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Biogas Etwa 50% der Stromerzeugung aus Biomasse geht in D auf die Erzeugung von Biogas zurück In der Landwirtschaft ist der privilegierte Strom- und Wärmeabsatz ein eigenständiger Wirtschaftszweig geworden. Der Landwirt behält die gesamte Wertschöpfungs- kette in eigener Hand In D gibt es ca. 7500 Biogasanlagen mit einer Gesamtleistung von etwa 3 200 MW (1 KKW hat eine elektrische Leistung von ca. 1 000 MW) Bernburg 2018

Biogas - bioanalytik-anhalt.de · Stoffgruppe Rohprotein Kohlenhydrate Rohfett Biogasertrag (l kg-1 TM) 700 790 ... (Biodiesel, Pflanzenöl als Zündöl) am weitesten verbreitet Bernburg

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Biogas

• Etwa 50% der Stromerzeugung aus Biomasse geht in D auf die Erzeugung von Biogas zurück

• In der Landwirtschaft ist der privilegierte Strom-und Wärmeabsatz ein eigenständiger Wirtschaftszweig geworden.

• Der Landwirt behält die gesamte Wertschöpfungs-kette in eigener Hand

• In D gibt es ca. 7500 Biogasanlagen mit einer Gesamtleistung von etwa 3 200 MW (1 KKW hat eine elektrische Leistung von ca. 1 000 MW)

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1. Biogas-Anlagengröße

Biogasanlagen können sowohl als landwirtschaftliche Einzelanlagen als auch als größere Gemeinschaftsanlagen mit optionaler Kofermentation von betriebsfremden Gärmateralien geplant werden. Die elektrische Generatorenleistung erstreckt sich von ca. 30 kW bei Einzelanlagen bis zu mehreren MW bei Großanlagen. Die mittlere elektrische Leistung bei Neuanlagen liegt derzeit bei ca. 415 kW.Das Fermentervolumen ist von Faktoren wie der Anzahl der Großvieheinheiten (1 GVE = 1 ausgewachsenes Rind) und der landwirtschaftlichen Anbaufläche abhängig. Das Fermentervolumen lässt sich aus der täglichen Substratzugabemenge (m³) und der mittleren Verweilzeit im Fermenter berechnen.

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2. Investitionskosten

100 kW – 850.000 €

250 KW – 1,6 Mio. €

500 KW – 2,3 Mio. €

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3. Wieviel Strom produziert eine Biogasanlage?

Die Stromproduktion ist von der Menge des erzeugten Biogases abhängig. Pro Großvieheinheit können jährlich 400 - 500 m³ Biogas erzeugt werden. Beim Einsatz nachwachsender Rohstoffe sind zwischen ca. 4.000 und 7.000 (Wiesengras) und zwischen ca. 7.000 und 10.500 (Silomais/Futterrüben) m³ Biogas pro ha Anbaufläche zu erwarten. Mit 1 m³ Biogas können, je nach Methananteil, 1,9 bis 3,2 kWh Strom erzeugt werden. Für je 2.500 m³ Biogas pro Jahr sind i.d.R. 1 kW-Anlagenleistung (elektrisch) zu installieren.

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4. Investitionen & Erlöse: Was eine Biogasanlage kostetDie Investitionskosten je kW installierter Leistung betragen zwischen ca. 2.000 und 3.000 €/kW für gößere Anlagen und rund 5.000 bis 7.000 €/kW bei kleineren (Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe). Die Kosten hängen u.a. vom eingesetzten Motoren-Typ (Zündstrahl- oder Gas-Otto-Motor) und der Einbeziehung vorhandener Bausubstanz ab, die ggf. genutzt werden kann. Für eine Anlage mit einer max. elektrischen Generatorenleistung von 150 kW beträgt die Grundvergütung laut EEG 14,3 Cent pro kWh. Die Erlöse aus dem Stromverkauf betragen in diesem Beispiel ca. 140.000 €/Jahr (zum Biogas-EEG-Vergütungsrechner!)

