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Z. Anal. Chem. 272, 16--21 (1974) by Springer-Verlag 1974 Bestimmung yon Dissoziationskonstanten schwacher Siiuren und Basen aus potentiometrischen Titrationskurven A. Binder und S. Ebel Fachbereich Pharmazie und Lebensmittelchemie der Philipps-Universit~it Marburg a. d. Lab_n, Abteilung fiir analytische Chemie Eingegangen am 5. Oktober 1973 Determination o/Dissociation Constants o/ Weak Acids and Bases/rom Potentiometrlc Titration Curves. The paper describes a method for determining acidity and basicity constants from potentiometrie titration curves. The method is based on the solvation of the system of equations that are the mathematic foundation of titration curves. The results are thermodynamic constants, for there is included the mean Debye-Hfickel activity coefficient by an iterative approximation. The reproducibility is in the magnitude of 0.01 to 0.03 logarithmic pK-units, the reproducibility in the same titration curve at 0.004 pK-units. The limitations are pK-constants of about 2.5 and 10.5. Zusammen]assung. Es wird eine Methode zur Bestimmung yon Dissoziationskonstanten schwacher S/iuren oder Basen aus potentiometrisehen Titrationskurven beschrieben. Das Verfahren beruht auf einer AuflSsung des der Titrationskurve zugrunde liegenden Basisgleichungssatzes. Durch iterative Rechenmethoden wird der mittlere Aktivit/itskoeffizient naeh Debye-Hfickel eingereehnet, so da$ sieh unmitteibar die thermo- dynamischen Werte ergeben. Bei relativ geringem Mei3aufwand werden genauere Werte erhalten als bei den herkSmmliehen N/~herungsverfahren. Die absolute Genauigkeit liegt bei etwa 0,01--0,03 pK-Einheiten, die Reproduzierbarkeit innerhalb einer Titrationskurve bei etwa 0,004 pK-Einheiten. Bestimmbar sind pK-Werte yon ca. 2,5--10,5. Best. yon Dissoziationskonstanten; Potentiometrische Titration; sehwache S/~uren und Basen. S/~uren reagieren mit Wasser unter Bildung yon Hydroxoniumionen und den entspreehenden An- ionen. Die Lage des Gleiehgewiehtes dieser Reak- tion (1) wird durch die Aeidit/itskonstante (2) be- schrieben, die als thermodynamische GrSBe unmittel- bar mit der )~nderung der freien Enthalpie der be- trachteten Reaktion verkniipft ist (3). In der theo- retischen organisehen Chemie spielt deshalb die Gleiehgewichtskonstante der S/iure-Basen-Reaktion mit dem L6sungsmittel oftmals eine groBe Rolle, da sie fiber die Lage des S/~ure-Basen-Gleichgewichtes ein MaB ffir die Reaktivit/it sein kann. Es sei in diesem Zusammenhang daran erinnert, dab die Hammett-Beziehung -- die Korrelation zwischen Struktur und Reaktivits aromatischer Verbindun- gen mit dem elektronischen EinfluB der Substituen- ten -- ursprfinglich fiber die Acidit/~tskonstanten sub- stituierter Benzoes~uren abgeleitet wurde [10]. Dar- fiberhinaus bestehen in einer Reihe yon Fifllen kor- relierbare Zusammenh/~nge zwischen Aeidit~tskon- stante und Wirksamkeit eincr als Arzneimittel ver. wendeten Substanz [9]. HAz + H~0 ~- HaO+ + Az- (1) aH,o aAz -- Ka (2) aHAz AG = -- RThaKa. (3) Die genauesten Werte ffix die ~hermod3mamischen Aciditi~tskonstanten werden fiber Leitf/~higkeits- messungen oder fiber die Messung yon Hydroxonium- ionenaktivit/iten mit Hilfe von Wasserstoffelektroden erhalten, ttierbei mfissen die betreffenden Gleich- gewichte bei verschiedenen Konzentrationen ver- messen werden und auf die Ionenst/~rke I = 0 extra- poliert werden (zusammenfassende Literatur[15, 19,20]). Diesen genauen aber aueh reeht auf- wendigen Verfahren stehen eine Reihe von N/ihe- rungsverfahren gegenfiber, die den Verlauf yon Titrationskurven zur Bestimmung der gesuchten Daten ausnutzen. Im einfachsten -- zugleich aber

