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Professor Zamorra - HC35 - Bibleblack.xml Bibleblack Professor Zamorra - HC35 - Bibleblack.jpg Volker Krmer Mystery de Zaubermond Verlag September 2010 Professor Zamorra Hardcover 35 v1.0 Starless er ist ein Sldner, ein Killer, der seine Fhigkeiten immer dem anbietet, der den besten Preis zu zahlen bereit ist. Doch stets waren da auch seine ureigenen Ziele, die er nie aus den Augen lie genhrt von einem brennenden Hass, der ihm nicht versiegende Energie spendete. So diente er sich durch die Jahrhunderte, diente Knigen, Frsten, den Herren der Schwefelklfte, ja, selbst der ERHABENEN der DYNASTIE DER EWIGEN. Doch im Grunde diente er stets nur einer Person sich selbst. Als Tan Morano sich zum Herrn ber alle Vampire aufschwang, war Starless an seiner Seite. Professor Zamorra und sein Team mussten schmerzlich erkennen, dass sie es mit einem mchtigen Gegner zu tun hatten, der seinem Herrn in nichts nachstand. Zamorra wird schnell klar, dass er hier keinem normalen Vampir gegenbersteht. Ein dunkles Geheimnis umgibt Starless. Zamorra ahnt nicht, wie weit er in die Vergangenheit blicken msste, um die Lsung des Rtsels zu finden in eine Zeit, in der Europa in Seuchen, Armut, Hunger und Krieg zu ersticken droht. Eine Zeit, die geprgt ist vom Glauben, gegeielt von der Pest und vom Gestank des Todes. Die Zeit, in der man einen bestimmten Namen nur flsterte, weil man sein Kommen mehr als jede Seuche frchtete. Der Name lautete: Bibleblack Und wenn sie trumen wovon? Er ertappte sich dabei, sich diese doch trichte Frage immer wieder zu stellen. Tricht denn er konnte sie ja nicht beantworten. Doch das nderte nichts daran, dass sie durch seine Gedanken schwirrte und sich immer wieder in den Vordergrund drngte: Knnen Vampire trumen? Er konnte sich selbst eine ichbezogene Antwort geben, doch die durfte keinerlei Anspruch auf Allgemeingltigkeit erheben, nein, wirklich nicht. Er trumte sehr wohl und er war ein Vampir, ein Upir, ein Blutsauger, ein Kind des Nachtvolkes. Sicher war er das, doch da war noch mehr in ihm. Die andere Seite, wie er es fr sich selbst nannte, mochte ihm im Schlaf die Bilder schicken, er konnte es wirklich nicht genau sagen. Er wusste nur, dass ihm diese Bilder lstig waren, lstig, aber nicht zu vermeiden. Sie sprachen von den vergangenen Zeiten, zeigten ihm das, was er lngst zu vergessen gelernt hatte. Sie schwemmten Dinge zurck an die Oberflche seines Bewusstseins, die er dort vor langer Zeit mit massiven Gewichten behaftet versenkt hatte. Kurz lste er sich von diesen Gedankengngen, denn seine Raumjacht nherte sich dem Planeten der Anflug auf eine Welt war immer eine knifflige Sache, auch wenn die Technik die meisten Operationen komplett automatisch erledigte. Das war auch gut so, denn eine manuelle Landung htte er nur sehr ungern durchfhren mgen. In seinen Jahren im Dienst der ERHABENEN hatte er gelernt mit jeglicher Technik umzugehen, die aus der Entwicklung der DYNASTIE DER EWIGEN hervorgegangen war. Dazu gehrte auch der Umgang mit den Raumschiffen, die er allerdings fr reichlich plumpe Vehikel hielt, geschaffen um Welten in die Knie zu zwingen, um Macht zu demonstrieren. Fr schnelle Operationen waren die allermeisten von ihnen gnzlich untauglich. Da er jedoch bevorzugte, seine Auftrge allein zu erledigen, konnte er auf diese Raumjachten zurckgreifen, die in den letzten Jahrzehnten innerhalb der DYNASTIE immer beliebter wurden. Sie waren schnell, wendig, leicht zu handhaben und im Ernstfall einfach zu tarnen. Er blickte auf den Monitor, der sich direkt vor seinem Pilotensitz nahezu ber die gesamte Breite des Raumes ausdehnte. Dieser Planet war wirklich eine Perle im All, ein Schmuckstck, gebettet auf schwarzem Samt. Was fr eine kitschige Metapher, doch sie drngte sich dem Betrachter geradezu auf. Ausgerechnet auf diese Welt musste er fliehen Und ausgerechnet er, Starless, war ausgesandt worden, den flchtigen Alpha zu finden, ihn zu eliminieren. Andere Optionen, wie eine etwaige Gefangennahme und Rckfhrung zur Kristallwelt, dem Hauptplaneten der DYNASTIE, waren nicht einmal als Alternativen erwhnt worden. Starless htte sich darber auch sehr gewundert, denn sein Auftraggeber, der neue ERHABENE der DYNASTIE, war ein rachschtiges Wesen. Starless musste allerdings zugeben, dass dies im Falle des Alphas absolut nachvollziehbar war, denn er hatte ein Attentat auf den ERHABENEN verbt. Er und weitere sieben Alphas Starless betrachtete nachdenklich die Konsole vor sich die Reihe der kleinen Monitore, auf denen stndig die Entfernung zum Anflugziel, dessen geologische Beschaffenheit oder die Messdaten zu Temperatur, Sauerstoffgehalt und etlichen weiteren Umweltbedingungen angezeigt wurden, die fr Pilot und Besatzung eines Raumschiffs nun einmal uerst wichtig waren. Starless' Blick glitt allerdings durch diese Datenflle hindurch, denn sie war in diesem Fall fr ihn berflssig. Er kannte diese Welt immerhin war sie seine Heimat: die Erde, Terra oder Gaia, wie die Menschenwelt bei den Ewigen genannt wurde. Seine Augen wanderten zum Hauptbildschirm. Er vernderte den Zoomfaktor so, dass der Screen Europa, einen groen Teil Afrikas und den Teil der Erde zeigte, den Starless auch in so vielen Jahrhunderten nie wirklich bereist hatte er sah Jordanien, den Irak, die Vereinigten Arabischen Emirate. Dennoch blieb er am europischen Kontinent regelrecht kleben. Ein stilles Lcheln glitt ber seine Lippen. Natrlich war es denn nicht logisch sich ausgerechnet hier einer Verfolgung entziehen zu wollen? Die Welt platzte aus allen Nhten. 6,9 Milliarden Wesen wimmelten auf ihr wie sollte da ein einzelnes Individuum zu finden sein, das sich in dieser unvorstellbaren Masse verkroch? Starless wrde den Renegaten finden. Da war er absolut sicher. Finden und auslschen exakt dazu hatte der ERHABENE ihn ausgesandt, exakt das war es aber auch, was den Vampir ins Grbeln gebracht hatte. Was war er in den Augen des Mannes, der erst durch ihn, Starless, zu der Macht gekommen war, ber die er nun verfgte? Ein Jger? Ein Killer? Nicht weniger, doch anscheinend auch nicht mehr. Das allerdings war berhaupt nicht das, worauf Starless hingearbeitet hatte. Er war ein gewaltiges Risiko fr sich selbst eingegangen, als er die ehemalige ERHABENE Nazarena Nerukkar betrogen und verraten hatte. Ihm war klar gewesen, was ihm blhte, wrde er damit scheitern und in die Hnde Nazarenas fallen. Es gab nicht unendlich viele Methoden um einen Vampir zu vernichten, doch die ERHABENE htte sich sicher speziell fr ihn noch ein paar neue Feinheiten ausgedacht. Nerukkar hatte stets auf Starless zurckgegriffen, wenn es Dinge zu erledigen gab, bei denen die Ewigen berfordert gewesen wren. Schon immer war es so gewesen, dass sich die ERHABENEN der DYNASTIE neben dem normalen Geheimdienst ihre Spezialisten gehalten hatten. Einige von ihnen waren posthum zu regelrechten Legenden geworden etwa Aiwa Taraneh, die Attentterin mit der Figur eines Kindes und dem Gesicht eines Engels, die ihren Tod auf der Erde gefunden hatte. Im Gegensatz zu ihr, die nach einer ganz eigenen Lehre gelebt und gehandelt hatte, war Starless der Typ Sldner, was ihn nicht weniger effizient machte. Irgendwann jedoch hatte er sich entscheiden mssen und hatte gewhlt: Er hatte sich Tan Morano angeschlossen, dem uralten Vampir, der sich anschickte, die Herrschaft ber alle Vampire zu bernehmen. Das Machtmittel dazu besa jedoch ein anderer mit Namen Ted Ewigk. Er nannte den zweiten Machtkristall sein Eigen, den Dhyarra der 13. Ordnung, der stets wie eine dstere Wolke ber Nazarena Nerukkar zu schweben schien, denn Ewigk htte ihr damit die Macht in der DYNASTIE DER EWIGEN entreien knnen. Doch der war nicht interessiert. Morano um so mehr, und als Starless ihm den Kristall bergab, whnte der Vampir sich am Ziel seiner Wnsche. Er hatte durch eine harte Schule gehen mssen, ehe er den Kristall dann letztendlich beherrschte und er hatte dafr eine Menge Opfer bringen mssen. Allerdings hatte es Morano nicht gereicht, die Fhrung der Vampire zu bernehmen. Jetzt hatte er mehr gewollt und bekommen! Als Nazarena Nerukkar sich mit einem Alpha messen musste, der ihre Fhrungsposition fr sich beanspruchte, hatte sich Morano eingemischt. Die ERHABENE hatte gegen ihn keine Chance gehabt, nicht in dem angeschlagenen Zustand, in dem sie sich befunden hatte. Und pltzlich hatte die DYNASTIE DER EWIGEN einen neuen ERHABENEN: Tan Morano! Starless war dicht bei ihm gewesen, als der Vampir seinen Einzug in den Kristallpalast auf der Zentralwelt der DYNASTIE zelebrierte. Die Ewigen hatten ihm einen reichlich unterkhlten Empfang bereitet, der sich allerdings von einer Sekunde zur anderen in eine feurige Angelegenheit wandelte. 10 der Men in Black, der halborganischen Cyborgs, die als Leibwache des jeweiligen ERHABENEN im Palast fungierten, waren manipuliert worden. Die Explosion, in denen die Men in Black vergingen waren verheerend und brachten einen groen Teil der Anlage zum Einsturz. Erneut war es Starless gewesen, der Morano rechtzeitig vor der Gefahr gewarnt hatte erneut stand der frisch gekrte ERHABENE in seiner Schuld. Starless war berzeugt, dass er den Lohn dafr bald genieen konnte. Als rechte Hand Moranos, als Machtfaktor im Hintergrund, wrde er sich endlich das Leben ermglichen knnen, das ihm schon so lange vorschwebte. Starless lehnte sich in die Polsterung zurck. Im Nachhinein hatte sich herausgestellt, dass es sich bei den Attenttern um eine Gruppe von acht Alphas handelte, die sich selbst Sampi nannten. Acht Hardliner, die sich mit Gewalt an die Macht bringen wollten, um dann die alte Linie der DYNASTIE wieder einzufhren, die aus Eroberung um jeden Preis bestanden hatte. In erster Linie ging es ihnen darum, endlich die verhasste Erde unter die Knute zu bringen. Mehr als ein Invasionsversuch war bereits gescheitert, doch das wrde sich unter ihrem Befehl ndern. Der Handstreich war gescheitert, doch Morano handelte rasch. Natrlich hatten die Mitglieder der Sampi zu fliehen versucht. Vier von ihnen hatte man daran hindern knnen die Kristallwelt zu verlassen, die anderen jedoch waren mit ihren Fluchtschiffen im All verschwunden. Die Sampi, die einfach nicht schnell genug gewesen waren, starben keinen leichten Tod, denn der neue ERHABENE demonstrierte an ihnen, was jedem blhen wrde, der sich gegen ihn stellte. Morano machte aus dieser Exekution ein Spektakel, wie es selbst die Ewigen so noch nie erlebt hatten. Starless hielt sich whrend dieser Prozedur sehr im Hintergrund. Er kmmerte sich um den Kristallpalast, denn von dem war mehr als ein Drittel in Schutt und Asche gegangen. Er beaufsichtigte die Aufrumarbeiten und plante im Geiste bereits den Neuaufbau. Das war eine Sache, die ihm lag, die ihn wirklich fesseln konnte. In seinem Jahrhunderte whrenden Leben hatte er so viel zerstrt und vernichtet, hatte gettet oft sinnlos nun war es an der Zeit die andere Seite zu bedienen. Etwas schaffen, erschaffen! Genau so, wie sein Vater es einst getan hatte. War es der Blick auf die Erde, dieser unbeschreibliche