und sich in einem Gewichtsbereich bis

2.500 Kg bewegen. Der Stückgutlogistik wird in vielen Bran-

chen eine große Bedeutung zugeschrieben, da sie als Binde-

glied zwischen verschiedenen Fertigungsstufen und zwischen

Erzeugern, Groß- und Einzelhändlern, sowie den Endkunden

dient [5].

Das Internet der Dinge setzt den Fokus nicht auf eine einzelne

großen Vielfalt unterschiedlichster Technologien mit verschie-

densten Funktionen im Vordergrund. So sind Technologien

Umgebungszuständen, sowie die Verarbeitung und Verwal-

tung der erhobenen Daten grundlegende Komponenten eines

IoT-Systems [6]. Zusätzlich zu der stetig wachsenden Anzahl an

verfügbaren Technologien zur aktiven Datengenerierung und

-übertragung werden im Rahmen dieser Betrachtung auch

klassische Auto-ID-Systeme einbezogen. Der Einsatzbereich

des IoT ist nicht auf wenige Bereiche beschränkt. Im Grunde

lassen sich Anwendungen in unterschiedlichsten Branche

implementieren. Dazu gehören unter anderem IT und Netz-

werke, das Sicherheitswesen, der Handel, das Transportwesen,

die Industrie, das Gesundheitswesen, Konsumenten und deren

Heim, sowie die Energiebranche und Immobilien. Im Fokus

dieser Betrachtung liegen ausschließlich das Transportwesen

und die Industrie [7].

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56

gien

Für die Entwicklung der Systematik und der damit einher-

gehenden Überprüfung der vorliegenden These, stellte sich

heraus, dass die Betrachtung von Auto-ID-Systemen/Sen-

sornetzwerken, Funktechnologien und Sensoren als Sys-

temkomponenten zur Gestaltung von IoT-Lösungen vorerst

ausreichend ist. Die Architektur eines IoT-Netzwerkes stellt

eine wichtige Rolle dar und sollte zukünftig in der Systematik

berücksichtigt werden. Kommunikationsprotokolle, Daten-

formate und die Datensicherheit wären weitere mögliche

Erweiterungen. Die genannten Systemkomponenten werden

in Abbildung 1 dargestellt.

Im Fokus der Auto-ID-Systeme sind die Barcode- und RFID-

Technologie, welche in vielen Bereichen der Logistik schon

erfolgreich implementiert wurden. Relevante Arten von Bar-

codes sind 1D, 2D und 3D. In Bezug auf RFID wird zwischen

aktiven, semi-aktiven und passiven Transpondern unterschie-

den. Bei beiden Technologien spielen mobile, sowie stationäre

Lesegeräte eine Rolle. Um den Funktionsumfang des Systems

Auswertung der Umgebungsvariablen auszuweiten, werden

zusätzlich kabellose Sensornetzwerke berücksichtigt. Diese

werden hauptsächlich nach der Art der Architektur unterschie-

den (Edge-, Fog- und Cloud-Computing), welche, wie bereits

erwähnt, zukünftig auch für alle Arten von Auto-ID-Systemen

relevant sind. Die Systemkomponente der Funktechnologien

ist bei der Übertragung von Daten zwischen Lesegeräten

oder Sensorknoten und einem zentralen Knoten im Netzwerk

notwendig. Diese werden nach ihren Reichweiten und der

Funktionsweise kategorisiert. Die WPAN-Technologien ZigBee

und Bluetooth werden zusammen mit WLAN für den Einsatz

in lokalen Systemen betrachtet. Werden jedoch höhere Reich-

weiten benötigt, spielen Mobilfunk und LPWAN eine Rolle, bei

globalem Einsatz oder in schwer zugänglichen Regionen ist

auf Satellitenfunk zurückzugreifen. Je nach benötigter Daten-

rate und dem Netzausbau kann bezüglich des Mobilfunks 2G,

3G, 4G und zukünftig auch 5G eingesetzt werden. LPWAN-

Technologien sind für Anwendungen mit einer geringeren

Datenmenge gut geeignet. Hier wird zwischen mobilfunkba-

sierten und nicht-mobilfunkbasierten (ISM-Band) unterschie-

den. NB-IoT, LTE-Cat M1 und EC-GSM setzen auf Mobilfunk-

standards auf. Sigfox, LoRaWAN und Weightless-P hingegen

setzen auf das lizenzfreie ISM-Band. Art und Umfang der zu

übertragenden Daten ist abhängig davon, ob Sensoren im

handelt. RFID-Systeme und Sensornetzwerke ermöglichen die

Einbindung unterschiedlichster Sensoren. Für den Einsatz in

der Logistik haben sich Thermometer, Feuchtigkeitsmesser,

Beschleunigungssensoren, Gyroskope, Bildsensoren, Infrarot-

sensoren, biologische und chemische Sensoren, sowie GPS als

sinnvoll herausgestellt [8].