BiogasFunktionsschema einer landwirtschaftlichen Biogasanlage

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Biogas

• Der Gärraum (Fermenter) ist gas- und wasserdicht und lichtundurchlässig

• Eine Heizungsanlage bringt das Gärsubstrat auf die Prozesstemperatur

• Das Rührwerk sorgt für die Verhinderung von Schwimmschichten zur Verbesserung des Gasaustritts. Das Gärsubstrat wird durchmischt und fördert so den Kontakt von Bakterien und Substrat. Zu intensive Rührtätigkeit muss aber vermieden werden, um die Lebensgemeinschaft der essigsäure- und methanbildenden Bakterien nicht zu stören

• Fazit: Langsam und in Zeitintervallen rotierende Rührwerke sind zweckmäßigBernburg 2018

BiogasEntstehung

Biogas ist ein Gemisch aus den Hauptkomponenten Methan und Kohlendioxid. An der Biogasbildung sind unterschiedliche Bakterienstämme beteiligt. Der Bildungsprozess verläuft in vier Phasen:

• Hydrolyse• Versäuerung (Acidogenese)• Essigsäurebildung (Acetogenese)• Methanbildung (Methanogenese)

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BiogasEntstehung

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BiogasEntstehung

Während der Hydrolyse werden die Makromoleküle der Kohlenhydrate, Fette und Eiweiße in niedermolekulare Verbindungen gespalten. Amylasen, Cellulasen, Lipasen und Proteasen wandeln die Polymere in ihre Monomere um, also in Einfachzucker, Alkansäuren, Glycerin, Aminosäuren. Die fortlaufenden Prozesse werden durch den pH-Wert (4,5 – 6) und die Verweildauer des Substrates beeinflusst.

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BiogasEntstehung

In der Versäuerungsphase nutzen die säurebildenden Bakterien die Stoffwechselprodukte aus der Hydrolyse. Es handelt sich um fakultativ anaerobe Bakterien, die bei einem pH von 6 – 7,5 und Temperaturen 30 – 32oC niedere (flüchtige) Fett(Carbon)säuren bilden. Es entstehen Ameisen, Butter-, Propion- und Milchsäure (= Hydroxycarbonsäure). Dazu kommen niedermolekulare Alkohole und als Gase CO2, H2, H2S und NH3. Der pH sinkt in der Versäuerungsphase. Weitere flüchtige Fettsäuren wie Valerian-, Capron- und Oenanthsäure sind Indikatoren für eine Prozessstörung.

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BiogasEntstehung

Während der Essigsäurebildung werden die organischen Säuren aus der Versäuerungsphase in Essigsäure, CO2 und H2

umgewandelt. Sie sind die Substrate für die Methanbildung. Die essigsäurebildenden Bakterien werden durch einen hohen Wasserstoffpartialdruck behindert und im Extremfall durch ihr eigenes Stoffwechselprodukt (den Wasserstoff im Substrat) abgetötet. Dies wird dadurch verhindert, dass die wasserstoffabhängigen methanogenen Bakterien dem System laufend Wasserstoff entziehen und in Methan umsetzen.Fazit: Es stellt sich ein symbiontisches Verhältnis zwischen acetogenen und methanogenen Mikroorganismen ein!

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BiogasEntstehung

Die letzte Abbaustufe ist die Methanbildung (Methanogenese). Sie findet auf zwei unterschiedlichen Wegen statt:

CH3COOH → CH4 + CO2 (acetotrophe Methanbildung)

CO2 + 4H2 → CH4 + 2H2O (hydrogenotrophe Methanbildung)

Die methanbildenden Bakterien sind streng anaerob. 70% des Methans entstehen aus der acetotrophen Methanbildung, 30% aus der hydrogenotrophen Methanbildung.

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BiogasProzesstemperaturen

Die anaeroben Bakterienstämme haben unterschiedliche Temperaturansprüche. Es gibt• psychrophile (˂ 25 oC)• mesophile (35 – 43 oC)• thermophile (˃ 45 oC)

Vertreter.

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BiogasProzesstemperaturen

• Bei psychrophilem Betrieb lange Verweilzeiten und geringe Gasproduktion

• Landwirtschaftliche Anlagen meist mesophil mit hoher Betriebssicherheit. Tägliche Temperaturschwankungen von 2 bis 4oC werden toleriert.

• Für den thermophilen Betrieb sind die Ansprüche an die Betriebs- und Prozessführung sehr hoch. Temperatur-abweichung von 1oC stört bereits den Gärprozess.