Bestimmung von Dissoziationskonstanten schwacher Säuren und Basen aus potentiometrischen Titrationskurven

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Z. Anal. Chem. 272, 16--21 (1974) �9 by Springer-Verlag 1974

Bestimmung yon Dissoziationskonstanten

schwacher Siiuren und Basen aus potentiometrischen Titrationskurven

A. Binder und S. Ebel

Fachbereich Pharmazie und Lebensmittelchemie der Philipps-Universit~it Marburg a. d. Lab_n, Abteilung fiir analytische Chemie

Eingegangen am 5. Oktober 1973

Determination o/Dissociation Constants o/ Weak Acids and Bases/rom Potentiometrlc Titration Curves. The paper describes a method for determining acidity and basicity constants from potentiometrie ti tration curves. The method is based on the solvation of the system of equations that are the mathematic foundation of t i tration curves. The results are thermodynamic constants, for there is included the mean Debye-Hfickel activity coefficient by an iterative approximation. The reproducibility is in the magnitude of 0.01 to 0.03 logarithmic pK-units, the reproducibility in the same titration curve at 0.004 pK-units. The limitations are pK-constants of about 2.5 and 10.5.

Zusammen]assung. Es wird eine Methode zur Bestimmung yon Dissoziationskonstanten schwacher S/iuren oder Basen aus potentiometrisehen Titrationskurven beschrieben. Das Verfahren beruht auf einer AuflSsung des der Titrationskurve zugrunde liegenden Basisgleichungssatzes. Durch iterative Rechenmethoden wird der mittlere Aktivit/itskoeffizient naeh Debye-Hfickel eingereehnet, so da$ sieh unmitteibar die thermo- dynamischen Werte ergeben. Bei relativ geringem Mei3aufwand werden genauere Werte erhalten als bei den herkSmmliehen N/~herungsverfahren. Die absolute Genauigkeit liegt bei etwa 0,01--0,03 pK-Einheiten, die Reproduzierbarkeit innerhalb einer Titrationskurve bei etwa 0,004 pK-Einheiten. Bestimmbar sind pK-Werte yon ca. 2,5--10,5.

Best. yon Dissoziationskonstanten; Potentiometrische Titration; sehwache S/~uren und Basen.

S/~uren reagieren mit Wasser unter Bildung yon Hydroxoniumionen und den entspreehenden An- ionen. Die Lage des Gleiehgewiehtes dieser Reak- tion (1) wird durch die Aeidit/itskonstante (2) be- schrieben, die als thermodynamische GrSBe unmittel- bar mit der )~nderung der freien Enthalpie der be- t rachteten Reaktion verkniipft ist (3). In der theo- retischen organisehen Chemie spielt deshalb die Gleiehgewichtskonstante der S/iure-Basen-Reaktion mit dem L6sungsmittel oftmals eine groBe Rolle, da sie fiber die Lage des S/~ure-Basen-Gleichgewichtes ein MaB ffir die Reaktivit/it sein kann. Es sei in diesem Zusammenhang daran erinnert, dab die Hammett-Beziehung -- die Korrelation zwischen Struktur und Reaktivits aromatischer Verbindun- gen mit dem elektronischen EinfluB der Substituen- ten -- ursprfinglich fiber die Acidit/~tskonstanten sub- stituierter Benzoes~uren abgeleitet wurde [10]. Dar- fiberhinaus bestehen in einer Reihe yon Fifllen kor- relierbare Zusammenh/~nge zwischen Aeidit~tskon-

stante und Wirksamkeit eincr als Arzneimittel ver. wendeten Substanz [9].

