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12 | Weihnachten draußen | Hilfe für Menschen auf der Straße 32 | In der Handwerksbäckerei | Keine kleinen Brötchen backen 16 | Museum für Naturkunde | Ein Mammut auf dem Wunschzettel 23 | 25 Verlosungen | z.B. FlicFlac – »Highlig Abend!« im Zelt an der Westfalenhalle 1.80 Euro Dezember 2012 | 90 Cent für den Verkäufer bodo Das Straßenmagazin SIEBEN SEITEN LITERATUR EXTRA PAULO COELHO IM INTERVIEW UND SEINE EXKLUSIVE WEIHNACHTSGESCHICHTE FÜR BODO

bodo Dezember 2012

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Die Dezember-Ausgabe des Straßenmagazins.

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Page 1: bodo Dezember 2012

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12 | Weihnachten draußen | Hilfe für Menschen auf der Straße

32 | In der Handwerksbäckerei | Keine kleinen Brötchen backen

16 | Museum für Naturkunde | Ein Mammut auf dem Wunschzettel

23 | 25 Verlosungen | z.B. FlicFlac – »Highlig Abend!« im Zelt an der Westfalenhalle

1.80 EuroDezember 2012 | 90 Cent für den Verkäufer bodo

Das Straßenmagazin

SIEBEN SEITEN LITERATUR EXTRA

PAULO COELHO IM INTERVIEW UND SEINE EXKLUSIVE WEIHNACHTSGESCHICHTEFÜR BODO

Page 2: bodo Dezember 2012

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EDITORIAL

BODO E.V. – SO ERREICHEN SIE UNS

Herausgeber | Verleger | Redaktion

bodo e.V.

Schwanenwall 36 – 38 | 44135 Dortmund

0231 – 950 978 0 | Fax 950 978 20

Redaktionsleitung und V.i.S.d.P.:

Bastian Pütter | [email protected]

0231 – 950 978 12 | Fax 950 978 20

Layout und Produktion:

Andre Noll | Büro für Kommunikationsdesign

0231 – 106 38 31 | [email protected]

Veranstaltungskalender:

Benedikt von Randow | [email protected]

Anzeigenleitung:

Bastian Pütter | [email protected]

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Vertriebsleitung:

Oliver Philipp | [email protected]

0231 – 950 978 0 | Fax 950 978 20

Autoren dieser Ausgabe:

René Boyke (rb), Paulo Coelho, Sandro Giuri

(sg), Wolfgang Kienast (wk), Maike, Jens May-

er (jm), Bastian Pütter (bp), Benedikt von

Randow (bvr), Rosi, Dr. Birgit Rumpel (biru),

Nina Schulz, Sebastian Sellhorst (sese)

Fotos: Bianka Boyke (12), Christian Eggers,

AP, dapd (31), Jan Kath Archiv (3, 6), Murat

Kayi Archiv (30), Lars Langemeier (5), Andre

Noll (3, 4, 5, 6, 32), Daniel Sadrowski (3, 32,

33, 46), Oliver Schaper (10, 11), Michael Sch-

wettman (14), Sebastian Sellhorst (3, 8, 9, 13,

43, 47), Claudia Siekarski (2, 7, 16, 17, 18,

19), Martin Steffen (4), Mena Urbitsch (7, 30),

Philip Volsem (36, 37)

Titelbild: Paul Mcleod

Zeichnungen + Cartoons: Volker Dornemann

Druck: Gebr. Lensing GmbH & Co. KG.

Auflage | Erscheinungsweise:

20.000 Exemplare (BO, DO und Umgebung)

Redaktions- und Anzeigenschluss:

für die Januar-Ausgabe 08.12.2012

Anzeigen:

Es gilt Anzeigenpreisliste Nr. 8, Juli 2012

Vertriebe:

Schwanenwall 36 – 38 | 44135 Dortmund

Stühmeyerstraße 33 | 44787 Bochum

Der Abdruck von Veranstaltungshinweisen ist

kostenfrei, aber ohne Gewähr. Für unaufgefordert

eingesandte Fotos oder Manuskripte wird keine

Haftung übernommen. Das Recht auf Kürzung

bleibt vorbehalten. Abdruck und Vervielfältigung

von redaktionellen Beiträgen und Anzeigen be-

dürfen der ausdrücklichen Genehmigung der

Redaktion. Leserbriefe und namentlich gekenn-

zeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die

Meinung der Redaktion wieder.

Verein:

bodo e.V. | als gemeinnützig eingetragen

im Vereinsregister Dortmund Nr. 4514

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bodoev.de | facebook.com/bodoev

Vorstand:

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Andre Noll | [email protected]

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Öffentlichkeitsarbeit:

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Transporte | Haushaltsauflösungen:

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bodos Bücher | Modernes Antiquariat:

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Mo. – Fr. 10 – 18 Uhr | Sa. 10 – 14 Uhr

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Anlaufstelle Bochum:

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Mo., Mi. und Fr. von 14 – 17 Uhr

Di. und Do. von 10 – 13 Uhr

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BLZ 440 501 99 | Kto. 104 83 76

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BLZ 430 500 01 | Kto. 104 062 54

Bank für Sozialwirtschaft Essen

BLZ 370 205 00 | Kto. 722 39 00

IMPRESSUM

02

Liebe Leserinnen und Leser,

wie viel ist passiert in diesem Jahr bei bodo! Nun

haben wir wieder eine Dezemberausgabe fertig-

gestellt und reiben uns die Augen: Vor einem Jahr

saßen wir dicht gedrängt in unseren ganz und gar

unzureichenden Räumen am Dortmunder Hafen,

hatten so viele Pläne und konnten es kaum erwar-

ten, die nächsten großen Schritte zu wagen.

Ihre Unterstützung im letzten Dezember ermöglichte

es, unseren Wunsch nach einem „Dach, unter dem

Platz für alle ist“ zu verwirklichen. Beinahe so etwas

wie ein Neuanfang. Nicht nur eine wachsende Zahl

Mitarbeiter und Auszubildender hat nun Platz, son-

dern wir können auch unseren Zeitungsverkäufern

wie in Bochum endlich ausreichend Platz bieten, für

das Aufwärmen und Ausruhen bei unseren Verkäufer-

cafés, für Beratung und Gespräche.

Stolz können wir sagen: Ihre Unterstützung hat

sich ausgezahlt – vielen Dank an alle Unterstützer!

Auch in diesem Dezember nehmen wir uns heraus,

etwas mehr über uns zu erzählen als sonst. Es geht

dabei um „Gute Geschichten“, so heißt unsere Spen-

denaktion in diesem Jahr. Einerseits führt uns die

steigende Nachfrage nach Hilfe und Beratung immer

wieder an unsere Grenzen, andererseits sehen wir,

was möglich ist, wenn Menschen in tiefen Krisen bei

uns neues Zutrauen in die eigenen Kräfte gewinnen.

Mit Ihrer Unterstützung schreiben Sie mit an diesen

guten Geschichten.

Auch für 2013 haben wir uns viel vorgenommen.

Inzwischen bieten wir in Bochum soziale Stadtfüh-

rungen durch Verkäufer des Straßenmagazins an

und unser Helferteam-Projekt wird gut organisiert

das Ehrenamt viel stärker als bisher in unserer

Arbeit verankern.

An neuen Konzepten für weitere Projekte wird

weiter gefeilt. Im Februar feiern wir aber erst

einmal unsere „Volljährigkeit“: Das Straßenmagazin

wird 18 – wir werden, na ja, „erwachsen“. Es wird

eine kleine Geburtstagsparty in Dortmund geben,

zusätzlich wird das ganze Jahr über unser Buchla-

den Veranstaltungsort für Lesungen, Konzerte und

Diskussionsveranstaltungen sein. Und nicht erst

dann: Unsere Veranstaltungen im Dezember finden

Sie auf Seite 7.

Für Ihre große Unterstützung möchten wir etwas zu-

rückgeben und haben diese Ausgabe deutlich erwei-

tert: Der brasilianische Bestsellerautor Paulo Coelho

ist seit diesem Jahr Botschafter des internationalen

Netzwerks der sozialen Straßenzeitungen. Uns hat er

ein Interview gegeben und exklusiv eine Weihnachts-

geschichte geschenkt. Eine kleine zusätzliche Lektüre

für die Feiertage und ein großherziges Geschenk eines

der meistgelesenen Autoren der Welt.

Um dieses „Literatur Extra“ herum haben wir

ein Heft gemacht mit Geschichten von hier mit

Menschen von hier: Ein Bochumer Teppich-Revo-

lutionär, eine Frau, die sich ein Mammut wünscht,

ein Dortmunder in Mölln, Bäcker, die keine kleinen

Brötchen backen wollen, Pfarrer, die feinen Pop vor

den Altar holen, ein Römer, der „minimal“ kocht,

Wohnungslose, die sich auf einen Gänsebraten

freuen und viele mehr.

Wir wünschen Ihnen gute Unterhaltung. Schreiben

Sie uns, was Sie gerne einmal bei uns lesen würden –

und empfehlen Sie uns weiter.

Frohe Weihnachten und ein gutes Neues Jahr!

Bastian Pütter, Redaktionsleitung

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INHALT 03

02 Editorial | Impressum

04 Menschen Jan Kath von Jens Mayer

Jan Kath aus Bochum zeigt, dass Teppiche weder bieder noch langweilig

sind, sondern echte Design-Highlights sein können. Mit seinem Team hat

er für eine „Teppich-Revolution“ gesorgt, gehört seit einem Jahrzehnt zur

internationalen Speerspitze der Szene. Seine von der Industriekultur inspi-

rierten Kunstwerke sind begehrt – auch am Fürstenhof Monacos.

07 bodo Veranstaltungen | Neues von bodo | Maikes Verkäufertagebuch

10 Neues von bodo Gute Geschichten von Bastian Pütter Menschen auf den Weg zu bringen, ihnen die Gelegenheit zu geben, neues

Zutrauen in die eigenen Kräfte zu gewinnen – das ist unsere Arbeit, und

sie schreibt „gute Geschichten“.

12 Straßenleben Weihnachten auf der Straße von Bastian Pütter

In der Weihnachtszeit rücken die Menschen auf der Straße kurz in die

Scheinwerfer der medialen Aufmerksamkeit. Doch Obdachlosigkeit ist das

ganze Jahr über eine schwere Last und ein Skandal zugleich. Aber es gibt

Hilfen, die den Weg, der in der Obdachlosigkeit endet, nicht zu einer Ein-

bahnstraße werden lassen.

14 Recht Eltern haften für ihre Kinder … nicht? von René Boyke

Eltern haften nicht zwangsläufig für das Verhalten ihrer Kinder im Internet.

Was sich an der Gesetzeslage ändert, erklärt Rechtsanwalt Rene Boyke.

14 Kultur Urban Urtyp von Wolfgang Kienast

Kirchenkonzerte ganz anders. Wir haben Pfarrer Thomas Wessel in der

Bochumer Christuskirche besucht und uns die Veranstaltungsreihe „Urban

Urtyp“ erklären lassen.

15 Wilde Kräuter Schafgarbe.2 von Wolfgang Kienast

Wer keine Lust auf Ikea-Glögg hat, bekommt diesen Monat ein Rezept für

Schafgarben-Punch.

16 Reportage Ein Mammut auf dem Wunschzettel von Wolfgang Kienast Vor 100 Jahren wurde das Dortmunder Museum für Naturkunde gegründet.

Wir sprachen mit der jetzigen Direktorin, Frau Dr. Dr. Elke Möllmann über

die Zukunft einer Institution mit Geschichte.

20 Kommentar Halten wir es aus! von Bastian Pütter

Eine Großstadt ist kein Hochglanzprospekt. Ein Plädoyer für einen ent-

spannteren Umgang mit Berichterstattung über ihre Schattenseiten

20 News | Skotts Seitenhieb

22 Netzwelt wheelmap.org von Sebastian Sellhorst

Welche Hürden muss ich überwinden, wenn ich einen Kaffee trinken oder

ein Buch kaufen will? Die Webseite wheelmap.org hat das Ziel, den Alltag

von Menschen mit Behinderung ein wenig einfacher zu gestalten.

22 Kinotipp Tabu im endstation.kino

23 Veranstaltungskalender | Verlosungen | CD-Tipps von Benedikt von Randow

30 Interview 20 Jahre Mölln von Bastian Pütter und Nina Schulz

Ibrahim Arslan überlebte als Kind den rassistischen Mordanschlag auf sei-

ne Familie, bei dem drei Familienmitglieder starben. Im Internet las er die

Texte des Kabarettisten und Musikers Murat Kayi und wünschte sich den

Dortmunder als Gast beim Gedenkkonzert zum 20. Jahrestag des Anschlags.

bodo sprach mit beiden.

32 Reportage In der Handwerksbäckerei von Sandro Giuri

Als Helmut Klemme, Präsident des Verbandes der Deutschen Großbäckerei-

en verkündete, bis 2020 werde ein Drittel der Bäckereien in Deutschland

den Betrieb einstellen, war die Aufregung groß. 8.000 Klein- und Kleinst-

betrieben drohe das Aus, die Zahl der Auszubildenden sei seit Jahren

rückläufig, die Konkurrenz durch Selbstbedienungsbäckereien werde immer

härter. Ein Besuch beim Handwerk.

34 Neues von Rosi | von bodo-Verkäuferin Rosi

35 Sieben Seiten Literatur extra: Paulo CoelhoDer brasilianische Bestsellerautor im Interview und dazu exklusiv: „Die

Dinge sind nicht immer, wie sie scheinen“ – eine Weihnachtsgeschichte

von Paulo Coelho.

42 Literatur LeseempfehlungenZwei Neuerscheinungen, empfohlen von der bodo-Redaktion, und Lieblings-

bücher aus unserem Buchladen, vorgestellt von Mitarbeitern aus unseren

Arbeitsbereichen.

44 Rätsel | von Volker Dornemann

46 bodo geht aus 8 1/2 von Wolfgang Kienast

Salvatore Ciraldo hat sein Handwerk in Rom gelernt. „Wie dort gekocht wird,

entspricht genau meinen Vorstellungen. Ich nenne es ,minimal‘. Hochwerti-

ge Produkte aber keine Fonds und keine Geschmacksverstärker. Weniger ist

mehr, wenn man Geschmack auf Wesentliches konzentrieren möchte.”

47 Leserseite | Cartoon

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12 | Weihnachten draußen | Hilfe für Menschen auf der Straße

32 | In der Handwerksbäckerei | Keine kleinen Brötchen backen

16 | Museum für Naturkunde | Ein Mammut auf dem Wunschzettel

23 | 25 Verlosungen | z.B. FlicFlac – »Highlig Abend!« im Zelt an der Westfalenhalle

1.80 EuroDezember 2012 | 90 Cent für den Verkäufer bodo

Das Straßenmagazin

SIEBEN SEITEN LITERATUR EXTRA

PAULO COELHO IM INTERVIEW UND SEINE EXKLUSIVE WEIHNACHTSGESCHICHTEFÜR BODO

Unser Titelbild der Dezember-Ausgabe:

Paulo Coelho (S. 35)

Foto: Paul Macleod

32160435 10

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Teppiche à la KathJan Kath

MENSCHEN | von Jens Mayer | Fotos: Martin Steffen · Lars Langemeier · Jan Kath Fotoarchiv04

Jan Kath aus Bochum zeigt, dass Teppiche we-der bieder noch langweilig sind, sondern ech-te Design-Highlights sein können. Mit seinem Team hat er für eine „Teppich-Revolution“ ge-sorgt, gehört seit einem Jahrzehnt zur inter-nationalen Speerspitze der Szene. Seine von der Industriekultur inspirierten Kunstwerke sind begehrt – auch am Fürstenhof Monacos.

Es passiert immer öfter, dass sich Neugierige zu

dieser etwas abgelegenen Straße in Bochum-Eh-

renfeld aufmachen. Dann stehen sie vor der Tür

und bitten um Einlass. Manche wollen einfach

nur mal vorbeischauen, andere kommen mit ei-

ner festen Kaufabsicht. Jan Kath und sein Team

weisen niemanden ab. Dabei handelt es sich

beim Hauptsitz des Unternehmens eigentlich

gar nicht um einen offiziellen Verkaufsraum. Die

Händler, die Kaths Ware im Sortiment führen, se-

hen das auch nicht besonders gerne.

Die riesige Halle in der alten Fabrik ist ein

sogenannter „Showroom“, den vor allem Ge-

schäftskunden und Vertriebspartner aus aller

Welt aufsuchen. An den Wänden hängen Kaths

Teppich-Kreationen wie Gemälde in einer Ga-

lerie, auf dem Boden davor stapeln sich viele

mehr. Dies ist auch der Ort, an dem der „Tep-

pichrevoluzzer“ mit seinen Designern die neu-

esten Kollektionen entwirft, die bald schon auf

den Messen in aller Welt vorgestellt werden,

beispielsweise gerade auf der India Carpet Expo

in Varanasi. Freunde haben Kath Bilder von den

anderen Ausstellern dort zugeschickt, die sich

am Kath-Stil „orientieren“, meint der Unterneh-

mer. „Um nicht zu sagen, dass eine Menge Eins-

zu-Eins-Kopien dabei sind“, lacht er. Jan Kath

weiß, dass diese Plagiate den Stellenwert seiner

Designs auf dem Weltmarkt unterstreichen.

Man könnte vermuten, dass Kaths beruflicher

Werdegang von Anfang an vorgezeichnet war.

Großvater und Vater leiteten eines der führen-

den Bochumer Teppichhäuser am Platz. „Wir

hatten immer viele Gäste aus dem Ausland. Am

Frühstückstisch saßen Leute aus Afghanistan

oder aus Kenia“, erinnert sich der 40jährige heu-

te. „Ich habe das alles so latent mitbekommen,

viel Know-how erfahren, ohne dass ich das wirk-

Page 5: bodo Dezember 2012

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05

lich wollte. Zwar habe ich dann sogar meine Aus-

bildung im Familienbetrieb gemacht, aber meine

Zukunft habe ich da nicht gesehen.“

Nach dem Zivildienst zieht es Jan stattdessen in

die große weite Welt. Er reist drei Jahre durch

Asien, besucht Goa, lebt das Leben, lernt neue

Menschen und Kulturen kennen. Bis er in der

Hauptstadt Nepals einen Job als Qualitätskon-

trolleur annimmt. Ausgerechnet in einer Tep-

pichmanufaktur. „Am Anfang war es tatsächlich

mehr Mittel zum Zweck, um dort zu bleiben“,

gibt er zu. „Ich fand das Land und die Kultur

cool, da waren viele Hippies unterwegs, und

ich habe halt in dieser Stadt gewohnt, das war

schon richtig cool. Aus damaliger Sicht war das

zunächst einmal die Hauptantriebsfeder, wobei

ich heute glaube, dass da immer etwas in mir

geschlummert hat, das zurück wollte.“

Zurück ins Geschäft mit den Teppichen. Auch,

wenn das hier nun ganz anders läuft als im el-

terlichen Einzelhandelsgeschäft. Plötzlich ist er

im weltweiten Großhandel tätig, übernimmt die

Manufaktur in Kathmandu nach einiger Zeit so-

gar: „Naiv wie ich war, hatte ich plötzlich einen

Betrieb mit 26 Leuten zu verantworten.“ Zu die-

sem Zeitpunkt ist Jan Kath 23 Jahre alt.

Siebzehn Jahre später ist er ein „Big Player“

im internationalen Teppich-Business. US-

Rockstars und Hollywood-Schauspieler statten

ihre Domizile begeistert mit seiner „contem-

porary rug art“ (dt. zeitgenössische Teppich-

kunst) aus. Ein bekanntes französisches Mo-

delabel beauftragt regelmäßig eine exklusive

Designlinie für seine luxuriösen Boutiquen. Als

Fürst Albert von Monaco 2011 Charlene Witt-

stock heiratet, schreiten die Adeligen ebenfalls

über einen roten Teppich von Jan Kath, der tra-

ditionelle Handwerkstechnik mit innovativen

Design-Ideen verbindet.

Neben der ersten Manufaktur in Nepal produziert

er mittlerweile in Indien und Marokko. Dabei

legt Kath Wert auf faire Arbeitsbedingungen,

verpflichtet sich durch die Zusammenarbeit mit

der Organisation STEP zur Einhaltung sozialer

und ökologischer Standards. Dass sich alleine

schon die hohen Qualitätskriterien und der Ar-

beitsaufwand – an ein einem Teppich knüpfen

durchschnittlich fünf Menschen drei bis vier Mo-

nate – auf die Verkaufspreise auswirken, erklärt

sich von selbst. Doch obwohl die Quadratmeter-

preise für die aufwändig hergestellten Einzelstü-

cke im vierstelligen Bereich liegen, ist der Erfolg

des Unternehmens in den vergangenen zehn Jah-

ren stetig gestiegen.

Kath kann von sich behaupten, „international

stilprägend“ für die Industrie zu sein. Er kann

es sich leisten, mit unkonventionellen Kollekti-

onen zu schockieren. Dass er hierfür selbst die

Ideen liefert, war anfangs keine rein künstleri-

sche Entscheidung: „Es stellte sich aber heraus,

dass ich gar kein Geld hatte, um Designer zu be-

zahlen.“

Also übernahm Kath den Job selbst und bat ei-

nen alten Kumpel, ihm bei der Umsetzung zu

helfen: „Ich habe ihn damals angehauen, weil

ich wusste, dass er Photoshop kann.“ Heute ist

Dino Feldmann der dienstälteste Mitarbeiter im

Team, das von Jahr zu Jahr wächst, wie man an-

hand der jährlichen Weihnachtskarte gut nach-

vollziehen kann, auf dem das Unternehmen alle

Angestellten abbildet.

Page 6: bodo Dezember 2012

6

„Der erste große Durchbruch kam mit einer

Kollektion, die für sich betrachtet gar nicht

sonderlich spektakulär ist“, erklärt Kath. „Ich

würde sie als klassische deutsche Architekten-

Kollektion beschreiben, da ging es um Qualität,

Strukturen und Haptiken. Allerdings haben wir

uns damals schon einen sehr teuren Fotografen

geleistet und sind in die Waschkaue der Zeche

Zollverein gegangen. Bevor die Zeche Zollverein

in aller Munde war und die ganzen Ausstellungen

dort stattgefunden haben. Wir haben diese Ku-

lisse benutzt, um diese sehr schlichten Teppiche

mit sehr hoher Qualität in Kontrast zu der Szene-

rie zu setzen. Das hat gezündet.“

Die Industriekultur der Region nennt Kath dann

einen der wichtigsten Einflüsse für seine Design-

ideen: „Nicht nur die Szenerie, sondern die The-

matiken Zerfall und Morbidität. Eine Frage wie

‚Was passiert, wenn sich die Natur Areale zu-

rückerobert’ findet man heute in vielen unserer

Kollektionen wieder.“ Ob auf der Domotex, der

weltgrößten Teppichmesse in Hannover oder der

belgischen Designmesse Kortrijk – Teppiche von

Kath sorgen für Aufmerksamkeit. Die unorthodo-

xen und verspielten Herangehensweisen kommen

06

an, die radikaleren Schritte bei Designs und Qua-

lität befeuern den Ruf nur weiter.

Die Frage, warum Kath mit seinem Team immer

noch zurückgezogen im wenig glamourösen Bo-

chum ansässig ist, bekommt er immer wieder ge-

stellt. „Natürlich hatte ich die Angebote, nach

Berlin oder ganz nach New York zu gehen, wo wir

auch einen Showroom haben“, gibt er zu. „Aber ich

bin in Bochum geboren und fühle mich hier wohl.“

So führt er – wenn auch über einige Umwege

– dann doch die familiäre Tradition fort. Seine

Eltern sind heute als Teil der Geschäftsführung

ebenfalls wieder mit dabei. Was den Standort

angeht, sieht Jan Kath die beschauliche Ruhr-

gebietsstadt als vorteilhaft für die Arbeit: „Wir

sind hier schon ziemlich abgekapselt“, meint

er. „Ich glaube, dass wir hier weniger Ablen-

kung haben und uns viel mehr auf ’s Wesentliche

konzentrieren können. Außerdem ist der Flug-

hafen Düsseldorf nicht weit, und von da geht

es in die Welt. Ich fühle mich hier sehr zentral

gelegen.“ (jm)

INFO www.jan-kath.de

Ω Jan Kaths „Headquarter“ mit Ausstellung und

Firmensitz in Bochum-Ehrenfeld. Weitere Show-

rooms sind in Berlin, Stuttgart und New York.

≈ Wie Gemälde in einer Galerie hängen dort die

Teppich-Kreationen an den Wänden.

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bodo-Weihnachtsmärkte | 04./05., 16. und 19./20.12.2012

Wir freuen uns, in dieser Weihnachtszeit ein-

mal „raus“ zu kommen. Zurzeit haben wir nur

einen einzigen (aber wirklich schönen) Laden

in Dortmund – das „bo“ in bodo kommt dabei

oft zu kurz. Umso mehr freuen wir uns, auf den

Weihnachtsmärkten in Bochum, Wanne und Her-

ne vertreten zu sein.

Auf den Märkten bieten wir Bücher, unsere neuen Umhängetaschen und Kunsthand-

werk von Schmuck bis Weihnachtsdekoration an. Unsere Stände werden auch Ausga-

bestellen des Straßenmagazins sein, Verkäuferinnen und Verkäufer unterstützen uns

und können sich bei uns mit heißen Getränken versorgen. Natürlich haben wir auch

Infomaterial dabei, freuen uns, mit Ihnen ins Gespräch zu kommen und berichten

gern von unserer Arbeit.

Am 4. und 5. Dezember starten wir auf dem Bochumer Weihnachtsmarkt, am 16. De-

zember sind wir auf dem Wanner Mondweihnachtsmarkt am Stadtteilzentrum Zeche

Pluto und am 19. und 20. Dezember haben Sie die Gelegenheit, späte Geschenke an

unserem Stand in Herne zu kaufen. Wir freuen uns auf Ihren Besuch!

Lesung: Durch den wilden Osten | 07.12.2012

18.000 Kilometer am Stück, in einem 20 Jahre

alten Ford Fiesta. Kai Schäder und Matthias Rau

fuhren von Dortmund nach Ulaanbataar. Sie ge-

hörten zu den Teams aus ganz Europa, die jedes

Jahr aufbrechen zur „Mongol-Rallye“, der Him-

melfahrtstour für den guten Zweck.

Mitfahren darf jeder, die einzigen Bedingungen:

Das Auto muss mindestens zehn Jahre alt sein, und es müssen mindestens 1.000 Pfund

(rund 1.200 Euro) an Spenden für soziale Projekte in der Mongolei gesammelt werden.

Die beiden kamen durch mit nur einer wirklichen Panne und zurück mit so vielen Ge-

schichten, dass Kai Schäder einfach aufschrieb, was die beiden in Turkmenistan, auf

der alten Seidenstraße, im Iran oder schließlich in der Mongolei erlebten.