Als Grundlage für die Konzeption der Systematik wurden im

Vorlauf die Eigenschaften der berücksichtigten Technologien,

sowie die Logistik und deren zugrundeliegende Prozesse und

Entitäten analysiert. Zusätzlich dazu wurden real umgesetzte

Anwendungsfälle aus Wirtschaft und Forschung betrachtet,

um das daraus gewonnene Wissen den Erkenntnissen aus

den vorangegangenen Analysen gegenüberzustellen und die

Erkenntnisse zu überprüfen und gegebenenfalls um zusätz-

liche Punkte zu erweitern. In diesem Abschnitt wird darauf

eingegangen, in welcher Form diese Erkenntnisse in einem

Bedeutungen und die Bewertung dieser. Dazu wird im Folgen-

und erläutert, wie auf Basis der Erkenntnisse einer Systematik

erarbeitet wurde.

der Struktur der Informationsabbildung unterscheiden. Es gibt

monohierarchische (Einfachvererbung) und polyhierarchische

und die Klassen einer polyhierarchischen mindestens eine. Ist

Erweiterungen, eigene Darstellung.

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Klassen begünstigt. Aus den oben genannten Analysen der

Teilbereiche wurden insgesamt 7 Facetten abgeleitet (siehe

Abbildung 2).

Die Facette Smart Objekt beinhaltet Klassen und Ausprägun-

gen zur Charakterisierung der Objekte, welche mit IoT-Devices

ausgestattet werden sollen. Im Falle der Logistik können

dies Logistikobjekte, Transportmittel und Transporthilfsmittel

sein. Weitere relevante Punkte sind das Einsatzgebiet der

Objekte und die vorhandene beziehungsweise verfügbare

Netzinfrastruktur. Mit Hilfe des Einsatzgebietes, der Netzinf-

rastruktur und der Charakterisierung der Anforderungen an

die Datengenerierung/-übertragung können Anforderungen

Facetten beinhalten wiederrum eine Auswahl von Unterfacet-

ten, welche die Ausprägungen (Foci) beinhalten. Unterfacetten

können sich wiederum in weitere Unterfacetten untergliedern.

[8] In Abbildung 3 wird beispielhaft der Aufbau der Facette

Einsatzgebiet gezeigt.

Rahmen sich das Smart Objekt während des gesamten logisti-

schen Prozesses aufhält. Ein Prozess kann innerbetrieblich, au-

ßerbetrieblich, sowie eine Mischform aus beidem sein. Somit

sind beliebige Kombinationen aller Ausprägungen möglich.

Für die Auswahl von Funktechnologien im innerbetrieblichen

Prozess ist es entscheidend zu wissen, ob die Durchführung

außerbetriebliche Prozesse spielen die räumliche Ausdehnung,

sowie die Art der Interoperation im außerbetrieblichen Raum

eine Rolle. In der Regel haben diese Prozesse eine lokale, regi-

onale oder globale Ausdehnung. Diese Information ist eben-

falls wichtig für die Wahl einer Funktechnologie, jedoch reicht

sie nicht alleinstehend für eine Bewertung aus. Aus diesem

Grund sind Kombinationen aus verschiedenen Foci wichtig.

Diese sind Gegenstand des nächsten Abschnittes. Der Punkt

Geschäftsbeziehung ist wichtig für die Auswahl von Technolo-

gien in Bezug auf das Investitionsvolumen und die Wiederver-

eine Polyhierarchie stärker ausgeprägt und es bestehen zusätz-

lich weitere Beziehungen zwischen den Klassen, spricht man

ihrer Informationsabbildung betrachtet, so kann zwischen ana-

lytischen und synthetischen, beziehungsweise einer Mischform

sind präkombinativ. Die Klassenhierarchien sind somit schon

-

zierung verschiedene Deskriptoren unterschiedlichster Klassen

zugeordnet. Die höhere Flexibilität durch die Möglichkeit der

lässt diese Verfahren mit einer weitaus geringeren Anzahl

von Deskriptoren (Faktor 10 bis 100) auskommen, wodurch

Struktur eine einfache Anpassbarkeit beim Aufkommen neuer

-

tionen. Die Konstruktionsprinzipien der Notation, Hierarchie,

Citation Order und Facettierung werden dabei kombiniert.

-

on in eine starre Baumstruktur eingegliedert, sondern für die

einzelnen Teilbereiche des Wissensgebietes werden einzelne

Klassen, die sogenannten Facetten gestaltet. Diese Klassen

repräsentieren einen Begriff auf einem hohen Abstraktions-

niveau [10]. Diese Facetten werden durch unterschiedliche

Ausprägungen, die Foci, beschrieben. Bei den Foci handelt es

sich im Prinzip ebenfalls um Klassen, welche jedoch auf einem

-

kationen werden hauptsächlich genutzt, um große unstruktu-

in Bibliotheken und Dokumentenmanagementsystemen oder

in der Filter- beziehungsweise Suchfunktion von Online-Shops

[11].

-

genden Wissensbereiches zur Beschreibung von Anwendungs-

fällen der Logistik war ausschlaggebend für die Wahl der

Auto-ID-Systeme, Sensornetzwerke, Sensoren und der Logistik

-

te technologische Fortschritt und die Fülle an Technologien

-

native Struktur eine einfache Erweiterbarkeit um zusätzliche

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Wie aus der zuvor erläuterten Facette hervorgeht, besitzt ein

Focus allein oft nicht genug Aussagekraft für die Auswahl von

-

nologien. Aus diesem Grund gibt es eine Vielzahl sinnvoller

Kombinationen aus den Foci unterschiedlichster Facetten. Im

Folgenden wird eine Kombination vorgestellt, welche aus Foci

besteht, die beschreiben in welchem Bezug das Smart Objekt,

das Transportmittel und die räumliche Ausdehnung stehen

(siehe Abbildung 4).

wendbarkeit von Komponenten. Mögliche Geschäftsbeziehun-

gen sind B2B und B2C. Weiterhin können außerbetriebliche

-

den. Bei standortübergreifenden Prozessen können Smart Ob-

jekts mit einem kostspieligeren System ausgestattet werden,

da diese innerhalb des Unternehmens bleiben und wiederver-

wendet werden können. Bei B2B- und B2C-Prozessen hängt

das Investitionsvolumen je Smart Objekt, wie bei der räumli-

chen Ausdehnung, auch von anderen Faktoren ab.

