3
Betrachtungenzur Addition von Schwefelkohlenstoff an tertiare aliphatische und hydroaromatische Phosphine Von K. ISSLEIB und A. BRACK Inhaltsubersicht Die tertiaren aliphatischen und hydroarornatischen Phosphine konnen auf Grund unserer Beobachtungen aus ihren CS,-Addi tionsverbindungen durch Zerlegen derselben in organischen Losungsrnitteln in einfacher Weise rein dargestellt werden. Nach ihren chemischen Eigenschaften forrnuliert man diese CS2-Verbindungen zweekmal3ig als Molekulverbindungen. uber die Konstitutioii der CS,-Additionsverbindungen von ter- tiaren aliphatischen Phosphinen herrscht bis heute keine Klarheit. Es sind verschiedene Formulierungen fur diese Stoffklasse vorgeschlagen worden, die jedoch nicht allen Eigenschsften dieser Verbindungen gerecht werden. Die alteste Formulierung stammt von A. W. HOPMANN~), der die CS,-Verbindung des (C,H,),P als Dithiocarbphosphinsaurederiva t auffaSte - (C,H,),PCSS-C,H, -. Diesc Formel kann jedoch dadurch als widerlegt gelten, da13 es gelang - wie spater angefuhrt wird - aus dem CS,-Addukt das Triathylphosphin praktisch quantitativ zuruckzu- gew innen. JACOBSON , ) gab dem CS,-Addukt des Triathylphosphins die Formel (C,H,),P-C=S. \/ S Dieser Auffassung, die von HANTZSCII und HIBBERT 3, gleichfalls vertreten wurde, steht die geringe Bestandigkeit der Verbindungen dieser Art entgegen. Eine Bestatigung fur diese Formulierung sehen HANTZSCH und HIBBERT in der leichten Bildung der Phosphinsulfide in den Losungen mancher CS,-Addukte Auch bei der Isolierung des (C,H,,),P uber das CS,-Addukt erhalt man beim Aufarbeiten des atherischen Filtrats stets eine geringe Menge des Tricyclohexylphosphinsulfides. A. W. HOFMANN, Liebigs Ann. Chern., Supl. Bd. 1, 59 (1861). 2) P. JACOBSON, Lehrb. d. organ. Chem., 2. Aufl., S. 427, Leipzig 1907, 8. Teil I. 3) A. HANTZSCH u. H. HIBBERT, Ber. dtsch. chem. Ges. 40, 1508 (1907). 4, A. W. HOFMANN, Liebigs Ann. Chern., Suppl. Bd. 1, 60 (1861).

Betrachtungen zur Addition von Schwefelkohlenstoff an tertiäre aliphatische und hydroaromatische Phosphine

Embed Size (px)

Citation preview

Betrachtungen zur Addition von Schwefelkohlenstoff an tertiare aliphatische

und hydroaromatische Phosphine Von K. ISSLEIB und A. BRACK

Inhaltsubersicht Die tertiaren aliphatischen und hydroarornatischen Phosphine konnen auf Grund

unserer Beobachtungen aus ihren CS,-Addi tionsverbindungen durch Zerlegen derselben in organischen Losungsrnitteln in einfacher Weise rein dargestellt werden. Nach ihren chemischen Eigenschaften forrnuliert man diese CS2-Verbindungen zweekmal3ig als Molekulverbindungen.

uber die Konstitutioii der CS,-Additionsverbindungen von ter- tiaren aliphatischen Phosphinen herrscht bis heute keine Klarheit. Es sind verschiedene Formulierungen fur diese Stoffklasse vorgeschlagen worden, die jedoch nicht allen Eigenschsften dieser Verbindungen gerecht werden. Die alteste Formulierung stammt von A. W. HOPMANN~), der die CS,-Verbindung des (C,H,),P als Dithiocarbphosphinsaurederiva t auffaSte - (C,H,),PCSS-C,H, -. Diesc Formel kann jedoch dadurch als widerlegt gelten, da13 es gelang - wie spater angefuhrt wird - aus dem CS,-Addukt das Triathylphosphin praktisch quantitativ zuruckzu- gew innen.