„Durch den wilden Osten – Mit dem Fiesta Richtung Mongolei“ heißt sein Buch, aus

dem er am 7. Dezember in unserer Buchhandlung am Schwanenwall liest. Beginn ist

um 19.30 Uhr, der Eintritt ist frei. Wir sorgen für kalte und heiße Getränke, aber auch

Kai Schäder hat angekündigt, etwas Weitgereistes zum Probieren mitzubringen...

bodo verlost zwei Exemplare des Buches. (siehe Seite 23)

Migrantenpop Kinderwerkstatt | 08./09. und 15./16.12.2012

Der Dortmunder Musiker und Kabarettist Murat Kayi

(siehe Interview S. 30) und die Bühnenkünstlerin

Fräulein Nina, Langzeit-bodo-Autorin, ehemaliges

Vorstandsmitglied und uns trotz Erstwohnsitz in

Hamburg weiterhin eng verbunden, stehen immer

wieder gemeinsam auf der Bühne – z.B. mit ihrem

gemeinsamen Programm Migrantenpop.

Präsentiert vom Kulturrucksack NRW und vom Dortmunder Kulturbüro, veranstalten

die beiden nun eine Migrantenpop-Kinder- und Jugendwerkstatt jeweils am zweiten

und am dritten Adventswochenende – in Kooperation mit bodo.

Am 8. und 9. Dezember und am 15. und 16. Dezember jeweils von 12 bis 17 Uhr können

Kinder von 10 bis 12 Jahren bei uns lernen, wie man eine Zeitung macht, im Kultur-

zentrum Langer August, wie man Theater spielt und beatboxt und eine Menge mehr.

Wer mitmachen kann? „Diese Werkstatt ist für alle Kinder da“, sagen Nina und Murat,

„für große, kleine, Jungs und Mädchen, dicke, dünne, dunkle, helle.“ Die Veranstal-

tungen sind kostenlos.

Informationen und Anmeldung – für Eltern und Kinder – gibt es bei Murat Kayi:

0231 – 86 436 722 | www.migrantenpop.de

Diskussion: Zuwanderung | 10.12.2012

Am 10. Dezember veranstaltet der Euromayday

Ruhr in unserem Buchladen am Dortmunder

Schwanenwall 36 – 38 eine Diskussionsveran-

staltung mit dem Titel: „In der Hoffnung auf

ein besseres Leben. Südosteuropäische Ar-

beitsmigration im Konflikt mit Bürokratie und

Stammtisch.“

Der Euromayday Ruhr setzt sich seit 2010 mit prekären Lebens- und Arbeitsbedin-

gungen im Ruhrgebiet auseinander. Die VeranstalterInnen fragen: „Mit dem EU-Bei-

tritt von Rumänien und Bulgarien immigrieren Menschen aus diesen Ländern nach

Deutschland – auch nach Dortmund. Doch wer sind eigentlich diese Menschen, die

sich in der Hoffnung auf ein besseres Leben auf die Reise machen? Was sind ihre

Wünsche, ihre Träume, die Widerstände und Wirklichkeiten, auf die sie stoßen?“

Es wird eine Gesprächsrunde mit uns und der Beratungsorganisation für Sexarbeiter-

Innen Madonna e.V. aus Bochum geben und eine anschließende offene Diskussion.

Beginn ist 19.30 Uhr, der Eintritt ist frei, heiße und kalte Getränke gibt es wie immer

gegen Spende. www.euromayday.noblogs.org

bodo beim Honigdieb | 26.12.2012

Auch in diesem Jahr lädt Sir Hannes Smith, Punk

der ersten Stunde, Dortmunder Original, Platten-

händler und wandlungsfähiger Bühnenkünstler

Verkäuferinnen und Verkäufer des Straßenmaga-

zins zu seinem Weihnachtskonzert ins Dortmunder

FZW ein: Hier präsentiert er die vierte Platte sei-

ner Chanson-Punk-Folkrock-Band Honigdieb.

Im Mai haben wir Hannes, den wir schon lange, lange kennen, in bodo porträtiert

und von seinen bisher drei Leben geschrieben, zu denen auch eins gehörte, in dem er

selbst auf der Straße lebte. Er sprach vom Zusammengehörigkeitsgefühl der frühen

Punk- und Skinszene, von der Hilfsbereitschaft, die er von Obdachlosen erfahren hat

und von den Ausgestoßenen, die er im Umfeld seiner Band „Phantoms of Future“

versammelte: „Jeder Mensch braucht das Gefühl, gebraucht zu werden.“

Dass er auch dieses Jahr ganz von sich aus an uns denkt, freut uns sehr.

Als Hannes- und Honigdieb-Fans empfehlen wir natürlich auch allen LeserInnen die-

sen eher lauten Ausklang der Weihnachtstage: 26.12.2012, FZW Dortmund, Einlass 19

Uhr, Beginn 20 Uhr. Karten bei Idiots Records und allen Vorverkaufsstellen.

Projekt Soziale Stadtführung | 19.01.2013

Wie verbringen eigentlich Menschen auf der

Straße ihren Tag? Wo halten sie sich auf, welche

Angebote und Hilfen gibt es? Wie sieht die Stadt

aus der Sicht der „Menschen am Rand“ aus?

Bei unserer sozialen Stadtführung zeigen Ver-

käufer des Straßenmagazins „ihr“ Bochum. An

jedem 3. Samstag im Monat ist um 11 Uhr Treff-

punkt an unserer Bochumer Anlaufstelle in der Stühmeyerstraße 33. Erster Termin

ist der 19. Januar.

Bei einem zweistündigen Rundgang gibt es neue An- und Einsichten zu gewinnen. Ent-

lang des Tagesablaufs eines Menschen ohne Wohnung besuchen die Stadtführer Orte und

Einrichtungen, beschreiben eigene Erfahrungen und liefern Informationen zu den Hilfe-

und Selbsthilfenetzen in der Stadt. Übernachtungsstellen, Suppenküchen, Tageseinrich-

tungen liegen auf dem Weg. Zum Abschluss gibt es ein Getränk bei bodo.

„Teilnahmegebühr“ ist der Kauf eines Straßenmagazins bei unserem Stadtführer.

Über eine kleine Spende an den Verein freuen wir uns. Stadtführungen können darü-

ber hinaus von Gruppen gebucht werden. Rufen Sie uns an!

07bodo-Veranstaltungen

Page 8: bodo Dezember 2012

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Mo. – Fr.: 9 Uhr – 18.30 Uhr

Sa.: 9 Uhr – 14 Uhr

Termine nach Absprache von 8 Uhr – 20 Uhr

08 NEUES VON BODO | www.bodoev.de | www.facebook.com/bodoev

bodo ist für Sie da

Geschäftsleitung

Tanja Walter

[email protected]

Verwaltung

Brigitte Cordes

[email protected]

Redaktion und

Öffentlichkeitsarbeit

Bastian Pütter

[email protected]

Vertrieb

Oliver Philipp

[email protected]

bodos Bücher

Suzanne Präkelt

[email protected]

bodos Bücher Online

Gordon Smith

[email protected]

Transporte und

Sachspenden

Brunhilde Dörscheln

[email protected]

montags bis freitags von 9 bis 16 Uhr

unter dieser zentralen Rufnummer:

0231 – 950 978 0

Mail: [email protected] | Fax: 0231 – 950 978 20

Oder Sie besuchen uns:

Schwanenwall 36 – 38 | 44135 Dortmund

Mo. bis Fr. 10 – 18 Uhr | Sa. 10 – 14 Uhr

Stühmeyerstraße 33 | 44787 Bochum

Mo., Mi. u. Fr. 14 – 17 Uhr

Di. u. Do. 10 – 13 Uhr

Endlich haben wir eine aktuelle Kurzdarstellung unserer Arbeit, schließlich hat sich viel geändert bei bodo in diesem Jahr – nicht nur die Adres-se des Vereinssitzes. In einem neuen handlichen Faltflyer erklären wir knapp, wer wir sind, was wir tun und was wir wollen und wünschen.

Unter den Überschriften „Das Straßenmagazin“,

„Bücher schaffen Stellen“ und „Arbeit und Beschäf-

tigung“ stellen wir unsere Arbeitsbereiche vor, mit

einer angehängten Postkarte kann man schnell auf

traditionelle Art mit uns in Kontakt treten.

Natürlich sind wir auch gerne persönlich in unserer

Geschäftsstelle, per Telefon und per Mail zu errei-

chen. Viele zusätzliche Inhalte finden Sie auf un-

serer Internetseite www.bodoev.de, noch aktueller

informieren wir bei Facebook.

Anfang des Jahres kommt die „Langfassung“, unser

Jahresbericht in Broschürenform. Ausführlich stel-

len wir dort unsere Arbeitsbereiche vor und fassen

zusammen, was sich im für uns turbulenten Jahr

2012 verändert hat.

Wenn Sie die Möglichkeit haben, unser Infomaterial

in Ihrer Einrichtung auszulegen – wir würden uns

freuen!

bodo ist faltbar Projekt Ehrenamt

Mithelfen, begleiten, beraten – bodo freut sich auf Ihre Mitarbeit! Dank vieler neuer Verkäufer-innen und Verkäufer des Straßenmagazins und neuer MitarbeiterInnen in unseren weiteren Ar-beitsbereichen haben sich unsere Aufgaben ver-vielfacht, und wir könnten gut Ihre Mithilfe ge-brauchen.

Was wir bieten: Ein junges, buntes und engagier-

tes Team, das (fast) jeden Tag gern zur Arbeit geht.

Kurze Wege, offene Türen und eine freundliche At-

mosphäre. Schöne Räume in der Dortmunder und in

der Bochumer Innenstadt. Eine Vielzahl spannender

und vielseitiger Aufgaben je nach Interessen und

Möglichkeiten. Und eine so nette wie professionel-

le Betreuung durch unsere erfahrenen Ehrenamts-

Koordinatoren.

Was wir suchen: Menschen, die uns unterstützen

möchten bei unserer Arbeit für Menschen in schwie-

rigen sozialen Lagen. Zum Beispiel bei der Betreuung

unserer Verkäufercafés, bei Infoständen und Veran-

staltungen wie unseren Stadtführungen, bei Beratun-

gen, Bewerbungshilfen, Ämterbegleitungen u.v.m.

Rufen Sie uns an, schreiben Sie uns oder kommen Sie

unverbindlich vorbei.

ANZEIGE

Page 9: bodo Dezember 2012

9

In den letzten Jahren haben wir immer wieder experimentiert: Welche Lösung ist für unsere VerkäuferInnen und welche für unsere Mitarbei-terInnen in den anderen Arbeitsbereichen am schönsten?

Diesmal haben wir uns für ein gemeinsames Weih-

nachtsessen in unseren Räumen am Schwanenwall

entschieden – und voll wird es! Es werden nicht alle

kommen, aber eine vollständige Zählung ergibt über

130 Mitarbeiter... Wir sind ein bisschen aufgeregt.

Am 14. Dezember werden wir unseren Buchladen

leerräumen und alle „bodos“ an lange Tische setzen

und bekochen. (Wenn Sie uns unterstützen möchten:

Über Getränkespenden – Saft, Wasser, etc. – freuen

wir uns. Und vielleicht kennen Sie einen Lebensmit-

telhändler, der uns mit einem Einkaufsgutschein ge-

gen Spendenbescheinigung unterstützen möchte.)

Damit sich unsere Ur-Bochumer Verkäufer, die die

Anreise nach Dortmund scheuen, nicht zurückge-

setzt fühlen, gibt es zusätzlich am 13. Dezember in

Bochum einen Verkäuferbrunch in unserer Anlauf-

stelle. Sie haben es sich verdient. Und eine Über-

raschung für jeden einzelnen Verkäufer haben wir

schon...

Weihnachtsfeiern Weihnachtsverkauf

Zeit für Geschenke: In unserem Dortmunder Buchladen und an unseren Weihnachtsmarkt-ständen gibt es zur Weihnachtszeit eine Vielzahl schöner Geschenkideen.

Neuwertige oder gar ungelesene Koch-, Kinder- und

Sachbücher, Ausgefallenes, Lesestoff und spannen-

de Krimi-Kost für die Feiertage, thematisch Passen-

des zum Fest. Das tiefschwarze Krimi-Sortiment des

Dortmunder grafit-Verlages bieten wir neu zum La-

denpreis an.

Außerdem finden Sie bei uns selbst hergestell-

te Weihnachtsdekoration: Weihnachtsmänner und

Sterne aus Holz in allen Größen – von filigran bis

Schwergewicht. Unser Buchteam bietet darüber hin-

aus hochwertiges Bastel- und Geschenkpapier in

verschiedenen Sortierungen an.

Geöffnet haben wir montags bis freitags von 10 bis

18 Uhr, von Heiligabend bis Neujahr bleibt der Buch-

laden geschlossen, Büro und Zeitungsvertrieb sind

auch „zwischen den Jahren“ besetzt. Die Januaraus-

gabe des Straßenmagazins erscheint am 31.12.

Auch in der Weihnachtszeit freuen wir uns über Ihre

Buchspenden, die wir gerne während der Öffnungs-

zeiten in Dortmund und Bochum entgegennehmen.

09

Maikes Rückblick auf den Oktober

30. September Gestern wollte ich Futter

für Minka (mein Katzenmädchen) vom

Einkauf mitbringen. Und was passiert?

Ich vergesse es. Heute war verkaufsof-

fener Sonntag im Indupark. So konnte

ich dort im Supermarkt noch Futter be-

sorgen. Ich war nicht alleine dort. Mein

Bekannter war auch dabei. Wenn im Real

im Indupark nicht kräftig umgebaut wür-

de, dann wäre ich wohl länger geblieben.

5. Oktober Heute muss ich beim Arzt

den vierteljährlichen Check machen las-

sen, ob die Werte noch stimmen. Passt

mir gar nicht.

15. Oktober Heute war ein blöder Tag.

Vormittags war Heizkostenablesung.

Deswegen bin ich zu Hause geblieben.

Ab Mittag wollte ich zum Zeitungsver-

kauf. Und was war? Kopfschmerzen bzw.

Migräne mit Begleiterscheinungen. Ich

dachte am Abend, mein Kopf zerspringt.

19. Oktober Heute geht es mir schon

bedeutend besser, und ich war zum Zei-

tungsverkauf raus.

24. Oktober Ich darf es nicht vergessen:

Ein ganz lieber Mensch hat heute Geburts-

tag. An dieser Stelle meine herzlichsten

Glückwünsche zum 53. Geburtstag.

31. Oktober Dieser Vormittag ist schon

verplant. Erstens Verkäuferversammlung.

Da ist man immer unter Kollegen. Zwei-

tens Einkaufen. Dann nach Hause.

1. November Da heute Feiertag ist,

werde ich zu meinem Bekannten nach

Ickern pirschen. Einen gewissen Geldbe-

trag werde ich auch mitnehmen, da mein

Bekannter für die Grabpflege, die er für

mich erledigt, Geld ausgegeben hat.

Fortsetzung folgt in der nächsten Aus-

gabe. Nun möchte ich allen bodo-Lesern

und bodo-Leserinnen sowie dem Team

von bodo und allen Kollegen und Kol-

leginnen frohe Weihnachten und einen

guten Rutsch ins Jahr 2013 wünschen.

Eure Bodoline Maike

MAIKES VERKÄUFERTAGEBUCH

Dank einer wunderbaren Kooperation mit Jens Christoph Micheel und seiner Firma Ruhrgepäck haben wir nicht nur ab Anfang Dezember Taschen, in denen unsere Verkäufer ihre Zeitungen tro-cken und „knicksicher“ transportieren können – sondern auch tolle Umhängetaschen (oder neu-deutsch: Messenger-Bags) für Sie und uns.

Wir bieten die Taschen in unserem Dortmunder

Buchladen, in der Anlaufstelle in Bochum und auf unseren Veranstaltungen, zum Beispiel den Weihnachts-

märkten (Termine siehe Seite 7) an.

Es gibt zwei Größen und mehrere Straßen-Motive zur Auswahl. Das Design hat unser Grafiker Andre Noll ent-

wickelt. Unser Logo befindet sich dezent auf dem Taschendeckel, das Ruhrgepäck-Logo auf dem Tragegurt.

Die große Tasche (Modell Cargo) kostet bei uns nur 38,90 Euro, die kleine (Modell Leisure) kostet nur 28,90

Euro. Die Preise liegen deutlich unter denen gleichwertiger Ruhrgepäck-Taschen, die Auflage ist limitiert.

Taschen (und vieles mehr) mit Industriekultur- oder Fußball-Motiven finden Sie bei Ruhrgepäck in der Dort-

munder Berswordt-Halle, die „Straßen“-Taschen gibt’s nur bei uns.

bodo zum Umhängen

Page 10: bodo Dezember 2012

10

Gute GeschichtenChancen schaffen, Menschen auf den Weg zu bringen, ihnen die Gelegenheit zu geben, neu-es Zutrauen in die eigenen Kräfte zu gewinnen – das ist unsere Arbeit, und sie schreibt „gute Geschichten“.

Wir blicken zurück auf ein ereignisreiches und er-

folgreiches Jahr. Mit unseren Räumen in der Dort-

munder und Bochumer Innenstadt und mit Zeitungs-

ausgabestellen in Unna, Witten und Herne gelingt

es uns, immer mehr Menschen in Not zu erreichen.

Durch den wachsenden Zulauf von Menschen ohne

Wohnung und ohne Perspektive hat sich unser Be-

ratungsaufwand vervielfacht. „Erste Hilfe“, die Ver-

mittlung an Fachstellen, die Begleitung oder ein-

fach nur das offene Ohr für oft zuerst unentwirrbar

scheinende Probleme, das ist es, was immer mehr

Menschen auf der Straße bei uns suchen und finden.

„Gute Geschichten“ – das bedeutet nicht, die Schat-

tenseiten zu verschweigen. Wie in jedem Jahr haben

wir Menschen verloren, Verkäufer und gute Bekannte

sich viele Menschen davon überzeugen. Und sie

sagt: „Ohne meine lieben Kundinnen in Hombruch

wäre ich nicht da, wo ich bin.“

Oder Adolf, unser ältester Verkäufer, der vor vielen

Jahren mit dem Schlafsack unter dem Arm zu uns

kam: „Als ich anfing bei bodo, hab ich die Flasche

weggeworfen. Ich haben keinen Tropfen Alkohol

mehr getrunken seitdem.“ Beim Renovieren seiner

Wohnung halfen seiner Verkäuferkollegen. „Aber zu

Hause fällt mir die Decke auf den Kopf. Solange ich

draußen bei meinen Kunden bin, bin ich am Leben“,

lacht er. Adolf wird im Dezember 79.

Cornel hat Hass und Verfolgung in seiner rumäni-

schen Heimat erlebt. Er kam als Flüchtling, wurde

abgelehnt und musste zurück. Mit dem EU-Beitritt

Rumäniens ging er nach Spanien, arbeitete als LKW-

Fahrer, als Erntehelfer und auf dem Bau, bis die Krise

Spanien erreichte. Für Migranten gibt es dort prak-

tisch keine Arbeit mehr. Zwei seiner Kinder gehen

in Dortmund zur Schule, das dritte ist noch klein.

10 NEUES VON BODO | von Bastian Pütter | Fotos: bodo Archiv

sind gestorben, andere haben es dieses Mal nicht

geschafft, stark zu sein, der Sucht zu trotzen. Ver-

gessen werden wir sie deshalb nicht.

Nicht jede Geschichte geht gut aus. Zur Zeit denken

wir besonders an unserem Verkäufer Karl Wilhelm,

der einen Raubüberfall nur durch Zufall überlebt hat

und inzwischen wieder auf dem Weg der Besserung

ist und an unsere Tagebuchschreiberin Maike. Kurz

vor unserem Drucktermin haben wir erfahren, dass

sie im Krankenhaus ist. Wir werden sie besuchen und

an sie denken. Alles, alles Gute! Wir erleben Rück-

schläge, Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit – aber

machen eben auch vielfache, großartige Erfahrun-

gen mit Menschen, denen wir aufhelfen können.

Wenn wir Birgitt sehen, die nach schwerer Krise und

Krankheit auf der Straße gelandet war, wie sie in-

zwischen selbstbewusst mit ihrer Lebensgeschichte

umgeht, sind wir stolz. In Lisa Lyskavas Dokumen-

tarfilm „Standort Sehnsucht“ und zuletzt auf dem

Podium unter dem Dach des Dortmunder U konnten

Page 11: bodo Dezember 2012

11

11

bodo ist längst mehr

bodo ist längst viel mehr als das Straßen-

magazin. Unseren Beschäftigungs- und

Qualifizierungsprojekten gelingt es immer

besser, Menschen eine Perspektive zu ge-

ben und sie bereit zu machen für Arbeits-

plätze in dem in unserer Region immer wei-

ter schrumpfenden ersten Arbeitsmarkt.

300 Tonnen Möbel und Hausrat hat unser

Transportteam in diesem Jahr im wahrsten

Sinne des Wortes gestemmt. Wer hier arbei-

tet, macht es sich nicht bequem in der so-

zialen Hängematte – ein schreckliches Kli-

schee, für das wir in keinem unserer Felder

irgendwelche Belege finden. Ob wohnungs-

los, ob jung und ohne Ausbildungsplatz,

oder ob gut ausgebildet und betroffen von

Firmenschließungen: Alle unsere Mitarbei-

ter zeigen täglich, dass von „Faulheit“ keine

Rede sein kann. Was fehlt, sind die Chancen

sich zu beweisen und die Begleitung und

Unterstützung bei den Sorgen und Nöten,

die vorerst verhindern, dass es weitergeht.

Hier sehen wir unsere Aufgabe.

Unser Buchprojekt bildet zurzeit gleich

vier junge Frauen aus. Mit Steffi haben wir

den ersten Ausbildungsabschluss vorzu-

weisen – der war so gut, dass Steffi gleich

ein drittes Jahr für einen noch qualifizier-

teren Abschluss anschließt. Stolz sind wir

auch auf unser – für die meisten Arbeitge-

ber wenig attraktives – Modell der Teilzeit-

ausbildung für junge alleinerziehende Müt-

ter. Julia und Vanessa sind ein großartiger

Gewinn für unser junges Buchteam.

Dabei schaffen Ihre Buchspenden wirkliche

Arbeitsplätze für qualifizierte Tätigkeiten

und nicht die leider häufig anzutreffende

„Simulation“ von Arbeit – alle Mitarbeite-

rinnen und Mitarbeiter sehen, was sie leis-

ten und wie viel Freude sie ihren Kunden

machen.

Unser Praktikant Sandro hat ausgerechnet:

144m würde der Turm hoch sein, wenn wir

nur die in diesem Jahr verkauften Bücher

unseres Buchladens stapeln würden.

Dazu kommt der Onlineversand von Bü-

chern. Eine wirklich anspruchsvolle Tätig-

keit, denn wir versenden in die ganze Welt:

Unsere Bücher gingen auf alle Kontinente,

u.a. nach Neuseeland, Australien, Argen-

tinien, Chile, Libyen oder Japan. Wer bei

uns in diesem Bereich qualifiziert wird, hat

wirklich etwas vorzuweisen.

Auch hier: Gute Geschichten. (bp)

Seine Frau hat Arbeit gefunden, er versucht mit

Straßenzeitungen zum Lebensunterhalt beizutragen

und ist sicher: „Wenn ich eine Arbeit annehmen darf,

finde ich auch eine.“

Metins freundliches Gesicht strahlte zuletzt von

Plakaten des Dortmunder Schauspiels. Bei „Crash-

test Nordstadt“ schlüpfte er in die Rolle eines

Immobilienmaklers und versuchte, Theatergästen

seine Nordstadtwohnung zu verkaufen: „Die feh-

lenden Fensterdichtungen sind die Klimaanlage,

fließendes Wasser haben wir sogar an der Tape-

te.“ Metin lacht. „Nicht aufgeben ist mein Motto.

Eigentlich glaube ich, dass man das alles allein

schaffen muss. Das geht nicht immer. Dann ist

bodo für mich da.“

Marcus gehört zum Bermudadreieck fast wie Graf

Engelbert. Unser langjähriger Verkäufer kennt aber

nicht nur Bochums Ausgehmeile. Als bodos neuer

Stadtführer zeigt Marcus die unbekannte Seite Bo-

chums: Entlang des Tagesablaufs eines Wohnungs-

losen führt Marcus an Orte wie Suppenküchen oder

Übernachtungsstellen. Ein echter Experte.

Von Otto ist nicht nur unser Leserbriefschreiber

(s.S.47) begeistert. Als er vor einigen Monaten zu

uns kam, war er fast 14 Jahre auf der Straße – ge-

rade haben wir geholfen, seine Wohnung einzurich-

ten. Nicht nur eine gute, beinahe eine wunderbare

Geschichte.

Das sind natürlich nur wenige kurze Beispiele. Mehr

als 100 Frauen und Männer, die das Straßenmaga-

zin verkaufen, betreuen wir zurzeit. Alle haben

den Wunsch, ihr Leben wieder selbst in die Hand

zu nehmen.

Sie können dabei helfen: Ermöglichen Sie uns, un-

sere Beratungsangebote auszubauen und die Kon-

tinuität unserer Hilfen sicherzustellen. Denn Ob-

dachlosigkeit und Armut sind kein Schicksal. Der

Weg aus der Krise kann lang sein, aber wir helfen

dabei, ihn zu gehen.

Mit Ihrer Spende schreiben Sie mit an diesen guten

Geschichten. Herzlichen Dank! (bp)

bodo e.V. Spendenkonto

Bank für Sozialwirtschaft Essen

BLZ 370 205 00 | Konto Nr. 722 39 00

Page 12: bodo Dezember 2012

12

Weihnachten auf der Straße

STRASSENLEBEN | von Bastian Pütter | Fotos: Oliver Schaper

Der einsetzende Winter, die Geschichte vom jungen Paar auf der Suche nach einer Herber-ge, die Zeit der Spenden und Spendenappelle – in der Weihnachtszeit rücken die Menschen auf der Straße kurz in die Scheinwerfer der medialen Aufmerksamkeit.Zwei Dinge sind uns dabei wichtig: Obdachlo-sigkeit ist das ganze Jahr über eine schwere Last und ein Skandal zugleich. Und: Es gibt Hilfen, die den Weg „abwärts“, der in der Obdachlosigkeit endet, nicht zu einer Ein-bahnstraße werden lassen. Seit vielen Jahren gibt es in unseren Städten professionelle, spezialisierte Angebote und aufopferungs-volles freiwilliges Engagement – das ganze Jahr hindurch. Auch zu Weihnachten werden Menschen auf der Straße nicht alleingelassen.

Zu keiner anderen Zeit im Jahr sind so viele

Menschen gleichzeitig zu Hause, und zu keiner

anderen Zeit wird dieses Zuhause so schmerzhaft

vermisst, wenn es fehlt. In den Übernachtungs-

stellen für Wohnungslose versuchen die Mitarbei-

terinnen und Mitarbeiter ihren Gästen in ihren

schwierigen Lebensumständen so viel Normalität

wie möglich zu bieten – und dazu gehört auch

Weihnachten, auch wenn keine Familie wartet

und die Mittel beschränkt sind. In den Stellen

für junge Wohnungslose SchlafAmZug in Bochum

und SleepIn in Dortmund warten kleine Ge-

schenke, Tee und Kekse auf die Übernachtenden.