Abbildung 4: Darstellung einer

verschiedenen Facetten, eigene

Darstellung.

Abbildung 3: Hauptfacette Ein-

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59

Ein Focus oder eine Foci-Kombination kann eine Aussage

zur Sinnhaftigkeit jeder einzelnen Technologie der System-

komponenten haben, muss es aber nicht. Im ersten Schritt

der Evaluation werden Technologien durch harte Ausschluss-

kriterien (X) bei Nichterfüllung der Anforderungen aus den

Ergebnissen ausgeschlossen. Wurde eine Technologie nicht

ausgeschlossen, wird im zweiten Schritt eine Bewertung der

Eignung durchgeführt. Diese kann entweder negativ (-1),

neutral (0) oder positiv (1) sein. Nach der Evaluation aller Foci

und Foci-Kombinationen, werden die einzelnen Bewertungen

aggregiert. Entsprechend kann eine Systemkomponente, die

Summe über die Foci und Foci-Kombinationen positiv für den

betrachteten Anwendungsfall relevant sein. Die resultierenden

möglichen Technologien werden daraufhin im dritten Schritt

auf deren logische Anwendbarkeit überprüft. Dazu wurden

Systemkomponenten eine sinnhafte Kombination bilden. Das

Resultat des in Tabelle 1 dargestellten abstrakten Schemas ist

eine Kombination aus Technologie C (Auto-ID- und Sensor-

systeme), Technologie E (Funktechnologien) und Technologie

H (Sensoren). Wichtig zu berücksichtigen ist, dass Sensoren

aktuell nur nach harten Ausschlusskriterien selektiert werden.

Für den Test der Systematik wurde eine Demonstrator-Anwen-

dung entwickelt. Der schematische Aufbau und die Funktions-

weise des Demonstrators werden in Abbildung 5 beschrieben.

Die GUI der Anwendung besteht grundlegend aus 2 Kompo-

-

handen, direkt die harten Ausschlusskriterien der selektierten

des Use Case folgt die Auswertung der zutreffenden Foci-

Kombinationen. In diesem Zuge werden die übrig gebliebenen

Technologien anhand ihrer Eignung evaluiert und bewertet.

Im dritten Schritt, folgt die oben genannte Selektion logisch

das genutzte Transportmittel und dem Rahmen in dem es

sich bewegt betreffen. So sollen Transportmittel, welche auf

nationaler Ebene auf der Straße verkehren, getrackt werden.

Durch dieses Beispiel wird auch die Relevanz von Kombinati-

onen deutlich, denn die Aussagekraft eines alleinstehenden

Focus ist weitaus geringer, als die von einer Foci-Kombination.

Zum Beispiel besitzt der Focus Transportmittel, der Facette

Smart Objekt, allein keine aussagekräftige Bedeutung für die

Auswahl von Funktechnologien. Durch eine nähere Beschrei-

bung des Einsatzgebietes, können diese Informationen jedoch

gewonnen werden. So kann im Falle dieser Kombination

ausgeschlossen werden, dass es sich um ein stationäres Trans-

portmittel (z.B.: Stetigförderer) handelt. So kann der Einsatz

von WPAN und WLAN-Technologien, sowie von LoRaWAN

und Weightless-P ausgeschlossen werden. Mobilfunk, sowie

mobilfunkbasierte LPWAN, Sigfox und Satellitenfunk sind

hingegen einsetzbar. Da es sich bei dem Smart Objekt um ein

Transportmittel handelt, ist der Einsatz der Barcode- und RFID-

Technologie ebenfalls ausgeschlossen. Sinnvoll ist ein Sensor-

netzwerk jeglicher Architektur. Ein Edge-Computing-Ansatz ist

auf Grund der potenziell vorhandenen Stromversorgung und

möglicherweise schlechteren Funknetzwerken zu bevorzugen.

Wie dieses Wissen in eine Bedeutung der Foci und Foci-

Kombinationen umgewandelt wurde, ist Inhalt des folgenden

Abschnittes, in dem auf die Auswertung der gewählten Aus-

prägungen eingegangen wird.

Foci

Die Bewertung von Foci und deren Kombinationen wird auf

drei verschiedenen Ebenen durchgeführt. In der folgenden

Tabelle wird das genutzte Evaluationsverfahren abstrakt darge-

stellt. Dieses beinhaltet die ersten beiden Ebenen.

Focus 1 Focus 2 Kombination

A -1 X X ausgeschlossenB 1 -1 0 0C 0 1 1 2

Funktechnolo

gien

D 0 1 -1 0E -1 1 1 1F X X X ausgeschlossen

Sensoren G X 0 0 ausgeschlossenH 0 0 0 0I 0 X 0 ausgeschlossen

Tabelle 1: Schematische Darstel-

lung des entwickelten Evaluati-

onsverfahren.