HAz + H~0 ~- HaO+ + Az- (1)

aH,o aAz -- Ka (2) aHAz

AG = -- R T h a K a . (3)

Die genauesten Werte ffix die ~hermod3mamischen Aciditi~tskonstanten werden fiber Leitf/~higkeits- messungen oder fiber die Messung yon Hydroxonium- ionenaktivit/iten mit Hilfe von Wasserstoffelektroden erhalten, ttierbei mfissen die betreffenden Gleich- gewichte bei verschiedenen Konzentrationen ver- messen werden und auf die Ionenst/~rke I = 0 extra- poliert werden (zusammenfassende Literatur[15, 19,20]). Diesen genauen aber aueh reeht auf- wendigen Verfahren stehen eine Reihe von N/ihe- rungsverfahren gegenfiber, die den Verlauf yon Titrationskurven zur Bestimmung der gesuchten Daten ausnutzen. Im einfachsten -- zugleich aber

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A. Binder und S. Ebel: Dissoziationskonstanten schwacher S~uren und Basen 17

auch mit dem grSgten Fehler behafteten -- Fall wird der pi t -Weft am IIalbneutralisationspunkt gleich dem pK-Wert gesetzt. Andere Verfahren benutzen die GrSge des Potentialsprunges in der Ns des Endpunktes [12] oder den Laugenverbraueh zur Anderung des pH-Wertes um eine pH-Einheit [6, 21] als Rechengr6ge. Bei diesen Methoden und bei dem Verfahren yon Grunwald [18], das zwei MeBpunkte im vorderen Teil der Titrationskurve verwendet, brancht das Standardpotential der verwendeten Megkette nicht bekannt zu sein. Daneben gibt es noeh Verfahren, die auf einer Linearisierung der Titrationskurve beruhen [3,4,11,17] oder fiber die differenzierte Titrationskurve die Pufferkapazits bestimmen und somit die Acidits be- rechnen [13,14,18]. Das in der hier vorliegenden Arbeit beschriebene Verfahren liefert aus dem Ver- lauf der Titrationskurve bei relativ geringem meg- teehnischen Aufwand sehr genaue Werte ffir die thermodynamischen Acidits bzw. Basizitgtskon- stanten. Es basiert auf der mathematisehen Kenntnis des genauen Verlaufes yon Titrationskurven schwacher S~uren bzw. Basen [7].

Jeder Punkt einer potentiometrischen Titrations- kurve einer sehwachen Ss oder Base, d.h. die Abh~ngigkeit der Potentialdifferenz einer Megkette yore zugegebenen Reagensvolumen, ist dutch die folgenden Gleichungen (Basisgleichungssatz) ein- deutig definiert :

1. Ionenprodukt des Wassers

aH30 aOH = Kw, (4)

2. Acidits

aHaoaAz - - axT'(

a~hz

3. Elektroneutralit&tsbedingung

[H30+] + CT = [OH-] + [Az-],

(5)

(6)

4. Massenerhaltung

[HAz] + [Az-] = CB, (7)

5. Elektrodenfunktion

A E = E e + l (aE~o). (s)

W&hrend die ersten Gleichungen thermodynamisch eindeutig festgelegt sind, ist die Elektrodenfunktion yon der Art der verwendeten Mel3kette abhgngig. G1. (8) kann somit nur dan allgemeinen Funktions- zusammenhang darstellen. CB ist die Gesamtkonzen-

2 Z. Anal. Chem., Bd. 272

tration an Sgure und ist ebenso wie CT -- das Gegen- ion der zur Titration verwendeten Lauge -- eine vom zugegebenenReagensvolumen abhiingige Gr56e (9,10). Es ist zu beachten, dag in einigen Gleichungen

CA" VA C B - - VA -J- Va (9)

CR" VR CT = V~ + VR ~ (10)

die Aktivitgten der betreffenden Ionen in anderen Gleichungen dagegen die st6chiometrischen Konzen- trationen auftreten. Innerhalb bestimmter Grenzen (I < 0,05) lassen sich Aktivitgten und Konzentra- tionen ineinander umrechnen (11). Die Berechnung des mittleren Aktivitgtskoeffizienten/~ erfolgt fiber die Gleichung nach Debye-Itfickel (12) [5,16,20]. A und B sind 16sungsmittel- und temperatur- abhs Konstanten. Die Wahl des Ionengr6gen- parameters a ist im untersuehten pKa-Bereich (2,5 bis 10,5) relativ unkritiseh (vgl. Tab. 1).

ax ----- [X] [• (11)

lg [~ = 1 -4- aB]/ I ' (12)

I = -~ ~ c~z~. (13)

In dem angefiihrten Basisgleichungssatz tr i t t somit nut eine Unbekannte -- die zu bestimmende Acidi- tgtskonstante -- auf, d.h. man kann dutch ent- sprechende Substitution eine explizite LSsung nach Ka erhalten (14).