JACOBSON ,) gab dem CS,-Addukt des Triathylphosphins die Formel (C,H,),P-C=S.

\/ S

Dieser Auffassung, die von HANTZSCII und HIBBERT 3, gleichfalls vertreten wurde, steht die geringe Bestandigkeit der Verbindungen dieser Art entgegen. Eine Bestatigung fur diese Formulierung sehen HANTZSCH und HIBBERT in der leichten Bildung der Phosphinsulfide in den Losungen mancher CS,-Addukte

Auch bei der Isolierung des (C,H,,),P uber das CS,-Addukt erhalt man beim Aufarbeiten des atherischen Filtrats stets eine geringe Menge des Tricyclohexylphosphinsulfides.

A. W. HOFMANN, Liebigs Ann. Chern., Supl. Bd. 1, 59 (1861). 2) P. JACOBSON, Lehrb. d. organ. Chem., 2. Aufl., S. 427, Leipzig 1907, 8. Teil I. 3) A. HANTZSCH u. H. HIBBERT, Ber. dtsch. chem. Ges. 40, 1508 (1907). 4, A. W. HOFMANN, Liebigs Ann. Chern., Suppl. Bd. 1, 60 (1861).

272 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 277. 1954

Es wurde aber auch beobachtet, da13 das (C,H5),P . Cs, in festem Zustand bei Abwesenheit' von Feuchtigkeit selbst in der Hitze (sofern man Sorge tragt, dai3 kein Schwefelkohlenstoff entweicht) nicht in das Sulfid 5) ubergeht. Die Sulfidbildung ist also auf Losungen beschraukt. weshalb man annehmen kann, daC.3 diese Reaktion eine vorhergehende Dissoziation des Adduktes zur Vorausset'zung hat.

Durch die Selbstzersetzung des dabei frei werdenderi Schwefel- kohlenstoffs liann Schwefel cntstehen, der sich dann an das ebenfalls frei gewordene tertiare Phosphin anlagert. Zieht man einen solehen Reaktionsmechanismus in Betracht, so kann man die Sulfidbildung Klicht mehr als Stutze fur die Formulierung JACOBSONS gelten lassen.

STAUDINGER~) sclihgt vor, die CS,-Addukte als Betaine der Di- thioameisensaure, also in der von JENSEN ') modifizierten Schreibweise (C,H,),P+-CSS- zu formulieren. Als Stutze hierfur zogen sie die analoge Verbindung des Trimethylamins heran, welche aber nach BROWN und HARRIS*) nicht existiert und auf Verunreinigung des Trimethylamins mit Dimethy la min zur uckzuf uhren ist .

Allen diesen Formulierungen ist gemeinsam, dafi eine hauptvalenz- ma13ige Bindung des Kohlenstoffs oder Schwefels a n den Phosphor ange- nommen wird.

Nach unseren Beobachtungen lie13 sich aus Losnngen des Tricyclo- hexyl- Schwefelkohlenstoffadduktes in Alkohol, Benzol und Dioxan durch Abdestillieren des Liisungsmittels gleichxeitig der gesamte Schwefel- kohlenstoff entfernen, wahrend reines Tricyclohexylphosphin zuruck- blieb. Diesc Feststellung la13t darauf schliefien, da.13 der Schwefel- kohlenstoff nur lose mit dem tertiRren Phosphin verknupft sein kann. Fur diese Beobachtung spricht auch die Tatsache, daf3 die analoge (C,H,),P . CS,-Verbindung sowohl nach Triathylphosphin als auch nach Scliwefelkohlenstoff riecht. In nur lose verschlossener Flasclie aufbe- wshrtes (C,H,),P . CS, (rote Farbe) verliert langsam CS,, wird im Ver- laufe von mehreren Wochen hellgelb und schlief3licli nach Monaten fast farblos. DAVIES uncl WALTERS 9, haben aufierdem nachweisen konnen, da13 sich iiber den CS,-Addukt,en stets ein bestimmter CS,-Dampfdruck einstellt. Ferner fanden STEINKOPF und HESSARITSCH~~) , da13 in dem Addulrt (C2H&P . CS, der CS, glatt durch Jodoform verdrangt wird, wenn man die beiden Stoffe in alkoholischer Losiing zusammenbringt. I____