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60

6 Literatur

[1] Fritsch, Daniel (2016): Logistik vs. Supply Chain Manage-

ment. (BVL) Bundesvereinigung Logistik. Online verfügbar

unter https://www.bvl.de/blog/logistik-vs-supply-chain-ma-

nagement/, zuletzt geprüft am 08.01.2019.

[2] Fraunhofer SCS (2017): Wodurch wird die Digitalisierung in

der Transportlogistik Ihrer Meinung nach am stärksten getrie-

ben?. In Statista – Das Statistik-Portal. Online verfügbar unter

https://de.statista.com/statistik/daten/studie/762993/umfrage/

treiber-der-digitalisierung-der-transportlogistik-in-deutschland/,

zuletzt geprüft am 08.01.2019.

[3] Bitkom (2018): Welches sind die wichtigsten IT-Trends des

Jahres 2018?. In Statista – Das Statistik-Portal. Online verfüg-

bar unter https://de.statista.com/statistik/daten/studie/808775/

umfrage/die-wichtigsten-trends-in-der-itk-branche/, zuletzt

geprüft am 08.01.2019.

-

zation of the Supply Chain, Hype Cycle Supply Chain Strategy,

2017. Online verfügbar unter https://www.gartner.com/en/

newsroom/press-releases/2017-09-11-gartner-hype-cycle-

reveals-the-digitalization-of-the-supply-chain, zuletzt geprüft

am 08.01.2019.

[5] DSLV (2015): DSLV Deutscher Speditions- und Logistikver-

band e.V.. Zahlen, Daten, Fakten aus Spedition und Logistik.

Online verfügbar unter https://www.dslv.org/dslv/web.nsf/gfx/

Daten-Fakten_2015-Downloadversion.pdf, zuletzt geprüft am

31.01.2019.

konsistenter Kombinationen von möglichen Systemkompo-

GUI dargestellt. Für die verschiedenen Prozessschritte greift

die Anwendung auf drei verschiedene Datenbasen zurück. Die

GUI wird mit Hilfe der Datenbasen Technologien und Facetten,

Foci und deren Bedeutung generiert. Zusätzlich enthält die

zuletzt genannte auch Informationen über die Bedeutung der

einzelnen Foci für die Auswahl der Technologien. Diese wird

zusammen mit der Datenbasis Kombinationen und Bedeutung

für die Auswertung der harten Ausschlusskriterien und der

Bewertung der Eignung der Technologien genutzt. Die Über-

prüfung auf logische Konsistenz durch Zusatzkriterien wurde

im Programmcode realisiert.

-

rung verschiedenster Use Cases, wurde die zu überprüfende

These bestätigt. Der Wissensbereich rund um den IoT-Einsatz

in logistischen Prozessen lässt sich im Rahmen der Betrachtung

auf entscheidende Charakteristika herunterbrechen, welche

eine sinnhafte Auswahl von Technologien ermöglichen. Bei

den vorangegangenen Analysen ist deutlich geworden, dass

die logistischen Prozesse bzw. Teilprozesse an sich nur eine ne-

bensächliche Bedeutung für die Technologieauswahl besitzen.

Die relevanten Charakteristika der Prozesse werden auf andere

Weise in der Systematik erfasst. Die wichtigsten Klassen sind

die im Abschnitt 3.3 vorgestellten Hauptfacetten. Durch die

Bedeutungen ausdrücken. Eine der wichtigsten Vorteile der

die Systematik in Zukunft einfach ergänzt werden. Die Auf-

nahme weiterer Technologien und Systemkomponenten stellt

kein Problem dar. Auch eine Ausweitung des betrachteten

Logistikgegenstands ist möglich.

-

onsweise des Demonstrators, eigene Darstellung.

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[6] GS1 (2016): GS1 and the Internet of Things. GS1. On-

images/standards/internet-of-things/gs1-and-the-internet-of-

things-iot.pdf, zuletzt geprüft am 31.01.2019.

[7] Beecham Research (2017): M2M World of Connected Ser-

vices – The Internet of Things. Online verfügbar unter: http://

www.beechamresearch.com/download.aspx?id=18, zuletzt

geprüft am 31.01.2019.

[8] Groneberg, Maik (2019): Konzeption und Evaluation einer

Systematik zur Auswahl Technischer Systemkomponenten für

IoT Use Cases in der Logistik. Otto-von-Guericke Universität

Magdeburg, Magdeburg.

[9] Stock, Wolfgang G. (2004): Wissensrepräsentation. Hein-

rich Heine Universität Düsseldorf. SS 2004. Online verfügbar

pdf, zuletzt geprüft am 11.01.2019.

[10] Schmatz, Franz; Hutzheimer, Jasmin; Schemainda, Katri-

Online verfügbar unter: https://bscw.uni-duesseldorf.de/pub/

am 11.01.2018.

[11] Bertram, Jutta (2005): Präkombinierte und Facettenklas-

-

lagen, Methoden, Instrumente. Content and communication:

Bd. 2. Würzburg: Ergon-Verl.