Ka = aH~o/:l: (Kw -- a~3o ~ -- a~,o/ ~ CT) (14) aH~o ~ + a ~ o [ • (CT - - 0 ~ ) - - K,o

Eine Ns ffir diese Gleichung wurde yon Wyczalkowska u. I)raapala [23] angegeben. In der hier benutzten Schreibweise lautet diese:

pK~ = pH + A~/7

{ CR VR + [H30 +] ( VA + VR) CaVa-- CR VR+ [HsO+](V.4+ VR) } " (15) lg

Diese Gleiehung ist eine Erweiterung und Ver- besserung der bekannten Gleichung yon Henderson- Hasselbach. Durch Umformung yon (15) ergibt sich G1. (16).

Ka aI~,o GT + aH,o [HaO +] = 1• (CB-- C~) -- a~,o (16)

Man kann nun dureh einen Vergleieh mit (14) er- sehen, welche Glieder in der Ngherung weggelassen wurden und welehe Vereinfachungen sonst vor- genommen wurden.

Page 3: Bestimmung von Dissoziationskonstanten schwacher Säuren und Basen aus potentiometrischen Titrationskurven

18 Z. Anal. Chem., Band 272, Heft 1 (1974)

Die yon uns angegebene G1. (14) gilt unter folgen- den Voraussetzungen:

1. Die Aktivit/it ungeladener Teilehen -- also z.B. aHAz -- wird gMch ihrer stSchiometrischen Konzen- tration gesetzt. Im betraehteten Giiltigkeitsbereieh der hier gemaehten Ableitung dtirfte der hierdureh bedingte Fehler unterhalb der erreiehten MeBgenauig- keit liegen.

2. Es wird mit einem mittleren Aktivit/itskoeffi- zienten aller geladener Teilehen gereehnet und vor- ausgesetzt, dag die Debye-Hfiekel-Gleiehung (12) im bier benutzten Konzentrationsbereieh (I < 0,05) voll anwendbar ist.

3. Es wird vorausgesetzt, dag sich die verwendeten Konstanten ffir das Ionenprodukt des Wassers Kw und ffir die Dielektrizit/~tskonstante des Wassers (in den Debye-Hfickel-Parametern A und B enthalten) im bier benutzten Konzentrationsbereieh nieht /indem [8].

Aus der ersten Bedingung folgt unmittelbar, dag fiir Ka versehiedene Ausdrficke resultieren, je naeh- demob eine geladene S/~ure (z.B. positiv geladene Ammoniumsalze) oder eine ungeladene Ss (z.B. Carbons/iuren, Phenole) vorliegt. Analog ist auch ffir die Titrationskurve einer schwachen Base ein Basis- gleichungssatz aufstellbar, der dann entspreehend nach Kb aufgelSst werden kann. Je nach Typ der vorgelegten Substanz mug folglich entschieden wer- den, welche Gleiehung bei der Auswertung der Meg- ergebnisse angewendet werden mug:

Typ Gleiehung ffir K aH,o/• (Kw - - aH,o 2 - - aE ,o / ~: C'~)

Ungeladene S~ure Ka, O ---- a H , O 2 ~- aH,O [:t: (GT ~ CB) - - Kw

aE,o (Kw - - a H , o 9" - - a ~ , o ] ~: Cr) Geladene S~iure Ka,+ = aH,o2/• + aH,o]• (Cr -- GB) -- Kw]•

K,oI• [K~ + a~,oD= C ~ - a~,oq Ungeladene Base Kb, o : aH,o [aH,O (UB - - CT) 1~ "4- a ~ , o 2 - - Kw]

Kw [Kw + a~,o/:t: C~, --arho 2] G e l a d e n e B a s e K o . _ = a R , o ]• [aH,o (GB - - CT) ] • + a H , o 2 - - K ~ ] .....

:Formeliibersicht zur Bereehnung yon Ka bzw. Ko.