5 ) A. W. HOFMANN, Liebigs Ann. Chem., Supl. Bd. 1, 32 (1861). 6, H. STAUDINQER, Helv. chim. Acta 2, 616 (1919). 7 ) K. A. JENSEN, J. prakt. Chem. 148, 101 (1937). 8 ) H. C. BROWN u. R. H. HARRIS, J. Amer. chern. SOC. 71, 2751 (1949). 9) W. CULE DAVIES u. W. P. WALTERS, J. chem. Soc. [London] 137, 1786 (1935). 10) W. STEINKOPF u. R. BESSARITSCH, J. prakt. Chem. 109, 235 (1925).

K. ISSLEIB u. A. BRACK, Addition yon Schwefelkohlenstoff an Phosphine 273

Nachdem nicht nur das (C,Hll),P, sondern auch andere aliphatische tertitire Phosphine uber die entsprechenden CS,-Addukte rein darge- stelk werden konnten, ist es wohl am richtigsten, dime CS,-Additions- verbindungen der terti~,ren aliphatischen und hydroaromatiscbheri Phosphine allgemein als lose Molekulverbindungen aufzufassen .

Die mit aliphatischen und hydroaromatischen tertiaren Phosphinen so prompt verlaufende. Umsetzung mit CS, ist einrnal eine chaxakteristi- sche Nachweisreaktion fur diese Phosphine imd zurn anderen praparativ geeignet, die tertiaren Phosphine uber die entsprechenden Additions- verbindungen rein darzustellen. Aus den atherischen Liisungen, die man nach verschiedenen Aufarbeitungsarten bei der Darstellung von tertiaren aliphatischen Phosphinen erhalt, fallen auf Zugabe von CS, die betreffen- den Additionsverbindungen aus. Sie konnen (am RiiekfluB) durch Um- kristdlisieren aus Alkohol, Benzol und Dioxan gereinigt werden. Die Isolierung des tertiaren aliphatischen Phosphins nus der CS,-Additions- verbindung erfolgt in gleicher Weise, wie sie fur das (C,Hl,),P naher be- schrieben wurde ll). Diese Methode zur Reindarstellung der Phosphine schliefit Nebenprodulite, wie sie bei den Darstellungen der tertiaren alipha,tischen Phosphine uber die GRIGNARDldsungen bekanntlich ent- stehen, aus.

So wurden z. B. das Tri-iso-amylphosphin, das Tri-n-propjdphosphin und das Tri-n-butylphosphin in guten Ausbeuten (95 %) aus ihren CS,- Additionsverbindungen isoliert. Hingegen eignen sich die Triathyl- und Trimethylphosphin -C S,-Addition sverbindungen weniger zur Dar - stellung der genannten Phosphine, da beide wegen ihres hohen Dampf- druclies teilweise init dem Losungsmittel iiberdestillieren und mit CS, im Kuhler bzw. in der Vorlage das CS,-Addukt sofort wieder zuriick- bildcn. Fiigt man aber der alkoholischen Losung des CS,-Adduktes ICOH oder NaOH zu, so wird CS, als Xanthogenat gebunden, und mafn erhal t als Destillai. eine alkoholische Losung von gleichfalls reinem, tertiiirem Phosphin. Die thermische Zerlegung ist auch hier quantitativ. denn aus dem Destillat laat sich mit CS, praktisch die eingesetzte Menge an CS,-Addnkt wiedergewinnen.

Sieht man ?Tom Trimethyl- und Triathylphosphin ab, so ist diese Methode allgcmein zur Reindarstellung tertiarer aliphatischer nnd hydro- aroma tischer Phosphine uber die C S,-Additionsverbindungen zu emplehlen, cia sie prgparativ einfach und ohne vie1 Zeitaufwand dnrchfuhrbar ist.

11) S. Damt. v. (C,H,,),P: K. ISSLEIB u. A. BRACK, Z. anorg.allg.Chem. 277,258 (1954).

Jena, Institut fur anorganische Chemie der Universitat. Bei der Redaktion eingegangen am 2. Juni 1954.

2. anorg. allg. Chemie. Bd. 277. 18 A