Jörn-Peter Hülter von der Dortmunder Männerü-

bernachtungsstelle verspricht: „Unsere Bewoh-

ner kriegen eine Süßigkeitentüte und wir haben

einen geschmückten Baum.” Bei „Dach über dem

Kopf“, der Übernachtungsstelle in Lünen, ist ein

Heiligabendessen in der Übernachtungsstätte

und eine Weihnachtsfeier im Vereinssitz geplant,

sagt Pfarrer Ulrich Klink.

Eine Parkbank ist kein Bett

Doch Vorrang hat, wenigstens einen warmen Ort

für die Nacht anzubieten. Der übrigens zur Ver-

fügung steht. Wenn es richtig kalt wird, werden

zusätzliche Schlafplätze geschaffen, niemand

wird hinaus in die Kälte geschickt.

Dabei bilden die Übernachtungszahlen der das

ganze Jahr über gut ausgelasteten Stellen nur die

Spitze des Eisbergs. Nur ein Teil der Obdachlosen

findet den Weg in die Einrichtungen – sei es aus

Angst, Scham oder aufgrund von Vorurteilen. Dabei

hat zum Beispiel die freundlich wirkende Männer-

übernachtungsstelle in Dortmund eher Ähnlichkeit

mit einer Jugendherberge. Auch wenn man das

geräumige Vierbettzimmer nicht unbedingt mit

einfachen Zimmernachbarn teilt: Die Zimmer sind

sauber, die Spinde verschließbar und die Wertsa-

chen sicher im Safe – auch wenn auf der Straße

ganz andere Geschichten erzählt werden.

Durch gegenseitige Hilfe und Notlösungen gelingt

es vielen, dem Schlafen in eiskalten Grünanlagen

oder Abbruchhäusern zu entgegen. Einige unserer

Verkäufer, die inzwischen Wohnungen haben,

nehmen Kollegen auf. Andere finden Schlafplätze

auf Sofas und Teppichen, mal bei großzügigen

Gastgebern, mal gegen Bezahlung.

Es gibt weiterhin keine Bundesstatistik, und auch

in den Städten sind wir auf Schätzungen angewie-

sen. Durch die Neuzuwanderer aus Bulgarien und

Rumänien ist die Situation noch unüberschaubarer

geworden. Niemand weiß, wie viele Menschen

tatsächlich auch im Winter draußen schlafen. Käl-

tebusse wie in anderen Städten, die Obdachlose

an ihren Schlafplätzen versorgen, gibt es bei uns

nicht, und auch aufsuchende Angebote sind noch

rar. Dabei ist für schlecht ausgestattete Menschen

das Schlafen im Freien bei Frost lebensgefährlich.

Immer noch denken wir mit Schrecken an unseren

Verkäufer, der im eiskalten vorletzten Advent

unter der Gerüstkonstruktion des Dortmunder

Weihnachtsbaums schlief.

Von Keksen und Gänsen

Alfons Wiegel von der Dortmunder Tagesein-

richtung Gast-Haus freut sich, den Gästen wie

jedes Jahr etwas Besonderes bieten zu können:

„Am 1. Weihnachtstag gibt es die traditionelle

Gänsekeule mit Rotkohl und Klößen. Vorher eine

Suppe und nachher ein Dessert. Am Silvestertag

gibt es dann unseren kulinarischen Jahresaus-

klang: Hähnchenkeule mit Beilage. Außerdem

haben wir am Montag vor Heiligabend, dem 17.12.

ein Weihnachtssingen mit Straßensängern.”

Ähnlich traditionell geht es bei der Weihnachts-

feier für Wohnungslose der Diakonie Ruhr in

Bochum zu. Rotkohl und Klöße steht auf dem

Wunschzettel vieler Gäste, „kulinarisch Exoti-

sches kommt da eher nicht so gut an”, sagt Ger-

linde Fuisting, Leiterin der Wohnungslosenhilfe.

Bei traditionellen Weihnachtsessen der Diakonie

in Dortmund finden am Heiligabend bis zu 150

Menschen im Reinoldinum direkt neben unse-

12

rem Vereinssitz Platz. Weil die Nachfrage so

groß ist, werden in der Woche vor Weihnachten

Eintrittskarten an die Besucher und Klienten der

Diakonieeinrichtungen verteilt. „Dazu kommen

die Weihnachtsfeiern in den verschiedenen

Diakonie-Einrichtungen“, betont Barbara Köster

von der Diakonie. Der Brückentreff, unsere Aus-

gabestelle in der Nordstadt, feiert am 23.12. mit

allen Besuchern.

Bei bodo bekochen wir alle unsere Mitarbeiter-

innen und Mitarbeiter am 14. Dezember – und

Geschenke wird es auch geben.

Page 13: bodo Dezember 2012

13

Viele unserer Verkäufer nutzen gleich meh-

rere der bestehenden Angebote. Wie auch zu

den anderen Jahreszeiten gibt es aufeinander

abgestimmte Hilfen, oft verbunden mit dem

unkomplizierten Zugang zu Beratung und Krisen-

hilfe. Denn für die meisten ist Obdachlosigkeit

kein Lebensstil und viel eher Symptom als das

eigentliche Problem. Tiefe persönliche Krisen,

Schulden, Sucht- oder psychische Erkrankungen

führen dazu, dass „nichts mehr geht“, auch nicht

das Halten der eigenen Wohnung. Beratungs-

und Krisenangebote sind deshalb auch oft noch

am Heiligabend zugänglich.

Obdachlosigkeit kennt keine Feiertage

Für viele Hilfseinrichtungen gilt andererseits:

Das Besondere ist schon, dem unveränderten

täglichen Bedarf gerecht zu werden. Die Ver-

sorgungseinrichtungen, Anlauf- und Beratungs-

stellen müssen sich in erster Linie bemühen, die

Kontinuität ihrer Angebote sicherzustellen, denn

Obdachlosigkeit kennt keine Feiertage und keine

Urlaubszeiten.

Die Tageseinrichtungen, mit denen wir ko-

operieren, sind das ganze Jahr über auch

am Wochenende geöffnet, denn vor allen an

Sonntagen sind sie besonders wichtig. In den

sonst wie ausgestorben scheinenden Städten

öffnen sie Räume, in denen Wohnungslose sich

aufwärmen können und einen Teil der Zeit mit

anderen verbringen können.

Weihnachten und der Jahreswechsel sind wie

eine Reihe von Sonntagen. Die Feiertage werden

lang, nicht nur für diejenigen, die draußen

schlafen müssen. Einsamkeit und die nicht ver-

gehen wollende Zeit sind an diesen Tagen noch

schwerer auszuhalten, sagen uns auch unsere

Verkäufer.

Die Suppenküchen, die das ganze Jahr hindurch

der großen Nachfrage Herr werden müssen, öff-

nen auch an den Feiertagen, Tageseinrichtungen

wie unsere Ausgabestelle bei der Caritas in Unna

oder der Mittagstisch in Wattenscheid sind eben-

falls geöffnet. „Zwischen den Jahren“ machen

zwar unsere weiteren Beschäftigungsprojekte

Pause, für unsere Verkäufer bleibt die Tür jedoch

offen. Die Januarausgabe des Straßenmagazins,

heißen Tee und Kaffee erhalten unsere Verkäufer

an Silvester – für die meisten von ihnen ist auch

dieser ein ganz normaler Tag. (bp)

13

Weihnachtsfeier der Diakonie im Dortmunder Reinoldinum

Page 14: bodo Dezember 2012

14

KULTUR | von Wolfgang Kienast | Foto: Michael Schwettmann www.misc420.net

Eigentlich will ich mit ihm über die Konzertrei-he Urban Urtyp reden. Doch bevor das Interview beginnt, greift Pfarrer Thomas Wessel hinter sich und holt ein riesiges Buch aus dem Regal. Ars Sacra heißt das Werk im Altarbibelformat, Kirchenarchitektur von Byzanz über Mittelalter, Barock und Jugendstil bis in die Neuzeit. Von allen europäischen Sakralbauten der 40er und 50er Jahre werden darin nur drei „beispielhaft” genannt, darunter die Christuskirche. Weltweit gilt sie als epochale Konzeptkirche.

Das Kirchenschiff, in dem mehr als eintausend

Menschen Platz finden können, bietet ausge-

zeichnete akustische Eigenschaften. Von Anfang

an war geplant, hier Konzerte stattfinden zu

lassen. Zunächst im gewohnt klassischen Rah-

men; parallel zum Bau gründete sich die Bochu-

mer Stadtkantorei. Um das Jahr 2000 wurde das

Konzept ausgeweitet, aus der Kulturkirche sollte

eine Kirche der Kulturen werden. Der Begriff ist

nicht im ethnischen Sinn zu verstehen. Innerhalb

des weit gefassten Rahmens ist Urban Urtyp eine

noch relativ junge Veranstaltungsreihe.

Für Urban Urtyp gebuchte Musiker oder Bands

lassen sich nicht einem bestimmten Genre zuord-

nen. Die Internetseite zur Reihe listet Jazz und

Post, Elektro und Sprache, Klassik und Minimal,

Ambient, Pop und mehr. Als gemeinsamer Nenner

gilt die Formulierung „urban”, ein viel diskutier-

ter, gleichwohl vager Begriff. „Man hört es aber

sofort”, erklärt Thomas Wessel. „Es gibt tolle

Musik, die fraglos in der Kirche gespielt werden

könnte. Hörst du die aber im Kontext ,urban‘,

weißt du sofort, dass das nicht funktioniert. Um

das festzustellen, reichen oft die ersten vier Tak-

te. Und so unterschiedlich wir in unserem Team

auch sein mögen, in dieser Hinsicht sind immer

alle einer Meinung. Das ist schon verrückt.”

Das Team. Organisiert wird die Reihe von einer auf

den ersten Blick sehr heterogenen Gruppe. Verbin-

dende Elemente sind Liebe zu Livekonzerten und

ausreichend Leidenschaft, diese aus eigener Kraft

auf die Beine zu stellen. Zum harten Kern von et-

was mehr als zehn Mitgliedern gehört Olaf Rauch.

Anfangs Stammgast, wollte er bald mehr als nur

Besucher sein. „Bei uns regiert das Lustprinzip”,

sagt er. „Wir sind kein Verein. Niemand ist zu

irgend etwas verpflichtet. Wenn wir uns wegen des

Programms treffen, bringt jeder die Musik mit, die

ihm gefällt. Dann wird gemeinsam entschieden,

was wir hier später hören und sehen wollen.”

Zum Beispiel Stabil Elite, eine junge Band aus

Düsseldorf. Rauch hatte sie vorgeschlagen. Die

derzeitigen Kritikerlieblinge erinnern an Kraft-

werk, Neu! oder DAF. Düsseldorfer Schule. In der

Christuskirche tritt Stabil Elite am 30. Dezember

auf. Tausend Besucher werden nicht erwartet,

dazu ist die Band noch zu unbekannt und sehr

Urban UrtypKonzerterlebnisse in der Bochumer Christuskirche

14 RECHT | von Rechtsanwalt René Boyke

Eltern haften für ihre Kinder – nicht?

Endlich! Viele betroffene Eltern werden auf-

atmen, denn der Bundesgerichtshof (BGH)

bringt etwas Realitätsnähe ins deutsche

Rechtsleben zurück: Er hat die überzogenen

Aufsichtspflichten für das Verhalten von

Kindern im Internet, die einige Oberlandes-

gerichte Eltern abverlangten, auf ein erträg-

liches Maß reduziert.

Wenn bisher Minderjährige über den elterli-

chen Internetanschluss illegal Tauschbörsen

nutzten, dann bekamen die Eltern eine Ab-

mahnung. Die Kosten beliefen sich mindes-

tens auf mehrere hundert Euro; selbst wenn

nur ein einziges Lied heruntergeladen wur-

de, das bereits für 99 Cent im Internet hätte

gekauft werden können. Die Eltern mussten

sich regelmäßig vorwerfen lassen, sie hätten

ihre Aufsichtspflichten verletzt – und die

hatten es in sich.

Praktisch war es nämlich so, dass Eltern, die

nicht ausgesprochen versierte PC-Nutzer wa-

ren, keine Chance hatten, den strengen Auf-

sichtspflichten über ihre Kinder zu genügen.

Realitätsfern wurde von den Gerichten gefor-

dert, dass Eltern, die sich nicht in der Tausch-

börsennutzung auskannten, einen Computer-

experten zu beauftragen hätten. Die Kosten

dafür blieben weitgehend unberücksichtigt.

Letztlich mussten diese Eltern ihren Kindern

also schlicht den Zugang zum Internet ver-

bieten. Die Folge: Kinder erlernen den Um-

gang mit dem PC und dem Internet nicht.

Dem hat der BGH jetzt endlich einen Riegel

vorgeschoben. Er stellte klar, dass die Eltern

nicht für Urheberrechtsverletzungen ihrer Kin-

der im Internet haften, wenn sie diesen die

Nutzung von Tauschbörsen verbieten und sie

entsprechend belehren. Gibt es Anhaltspunkte

für Urheberrechtsverletzungen, dann müssen

die Eltern das Kind auch kontrollieren.

Da das Urteil allerdings noch nicht gedruckt

vorliegt, ist noch nicht ganz klar, wie Eltern

Kinder ganz konkret belehren und Verbote

aussprechen müssen und wann Kontrollpflich-

ten greifen. Fakt ist, die Aufsichtspflichten

liegen unter den bisher verlangten. Da werden

einige Eltern erstmal aufatmen. Allerdings

kommen die Rechteinhaber nun vielleicht auf

die Idee, die Kinder direkt zu verklagen. (rb)

www.kanzlei-boyke.de

Page 15: bodo Dezember 2012

15

Ich blätterte zum Glögg. IKEA tut ja so,

als sei das eine hauseigene Erfindung.

Dabei hatte schon meine Mutter, eine

waschechte Westfälin, an kalten Win-

tertagen immer Alpen-Glögg gemacht.

Inspirieren ließ sie sich durch eine mitt-

lerweile leider völlig zerfledderte Ge-

tränkerezeptesammlung aus den 70ern,

herausgegeben im Übrigen von einem

Kaffeediscounter.

Der IKEA-Prospekt sagte, „ein warmer

Glögg macht nicht nur das Herz glög-

glich, sondern auch den Bauch. Entweder

mit dem Rezept unter www.ikea.de/re-

zepte nachmachen oder” bei uns kaufen.

Das Wortspiel allein roch nach Glühge-

tränk. Sofort besuchte ich die empfoh-

lene Seite und fand – eine Weihnachts-

baumpizza. Wie tief haben die eigentlich

ins Glöggglas geschaut? Doch ich wusste

jetzt, der Tag wird kommen, an dem sich

jeder gewiefte Fakesument eine Weih-

nachtsbaumpizza vom Asia-Italiener an

der Ecke brutzeln lässt, plus Elchlamet-

tasalat, und sich daraufhin passend ein

paar bunte Flecken auf die Kochmütze

malt. Farbe dazu gibt‘s im Möbelhaus.

Zugegeben, dass ich später bei Peppar-

kakahus nicht an Lebkuchen, sondern an

Dixiklo dachte, lag daran, dass ist selbst

inzwischen viel Schafgarbe-Punsch intus

hatte. Eigentlich halte ich mich daran,

keine Witze über Eigennamen und Fremd-

sprachen zu machen. Erst recht keine, die

nicht mal richtig zünden.

Was dagegen funktioniert, jedenfalls,

um bei Minusgraden warm zu werden, ist

der erwähnte Punsch: 1/2 Liter trocke-

nen Weißwein, 1/4 Liter Apfelsaft und

1/8 Liter Rum erhitzen, ein wenig frisch

geriebene Muskatnuss zugeben und zwei

Teelöffel Schafgarbe-Kunsthonig (Septem-

ber-bodo) darin auflö-

sen. Frohes Fest.

(wk)

wildkraeuter.bodo/24_schafgarbe.2/Unlängst lag ein vorweihnachtlicher

IKEA-Prospekt im Briefkasten. Eigentlich

ein Fall für die Direktentsorgung. Dass

ich Informationen des schwedischen Mö-

belhauses gegenüber aufnahmewilliger

geworden bin, liegt an der DASA, bes-

ser, an der zur Zeit dort präsentierten,

ausgesprochen empfehlenswerten „Do It

Yourself”-Ausstellung.

Da habe ich nämlich erfahren, dass IKEA

ein am Markt bahnbrechender Vorden-

ker bei der Entwicklung vom Consumer

hin zum Prosumer gewesen ist. „Für den

US-amerikanischen Zukunftsforscher Al-

vin Toffler war dies positive Utopie ei-

ner künftigen Technokultur, in der eine

selbstbestimmte, aktive Beteiligung an

den Produktionsprozessen den passiven

Konsum ablöst”, heißt es dazu im Aus-

stellungskatalog. Interessant, wenn Sie

mich fragen. Ich bereitete mir einen

heißen Schafgarbe-Punsch, begab mich

aufs Sofa und stöberte in der Werbung.

So begann eine auf unterhaltsame Weise

irritierende halbe Stunde.

Zuerst die Sache mit der Marmelade. „Wer

sagt, dass selbst gemachte Marmelade

selbst gemacht sein muss? Einfach eine

von fünf leckeren Konfitüren aus dem

IKEA Schwedenshop in ein Einmachglas

füllen, handbeschriftetes Etikett drauf,

hübsches Bändchen drum, fertig”, lernte

ich. Sollte der Halbfertigmöbelverkäufer

auch hier erfolgreicher Avantgardist wer-

den, dürfte dem mündig mitmachenden

Prosumer bald ein verschlagen operie-

render Fakesument folgen. Was der alte

Toffler wohl dazu zu sagen hat? Kom-

petenz ist ihm nicht abzusprechen, der

1928 geborene Schriftsteller und Futu-

rologe beschäftigt sich seit Jahrzehnten

mit neuen Techniken und dem auf die

Einführung folgenden

Wandel der Gesell-

schaft.

15WILDE KRÄUTER | von Wolfgang Kienast

speziell. Das ist bei Urban Urtyp wiederum eher

Regel als Ausnahme. Um eine den Veranstaltungen

angemessene Clubatmosphäre zu schaffen, baut

das Team in der Kirche einen Raum im Raum auf:

abgehängt mit Plastiklamellen, ein durchlässiger

Kubus von zehn mal zehn Metern Kantenlänge.

Er beeinträchtigt die akustische Qualität nicht,

verdichtet aber die Situation zwischen Künstlern

und Publikum.

Wessel und Rauch schwärmen von intensiven

Konzerterlebnissen im Kubus während der ersten

zweieinhalb Jahre der Reihe. Rauch spricht von Ent-

wicklungshilfe in Sachen Livemusik. „Früher haben

sich die Leute Auftritte ihnen unbekannter Bands

angesehen. Heute macht das leider kaum noch je-

mand. Bei Konzerten wird vielmehr überprüft, ob die

Bands in der Lage sind, ihre Musik live auf der Bühne

eins zu eins wiederzugeben. Hier wollen wir andere

Akzente setzen.”

„Selbst die urbanste Band wäre für uns nicht inter-

essant, wenn sie nur lieblos ihre Platte nachspielen

würde”, ergänzt Wessel. „Ein Livekonzert bedeutet,

die ipod-Zone zu verlassen. Du kannst nicht wei-

terdrücken. Du kannst der Musik nicht ausweichen,

sondern musst ihrer Logik folgen. Und du machst die

Erfahrung, dass sich das am Ende lohnt. Nach einem

Konzert ist man immer reicher als vorher. Nicht

zuletzt profitieren wir selber davon, auf diese Art

Musik hören zu können.” (wk)

INFO

Christuskirche Bochum, Westring 26, links vom

Rathaus | Einmal im Monat an einem Sonntag um

19 Uhr und immer für 10 Euro.

www.urbanurtyp.de | www.christuskirche-bochum.de

Page 16: bodo Dezember 2012

16

Vor 100 Jahren wurde das Dortmunder Museum für Naturkunde gegründet. Noch 25 Jahre älter ist der ortsansässige Naturwissenschaftliche Verein, auf dessen Sammlung das 1912 eröffnete Museum zurückgreifen konnte. Wir sprachen mit der jetzigen Direktorin, Frau Dr. Dr. Elke Möllmann, wie das doppelte Jubiläum gefeiert wurde und wie sie sich die Zukunft ihres Hauses vorstellt. Das Inter-view fand in dem derzeit für das Publikum gesperrten Raum mit dem großen Aquarium statt. Nach dessen umfangreicher Sanierung hofft sie, noch vor Weih-nachten diesen Bereich für Besucher wieder zugänglich machen zu können.

„Ich mag diesen Ort”, sagt Frau Möllmann. „Er hat etwas unglaublich Beruhigen-

des, etwas sehr Faszinierendes.” Viele Dortmunder teilen diese Ansicht, auswärtige

Gäste schließen sich vorbehaltlos an. Wenn ein Streifzug durch die übrigen Aus-

stellungsräume hilft, dem Alltag für eine Weile zu entfliehen, ist es das kreisrunde,

rings umgehbare, vom Fußboden bis an die Decke reichende und 90.000 Liter fas-

sende Aquarium, welches die Gedanken schwerelos in andere Welten treiben lässt.

Bis zur Renovierung schwammen hier Fische aus dem Amazonas.

Frau Möllmann sagt, sie habe viel Lobbyarbeit betreiben müssen – schließlich

fahre auch niemand ein so altes Auto, und außerdem habe man Verantwortung für

die Fische – um den notwendigen Umbau finanziert zu bekommen. Nach dreißigjäh-

rigem ununterbrochenem Betrieb war die Technik marode und das Becken leckte an

mehreren Stellen. Zunächst Assistentin des ehemaligen Direktors Herrn Dr. Tanke

und seit 2008 selbst Leiterin des Hauses, war Frau Möllmann mit dem Ziel angetre-

ten, das Museum zu erneuern und dabei seine regionalen Bezüge zu stärken. Des-

wegen wurden nach der Instandsetzung statt der bisherigen Exoten einheimische

Fische wie Rotaugen, Stichlinge und Forellen ins Aquarium gesetzt. Sieben Arten

sind es insgesamt. „Heute weiß kaum noch ein Kind, wie eine lebendige Forelle

aussieht”, sagt sie. „Wir wollen den Menschen die Region, in der sie leben, wieder

näher bringen. Schrittweise werden wir in den kommenden Jahren das gesamte

Museum daraufhin ausrichten. Das Aquarium ist ein erster Akt.”

Die Wände im Raum konnten in dem Zusammenhang ebenfalls neu gestaltet wer-

den. Sie zeigen jetzt den Fluss, welchem das Revier seinen Namen verdankt: die

Ruhr. Eindrucksvolle Fotos dokumentieren ihren Weg von der Quelle im Sauerland

bis zur Mündung in den Rhein. Drei zusätzliche Wandaquarien zeigen beispielhaft

das Leben in Quellgebiet, Mittel- und Unterlauf. Ein Ruhr-Raum, auf den man sich

freuen darf. Es muss nur noch gewartet werden, bis sich im großen Aquarium die

Wasserwerte stabilisiert haben.

In Naturkundemuseen wird freilich nicht nur Gegenwärtiges thematisiert, wird

nicht nur erklärt, wie die momentanen Ökosysteme funktionieren und zusammen-

hängen, die Institute haben die Aufgabe, auch geowissenschaftliche Blicke auf die

weit zurückliegende Vergangenheit zu erlauben. „Würde man an dieser Stelle ein

tiefes Loch graben, würde man auf Schichten von drei großen Erdzeitaltern sto-

ßen”, erklärt Frau Möllmann. „Auf Karbon, Kreide und Quartär.” Die Flora im Karbon

war geprägt von baumförmigen Farnen und Schachtelhalmen. Vor 300 Mio. Jahren

wuchs, was später Kohle werden sollte. Vor etwa 100 Mio. Jahren, in der Kreide-

zeit, dominierten Saurier das Leben an Land. Erdgeschichtlich relativ jung ist das

Quartär, eine Phase großer Eiszeiten. Im Museum zeugen zahlreiche Fossilien von

den jeweiligen Epochen.

„Aus dem Quartär besitzen wir unter anderem das Geweih eines Riesenhirsches und

einen Höhlenbär. Mein großer Wunsch aber wäre, wenn wir nach komplett abge-

schlossenem Umbau unseren Besuchern ein ganz spezielles Highlight präsentieren

könnten. Ein Mammut. Ich selbst stamme aus Ahlen. Da hat man ein Mammut

ausgegraben. Das ist jetzt in Münster ausgestellt, im paläontologischen Museum.

Leider hat sich der dortige Museumsleiter selbst durch meine große Charmeoffen-

sive nicht erweichen lassen, es uns zu überlassen. Obwohl ich glaube, mit meiner

Ahlener Herkunft ein sehr gutes Argument zu besitzen. Jetzt versuchen wir, das

nötige Geld aufzutreiben, um ein anderes Exemplar zu erstehen”, verrät uns die

Museumsdirektorin ihre Herzensangelegenheit.

Ein Mammut auf dem

Wunschzettel

16 REPORTAGE | von Wolfgang Kienast | Fotos: Andre Noll

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18

Sich anhand der Dauerausstellung regionalen Themen zu widmen und im Zuge

von Sonderausstellungen die Welt ins Museum zu holen, lautet ihr übergreifendes

Konzept. Gleichwohl wird die damit einhergehende Neuausrichtung keinen drama-

tischen Schnitt zur Folge haben. Dem Revier nebst seinen angrenzenden Landstri-

chen wurde im Museum von Anfang an Beachtung geschenkt und manche, auf den

ersten Blick exotische Ausstellungsstücke sind zumindest indirekt mit der Region

verknüpft. In der Mineraliensammlung zum Beispiel die Funde aus Namibia. Den Weg

in die Dortmunder Sammlung hatten diese Steine über Bergleute gefunden, die aus

dem damaligen Deutsch-Südwestafrika zurückgekehrt waren. Ausgewandert, um in

der deutschen Kolonie Fuß zu fassen, waren sie vom Ruhrgebiet, dem Sauer- und

dem Siegerland. Und das bislang wohl bedeutendste Exponat mit festem Platz im

Naturkundemuseum, das berühmte Urpferd aus Messel, wurde Ende der 1970er Jahre

im Rahmen ausgedehnter Grabungskampagnen Dortmunder Paläontologen und deren

ehrenamtlichen Helfern in der hessischen Ölschiefergrube entdeckt.

Doch ganz unabhängig von der jeweiligen Museumsphilosophie werden Besucher

manche Objekte jederzeit sehen können, andere nie. Nur ein geringer Prozentsatz

des Bestandes gelangt überhaupt in die Schaukästen. Das Gros einer jeden wissen-

schaftlichen Sammlung ist weder bunt noch spektakulär noch erhellend genug, um

auch Laien in den Bann ziehen zu können. „Nehmen Sie zum Beispiel eine Mäuse-

reihe, die Entwicklung der Maus über die verschiedenen Jahrmillionen. Ein Stück,

das dem Publikum langweilig scheint, nimmt der Wissenschaftler in die Sammlung

auf, weil er genau diesen Beleg einer fossilen Mäuseart einer ganz bestimmten Zeit

haben möchte. Das können Sie mit einem Schallplattensammler vergleichen, der

zwar sämtliche Aufnahmen eines Musikers besitzt, für seine Gäste aber jedes Mal

nur die wenigen Hits aus dem Plattenregal holt.”