Einzelwerte innerhalb einer Titrationskurve yon 4- 0,004 pK-Einheiten (gen~herte Standard- abweichung) gerechnet werden kann.

Wird zur pH-1V[essung w/ihrend der Titration elne Einstabmegkette (kombiniert e Glaselektrode) oder eine ~hnliehe Meganordnung verwendet, so ergibt sich aus dem gemessenen ptt(M)-Wert der auf Standardpuffer [1, 2,22] bezogene pH(S)-Wert aus G1. (17), d.h. sind Steflheit a und Potentialnullpunkt pH 0 bekannt, so ist die Aktivit/~t der Hydroxonium- ionen unmittelbar berechenbar (18).

5 9 , 1 6 pH(S) -- ~ [pH(M) -- 7] + pH 0, (17)

aH3o = 1 0 - p H ( s ) �9 ( 1 8 )

Wird dagegen zur Messung eine Megkette ohne l~berffihrung benutzt, so ist die Umrechnung des ge- messenen Potentials in die Itydroxoniumaktivit/~t nieht mehr ohne weiteres m5glieh. Fiir das Potential dieser Megkette (19) gilt die G1. (20), die naeh (21) umgeformt werden kann. Auger den bekannten GrSgen ffir E , e und der Konzentration an Chlorid. ionen tritt noeh der mittlere Aktivit/~tskoeffizient f~ i n dieser Beziehung fiir a~3o auf.

Glas n a~3o, ael I Ag/AgC1, (19)

z]E = E~ 4- -~- In aHso + -~- In [CI-] ]~ , (20)

g a , o Ka,+- /•

K b , 0 K~,_-- ] ~

Es kann jeder beliebige P u n k t einer Titrations- kurve vor dem ~quivalenzpunkt zur Auswertung herangezogen werden. Itieraus ergibt sich ein Vor- tefl dieses Verfahrens: es lassen sieh bei Verwendung vieler Megpunkte die stafistischen Fehler einer Ein- zelmessung weitgehend eliminieren. FehlerabscMt- zungen ergeben, dab bei einem routinemi~gig vertret- baren Megaufwand mit einer Genauigkeit yon 0,01 big 0,03 pK-Einheiten und mit einer Streuung der

Zur Berechnung des mittleren Aktivit/itskoeffi- zienten ist die Kenntnis der Konzentration aller geladenen Teilchen erforderlich. Durch Einsetzen der entsprechenden Gr6gen in die allgemeine G1. (13) ergibt sich unter Beriiekslchtigung der entspreehen- den Bestimmungsgleiehungen des Basisgleiehungs. satzes schlieglich der Ausdruck (23). In dieser Gleiehung ~ritt jedoeh wiederum 1~ sowie die eigent- lieh zu bestimmende Acidit/~tskonstante auf. Daraus

Page 4: Bestimmung von Dissoziationskonstanten schwacher Säuren und Basen aus potentiometrischen Titrationskurven

A. Binder und S. Ebeh Dissoziationskonstanten schwacher S~uren und Basen 19

folgt, da$ insgesamt eine explizite L6sung ftir Ka bzw. Kb, in d e r n u r Mel~gr61~en oder unmittelbar bereehenbare Gr61~en auftreten, nieht existieren karm.

'2 1 = -ff c~ z~ ~, (13)

1 I = ~ ([Ha0+ ] -[- O~ + [OH-] + [Az-]), (22)

1 ( a ~ , o + g w K ~ C ~ ) I = ~ \ - - f - ~ - C~ + a~,ol• + a,~ol:~ + X,, " (23)

Typ

Ungeladene S~ure

Geladene S~ure

Ungeladene Base

Berechnung yon 21 aH~o + Kw

2I = - ~ a ~ o ]• + CT +

a~,o + K,o 2I = - - ~ an,o/• + Cp +

at.Iao Kw 2I = - - ~ + a~.o ]~: + GT +

d~HsO K w Geladene B~se 21 = ~ - + ar~o/~:

lichen Oer/iten (Mettler DK/DV-System, Metrohm Dosiprint E 533) wurde eine von uns entwiekelte Ger~tekombination eingesetzt, die bis auf die Steuer- logik aus industriellen Teilen besteht und im folgen- den Blockdiagramm wiedergegeben ist:

Die Steuerlogik bewirkt zun/ichst fiber eine Kurzsehlu/L schaltung yon genau definierter Dauer die Zugabe yon 0,1 ml t~eagenslSsung aus der Motorkolbenbfirette (Metrohm E 415). Naeh einer vorw~hlbaren Wertezeit (1--128 sec, bin~r ge- teilt) wird der Kienzle-Drucker D 44 ebenfalls fiber einen

Ka (fiB a~o]=i= + Ka -}- 2 C~,

a~ao (fi s a~,o + K~ / • + 2 (fi F + (fi s

Kb (fib aH,o/• K~, + KbaH.o/~ + 2 Cz,

K~ C~ Jr- C,~, + Kbai%o/• 20 Kw + 2 CF + CB.

Ffir die Rechnung mu$ deshalb ein Iterations- verfahren benutzt werden. Bei Verwendung einer MeBkette mit ]~berftihrung wird a~,o direkt auf dem angegebenen Weg (17,18) bereehnet. Dieser Wert gilt f/ir den gesamten weiteren Reehenweg. Bei Ver- wendung einer MeBkette ohne Uberfiihrung wird zu- n~chst ]• = 1 gesetzt und ein N~herungswert ffir all3 o bereehnet. In jedem Falle wird nun zun~ehst ohne Bertieksiehtigung des mittleren Aktivit/~fskoeffizien- ten der Wert ftir den Konzentrationsquotienten Qa bzw. Qb bereehnet. Aus den jetzt bekannten Werten f/ir a~z3o und Ka wird fiber (23) und (12) eine N/~herung ffir ]~ erreehnet. AnsehlieJ3end werden iterativ aus den N~herungswerten ftir Ka, ]~: und aE3o die besseren numerischen Werte ffir diese Parameter ermittelt. Die Rechnung wird abgebrochen, wenn zwei aufeinanderfolgende Ka- bzw. Kb-Werte sich um eine vorgebbare Differenz unterscheiden (25).

= [ Ka,n - - Ka,n+l[ <~ Ka,n+l" 10 -s. (25)

Das Verfahren konvergiert im allgemeinen zJemlich schnell. Das folgende FluBdiagramm gibt den Ablauf des Unterprogramms zur eigentlichen Berechnung der Dissoziationskonstanten wieder. Interessenten stehen auf Anforderung vollst~tndige Programm- Listings zur Verfiigung. Das hier beschriebene Ver- fahren zur Bestimmung yon Dissoziationskonstanten schwaeher S~uren bzw. Basen setzt voraus, dal} die Daten der potentiometrisehen Titra.tionskurve als absolute Potentialwerte in Abh/mgigkeit yon der Reagenszugabe vorliegen. Neben kommel"zie]l erh/~lt-

2*

Kurzsch|ufl der Steuerleistung oder auch fiber einen positiven Impuls ausgel6st und der im Moment gerade anstehende Wert am Digital-pH-Meter (Knick 41) ausgedruckt.

komb.Glaselektrode Mel3kette ohne Uberf.

PH(M )--~PH (S)aH, O [ E--~{aH' O} I f _ + = 1

1

Mel3kette ohne Uberf. [Substanz als HCI

[ f+_ =1

1

i t ~ve Berechnung YOn/cj f_+ K a bzw. K b

[

f• = ]

N~herung f(Jr K a bzw, K b

I = I

Berechnung yon ~,f•

1 Berechnung yon Ks bzw. Ku

I I

I E--7.%o I

Page 5: Bestimmung von Dissoziationskonstanten schwacher Säuren und Basen aus potentiometrischen Titrationskurven

20 Z. Anal. Chem., Band 272, Heft 1 (1974)

Steuerlogik

r• KolbenbLJrette

Metrohm Dosim(lt E 4]5

Digital pH-Mete/7 Knick [

K[ENZLE .D44

Auf einem &hnlichen Prinzip arbeitet der Metrohm- Dosiprint E 533. Hier k6nnen jedoch die MeBwerte nur auf • 0,01 pH-Einheit bzw. 4-1 mV exakt iibernommen werden. Im Gegensatz hierzu ~rbeitet das Mettler DK/DV-System nicht mit einer vorw~hlbaren Zcitdifferenz zwischen Rea- genszugabe und Mel3wertflbergab.e.. Bei diesem Ger~tetyp (Gleichgewichtstitrator) wird die Anderung des Elektroden- potentials ermittelt und der Datentibergabebefehl ausgelSsL wenn diese zeit|iche _&nderung unter einen vorw~hlbaren Betrag (z.B. 2 mV/min) abgesunken ist. Auch hier betrEgt die Aufl6sung ~: 1 mVl