Page 64: Beitragsband: 20. Forschungskolloquium 2018 · f h b l f. REFLEXION DER FORSCHUNG ZUM DIGITALEN ZWILLING AUS DER GESCHÄFTSMODELLPERSPEKTIVE Marlene Eisenträger M. Sc., Fraunhofer-Institut

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MULTISENSOR – 3D-MULTI- SENSORSYSTEME ZUR PROZESS-INTEGRIERTEN RUNDUM- ERFASSUNG UND ECHTZEIT- ANALYSE LOGISTISCHER OBJEKTE

Thomas Depner M. Eng.,

Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb und -automatisierung IFF,

Maik Riestock,

Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg,

Fakultät für Informatik

Karl Fessel,

Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg,

Fakultät für Informatik

Prof. Dr.-Ing. Sebastian Zug,

Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg,

Fakultät für Informatik

63

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65

MULTISENSOR – 3D-MULTISENSORSYSTEME ZUR PROZESSINTEGRIERTEN RUNDUMERFASSUNG UND ECHTZEITANALYSE LOGISTISCHER OBJEKTE

Volumenkennziffern sind neben dem Gewicht die wesentli-

-

tenplanung, Packoptimierung, Sortierung) benötigt als auch

Rechnungslegung, Dokumentation).

Obwohl der Volumenkennziffer eine wichtige Bedeutung

über diese vor. Besonders beim Güterverkehr ist dies gut zu

beobachten. So stieg der Güterverkehr über die letzten sieben

Jahre stetig an, was sich vor allem im erhöhten Straßenver-

kehr widerspiegelt. 2017 fand z.B. 79 Prozent des Güterver-

kehrs über die Straße statt, jedoch gibt es hierzu lediglich die

Angabe, dass dort 3643 Millionen Tonnen Güter transportiert

wurden. Über das transportierte Volumen ist allerdings nichts

Weiteres bekannt.

Ein Hauptgrund für diese unzureichende Kenntnis der

Volumenkennziffer sind die Einschränkungen der auf dem

Markt verfügbaren Lösungen zur Volumenvermessung. Diese

verwenden Sensor- und Verfahrensprinzipien, die sehr stark

auf den Prozess einwirken. So benötigen z.B. Lasersensoren

was einerseits durch geregelte Führung des Lasers entlang

des Objekts (Zeitverlust) oder auch durch Führung des Ob-

jekts entlang des Lasers erfolgen kann (Einschränkung auf

Prozess). Dies führt dazu, dass in der Praxis zur Vermessung

größerer Objekte statische Messstationen aufgebaut werden.

Diese werden von Gabelstaplern angefahren und die Ware

Messungen zu nicht tolerierbaren Zeitverlusten führen und

als zusätzlicher Prozessschritt zu bewerten ist (nicht prozess-

integrierte Messungen), werden derartige Systeme nur sehr

eingeschränkt verwendet.

In den letzten Jahren sind neue Sensortypen verfügbar, die

sich grundsätzlich sehr gut zur prozessintegrierten Analyse von

sich frei bewegenden Objekten und dynamischen Objektstruk-

turen eignen. Mit sogenannten One-Shot 3D-Kameras können

die den Sensoren zugewandten Seiten der Objekte mit einer

einzelnen Messung dreidimensional in der Bewegung vermes-

sen werden.

Problematisch sind jedoch die bisher einschränkend wirkenden

Eigenschaften der verfügbaren Sensoren.

Sensoren ist vor allem das Problem der Musterüberlagerung

zu nennen, was den Einsatz derartiger Sensoren in Multisen-

sorsystemen derzeit behindert, aber Grundvoraussetzung für

vollständige Rundumerfassung der Objekte ist. Die Musterü-

berlagerung kann durch Synchronisation und Sequenzierung

der Bildaufnahmen der Einzelsensoren verhindert werden. Die

Herausforderung der Synchronisationstechnik besteht darin,

für das Multisensorsystem eine weiterhin hinreichend hohe

Bildaufnahmefrequenz und damit Echtzeitfähigkeit der Mes-

sung zu erhalten.

Ein weiteres Problemfeld ist in der algorithmischen Auswer-

tung zu sehen. Es müssen leistungsfähige und preiswerte

Rechenarchitekturen sowie darauf abgestimmte Algorithmen

gefunden werden, die eine Verarbeitung der Massendaten für

eine prozessintegrierte Echtzeitanalyse der Objekte erlauben.

Für die Konzeptionierung des Systems ergeben sich somit

mehrere Herausforderungen hinsichtlich der Sensorik, Re-

chentechnik und Algorithmen. Eine weitere entscheidende

Herausforderung stellt allerdings der begrenzte Raum für die

Anbringung der einzelnen Komponenten dar. So können die

Sensoren bei einer Stückgutspetition nur direkt beim Verla-

detor angebracht werden. Diese Position erschwert jedoch

die Rundumerfassung, da die Objekte nur aus bestimmten

Perspektiven erfasst werden.

Hinzu kommt hier, dass durch den Transport mit einem Ga-

belstapler die Geschwindigkeit sowie Bewegungsrichtung der

Objekte variieren. Zur Lösung werden One-Shot 3D-Kameras

mit einer hohen Framerate eingesetzt, wodurch einerseits

Bewegungsartefakte reduziert und andererseits die Fusionser-

gebnisse verbessert werden, da gleiche Punkte in den verschie-

denen Punktwolken nahe beieinanderliegen.