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BiogasProzessstörungen

Es gibt sechs wichtige Störfaktoren:

• Substrateigenschaften• Luft- und Lichtzutritt• Temperaturbedingungen• Intrinsischer pH-Wert• Nährstoffkonzentrationen• Hemmstoffkonzentration

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Biogas, ProzessstörungenProzessstörungenOptimale und kritische/toxische Wertebereiche wichtiger Fermentationsparameter (KAISER et

al. 2007, LINKE et al. 2011, SCHATTAUER et al. 2011, EDER 2012, EFFENBERGER et al. 2012)

Parameter/Milieufaktoren Einheit Optimal Kritisch/Toxisch

pH-Wert ohne 7,5 – 8,1 ˂ 7,1; ˃ 8,1

Trockensubstanz (TS) % 3 - 9 ˂ 3; ˃ 12

Organische Trockensubstanz (oTS)NH4

++NH3

NH3

H2SEssigsäure

%g l-1

mg l-1

mg l-1

mg l-1

2,4 – 5,5˂ 3

˂ 200 - 400

0 – 1 000

˂ 2,4; ˃ 6,5˃ 3

˃ (250) 500 – 800˃ 100

˃ 3 000

Propionsäure(iso-)Buttersäure

mg l-1

mg l-10 – 2500 - 50

˃ 1 000˃ 300

(iso-)Valeriansäure mg l-1 0 - 50 ˃ 150

Flüchtige org. Säuren (FOS),

gesamt

mg l-1 0 - 1500 ˃ 4500Bernburg 2018

BiogasGasausbeute

Die Kalkulation der Gasausbeute ist wichtig für:• Die Bedarfsprognose der Substratmengen für

eine geplante oder bestehende Biogasanlage• Die Eignung von Energiepflanzen für die

Biogaserzeugung• Die qualitätsabhängige Preisbildung für

Substrate bei Arbeitsteilung zwischen Produzent und Abnehmer

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BiogasGasausbeute

Die Substratbewertung erfolgt • über Gärtests in kleinen Fermentern• über chemische Laborunter-

suchungen

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BiogasGasausbeute

Für die chemische Bewertung werden die verdaulichen Anteile der KH, Proteine und Fette nach der Futtermittelanalyse berechnet und mit Gasbildungswerten für die einzelnen Stoffgruppen multipliziert

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BiogasGasausbeute

Gasausbeute und Methananteil bei der Vergärung von Rohprotein, Kohlenhydraten und Rohfett(BASERGA 1998)Stoffgruppe

Rohprotein

Kohlenhydrate

Rohfett

Biogasertrag (l kg-1 TM)

700

790

1 250

Methangehalt (%)

70

50

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BiogasanlagenBerechnungsgrößen (1)

Faulraumbelastung (BR)- Menge an umzusetzender org. Masse pro m3

Reaktorvolumen und Tag (z.B. 3 kg oTS/m3d)

Beispiel: Volumenstrom Gülle = 10m3/d (entspricht 120 Milchkühen)Konzentration oTS = 6% = 60g oTS/L =60 kg oTS/m3

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BiogasanlagenBerechnungsgrößen (2)

Reaktorvolumen (VR) = (Volumenstrom x Konzentration oTS) : BR

VR = 600 kg oTS/d : 3 kg oTS (m3/d) = 200 m3

Verweilzeit (T) = Fermentervolumen (200m3) : Volumenstrom (10m3/d) = 20 d

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BiogasanlagenBerechnungsgrößen (3)

Gasproduktion (VG)0,3 m3 Biogas/kg oTS (Wert für Gülle!)

VG = 0,3 m3 Biogas/kg oTS x 600 kg oTS/d

180 m3 Biogas/d

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BiogasanlagenBerechnungsgrößen (4)

Enrgieerzeugung (Strom und Wärme)Energiegehalt von Biogas = 6 KWh/m3

6 KWh x 180m3/d= 1080 KWh/d :24 = 45 KWel.+th. (ca. 15 KW

el.)