Anblick aus dem All heraus, der ihm pltzlich diesen Gedanken zugetragen hatte? Wie lange hatte er nicht mehr an seinen Vater gedacht? Bitterse Erinnerungen, die er sich einfach nicht gestatten wollte, denn die bitteren Aspekte wrden berwiegen und Bitternis fhlte er auch so mehr als genug in sich. Eine seltsame Emotion, mit der Starless irgendwie berhaupt nicht umzugehen wusste. Sie hatte ihn befallen, als Tan Morano ihm klar machte, was er von Starless erwartete. Ich will alle acht Sampi alle, hrst du? Starless ahnte, was nun kommen musste. Der Kopf der Renegatenbande heit Miso Vorrog. Du wirst ihn suchen und lebendig zu mir bringen. Lebend, ich hoffe, das hast du verstanden. Starless hatte keinen Widerspruch gewagt. Offenbar wollte Morano hier erst einmal ohne ihn auskommen die Kristallwelt der DYNASTIE wrde einen drastischen Wandel erleben, denn Tan Morano war ganz sicher mit keinem der frheren ERHABENEN zu vergleichen. Starless jedoch verlie diese Welt noch am gleichen Tag mit der Raumjacht, nachdem er Erkundigungen eingezogen hatte, die ihm seine alten Informanten mehr oder minder bereitwillig gaben. Vorrogs Fluchtpunkt war also die Erde. Logisch und unlogisch zugleich, unkonventionell auf alle Flle. Dort wrden die Kriegsschiffe der DYNASTIE ganz sicher nicht nach ihm suchen, denn der Raum um Gaia war zur Tabuzone ernannt worden. Zu heftig waren die Niederlagen gewesen, die sich die DYNASTIE DER EWIGEN dort hatte abholen mssen. Starless fhlte ganz deutlich, wie saure Wut langsam in ihm hochstieg. Sollte er sich mit dem zufriedengeben, was Tan Morano offensichtlich fr ihn plante? Einmal ein Jger immer ein Jger? Sicher htte jeder andere Vampir die Ehre eines direkten Auftrags von Morano zu schtzen gewusst. Doch Starless war nicht jeder andere das war er nie gewesen. Starless aktivierte die speziellen Ortungssysteme, die er mit an Bord genommen hatte. Sie waren fr die Jacht absolut berdimensioniert, htten eher auf Schlachtschiffe gepasst. Doch selbst die besaen sie nicht standardmig. Sie waren speziell fr einen winzigen Teil der DYNASTIE-Flotte erschaffen worden fr die Schiffe, die sich auf die Suche nach verschollenen Raumern der Ewigen begaben, die havariert oder abgeschossen worden waren. Die Dhyarra-Kristalle, die in diesen Gerten verbaut waren, besaen eine spezielle Eichung, die auf jedes noch so kleine Fragment von Ewigen-Technik ansprach. Vorrog mochte in der Menschenmasse auf Gaia eintauchen und sich verstecken knnen, doch er wrde sich sicher nicht von den kleinen Vorteilen trennen, die ihm die Technik seines Volkes hier bringen wrde. Jetzt musste Starless also nur noch warten ein fr ihn wohlbekannter Zustand. Er schloss die Augen. Es gab fr ihn nichts zu tun, absolut nichts. Die Vision kam sofort, auch wenn er sich in einem Dmmerzustand zwischen Wachen und Schlafen befand. Und sie lief so ab, wie sie es immer tat. Die Strae war breit und gut ausgebaut, was mehr als ungewhnlich fr diese Zeit war. Der Junge sah Menschen um sich herum. Sie alle folgten ihm. Oder folgte er ihnen? Hektisch blickte er sich um, doch er konnte einfach nicht erkennen, wo er sich hier befand. Wohin fhrte diese Strae? Wohin brachte sie all diese Menschen? Wenn der Junge seinen Blick auf den Horizont vor sich richtete, dann sah er eine Dunkelheit, die ihm kalte Angst brachte dieser Ort, den alle zu erreichen versuchten, war die Zukunft. Und die war schwarz, schwrzer als Tod und Hlle. Die Schreie Sterbender kamen immer nher Weinen und Wehklagen waren schon beinahe zum Greifen nahe. Ein slicher Geruch wehte heran, ekelhaft s die schiere Verwesung Bei jedem weiteren seiner Schritte stieg der bald schon unwiderstehliche Drang sich umzuwenden, umzuwenden und zu laufen zurck, dorthin, wo kein Klagen, kein Gestank drohte. Doch noch konnte er sich beherrschen, denn er war ja nicht alleine. Er war doch nicht alleine oder? Der Junge streckte die Arme seitlich von sich, doch da war keine feste Hand zu finden, die ihn hielt und fhrte. Voller Panik blieb er stehen, whrend die Menschen an ihm vorbei in die Dunkelheit strmten, als lge dort das Paradies. Langsam wandte er sich um und sah, dass die Strae hinter ihm verschwunden war; dort klaffte nur ein bodenloses Loch. Es gab keinen Weg mehr zurck. Er war alleine und es gab fr ihn nur die eine Richtung direkt hinein in die bse Nacht, die sich ber die Welt zu legen drohte. Alleine mit sich und sich Starless ffnete seine Augen. Schluss damit! Er hatte diese Vision satt, denn sie zeigte ihm nie ihren wahren Sinn. Er wollte sich ganz einfach nicht in eine wahrscheinlich sinnlose Sache hineinsteigern. Mit ziemlicher Sicherheit war das alles nur ein Gespinst, das sich in seinem Unterbewusstsein geballt hatte und sich nun immer neu entlud. Die Vision besa keinen wirklichen Anfang, kein echtes Ende. Wahrscheinlich wrde sie ihn wieder verlassen wie sie gekommen war. Starless hoffte, dass dies nicht mehr lange auf sich warten lassen wrde. Er beobachtete die Anzeigen der Ortung, die unbestechlich und mit absoluter Przision den europischen Kontinent abtastete. Der erste Durchlauf war bereits beendet ohne jedes Ergebnis. Doch Starless war berzeugt, dass er den Alpha hier finden konnte. Automatisch startete der zweite Umlauf mit leicht vernderten Parametern, der nun viel langsamer ablief, weil die Intensitt nahezu verdoppelt war. Was auch immer dort unten auf die Anwesenheit eines Ewigen deuten mochte Starless wollte es finden, auch wenn das hier noch Stunden und Tage dauern mochte. Er entschied sich, dass er die Jacht nicht auf der Erde landen wollte. Zu riskant, denn eine Entdeckung war in einem solchen Fall nie ausgeschlossen. Wenn er den Alpha geortet hatte, konnte er sich mit seiner ureigenen Vampirmagie ganz in dessen Nhe bringen; also wrde die Raumjacht hier sicher in einem Orbit bleiben. Es konnte ja nicht lange dauern, Vorrog zu berwltigen mglichst lebend Morano wollte es so haben. Der Scan hatte soeben Grobritannien erreicht. Doch auch hier schlug der Ortungsalarm nicht an. Starless gestand sich ein, dass der Anblick auf die britische Insel ihn viel mehr packte, als er es vermutet htte. Wie wre das Bild wohl fr einen auerirdischen Raumfahrer ausgefallen, wenn er im 14. Jahrhundert den Anflug auf die Erde gewagt htte? Sicher ein wenig anders klarer noch als jetzt, da die Industrialisierung ihre Glocke rund um den Planeten gelegt hatte. Die Farben wren anders verteilt gewesen, sicher, denn dort, wo heute die riesigen Stdte prangten, hatte damals noch die Natur die Oberhand gehabt. Im Sdwesten der Insel ragte ein drrer Arm in das Meer hinein, an dessen Ende sich eine Art Klaue befand, die an die Backen einer Zange erinnerten. Cornwall die Grafschaft, die so lange von den Kelten gehalten worden war, whrend der Rest Britanniens schon den Angelsachsen gehrte. Fischer und Bauern und Bergleute einfache Menschen, die freiheitsliebend waren und sich nur nach und nach der Christianisierung ergaben; der stndig steigende Einfluss der Kirche brachte dann groe Vernderungen, die auch Starless zu spren bekommen hatte. Ja, dort war er geboren worden. In welchem Jahr genau, das konnte er heute nicht mehr sagen, doch es musste so um 1335 herum gewesen sein. Der Vampir fhlte die Verkrampfung, die ihm diese beginnende Erinnerung einbrachte. Er wehrte sich dagegen. Wozu sollte es denn wohl gut sein, den ganzen Wust der vergangenen Jahrhunderte noch einmal an sich heran zu lassen? Er hatte sich stets voller rger und Unverstndnis abgewandt, wenn irgendwo irgendwer damit begann sein ganzes Leben vor anderen auszubreiten womglich noch vor Fremden, die sich im Stillen kstlich ber den alten Trottel amsierten. Oder schlimmer noch der alte Grovater, der sich vor seinen Enkeln aufbaut und die bereits x-mal gehrte Geschichte mit dem folgenden Satz begann: Also damals da hatten wir ja nichts Wieso hatten Menschen anscheinend den groen Ehrgeiz mit dem Elend ihrer Kindheit zu punkten, regelrecht zu prahlen? Warum begannen sie immer und immer wieder den Wettstreit, dessen Ziel es war, die schrecklichen Geschichten der Vorgeneration noch zu bertreffen? Es steckte wohl ganz einfach in ihnen, entschied der Vampir fr sich. Seine Geschichte wrde in Cornwall beginnen, wenn er sie denn erzhlen wrde. Doch ihr Anfang htte sich entscheidend von denen unterschieden, die ja nichts gehabt hatten Sie wrde nicht mit Hunger, Angst, Gewalt, Schmerz oder Tod starten. Irgendwann wrde sie diese Aspekte des Grauens erreichen, sicherlich und noch weit darber hinaus gehen, aber der Beginn she doch ganz anders aus. Denn am Beginn stand ein kleiner Junge, der mehr als glcklich war. Einer von acht auch er war einmal der achte Teil einer Gemeinschaft gewesen. Der verschworenen Gemeinschaft von Geschwistern Cedric stie einen spitzen Jubelschrei aus, als er das prachtvoll geschnitzte Holzschwert in seinen Kinderhnden hielt. Wie sehr hatte er sich so etwas gewnscht? Ihm kam es wie eine Ewigkeit vor, doch nun hatte Vater ihm seinen Herzenswunsch ja erfllt. Stolz betrachtete Cedric die mchtige Waffe, die einem Keltenkrieger alle Ehre machte. Die Klinge des Schwertes war lang und besa ausreichend Fleisch in der Breite, um selbst Bume mit ihr fllen zu knnen. Ein guter Krieger war stets darauf bedacht, dass seine Waffen nicht nur fr den Kampf, sondern auch fr Arbeiten im Alltag tauglich waren. Der Griff war dicht mit einer purpurnen Kordel umwickelt das garantierte ein sicheres Zupacken und sah ausnehmend hbsch aus. Cedrics Gesicht glhte vor Selbstsicherheit, denn der Besitz dieser Waffe wrde ihn ganz automatisch zum ersten Krieger im Fynn-Clan machen, der aus seinen vier Brdern und den drei Schwestern bestand, die da waren die Jungen grozgig durchaus mit in die groen Schlachten ziehen durften, die der Clan zu bestreiten hatte. Niamh und Kendra, die achtjhrigen Zwillinge, hatten die Wildheit ihrer Brder in sich, gingen also ohne Probleme als Krieger durch. Einzig die sanftmtige Brianna wurde mit Schwertkmpfen und wilden Flchen ganz einfach nicht warm. Die anderen hatten sie dazu verpflichtet, sich ausschlielich um die Verwundeten zu kmmern, die es nun einmal immer wieder gab. Sie machte das ausgezeichnet Cedric erinnerte sich an den Verband, den sie ihm krzlich angelegt hatte, und den er nur mit Hilfe der Mutter wieder von seinem Handgelenk entfernen konnte. Wenn Cedric Brianna mit ihren neun Jahren so anblickte, erkannte er zweifellos die hnlichkeit mit der Mutter, die ganz bestimmt die sanftesten Hnde auf der ganzen weiten Welt besa. Cedric schaffte es kaum seine Blicke von dem Holzschwert zu reien, das Vater fr ihn gemacht hatte. Vater war ein gro gewachsener Mann mit breiten Schultern, der einen fein ausrasierten Backenbart trug, um den er sich hchstpersnlich jeden Tag eine geschlagene Stunde lang kmmerte. Connor Fynn legte wirklich groen Wert auf eine makellose Erscheinung und das musste er auch, denn schlielich stand er im Licht der ffentlichkeit. Er war einer der besten Baumeister von ganz Cornwall der beste von allen, wie Cedric fr sich beschlossen hatte. Cedric sah, wie