Hits benötigt man, um in der Öffentlichkeit wahrgenommen zu werden. Frau Möllmann

gibt sich bescheiden. „Wir sind ein mittelständisches Haus”, sagt sie. „Die Großen

haben andere Strukturen und andere finanzielle Voraussetzungen. Mit dem Frankfurter

Senckenbergmuseum beispielsweise können und müssen wir gar nicht mithalten. Wir

sind nicht ganz klein und wir leisten eine solide Arbeit. Das passt hierher.”

Das Programm kommt an. Die jährlich mehr als 70.000 Besucher beweisen es und

die Direktorin freut sich. „Wir sind in Dortmund das besucherstärkste städtische

Museum”, sagt sie nicht ohne Stolz. In erster Linie orientiert sich das Naturkun-

demuseum dabei an Familien und deren Bedürfnissen. Über 270 Kindergeburtstage

wurden allein 2011 im Haus ausgerichtet. Insgesamt waren es im vergangenen Jahr

mehr als 470 Veranstaltungen, darunter Aktionen für Schulklassen und Events wie

die Museumsnacht, der Tag der offenen Tür oder der Internationale Museumstag.

2012 gab es darüber hinaus eine ganz besondere Feier, am 3. Juni, der hundertste

Geburtstag. „Zum Fest sind alle Mitarbeiter kostümiert gekommen. In Kleidung,

wie sie zur Zeit der Gründung üblich war. Unsere Herren, in Frack und Zylinder, hat-

ten gleich ein ganz anderes Auftreten als sonst. Die Resonanz war toll. Ich glaube,

die Freude, die wir an unserer Arbeit haben, hat sich übertragen.”

Ohne ein grundsätzlich bereits vorhandenes Interesse bliebe ihr Haus leer, das

weiß auch die Direktorin. Man kann niemanden zwingen, ein Museum zu besuchen.

Doch Sorgen um die Zukunft macht sie sich in dieser Hinsicht nicht. Das liegt an

der unerschütterlichen Liebe der Kinder zu Dinosauriern. Im Eingangsbereich des

Museums stehen zwei lebensgroße Sauriermodelle und warten auf ihre Fans, ein

drittes hängt seit einiger Zeit von der Decke ab. Gelegentlich werden spezielle

Dinoübernachtungen angeboten, bei denen die jungen Gäste zu Füßen der Riesen-

echsen schlafen dürfen. „Ich glaube, diese Saurierzeit wird nie wirklich ausster-

ben”, sagt Frau Möllmann. „Dinos sind groß, imposant und für Menschen nicht

bezwingbar. Das macht ihre Faszination aus. Und ich finde es spektakulär, wenn

die Kleinen die ganzen Sauriernamen besser drauf haben als ich.” (wk)

INFO

Museum für Naturkunde | Münsterstraße 271 | 44145 Dortmund

Dienstag bis Sonntag 10 – 17 Uhr, Montag geschlossen

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Sich anhand der Dauerausstellung regionalen Themen zu widmen und im Zuge

von Sonderausstellungen die Welt ins Museum zu holen, lautet ihr übergreifendes

Konzept. Gleichwohl wird die damit einhergehende Neuausrichtung keinen drama-

tischen Schnitt zur Folge haben. Dem Revier nebst seinen angrenzenden Landstri-

chen wurde im Museum von Anfang an Beachtung geschenkt und manche, auf den

ersten Blick exotische Ausstellungsstücke sind zumindest indirekt mit der Region

verknüpft. In der Mineraliensammlung zum Beispiel die Funde aus Namibia. Den Weg

in die Dortmunder Sammlung hatten diese Steine über Bergleute gefunden, die aus

dem damaligen Deutsch-Südwestafrika zurückgekehrt waren. Ausgewandert, um in

der deutschen Kolonie Fuß zu fassen, waren sie vom Ruhrgebiet, dem Sauer- und

dem Siegerland. Und das bislang wohl bedeutendste Exponat mit festem Platz im

Naturkundemuseum, das berühmte Urpferd aus Messel, wurde Ende der 1970er Jahre

im Rahmen ausgedehnter Grabungskampagnen Dortmunder Paläontologen und deren

ehrenamtlichen Helfern in der hessischen Ölschiefergrube entdeckt.

Doch ganz unabhängig von der jeweiligen Museumsphilosophie werden Besucher

manche Objekte jederzeit sehen können, andere nie. Nur ein geringer Prozentsatz

des Bestandes gelangt überhaupt in die Schaukästen. Das Gros einer jeden wissen-

schaftlichen Sammlung ist weder bunt noch spektakulär noch erhellend genug, um

auch Laien in den Bann ziehen zu können. „Nehmen Sie zum Beispiel eine Mäuse-

reihe, die Entwicklung der Maus über die verschiedenen Jahrmillionen. Ein Stück,

das dem Publikum langweilig scheint, nimmt der Wissenschaftler in die Sammlung

auf, weil er genau diesen Beleg einer fossilen Mäuseart einer ganz bestimmten Zeit

haben möchte. Das können Sie mit einem Schallplattensammler vergleichen, der

zwar sämtliche Aufnahmen eines Musikers besitzt, für seine Gäste aber jedes Mal

nur die wenigen Hits aus dem Plattenregal holt.”

Hits benötigt man, um in der Öffentlichkeit wahrgenommen zu werden. Frau Möllmann

gibt sich bescheiden. „Wir sind ein mittelständisches Haus”, sagt sie. „Die Großen

haben andere Strukturen und andere finanzielle Voraussetzungen. Mit dem Frankfurter

Senckenbergmuseum beispielsweise können und müssen wir gar nicht mithalten. Wir

sind nicht ganz klein und wir leisten eine solide Arbeit. Das passt hierher.”

Das Programm kommt an. Die jährlich mehr als 70.000 Besucher beweisen es und

die Direktorin freut sich. „Wir sind in Dortmund das besucherstärkste städtische

Museum”, sagt sie nicht ohne Stolz. In erster Linie orientiert sich das Naturkun-

demuseum dabei an Familien und deren Bedürfnissen. Über 270 Kindergeburtstage

wurden allein 2011 im Haus ausgerichtet. Insgesamt waren es im vergangenen Jahr

mehr als 470 Veranstaltungen, darunter Aktionen für Schulklassen und Events wie

die Museumsnacht, der Tag der offenen Tür oder der Internationale Museumstag.

2012 gab es darüber hinaus eine ganz besondere Feier, am 3. Juni, der hundertste

Geburtstag. „Zum Fest sind alle Mitarbeiter kostümiert gekommen. In Kleidung,

wie sie zur Zeit der Gründung üblich war. Unsere Herren, in Frack und Zylinder, hat-

ten gleich ein ganz anderes Auftreten als sonst. Die Resonanz war toll. Ich glaube,

die Freude, die wir an unserer Arbeit haben, hat sich übertragen.”

Ohne ein grundsätzlich bereits vorhandenes Interesse bliebe ihr Haus leer, das

weiß auch die Direktorin. Man kann niemanden zwingen, ein Museum zu besuchen.

Doch Sorgen um die Zukunft macht sie sich in dieser Hinsicht nicht. Das liegt an

der unerschütterlichen Liebe der Kinder zu Dinosauriern. Im Eingangsbereich des

Museums stehen zwei lebensgroße Sauriermodelle und warten auf ihre Fans, ein

drittes hängt seit einiger Zeit von der Decke ab. Gelegentlich werden spezielle

Dinoübernachtungen angeboten, bei denen die jungen Gäste zu Füßen der Riesen-

echsen schlafen dürfen. „Ich glaube, diese Saurierzeit wird nie wirklich ausster-

ben”, sagt Frau Möllmann. „Dinos sind groß, imposant und für Menschen nicht

bezwingbar. Das macht ihre Faszination aus. Und ich finde es spektakulär, wenn

die Kleinen die ganzen Sauriernamen besser drauf haben als ich.” (wk)

INFO

Museum für Naturkunde | Münsterstraße 271 | 44145 Dortmund

Dienstag bis Sonntag 10 – 17 Uhr, Montag geschlossen

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Page 20: bodo Dezember 2012

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Halten wir es aus!

Dortmund hat‘s nicht leicht. Erst zeigt der

Dortmunder ARD-Tatort, dass es tatsäch-

lich Kriminalität (!), Zuwanderung und so-

gar Armut gibt, die als Vorlage für einen

Krimi dienen kann. Dann beschreibt eine

Studie die Entwicklung des Armutspro-

blems in Dortmund wenig stadtmarketing-

tauglich und darüber wird dann auch noch

berichtet. Unter anderem macht das ARD-

Morgenmagazin eine kleine, augenzwin-

kernde Reportage. moma-Reporter Mar-

tin Kaysh guckt sich den Phoenixsee an,

hält ein Quätschchen in der Suppenküche,

macht einen kleinen Stadtrundgang mit

einem unserer Verkäufer. Als ironischen

Seitenhieb auf die Erfolglosigkeit der un-

zähligen EU-Förderprogramme versucht am

Ende ein Sitar-Spieler eine etwas skurrile

Nordstadt-Heilung. Nett.

In einem Fernsehkrimi, in einer Armuts-

statistik und in einem Magazinbeitrag

vorzukommen – das Los einer Großstadt,

könnte man meinen. In Hamburg würde

wahrscheinlich niemand eine Braue heben,

und in Berlin hätte es wieder keiner mitbe-

kommen, weil ja eh so viel los ist.

Hier ist die Polizei aus dem Häuschen, weil

Tatort-Kommissar Faber offensichtlich ei-

nen an der Mütze hat, und die Leserbrief-

schreiber sind in Aufruhr, weil Dortmund

doch auch schöne Ecken habe, die der Tat-

ort verschweige. Schließlich schreibt sogar

die eine Lokalzeitung so etwas wie eine

Gegendarstellung zum kurzen Morgenma-

gazin-Bericht. Vieles, was da zu sehen und

zu hören war, sei nur „die halbe Wahrheit“.

Ach, bitte! Ich bin ganz froh, nicht in ei-

ner „Stadt“ zu leben, in der man in knapp

fünf Minuten die ganze Wahrheit erzählen

kann. Wir haben ein megalomanes Fichten-

gesteck und ein knappes Drittel der Kinder

lebt vom Amt. Wir haben ein güldenes Ein-

kaufszentrum und Menschen, die ihr Essen

im Müll suchen. Wir haben die allerbeste

Fußballmannschaft und ein Naziproblem.

Hier wohnen furchtbare und ganz und gar

großartige Menschen, hier gibt es unend-

lich viele Geschichten zu erzählen und

nicht jede ist schön. Erst alle zusammen

sind die Stadt und wir werden Großstädter,

wenn wir das aushalten. (bp)

NEWS | von Sandro Giuri · Sebastian Sellhorst20 DER KOMMENTAR | von Bastian Pütter

10.400 Menschen ohne Geld

Laut einer kleinen Anfrage der

Bundestagsfraktion „Die Linke“ an

die Bundesregierung wurden 2011

10.400 Menschen die Hartz IV Re-

geleistungen um 100% gekürzt.

Die Betroffenen einer Totalkürzung

haben für mindestens drei Monate

kein Geld erhalten. Zum Vorjahr hat

sich die Zahl dieser Totalkürzungen

verdoppelt. Obwohl das Bundesver-

fassungsgericht Sozialleistungen

unter dem Existenzminimum bereits

im Juli dieses Jahres im Rahmen

eines Urteils zum Asylbewerber-

leistungsgesetz untersagte, sieht

die schwarz-gelbe Bundesregierung

„keinen Handlungsbedarf“. Wolf-

gang Neškovic, ehemaliger Bundes-

richter und aktuell Chef-Justiziar

der Linksfraktion, bezeichnet dies

als einen „unhaltbaren Zustand“.

Die Bundesregierung bestreitet

nicht, dass den von einer Totalkür-

zung betroffenen Menschen auch

die Obdachlosigkeit droht. „Erschre-

ckend ist das Beharren der Bundes-

regierung auf ihrer fehlerhaften

Rechtsansicht trotz gegenteiliger

Urteile des Bundesverfassungsge-

richts“, so Neškovic.

SKOTTS SEITENHIEB

Wachsende Armut in Städten

Das Ruhrgebiet rutscht ab. Das ist

das Ergebnis einer Studie des Wirt-

schafts- und Sozialwissenschaftli-

chen Institut der Hans-Böckler Stif-

tung (WSI), die die Entwicklung in

den 15 größten Städten vergleicht.

Laut der Studie leben in mehreren

Großstädten rund 25 Prozent der

Bevölkerung unterhalb der Armuts-

grenze. Für Alleinstehende bedeutet

das ein Einkommen von weniger als

848 Euro im Monat. Besonders auf-

fällig: In Dortmund und Duisburg

schreitet diese Entwicklung rasant

voran, die Studie bezeichnet sie als

„dramatisch”: Die Quote ist in den

letzten sechs Jahren um ein Drittel

gestiegen, von 18,6 Prozent im Jahr

2005 auf 24,2 Prozent im Jahr 2011.

Als Gründe gelten Einkommensar-

mut durch den wachsenden Nied-

riglohnsektor und die steigenden

Lebenshaltungskosten sowie die zu-

nehmende Verschuldung von beson-

ders jungen und älteren Personen.

Gerade Letztere sind oft aufgrund

niedriger Rentenbezüge auf eine

Grundsicherung im Alter angewie-

sen und verschulden sich durch die

stetig steigenden Preise.

Sozialer Status entscheidet mit

Das Leben in Problemvierteln scha-

det der Gesundheit. Besonders Be-

lastungen durch Lärm, Feinstaub

und mangelnde Grünflächen grei-

fen intensiv die Lebensqualität der

Bewohner an. Zu diesem Ergebnis

kommt die Dortmunder Raumplane-

rin Dr. Heike Köchler. „Wir können

ablesen, dass Menschen in Prob-

lemvierteln teilweise bis zu sechs

Jahre früher sterben“, schildert sie

die Situation. Der gesetzliche Auf-

trag von Städteplanern sei mit der

Schaffung von gesunden Wohn- und

Lebensverhältnissen klar definiert.

Mit dem Ziel, den Lebensraum in

der Dortmunder Nordstadt zu ver-

bessern, arbeitet die Raumplanerin

jetzt mit der Bürgerinitiative Mach-

barschaft Borsig 11 e.V. zusammen.

Ziel ist es, sich gemeinsamen für

eine bessere Verkehrs- und Um-

weltsituation in dem Stadtviertel

zu engagieren. Die Bürgerinitiative

organisierte unterschiedliche Pro-

jekte, wie z.B. eine mehrsprachige

Bibliothek oder ein Straßenfußball-

turnier für Kinder, um das Stadtvier-

tel lebenswerter zu machen.

Page 21: bodo Dezember 2012

21

Was bleibt vom Jahr? Die Spieler der Nationalelf haben nicht gesungen, und deshalb sind wirnicht Europameister geworden. Unglaublich. Demnächst möchte ich schon beim Verlesen derAufstellung hören: Heute im Tenor - Neuer und Lahm, im Bariton - Hummels, Götze… Die gleichzeitig zur EM stattfindenden Menschenrechtsprobleme mit dieser Dings, dieser Frau da in der Ukraine (oder war das Weißrussland?) sind doch durch irgendwie.

Genauso wie die Herdprämie. Man ist froh, dass man sich das nicht mehr anhören muss. Da sind alle glücklich geworden, also CDU, CSU und sogar die FDP. Weil gleichzeitig die Praxisgebühr abgeschafft wird. Mütter können die Kleinenbald in der Krabbelecke des Wartezimmers abgeben, wenn sie mal Ruhehaben wollen, kostet ja nix mehr. Und Arztpraxen gibt es im Gegensatzzu Kitas an jeder Ecke.

Aufgeregt hat uns auch der Organspendeskandal. Da wird jetztaufgeräumt. Wahrscheinlich müssen sich Hartz IV-Empfänger dem-nächst verpflichten, ihr Innerstes posthum dem Staat zu vermachen,irgendwie muss das Geld wieder reinkommen.

Um Geld ging es auch bei den Bochumer Stadtwerken. Die gaben eineMenge aus, damit Peer Steinbrück dort redet. Zum Jahresende werdendie Strompreise erhöht. Wundersamerweise steigen sie in Dortmundauch, obwohl Steinbrück da gar nicht geredet hat.

Ums Geld geht es auch beim von Mayas vorausgesagtenWeltuntergang am 21. Dezember. Ich wette eine Million darauf, dasser nicht stattfindet, suche nur noch einen esoterischenGroßverdiener, der dagegen setzt. Der Wetteinsatz wäre einenTag später fällig. Das wäre mal ein todsicheres Geschäft.

Sollte ich die Millionen eingesackt haben, käme das Jahr zueinem guten Ende. Dann steht schon die Neujahrsanspracheder Bundeskanzlerin an. Die ist gratis, außer GEZ. WasMerkel sagt, ist traditionell egal. Nur singen muss sie diesesMal, will sie nicht ungültig sein. (s.o.) Aber dann ist ja auchschon 2013. Martin Kaysh (Geierabend)

schreibt jeden Monat in bodo für die AWO.

Martin Kaysh schreibt für die Arbeiterwohlfahrt

Unterbezirk DortmundKlosterstraße 8-1044135 Dortmund0231- 99 340

Unterbezirk Ruhr-MitteBleichstr. 8 44787 Bochum0234- 96 47 70

Unterbezirk UnnaUnnaer Straße 29a59174 Kamen02307- 91 22 10

Je mehr Mitglieder die AWO hat, desto mehr kann sie in der Gesellschaftbewirken. Desto eher kann sie Menschen helfen, die Hilfe brauchen.

Werden auch Sie Mitglied in der AWO!

www.awo-ww.de

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Page 22: bodo Dezember 2012

22

Aurora, eine temperamentvolle alte Frau,

ihre kapverdische Haushälterin und eine so-

zial engagierte Nachbarin leben im gleichen

Wohnhaus in Lissabon. Als die alte Frau im

Sterben liegt, sucht ihre Nachbarin auf ihren

Wunsch hin einen gewissen Gian Luca Ventu-

ra. Sie findet ihn im Altersheim. Wie sich her-

ausstellt, verbindet ihn mit Aurora eine Ge-

schichte aus der Zeit kurz vor Ausbruch des

portugiesischen Kolonialkrieges. Er beginnt

eine Erzählung von Liebe und Leidenschaft.

Mit den Worten „Aurora hatte eine Farm in

Afrika, am Fuße des Monte Tabu…“ beginnt

eine der schönsten und abenteuerlichsten

Liebesgeschichten dieses Kinojahres. Miguel

Gomes entführt uns mit einer Ästhetik, die

an die Magie der goldenen Stummfilm-Ara

des Hollywood-Kinos erinnert, in eine fikti-

ve portugiesische Kolonie in Afrika, kurz vor

dem Ausbruch der Befreiungskriege.

Die Abenteuer liegen vor der Veranda, eine

Rock’n’Roll-Band spielt in weißen Anzügen

und die Drinks sind stark. Trotzdem – die ge-

sellschaftlichen Konventionen gebären sich

auch hier als Korsett für eine leidenschaft-

liche, aber heimliche Liebe, die mit einem

schlimmen Verbrechen enden muss.

Alfred-Bauer-Preis und FIPRESCI-Kritikerpreis

auf der Berlinale 2012

Deutsche Fassung:

Do. 20.12. bis Mi. 26.12. um 19.15 Uhr

Portug. Original mit dt. Untertiteln:

Do. 27.12. bis So. 30.12. um 17 Uhr

Endstation Kino im Bahnhof Langendreer

Wallbaumweg 108, 44894 Bochum

Telefon 0234 – 68 71 620

www.endstation-kino.de

endstation.kino & bodo präsentieren:Tabu – Eine Geschichte von

Liebe und Schuld

22 KINOTIPP | von endstation.kinoNETZWELT | von Sebastian Sellhorst

Welche Hürden muss ich überwinden, wenn ich einen Kaffee trinken oder ein

Buch kaufen will? Diese oder ähnliche Fragen stellen sich viele der 1,6 Mil-

lionen Rollstuhlfahrer in Deutschland täglich. Mit dem Ziel, den Alltag von

Menschen mit Behinderung ein wenig einfacher zu gestalten, ist 2010 die

Webseite wheelmap.org gestartet. Eine große Landkarte, auf der öffentliche

Orte zusammen mit Informationen zu ihrer Barrierefreiheit gesammelt werden,

soll Menschen mit eingeschränkter Mobilität helfen, ihren Alltag einfacher und

aktiver zu erleben.

Wheelmap.org basiert auf dem Kartenmaterial von OpenStreetmap, einer freien

digitalen Weltkarte. Nach einer kurzen Registrierung kann jeder Nutzer selbst

Orte auf dieser Karte eintragen und sie nach einem einfachen Ampelsystem

bewerten. Ist ein Ort als grün gekennzeichnet, bietet er uneingeschränkten

Zugang. Orange weist auf eingeschränkte Barrierefreiheit hin, weil zum Beispiel

eine Stufe den Eingang erschwert oder weil keine passenden Toiletten vorhanden

sind. Orte, die rot auf der Karte angezeigt werden, sind für Rollstuhlfahrer nicht

nicht zugänglich.

Betrieben wird die Webseite vom Verein Sozialhelden e.V., einer Gruppe enga-

gierter Menschen, die seit 2004 gemeinsam Projekte entwickeln, um auf soziale

Probleme aufmerksam zu machen. Die ursprüngliche Idee für wheelmap.org hatte

Raul Krauthausen, selbst Rollstuhlfahrer und Mitgründer der Sozialhelden, als

er sich darüber ärgerte, immer das gleiche Café besuchen zu müssen, da ihm

Informationen über die Barrierefreiheit anderer Lokale fehlten. „Als Berliner

kann ich jetzt herausfinden, wo ich bei einem München-

Aufenthalt meine Weißwurst essen kann, ohne draußen

vor der Tür kehrt machen zu müssen“, freut er sich über

die mittlerweile 250.000 auf wheelmap.org einge-

tragenen Orte. Täglich werden es ca. 200 mehr. „Wir

wollen bundesweit – und auch international – immer

bekannter werden, um mehr und mehr Rollstuhlfahrern

einen aktiven und abwechslungsreichen Lebensstil zu

ermöglichen.“(sese)

www.wheelmap.org

Soziales, Kultur, Politik – Jeden Monat stellt bodo ein

Online-Projekt vor, das die Welt ein bisschen besser macht:

Raul Krauthausen

Page 23: bodo Dezember 2012

23

23

Auch diesmal gibt es wieder Karten für tolle Veranstaltungen und Bücher zu gewinnen.Senden Sie uns eine Email mit dem Betreff „bodo-Verlosung“ und der Angabe Ihres Wunschgewinns an:

[email protected] schicken Sie uns eine frankierte Postkarte mit Ihrem Wunsch, Absender und Telefonnummer an:

bodo e.V., Schwanenwall 36 – 38, 44135 Dortmund

Unter allen Emails und eingesandten Postkarten entscheidet das Losverfahren. Alle Gewinner

werden rechtzeitig telefonisch oder per Email benachrichtigt. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.

Einsendeschluss für Veranstaltungen ist jeweils zwei Werktage vor dem Termin.

Einsendeschluss für terminunabhängige Verlosungen ist der 20. 12. 2012

19.12. | Circus FlicFlac | Westfalenhalle, Dortmund | 5 x 2 Karten

20.12. | Silbermond | Westfalenhalle, Dortmund | 2 x 2 Karten

20.12. | Mike Litt | Bahnhof Langendreer, Bochum | 3 x 2 Karten

21.12. | Cäthe | FZW, Dortmund | 2 x 2 Karten

26.12. | Weihnachts-Jazzmatinee | Opernhaus, Dortmund | 5 x 2 Karten

27.12. | A Christmas Carol | Theater im Depot, Dortmund | 3 x 2 Karten

Haben Sie’s heilig? – Satiren im Schatten der Krippe | Stefan Keim | 2 Exemplare

Durch den wilden Osten – Mit dem Fiesta Richtung Mongolei | Kai Schäder | 2 Exemplare

8 1/2 · Bar · Ristorante | Sonnenstraße 74 | 44139 Dortmund | Ein Essen für zwei Personen

Viel Glück, wünscht Ihr bodo-Team!

FlicFlac»Highlig Abend!« – Circus Show

18. Dezember bis 6. Januartäglich um 16 Uhr und 20 Uhr

im Zelt an der Westfalenhalle Dortmund

bodo verlost 5 x 2 Karten für Mittwoch, den 19.12. um 16 Uhr

VERANSTALTUNGEN DEZEMBER 2012 | VERLOSUNGEN | CD-TIPPS zusammengestellt von Benedikt von Randow

Page 24: bodo Dezember 2012

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net in der Vorweihnachtszeit seine Türen. Jeden Montag

zwischen dem 3. und 17. Dezember sowie jeden Mittwoch

von 10 – 13 Uhr kann in den Künstlerateliers die gemüt-

liche Atmosphäre des Hauses genossen und nach Kunst-

geschenken gestöbert werden. Annette Göke, Franz Ott

und Rita-Maria Schwalgin freuen sich auf Sie. Mehr Infos

unter www.kunstdomäne.de.

Kunstdomäne, Dortmund, 10 – 13 Uhr (jeden Mo. & Mi.)

Musik | Shantel & Bucovina Club Orkestar

Der Frankfurter Freestyle-, Balkanbeat- und Electronica-

Meister Stefan Hantel alias Shantel macht mit seinem

Bucovina Club Orkestar aus Ex-Jugoslawien, Graz und

Frankfurt Bucovina – das bedeutet in der Zwischenzeit:

Polka und Kasachok die ganze Nacht. Und die „Anarchy

& Romance Tour 2012“ ist gespickt mit Balkan-Beats,

die auf 60ties Garage und Rock‘n‘ Folk treffen, Elektro

Funk, Vintage E-Gitarren und Drums lassen alles zu ei-

nem ekstatischen Partyexzess explodieren. Shantels Bu-

covina Club gehört zu den fettesten Live-Spektakeln der

Gegenwart (zuletzt bei Juicy Beats zu erleben). „Nicht

nach Minuten, nicht nach Sekunden – nein, innerhalb

von Zehntelsekunden steht das Publikum Kopf!“ (dpa).