15 KWel. x 24 = 360 KWh el. x 0,17 €/KWhel. = 61 €/d

kWh = Energiemenge, die bei einer Leistung von einem Kilowatt (1 kW) innerhalb von einer Stunde umgesetzt wird. Es handelt sich also um ein Kilowatt multipliziert mit einer Stunde und nicht etwa ein „Kilowatt pro Stunde“!

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BiogasVerwendung

Durchschnittliche Zusammensetzung von Biogas (FNR 2012)

Bestandteil

Methan (CH4)Kohlendioxid (CO2)Wasserdampf (H2O)Schwefelwasserstoff (H2S)

Sauerstoff (O2)Stickstoff (N2)Ammoniak (NH3)Wasserstoff (H2)Spurengase

Konzentration

50-75 Vol.-%25-45 Vol.-%2-7 Vol.-%

20-20 000 ppm

˂ 2 Vol.-%˂ 2 Vol.-%˂ 1 Vol.-%˂ 1 Vol.-%˂ 2 Vol.-%

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BiogasAufarbeitung

Für die Verwertung im BHKW wird Rohbiogas getrocknet, filtriert und entschwefelt

• Getrocknet wird durch Kühlung des Gases in einer Leitung, in der Wasserdampf kondensiert und in einem Abscheider gesammelt und entsorgt wird. Auch wasserlösliche Gase und Aerosole werden erfasst.

• Die Entschwefelung erfolgt biologisch2H2S + O2 → 2H2O + 2S (Sulfobacter oxydans)

• oder chemischH2S + FeCl2 → FeS + 2HCl (Zugabe von Eisensalzen)ggf. Gaswäsche mit NaOH! (Na2SO4 unschädlich)Bernburg 2018

BiogasAufarbeitung

Zur Einspeisung des Biogases in das öffentliche Erdgasnetz muss

• auf 98% Methan aufgereinigt werden unter Abtrennung von CO2

• ein Geruchsstoff beigemengt werden• der Gasdruck auf den vorherrschenden Druck in der

Erdgasleitung angehoben werden

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BiogasVerwendung

• Die gekoppelte Erzeugung von Strom und Wärme erfolgt hauptsächlich in Blockheizkraftwerken, in denen ein Gasmotor einen Generator zur Stromerzeugung antreibt

• Durch die Kraft-Wärme-Kopplung können Biogasanlagen einen Wirkungsgrad von 80 bis 90% erreichen; d. h. 80 bis 90% der in Biomasse gebundenen Energie wird in Strom und Wärme umgesetzt

• Unter den Verbrennungsmotoren sind die Gas-Otto-Motoren (Methankonzentration ˃ 45%) und die Zündstrahlaggregate (Biodiesel, Pflanzenöl als Zündöl) am weitesten verbreitet

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Biogas Aufbereitung und Nutzung

(Zusammenfassung)

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BiogasAufbereitung

Die Dampfreformierung ist ein allothermer Prozess, der

nach der folgenden Gleichung abläuft:

CH4 + H2O ↔ CO + 3H2; ΔH = 206,2 KJ/mol

(Methan + Wasserdampf → Kohlenstoffmonoxid +

Wasserstoff; endotherm)

Zur Durchführung wird heißer Wasserdampf mit dem zu

reformierenden Gas (zum Beispiel Biogas) vermischt

und unter ständiger Energiezufuhr an einem

heterogenen Katalysator in die Gasphase umgesetzt.Bernburg 2018

BiogasVerwendung

Schematische Darstellung einer Brennstoffzelle

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BiogasNutzung der Gärreste

Für die Ausbringung ist die Einhaltung der „Guten fachlichen Praxis“ geboten:• Vor dem Ausbringen ist der Düngebedarf zu berechnen• Der Ammonium-N-Anteil ist neben dem Gesamt-N- und

dem Phosphatgehalt zu bestimmen• Die ausgebrachten Nährstoffmengen an N und P sind in die

betriebliche Nährstoffbilanz einzubeziehen• Unabhängig von der Kulturart ist die Obergrenze von 170 kg

N/ha einzuhalten• Das Ausbringeverbot in der Sperrfrist (01.11. bis 31.01. für

Ackerbau; 15.11. bis 31.01. für Grünland) ist einzuhalten. Es gibt im Herbst eine Mengenreduzierung mit max. 40 kg Ammonium-N bzw. 80 kg Gesamt-N/haBernburg 2018