seine Brder verstohlen bei der Tr standen und ihn mit neidvollen Augen ansahen. So ein prchtiges Schwert htte jeder von ihnen nur zu gerne besessen, doch sie wussten genau, dass der zwlfjhrige Cedric es ihnen nicht einmal fr einen winzigen Augenblick ausleihen wrde. Im Gegenteil er wrde es auf ihren Rcken tanzen lassen, denn sie hatten mit ihren Stcken und sten, die ihnen als Schwerter dienten, dagegen doch absolut keine Chance. Cedric war eh der Grte und lteste von ihnen, war den Brdern an Kraft und Geschicklichkeit also voraus. Das bekamen die anderen im Spiel zu spren, und manchmal, wenn Cedric mal wieder ein wenig bertrieb, sogar recht schmerzhaft. Dennoch erkannten sie ihn als Anfhrer ihrer kleinen Bande voll und ganz an. Cedric gab zu, dass er in diesem Moment sogar ein wenig Mitleid mit den Zwillingen hatte, doch das hielt sich dann doch in engen Grenzen. Vater hingegen musste lachen, als er seine Shne so sah. Er war stolz auf jedes einzelne seiner Kinder und machte keine Unterschiede, wenn er seine Liebe ber ihnen ausschttete. Wie eigentlich immer standen Cedrics Brder bei ihrem jeweiligen Zwilling Owen und Gael waren jetzt sieben Jahre alt, Lennox und Kai hatten das zehnte Lebensjahr erreicht. Wenn man noch die Schwestern Niamh und Kendra dazu nahm, so hatte die Mutter das Kunststck fertig gebracht, drei Zwillingspaare in die Welt zu setzen. Einzig Brianna und Cedric waren Einzelgeburten. Zwillinge waren in diesen Zeiten nicht unbedingt auergewhnlich zu nennen, aber im Hause Fynn hatte das schon eine erstaunliche Tradition. Connor Fynn streichelte ber die Kpfe seiner jngeren Shne. Aber, aber keine langen Gesichter, wenn ich bitten darf. Drauen hat es doch erst die ersten Sonnenstrahlen des jungen Jahres gegeben. Ihr werdet noch viele schwere Kmpfe im kommenden Sommer zu bestehen haben. Er musste lcheln, denn er wusste genau, wie ernst seine kleine Bande hier ihr Tun nahm. Sie waren Verteidiger des Landes das war mehr als nur ein Spiel fr sie. Ich werde ganz sicher die Zeit finden, fr jeden von euch ein ordentliches Schwert zu schnitzen. Zeit? Du? Alle Kpfe ruckten zur Fensterfront des Zimmers, vor der Juna Fynn es sich auf einem gepolsterten Stuhl bequem gemacht hatte. Bislang hatte sie sich an der ganzen Szenerie nicht beteiligt, doch nun war es aus ihr herausgeplatzt. Kinder, nun habt ihr euren Vater in der Falle. Wir alle haben sein Versprechen gehrt, sich Zeit fr euch und mich zu nehmen. Ein spitzbbisches Lcheln huschte ber ihr Gesicht und traf sich in ihren Augen mit einem nicht zu bersehenden Schalk, der dort nur so sprhte. Connor Fynn erstarrte zu einer Salzsule. Dann machte er ein paar bedrohlich wirkende Schritte auf seine Frau zu. Weib, du wagst es meine Kinder gegen mich aufzubringen? Warte, wenn ich dich kriege. Juna sprang hoch und machte ein paar Fluchtbewegungen, pendelte mit ihrem Oberkrper den Angriff ihres Mannes aus um ihm dann mit einem raschen Satz zu entschlpfen. Doch Connor war hartnckig und folgte ihr geschickter, als man es dem breitschultrigen Mann zugetraut htte. Und nun hatte er Erfolg. Er bekam seine Frau bei den Schultern zu fassen. Cedric lchelte still in sich hinein, whrend die Geschwister ihre Mutter anfeuerten. Sie alle wussten genau, was fr ein Spiel hier ablief. Die Eltern waren ein wenig, nun, verrckt. Sie fhrten sich oft auf, als wren sie nicht lter als ihre eigenen Kinder und die liebten diese Situationen sehr! Connor Fynn hob Juna spielerisch in die Hhe, lie sie dann wieder sanft zu Boden gleiten. Doch das reichte ihm natrlich nicht. Er drckte seine Frau fest an sich und die zwei kssten einander innigst und lang. Cedric hatte nicht bemerkt, dass seine lteste Schwester Brianna den Raum betreten hatte und nun dicht hinter ihm stand. Die Sanftmtigste der gesamten Fynn-Bande seufzte. Cedric wollte sich zu ihr umdrehen und sie fr ihre Gemtswallungen ein wenig necken, doch dann lie er es bleiben. Brianna hatte ja recht ihre Eltern waren ein auergewhnliches Paar, besonders, wenn man sich die Welt so betrachtete. Cedric fhlte sich nicht erwachsen und weise, doch er hatte Augen. Und mit denen konnte er sehen, wie hart das Leben in diesen Tagen des Jahres 1348 hier nahe der Kste war. Die Menschen in Cornwall kmpften einen niemals endenden Kampf um ihr berleben. Das Land, die Kste und die Schtze tief unter dem Erdboden ermglichten ihnen dies, doch hier fiel niemandem etwas in den Scho. Alles musste erkmpft werden die Bauern wurden von Missernten heimgesucht, die Fischer stellten sich Tag fr Tag gegen die raue See, die ihnen den Lohn ihrer Arbeit einfach nicht preisgeben wollte und die Bergleute schlten das Zinn unter stndiger Bedrohung ihres Lebens aus dem Erdenbauch. Cedric kannte hier niemanden, dem man Miggang oder Trgheit htte vorwerfen knnen. Zu all dem kam noch hinzu, dass immer mehr und mehr der Menschen hier erkrankten. Schon wurde von einer Seuche geflstert, die vom Festland her auch den Weg nach Cornwall suchte. Connor und Juna waren bemht, ihre Familie vor den belsten Dingen dieser Zeit zu behten, doch die Kinder waren nicht blind oder dumm. Sie sahen und hrten und legten sich ihre eigene Sicht der Dinge zurecht. Auch wenn Vater ein wichtiger Mann war, so waren auch die Fynns nicht reich. Aber sie lebten in einem ordentlichen Haus, das ausreichend Platz fr alle bot; Mutter hatte zwei Hilfen fr den Haushalt, die Kinder wurden von einem Lehrer privat unterrichtet niemand musste Hunger leiden, wurde jemand krank, so schickte man nach einem Heiler. Das alles war so viel mehr, als der grte Teil der anderen Menschen im Land hatte. Cedric sah wie Owen und Gael den Versuch starteten, ihre Mutter aus den starken Armen des Vaters zu befreien. Es sah lustig als, als sie sich wie kleine Hunde um Vaters Beine wanden, ihn dabei jedoch um keinen Deut von der Stelle brachten. Schlielich war es Juna, die diese Szene beendete. So, Schluss jetzt. Raus mit euch allen. Ein wenig Zeit habt ihr noch, um drauen zu spielen, dann bricht Noprichts Stunde an. Also los sputet euch. Leise murrend verlieen die Kinder das Haus, an dessen Rckfront die Mutter einen ansehnlichen Garten angelegt hatte, der die ganze Familie mit Gemse versorgte. Dahinter jedoch schloss sich freies Land an, das den Kindern als Spielgelnde alles bot, was sie sich nur wnschen konnten. Alle scharten sich um Cedric, um sein wundervolles Schwert zu betrachten, doch irgendwie waren selbst die Kleinen nicht so richtig bei der Sache. Es lohnte sich einfach nicht, jetzt noch ein neues Spiel zu beginnen. Mutter hatte es ja gesagt Noprichts Stunde kam nher. Es war ja nicht so, als wrden die Fynn-Kinder ihren alten Lehrer nicht mgen, doch wenn man lieber toben, miteinander ringen und fechten wollte, dann strte auch der netteste Mentor gewaltig. Zudem hatte Nopricht gedroht, dass heute die Geschichte Cornwalls an der Reihe sein wrde. Cedric sah es in den Gesichtern seiner Geschwister deutlich geschrieben stehen: langweilig, de und schal! Wenn Nopricht ihnen wenigstens etwas ber tapfere Krieger erzhlt htte, von mchtigen Kmpfen und Heldentum, doch der Mentor blieb stets bei der Besiedlung Cornwalls hngen, bei den ersten Versuchen, die hier lebenden Kelten zu christianisieren. Das hatte auch einen gewissen Reiz, wie Cedric gerne eingestehen wollte, aber immer und immer wieder dasselbe Thema? Da verging wohl jedem Kind der Spa am Lernen. Doch noch ehe Nopricht erschien, nahm dieser Tag doch noch eine angenehme Wende fr Cedric. Vater wollte ihn am kommenden Morgen mit zur Kste nehmen, dorthin, wo Connor Fynn ber den Bau der mchtigsten Kathedrale wachte, die Cornwall je gesehen hatte. Doch, alles in allem war dies ein guter Tag gewesen, befand Cedric fr sich. Erst das wunderschne Schwert, dann die Aussicht auf einen enorm spannenden Tag. Cedric war zufrieden mit sich und seiner kleinen Welt Der nchste Morgen war grau wie altes Blei. Und kalt dazu Cedric hielt es pltzlich fr gar keine so gute Idee mehr mit seinem Vater zur Kste zu fahren. Die Fahrt wrde gut zwei Stunden in Anspruch nehmen, daher brach Connor Fynn vor dem Morgengrauen auf, denn es war der Tag des neuen Bauabschnittes der Kathedrale. Es galt Entscheidungen zu treffen, die fr den gesamten Bau ganz entscheidend sein wrden. Da es Cedric nicht schaffte, sich rechtzeitig aus seinem warmen Bett zu schlen, musste er auf ein Frhstck verzichten, was dem stets hungrigen Jungen als bittere Strafe erschien. Nun sa er eingehllt in ein dickes Fell zitternd und mde neben seinem Vater, der es sich nicht nehmen lie, den Zweispnner persnlich in Richtung Kste zu lenken. Cedric konnte berhaupt nicht mehr verstehen, warum er sich so sehr auf diesen Ausflug gefreut hatte? Aber so war er nun einmal flatterhaft hatte Brianna ihn einmal genannt. Heute so, morgen so und dann wieder ganz anders. Manchmal verstand der Junge sich ja selbst nicht, denn seine Eltern waren absolut nicht so. Eine vererbte Eigenart konnte es also kaum sein. Natrlich hatte Cedric sein neues Holzschwert dabei, doch auch daran kam in diesen frhen Stunden keine wirkliche Freude auf. Dennoch bedankte er sich noch einmal ausfhrlich bei seinem Vater, um den nicht zu enttuschen. Zwei Ansiedlungen hatten sie bereits durchquert. Im Morgengrauen sahen sie fremd fr Cedric aus, der sich hier ja gut auskannte. Er hatte in diesen Siedlungen, die man nicht einmal Dorf nennen konnte, einige gute Freunde, die zum erweiterten Kreis der Fynn-Bande zhlten. Ab und zu kamen einer oder zwei dieser Jungen dazu, wenn die Kinder der Fynns ihre Spielabenteuer erlebten. Die jungen Burschen waren die Shne von Bergmnnern, die in der nahen Mine arbeiteten. Cornwalls Erde deckelte riesige Vorrte an Kupfer und in erster Linie Zinn. Den Bergleuten in dieser Gegend machte niemand etwas vor an Erfahrung und Knnen waren sie nicht zu bertrumpfen. Stolze Menschen, auch wenn sie von ihrem krglichen Lohn kaum die Familien ernhren konnten. Mutter war zunchst nicht sonderlich begeistert gewesen, als Cedric sich mit diesen Kindern angefreundet hatte, doch Vater hatte dann ein Machtwort gesprochen. Ob jemand in luftiger Hhe beim Bau einer Kathedrale seinen Lebensunterhalt sicherte oder ob er dem Maulwurf gleich in den Bauch der Erde krauchen musste, das machte fr Connor keinen Unterschied. Jetzt wirkten die wenigen Htten, die es hier gab auf Cedric wie lauernde Tiere der Nacht, die man besser nicht reizen sollte. Eine ganze Weile blieben Vater und Sohn schweigsam, dann strich Connor Fynn seinem Sohn zrtlich ber die wild wuchernden schwarzen Locken. Ich habe dich lange nicht mehr danach gefragt, Cedric. Irgendwie klang die Stimme des Baumeisters, als wre es ihm peinlich, was er nun vorbringen wollte. Vermutlich fragt deine Mutter fter als es dir lieb ist nun, aber du weit ja, dass ich mir immer Sorgen um meine Kinder mache. Cedric schaute den Vater an und brachte es fertig, trotz der Klte ein freches Grinsen aufzulegen. Sorgen solltest du dich um die Zwerge. Ich meine die Kken unserer Familie, denn Owen und Gael sind fr ihre sieben Jahre erstaunlich frech. Vater und Sohn lachten