FZW, Dortmund, 20 Uhr

DI 04 | 12 | 12

Kleinkunst | Fräulein Nina

Fräulein Nina wandelt weiter auf Solopfaden. Als Schla-

gersängerin mit 50er-Jahre-Repertoire in Dortmund und

Umgebung bekannt geworden, widmete sich die Wahl-

hamburgerin mit einem Faible für kleine, intime Büh-

nenszenerien mehr und mehr dem Schreiben. Mit ihrem

Programm „Angelköder und Kleintierpension“ wirft das

Fräulein die Rute aus und präsentiert ihre Beute. Alles,

was sie aufregt, alles, was sie irritiert, alles, was ihr

passiert, verpackt sie in Stories, die sie vorliest. Übers

Heiraten, über aberwitzige Supermarktbesuche und Er-

lebnisse von ihren Tourneen fernab der Bühne. Dazu singt

sie passende Lieder zu Karaoke-Musik. Manchmal kennt

sie die Songs gar nicht. Eine besondere Herausforderung

für das Publikum, das entscheidet, wann sie singt und

welches Lied, das sie vielleicht gar nicht kennt. Wenn sie

gut drauf ist, wird dazu rosafarbener Nudelsalat gereicht.

Sissikingkong, Dortmund, 20 Uhr

MI 05 | 12 | 12

Musik | Folkery: Dieselknecht

Bei ausgelassener Stimmung mit Pils und Korn liefern

Dieselknecht auf der Folkery-Bühne im KulturCafé der

Bochumer Ruhr-Uni eine akustische Mischung aus Volks-

lied, Hillbilly und Punk. Mit der zweiten Veröffentlichung

„Unrasiert und fern der Heimat“ widmen sie sich den

eigenen, nachdenklichen und zum Teil sogar zärtlichen

Tönen. Damit aber keine Missverständnisse aufkommen,

bestehen sie darauf: „Wir sind hart!“

KulturCafé, Bochum, 21 Uhr

Kleinkunst | Ganz Schön Feist

Die haarloseste Boygroup der Comedy-Szene hat die

Nase voll? Noch nicht ganz, aber die Traumtypen ha-

ben noch andere Träume. Damit die aber nicht ganz

so schnell in Erfüllung gehen, gibt es vorher noch

einen Abschiedsbesuch bei den feistesten aller Fans.

„Tschüss!!!“ heißt das letzte Programm, bevor dann

Ende 2012 nach 20 Bühnenjahren der letzte Vorhang

für das Trio fällt. Den Abschied kommentiert die Band

selbst: „Ja, natürlich, Abschied is‘ wie‘n Stein an‘ Kopp,

wie‘n Tritt in‘ Schritt, aber wenn wir uns langweilen,

können wir ja einfach ,hello again‘ sagen“.

Flottmann-Hallen, Herne, 20 Uhr

01 – 29 | 12 | 12 Benefiz für Kinder – Kettenreaktion

24 VERANSTALTUNGEN DEZEMBER 2012

03 | 12 | 12 Shantel & Bucovina Club Orkestar

SA 01 | 12 – SA 29 | 12 | 12

Benefiz | Kettenreaktion mit glitzerndem Silberstaub

In der Vorweihnachtszeit entsteht in der „Galerie für

zeitgenössischen Schmuck“ in Dortmund eine ganz

besondere Halskette. Mit einem Spendenbeitrag von

12 Euro kann jeder aus Dortmund und dem Umland

individuelle Kettenglieder aus Silber gestalten und

fertigen. Menschen aus völlig unterschiedlichen Lebenszu-

sammenhängen schmieden auf diese Weise gemeinsam ein

Schmuckstück. Aus Einzelstücken wächst langsam ein Gan-

zes – so entsteht eine Kette, die so unterschiedlich ist wie

die Menschen dieser Region. Dieses besondere Unikat wird

Anfang 2013 während einer Benefiz-Auktion versteigert.

Der Erlös kommt dem Westfälischen Kinderzentrum Dort-

mund zu Gute. Das Werden und Wachsen kann unter www.

facebook.com/ketten.reaktion.dortmund verfolgt werden.

Galerie für zeitgenössischen Schmuck, Kleppingstr. 28

Mo bis Fr 11 – 18.30 Uhr, Do bis 21 Uhr, Sa 11 – 18 Uhr

SO 02 | 12 | 12

Kultur | Internationale Weihnachtsfeier

Auch in diesem Jahr lädt die Auslandsgesellschaft NRW

dazu ein, die vorweihnachtliche Stimmung mit kulturellen

Beiträgen und internationalen Köstlichkeiten zu genie-

ßen. Der koreanische Kinderchor Köln unter der Leitung

von Yun-Jeong Lee singt Weihnachtslieder und koreani-

sche Lieder; Marie-Christine Schwitzgöbel aus Marseille

stellt die provencalische Krippe mit ihren „Santons“ vor;

der Knabenchor der Chorakademie Dortmund singt unter

der Leitung von Jost Salm; Craig Herbertson interpretiert

schottische und irische Lieder; Maria Polonidou spielt klas-

sische und moderne griechische Musik auf der Violine, da-

nach treten Elena Hajfiz (Sopran) und Tatiana Prushinskaya

(Klavier) auf. Die Trommelmeister-Band Afrolight stellt die

afrikanischen Kulturen durch traditionelle Trommelmusik

und Tänze vor; Anne & Josue singen lateinamerikanische

Volkslieder, Huapango und Son aus Mexiko, Zamba aus Ar-

gentinien, Bolero aus Kuba und Bossa Nova aus Brasilien.

Auslandsgesellschaft NRW e.V., Dortmund, 14 Uhr

MO 03 | 12 | 12

Kunst | Kunstdomäne öffnet die Türen

Das Atelierhaus Kunstdomäne (Schillerstraße 43a) öff-

PAUL KALKBRENNER | Guten Tag (PK Musik / RoughTrade)

Der Meister der beseelten, minimalen Elektro-Beats legt schon gut ein Jahr nach dem letzten Album das nächste

nach. War „icke wieder“ insgesamt eher etwas geschmeidiger, softer, aber auch teilweise experimenteller, so

kommt „Guten Tag“ nun wesentlich konsequenter und stringenter daher. Man merkt, dass Paul Kalkbrenner viel

live unterwegs war und er fette Tracks für die tanzende Meute brauchte. Gleich nach dem Intro geht der Berliner

DJ & Produzent mit „Der Stabsvörnern“ in die Vollen, woran sich „Spitz-Auge“, gleichfalls ordentlich nach vorne

gehend, prima anschließt. Das Konzept der Scheibe ist erkennbar: Erst immer kleine, einminütige Intros, Füllsel,

Frickel-Späße und dann ein fetter Track, der in Bauch und Beine geht. Ein bisschen so wie bei einem Live-Set.

Nachdem es beim letzen Album noch von Oldschool-„Paule“-Fans etwas Geunke gab, weil zu wenig dicke technoide

Beats und Tanzflächentauglichkeit, wird Herr Kalkbrenner mit „Hinrich zur See“, „Der Buhold“, „Trümmerung“, „Der

Ast-Spink“ & Co, die kritischen Gemüter beruhigen, „das Gezabel“ beginnen lassen und das feierfreudige Volk wie-

der schön Richtung Ekstase schieben. Auf „Guten Tag“ hat Paul K. sich wohl mehr vom Bauch als vom Hirn treiben

lassen. Mir gefallen beide Ansätze. (BvR)

CD-TIPP

Page 25: bodo Dezember 2012

25

DO 06 | 12 | 12

Musik-Comedy | Das GlasBlasSing Quintett

Dass es möglich ist, sein Geld mit Musik auf leergenu-

ckelten Pfandflaschen zu verdienen – wer hätt‘s gedacht?

Niemand. Wer hat‘s gemacht? Das GlasBlasSing Quintett!

Neun Jahre ist das inzwischen her. Seit fünf Jahren las-

sen sie es sich nicht nehmen, ihre hoffnungsvollen Kar-

rieren in Hochleistungssport, Wirtschaft, Politik, Astro-

logie und Binnenfischerei ruhen zu lassen, um sich der

Erkundung des Musikphänomens Flasche im Hauptberuf

zu widmen. Nun gibt es live erstmalig einen Best-Of-

Querschnitt durch ihre beiden bisherigen Abendprogram-

me „Liedgut auf Leergut“ und „Keine Macht den Dosen!“,

abgerundet durch erste Ausblicke auf das für 2013 anbe-

raumte dritte Flaschenmusikprogramm.

Bahnhof Langendreer, Bochum, 20 Uhr

FR 07 | 12 | 12

Musik | Dickes B!

Die satten Raps der beiden MCs Max und Macka unterlegt

mit frisch geschnibbelten Beats und Melodien von den

flinken Fingern von DJ Cem & Band haben den HipHop-

Funk-Soundclash der „Dicken“ schon längst über die Gren-

zen Kölns hinaus bekannt gemacht. Ihren klischeefreien

und durchdachten Raps verpassen die Herren an den In-

strumenten live einen satten, organischen Unterbau und

verwursten bestens gelaunt Hip Hop, Funk, Jazz und Reg-

gae. DJ Cem Yilmaz krönt das Resultat mit Kunsthandwerk

an den Plattentellern. Der Eintritt zur anschließenden

HipHop-Party La Schmoov ist für Konzertbesucher frei.

Bahnhof Langendreer, Bochum, 21 Uhr

SA 08 | 12 | 12

Themen-Führung | Arbeitsplatz Nikolaus

Nachtarbeit, korrekte Ladungssicherung oder Rücken-

schmerzen durch den harten Fahrersitz im Schlitten: Ni-

kolaus sein ist alles andere als ein Zuckerschlecken. Was

also tun, wenn die Saisonarbeit richtig stressig ist, wenn

schweres Heben und Tragen auf den Schultern lastet und

die Kollegen von der Transportabteilung mal wieder nicht

zu bändigen sind? Eine DASA-Führung über den Nikolaus,

seinen Arbeitsalltag und freundliche Helfer am Wegesrand.

DASA, Dortmund, 14 Uhr

Design | YARD Designmarkt

An dem Dezemberwochenende 8. und 9.12. präsentiert

der YARD Designmarkt in der Zeit von 12 bis 19 Uhr einmal

mehr über 60 Künstler, Designer und Kreative und ihre

Werke. Bilder, Textilien, Accessoires, Möbel, Schmuck,

Gadgets – hier entdeckt und findet man auf über 650 qm

Ausstellungsfläche die besonderen Dinge. Ob wunder-

04 | 12 | 12 Fräulein Nina 05 | 12 | 12 Ganz Schön Feist 06 | 12 | 12 Das GlasBlasSing Quintett

schöne Weihnachtsgeschenke, wärmende und ausgefal-

lene Winteraccessoires oder Kunstdrucke und Leinwände

von Künstlern der Region – hier ist für jeden etwas Ein-

zigartiges dabei. Die Rotunde – der ehemalige Bochumer

Hauptbahnhof – wird mit einem außergewöhnlichen

Raumdesign von der Designerin Sandra Swienty dabei

wunderbar in Szene gesetzt. Auch das Rahmenprogramm

lädt zum Verweilen ein: DJ Gerald funkt aus dem Musik-

wohnzimmer Rare Grooves, Beat & Soul und Live-Musik

krönt die beiden Abende der Veranstaltungstage.

Rotunde, Bochum, 12 – 19 Uhr (auch 9.12.)

Flohmarkt | Schwarzmarkt

Abertausende von Raritäten, Seltsamkeiten und wie-

derverwertbare Schätze warten darauf, vom Publikum

erwühlt zu werden. Bei einem erfrischenden Getränk

und guter Musik dürfen die Besucher die Entdeckungen

der finstersten Abgründe der Keller und Dachböden der

Händler bestaunen und natürlich auch käuflich erwerben.

Dass man einen Flohmarkt nicht direkt mit einem kultu-

Alle Infos kostenfrei

unter 0800.544 00 44

oder www.dew21.de

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Page 26: bodo Dezember 2012

26

rellen Genuss verbindet, scheint klar zu sein. Gerade

da aber knüpft der Schwarzmarkt an und verbindet

Kultur und Kunst mit dem nächtlichen Treiben. Und

für den Trödel-Abend gibt‘s wieder jede Menge Pro-

gramm: das DJ Team Funktronix verbindet Neues mit

Altem und noch Älterem: Soul, Funk, Reggae.

Depot, Dortmund, ab 17 Uhr

Musik | César „Chino“ Pérez & Band

César „Chino“ Pérez, Posaunist und Sänger aus Venezuela,

begann seine musikalische Karriere als Mitglied der le-

gendären Formation „Dimension Latina“. Seit 2000 ist er

u.a. als festes Mitglied der „Heavytones“, der Showband

von Stefan Raabs „TV Total“, regelmäßiger Gast in TV-

Shows. Mit seiner eigenen Band präsentiert César „Chino“

Pérez überwiegend Eigenkompositionen, die bereits auf

zwei Alben dokumentiert sind, und sehr tanzbare, klassi-

sche Ballroom-Salsa versprechen mit eingängigen Melo-

dien und einer kraftvollen Bläsersektion. Mit Pérez wird

die lockere Reihe mit hochkarätigen Salsabands „made in

NRW“ im domicil fortgesetzt. Anschließend: Salsabomba

– die Salsanacht mit DJane S.Bomba.

domicil, Dortmund, 21 Uhr

MI 12 | 12 | 12

Comedy | Matze Knop

Was hätte eine bessere Einstimmung auf das neue Büh-

nenprogramm „Platzhirsche – Männer, Machos, Mutter-

söhnchen“ von Matze Knop sein können als die Fußball-

Europameisterschaft? Man kam einfach nicht an ihm

vorbei. Seine TV-Präsenz war hart an der Grenze der Über-

dosierung. An ihm oder besser gesagt an einer seiner zahl-

reichen Parodien von Kloppo über Niki Lauda, Jogi Löw,

Felix Magath, den Lodda und Kaiser Franz bis hin zu Dieter

Bohlen. Mit „Platzhirsche – Männer, Machos, Muttersöhn-

chen“ greift Parodist Matze Knop in Stand-Up-Manier ta-

gesaktuelle Themen auf und lässt auf der Bühne die Gren-

zen zwischen Parodie und Original verschwimmen.

Dietrich-Keuning-Haus, Dortmund, 20 Uhr

Musik | MissinCat

Hinter dem Namen MissinCat steht die italienische Sin-

ger/Songwriterin und Wahlberlinerin Caterina Barbieri,

die bereits mit Amy Winehouse auf Deutschland-Tour

war und deren Song „Back On My Feet“ man aus einer

Nintendo-Werbekampagne kennt. 2009 veröffentlichte

MissinCat ihr Debütalbum, tourte durch Deutschland und

schrieb neue Songs für ihr zweites Album „Wow“, auf dem

die Mailänderin sich erstmals auch in ihrer Muttersprache

präsentiert. Neben unüberhörbaren Folk-, Indie- und

LowFi-Pop-Elementen greift MissinCat auch Kinderlied-,

Filmmusik-, Zirkus-, Twang-, kammermusikalische, Jazz-

combo- und Walzer-Motive auf. Thematisch geht es oft

um Herz-Schmerz und andere traurige Angelegenheiten.

Aber es gelingt ihr, bei allem Schmerz und aller Melan-

cholie immer positiv und optimistisch rüber zu kommen.

subrosa, Dortmund, 20 Uhr

Comedy | Moses W.

„Mach Platz, ich mach Plätzchen“ heißt das Weihnachts-

kabarett mit musikalischer Unterwanderung von Moses

W. Männer sind von Null auf Hundert in 3 Sekunden und

brauchen für den Einkauf sämtlicher Weihnachtsge-

schenke maximal 24 Stunden. Das bedeutet aber nicht,

dass ihnen Weihnachten egal ist. Immerhin sind nahe-

zu alle Rollen der Weihnachtsgeschichte männlich be-

setzt: 1 Zimmermann, 1 Jesuskind, 3 Könige, 1 Komet,

1 Palmbusch, 1 Ochse und 1 Esel. Alles Männer. Ledig-

lich die Rolle der Maria bleibt Frauensache. Und das ist

gut so. Moses W. backt im Stundentakt, lernt mit der

Weihnachts-CD Lieder auswendig, nutzt den Amazon-

Last-Minute-Service und vertraut auf die Zuverlässigkeit

von DHL. Wenn das kein Gottvertrauen ist.

Zauberkasten, Bochum, 20.30 Uhr

FR 14 | 12 | 12

Lesung | Thomas Hoeveler: Der Querleser

Thomas Hoeveler vom kleinewelttheater präsentiert aus

dem Stehgreif seitenweise Auszüge aus einer Auswahl

von Büchern, die vom Zuhörer selbst mitgebracht wer-

26 VERANSTALTUNGEN DEZEMBER 2012

07 | 12 | 12 Dickes B! 08 | 12 | 12 YARD Designmarkt

den. Das Publikum hat die Qual der Wahl und entscheidet

selbst, welche Seite aufgeschlagen wird. Das Programm

entsteht an diesem Abend, mal lustig, mal nachdenk-

lich, mal deftig, ganz nach den Wünschen der Zuhörer.

Es erwartet Sie eine ultimativ interaktive, literarische

One-man-Show. Bücher nicht vergessen!

Bochumer Kulturrat e.V., Bochum, 20 Uhr

SA 15 | 12 | 12

Preisverleihung | 2. Bochumer Menschenrechtspreis

2003, als Shirin Ebadi mit dem Friedensnobelpreis ausge-

zeichnet wurde, hatte sie den Preis an alle Iranerinnen

und Iraner weitergereicht, die für Demokratie und Men-

schenrechte kämpfen, für politische, sexuelle, religiöse

Freiheit: „Die Grüne Bewegung“, so die international

hoch angesehene Menschenrechtsaktivistin, „ist eine

demokratische, also keine ideologische Bewegung. Sie

vereint Menschen mit unterschiedlichen Auffassungen

und Neigungen.“ In dieser Tradition steht der Bochu-

mer Menschenrechtspreis, dessen Schirmherrin Shirin

Ebadi ist. Die Exil-Iraner im Ruhrgebiet, die – aus sehr

unterschiedlichen Gründen – dem iranischen Regime ent-

kommen sind, unterstützen von Bochum aus die Protes-

te gegen Ahmadinedschad. Der Preis, den sie verleihen,

ist keine Charity-Veranstaltung, das Ganze kommt ohne

roten Teppich aus, hier geht es um Leben, um Tod, um

Freiheit und Demokratie. Der Eintritt ist frei.

Christuskirche, Bochum, 17 Uhr

SO 16 | 12 | 12

Kunst und Kulturgeschichte | Zur Geschichte der Heißgetränke

Tee, Kakao, Kaffee – im letzten Drittel des 17. Jahrhun-

derts halten drei in Europa bisher weitgehend unbekann-

te Heißgetränke aus Übersee Einzug in die europäischen

FLAMINGO STAR | Nothing Sweeta (peacelounge recordings)

Das Frankfurter Label „peacelounge recordings“ ist bekannt für seinen geschmeidigen Ambient-Elektro-Sound,

der sich nicht nur auf den hauseigenen Compilations „Early Morning Breaks“ und „DPI Collection“ wunderbar ein-

fügt, sondern auch auf vielen anderen Electric-Lounge-Zusammenstellungen. Da passt mit seinen entspannten

Hooks und Grooves wunderbar Matthias Becker aka Flamingo Star dazu. „Nothing Sweeta“ funktioniert ab dem

ersten Ton des gleichnamigen ersten Songs, der neben seiner Latino-Funkytüde vor allem von der hohen Stimme

der Soul-Diva Alison Degbe geprägt wird. Das ganze Album hätte so auch schon Ende der 90er erscheinen können.

Da gab es nämlich eine Hoch-Zeit von solch groovigem Elektro-Sound, der sich von Funk, Jazz, Latin, Soul, Disco,

Reggae, Bollywood inspirieren ließ. Bekannte Vertreter u.a.: Mo‘ Horizons, St. Germain, Thievery Corporation

und Koop, aber auch Daft Punk und Air. Vereinzelte Kritiker werden vielleicht anmerken, dass das alles zu seicht,

nonchalant, gefällig, happy-peppy ist, und das Risiko scheut, auch mal mit einem schrägen Ton das Gemüt he-

rauszufordern. Aber das ist nun mal der Ansatz dieser Musik, die eben in erster Linie für Entspannung und gute

Laune sorgen will. (BvR)

CD-TIPP

Page 27: bodo Dezember 2012

27

12 | 12 | 12 MissinCat 12 | 12 | 12 Matze Knop12 | 12 | 12 Moses W.

Fürstenhäuser des Barock. Von hier aus werden sie zu

heute noch populären Kultgetränken aller gesellschaftli-

chen Schichten. Über Teehandel und kuriose medizinische

Anwendungen, maßvollen oder maßlosen Schokoladenge-

nuss, über das Finden neuer Gefäßformen und die Suche

nach einer Formel fürs kostbare Porzellan – all diesen Din-

gen wird in der Führung nachgegangen. Und wer kennt

schon das Rezept für die „berühmte Jasminschokolade des

Großherzogs von Toskana“? Die Angebotsreihe „KulturGe-

nuss“ – eine Kooperation mit dem Museumscafé Baum –

findet an jedem dritten Sonntag im Monat statt.

Museum für Kunst und Kulturgeschichte, DO, 14 Uhr

DI 18 | 12 | 12 – SO 06 | 01 | 13

BODO VERLOSUNG | FlicFlac

„Hochleistung und jede Menge Höhenflüge sind bei

,Highlig Abend!‘ Programm – wir zeigen allein sieben

unterschiedlichste originelle

Luftnummern“, verspricht

FlicFlac Direktor Benno Ka-

stein. Außergewöhnliche

riskante Stunts wechseln

sich mit atemberaubender

Akrobatik und anarchischer Komik ab. Im Zirkushimmel

tobt der Tanz auf dem vertikalen Hochseil, das Todesrad

dreht sich, eine Rakete startet in den Lüfte, und in einem

wahren Feuerwerk fliegen die Moto Cross Jumper von „Air-

Fours“ über die Köpfe der Zuschauer hinweg. Ansonsten

ist alles anders als 2011 bei „Schrille Nacht, eilige Nacht“,

FlicFlac hat in aller Welt neue Artisten verpflichtet, die

ihre Premiere in Dortmund und oder gar in Deutschland

feiern. Nicht fehlen darf in der Show für die ganze Fa-

milie die spezielle Musikmischung à la FlicFlac mit wum-

mernden Beats, aber auch sanften Balladen. Der beliebte

Zirkus FlicFlac gastiert also auch Weihnachten wieder im

Revier, und zwar in Dortmund an der Westfalenhalle.

Zelt an der Westfalenhalle Dortmund, 16 & 20 Uhr

bodo verlost 5 x 2 Karten für den 19.12. um 16 Uhr.

Teilnahmebedingungen auf Seite 23.

DO 20 | 12 | 12

BODO VERLOSUNG | Silbermond

Das Album „Himmel auf“ zeigt eine Band, die erwachsen

geworden ist. Silbermond sind nicht mehr die jugendli-

chen Newcomer aus Bautzen.

Hier formulieren gestandene

Mittzwanziger Gedanken aus

ihrer Lebens- und Erfah-

rungswelt. Faszinierend da-

bei, wie die Band es erneut

schafft, die Gefühle ihrer Generation in Worte zu fassen.

Silbermond sind älter und reifer geworden – wie ihre Fans

mit ihnen. Live sind Silbermond ein wahres Highlight,

getragen durch die energiereiche, emotionale Perfor-

mance von Sängerin Stefanie und ihren sympathischen

Mitmusikern Thomas, Johannes und Andreas. Und wer

bei dem Albumtitel „Himmel auf“ eine zuckersüße Pär-

chenperformance mit Rosenduft und Romantik-Overkill

erwartet hat, irrt. Auch wenn sie auf ihrer neuen Platte

vieles ausprobieren und sich kreativ einmal richtig gehen

lassen wollten – Silbermond rockt. Und live mal sowieso.

Westfalenhalle 1, Dortmund, 20 Uhr

bodo verlost 2 x 2 Karten.

Teilnahmebedingungen auf Seite 23.

22. Nov – 23. Dezmo – do 10 – 21 Uhrfr u. sa 10 – 22 Uhr

so 12 – 21 UhrVerkaufsoffener Sonntagin der City: 2. Dezember

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Page 28: bodo Dezember 2012

28

BODO VERLOSUNG | Mike Litt – Der einsamste DJ der Welt

Sicherer als Schnee zu Weihnachten, gelungener

als manch gebratene Gans zum Fest: Die 1LIVE-

Radioshow „Der einsamste DJ der

Welt“ mit Mike Litt an Heiligabend

ist Tradition. Und das mittlerweile

schon seit 15 Jahren. Die Veröffentli-

chung seines erfrischenden, gleichna-

migen Debüt-Romans nimmt 1LIVE-Mo-

derator und DJ Mike Litt zum Anlass,

das „sichere“ Studio zu verlassen und

unter Menschen zu gehen. In seiner Liveshow erinnert

sich Mike Litt an die unzähligen einsamen Heiligabende,

an denen er Post aus dem Sektor und allen Teilen der

Welt bekam. Er spielt Musik für seine Gäste, tischt Weih-

nachtsgebäck auf und liest aus seinem neuen Buch Sto-

ries aus einem bewegten Leben zwischen Wahnsinn und

Weihnachten, Waisenknabentum und Weltenbummelei.

Bahnhof Langendreer, Bochum, 20 Uhr

bodo verlost 3 x 2 Karten.

Teilnahmebedingungen auf Seite 23.

FR 21 | 12 | 12

BODO VERLOSUNG | Cäthe

„Cäthe muss nichts, kann aber alles“ titelte die Welt

Hamburg über ihr fulminantes Konzert, das die Trägerin

des Musikautorenpreises im

Rahmen ihrer letzten Tour-

nee in der Hansestadt spiel-

te. Die Kritiken überschlu-

gen sich vor Exzellenz und

„Wie Cäthe mit ihrer Band

auftritt ist der Wahnsinn. Die Lebendigkeit, die da von

der Bühne heruntergeschleudert wird, trägt man noch

den ganzen nächsten Tag mit sich“, sinniert der Kultur

Spiegel über die Hamburger Sängerin. Cäthe, die bereits

an ihrem zweiten Album arbeitet, steht in den Startlö-

chern für ihre Tour mit Stücken aus Cäthes Debütalbum

„Ich muss gar nichts“ und weiteren sinnlich bis frechen

Songs aus der Feder der stimmgewaltigen Künstlerin.

FZW, Dortmund, 20 Uhr

bodo verlost 2 x 2 Karten.

Teilnahmebedingungen auf Seite 23.

Kleinkunst | Akte X-Mas

Das wird bestimmt keine „Stille Nacht!“. Wortgewalti-

ge, aber einfühlsame Bühnenmenschen mit klassischer

Weihnachtsliteratur treffen auf Wortakrobaten, Poetry-

Slammer und Musiker, die sich der Wahrheit über den

Weihnachtswahnsinn verschrieben haben. „Gnadenlos

humorvoll“ schrieb die RN nach der bisher einmaligen

Aufführung im vergangenen Jahr. Zur großen Freude geht

das von Thomas Koch (WDR) konzipierte und moderierte

Programm in diesem Jahr auf NRW-Tour. Mit dabei: Kat-

inka Buddenkotte, Fritz Eckenga, Torsten Sträter, Andy

Strauß, Jenny Bischoff, Claus Dieter Clausnitzer, Ulrich

Schlitzer, Björn Jung, Charlotte Brandi & Paul Wallfisch.