Die folgenden Tabe]len zeigen typische Ergebnisse der hier beschriebenen Bes t immung yon Dissozia- t ionskons tan ten schwacher S&nren und Basen. Tab .2 gibt am Beispiel der Ti t ra t ion yon Essigs&ure die Ergebnisse einer Ti t ra t ion wieder. Tab .3 und 4 zeigen die Ergebnisse yon zwei MeBreihen: in einem Falle wurde eine kombinier te Glaselektrode, im anderen ~'alle eine Mcl~kette ohne l~berfiihrung ver- wendet. Die relat iv sehlechten Ergebnisse beim Am- moniumchlor id in Tab .3 sind vermutl ieh au f einer Ver~inderung der Ag/AgC1-Elektrode du tch das bei der Ti t ra t ion entstehende Ammoniak zu erkl/iren. Hydroxy lammoninmsa lze sind wegen der Reduk t ion yon AgC1 im alkalischen Milieu nur mi t Metlketten

mi t ~ber f i ihrung zu best immen. Diese Tabel~en zeigen, daI~ die Bes t immung von

Dissoziat ionskonstanten aus potent iometr ischen Ti- t ra t ionen bei einem geringen Me6aufwand relat iv genaue Wer te fiir die zu bes t immenden thermo- dynamisehen Kons t an t en ergibt. Uber die An- wendung dieses Yerfah~ens auf gemischte L5sungs- mit te lsysteme und au f hygroskopisehe Substanzen

sell noch berichtet werden.

Beschreibung der Versuche Substanzen. Alle verwendeten Substanzen waren p. a. Qualit~t (Merck, Darmstadt). Alle L6sungcn waren 0,025 M in frisch bidest. W~sser (Qu~rz~pparatur Heraeus-Schott) sis L6sungs- mittel.

Tabelle 1. EilffiuI~ des Ionengr61~enparameters a in (12) ~uf den berechneten pKa-Wert (alle Werte aus derselben Titra- tionskurve). Die Daten in Tab. 1, 3 und 4 sind m i t a ~- 4A gerechnet

a [A] pI<a a [-~] pKa

0 4,756 6 4,762 2 4,760 8 4,763 4 4,761

Tabelle 2. Ergebnisse der Bestimmung yon Ka bzw. pKa yon Essigs~iure. C O = 0,02053; C~ = 0,005; CR = 0,0~571; VA = 20,0; E ~ -- 420,91 mV; pKa (Lit. J20]) ~ 4,756; Ab- weichung 0,009

VB Zl E pH (S) Ka pKu [m]] [mV] �9 10 ~

0,2 72,9 3,545 1,729 4,762 0,4 58,9 3,779 1,731 4,762 0,6 48,5 3,953 1,733 4,761 0,8 40,0 4,095 1,719 4,765 1,0 33,0 4,211 1,719 4,765 1,2 26,9 4,313 1,722 4,764 1,4 21,1 4,409 1,708 4,767 1,6 16,2 4,491 1,730 4,762 1,8 11,1 4,575 1,721 4,764 2,0 6,5 4,652 1,736 4,760 2,2 1,9 4,728 1,748 4,757 2,4 -- 3,1 4,812 1,735 4,761 2,6 -- 8,0 4,893 1,736 4,761 2,8 -- 13,2 4,980 1,731 4,762 3,0 -- 19,0 5,077 1,708 4,767 3,2 -- 25,1 5,179 1,700 4,769 3,4 -- 32,2 5,298 1,678 4,775

Mittelwert 1,719 4,765 a = 0,0i3 0,006

Tsbelle 3. Typisehe Ergebnisse. Mel~kette mit I)berffihrung (kombinierte Glaselektrode)