einander an. Na, von wem haben die beiden denn das wohl gelernt? Sie haben ja einen ganz groen Bruder als Vorbild ich glaube, der heit Cedric. Doch Connor wurde schnell wieder ernst. Aber du weit schon, was ich dich fragen wollte, nicht wahr? Cedric nickte. Natrlich wusste er das, doch ihm war nicht ganz klar, was er seinem Vater antworten sollte. Connor Fynn machte sich Sorgen um die Gesundheit seines Erstgeborenen. Instinktiv griff Cedric mit der linken Hand an seinen Hinterkopf. Er hatte dichtes Haar, das verhinderte, dass irgendjemand das Narbengeflecht entdecken konnte. Es hatte die Gre eines Handtellers und sah alles andere als angenehm aus, doch Cedric kannte es nicht anders, denn laut seinen Eltern war er so geboren worden. Sie hatten damals gefrchtet, ihren ersten Sohn zu verlieren, doch Cedric war schon als Baby ein Kmpfer gewesen. Mehr hatten Connor und Juna ihm nie berichtet Cedric hatte sich damit zufrieden gegeben. Doch die Schmerzen, die sich Tag fr Tag in seinem Nacken ausbreiteten, sorgten schon dafr, dass er seine Behinderung niemals vergessen konnte. Manchmal waren sie durchaus ertrglich, oft so schwach, dass der Junge sie einfach ignorierte; eine Methode, die er sich selbst beigebracht hatte. An anderen Tagen jedoch brannte der Schmerz wie loderndes Feuer und dann gab es fr Cedric nur die eine Mglichkeit, um sich nicht in sein Elend zu verkriechen. Er musste sich ablenken, aktiv werden, spielen wilde Spiele, die seine Pein wie eine dicke Decke zuhllten. Ohne seine Geschwister htte er nicht gewusst, wie er mit dem allem umgehen sollte. Sie sprten, wenn Cedric ihre Spiele berdrehte, wenn er bis ans Limit ging, doch sie sprachen nicht darber, sondern machten einfach mit, weil sie ihrem Bruder helfen wollten. Doch selbst das gelang nicht immer. Es gab Tage, da zog er sich vollstndig zurck, in einen dunklen Raum oder verschwand gar fr viele Stunden im nahen Wald, der wie ein Schirm war, der keinen Sonnenstrahl bis zum Boden kommen lie. Meist schlief er dort dann ein. Wenn er erwachte fhlte er sich anders. Besser konnte er es nicht beschreiben. Cedric sprach nicht gerne ber all diese Dinge, doch er konnte natrlich auch verstehen, dass seine Eltern auf dem Laufenden sein wollten. Vater, heute geht es mir gut, zumindest jetzt noch. Ich freue mich auf den Tag mit dir. Aber noch viel besser ginge es mir mit einem ordentlichen Frhstck im Bauch und einem bollernden Ofen in meinem Rcken. Connor gab sich mit dieser kargen Auskunft zufrieden. Konzentriert lenkte er das Gespann in den dichten Wald, der jetzt noch zwischen ihnen und der Kste lag. Irgendwo war nun schon eine Vorahnung auf die aufgehende Sonne zu spren, doch die vor ihnen liegende Waldpassage lie keinen eiligen Lichtstrahl zu; viel zu dicht standen hier die Bume beieinander, fast wie eine geschlossene Reihe von Kriegern, die dem Feind kein Schlupfloch zugestanden, und die schmalen Lcken, die sich zwischen ihnen auftaten, wurden von wabernden Nebeln gefllt, die ein Eigenleben fhrten. Cedric gab zu, dass dies der Teil der Fahrt zur Kste war, der ihm selbst bei Tageslicht und strahlendem Sonnenschein noch nie sonderlich behagt hatte. Er blickte in das Gesicht seines Vaters. Was er dort erkennen konnte, berraschten den Jungen Connor Fynn schien es nicht viel besser zu gehen als seinem Sohn. Als der Baumeister bemerkte, dass er beobachtet wurde, zuckte er entschuldigend mit den Schultern. Niemand fhlt sich sicher und wohl, wenn er diesen Wald durchquert. Ich habe schon Priester gesehen, die laut zu beten begannen und Krieger, die panisch ihre Waffe zogen, wenn sie der Finsternis gewahr wurden, die einen hier umgibt. Ich mache da keine Ausnahme, aber sorge dich nicht, denn wir haben den Wald schon bald hinter uns. Cedric setzte sich pltzlich kerzengerade auf, denn was seine Augen links von ihnen gesehen hatten, war sicher keine Ausgeburt seiner Fantasie gewesen dort, weit in die Baumreihen hineinreichend, brannte eine Flamme. Nur ein winziger Punkt, dann zwei, dann drei und mit jedem Atemzug kamen sie nher und wurden grer. Mit ihnen kamen die Stimmen, aufgeregte Stimmen. Connor Fynn hatte es auch gesehen was seinen Sohn so erschrak. Mit einem Ruck zog er den langen Dolch aus der Scheide, den er stets als Waffe bei sich trug. Er war kein Kmpfer, doch durchaus in der Lage, sein Leben zu verteidigen. Mehr als einmal hatte er das schon unter Beweis gestellt, denn ein Baumeister hatte nicht nur Freunde. Es gab Neider und es gab unzufriedene und aggressive Arbeiter, die ihre Wut ber schlechte Arbeitsbedingungen oder zu geringen Lohn am Baumeister auslassen wollten. Connor wollte seinen Sohn mit irgendwelchen Belanglosigkeiten beruhigen, doch dazu kam er nicht mehr. Irgendetwas sprang von links aus dem Wald heraus direkt auf den schmalen Pfad, direkt vor das Gespann der Fynns! Die Pferde scheuten und Connor hatte groe Mhe, sie einigermaen ruhig zu bekommen. Cedric war aufgesprungen und starrte das Etwas an, das nur einige Schritte vor ihm stand und ihn mit groen Augen ansah. Es war eine Frau nein, ein Kind, ein Mdchen, doch eher Frau als Kind, wie Cedric sofort bemerkte. Heies Blut schoss ihm in den Kopf, denn die junge Frau war splitternackt. Der Junge sah offene Wunden an ihren Schultern und den Hften man hatte sie gefoltert, keine Frage. Doch es gab noch andere Punkte an ihrem Krper, von denen er einfach nicht die Augen lassen konnte. Nie zuvor hatte Cedric so wundervolle Brste zu Gesicht bekommen so wundervoll geschwungene Hften und die zarte Scham zwischen ihren Schenkeln. Auch wenn es das war, was einen jungen Burschen wie ihn total faszinieren konnte, so schafften es ihre Augen die Aufmerksamkeit von ihrer Nacktheit abzulenken. So groe Augen hatte Cedric wirklich noch nie zuvor gesehen. Die Farbe war nur schwer zu definieren, denn das nur fahle Licht des Waldes verhinderte das. Unbersehbar war jedoch die Farbe ihrer Lockenpracht ein grelles Rot, wie man es hier in Cornwall nur uerst selten zu sehen bekam. Wie alt mochte sie sein? Cedric war nicht gut beim Schtzen, aber sie war sicher nicht mehr als zwei Jahre lter als er selbst. Wie ein junges Reh verharrte sie vor dem Gespann, unfhig, sich zu bewegen so unfhig wie Cedric, denn der brachte kein einziges Wort ber die Lippen. Connor Fynn hingegen analysierte die ganze Szene in nur wenigen Augenblicken. Er wusste, was hier ablief. Los, lauf weiter dort in den Wald hinein. Keine Angst, wir halten sie auf. Worauf wartest du? Lauf, Mdchen. Es geht um dein Leben. Lauf! Seine Stimme hatte so eindringlich geklungen, dass die Kleine ganz einfach reagieren musste. Und wahrscheinlich hatte sie auf eine solche Chance nur gewartet, erhofft hatte sie sich wohl kaum. Ein kurzes Nicken war die einzige Reaktion, die zeigte, dass sie verstanden hatte. Dann war sie verschwunden, wie sie gekommen war. Der Wald und der Nebel schluckten sie wie ein Opfer, das man ihnen zugeworfen hatte. Connor Fynn registrierte, wie nahe die Stimmen und die Fackeln jetzt schon waren. Er fasste seinen Sohn hart beim Oberarm um ihn aus seiner Trance zu reien. Cedric verzog schmerzhaft sein Gesicht und starrte den Vater nicht verstehend an. Hr mir gut zu, Cedric. Ganz egal was auch geschieht, wer dich fragt, was man dich fragt du schweigst. Stell dich schlafend und lass mich reden. Hast du verstanden? Cedric nickte. Er lie sich wieder auf dem Bock nieder und zog die Felle dichter um sich. Er hatte keine Ahnung, was hier geschah. Also vertraute er seinem Vater voll und ganz. Doch das Bild dieses Mdchens ging ihm einfach nicht mehr aus dem Sinn. Als pltzlich ein Dutzend Mnner mit Fackeln, Knppeln, Dolchen und Mistgabeln aus dem Wald gestrmt kamen, verschlug es ihm endgltig die Sprache. Pltzlich kam er sich vor wie ein hilfloses Baby. Connor Fynn richtete sich zu seiner ganzen Gre auf. Der blitzende Dolch in seiner rechten Hand tat ein briges, um die Mnner auf Distanz zu halten. Fynns Stimme klang nun schneidend und befehlsgewohnt. Was soll das hier? Wollt ihr mich berfallen das wird euch schlecht bekommen. Macht den Weg frei! Ich bin Connor Fynn, Baumeister der heiligen Kirchen, also fort mit euch. Die Mnner allesamt einfache Leute wie Bauern und Bergmnner wichen vor der Autoritt zurck, die von diesem Mann ausging. Einer fasste sich ein Herz. In seiner Hand hielt er einen langstieligen Pickel, den man hier in den Minen als Werkzeug nutzte. Herr, wir wollen nichts von euch. Aber sagt uns, ob ihr eine Frau gesehen habt, deren Haare wie das Hllenfeuer lodern? Bitte sagt es uns Fynn senkte seine Waffe. Was hat sie euch getan? Warum jagt ihr sie? Wieder war es der Bergmann der antwortete. Sie ist eine Hexe, jawohl eine Hexe, die Unglck und Tod ber uns alle gebracht hat. Mir sind zwei Schweine verreckt. Bergleute hielten sich meist ein paar Nutztiere, mit denen sie ihre vielkpfigen Familien auch in den harten Wintermonaten am Leben erhalten konnten. Cabby hier Er wies auf einen grobschlchtigen Burschen. Cabby ist das Feld verdorrt. Und der alte Biggs ist vor drei Tagen gestorben, einfach so. Das alles ist die Schuld der Hexe. Und jetzt soll sie dafr brennen. Cedric kauerte eingeschchtert in seinen Fellen, doch er war sicher, dass der alte Biggs einfach so an Altersschwche gestorben war; er kannte den Mann, der sich kaum noch auf den Beinen halten konnte und in dessen Maul es keinen einzigen Zahn mehr gab. Wenn Biggs also gestorben war, dann an schlechter Ernhrung, Untergewicht und dem Alkoholkonsum, von dem wirklich jeder in der Gegend wusste. Habt ihr sie gesehen, Herr? Wohin ist sie gelaufen? Dorthin in den Wald hinein? Connor Fynn sah in die Gesichter der Mnner, die wilde Entschlossenheit ausdrckten. Er wrde das Mdchen dieser Horde hier ganz sicher nicht ausliefern. Ja, ich habe sie gesehen. Aber ob Hexe oder nicht, scheint sie ein schlaues Mdchen zu sein. Sie hat euch gefoppt. Er lie ein mglichst echt klingendes Lachen folgen. Sie lief an meinem Gespann vorbei, vielleicht hundert Schritte, dann bog sie wieder in die Richtung ein, aus der sie gekommen ist. Wenn ihr euch sputet, schnappt ihr sie vielleicht noch. Und nun macht Platz, denn Arbeit wartet auf mich. Ohne auf die Reaktion der Mnner zu warten, gab Connor den Pferden die Zgel frei, und die trotteten weiter auf dem Pfad, der vor ihnen lag. Die Mnner machten Platz. Nicht umdrehen Connor zischte die Worte seinem Sohn zu. Die Gerusche hinter ihm verrieten, dass die Mnner ihm die Geschichte abgenommen hatten. Sie machten sich auf den Rckweg. Das Mdchen sollte diesen Vorsprung nutzen knnen, den er ihr verschafft hatte. Wohin sie allerdings fliehen wollte nackt, wie der Herr sie geschaffen hatte und mit Wunden berst konnte sich Connor Fynn nicht ausmalen. Vater, das Mdchen es Connor Fynn legte seinem Sohn die Hand auf die Schulter. Ob sie wirklich eine Hexe ist, willst du sicherlich wissen? Ich kann es dir nicht sagen. Im Grunde glaube ich ja nicht an solche Dinge, die von den Leuten benutzt werden, um sich irgendein Opfer, ein Ventil fr ihre Wut zu suchen. Allerdings gibt es sicherlich viele Dinge, die