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Um die Fusionsergebnisse weiter zu steigern, ist auch ein

Objekttracking implementiert über das die Zugehörigkeit der

Punkte genauer bestimmt wird. Die hohe Framerate bietet

aber gleichzeitig auch den Nachteil, große Datenmengen ver-

arbeiten zu müssen. Durch die geschickte Filterung der Punkte

und die Unterscheidung in Objektdaten und Fusionsdaten,

lässt sich diese Problematik umgehen, da nur die relevanten

Daten für den jeweiligen Algorithmus verwendet werden.

Eine letzte zentrale Herausforderung besteht im Kostendruck

der Logistik. Hierfür wurde bei der Konzipierung der Fokus

auf 3D-Kameras im unteren Preissegment (bis ca. 200 Euro)

gelegt. Weiter werden für die Algorithmen nur die relevanten

Daten verwendet, was sich in reduzierten und somit kosten-

günstigeren Verarbeitungseinheiten zeigt.

Abbildung 1 verdeutlich nochmal den grundlegenden Lö-

sungsansatz des Multisensorsystems . Dabei werden mehrere

One-Shot 3D-Kameras direkt am Verladetor befestigt und so

positioniert, dass der gesamte Verladebereich überwacht wird.

2D-Marker die Position und Orientierung des Gabelstaplers

und somit die der zu vermessenden Palette bestimmt. Der

Einsatz des 2D-Markers bietet zudem noch weitere Vorteile,

so lässt sich die Markerposition als Bezugsposition für die

Fusionsalgorithmen verwenden und über die Markerposition

können die Filter so gestaltet werden, so dass die Aufnahmen

nur die relevanten Daten der Palette enthalten.

kann, müssen verschiedene Faktoren berücksichtigt werden.

So müssen zum einen alle Transformationen von jedem Sensor

bekannt sein, was eine extrinsische Einmessung des Systems

erforderlich macht, und zum anderen muss für jeden Sensor

eine intrinsische Kalibrierung durchgeführt werden, weil nur

so sichergestellt werden kann, dass die aufgenommenen

Punktwolken korrekt interpretiert werden.

Neben den Kalibrierungen gibt es noch weitere Punkte wie die

Echtzeitfähigkeit oder die eingesetzte Fusionsstrategie, die für

die Umsetzung der Sensordatenfusion von Bedeutung sind.

Um die verschieden Faktoren möglichst einfach zu berücksich-

tigen, wurde ein eigenes Framework entwickelt.

Als Grundlage für das Framework wird ROS (Robot Operating

System) verwendet. Dabei ist ROS weniger ein Betriebssystem

(Operating System) im eigentlichen Sinne, sondern ist eine

modular aufgebaute Softwaresammlung mit einem unter-

liegenden Publish-Subscribe-Kommunikationssystem. Somit

kann das Framework als ROS-Module verstanden werden, die

zusammen die Verarbeitungskette, wie sie auch eine monoli-

thische Software besitzt, bilden. Der modulare Aufbau bietet

aber den Vorteil, dass so leicht einzelne Komponenten/Module

ausgetauscht werden können und die Berechnung zudem

verteilt auf mehreren Rechnern durchgeführt werden kann.

Das Framework setzt sich aus vier Hauptmodulen zusammen:

– Bridge

– Image Processing

– Filter & Fusion

– Object Processing

Die Bridge ist für die Anbindung der Hardware/Sensoren und

Kalibrierung zuständig. Im ersten Schritt werden hierfür die

teils proprietären Treiber eingebunden, die für den Zugriff auf

die Tiefenbildsensoren über eine API (Application Program-

ming Interface) benötigt werden. Über diese Schnittstelle

werden die benötigten Sensorinformationen ausgelesen und

Tiefenkalibrierung statt.

Im Modul Image Processing werden die kalibrierten Tiefen-

bilder weiterverarbeitet. Dabei handelt es sich im einfachsten

Fall um die Erzeugung einer Punktwolke, die ausschließlich

die Tiefeninformationen beinhaltet (XYZ-Punktwolke). Es kann

aber auch eine XYZRGB-Punktwolke generiert werden, hierfür

werden jedoch die Informationen der Farbkameras benötigt.

Weiter müssen die beiden Werte Tiefe und Farbe miteinander

registriert werden, was bedeutet, dass eine Verbindung zwi-

schen den Punkten im Tiefen- und Farbbild hergestellt wird,

damit die Zugehörigkeit in der Punktwolke korrekt dargestellt

werden kann.

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Abbildung 3 stellt die generelle Struktur des Frameworks

sowie die Zusammenhänge der Module bzw. einzelner ausge-

wählter Funktionen nochmal zusammenfassend dar.

Aufgrund der Diversität der Objekte und Materialien, die die

Logistik handeln muss, sowie der Vielfalt der Sensortechno-

logien und deren Ausprägungen lassen sich an dieser Stelle

nicht sämtliche Ergebnisse darstellen. Vielmehr sollen hier

anhand zweier fusionierter Punktwolken die Ergebnisse exem-

plarisch veranschaulicht werden.

In Abbildung 4 ist der Verlauf der Punktwolkenfusion eines

quadratischen Kartons zu sehen. Hierbei wurden die zeitlich

versetzten Aufnahmen eines Sensors zu einer zusammen-

gehörigen Punktwolke fusioniert. Gut zu erkennen ist an

diesem Beispiel, dass eine erhöhte Anzahl an berücksichtigten

Punktwolken ab einem gewissen Zeitpunkt keine wesentliche

Verbesserung des Fusionsergebnisses liefert. Allerdings führt

die höhere Punktwolkenanzahl auch nicht zu einer Verschlech-

terung, was bei Algorithmen ohne Berücksichtigung von

möglichen fehlerhaften Punkten durchaus der Fall sein kann.