Fritz-Henßler-Haus, Dortmund, 20 Uhr

Theater | Happy Apokalypse

Die Performance zum Abgang: Klaus ist am Ende! Burn-

out – sein Kopf hört nicht auf zu rattern. So beginnt er

zu laufen, einmal um die Welt – doch es hört nicht auf.

Erst als er dem Priester begegnet, der die Apokalypse

verkündet, bekommt er Hoffnung auf eine Lösung. Doch

als dann Herr Maya dazukommt und mit all seinen Rech-

nungen nicht mehr klar kommt, wird es auch für Klaus

langsam seltsam. Eine skurril-absurde Theater-Film-

Tanz-Performance, die in keine Schublade passt. Was

will ich eigentlich? Leben oder sterben? Und wie?

Theater Lebendich, Lindenhorster Straße 38,

44137 Dortmund (AWO-Gelände), 21.12 Uhr

SA 22 | 12 | 12

Lesung und Musik | Zwei Männer. Zwei Bärte. 2 Stimmen

Der Lyriker Patrick Salmen trifft auf den Singer-Song-

writer Jonas David. Patrick Salmen ist Lyrik- und Pro-

saautor, Bühnenliterat und humoristischer Geschich-

tenerzähler, „NRW-Vizemeister“ und Meister im Poetry

Slam. Nach seinem ersten Buch „Distanzen“ folgte in

diesem Jahr „Tabakblätter und Fallschirmspringer“.

Jonas David fabriziert Musik, die gerne ausufert und

Grenzen überschreitet. Seine Intensität ist ansteckend,

besonders, wenn die Songs mit starken Kontrasten ex-

perimentieren und im aufgeladenen Falsettgesang, Ge-

brüll oder oszillierenden Chören münden.

domicil, Dortmund, 20 Uhr

MO 24 | 12 | 12

Erlebnisgottesdienst | Janas Weihnachten

Das Schauspiel „Janas Weihnachten“ steht im Zentrum

eines stimmungsvollen Gottesdienstes für alle Generatio-

nen an Heiligabend. Jana ist 16 und erfährt ausgerechnet

wenige Wochen vor Weihnachten, dass sie einen Gehirntu-

mor hat und voraussichtlich nur noch wenige Monate lebt.

Eine Welt bricht für sie und ihre Freundinnen zusammen.

Doch ein Engel kommt zu ihr und führt sie zum Stall von

Bethlehem. Hier verändert sich Janas Sicht auf das Le-

ben und den Tod. Sie erfährt von einer Liebe, die stärker

ist als der Tod und das ganze Leben umfasst. Es wird das

bewegendste Weihnachtsfest ihres Lebens. Ein Schauspiel

mit Jugendlichen und Erwachsenen sowie dem Hagener

Show-Pony „Rocky“, das den Esel spielt.

Pauluskirche, Dortmund, 14.30 Uhr

MI 26 | 12 | 12

BODO VERLOSUNG | 41. Weihnachts-Jazzmatinee

Die traditionelle Weihnachts-Jazzmatinee des domic-

il öffnet am zweiten Weihnachtsfeiertag ein großes

Schaufenster in die lokale und regionale Jazz-Szene.

Zehn Bands auf fünf Bühnen präsentieren Musik von

28 VERANSTALTUNGEN DEZEMBER 2012

21 | 12 | 12 Akte X-Mas 26 | 12 | 12 Total Paranormal Weihnachtsshow

VINICIUS CANTUARIA | Indio de Apartamento (Naive / Indigo)

Moment mal, wird hier nach langer Zeit wieder das „Girl from Ipanema“ musikalisch angehimmelt? Ist das eine

Platte von Jobim, Gilberto oder Mendes? Nicht wirklich, aber der Sound des klassischen Bossa Nova der 70er

mit seiner sanften, unglaublich angenehmen Note schwingt hier ganz stark mit. Vinicius Cantuaria gehört zur

so genannten „zweiten Garde des Bossa Nova“ und zählt mit seinen 61 Jahren nun auch schon langsam zu den

Klassikern. Aber er ist in seiner musikalischen Laufbahn nie stehen geblieben, sondern hat sich immer wieder

neu inspirieren lassen. Dazu passt auch, dass er früh von Rio nach New York zog, einer Stadt, die sich gleichfalls

permanent versucht, neu zu erfinden. Mit „Indio de Apartamento“ kehrt er nun also back to the roots und kommt

dabei ein Stück weit nach Hause. Unterstützt von Jazzgrößen wie u.a. Norah Jones, Ryuichi Sakamoto und Bill

Frisell hat er ein Album produziert, das mittels Gehörgang die Seele streichelt. Mal mehr melancholisch, mal mehr

heiter, immer mit spürbar viel Gefühl und hörbarem handwerklichen Geschick ist ihm ein kleines musikalisches

Schmuckstück gelungen, dessen einziger Kritikpunkt die nur 30minütige Länge bzw. Kürze ist. Aber auch das war

ja in den 70ern nicht anders. (BvR)

CD-TIPP

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27 | 12 | 12 Geierabend 201326 | 12 | 12 Honigdieb

Modern Jazz bis Funk, von

Weltmusik bis Big Band, von

Swing bis Electro. Der Erlös

der Veranstaltung kommt

direkt der gemeinnützigen

Kulturarbeit des domicil zu

Gute. Modern Jazz: Jonas Röser Quartett und Jerry Lu

Quintett feat. Florian Menzel. Big Band: J R Swingcon-

nection und Staight Ahead Bigband. Groove Club: Pho-

notoxics und Jamroulette. Weltmusik: Parhelia Quar-

tett und Tryol. Traditional: Dian Pratiwi & Band und

Pilspicker Jazzband feat. Babette Horschler.

Opernhaus, Dortmund, 11 – 14 Uhr

bodo verlost 5 x 2 Karten.

Teilnahmebedingungen auf Seite 23.

Magie | Total Paranormal Weihnachtsshow

Bei der Total Paranormal Weihnachtsshow werden Tan-

nenbäume schweben, Zimtsterne verschwinden und die

Zukunft wird aus Bratäpfeln gelesen. Oder so ähnlich.

Das total fabelhafte Trashmagie- und Zauberkunstquar-

tett Mario Schulte, Kotelett Schabowski aus Ost-Osteki-

stan, Pille der Kartenhai und Magic Mark Weide zeigt

eine Show, die mit ebenso erstaunlichen Tricks aufwar-

tet wie sie die Lachmuskeln strapaziert. Witzig, verblüf-

fend, unterhaltsam und spannend mit Possen von kal-

kulierter Albernheit und Kunststücken auf Weltniveau.

Sissikingkong, Dortmund, 20 Uhr

Musik | Honigdieb

Lange haben die Dortmunder Chanson–Folkrocker um

Sir Hannes an ihrem vierten Album „Mein Hut hat keine

Ecken“ gefeilt. Aufgenommen wurden 14 neue Songs, die

voller Leben und Energie den Hörer betören, ja vielleicht

beflügeln. Das macht Spaß und tut gut. Man pfeift oder

singt die Songs mit und wird Teil des positiven, vielleicht

auch spirituellen Liederausflugs. Selbstverständlich geht

es bei Honigdieb um seine altbekannten Themen: Freiheit

und Revolution, verlorene Werte, Kritik an der Zerstörung

der Natur und des Geistes. Honigdieb versteht es, mit ei-

nem Augenzwinkern Problematiken zu publizieren.

FZW, Dortmund, 20 Uhr

DO 27 | 12 | 12

Comedy-Karneval | Geierabend 2013

Zombies auf Zeche! So ein skurriles Szenario können nur

die Anarcho-Karnevalisten vom alternativen Ruhrpott-

Karneval Geierabend entwerfen. Unter dem Motto „Ein

Zombie hing am Förderseil“ versetzen die Geier vom 27.

Dezember bis zum 12. Februar an 36 Abenden die Zeche

Zollern in Ausnahmezustand. Das brandneue Programm

verspricht ein humorgeladenes Spektakel aus Comedy,

Kabarett, Musik und kohlenschwarzem Ruhrpott-Humor.

Die Kellnerinnen Lilli und Lotti lassen ebenso Dampf ab

wie die AWO-Oppas oder die Vorstadt-Philosophen Sieg-

fried & Roy. Nicht fehlen dürfen „Die Zwei vonne Südtri-

büne“, die „Nordstadt-FDP“ in Gestalt von Udo & Moni

oder Joachim Schlendersack. Auch gibt es ein Wiederse-

hen mit dem Schnöttentroper Männerchor. Neu im Team:

„Der Hauer“ (Benedikt Hahn). Der Vorverkauf läuft.

Zeche Zollern II/IV, DO, 19.30 Uhr (auch 28. – 30.12.)

BODO VERLOSUNG | A Christmas Carol

Scrooge, der verbissene alte Kaufmann, quält rücksichts-

los unglückliche Schuldner, demütigt seinen Sekretär und

begegnet Mitmenschen mit

Verachtung. Selbst das her-

anrückende Weihnachtsfest

ist für Scrooge überflüssig.

Doch dann, in der Weih-

nachtsnacht, wird er von

einigen Geistern heimgesucht. „A Christmas Carol“ ist in

vielen Varianten gespielt und verfilmt worden. In dieser

Version wird der Klassiker „gegenwärtig“ präsentiert, mit

unkonventionellen Einfällen und live gebackenen Weih-

nachtsplätzchen. Ein vergnüglicher Theaterabend, und

über aller „Modernität“ bleibt die zeitlose literarische

Qualität sowie die Frage nach sozialer Verantwortung und

den gesellschaftlichen Werten erhalten. „...Denn die In-

szenierung ist so einfach wie genial.“ (Ruhr Nachrichten)

Weitere Termine unter www.depotdortmund.de

Theater im Depot, Dortmund, 19 Uhr

bodo verlost 3 x 2 Karten.

Teilnahmebedingungen auf Seite 23.

SO 30 | 12 | 12

Musik | urban urtyp: Stabil Elite

Düsseldorf? „Wenn es je eine Utopie von Westdeutschland

gegeben hat,“ schrieb De:Bug, „dann hier.“ Wo Warenhäu-

ser groß sind wie ein Stadion und die Nachkriegsmoderne

„distinguiert und provinziell wie eine Märklin-Eisenbahn“.

Klar, das Geld dafür kam von daher, wo es „zusammenma-

locht“ wurde, nämlich von hier. Jetzt kommt alles zurück.

Stabil Elite, drei Jungs Mitte 20, sind Art-Wave, Krautrock

und NDW. Sind Kraftwerk, Fehlfarben und Der Plan. Finster

technoid und poppig-elegant, Retro und Avantgarde. Coo-

ler, witziger, besser gekleidet und urban – das vor allem.

Christuskirche, Bochum, 19 Uhr

30 | 12 | 12 urban urtyp: Stabil Elite

Adressen | Bochum (0234)Bahnhof Langendreer, Wallbaumweg 108, 687 16 10

Christuskirche, An der Christuskirche 1, 338 74 62

Endstation Kino, Wallbaumweg 108, 687 16 20

Eve Bar, Königsallee 15, 333 354 45

Freilichtbühne Wattenscheid, Parkstraße, 61 03-0

HalloDu-Theater, Lothringer Str. 36c, 87 65 6

Jahrhunderthalle, Gahlensche Str. 15, 369 31 00

Kulturhaus Oskar, Oskar-Hoffmann-Straße 25

Kulturrat Bochum, Lothringer Straße 36, 862 012

Museum Bochum, Kortumstraße 147, 910 42 30

Mus. Zentrum der RUB, Universitätsstr. 150, 322 28 36

Prinz-Regent-Theater, Prinz-Regent-Str. 50 – 60, 77 11 17

Riff, Konrad-Adenauer-Platz 3, 150 01

RuhrCongress, Stadionring 20, 610 30

Schauspielhaus, Königsallee 15, 333 30

Stadthalle Wattenscheid, Saarlandstraße 40, 610 30

Thealozzi, Pestalozzistraße 21, 175 90

Varieté et Cetera, Herner Straße 299, 130 03

Zauberkasten, Lothringer Straße 36c, 86 62 35

Zeche, Prinz-Regent-Straße 50-60, 977 23 17

Zeche Lothringen, Lothringer Straße 36c, 876 56

Zwischenfall, Alte Bahnhofstraße 214, 28 76 50

Adressen | Dortmund (0231)Auslandsgesellschaft, Steinstraße 48, 838 00 00

Cabaret Queue, Hermannstraße 74, 41 31 46

DASA, Friedrich-Henkel-Weg 1 – 25, 90 71 24 79

Dietrich-Keuning-Haus, Leopoldstr. 50 – 58, 502 51 45

domicil, Hansastraße 7 – 11, 862 90 30

Fletch Bizzel, Humboldtstraße 45, 14 25 25

F.-Henßler-Haus, Geschw.-Scholl-Str. 33 – 37, 502 34 72

FZW, Ritterstraße 20, 17 78 20

Galerie Torhaus, Haupteingang Rombergpark, 50 23 194

Konzerthaus, Brückstraße 21, 22 69 62 00

Museum f. Kunst u. Kulturgesch., Hansastr. 3, 502 55 22

Piano Musiktheater, Lütgendortmunder Str. 43, 604 206

Rasthaus Fink, Nordmarkt 8, 999 876 25

Reinoldikirche, Ostenhellweg 1, 52 37 33

Schauspielhaus, Hiltropwall, 502 55 47

Sissikingkong, Landwehrstraße 17, 728 25 78

Strobels, Strobelallee 50, 999 50 60

Subrosa, Gneisenaustraße 56, 82 08 07

SweetSixteen Kino im Depot, Immermannstr. 29, 910 66 23

Theater im Depot, Immermannstraße 29, 98 21 20

U, Leonie–Reygers-Terrasse, 50 247 23

Westfallenhallen, Rheinlanddamm 200, 120 40

Westfalenpark, An der Buschmühle 3, 35 02 61 00

Zeche Zollern, Grubenweg 5, 696 12 11

Adressen | Herne (02323)Flottmann-Hallen, Flottmannstr. 94, 16 29 52

Mondpalast, Wilhelmstraße 26, 58 89 99

Adressen | Witten (02302)Saalbau, Bergerstraße 25, 581 24 24

Werkstadt, Mannesmannstraße 2, 94 89 40

Der Druck dieser Seite wurde ermöglicht durch Spenden der Besucher des Geierabend 2012.

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30 INTERVIEW | von Bastian Pütter und Nina Schulz | Fotos: Christian Eggers / AP / dapd · E .M. Urbitsch · Murat Kayi Archiv

Ein Dortmunder in MöllnMurat Kayi ist Musiker und Kabarettist aus Dort-mund. Ibrahim Arslan (Interview rechts), der als Kind den Mordanschlag auf seine Familie über-lebte, las Kayis Texte im Internet und wünschte sich den Dortmunder als Gast beim Gedenkkon-zert zum 20. Jahrestag des Anschlags. Am 17. No-vember stand Murat Kayi mit Künstlern wie Jan Delay und Samy Deluxe auf der Bühne der Möllner Stadthalle. bodo sprach mit ihm über 1992.

bodo Was hast du mit Mölln zu tun?

MK Oberflächlich gar nichts. Auf einer tieferen Ebe-

ne habe ich so viel mit Mölln zu tun, wie jeder haben

sollte, der nicht mit versteinertem Herzen durch die

Welt läuft. Mich hat das damals traumatisiert, nicht

Mölln alleine, die Jahre 1992 / 1993. Mölln, das ist

das Überschreiten weiterer Grenzen. Morde an Kin-

dern, im Westen.

Für mich hat sich mit dem Kontakt zur Familie Ars-

lan ein Kreis geschlossen. 1992 habe ich nichts zum

Thema Mölln geschrieben. Als ich später auf die

Bühne ging, um Texte vorzutragen, war einer der

ersten ein Text zum Thema, weil mich das seit da-

mals nicht losgelassen hat.

bodo Allein im ersten Halbjahr 1992 gab es 1.443

rassistisch motivierte Straftaten, davon 128 Brand-

anschläge – und das nur nach offizieller Zählung.

Wie hast du diese Zeit erlebt?

MK Bis es losging, war ich deutscher als die Deut-

schen, in der Hinsicht, dass ich mit meinen türki-

schen Wurzeln nicht viel am Hut haben wollte. Ich

dachte, das hätte sich für mich erledigt. 1990 wurde

ich eingebürgert und dachte, ich wäre jetzt Deut-

scher.

In der Phase musste ich dann erleben, dass angefan-

gen von den Roma über die Vietnamesen in Lichten-

hagen bis besonders zu den Türken in Mölln und So-

lingen alles, was scheinbar fremd war, zum Abschuss

freigegeben war.

bodo Warum besonders die Türken?

MK Die waren auf einmal Mordopfer. Bei den Hetzjag-

den und Brandanschlägen, z.B. auf das Sonnenblu-

menhaus in Rostock und auf die Vietnamesen darin,

ging es auch darum, aber die Opfer hatten Glück.

Mit einem Freund besuchte ich damals einmal sei-

ne Großmutter, das waren Vietnamesen, Boat Peo-

ple, Flüchtlinge. Und er fragte seine Oma, warum

die Mülltonnen so seltsam vor dem Haus standen.

Sie sagte, damit sie durchs Fenster flüchten könn-

te, wenn die Nazis kämen. Das hat mich zutiefst

erschüttert.

bodo Im Prozess gegen die Mörder von Mölln sagte

der Opferanwalt Hans-Christian Ströbele: „Behör-

den, Politik und Politiker in der Bundesrepublik tra-

gen eine politische und moralische Mitschuld an den

Anschlägen.“

MK Es ging um die Abschaffung des Asylrechts und

um die passende Stimmung in der Bevölkerung dazu.

Um eine gesteuerte Medienkampagne, die täglichen

Wasserstandsmeldungen in den Nachrichten: Heute

soundsoviel Asylanträge, gestern soundsoviel, Men-

schenschlangen, Menschen auf Koffern – man hat

nicht lockergelassen.

Heute weiß man, dass in Rostock-Lichtenhagen im

Sommer 1992 Polizeikräfte bewusst abgezogen wur-

den. Der damalige Innenminister Seiters hat sich

mir ins Gedächtnis gebrannt, als er nach den Pog-

romen von Rostock sagte: „Die Vorfälle der vergan-

genen Tage machen deutlich, dass eine Ergänzung

des Asylrechts dringend erforderlich ist, weil die

Bevölkerung durch den ungebremsten Zustrom von

Asylanten überfordert wird“.

bodo Das war die Einladung an die Nazis, Politik mit

dem Molotow-Cocktail selbst zu gestalten...

MK …und dazu kam die Idee: „Wir können die rech-

ten Parteien nur erfolgreich bekämpfen, wenn wir

sie rechts überholen.“ Das haben die Leute ja offen

gesagt.

bodo Aus den Neonazistrukturen der frühen 90er

speiste sich der NSU, und auch jenseits davon ging

das Morden weiter, die Amadeu Antonio Stiftung

zählt 183 Todesopfer rechter Gewalt seit 1990. Wie

hast du die Zeit nach Mölln und Solingen erlebt?

MK In diesen Jahren ist praktisch ein gewisser Teil

meines Selbstbildes abgebrannt. Vorfälle, Politiker-

äußerungen, private Erlebnisse danach sind in ei-

nen riesigen Behälter gefallen. Davor habe ich fein

säuberlich getrennt: Das ist ein Idiot, das ist ein

Nazi, das ist ein Populist, der das für sich nutzt. Seit

dieser Zeit war ich für Integrationsdebatten weitge-

hend verloren. Wenn bestimmte Signalwörter fallen,

spare ich bestimmte Gesprächsfelder komplett aus.

Plötzlich war die Erkenntnis da, dass diese Leute,

die mich rassistisch beleidigten, lediglich nicht

kontrolliert genug waren zu schweigen. Das war kei-

ne Minderheit, sondern nur die Minderheit, die es

offen aussprach. Es schockiert mich genauso, wenn

jemand mit der ganz üblichen Verachtung über seine

Roma-Nachbarn spricht, das sind für mich Zweige

am selben Baum mit der selben Wurzel.

bodo Glaubst Du, dass das eine Gruppenerfahrung ist?

MK Ich denke schon, aber wir haben wenig darü-

ber gesprochen. Die Desillusionierung war bei den

Türken am stärksten, die die größte Identifikation

mit ihrer deutschen Identität hatten. Die anderen

haben sich eh auf ihr Türkischsein zurückgezogen.

Sicher ist es so, dass auch die, die nichts von Mölln

wissen, bis heute unter den Auswirkungen leiden.

Das Misstrauen, die Abschottung – so viel ist darauf

zurückzuführen.

Auf der Bühne frage ich: Was habt ihr denn erwar-

tet? Ich finde schon, dass man sagen kann, dass

auch damals alles Menschenmögliche getan wurde,

damit Integration nicht funktioniert.

In meinem Programm erzähle ich von meinem Neffen,

der in Berlin Stadtführungen für deutsche Touristen

macht. Irgendwann stehen die Leute dann vor diesem

Kuppelbau und fangen an: „Die können sich einfach

nicht so integrieren wie die anderen.“ Oder: „Das passt

einfach nicht ins deutsche Stadtbild.“ Und weil das

jedes Mal passiert, lässt er es inzwischen dabei be-

wenden und sagt nicht, dass sie gerade nicht vor einer

Moschee, sondern vor der großen Synagoge stehen.

bodo Das klingt wenig hoffnungsfroh...

MK Wenn ich Geschichten wie diese auf der Büh-

ne erzähle und frage: „Was stimmt eigentlich mit

uns Deutschen nicht?“, dann ist der Stimmungs-

tiefpunkt erreicht. Es wird dann besser, wenn ich

Ibrahim Arslan überlebte den Brandanschlag 1992 nur knapp.Murat Kayi stand zum Gedenktag in Mölln auf der Bühne.

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Vor 20 Jahren zündeten Neonazis das Haus der Familie Arslan mit Molotow-Cocktails an. Bei dem rassistischen Anschlag von Mölln am 23. November 1992 wurden die zehnjährige Yeliz Arslan, die 14jährige Ayse Yilmaz und die 51jährige Bahide Ars-lan ermordet. Weitere Familienmitglieder wurden teilweise schwer verletzt. Ibrahim Arslan überlebte den Brandanschlag als Siebenjähriger nur knapp.

Was bedeutet der Gedenktag für Dich?Für mich als Opfer, als Überlebender des

Brandanschlags und der rassistischen Morde

der 1990er Jahre ist es wichtig, das Erinnern

zurückzuerkämpfen und das Gedenken selber

zu gestalten. Wir sind keine Statisten, wir

sind die Hauptakteure des Geschehens. Wir

müssen unsere Erinnerung und unsere Ge-

schichte erzählen und unser Gedenken ge-

stalten. Nicht andere.

Wie bewertest Du den Umgang mit Über-lebenden rassistischer und faschistischer Gewalt in der Bundesrepublik?Auf jeden Fall nicht solidarisch. Die Hilfen,

die einem Opfer zustehen, müssen unbürokra-

tisch sein. Die Opfer müssten sie eigentlich

ohne Wenn und Aber bekommen. Opfer dürfen

nicht in Vergessenheit geraten. Das ist leider

in Deutschland so. Da läuft was ganz, ganz

falsch. Warum ist ein Täter das ganze Jahr

über in den Medien und ein Opfer nur an den

Jahrestagen? Auf die Täter wird mehr Wert

gelegt als auf die Opfer. Das ist genau das

Gleiche, was der Verfassungsschutz macht,

mit dem Schreddern der Akten und dem In-

schutznehmen der Täter. Es ist genau das

Gleiche, was die Medien machen. Sie zeigen

die Täter mehr, die Opfer weniger. Die Opfer

in Deutschland werden erst einmal als Täter

abgestempelt. Und hinterher, wenn sich her-

ausstellt, dass sie es nicht waren, werden sie

zu Schandbildern. Das darf nicht sein.

Was wünscht Du Dir für die Zukunft?Solidarität und Menschen, die hinter uns ste-

hen. Ich wünsche mir, dass die Opfer nicht

mundtot gemacht werden und mehr reden.

Geht auf die Straße, erzählt eure Geschich-

ten. Denn wir als Opfer sind die Hauptzeu-

gen des Geschehenen. Keiner zeugt für den

Zeugen, das hat Paul Celan gesagt. Wir müs-

sen unsere Geschichten erzählen. Bitte lasst

euch eure Geschichten nicht von anderen

Leuten klauen. Denn die Geschichten der Op-

fer sind das Wichtigste. Sie erinnern an das

Geschehene und an das, was noch erinnert

werden muss.

Das Interview führte Nina Schulz

»Wir sind keine Statisten«sage: „Gar nichts stimmt nicht“, wenn ich schil-

dere, welche fremdenfeindlichen Anfälle meine

Mutter in der Türkei hatte, wenn sie über Araber

sprach. Heute erlebe ich das bei Türken in Bezug

auf Zuwanderer aus Bulgarien. Ich glaube, dass

die Angst vor den „Fremden“ etwas Menschliches

ist. Die Frage ist, ob es beim Ressentiment bleibt,

oder ob dann irgendwann das Denken einsetzt.

bodo Und wie waren Deine Erfahrungen in Mölln?

MK Wenn ich es in einem Satz zusammenfassen

müsste: Ich bin mit einem Gefühl von Heimweh

weggefahren. Die Atmosphäre zwischen den Künst-

lern und den Angehörigen war so herzlich. Beim

Konzert selbst waren viele auch ganz junge Leute.

Da konnte ich mit meinem Programm einen Kontext

geben. Ich selbst bin dann in der Nacht noch zum

Haus des Anschlags gefahren für meine kleine per-

sönliche Gedenkveranstaltung.

Das Besondere in Mölln ist, dass die Überleben-

den die Form des Gedenkens selbst in der Hand

behalten haben. Die Familie lief bei der Demon-

stration vorweg, Ibrahim Arslan hat das Konzert

mit diesen ganzen großartigen Künstlern selbst

moderiert. In einem Interview hat er gesagt: „Mit

ihrem Tod wurde alles anders, aber umgefallen

sind wir nicht.“ Das ist so. Die stehen alle noch.

Ebenfalls wunderbar ist, dass es den Freundeskreis

gibt, der nicht nur die Veranstaltung organisiert

hat, sondern die Familie auch seit vielen Jahren

begleitet. Das sehe ich mir an mit einem tief dank-

baren Gefühl.

In der Nacht zum 23. November 1992 hatten Neonazis auf zwei von türkischen Familien bewohnte Häuser in der Möll-

ner Altstadt Brandanschläge verübt. Drei Menschen kamen dabei ums Leben. Es waren die ersten Todesopfer durch

neonazistische Gewalt im wiedervereinigten Deutschland.

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32 REPORTAGE | von Sandro Giuri | Fotos: Daniel Sadrowski

Es war ein kalkulierter Paukenschlag. Als Hel-mut Klemme, Präsident des Verbandes der Deut-schen Großbäckereien, auf einer Pressekonfe-renz verkündete, bis 2020 werde ein Drittel der Bäckereien in Deutschland den Betrieb einstel-len, war die Aufregung groß. 8.000 Klein- und Kleinstbetrieben drohe das Aus, die Zahl der Auszubildenden sei seit Jahren rückläufig, die Konkurrenz durch Selbstbedienungsbäckereien werde immer härter. Ein Besuch beim Handwerk.