wir nicht sehen, die aber dennoch existieren. Aber die Kleine vorhin die halte ich eher fr eine Streunerin, die zufllig rote Haare hat. Ich hoffe, sie entkommt dem Pbel. Fynn warf einen kurzen Blich zu Cedric. Das Mdchen hatte den Jungen schwer beeindruckt. Connor lchelte still. Das war durchaus verstndlich, denn die Kleine hatte so ganz anders gewirkt, als alle weiblichen Wesen, die Cedric in seinem noch jungen Leben kennengelernt hatte. Als sie schlielich das Ende des Waldstcks erreicht hatten, atmete der Baumeister auf. Endlich trafen die Strahlen der aufgehenden Sonne auf Vater und Sohn. Bis zum Bauplatz war es nun nicht mehr weit. Die Steilkste ragte gut 300 Schritte ber der Wasseroberflche in schwindelnde Hhe. Nahezu jedes Schiff, dass sich Cornwall nherte, ganz gleich, welchen Hafen es anlaufen wollte, musste hier vorber ziehen. Dabei spielte es auch keine Rolle, mit welchen Zielen die Herzen der Seeleute angefllt waren. Wollten sie friedlichen Handel treiben? Wollten sie vielleicht die kleinen Hafenstdte besuchen, die durchaus auch fern von Cornwall berhmt und berchtigt waren? Oder kamen sie unter schwarzer Flagge, wollten Tod und Verderben ber die Menschen an dieser Kste bringen? Auch Piraten kamen kaum umhin, die Spitze der Steilkste zumindest flchtig zu betrachten. Knftig sollten sie wissen, dass sie in das Land einer gefestigten Christenheit kamen! Sie sollten das Zeichen des Kreuzes erkennen und frchten. So zumindest hatte Pater Gwydion den Willen der Mutter Kirche formuliert, als er Connor Fynn zum Baumeister der Kathedrale machte. Die Kirche wollte es so sie wrde es auch genau so bekommen. Die Zeltstadt rund um den Bauplatz war schon mit Aktivitten angefllt. Die meisten der Arbeiter, die tglich zum Einsatz kamen, wohnten hier. Nur wenige machten sich nach Sonnenuntergang in die umliegenden Drfer auf, um die Nacht bei ihren Familien zu verbringen. Zustzlich gab es natrlich Wanderarbeiter, die auf bestimmte Ttigkeiten spezialisiert waren, die nur zu ganz bestimmten Bauphasen gebraucht wurden. Der Bau einer solch groen Kathedrale sprach sich im ganzen Land natrlich herum Fynn musste sich um diese Spezialisten also nicht erst bemhen, denn sie kamen ganz von alleine hierher. Oft schien es so, als htten diese Leute einen ganz besonderen Riecher, denn in den meisten Fllen erschienen sie nur wenige Tage vor dem Zeitpunkt, da sie mit ihrer Arbeit beginnen konnten. Cedric war nun hellwach, denn es war fr ihn immer wieder aufregend zu sehen, was sich auf einer so groen Baustelle alles abspielte. Die Begegnung mit der Kindfrau im Wald schwirrte nach wie vor durch seinen Kopf, doch nun wurde er davon auf die prchtigste Weise abgelenkt. Alleine schon die vielen Hndler, die sich fr die Bauzeit hier niedergelassen hatten, reichten aus, um dem Jungen einen ganzen Tag zu vertreiben. Die meisten der Hndler kannten Cedric gut, denn sie waren alle bemht, sich mit dem Sohn des Baumeisters gut zu stellen. Connor Fynn war neben dem Pater Gwydion die Autoritt, die frei entscheiden konnte. Hndler, die sich nicht an gewisse Spielregeln hielten, konnte er jeder Zeit von diesem Ort entfernen lassen und das war auch bereits geschehen. Die Kathedrale selbst war an diesem Morgen fr Cedric nicht von groem Interesse. Der Bau ging gut voran, was sicher auch daran lag, dass sie uerst schlicht gehalten wurde. Ihr Sinn und Zweck war es, aus der Ferne zu wirken. Cedric wusste, dass sein Vater damit nicht sehr glcklich war, denn er trachtete immer nach Perfektion auch im Detail. Als Cedric sich von seinem Vater trennte, um seine Runde bei den Hndlern zu machen, was ihm stets Sigkeiten, Saft und andere Leckereien einbrachte, sah er, wie Connor sich in Richtung der schroffen Abbruchkante bewegte. Der Baumeister hatte dort eine einsame Gestalt ausgemacht, auf die er sich zu bewegte. Connor Fynn wusste, dass Pater Gwydion oft stundenlang hier stand und auf das Meer blickte, auf die heranrasenden Wellen, die schlielich am Fu des Felsens wtend ihre ganze Kraft entluden. Connor nherte sich dem Mann, dem er und seine vielkpfige Familie so etwas wie einen bescheidenen Wohlstand verdankten der Auftrag zum Bau der Kathedrale sicherte ihm jetzt schon seit fnf Jahren das Einkommen. Sicher wrden bis zur Fertigstellung noch zwei weitere vergehen, was fr ein so gewaltiges Bauwerk im Grunde keine Zeitspanne war. Einzig die Tatsache, dass die Kirche offenbar nur Wert auf den ueren Effekt legte, machte dies mglich. Gwydion hatte Fynn bereits Folgeauftrge zugesichert, die ihm auch die weitere Zukunft sichern konnten. All dies wre ein Bndel an Grnden gewesen, Pater Gwydion in tiefer Freundschaft zugeneigt zu sein, doch dem war einfach nicht so. Connor sah den gro gewachsenen Mann, dessen Kutte im rauen Wind der Kste wehte. Was wusste er eigentlich ber ihn? Nur das, was die Leute in der Umgebung sich so erzhlten und auf den Wahrheitsgehalt solcher Geschichten konnte man ja bekanntlich nicht viel geben. Gwydion war demnach hier in Cornwall geboren worden und nach dem Tod seines Vaters als kleines Kind mit seiner Mutter zu Verwandten nach Frankreich ausgewandert. Dort wurde er zum Priester, genoss hohes Ansehen und mehr Einfluss, als sein Amt erahnen lie. Dass er schlielich den Weg zurck nach Cornwall fand, war fr die Menschen hier kaum erwhnenswert, denn wer hier das Weltenlicht erblickt hatte, wrde immer zurck in die Heimat wollen. Mehr wusste Connor Fynn nicht, denn Pater Gwydion war verschlossen, einsilbig und unnahbar. Vier Schritte trennten die beiden Mnner noch voneinander, als die sonore Stimme des Paters erklang. Er hatte sich in keiner Sekunde zu dem Mann umgedreht, der ihm sich nherte. Guten Morgen, Baumeister Fynn. Ich hoffe, die Arbeit geht heute etwas zgiger voran als sie das am gestrigen Tag getan hat. Mehr als nur einmal hatte Fynn schon den Verdacht gehegt, Gwydion habe Augen im Hinterkopf oder knne Gedanken lesen. Connor rusperte sich, als er nun direkt neben den Pater trat. Der Ausblick war berwltigend, denn die Natur spielte heute wieder ein Stck, das von Wildheit und Freiheit handelte. Die Wellen rollten heran, brachen sich und zerstoben in unendlich feine Partikel, die in den ersten Sonnenstrahlen wie ein ewiger Regenbogen zu leuchten begannen. Fynn fragte sich ob Gwydion die Schnheit dessen, was sich hier vor seinen Augen abspielte, berhaupt wahrnahm. Connors Stimme hatte mehr Schrfe in sich, als er es eigentlich beabsichtigt hatte, als er antwortete. Wenn ihr damit andeuten wollt, dass der Tod von vier unserer Arbeiter den Tagesablauf gehemmt hat, dann gestehe ich das natrlich ein. Am vergangenen Tag war ein Gerst zusammengebrochen, das vier Mnner in den Tod gerissen hatte. Connor fhlte sich fr jeden auf dieser Baustelle verantwortlich. Er musste sich zusammennehmen, um nicht noch heftiger zu reagieren. Gwydion wandte sein schmales Gesicht dem Baumeister zu. Seine Augen so fand Fynn sprachen Bnde, denn sie blickten stechend, flankierten eine schmale Nase unter der sich ein Mund anschloss, der wie ein einziger Strich wirkte; die Wangen erschienen eingefallen, die Ohren lagen flach am Kopf an. Die Farbe von Gwydions Augen war ein Graugrn, das einfach nur verwaschen zu nennen war. Kein schner Mensch, doch fehlende Schnheit glichen andere durch Charakter aus, der sich durchaus im Gesicht abzeichnen konnte. Gwydion hingegen wirkte eher wie ein angriffslustiges Tier ganz sicher nicht wie ein Priester, dem die Menschen ihr Vertrauen schenken sollten. So empfindlich, Baumeister Fynn? Wie auch immer die Zeit ist knapp bemessen fr unseren Bau. Die Kirche kann eine sehr ungeduldige Mutter sein, wenn man sich nicht an das hlt, was sie einem vorgibt. Dies hier soll ein deutliches Zeichen fr jeden sein, der sich Cornwalls Kste nhert. Gwydion hatte sich umgewandt und deutete mit ausgestreckten Armen auf das Bauwerk. Eine Kathedrale und zu der gehrt fr gewhnlich ein Bischof, nicht wahr? Die Amtseinfhrung ist fr den Sptsommer geplant. Ihr und ich werden dafr sorgen, dass dem dann nichts im Wege stehen wird. Er lie Connor einfach stehen und bewegte sich mit raschen Schritten auf die Baustelle zu. Fynn war berrascht, denn mit nur wenigen Worten hatte Gwydion ihm mehr verraten, als die ganzen Jahre davor. Der Bischofssitz in Cornwall war seit langem verwaist. Die Menschen hier waren glubige Christen, doch sie waren keine Schflein, die sich so leicht fhren lieen, wie die Kirche es gerne hatte. Mehr als ein Wrdentrger hatte hier verzweifelt aufgegeben. Und nun nahte die Ernennung eines neuen Bischofs. Connor betrachtete den Bau eindringlich. Man konnte nur hoffen, dass dieser Bischof keinen Wert auf Eleganz und Prunk legte, denn davon wrde er hier nicht sehr viel vorfinden. Connor Fynn ging langsam auf sein Werk zu. Er hatte sich voll und ganz an die Plne gehalten, also konnte man ihn auch spter nicht fr fehlendes Beiwerk verantwortlich machen. All das sollte nicht sein Problem sein. Von denen hatte er auch so schon mehr als genug. Das grte davon war die Lage der Kathedrale. So nahe der Abbruchstelle htte er niemals ein dermaen bombastisches Objekt geplant. Doch auch das war ihm so von Pater Gwydion vorgegeben worden. Immer wieder konnten die Arbeiter sehen, wie Connor die tglich in die Hhe wachsende Kathedrale umrundete, dabei oft auf die Knie ging und prfend auf den Felsboden klopfte. Gwydion mochte Recht haben wenn er sagte, dass die Kirche eine ungeduldige Mutter sein konnte, doch wie leichtsinnig sie anscheinend handelte, das berraschte Fynn allerdings doch. Er ging zu der Stelle, an der das gestern eingestrzte Gerst neu aufgebaut wurde. Er wollte persnlich dafr sorgen, dass dies ordentlich und sicher erledigt wurde. Er wollte nicht noch mehr Mnner verlieren Cedric war bei seiner zweiten Runde durch die Reihen der Hndler bei der alten Disa hngen geblieben. Ganz in Gedanken stopfte er sich jetzt sicher schon die zehnte Nuss in den Mund. Disa verkaufte einfach die besten Nusssorten weit und breit und Cedric liebte Nsse ber alles. Ja, und die alte Disa liebte Cedric, also lie sie ihn gewhren und beobachtete den Jungen mit einem stillen Lcheln. Woran denkst du, mein groer Junge? Disa sprach mit einem merkwrdigen Akzent, den im Grunde niemand richtig einzuordnen wusste. Als junge Frau hatte sie das bei den Mnnern als interessant erscheinen lassen. Heute war sie alt und fett, doch sie rckte nach wie vor nicht mit der Sprache heraus, woher sie denn wohl stammte. Dabei war die Antwort auf dieses Geheimnis ernchternd Disa war im Norden Cornwalls geboren worden und der Akzent war nichts weiter als ein Sprachfehler, den sie fr sich kultiviert hatte. Aber das ging schlielich niemanden etwas an. Cedric blickte in das aufgedunsene Gesicht Disas. Sie wrde keine Ruhe geben, ehe er ihr keine zufriedenstellende Auskunft erteilt hatte. In unbeholfenen Worten berichtete er Disa von der morgendlichen Begegnung mit dem rothaarigen Mdchen und deren Jgern. Die Alte hrte geduldig zu. Als Cedric geendet hatte, schttelte sie behbig den Kopf. Das ist schlimm. Diese Hexenjagd wird wohl nie