Substanz pKa are1 pKa Ab- gefunden (Lit. [20]) weichung

Benzoes~iure 4,209 0,010 4,212 -- 0,003 4,223 0,008 0,011 4,205 0,005 -- 0,007 4,218 0,003 0,006

Essigs~ure 4,783 0,014 4,756 0,027 4,778 0,018 0,022

4-Nitrophenol 7,134 0,003 7,149 -- 0,015 7,152 0,005 0,003

3-Nitrophenol 8,396 0,006 8,399 -- 0,003 8,370 0,008 -- 0,029 8,429 0,005 0,030

NH4Cl 9,246 0,013 9,249 0,001 9,233 0,006 -- 0,012 9,248 0,002 0,003

Ephedrinbase 4,435 0,007 4,455 -- 0,020 4,482 0,017 0,027

Page 6: Bestimmung von Dissoziationskonstanten schwacher Säuren und Basen aus potentiometrischen Titrationskurven

A. Binder und S. Ebeh Dissoziationskonstanten schwacher Sguren und Basen 21

Tabelle 4. Typische Ergebnisse. MeBkette ohne ~JJoerffihrung

Substanz pKa O'rel pK~ Ab- gefunden (Lit. [20]) weiehung

Benzoesaure 4,188 0,003 4,212 -- 0,024 4,184 0,003 -- 0,027 4,188 0,004 -- 0,025

4,765 0,027 4,756 0,009 4,759 0,005 0,003 4,765 0,006 0,009 4,724 0,014 -- 0,032

7,112 0,002 7,149 -- 0,037 7,145 0,007 -- 0,004 7,122 0,011 -- 0,027 7,128 0,007 -- 0,021

9,200 0,007 9,245 -- 0,045 9,211 0,004 -- 0,034

Essigs~ure

4-Nitrophenol

NH~CI

Lauge. Die zur Titration verwendete 0,1 N NaOH wurde aus metallischem Natrium (p.a. Qualitg, t; Merck, Darm- stadt) fiber Natriumalkoholat unter Reinststickstoff her- gestellt. Faktorstellung gegen Oxals~ure als Urtiter.

Titrationen. Zur Vermeidung yon Pipettierfehlern wurden alle LSsungen mit Kolbenbfiretten (Metrohm E 415, fiber- priifte Dosiergenauigkeit ~ 0,10/o) vorgelegt. AlIe Titra- tionen wurden in temperierbaren Megzellen (Metrohm EA 876) bei 25,00 ~= 0,02~ durehgeffihrt (falls Megwerte im alkalischen Bereieh auftreten, empfiehlt es sich, unter Reinst- stickstoff zu arbeiten, um eine Aufnahme yon CO 2 zu ver- hindern).

Elektroden. KombinierteGlaselektroden(MetrohmEA 121) ; Eiehung mit NBS-Puffern [1,2,22]. MeBkette ohne lJber- fiihrung: Glaselektrode Metrohm EA 109), Ag/AgC1-Elek- ~rode (Metrohm EA242 oder 2ram Ag-Draht Heraeus, Hanau): naeh gutem Abschleifen und Reinigen wurde in 2~ Salzsiiure 1,5 h mit 1 mA (Pt-Gegenelektrode) anodiseh chloriert. Bestimmung des Standardpotentials der MeBkette fiber eine Salzs~ure-Verdfinnungsreihe [20] (8 Konzentra- tionen 0,1 ~ c < 0,0005 M). Bei den Titrationen mit der MeBkette ohne ~berffihrung enthielten alle verwendeten VorlagelSsungen und Reagentien 0,005 ~ 0,0001 KC1 Me]/1 zur Einhaltung eines konstanten Referenzpotentials.

.MeflgesSte. Alle MeBgeri~te wurden mit einem hoehgenauen Spannungsgeber (Knick 1 40) geeieht.

Der Deutsehen Forschungsgemeinschaft danken wir ffir die groBziigige Unterstfitzung dieser Arbeiten durch Sach- und Personalmittel.

Li teratur

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Frog Dr. Siegfried Ebel Fachbereieh Pharmazie und Lebensmittelehemie Abteilung fiir Analytische Chemie D-3550 Marburg, Marhacher Weg 6 Bundesrepublik Deutschland