„Holzofenbäckerei“ steht auf dem großen hölzer-

nen Schild an der Elberfelder Straße in Witten-

Bommern. Die Bäckerei wirkt rustikal und bäuer-

lich. Frau Potraca, eine der Geschäftsführerinnen,

empfängt uns. „Begonnen hat alles mit einem

Tisch, einem Ofen und einer Teigmaschine.“ Aller

Anfang ist schwer. Das Konzept der Holzofenbä-

ckerei wurde am Anfang kritisch beäugt durch den

Großhandel, man dachte, der Betrieb könne sich

Strom oder Gas zum Betrieb der Öfen nicht leisten.

Nach und nach stellte sich jedoch der Erfolg ein

und die Bäckerei wurde ausgebaut. Inzwischen ist

der Betrieb eine GmbH und weitere Veränderungen

sind geplant: Die Küche soll bald hinter einer glä-

sernen Wand zu sehen sein, damit der Kunde an

den Arbeitsprozessen teilhaben kann. Transparenz

schafft Vertrauen – sonst PR-Wortgeklingel, hier

einmal ganz praktisch umgesetzt.

„Man darf nicht stehen bleiben oder schlafen.“

„Der Anbau eines Cafés sowie die Erweiterung des

Angebotes um ein wechselndes Mittagsgericht,

die Ausrichtung von Hochzeiten und Geburtsta-

gen sowie der Lieferung von belegten Brötchen

erfolgte stets auf Kundenwunsch,“ erklärt Frau

Potraca. Der handwerkliche Bäcker, bei dem man

sein täglich Brot oder Brötchen kauft, ist hier ein

Event- und Gastronomieunternehmen geworden:

„Man darf nicht stehen bleiben oder schlafen. Die

Branche ist kundenabhängig. Der Kunde bestimmt

das Angebot und das Sortiment.“

Die romantische Idee der Bäckerei, in der einem

als Kind noch ein Milchhörnchen vom mehlbe-

stäubten Bäckermeister geschenkt wird, scheint

in der heutigen Wirtschaft einfach keinen Platz

mehr zu haben. Kundennähe schon. Frau Potraca

erzählt, dass es Kunden gibt, die seit der Eröff-

nung 2001 fast täglich kommen. Man sieht Kinder

aufwachsen: Zuerst kommen nur die schwangeren

Mütter. Später die ganze Familie. Also doch noch

ein bisschen Romantik.

Und die rückläufigen Auszubildendenzahlen? Frau

Potraca erklärt, wie schwierig es sei, Personal zu

finden. Dabei schaue der Betrieb nicht nur auf

Zeugnisse. Wichtiger sei eine Probearbeit, durch

die sich die Bewerber beweisen könnten. Rein-

hold Michael Pirker, der Bäckermeister, erklärt,

dass für viele Bewerber das Bäckerhandwerk eher

eine Notlösung sei. Oft gebe es falsche Vorstel-

lungen, auch von den Arbeitszeiten. „Wir fangen

zwar schon zwischen 12 und ein Uhr an, aber wir

arbeiten auch im Zweischichtsystem.“

Tradition als Marke

Es hat sich einiges geändert im traditionellen

Handwerk. Wo nicht, ist das Traditionelle Pro-

gramm: Fischer am Rathaus, Dortmunder Tra-

ditionsbetrieb seit 1848. Oft reicht hier die

Warteschlange bis auf die Straße. Vielen ist die

Bäckerei mitten im Stadtzentrum ein Begriff.

Auch das äußere Erscheinungsbild trägt dazu

bei. Man fühlt sich zurückversetzt in die sech-

ziger Jahre, Nostalgie liegt in der Luft. Die Ver-

käuferinnen in ihren typischen weißen Kitteln,

die Außenbeleuchtung sowie die „altbackene“ In-

neneinrichtung sind ein Markenzeichen. Hier wird

mit jedem Brot und mit jedem Dortmunder Salz-

kuchen auch ein Stück „gute, alte Zeit“ verkauft.

Für die vermeintliche Krise sieht Bäckermeister

Heiner Fischer einen einfachen Grund: „Das Pro-

blem liegt in der mangelnden Wertschätzung des

Bäckereihandwerkes und des Brotes an sich.“ So

sei auch der Lehrlingsmangel zu verstehen: „Das

Nachwuchsproblem hängt meiner Meinung nach

auch mit dem gesellschaftlichen Wert des Hand-

In der Handwerksbäckerei

Ω

„Wenn schlechte Zeiten kommen – das Letzte,

was verschwindet, ist das Brot.“

¬

Bäckermeister Heiner Fischer:

„Das Problem liegt in der mangelnden Wert-

schätzung des Bäckereihandwerkes

und des Brotes an sich.“

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Als Mitglied der Fraktion der Vereinten Europäischen Linken/Nordische Grüne Linke streiten wir im Europaparlament für ein soziales Europa - friedlich, ökologisch, solidarisch. Jürgen Klute für GUE/NGL

2013!www.guengl.eu www.juergen-klute.eu www.dielinke-europa.eu

Dem BODO-Team und allen BODO-Lesern und Leserinnen

ein frohes Weihnachtsfest und ein gutes und erfolgreiches Jahr

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werkes zusammen. Zudem ist es ein harter Be-

ruf und viele Jugendlichen wollen einfach nicht

mehr hart arbeiten.“ Klare Worte.

Wenn es um das Schwinden der Wertschätzung

geht, wie schafft es der Dortmunder Tradi-

tionsbetrieb, weiterhin zu bestehen? „Unser

Konzept heißt einfach Qualität“, erklärt Heiner

Fischer. Selbstbedienungsbäcker und Back-

stationen sieht er nicht als direkte Konkurren-

ten für sein Geschäft. „Die Qualität steht bei

uns im Vordergrund. Wir machen nicht nur auf

Masse. Wir wollen diese Wertschätzung auch an

den Kunden weitergeben.“ Und die Discounter?

„Die bieten ihre Sachen an, wir unsere.“

Und Angst vor der Zukunft macht man sich an der

Betenstraße nicht. Nicht mit der Zeit zu gehen,

mag für den Vorortbäcker bedeuten, die Zukunft

zu verspielen, hier ist es die Nische, das Allein-

stellungsmerkmal und die richtige Strategie.

„Geiz ist geil“ oder Grundsicherung?

Die andere Seite: Qualität hat ihren Preis. Und

der will bezahlt sein. Für Millionen Menschen mit

und ohne Arbeit orientiert sich die Einkaufsliste

jedoch eher an dem, was nach Abzug der festen

Kosten übrig bleibt oder an den „Warenkörben“

des Regelsatzes. Bei 4,40 Euro am Tag ist das

gute Brot ein ganz schön trockenes.

Während die 3.000 (!) Tafel-Ausgabestellen

und -läden in Deutschland inzwischen fest ein-

gebunden sind in die Produktionsabläufe der

Großbäckereien und Supermärkte, erfreut sich

in vielen kleinen Betrieben das Brot vom Vor-

tag großer Beliebtheit bei der weniger solven-

ten Kundschaft.

Zwar sind Lebensmittel in Deutschland im eu-

ropäischen Vergleich immer noch erstaunlich

günstig, doch dreht sich seit 2007 die Preis-

spirale. Eine zunehmende Urbanisierung in

Entwicklungs- und Schwellenländern lässt die

Nachfrage nach Lebensmitteln massiv steigen.

Nahrungsmittelspekulation und Missernten

vergrößern das Problem.

Eine Tonne Brotweizen kostete vor einem Jahr

rund 70, heute 270 Euro. Bei Brot und Brötchen

von kleinen Handwerksbetrieben liegt der An-

teil von Mehl und anderen Rohstoffen zwischen

18 und 25 Prozent. Preissteigerungen, die es

den Betrieben schwer machen und die Kunden

zum Discounter wechseln lassen.

„Das Letzte, was verschwindet, ist das Brot.“

Wir sprechen mit Christian, 25, gelernter Bä-

cker und heute bei einer großen SB-Bäckerei-

kette beschäftigt. Für ihn ist der Brotkauf im

wahrsten Sinne eine Preisfrage. Als wir ihn

fragen, wo er selbst sein Brot kauft, antwortet

er, dass er sein geliebtes Dinkelbrot in einer

handwerklichen Bäckerei kauft. Für ein paar

einfache Brötchen geht er zum SB-Bäcker. Ge-

mischtkalkulation sozusagen.

Sicher müssten viele seiner Kunden auch bei den

Grundnahrungsmitteln sparen, aber als einzigen

Grund für den Backdiscount will er das nicht

gelten lassen. Für Christian ist die Entwicklung

auch ein Zeichen der Zeit: „Heutzutage muss

alles schnell gehen, und die SB-Bäckerei ist da

einfach eine Antwort auf die Bedürfnisse der

Kunden. Viele kleine Bäckereibetriebe haben es

einfach verpasst, sich anzupassen.“

Zum Schluss trinken wir noch einen Kaffee und

kommen mit einer älteren Kundin ins Gespräch.

Ein Satz prägt sich uns dabei besonders ein:

„Wenn schlechte Zeiten kommen – das Letzte,

was verschwindet, ist das Brot.“ (sg)

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NEUES VON ROSI | von bodo-Verkäuferin Rosi

Liebe Leserinnen und Leser,

meine Knie-Operation ist gut verlaufen, wenn auch

mit Schwierigkeiten. Die Narbe ist schon fast ver-

heilt. Trotzdem habe ich immer noch Schmerzen,

die bis zu einem Jahr andauern können, wie mir der

Arzt sagte. Ich habe auch noch drei Blutergüsse,

die auf die Wunde drücken. Ich muss hin und wie-

der auch noch Schmerzmittel nehmen.

Nach der Operation bin ich zur Reha gefahren. Nach

der Reha erfuhr ich, dass der „Tigger“ eingeschla-

fen war. Es war ein Schock für mich. Bernd hat ihn

im Garten eingegraben. Ich wollte ihn nicht mehr

sehen, sondern so in Erinnerung behalten, wie ich

ihn das letzte Mal sah. Fast elf Jahre war er bei uns.

Nun zurück zu meiner Reha. Mir gefiel die Kur sehr

gut. Ich hatte einen wunderbaren Arzt. Das Knie

wurde angeschaut, und er meinte, dass die Wunde

sehr gut verheilt wäre. Dann bekam ich Anwendun-

gen. Moorpackungen für die Schultern, Bewegungs-

Bäder, Hocker-Gymnastik, Fahrradfahren und Arm-

Training. Nachmittags war Kaffee trinken angesagt

und es gab ein leckeres Stück Kuchen. Danach war

eine Stunde Laufen angesagt. Am 25. Oktober war

meine Reha zu Ende.

Meine Kollegen von bodo haben mich immer ange-

rufen und gefragt, wie es mir geht. Dafür möchte

ich mich bedanken. Vielen Dank auch an Tanja und

Bastian. Sie haben mir noch einen Brief geschrie-

ben, und am Tag der Verkäuferversammlung drück-

te mich Tanja ganz fest. Ein Zeichen, dass ich nicht

vergessen werde.

Ich wünsche Ihnen ein frohes Weihnachtsfest und

einen guten Rutsch ins neue Jahr. Ihre Rosemarie

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Er ist der große Esoteriker der Gegenwartsliteratur, Ex-

Hippie und tiefgläubiger Katholik.

Er saß in der Psychiatrie und in den Foltergefängnissen der brasiliani-schen Militär-Junta ein und glaubt an das Einheitsstiftende von Kunst und an das Internet.

Allein sechs Millionen folgen ihm auf Twitter, eine halbe

Milliarde Menschen las seinen Bestseller

„Der Alchimist“, der in 73 Sprachen

und Dialekte übersetzt worden ist.

Die Werke des Starautors wurden mit unzähligen

Preisen ausgezeichnet. Außerdem ist Paulo Coelho Botschafter des Internationalen Netzwerks der Straßenzeitungen.

Steven MacKenzie hat mit ihm gesprochen.

PAULO COELHO

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Durch die Leitung klingt Paulo Coelhos Stimme, als schwinge

in ihr eine Art mystische Weisheit, es könnte aber auch die minimalis-tische Ausstattung seines Genfer Büros sein, die da spirituell resoniert – schließlich beinhaltet es nur „mei-nen Computer, meinen Bogen, meine Pfeile...“ Pfeil und Bogen? „Ich me-ditiere beim Bogenschießen“, erklärt er. „Ich kann nicht herumsitzen. Ich muss aktiv sein!“ Und für Einbre-cher? „Auch.“

Einbrecher würden den brasiliani-schen Autor des Alchimisten, der lebensbejahenden Geschichte eines Schafhirten aus Andalusien, der sei-nen Traum durch die Sahara jagt, wohl eher knuddeln – das Buch wur-de von über einer halben Milliarde Menschen gelesen und hat aus Co-elho ein „leuchtendes Beispiel spi-rituellen Erwachens“ gemacht, mit einem ergebenen Gefolge von über sechs Millionen auf Twitter und fast zehn Millionen Facebook-Fans.

Kein lebender Autor außer Dan Brown hat mehr Bücher eines

einzigen Titels verkauft, und be-kannte Fans sind unter anderem Bill Clinton und ausgerechnet Vladimir Putin, der 2006 auf eine Privataudi-enz mit Coelho bestand, als dieser auf der Transsibirischen Eisenbahn durch Russland reiste. „Wir haben

Paulo Coelho im Gespräch

Der Idealist36

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uns über zwei Stunden lang unterhal-ten“, sagt Coelho. „Aber ich werde natürlich nicht weitergeben, was wir besprochen haben!“

Coelhos Russlandreise bildet die Grundlage für sein Buch

„Aleph“, das wie „Der Alchimist“ abermals von einer Reise handelt, die zu innerer Erleuchtung führt. Es ist sein bisher intimstes Werk und be-ginnt mit einer – auch biografischen – Glaubenskrise. Coelho hätte am Gipfel sein sollen, ein glücklich ver-heirateter Bestsellerautor. Stattdes-sen hatte er das Gefühl, so erzählt er, an Ruhm, Reichtum und Behaglich-keit zu ersticken.

„Es sah aus, als ob es für mich keine Herausforderungen im Leben mehr gab“, erklärt er. „Das ist schlimm, weil das Leben doch eine andauernde Herausforderung ist. Viele Leute blei-ben in ihrem Wohlfühlbereich, ihrer Sicherheitszone. Doch wer Herausfor-derungen nicht annimmt, ist schon im Leben tot!“

Kein schöner Gedanke beim Blick auf das Fernsehprogramm

und die tägliche Routine. Nach seiner Definition sind wir also nicht wirk-lich am Leben?

„Lass uns aber nicht alles generalisie-ren, Steven“, tadelt er mich mit ge-

spielter Strenge. „Viele Menschen ja, aber nicht alle – sonst würde mich ja niemand lesen!“ Lachen. „Ich meine eine Tendenz, die wir haben, und ge-gen die wir ankämpfen müssen.“

Während „Aleph“ die Bestsel-lerlisten so unterschiedlicher

Länder wie Brasilien, Serbien und den USA stürmte, stellt sich unaus-weichlich die Frage, die ihm wohl andauernd gestellt wird: Was ist das Geheimnis seines Erfolgs?

„Es gibt keins!“ wirft er zurück. „Und es gibt auch keinen Grund, den man benennen könnte. Es gibt tausend Gründe, mit denen ein Betrug ge-rechtfertigt wird. Erfolg kann man nicht erklären.“

„Frag mich auch nie, was ich mit meinem Geld mache“, schilt er wei-ter. „Alle fragen mich wie, aber nicht warum ich reich geworden bin. Oder wie ich zum Bestsellerautor wurde. Wie ich Journalist geworden bin. Anstatt nach dem ,Wie‘ nach dem ,Warum‘ zu fragen, ändert so vieles im Leben.“ Und weiter: „Ich kann garantieren, dass ich in jedes meiner Bücher gleich viel Enthusiasmus und Liebe investiere. Aber gleichzeitig kannst du dir denken, dass es kom-plett lähmend wäre, wenn ich mir die halbe Milliarde Leser vorstellen wür-de. Es ist normal, dass man es allen

recht machen will, also denkt man am besten gar nicht daran.“

Coelho wurde 1947 in einer Fa-milie der Mittelklasse geboren,

wurde aber ab dem Alter von 17 von seinen Eltern dreimal in Geistes-anstalten eingewiesen. Gegen den Wunsch seiner Eltern, die wollten, dass er Rechtsanwalt würde, lebte Co-elho als Hippie, bis seine politischen Umsturzideen 1974 die Aufmerksam-keit der brasilianischen Militärdikta-tur erregten und er eingesperrt und gefoltert wurde – was einen Bruch in seinem ansonsten festen katholischen Glauben herbeiführte.

„Ich habe meinen Glauben komplett verloren“, gibt er zu. „Ich dachte, mir kann das nicht passieren. Das ist nicht fair, nicht gerecht, Gott liebt mich nicht. Ich habe sieben Jahre gebraucht, um die-se Erfahrung hinter mir zu lassen.“

„Im Gefängnis, in der Folter, exis-tierst du nicht mehr“, erklärt er wei-ter. „Selbst nach der Freilassung lebt das Gefängnis in deiner Seele weiter.“ Aber nachdem der Mensch aus der Summe seiner Erfahrungen besteht, sieht Coelho sein Leiden als wich-tigen Teil seiner geistigen Entwick-lung zu dem Mann, der er heute ist?

„Ich bezweif le das, Steven“, seufzt er. „Meine Zeit in der Psychiatrie

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war mir bestimmt nützlich, aber ich denke nicht, dass man eingesperrt und gefoltert werden muss, um zu sich selbst zu kommen. Nur diese Zeit würde ich mit Freuden aus mei-ner Vergangenheit tilgen. Ich habe Freunde, die sich davon nie erholt haben. Von zehn Menschen schaff-ten das vielleicht drei, sieben wurden komplett gebrochen. Es gibt keinerlei Rechtfertigung, Menschen aufgrund ihrer Ideen einzusperren.“

Coelhos Ideen werden noch heute von manchen Regimes unterdrückt: Zum Beispiel im Iran, wo seine Wer-ke verboten sind. Aber was haben sei-ne Bücher an sich, das zu ihrem Ver-bot führt? „Wieso sie gefährlich sind? Frag sie, frag sie!“, ruft er aus. „Jede Idee kann gefährlich sein, es kommt auf die Kultur an, mit der sie aufge-nommen wird. Wer schreibt, revo-lutioniert sich selbst. Ich habe keine Ahnung, wieso manche Bücher hier und da verboten sind.“ Und lächelnd: „Ich frage nicht – aber, keine Sorge, ich habe Internet.“

Als stolzer Internetpirat ist Co-elho bei Herausgebern berüch-

tigt, weil er viele Texte einfach gratis ins Netz stellt. Ahnend, dass „Aleph“ im Iran verboten werden würde, lud er auf seiner Webseite demonstrativ zum Download der Farsi-Überset-zung ein. „Es war kaum zu glau-ben“, schmunzelt er, „aber das wurde 317.000mal heruntergeladen.“

Jeden Tag verbringt Coelho Stunden damit, sein Blog zu schreiben und auf Kommentare zu antworten, und hat

damit die Art, wie Schriftsteller on-line mit ihren Lesern kommunizieren, revolutioniert. 2010 wurde er in einer Umfrage des Forbes-Magazins zum zweiteinflussreichsten Twitter-Nutzer gewählt: „Einflussreicher als Lady Gaga und Barack Obama“, lacht er. Nur dem Teenager-Messias Justin Bie-ber musste er sich geschlagen geben.

„Ich hoffe wirklich, dass Justin Bie-ber seinen Ruhm gut nützt“, fügt Coelho hinzu. „Er ist sehr jung, aber ich hoffe, dass er seinen Einfluss für etwas Gutes einsetzt.“

So eine Aussage klingt beinahe spöttisch, aber Coelho meint es

ernst. Er glaubt fest, dass Kunst die Menschen zusammenbringt, und nützt sein Blog vor allem als Platt-form für Geschichten aus der ganzen Welt und um andere Menschen zu inspirieren, ihre verschiedenen kre-ativen Möglichkeiten ebenso für das Gute zu nutzen.

„Wir sehen gerade jetzt, wie alle Brü-cken brennen: ökonomisch, politisch, sozial. Es gibt nur noch eine starke Brücke: die kulturelle. Ich verste-he vielleicht euer politisches System nicht, oder eure Religion, aber ich ver-stehe deine Geschichte. Ich verstehe dein Bild. Ich verstehe deine Musik, deinen Tanz. Hier ist die Brücke. Als Schriftsteller trage ich die Verantwor-tung, mein Bestes zu tun, damit diese Brücke nicht auch einbricht.“

Steven MacKenzie übersetzt von Susanne KochFoto: Philip Volsem

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Psychiatriepatient, Hippie, Satanist, LSD- und Kokainjunkie, Fol-teropfer, Songtexter, Musikmanager, Mönch, Pilger, Bestsellerautor, fanatischer Fußballfan, UN-Botschafter – die Biografie von Paulo Co-elho ist so überbordend, verwunschen und naiv wie seine Romane.

Geboren wird er 1947 in Brasilien, als Sohn eines Ingenieurs. Sein fa-miliäres Umfeld ist streng religiös geprägt, er besucht eine Jesuitenschule – und eckt an. Mit 14 entschließt er sich, Schriftsteller zu werden, mit 16 muss er zum ersten Mal zum Psychiater, mit 19 lässt ihn sein Vater in einer Zwangsjacke abholen. Er wird mit Psychopharmaka und Elektro-schocks behandelt, seine Krankenakte vermerkt: „Patient mit schizoider Persönlichkeit, sozialen und affektiven Kontakten gegenüber abweisend. Ist unfähig, Gefühle auszudrücken und Freude zu empfinden.“

Nach seiner Entlassung beginnt er ein vom Vater verordnetes Jurastudium, bricht es jedoch ab, als ihn die Ausläufer der 68er-Bewegung erreichen. Zwei Jahre lang reist er als Hippie durch Amerika, Nordafrika und Europa. Eine bizarre Lebensphase. 1969 wird Coelho Okkultist, beschäftigt sich mit Hexerei und Satanismus, liest Bücher über Ufos, Vampire und Astro-logie. 1972 tritt er in den „Orden der Tempelritter des Orients“ ein, eine satanistische Sekte, der auch Charles Manson angehörte. Ein in dieser Zeit angefertigtes 600seitiges Manuskript vernichtet er.

Anfang der 1970er arbeitet er als Journalist, Drehbuch- und Theaterautor und ist politisch aktiv. Doch die Militärdiktatur duldet sein oppositionel-les Engagement nicht. Mit 27 werden er und seine Frau in ihrer Heimat-stadt Rio de Janeiro auf offener Straße von einem Kommando der Junta verschleppt und gefoltert. Wieder frei, schreibt Coelho für den Rockstar und Musikproduzenten Raül Seixas Songtexte und wird über Nacht reich und berühmt. Er be-kommt gutbezahlte Posten in der Musikindustrie und versucht sich als Schriftsteller zu etablieren.

1980 ein weiterer Bruch: Coelho geht ins Kloster. Nach eigenen Angaben lebt er fünf Jahre zurückgezogen bei einem spanischen Orden. Am Ende dieser Zeit geht er den Jakobsweg von den Pyrenäen bis nach Santiago de Compostela und verarbeitet die Erfahrung in seinem ersten Buch.

Bereits seine zweite Veröffentlichung ist der „Alchimist“, der sich zunächst schleppend verkauft und später in 29 Ländern gleichzeitig die Bestseller-listen anführt. Seitdem erreicht im Schnitt alle zwei Jahre ein neuer Ro-man vergleichbare Erfolgszahlen und seitdem arbeitet sich das Feuilleton an Coelho ab.

So treu seine Millionen zählende Fanschar ist, so einhellig bleibt die Ab-lehnung der Literaturkritik, die Coelho als trivialen Esoteriker, als „Li-teraturscharlatan“ oder gar als „brasilianische Schriftstellersimulation“ schmäht. Die Millionen jährlicher Leser lässt das allerdings immer schon gleichgültig. Und den „Magier“, so der Name seiner aktuellen Biografie, offensichtlich auch.

Bastian Pütter

Nicht auszudenkenDie vielen Leben des Paulo Coelho

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Es gibt eine altbekannte Legende, deren Herkunft ich nicht feststellen kann. Sie erzählt vom Erzengel Michael, der eine Woche vor Weihnachten seine Engel bat, auf die Erde hinabzusteigen und die Men-schen zu besuchen, weil er wissen wollte, ob alles für das Fest von Christi Geburt bereit sei. Paarweise wurden sie losgeschickt, immer ein älterer Engel mit einem jüngeren, damit der Erzengel sich einen umfassenden Eindruck dessen machen konnte, was in der Christenheit geschah.

Eines dieser Zweiergespanne wurde auch nach Brasilien geschickt und kam dort spät in der Nacht an. Da die beiden Engel nicht wussten, wo sie übernachten sollten, baten sie in einem der großen Herren-häuser, wie es sie vereinzelt noch heute in Rio de Janeiro gibt, um Herberge.

Der Herr des Hauses, ein Adliger, der wie viele in Rio kurz vor dem Bankrott stand, war ein tiefgläu-biger Katholik, der die Himmelsboten sogleich an ihrem goldschimmernden Heiligenschein erkannte. Doch da er gerade eine große Weihnachtsfeier vorbereitete und sich bei der Dekoration nicht aufhalten lassen wollte, wies er ihnen zum Schlafen einfach einen Raum im Keller zu.

Obwohl auf den Weihnachtskarten immer Schnee zu sehen ist, fällt das Christfest in Brasilien mitten in den Sommer. Im Keller, in dem die Engel übernachten sollten, herrschte eine fürchterliche Hitze, und die feuchte Luft war zum Ersticken. Die Engel legten sich auf die harte Erde. Als sie ihr Nachtgebet be-gannen, bemerkte der ältere Engel einen Riss in der Wand. Er erhob sich, reparierte ihn mit Hilfe seiner überirdischen Fähigkeiten und betete weiter. Die beiden schmorten die ganze Nacht wie in der Hölle und bekamen fast kein Auge zu.

Trotzdem mussten sie am nächsten Morgen ihre Mission erfüllen. Sie durchstreiften die große Stadt mit ihren zwölf Millionen Einwohnern, mit ihren Stränden und Hügeln, ihren Gegensätzen. Sie füll-ten ihre Fragebögen aus, und als es wieder Nacht wurde, machten sie sich auf ins Landesinnere. Doch sie hatten die Zeitverschiebung nicht bedacht und daher wieder keinen Ort zum Übernachten.