ein Ende finden. Immer, wenn die Menschen glauben, ihnen sei zu unrecht Bses geschehen, suchen sie nach jemandem, der sich dafr verantworten soll. Wie wird es wohl erst werden, wenn das groe Unglck ber uns kommt? Cedric verstand die letzte Bemerkung nicht. Das groe Unglck? Wovon sprichst du, Disa? Die Alte blickte den Jungen mit einer Mischung aus Nachdenklichkeit und berraschung an. Ja hrt ihr Fynns da drauen in eurem Haus denn nichts von dem, was die Leute sich erzhlen? Ich meine natrlich den schwarzen Tod. Die Pest sie tobt schon lange auf dem Festland, doch nun hat sie auch England erreicht. Sogar in London soll es schon die ersten Toten gegeben haben. Sie wird ber uns herfallen und niemanden verschonen, mein Junge. Glaube mir. Cedric winkte ab. Was die Leute erzhlen mein Vater sagt, das ist alles sehr bertrieben. Krzlich hat ihm jemand berichtet, er habe einen Hund mit drei Kpfen gesehen. Stell dir das doch nur vor, Disa! So ein Unfug. Der schwarze Tod kommt sicher nicht bis nach Cornwall, ganz bestimmt nicht. Disa sah ihren jungen Freund mitleidig an, doch in Cedrics Kopf war jetzt kein Platz fr die nahende Pest. Darin nahm ein gewisses Mdchen einen viel zu groen Raum ein. Disa nickte verstehend. Beschreib mir die Kleine doch noch einmal, ja? Das musste sie Cedric nicht zweimal sagen, denn das Bild des Mdchens stand noch ganz prsent vor seinem inneren Auge. Wie htte er sie auch vergessen sollen? Als er schwrmerisch geendet hatte, strich Disa mit der rechten Hand ber ihr Doppelkinn. Ich glaube, ich kenne die Kleine. Ja, ich bin beinahe sicher, sie hier schon einmal gesehen zu haben. Sie strich um den Bauplatz herum. Die Hndler haben sie von ihren Tischen verjagt, denn sie war wohl eine kleine Diebin. Cedric wollte aufbegehren, doch Disa stoppte ihn mit einer Handbewegung. Warum regst du dich auf? Wahrscheinlich ist sie ein Waisenkind, das schlielich sehen muss, wie es berlebt. Nicht alle Kinder haben es so gut wie du, kleiner Freund. Aber sie war hier, ich bin jetzt sicher. Wrdest du sie gerne wiedersehen? Cedric sprang von Boden hoch, auf dem er es sich bequem gemacht hatte. Ihm war pltzlich ganz warm geworden dass er einen hochroten Kopf bekommen hatte, war ihm aber nicht bewusst. Wo denkst du hin? Nein, fr solche Mdchen habe ich doch berhaupt keine Zeit, denn ich fhre schlielich die Fynn-Bande. Meine Geschwister machen mir schon ausreichend Probleme. Disa lachte, was eher dem Meckern einer Ziege glich als dem Lachen einer alten Frau. Gut gesprochen, mein Held! So, und nun such deinen Vater. Ich denke, er wird sich schon Sorgen machen, wo du wohl abgeblieben bist. Nein, Sorgen machte Connor Fynn sich nicht um seinen Sohn, doch er freute sich, als Cedric sich zu ihm gesellte. Pater Gwydion war bei seinem Bauherrn, doch wie immer ignorierte er Cedric vollkommen. Der Junge hielt stets einen sicheren Abstand zu dem Kirchenmann, denn der war ihm nicht geheuer. Connor hatte das lngst bemerkt und beglckwnschte sich zu einem Sohn mit so groem Gespr. Der Tag zog sich in die Lnge. Cedric lernte eine Menge ber die Schwierigkeiten, die beim Bau eines so groen Objektes immer wieder auftraten. Er bewunderte seinen Vater noch mehr als zuvor, als sie schlielich beim einsetzen der Dmmerung den Heimweg antraten. Der Baumeister hatte an nur einem einzigen Tag so viele Entscheidungen treffen mssen, dass Cedric davon ganz schwindelig geworden war. Als sie wieder das Waldstck erreichten, hielt Cedric fr Sekunden den Atem an. Es war ihm nicht geheuer zu Mute. Vielleicht streunten die Mnner von heute Morgen noch immer hier herum? Vielleicht hatten sie ja begriffen, dass Connor Fynn sie in eine ganz falsche Richtung geschickt hatte? Connor selbst fhlte sich auch nicht behaglich, doch das lie er seinen Sohn natrlich nicht spren. Unmerklich beschleunigte er die Gangart der Pferde je eher das Waldgebiet durchquert war, je besser. Doch nirgendwo war der Schein einer Fackel zu erkennen. Offenbar hatte der aufgebrachte Mob die Jagd auf das Mdchen aufgegeben oder sie hatten sie doch noch erwischt. Cedric mochte darber berhaupt nicht nachdenken. Ein Dumpfer Knall lie Connor die Pferde ruckartig zum Stehen bringen. Es hatte geklungen, als wre etwas aus der Hhe auf den Wagen gefallen besser gesagt hinter den Kutschbock auf dem sich Vater und Sohn befanden. Connor riss das lange Messer hoch, doch er hielt inne, als er die leise Stimme in seinem Rcken vernahm. Bitte nicht anhalten. Weiterfahren, bitte sie sind noch hier drei Mnner, die mich den ganzen Tag lang gejagt haben. Bitte Vater und Sohn wechselten einen langen Blick, dann waren sie sich ohne ein gesprochenes Wort einig. Connor Fynn lie den Pferden die Zgel frei. Langsam rollte das Gefhrt weiter den Waldweg entlang. Cedric wunderte sich darber, wie kaltbltig er in dieser Situation blieb, denn er fing an, recht lautstark und auch reichlich schrg ein Lied zu summen, dass er heute bei den Bauarbeitern gelernt hatte. Connor fiel beim Refrain mit brummiger Stimme ein, und gemeinsam beendeten die zwei die Ballade, um sich anschlieend laut lachend zu ihren schrecklichen Gesangsorganen zu beglckwnschen. Niemand, der diese Szene sah, wre auf die Idee gekommen, dass Vater und Sohn die Herzen tief in die Beinkleider gerutscht waren. Auch die drei Augenpaare nicht, die hinter dem Gespann her sahen und es verfolgten, bis es das Waldstck schlielich gemchlich rollend verlie. Erst als der dstere Wald mit dem Horizont verschmolz, wagten sie aufzuatmen. Bitte nicht umdrehen ich bin noch immer nackt. Die Stimme des Mdchens klang zitternd auf. Wahrscheinlich hatte sie den ganzen Tag ber frierend auf irgendeinem Baumwipfel verbracht. Cedric zog den warmen Umhang von seinen Schultern, den Mutter ihm mitgegeben hatte, und reichte ihn ohne nach hinten zu sehen dem Mdchen. Fr zwei Minuten war nichts von ihr zu hren, dann seufzte sie tief. Tut das gut. Ich danke dir. Aber nun will ich euch keine Scherereien mehr machen. Hinter der nchsten Biegung springe ich ab. Ich kann euch berhaupt nicht genug fr eure Hilfe danken, ich Connor Fynns Stimme stoppte die Dankesrede. Den Teufel wirst du tun, Mdchen. Du bleibst, wo du bist und verhltst dich still, bis wir bei unserem Haus angekommen sind. Die kommende Nacht schlfst du mir nicht in der Klte. Und nun keine Widerrede. Cedric sah seinen Vater von der Seite her an. Damit hatte nicht einmal der Sohn des Baumeisters gerechnet. Er konnte wahrhaftig stolz auf seinen Vater sein. Juna Fynn betrachtete das Mdchen mit dem roten Haarschopf eindringlich, die verzweifelt versuchte, ihren unbndigen Hunger zumindest einigermaen unter Kontrolle zu halten. Doch diesen Kampf konnte sie nur verlieren, denn der Tisch der Fynns war so reichlich gedeckt, dass sie gar nicht anders konnte, als von jedem zumindest ein wenig oder auch mehr zu kosten. Die achtkpfige Fynn-Bande sa und stand um sie herum und konnte sich an diesem Gast berhaupt nicht sattsehen. Juna hatte dem Mdchen zuerst ein Kleid von Brianna gegeben, das zwar ein wenig eng sa, doch wie Cedric fand, exakt an den richtigen Stellen. Im Halblicht des Waldes hatte er sie nicht genau betrachten knnen, doch nun war ihm klar, dass er ein schneres Wesen nie zuvor gesehen hatte. Als die Kindfrau ihren unglaublichen Appetit zumindest halbwegs gestillt hatte, setzte sich Juna neben sie. Nun sag uns doch erst einmal deinen Namen, mein Kind. Die Angesprochene legte hastig das Stck Kse aus der Hand, das sie sich zum Abschluss der Mahlzeit hatte einverleiben wollen. Sie legte sittsam die Hnde vor sich auf den Tisch und blickte ihre Gastgeberin mit groen Augen an. Ceridwen lautet mein Name. Cedric horchte hocherfreut auf, denn dieser Name war dem seinen nicht unhnlich. War das ein Omen? Ich stamme aus dem Norden. Ich bin mit meinen Eltern hierher nach Cornwall gekommen, weil Vater sich hier eine neue Existenz aufbauen wollte. Doch nichts wollte ihm gelingen. Er hat immer wieder alles versucht, doch dann wurden er und Mutter krank und starben. Juna horchte auf. Wie lange ist das her? Sie frchtete, Connor habe mit dem Mdchen einen Krankheitstrger ins Haus gebracht, doch Ceridwens Antwort beruhigte sie. Mehr als ein halbes Jahr. Seither versuche ich mich irgendwie alleine durchzuschlagen, doch nun hlt man mich sogar fr eine Hexe. Sie sackte regelrecht in sich zusammen, als ihr wieder klar wurde, in welcher Situation sie sich befand. Was soll nur aus mir werden? Connor mischte sich ein. Waren es wirklich nur noch drei Mnner, die dich am Abend gejagt haben? Ceridwen nickte. Die anderen sind auf ihre Hfe gegangen. Sie haben gesagt, die Hexe wrde man nicht in der Dunkelheit fangen knnen, doch morgen wren sie bei der Jagd wieder dabei. Ich glaube, die drei, die mir auf der Spur blieben, die Juna strich mit der Hand ber den Rotschopf des Mdchens. Schon gut, wir haben verstanden und wissen wohl auch, was die mit dir vor hatten. Die Jngeren der Fynn-Kinder verstanden nicht, doch Cedric und Brianna blickten einander wissend an. Ceridwen war ein schlimmes Schicksal erspart geblieben. Juna lchelte Ceridwen milde an Cedric kannte dieses Mutterlcheln sehr gut. Es war der Beweis, wie sehr Juna die Kleine bereits in ihr Herz geschlossen hatte. Jetzt schlfst du dich erst einmal aus. Morgen schauen wir mal, was wir mit deinem Haar machen knnen, denn daran erkennen diese aberglubischen Narren dich natrlich sofort wieder. Und dann schauen wir weiter. So, und die anderen ab in die Betten. Der Tag ist um. Leises Murren erklang, doch schon kurz darauf wurde es still im Fynn-Haus. Cedric allerdings lag noch lange wach und lauschte. Er konnte einige Wortfetzen von dem mithren, was seine Eltern besprachen. Aus dem meisten davon wurde er nicht recht schlau, doch eines war fr den Jungen ganz klar: Juna und Connor Fynn wrden das Mdchen auf keinen Fall schutzlos ziehen lassen. Und genau so kam es ja dann auch Der Sensoralarm zog Starless ruckartig aus den Tiefen seiner Erinnerung hoch in die Realitt. Cedric Fynn wie endlos weit war das entfernt Starless betrachtete das Ergebnis der Suche mit der gebotenen Skepsis. Die Erde war schon immer ein bevorzugtes Ziel der DYNASTIE DER EWIGEN gewesen. Was die Sensoren also entdeckt hatten, mochte die Spur zu dem gesuchten Alpha sein oder irgendein berbleibsel von einem Besuch, der 1.000 oder mehr Jahre zurcklag. Das musste nun exakt berprft werden. Starless betrachtete sich den Bereich, in dem die Sensoren angeschlagen hatten. Europa natrlich alles andere htte ihn auch sehr verwundert. Er forderte exaktere Daten an und bekam sie nahezu ohne Zeitverzgerung auf den kleinen Bildschirm, der direkt vor seiner Konsole lag. Frankreich? Genauer gesagt das Tal der Loire. Starless forderte weitere Daten an, denn exakt dort konnte es sich um Material der DYNASTIE handeln, das bereits seit einer kleinen Ewigkeit hier existierte. Doch die Ergebnisse, die er klar und deutlich auf dem Screen zu sehen bekam, sprachen eine deutliche Sprache. Was immer die Sensoren geortet hatten, befand sich erst seit wenigen Stunden oder Tagen dort. Das Tal der Loire Welche