Das Beispiel zeigt somit, dass für Objekte des Beispieltyps eine

geringere Punktwolkenanzahl für eine Rundumerfassung aus-

reichend sein kann, die entwickelten Algorithmen jedoch mit

einer variablen Punktwolkenanzahl ohne Probleme arbeiten

können, so dass es letztendlich dem Anwender überlassen

werden kann, worauf er sein Fokus legen möchte (weniger

Punktwolken und somit geringere Rechenzeit oder mehr

Punktwolken und somit höhere Abdeckung an unterschiedli-

chen Objektstrukturen).

Das Modul Filter & Fusion ist für die Filterung und die darauf-

folgende Fusion der Punktwolken zuständig. Bei der Filte-

rung geht es vereinfacht ausgedrückt, um die Trennung von

wichtigen und unwichtigen Daten. Als unwichtig werden all

die Daten betrachtet, die keinen Wert für die Fusion liefern

oder keine Bedeutung für das Modul Object Processing haben.

Weiter wird durch die Filterung die Datenmenge und Berech-

nungsdauer reduziert.

Für die Fusion werden zwei Hauptfusionsarten betrachtet:

– Fusion der Daten eines Sensors über die Zeit

– Fusion der Daten verschiedener Sensoren

-

terten Einzelpunktwolken betrachtet, die ausschließlich die

Punkte der transportierten Palette beinhalten. Mithilfe des

ICP-Algorithmus (Iterative Closest Point) und einem Objekt

Tracking werden die Einzelpunktwolken zu einer Punktwolke

fusioniert.

Bei der Fusion verschiedener Sensoren wird die Position der

einzelnen Sensoren zueinander benötigt, da nur so eine

genaue Zuordnung der Punkte zu den jeweiligen Punktwolken

und Sensoren möglich ist. Diese Positionsbestimmung erfolgt

bei der Systeminstallation, indem ein Marker so positioniert

wird, dass er für jede Farbkamera eines Sensors gut erkennbar

ist. Durch diese einmalige Einmessung (extrinsische Kalibrie-

rung) wird die extrinsische Verbindung zwischen den Tiefen-

bildsensoren ermittelt und abgespeichert.

Das Modul Object Processing befasst sich mit der Erkennung

des zu vermessenden Objekts und Ermittlung der Messwerte.

Hierfür werden im ersten Schritt mithilfe einer Bounding Box

die maximalen Abmessungen der Palettenstruktur bestimmt.

Weitere Objekt- bzw. Messparameter können je nach Anforde-

rung mitberücksichtigt oder ermittelt werden.

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Abbildung 3: Übersicht Framework, eigene

Darstellung.

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portiert werden bevor sie nach Abstellen in der Messzone und

Herausfahren des Gabelstaplers aus dieser vermessen werden

können.

Im Gegensatz zu den herkömmlichen Volumenmesssystemen

bietet das Multisensorsystem durch den Einsatz von preisgüns-

tigen One-Shot 3D-Kameras die Möglichkeit, die Verladetore

direkt auszustatten. Diese direkte Ausstattung der Verladetore

führt dazu, dass keine einzelne stationäre Messstation ent-

steht, sondern die Anzahl an Messstationen je nach Anwen-

-

Abbildung 5 zeigt zweimal die gleiche Szene Mitarbeiter mit

Hochhubwagen. Auch wenn zweimal die gleiche Szene abge-

bildet ist, unterscheiden sich die Ergebnisse der fusionierten

Punktwolken deutlich. So weist die rechte Aufnahme erheb-

lich mehr Punkte auf, was die Extraktion der Palette, dem

hier entscheidenden Objekt, erschwert. Im Gegensatz dazu

ist in der linken Aufnahme die Palette gut zu erkennen und

zu extrahieren. Der einzige Unterschied zwischen den beiden

Ergebnispunktwolken liegt darin, dass in der linken Aufnahme

vor der Fusion jede Einzelpunktwolke vorverarbeitet wurde, so

dass diese nur noch die relevanten Punkte enthalten. Dieses

auf das Endergebnis hat und dies bei Änderungen bedacht

werden sollte.

Die Kenntnis der Volumenkenngröße ist für verschiedene

Logistikprozesse von entscheidender Bedeutung. So lässt sich

anhand der Volumenkennziffer z.B.

– die Größe des Lagerplatzes bestimmen,

– der benötigte Laderaum im LKW oder Container ermitteln

oder

– die Einhaltung der vom Versender avisierten Packmaße

überprüfen.

Obwohl die Volumenkennziffer für verschiedene Prozesse

wichtig ist, herrscht oft nur eine unzureichende Kenntnis über

diese, was vor allem auf die Einschränkungen aktueller Volu-

menmesssysteme zurückzuführen ist.

ein Messsystem an einer mehr oder weniger zentralen Stelle

und sämtliche zu vermessende Paletten müssen dorthin trans-

-

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wie die Vermessung der Palette direkt während der Durchfahrt

statt. Dadurch lässt sich die Volumenmessung in den Prozess

ohne irgendeinen Zusatz integrieren, da die Durchfahrt ein

wesentlicher Bestandteil des Verladeprozesses ist und zudem

keine Stillstandszeiten für die Vermessung benötigt werden.

Das Multisensorsystem bietet somit durch seinen neuen

Lösungsansatz dem Endanwender viel Nutzen. So muss der

aktuelle Prozess aufgrund der In-Prozess-Messung in keiner

Art und Weise geändert oder angepasst werden. Weiter kön-

nen die nun bekannten Frachtabmessungen für eine gezieltere

Routensteuerung verwendet werden. Neben der Routenopti-

mierung können die Volumendaten auch für die Erkennung

von Übergrößen bei Paletten dienen, um so unplanmäßige

Sonderfahrten frühestmöglich zu berücksichtigen.

6 Literatur

[1] Statistisches Bundesamt (Hrsg.) (2018): Transport und Ver-

kehr, In: Statistisches Jahrbuch 2018, Roggentin, S.599–620.

[2] Borstell, H.; Kluth, J.; Jaeschke, M.; Plate, C.; Gebert, B.;

Richter, K. (2014): Pallet monitoring system based on a hetero-

geneous sensor network for transparent warehouse processes,

In: 9th Workshop on Sensor Data Fusion : Trends, Solutions,

and Applications. IEEE 2014. S.1–6.

[3] Borstell, H.; Ahmad, O.; Depner, T.; Heider, S.; Huschke, M.;

Szczepanski, T. (2016): Flexible 3D-Smart-Sensoren für Anwen-

dungen in der Logistik und Produktion. In: 19. Anwendungs-

bezogener Workshop zur Erfassung, Modellierung, Verarbei-

tung und Auswertung von 3D-Daten, Berlin, S.103-112.

[4] Besl, P. J.; McKay, N. D. (1992): A Method for Registrati-

on of 3-D Shapes. IEEE Transactions on Pattern Analysis and

Machine Intelligence, 14, IEEE 1992, S. 239–256.

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AUTORINNEN UND AUTOREN

SRH Fernhochschule

Brandenburgische Technische Universität

Cottbus-Senftenberg,

Lehrstuhl für Automatisierungstechnik

Berendsen GmbH Nordost

Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb

und -automatisierung IFF,

Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb

und -automatisierung IFF,

Virtual Engineering

Otto-von-Guericke-Universität

Magdeburg,

Fakultät für Informatik

Brandenburgische Technische Universität

Cottbus-Senftenberg,

Lehrstuhl für Produktionswirtschaft

Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb

und -automatisierung IFF,

Logistik- und Fabriksysteme

Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb

und -automatisierung IFF,

Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb

und -automatisierung IFF,

Mess- und Prüftechnik

Brandenburgische Technische Universität

Cottbus-Senftenberg,

Lehrstuhl für Automatisierungstechnik

Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb

und -automatisierung IFF,

Virtual Engineering

Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb

und -automatisierung IFF,

Otto-von-Guericke-Universität

Magdeburg,

Fakultät für Informatik

Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb

und -automatisierung IFF,

Logistik- und Fabriksysteme

Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb

und -automatisierung IFF,

Geschäftsstelle Fraunhofer-Verbund

Produktion

Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb

und -automatisierung IFF,

Virtual Engineering

Brandenburgische Technische Universität

Cottbus-Senftenberg,

Lehrstuhl für Produktionswirtschaft

Otto-von-Guericke-Universität

Magdeburg,

Fakultät für Informatik

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IMPRESSUM

20. Forschungskolloquium am Fraunhofer IFF, 2018

Industrie 4.0 – (R)Evolution der Produktion

Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb und -automatisierung IFF

Herausgeber:

Univ.-Prof. Dr.-Ing. habil. Prof. E. h. Dr. h. c. mult. Michael Schenk

Sandtorstraße 22 | 39106 Magdeburg | Deutschland

Telefon +49 391 4090-0 | Telefax +49 391 4090-596

[email protected]

www.iff.fraunhofer.de

Titelbild, Umschlaggestaltung: Ina Dähre

Satz: Dipl.-Des. (FH) Daniela Martin

Redaktion: Viktoria Schatt

einzelnen Beiträge.

Herstellung: docupoint GmbH

Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

ISSN 2191-8783

Alle Rechte vorbehalten

Für den Inhalt der Vorträge zeichnen die Autoren verantwortlich.

Dieses Werk ist einschließlich aller seiner Teile urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die

über die engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes hinausgeht, ist ohne schriftliche Zustim-

mung des Verlages unzulässig und strafbar. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Über-

Die Wiedergabe von Warenbezeichnungen und Handelsnamen in diesem Buch berechtigt nicht

zu der Annahme, dass solche Bezeichnungen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-

Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und deshalb von jedermann benutzt werden

dürften.

Soweit in diesem Werk direkt oder indirekt auf Gesetze, Vorschriften oder Richtlinien (z.B. DIN,

VDI) Bezug genommen oder aus ihnen zitiert worden ist, kann der Verlag keine Gewähr für

Richtigkeit, Vollständigkeit oder Aktualität übernehmen.

© 3/2019 Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb und -automatisierung IFF

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F r a u n h o F e r - I n s t I t u t F ü r F a b r I k b e t r I e b u n d - a u t o m at I s I e r u n g I F F, m a g d e b u r g

20. Forschungskolloquium am FraunhoFer iFF 2018