Sternenteufel mochten diesen Alpha geritten haben, sich als Versteck ausgerechnet diese Region auszusuchen? Zufall? Unwissenheit? Das alles schloss Starless aus, denn dieser Miso Vorrog war einer der Alphas gewesen, der direkt im Kristallpalast eng mit der frheren ERHABENEN Nazarena Nerukkar zusammengearbeitet hatte der Mann wusste genau, was sich im Loire-Tal befand: Chteau Montagne, der Hauptsitz, die Zentrale und Lebensmitte von Professor Zamorra! In der gesamten DYNASTIE gab es wohl niemanden, der bei Nennung dieses Namens keine Mordgelste bekam. Zamorra hatte den Ewigen so oft in ihr Handwerk gepfuscht, dass sie ihn zu so etwas wie dem Staatsfeind Nummer eins ernannt hatten. Also warum floh ein gesuchter Attentter auf die Erde und exakt in den unmittelbaren Wirkungskreis Zamorras? Er konnte doch nicht so dumm sein und Hilfe oder gar Schutz vom Meister des bersinnlichen zu erhoffen? Oder etwa doch? Starless konnte der Grund ja gleichgltig sein, doch den Alpha ausgerechnet aus der Hhle des Lwen herauszupicken, machte die Sache nicht eben leichter. Die Ortungsdaten waren nun perfekt. Das gefundene Objekt hatte in etwa die Masse und Abmessungen wie Starless' Raumjacht. Der Alpha hatte es also riskiert, mit einem ganz hnlichen Schiff dort unten zu landen. Der Vampir lehnte sich zurck. Gut, das wrde es einfach machen, Vorrog zu finden und ihn zu Morano zu bringen. Starless wrde mit seiner Vampirmagie nur das Schiff anspringen mssen der Rest wrde sich dann ergeben. Doch nicht jetzt noch nicht jetzt. Im Zielgebiet war es nun kurz vor Mitternacht. Nach Anfrage meldete ihm der Rechner, dass es dort wolkenverhangen war und regnete. Kein einziger Stern am Himmel zu sehen Starless sternenlos. Nein, in der Dunkelheit zu agieren brachte nichts. Also wrde er warten, bis die Nacht sich verzog. Starless er lchelte. So intensiv war die Erinnerung an den Tag, an dem man ihm diesen Spitznamen gegeben hatte. Alles stand noch klar und deutlich vor seinem inneren Auge. Es war jedoch ein Tag gewesen, der wahrlich nicht nur gute Erinnerungen beinhaltete Die Kinder standen in dem kleinen Raum, der zur Stube des Hauses fhrte. Wie furchtsame Muse drckten sie sich dicht an dicht und lauschten den Worten, die aus dem Nebenraum drangen und ganz einfach nicht zu berhren waren. Cedric hielt fest die Hand seiner neuen Schwester, die nun auf den Tag genau seit einem Jahr bei ihnen war. Ceridwens pechschwarzes Haar war nur wenige Zentimeter von Cedrics Nase entfernt. Er war nicht weniger furchtsam als seine Geschwister, doch der Geruch des Frbemittels, das aus einem feurigen Rot dieses nahezu perfekte Schwarz zaubern konnte, faszinierte ihn immer wieder. Was Mutter genau verwendete um den verrterischen Haarschopf Ceridwens zu verwandeln, wusste Cedric nicht, doch sie benutzte dazu unter anderem den Extrakt der Spitzklette und Saft verschiedener Beeren. Alles zusammen ergab einen betrenden Duft, der Cedric fesselte. Oder lag es doch in erster Linie daran, dass es Ceridwens Kopf war, an dem er so gerne seine Nase rieb? Sie erwiderte den Druck seiner Hand. Seit dem Abend vor einem Jahr, als Vater und Sohn die Hexe ins Haus gebracht hatten, hingen Cedric und Ceridwen zusammen, als htten sie sich schon immer gekannt. Es war fr die Fynns berhaupt kein Problem gewesen, die Anwesenheit eines zustzlichen Kindes in ihrer Gemeinschaft zu erklren. Das Mdchen wurde einfach als Tochter von einer der Cousinen Junas vorgestellt, die Cornwall verlassen hatte und nicht alle ihrer Kinder mit sich nehmen konnte. Keine unbliche Handlung in diesen Zeiten, seine Kinder bei einem solchen Notfall in der Familie zu verteilen. Alle Kinder der Familie hatten das Mdchen rasch akzeptiert, besonders Brianna war begeistert, weil sie nun nicht mehr die groe Schwester zu spielen hatte. Doch zwischen Cedric und Ceridwen war ganz einfach noch mehr was die Eltern natrlich mit einer gewissen Skepsis beobachteten. Ceridwen war weit fr ihr Alter, sehr weit, und Cedric stand vor dem Schritt vom Wechsel zwischen Junge und Mann. Doch Connor und Juna fanden keine Anhaltspunkte, die ihnen Sorgen machen mussten. Cedric hrte, wie die Stimme seines Vaters an Lautstrke zunahm. Und wie glaubt ihr soll das wohl geschehen? Sagt es mir bietet mir eine Lsung an, dann will ich die gerne annehmen. Die Kinder wussten genau, mit wem Vater sprach und worum es ging. Pater Gwydion war wieder einmal unangemeldet erschienen. Noch vor einem Jahr war das Verhltnis zwischen dem Baumeister und dem Pater khl, aber sachlich gewesen, denn man war mit der Fertigung der Kathedrale im Zeitplan. Das hatte sich gendert, auf drastische Art und Weise, denn die Kathedrale htte bereits vor ber einem halben Jahr geweiht und erffnet werden sollen, doch davon konnte zur Zeit keine Rede sein. Der Grund war schnell genannt die Welt hatte ein entsetzliches Jahr hinter sich. Vielleicht eines der schlimmsten der gesamten Historie dieses Planeten. Der schwarze Tod die Pest wtete ungehindert und ungehemmt in Europa. Britannien war noch mit am lngsten verschont geblieben, doch nun regierten auch hier Tod, Angst und Hysterie. Religise Fanatiker wiegelten das Volk gegen jeden auf, der irgendwie fremd wirkte Mann, Frau oder Kind, da wurden keine Unterschiede gemacht, denn sie alle konnten die Seuche ins Land gebracht haben. Es war schrecklich zu sehen, wie berall die Scheiterhaufen scheinbar aus dem Boden wuchsen. Die Unschuldigen starben voller Qualen im Feuer. Selbstgeielungen waren an der Tagesordnung, Sekten entstanden und verlangten von ihren Mitgliedern die obskursten Handlungen. Andere Kreise gingen mit dem drohenden Ende vollkommen anders um und verbrachten ihre vermeintlich letzten Tage in Vllerei und Orgien. Die Welt stand auf dem Kopf In den groen Stdten huften sich die Leichenberge an den Straenrndern, whrend auf dem Lande jeder versuchte, sich gnzlich von allen anderen rumlich zu distanzieren. Die Angst vor der schrecklichen Krankheit brachte so auch noch die Einsamkeit mit sich. Die Arbeiten an der Kathedrale waren bereits vor vielen Monaten ins Stocken geraten, denn die Fachleute vom europischen Festland erschienen einfach nicht mehr. Connor Fynn war rasch klar geworden, dass es keinen Sinn hatte auf die Mnner zu warten. Sie wrden nicht mehr kommen kommen knnen. Auf Ersatz war nicht zu hoffen. Als die Pest schlielich Cornwall wie eine bse Welle berflutete, blieben immer mehr der Arbeiter der Baustelle fern. Die einen erkrankten, die anderen frchteten sich vor der dort herrschenden Menschenansammlung. Vor drei Monaten dann kam die Arbeit zum Erliegen. Connor hatte Verstndnis fr die Arbeiter und die Hndler, die lngst das Weite gesucht hatten. Sie flohen vor der Seuche, nicht wissend, dass die sie bereits an einem anderen Ort erwartete. Einer jedoch lie jedes Verstndnis vermissen Pater Gwydion. Seine Stimme klang beinahe hysterisch, als er Connor antwortete. Wie das geschehen soll? Das ist dein Problem, Baumeister Fynn, nicht meines! Die heilige Kirche will nicht lnger warten die Kathedrale muss fertiggestellt werden. Connor schttelte den Kopf. Ja, begreift ihr das denn nicht? Es gibt keine Arbeiter mehr, die bereit wren, den Bau zu vollenden. Selbst die Kirche wird akzeptieren mssen, dass die Menschen sich voller Furcht in ihren Htten verkrauchen und auf das Wunder hoffen, von der Seuche verschont zu bleiben. Gwydion lief wtend durch das Zimmer. Er wollte nicht hren, was Connor ihm hier erzhlte. Das ist nicht von Interesse such dir andere Arbeiter, wo auch immer. Die Kathedrale muss in krzester Zeit vollendet werden. Sie wird wie ein Schutzschild die Kste Cornwalls vor der Pest behten, sie wird Cedric zuckte zusammen, als er den dumpfen Knall hrte. Sein Vater hatte voller Wut mit der Faust auf den grob gezimmerten Tisch geschlagen. Genug, Gwydion! Ihr seid verbohrt, wollt die Wahrheit nicht sehen. Die Seuche ist doch lngst da! Unser aller Leben sind in Gefahr. Und ihr schwafelt von der schtzenden Macht eines Gebudes aus Stein? Gott selbst muss ein groes Wunder schicken, wenn die Seuche nicht alles Leben dahinraffen soll. Doch dieses Wunder ist ganz sicher nicht die Kathedrale. Und nun verschwindet aus meinem Haus und kommt erst wieder, wenn ihr euren gesunden Menschenverstand wiedergefunden habt! So energisch und laut hatte Cedric seinen Vater noch nie erlebt. Und Connor Fynn hatte Erfolg mit seinem Ausbruch. Die Kinder hrten wie die Haustr wtend zugeschlagen wurde. Pater Gwydion hatte verstanden, zumindest fr den Augenblick. Als die Kinder vorsichtig die Tr zur Stube ffneten, sahen sie, dass Mutter beruhigend auf ihren Mann einredete. Der nickte immer wieder. Aber in einem kann ich Gwydion nicht widersprechen, Juna. Ich bin der Baumeister, also muss ich mich um die Kathedrale kmmern. Ich war nun schon vier Tage nicht mehr dort. Das soll sich ndern. Sein Blick fiel auf die Kinderschar. Cedric und Ceridwen begleitet ihr mich? Wir fahren zur Kathedrale. Ich muss auf dem Laufenden sein, was sich dort tut, auch wenn dort niemand arbeitet. Natrlich wollten die beiden Connor begleiten und nur Minuten spter saen sie hinten auf der Ladeflche des Karrens, der von zwei nicht mehr sehr jungen Pferden gezogen wurde. Connor enterte den Kutscherbock und sie fuhren los. berrascht registrierte Cedric, dass Vater sein Schwert und mehrere lange Dolche mitgenommen hatte, die jetzt hinter den Kindern lagen. Connor bemerkte den fragenden Blick seines Sohnes. Die Zeiten sind mehr als unsicher. Connor Fynn wollte die Kinder nicht beunruhigen, doch er war immer dafr ihnen die Wahrheit zu sagen. Wir wissen nicht, wer oder was uns beim Bauplatz erwartet. Ceridwen knuffte Cedric in die Seite. Zumindest entgehen wir durch diese Fahrt dem zweiten Badedurchgang deiner Mutter. Cedric grinste. Juna Fynn hatte instinktiv eine Waffe gegen die drohende Seuche fr sich und ihre Familie entdeckt, die man ganz einfach mit Reinlichkeit umschreiben konnte. Irgendetwas in ihr glaubte fest daran, dass die unsglichen hygienischen Verhltnisse, in denen die meisten Menschen in diesen Zeiten lebten, fr jede Krankheit eine Einladung sein mussten. Sie konnte ja nicht ahnen, wie richtig sie damit lag. Die Kinder fanden es berhaupt nicht lustig pltzlich zweimal am Tag in den Badebottich gesteckt zu werden aber wie htten sie sich wehren knnen? Allerdings teile Cedric Ceridwens Hoffnung da nicht so richtig. Da kennst du aber meine Mutter schlecht. Ganz sicher wartet der Zuber auf uns, wenn wir zurckkehren. Darauf darfst du ruhig wetten. Er verzog das Gesicht zu einer Grimasse, die Ceridwen zum Lachen brachte. Connor Fynn fiel in das Kichern der Kinder mit ein. Zum ersten Mal an diesem Tag hatte es jemand geschafft, ihn von seinen Sorgen abzulenken. Als sie das Waldstck durchquerten, das Ceridwen in keiner guten Erinnerung hatte, versiegte die Frhlichkeit fr einige Minuten. Schlielich hatten sie ihr Ziel erreicht. Die Steilkste schien den mit dunklen Wolken verhangenen Himmel beinahe anzukratzen, doch nichts kam dem so bedrohlich nahe wie die Spitze der Kathedrale, die auf ihre Vollendung wartete. Das mchtige Steinkreuz, das oben aufgesetzt werden sollte, war nicht geliefert worden; es war von einem Steinmetz in Frankreich gefertigt worden und sollte per Schiff an diese Kste gebracht werden. Doch der Warenverkehr zwischen Festland und Insel war nahezu zum Erliegen gekommen. Handelsschiffe mussten sich ber mehrere Wochen in Quarantne auf offener See gedulden, bis sie endlich anlegen durften. So sollte verhindert werden, dass noch mehr Pestkranke ins Land kamen. Wie sinnlos das war, ahnte in diesen Schreckenszeiten niemand, denn Seeleute konnte man von der Kste fernhalten Ratten jedoch nicht, und die trugen in ihrem Fell die Pest an Land. Connor Fynn lenkte den Wagen bis dicht vor das steinerne Monument. Er sprte einen Stich im Herzen, denn er war Baumeister durch und durch. Etwas unvollendet zu sehen, das war ein bser Traum fr ihn. Bevor er vom Kutschbock stieg, griff er hinter sich und fasste den Griff seines Schwertes. Cedric und Ceridwen verstanden den Blick des groen Mannes sehr gut. Wortlos bemchtigten sie sich der langen Dolche. Noch vor einem Jahr wre Cedric vor Stolz geplatzt, htte sein Vater ihm erlaubt, eine solche Waffe auch nur in die Hand zu nehmen. Ein Jahr und alles war so anders geworden Der kalte Griff der Waffe fhlte sich berhaupt nicht gut an. Cedric sehnte sich nach seinem Holzschwert und der abenteuerlichen Fantasie, die er und seine Geschwister fr sich entdeckt hatten. Wilde Krieger, hart umkmpfte Schlachten Feinde aus fernen Landen Freibeuter Alles schien nur ein Spa zu sein, ein buntes Abenteuer. Doch nun war er mitten in der Realitt gelandet. Sie gefiel ihm nicht, nein, ganz und gar nicht. Wie viele Tote hatte er in den vergangenen 12 Monaten sehen mssen? Wie viele Hungernde, Kranke und wie viele weinende Kinder? Das alles hatte seine eigene Kindheit brutal beendet. Er nickte Ceridwen zu, dann folgten beide mit gezckten Klingen Connor Fynn in das Gebude hinein. Durch die unverglasten Fenster fiel das Tageslicht ein und sorgte fr ausreichende Helligkeit. Vorsichtig bewegten sich der Mann und die Kinder vorwrts. Bei seinem vorletzten Besuch war Connor hier von zwei Mnnern angegriffen worden, die sich anscheinend huslich in der Kathedrale niedergelassen hatten. Den einen hatte der Baumeister in die Flucht schlagen knnen, doch der andere war mit einer schweren Eisenstange wie ein wilder Stier auf ihn losgegangen Connor hatte keine andere Wahl gehabt, als ihn zu tten. Heute jedoch blieb alles ruhig. Nur das Trippeln von Rattenfen strte die absolute Stille, die sich hier ausgebreitet hatte. Cedric schlug nach einem halben Dutzend der Nager, die keinerlei Scheu vor Menschen besaen. Fiepend suchten sie das Weite. Connor Fynn begann seinen Rundgang durch das Gebude. Cedric wusste genau, wie pedantisch sein Vater die Bausubstanz untersuchen wrde, denn Fynn musste exakt wissen, ob eine pltzliche Baufortfhrung problemlos gestartet werden konnte. Und von der musste er als Baumeister immer ausgehen. Vielleicht geschah ja ein Wunder und schon morgen traf ein Trupp Wanderarbeiter ein, die dringend Arbeit suchten. Eine Wunschvorstellung, doch eine andere hatte Fynn nicht. Vater wrde die Kinder nun fr mehr als eine Stunde berhaupt nicht wahrnehmen. Cedric gab Ceridwen einen Wink. Sie folgte ihm aus dem Kirchenschiff nach drauen. Das Mdchen schttelte sich. Da drin bekomme ich immer eine Gnsehaut. Ich wei, das ist Unfug, aber es gruselt mich in diesen Mauern. Cedric ging nicht darauf ein, doch insgeheim gab er Ceridwen Recht. Irgendetwas war in dieser Kathedrale, dass Tod und Zerstrung ausatmete. Nein, kein Wesen, kein Gespenst oder was sonst auch immer es waren die Steine, perfekt gemauert, doch nicht fr die Ewigkeit! Das war verrckt, Cedric wusste es, doch er glaubte nicht, dass der Bau je zu einer geweihten Kathedrale werden konnte. Etwas wrde geschehen, dass dies verhinderte. Cedric verfgte ber keine seherischen Fhigkeiten, hatte keine Gesichter, doch dieses Gefhl tuschte ihn nicht. Da war er sicher. Die Kinder hatten Zeit, also schlenderten sie gemchlich zur Abrisskante der Steilkste. Cedric wusste sehr wohl, wie sehr Ceridwen den Blick auf das offene Meer liebte. Knapp vor dem ghnenden Abgrund hockten die beiden sich auf den kahlen Boden. Lange Minuten genossen sie den Ausblick, doch dann unterbrach Ceridwen die Stille. Was wird nur geschehen, Cedric? Der Junge war verwirrt. Mit der Kathedrale? Oder was wolltest du fragen? Ceridwen schttelte den Kopf und ihre geschwrzten Haare, die im vergangenen Jahr gewachsen waren, wehten um ihr schnes Gesicht, das Cedric am liebsten immer und immer berhrt htte. Doch das tat er natrlich nicht. Ceridwen htte fr ihn nun etwas wie eine zustzliche Schwester sein sollen, doch das war sie nicht, wrde sie auch niemals sein. Da war weit mehr! Sollte er ihr das vielleicht sagen? Entweder wrde sie ihn auslachen oder eine schallende Backpfeife verpassen. Auf beides verzichtete Cedric nur zu gerne. Also schwieg er ber diese merkwrdigen Gefhle, die in ihm brodelten, wenn er nur in Ceridwens Nhe war. Ceridwen blickte ihn an und wieder einmal fragte sie sich, was sie am Blick in Cedrics Augen so irritierte. Irgendetwas war dort mal so, mal so sie fand einfach keinen passenden Begriff fr das Phnomen. Er war Cedric, natrlich, doch von einem Tag auf den anderen schien es ihr manchmal, als htte er sich innerlich einmal um sich selbst gedreht. Ceridwen schalt sich selbst eine Nrrin, denn das klang nach einem riesengroen Bldsinn, den sie sich da selbst einredete. Andererseits hatte sie schon so oft bemerkt, wie Juna und Connor Fynn sich merkwrdige Blicke zuwarfen, wenn sie ihren ltesten Sohn beobachteten. Ceridwen wagte jedoch nicht, ihre Wohltter darauf anzusprechen. Mit keinem einzigen unbedachten Wort wollte sie diese groartigen Menschen verrgern niemals! Sie hatten ihr das Leben gerettet, ihr ein Dach ber dem Kopf gegeben und noch viel, viel mehr: eine Familie. Ceridwen lchelte Cedric an. Nicht mit der Kathedrale, nein. Ich muss nur immerzu darber nachdenken, was geschieht, wenn diese furchtbare Krankheit auch vor uns nicht Halt machen sollte. Soll denn die ganze Welt sterben? Viele Leute reden von der Rache Gottes, der so vollenden will, was er damals mit der Arche und Noah begonnen hatte. Was glaubst du? Werden alle an der Pest sterben? Ich will euch aber nicht verlieren Cedric wusste nun berhaupt nicht mehr wie er reagieren sollte. Linkisch streichelte er Ceridwens Hnde, die das Mdchen wie zum Gebet zusammengefhrt hatte. Nein, hab keine Angst. Du wirst uns nicht verlieren. Ich denke, wenn man nur gut aufpasst, dann kann einem die Seuche nichts anhaben. Wir mssen versuchen, so wenig wie mglich dorthin zu gehen, wo sich viele Menschen aufhalten. Er war sich nicht sicher, ob das irgendeine rettende Wirkung haben konnte, doch etwas Besseres fiel ihm dazu nicht ein. Wenn die halbe Welt fr Rettung betete, die andere Hlfte nach einer Lsung suchte wie sollte ausgerechnet ein dreizehnjhriger Junge das Patentrezept parat haben? Doch das wollte die junge Frau ja auch berhaupt nicht von ihm haben sie wollte Trost, ein wenig das Gefhl geborgen zu sein. Und da Cedric den ersten Schritt nicht machte, tat das Ceridwen. Geschickt lehnte sie ihren Kopf so an Cedrics Schulter, dass der gar nicht anders konnte, als einen Arm um Ceridwens Schulter zu legen. Ein Beobachter htte ber diese vorsichtige Art der Annherung wahrscheinlich amsiert gelchelt, doch fr die zwei Akteure war das ein groer Augenblick. Um sie herum schien sich eine Luftblase gelegt zu haben, die beide von allem abschnitt, was um sie herum geschah. Beide htten spter nicht sagen knnen, wie lange sie so da gesessen hatten. Cedric erinnerte sich nicht einmal mehr an alles, was sie sich zugeflstert hatten, doch eine Sache verga er nie. Ceridwen hatte ihm lange und intensiv in die Augen geschaut. Deine Augen sind fr mich ein groes Rtsel, Cedric. An manchen Tagen sprhen sie vor Leben, so, als knnten sie berhaupt nicht genug zu sehen bekommen und dann wieder sind sie wie eine Nacht ohne Sterne Starless das wre ein passender Beiname fr dich. Dann hatte sie ihren Kopf wieder an Cedrics Schulter gelegt und einfach nur diese Momente genossen, die in diesen verunsichernden Zeiten so wertvoll waren. Es war Ceridwens Schrei, der diese merkwrdige Atmosphre mit einem Schlag beendete. Sie lste sich von Cedric und streckte den rechten Arm in Richtung der See aus. Die Stimme der blutjungen Frau berschlug sich. Sieh hin, sieh doch hin! Segel schwarze Segel am Horizont! Lange Sekunden starrte Cedric in die angegebene Richtung und konnte nichts erkennen, doch dann wurde ihm klar, dass Ceridwen eindeutig die besseren Augen von ihnen beiden hatte. Denn nun sah er es ja auch. Segel von einem zwei, nein drei Schiffen. Ein kalter Schauer lief ber Cedrics Rcken, denn die Segel waren tatschlich schwarz eingefrbt. Jeder, der in Kstennhe lebte, wusste, was das zu bedeuten hatte: Piraten! Was da auf die Steilkste zu kam, bedeutete Tod und Verderben. Drei Schiffe also eine der organisierten Freibeuterbanden, die blitzartig auftauchten, an einsamen Stellen der Kste eines Landes vor Anker gingen und wie die Heuschrecken ber Stdte und Drfer herfielen. Cedric versuchte abzuschtzen, wie weit die Schiffe noch entfernt waren, wie viel Zeit noch blieb, bis die Katastrophe nicht mehr abzuwenden war. Vielleicht drei, hchstens vier Stunden, dann wrden die Schiffe in sicherem Abstand zur Steilkste Anker werfen und ihre mordlsterne Besatzung mit den Beibooten an Land spucken. Cedric blickte nach rechts. Dort gab es eine winzige Bucht, die fr groe Khne nicht zu erreichen war, doch die Beiboote mit den Freibeutern konnten dort landen. Dann mussten die gesetzlosen Mnner und Frauen denn die gab es unter den Piraten in grerer Zahl, als man es glauben konnte nur noch den relativ schmalen Pfad nach oben berwinden, der exakt hier vor dem Kathedralenbau endete. Hatten sie das geschafft, konnte sie nichts und niemand mehr aufhalten. Und wer wollte bezweifeln, dass sie es schaffen wrden? Cedric hatte berhaupt nicht bemerkt, dass Ceridwen zur Kathedrale gelaufen war, um Connor Fynn zu holen. Cedrics Vater legte seinem Sohn die Hnde schwer auf dessen Schultern. Der Himmel mge uns beistehen. Was da auf uns zukommt, dass ist die Pest in Menschengestalt. Cedric wies mit der Hand auf den Steilpfad. Sie knnen nur dort hoch, nicht wahr? Connor nickte. Er begriff, was sein Sohn andeuten wollte. Gut erkannt, Cedric. Er warf einen Blick voller Bewunderung und Besttigung auf seinen ltesten. Cedric war immer etwas ganz Besonderes gewesen, oftmals mehr, als es Connor und Juna lieb gewesen war. Der Baumeister gab sich einen Ruck. Wenn wir sie noch aufhalten wollen, dann in dem Augenblick, wenn sie an Land gehen und diesen Pfad betreten. Hrt mir zu. Die Kinder wandten sich dem Baumeister zu. Ich fahre los, werde versuchen, alle Mnner, die eine Waffe tragen knnen, hierher zu holen. Ihr bleibt hier und beobachtet. Nicht mehr! Habt ihr verstanden? Noch ehe sie ihre Boote aussetzen, bin ich wi