Diesmal klopften sie an die Tür einer bescheidenen Hütte. Das junge Paar, das ihnen öffnete, wusste nicht, wie Engel aussehen, und erkannte daher die beiden Pilger nicht. Sie bereiteten den Engeln ein Nachtmahl und zeigten ihnen ihr neugeborenes Kind. Als Schlafplatz boten sie ihnen ihr eigenes Bett an und entschuldigten sich immer wieder dafür, dass sie nicht genug Geld hätten, um sich gegen die mörderische Hitze eine Klimaanlage leisten zu können.

Als die Engel am nächsten Morgen aufwachten, fanden sie das Paar in Tränen aufgelöst vor. Ihr ein-ziger Besitz und Lebensunterhalt, eine Kuh, lag tot auf dem Feld. Sie schämten sich, den Pilgern zum Abschied kein rechtes Frühstück bereiten zu können, da die Kuh, die ihnen sonst Milch gab, nicht mehr lebte.

Als die Engel die ungepflasterte Straße entlanggingen, machte der jüngere Engel seiner Empörung Luft. „Ich kann nicht begreifen, wie du dich verhalten hast! Der erste Mann hatte alles, was er brauch-te, und dennoch hast du ihm geholfen. Und bei diesen armen Leuten, die uns so freundlich aufgenom-men haben, hast du nichts unternommen, um ihr Leid zu lindern!“

„Die Dinge sind nicht immer, wie sie scheinen“, sagte der ältere Engel. „Als wir in diesem schreckli-chen Keller waren, bemerkte ich, dass auf der anderen Seite der Wand viel Gold lag, die ein früherer Hauseigentümer dort versteckt hatte. Und ich beschloss, es wieder zu verbergen, weil der jetzige Herr des Hauses nicht bereit war, denen zu helfen, die es brauchten.

Gestern Nacht, während wir im Bett der jungen Eheleute schliefen, bemerkte ich plötzlich, dass noch ein dritter Gast dazugekommen war: der Todesengel. Er war auf die Erde geschickt worden, um das Kind zu holen. Aber da ich ihn seit vielen Jahren kenne, ist es mir gelungen, ihn davon zu überzeu-gen, statt dem Kind der Kuh das Leben zu nehmen. Erinnere dich an den Tag, der bald gefeiert wird: Außer den Hirten wollte niemand Maria eine Herberge geben. Dafür aber sahen diese als erste den Retter der Welt.“

Paulo Coelho, übersetzt von Maralde Meyer-Minnemann, illustriert von Andrea Šafaříková

Die Dinge sind nicht immer, wie sie scheinenEine Weihnachtsgeschichte von Paulo CoelhoLiebe Straßenzeitungsleser,

meine erste Straßenzeitung kaufte ich im Jahr 2005 in Frankreich. Dieses Jahr wurde ich zum Botschafter für den INSP – das Internationale Netzwerk der Straßenzeitungen, denn ich un-terstütze den Beitrag, den Straßenzeitungen zur Bekämpfung von Armut und Obdachlosigkeit auf der ganzen Welt leisten.

Mit meinem Text „Die Dinge sind nicht immer, wie sie scheinen“ möchte ich Menschen dazu be-wegen, nachzudenken, bevor sie ein Urteil über andere fällen, denn die Dinge sind oft anders als es den Anschein hat.

Ich habe dem INSP diese Weihnachtsgeschich-te gestiftet, weil ich der Überzeugung bin, dass die Menschen einander unterstützen sollten, und dass wir insbesondere denen helfen sollten, die weniger begünstigt sind als wir selbst. Stra-ßenzeitungen machen genau das, und indem Sie regelmäßig Ausgaben einer Straßenzeitung von Ihrem lokalen Verkäufer kaufen, helfen auch Sie.

Ich wünsche Ihnen viel Vergnügen beim Lesen meiner Geschichte, Paulo Coelho

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LITERATUR | gelesen von Dr. Birgit Rumpel und Bastian Pütter42

Auch in diesem Jahr ist das An-

gebot saisonaler Literatur wieder

überwältigend. Die Kombination

Weihnachten und Humor ist dabei

glücklicherweise auch vertreten,

beispielsweise mit dem kleinen

Band „Haben Sie’s heilig?“.

Der Kulturjournalist, Kritiker und

Autor Stefan Keim hat sich einen

Spaß daraus gemacht, nicht nur

hinlänglich bekannte Klischees

rund um das Weihnachtsfest poin-

tiert aufs Korn zu nehmen, wie die

beleidigte Mutter, deren Sohn das

traditionelle Weihnachtsessen mit der Freundin zelebriert. Aktuelle ge-

sellschaftliche Phänomene spinnt er in seine Geschichten ein, etwa beim

Reviergerangel zweier gewerkschaftlich organisierter Nikoläuse, die ge-

rade die Folgen der Privatisierung im Himmel zu spüren bekommen, oder

wenn der muslimische Ahmed seinem durchgeknallten Schrebergarten-

nachbarn Elmar aus der Außenseiterrolle heraus hilft.

Ungewöhnlich und besonders lesenswert wird es, wenn Stefan Keim aus

seinem reichen kulturellen Wissen schöpft und surreale Geschichten er-

findet. Etwa das himmlische Kolloquium der Komponistenengel, die einen

göttlichen Auftrag verweigern, oder der Weihnachtsabend, an dem der

alte Guiseppe Verdi überraschenden Besuch bekommt. Sämtliche von ihm

erschaffene Opernfiguren fallen in sein Genueser Palazzo ein, der Gefan-

genenchor marschiert direkt in den Weinkeller durch. Auch nutzt der Au-

tor seine Erfahrungen aus dem Kulturbetrieb für amüsante Geschichten.

Da wird ein Kommissar vom Weihnachtsessen zum Tatort gerufen, um

den real vollzogenen Tosca-Mord im Opernhaus aufzuklären. Dank seiner

Opernkenntnisse ist der Fall schnell geklärt. Ein griesgrämiger, unterbe-

schäftigter Schauspieler wird auf dem Weg zur Weihnachtsaufführung

von drei weihnachtlichen Geistern auf die richtige Spur gesetzt – Charles

Dickens lässt grüßen.

Vom Gedicht über Dialoge und umgetextete Schlager und bis zum Kurz-

krimi wendet Stefan Keim vielfältige Formate an, die gut geeignet sind

– bei entsprechendem Vortrag – so manche Weihnachtsfeier nicht allzu

besinnlich werden zu lassen. Bei einigen der 19 Beiträge sind allerdings

Kenntnisse aus Oper, klassischer Musik und Literatur durchaus von Vor-

teil, um jede Pointe genießen zu können. (biru)

Stefan Keim

Haben Sie’s heilig? – Satiren im Schatten der Krippe

edition exemplum | 119 Seiten | 14,90 Euro

ISBN 978-3-89896-508-8

bodo verlost zwei Exemplare (siehe Seite 23).

Im nächsten Heft: Stefan Keim im Porträt.

Weihnachtliche Satire für Kulturkenner

Zurück in die 80er: Wolfgang Welt

ist der Prototyp des Popautoren,

des schreibenden Nerds. Gefürch-

tet für seine Musik-, Literatur- und

Theaterkritiken etwa in Marabo

oder Sounds. Unser Mann bei Suhr-

kamp, gefördert und geschätzt von

Leuten wie Peter Handke, Rainald

Goetz oder Diedrich Diederichsen.

Geliebt für seinen unerreicht lässi-

gen Tagebuch-Stil. Sein erster Ro-

man „Peggy Sue“ erscheint 1982, in

mancher Hinsicht parallel zu Jörg

Fausers „Rohstoff“.

Und dann schreibt er sich verrückt. Auf das manische Schreiben folgt die

manische Depression, die Psychiatrie-Einweisung und der Rückzug. Seit

1991 arbeitet er als Nachtportier am Bochumer Schauspielhaus.

Nun ist bei Klartext diese schöne Werkschau erschienen, Texte von 1979

bis 2011, die meisten zum ersten Mal in Buchform. Herausgeber Martin

Willems, erst 1984 geboren, als Wolfgang Welt seine erste Karriere schon

hinter sich hatte, hat in den Archiven gestöbert und zeigt auf 350 Seiten

den ganzen Wolfgang Welt und ein Zeitdokument nach dem anderen.

Und das macht richtig Spaß: Der entschuldigende Verriss des Grönemey-

erschen Frühwerks („Es ist mir klar, dass der aus Bochum stammende

Künstler kein Wort mehr mit mir sprechen wird...“) oder der drastischere

eines später ähnlich erfolgreichen Kollegen: „Hoffentlich verliert Marius

Müller-Westernhagen bald seine Stimme.“ Minetti-Kritiken, Walser-Lek-

türen, eine Motörhead-Tour-Reportage und immer wieder geschmacks-

sichere Entdeckungen. Welts Kritiken sind Popgeschichte: gnadenlos

subjektiv, stets entschieden aus der (auch enttäuschten) Fan-Position

geschrieben, kenntnisreich – und stilbildend.

Seine bisher verstreuten Prosastücke lassen das Bochum der 80er wie-

der auferstehen. Zwischen Tresen, Tanzfläche und Fußballplatz leben die

Weltschen Helden äußerst ungesund und haben doch erstaunlich wenig

Patina angesetzt seit damals. Eine Zeitreise, die Lust macht, Welts Ro-

mane wieder zu lesen.

Am 31. Dezember wird Wolfgang Welt 60. Ein schönes Geschenk haben

ihm Martin Willems und der Klartext-Verlag da gemacht! (bp)

Martin Willems (Hrsg.)

„Ich schrieb mich verrückt“

Texte von Wolfgang Welt 1979 – 2011

Klartext-Verlag | 358 Seiten, Broschur | 19,95 Euro

ISBN 978-3-8375-0747-8

King of Pop – Sektion Bochum

Stefan Keim Wolfgang Welt

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bodo-Mitarbeiter stellen vor:

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Lesetipps aus unserem Buchladen

Klaus Schneider, Projekt Buch„Alte und Neue Welt“ aus dem Jahr 1915 ist nur eins der vielen antiquarischen Bücher, die wir in die

ganze Welt verschicken. 1.600 „Meter Buch“ gingen im letzten Jahr an Käufer auf allen fünf Kon-

tinenten. Auf dem Weg dahin wurden viele, viele tausend Bücher von uns gesichtet, bewertet und

katalogisiert. „Ich mag alte Bücher. Die haben für mich etwas Magisches und jedes hat seine eigene

Geschichte“, sagt Klaus, der für die Sortierung und Aufbereitung der Bücher für den Online-Verkauf

zuständig ist. Auf neun unterschiedlichen Online-Portalen warten zurzeit 4.000 antiquarische Bücher

auf Kunden aus aller Welt.

Oliver Philipp, Leitung Vertrieb„Planeten Sterne Welteninseln“ lädt ein, die Astronomie im Deutschen Museum zu entdecken. Sach-

bücher zu vielen Bereichen der Wissenschaft laden bei uns zum Stöbern ein. Ein großer Kinderbe-

reich bietet auch für die jungen Leser viel zu entdecken: Vom klassischen Bilderbuch, über span-

nende Wissenschaftsbücher für Jugendliche bis zum Elektronikbaukasten mit Bauanleitung für das

eigene Radio – da sollte für jeden jungen Leser etwas dabei sein. Und wer lieber spielt als liest,

findet bei uns viele gebrauchte Gesellschaftsspiele, die wir, bevor wir sie verkaufen, alle auf Voll-

ständigkeit überprüft haben.

Suzanne Präkelt, Leitung Projekt Buch„Yummy Mami“, das sind 150 tolle Rezepte für die ganze Familie. Und das Ganze ohne exotische Zutaten.

Fünf Exemplare dieses tollen Kochbuches, das auch ein bisschen Ernährungsratgeber ist, laden zum Aus-

probieren und Nachkochen ein. „Dank vieler toller Buchspenden – zuletzt von der Frankfurter Buchmesse

– können wir mittlerweile, zusätzlich zu unseren großen Sonderflächen mit gebrauchten Taschenbüchern,

auch ein breites Sortiment an Neuware, besonders im Bereich Kochbücher anbieten“, freut sich Suzanne.

Neben „Yummy Mami“ warten noch über 200 weitere Titel zum Thema Kochen und Ernährung auf moti-

vierte Hobbyköche.

Tanja Walter, Geschäftsleitung„Mord am Hellweg“, eine der bekannten Lokalkrimireihen des Grafit Verlags, verspricht Spannung in

ganz Westfalen. Wen einmal das Krimi-Fieber gepackt hat, der findet bei uns reichlich Nachschub.

„Dank einer Kooperation mit dem Grafit Verlag können wir in einem eigens dafür eingerichteten

Regal über vier Meter aktuelle Lokalkrimis anbieten“, freut sich Chefin Tanja, die selbst begeisterte

Krimi-Leserin ist. Und wer die Grenzen Westfalens verlassen möchte, wird bei uns auch fündig. Vom

historischen Roman in Venedig bis hin zum klassischen Sherlock Holmes findet der Krimi-Fan alles,

was er für lange Winterabende braucht.

Vanessa Grünke, AuszubildendePaulo Coelho hat uns nicht nur für diese Ausgabe eine exklusive Weihnachtsgeschichte geschenkt. Auch

viele seiner Bücher gibt es bei bodo. Und wer mit Paulo Coelho nichts anfangen kann, wird sicher auf

unserer elf Quadratmeter großen Sonderfläche fündig. Dort heißt es, schnell sein und bei einem Preis von

zwei Euro pro Buch Schnäppchen machen. Wer drei Bücher kauft, bezahlt nur fünf Euro. „Oft bekommen

wir Bücher, die unsere Spender nur einmal und sehr vorsichtig gelesen haben und die dann fast neuwertig

sind. Trotzdem gelten sie als gebraucht und werden günstig verkauft“, erklärt Vanessa.

LITERATUR | Fotos: Sebastian Sellhorst

Das war nur ein kleiner Einblick in die Vielfalt unseres Buchladens. Besuchen Sie uns am bes-ten selbst in Dortmunds Innenstadt am Schwanenwall 36 – 38 und stöbern in unserem mitt-lerweile mehr als 10.000 Bücher umfassenden Sortiment. Wir freuen uns Montag bis Freitag von 10 bis 18 Uhr auf Ihren Besuch. An Samstagen sind wir von 10 bis 14 Uhr für Sie da.

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RÄTSEL | von Volker Dornemann

Finde die 10 Unterschiede im rechten Bild. Viel Erfolg!

Fehlersuchbild – Lösung:

1) Der Zöllner spricht „Weihrauch“

ohne „H“ aus, 2) an seinem Gürtel

fehlt die Schnalle 3) und an einem

seiner Füße ein Zeh, 4) eine seiner

Sandalen hat einen Riemen mehr,

5) der ältere König trägt einen

Ohrring 6) und einer seiner Schna-

belschuhe ist weniger schnabelig,

7) der mittlere König hat einen

anderen Kragen 8) und eine Zacke

zuviel an der Krone, 9) die Turban-

feder des dunkelhäutigen Königs

ist pink und 10) an einem Grasbü-

schel fehlt ein Grashalm.

44

Rätsel-Lösung: SCHLOSS

Page 45: bodo Dezember 2012

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ANZE

IGEN

schafft Chancenbodo

»Bücher schaffen Stellen«

bodos Buchladen

Schwanenwall 36 – 38 | 44135 Dortmund

Mo. bis Fr. 10 bis 18 Uhr | Sa. 10 bis 14 Uhr

Belletristik | Sach- und Fachbücher | Raritäten

Tel. 0231 – 950 978 0

www.bodoev.de

Page 46: bodo Dezember 2012

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Ergänzend zum Lammfilet in Balsamico-Erdbeerreduktion und Zitronenkartoffeln, welches ich bestellt habe, bringt Salvatore Ciraldo eigens zwei Salz- und zwei Pfeffer-mühlen an den Tisch. Der Küchenchef be-merkt meinen fragenden Blick. „Das Fleisch ist auf Keramik gegart”, erklärt er. „Nicht zu heiß. Bei einer Temperatur, die eine Krustie-rung zur Folge hat, nicht aber eine Versiege-lung. Das ist allerdings noch immer viel zu heiß für frischen Pfeffer. Der würde sofort verbrennen, all seine wundervollen Aromen verlieren und nur beißend schmecken. Das wäre doch viel zu schade.”

will schlechte Qualität kaschieren. Außerdem ver-

wende ich nie viele verschiedene Gewürze. Weni-

ger ist immer mehr, wenn man den Geschmack auf

Wesentliches konzentrieren möchte.”

Im ersten eigenen Restaurant, die Eröffnung

wurde am 2. November gefeiert, gedenkt er seine

Philosophie auf den Punkt zu bringen. Die auf

das Lamm abgestimmten Sorten Salz und Pfeffer

am Tisch stehen beispielhaft für sein Konzept.

Zu einem anderen Gericht, sollte dieses seiner

Meinung nach danach verlangen, würde er ein

spezielles Öl reichen. Ciraldos Wunsch ist, seine

Gäste von dieser Idee zu überzeugen. In meinem

Fall gelingt das, als ich von dem Pfeffer mit der

feinen Vanillenote mal etwas weniger und mal

etwas mehr versuche.

Zur wechselnden Speisekarte, mit Kreide auf ei-

ner Wandtafel notiert, sagt Ciraldo, sie werde

stets acht Positionen umfassen. Und ein kleines

Gericht. Bei meinem Besuch handelt es sich bei

Letzterem um eine Kleine Käseplatte für 6,50

Euro. Mit dem Lamm (16,50 Euro) habe ich defini-

tiv nichts falsch gemacht, doch auch die Salbei-

Steinpilz-Linguine (9,50 Euro), die am Nachbar-

tisch serviert werden, sehen verlockend aus.

Beim Service jedoch gibt es leider noch Anlauf-

schwierigkeiten. Die Bedienung, zwar sehr char-

mant, wirkt im direkten Vergleich zum Niveau der

Küche ein wenig unbedarft. Möglichst bald er-

weitert werden soll die Weinkarte. Ginge es nach

Ciraldo, würde Wein ein gutes Essen begleiten,

eventuell Wasser, sonst aber nichts. Acht Weine

und eine Schorle auf der Karte? Er lacht. 8 1/2

bezieht sich auf den gleichnamigen Film seines

Lieblingsregisseurs Federico Fellini. Es ist durch-

aus möglich, dass Sie weitere dieser Zahlenspiele

entdecken.

Auf italienische Spezialitäten angesprochen,

verspricht der Küchenchef, gelegentlich entspre-

chende Gerichte auf die Karte zu setzen. Aber

nur tatsächlich Traditionelles und nur, wenn alle

Zutaten frisch zu bekommen wären. Mit dem Be-

griff „mediterrane Küche“ hingegen solle man

ihn aber lieber verschonen, das wäre eine auf-

geblasene Nullnummer. Es gäbe so viele Länder

rund um das Mittelmeer und ein jedes habe ganz

eigene Kochtraditionen.

Am liebsten ist es ihm, wenn man sich seine Phi-

losophie zu Herzen nimmt und wie er von einer

„minimalen Küche“ spricht. Dazu passt im Übri-

gen die Inneneinrichtung im 8 1/2. Die Kombina-

tion von Holzfußboden, diversen Spielarten von

Grau an den Wänden, beige bezogenen Sesseln

und schwarzen Tischplatten im vorderen Bereich

wirkt schlicht, stylisch, jedoch nicht zu kühl. Im

hinteren Bereich, über ein paar Stufen zu errei-

chen, dominiert weinrot. Rustikale Sprossenfens-

ter setzen unaufdringlich Akzente und bringen

historisches Bewusstsein zum Ausdruck. (wk)

8 1/2, Bar RistoranteSonnenstraße 74, Ecke Hohe Straße

44139 Dortmund

Mo. – So. 18 bis 23.30 Uhr

bodo verlost ein Essen für zwei Personen. (siehe Seite 23)

Minimal ist mehr

8 1/2 | Dortmund

46 BODO GEHT AUS | von Wolfgang Kienast | Fotos: Daniel Sadrowski

Ciraldo hat sein Handwerk in Rom gelernt. Noch

heute schwärmt er für die Metropole und ihren,

wie er sagt, Spagat zwischen modernem Europa

und klassischem Italien. Es folgten zwanzig Jahre

als reisender Saisonkoch. In Mailand hat er eben-

so gearbeitet wie in New York oder Singapur und

oft in den wirklich guten Häusern. Nirgendwo ist

er länger geblieben, als ihn die jeweilige Stadt zu

begeistern vermochte. Dass es ihn ausgerechnet in

Dortmund gehalten hat – vermutlich kennt man ihn

hier eher unter dem Namen Toto – lag auch am Sis-

sikingkong, wo er über einen längeren Zeitraum tä-

tig gewesen ist. „Wie dort gekocht wird, entspricht

genau meinen Vorstellungen. Ich nenne es ,mini-

mal‘. Hochwertige Produkte, aber keine Fonds und

keine Geschmacksverstärker. Wer so etwas benutzt,

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bodo dankt: Sparkasse Bochum Monika Blum, Eduard Kock, Dr. Heinz Josef Gockel, Erika Maletz, Petra Seidemann, Jean-Baptiste Lucia-ni, Ursula Schotte, Ruth Lange, Gabriele Szegeny, Ar-min Rau, Anni und Heinz Schlüter, Peter Thanscheidt, Dagmar Reitberger, Rosemarie Adam, Birgit und Karl Jelich, Ursula und Hans Gollminski, Angelika Göbel, Elisabeth Vossebrecher, Maria Elisabeth Markard, Susanne Auer, Rembert Schüttler, Monika Rebbert, Cornelia und Detlev Eckhard, Marion Grob, Irmela Niebuhr, Gudrun Vogt-Staab, Sabine Raddatz, Petra Danielsen-Hardt, Silke Harborth, Hildegard Reinitz, Thomas Scholle, Dolf Mehring, Martin Botteck, Timo Zimmermann, Ute Soth-Dykgers, Annette Düe, Kath-rin Bohr, Oliver Stiller, Esther Hagemann, Elsemarie Bork, Peter LAsslop, Christina Kolivopoulos, Jutta und Wido Wagner, Klara Lehmann, Dr. Rinnert Siems-sen, Ralf Hoof, Volker Schaika, Hannelore Thimm-Rasch, Andreas König, Dr. Josef Balzer, Alexander Barbian-Steinfort, Michael Buddenberg, Helmut Buscha, Christian Chammings, Angelika Engelberg, Paul Engelen, Fabian Fluhme, Rolf Geers, Matthias Grigo, Grünbau GmbH, Britta Richter, Manfred Kater, Almuth Keller, Jutta Kemper, Helga Koester-Wais, Birgit Kuehn, Nicola Steinstrass, Wulfhild Tank, Felix Zulechner, Ingeborg Schumacher, Brigitte Sonntag, Gabriele Steinbrecher, Gabriela Schaefer, Hermann Schroeder, Christoph Roeper, Susanne Mildner, Bar-bara Meyer, Ute Michler, Ludwig Seitz, Bärbel Bals, Kerstin Bals, Karl Bongardt, Ralf Finke, Michael Stan-ge, Nicole Goralski, Jörg Gruda, Erika Janssen, Marlis Lange, Arne Malmsheimer, Wolfgang Neuhaus, Ursula Remer, Daniela Schmitz, Nadja Schramm, Rainer Stü-cker, Thomas Terbeck, Linda Wotzlaw, Heinz Schild-heuer, Thomas Schröder, Snezka Barle, Ute Börner, Bernd Ewers, Regina Höbel, Sandra und Friedrich La-ker, Frank Siewert, Ilona Zarnowski, Rainer Biel, Udo Bormann, R. Dammer, Anita Diehn-Driessler, Christi-ne Ferreau, Udo Greif, Rüdiger Haag, Elsbeth Heiart, Astrid Kaspar, Annette Krtizler, Ursula Machatschek, Lieselotte Markgraf, Jutta Meklenborg, Marlies und Eberhard Piclum, Sandra Rettemeyer, Inge Schaub, Dorothea Bomnüter, Petra Bloch, Ina und Arno Ge-org, Edith Link, Annemarie Meiling, Christain Scheer, Roswitha Wolf, Ulrike Bornemann, Hans-Georg Schwinn, Isabell Bikowski-Gauchel, Peter Buning, A. und M. Dietz, Klaus-M. Kinzel, Annegret Males-sa, Christine Weber, Monika Bender, Petra Bender, Eberhard Garburg, Jutta Haring, Lieselotte Koch, Ka-trin Lichtenstein, Ulrike Märkel, Gerd Pelzer, Renate Krökel, Klaus Kwetkat, Stefan Meyer, Carsten Klink, Thomas Olschowny, Daniela Gerull, Dieter Schibilski, Martin Scholz, Karl-Heinz Schwieger, Barbara Bokel, Sandra Wortmann, Annabell Preusler, Birgitt Kuhl-mann, Dieter Zawodniak, Elisabeth Heymann-Roeder, Friederike Jansen, Dirk Schmiedeskamp, Sebasti-an Poschadel, Rita Pilenko, Margret und Hansjörg Sellhorst, Elisabeth Heymann-Röder, Christian Bös-terling, Linda Wotzlaw, Dagmar Drabandt, Christian Müller, Gerd Schlitzer, Johannes Sock

Die Studie der Böckler-Stiftung zur dramatischen Armutsentwicklung in Dortmund (siehe S. 20) hat hohe Wellen ge-schlagen. Uns besuchte ein Team des ARD-Morgenmagazins und ließ sich von unserem Verkäufer Günter zeigen, wo die Veränderungen in der Innenstadt sichtbar werden. Als Reporter für‘s „moma“ übrigens dabei: Martin Kaysh (2.v.l.).

doch einmal das Lob an ihn weiter. Er hat es sich verdient!

Ich freue mich schon auf die Dezember-Ausgabe.

Schöne Grüße von Ihrem Stammkunden, Hans Billmann

PS: Auch mit Ihrem Umzugsteam war ich voll zufrieden.

Hallo bodo-Team, immer wenn wir zum Shoppen in Dortmund

waren, sind uns die Magazinverkäufer über den Weg gelaufen.

Aber „zugeschlagen“ haben wir nie. Wer weiß, wer da dran

verdient, man muss es die ganze Zeit mitschleppen, usw.

Heute stand aber ein bodo-Verkäufer quasi bei uns vor der

Tür. Und ich habe mich „breitschlagen“ lassen ein Straßen-

magazin zu kaufen.

Beim Durchlesen des Hefts und Durchstöbern eurer Inter-

netpräsens wurden mir dann aber die Augen geöffnet.

Fazit: Egal wie, egal wann – ab sofort werden wir bodo kau-

fen. Danke für dieses tolle Engagement und das Magazin!

Viele Grüße aus Werne a.d.Lippe, Sven

Viele Grüße von einer treuen bodo-Leserin aus Schwerte,

die immer bei dem freundlichen Verkäufer in der Hüsing-

straße kauft. Besonders gefiel mir diesmal der Bericht über

die Buchmesse! Ulrike Berkenhoff

Liebes bodo-Team, ich möchte mich für einen superschönen

Abend in der Jahrhunderthalle Bochum bedanken.

Ich war die glückliche Gewinnerin für die Urbanatix-Vorstel-

lung am letzten Montag und hatte keine Probleme, meinen

Sohn (20) dafür zu gewinnen, mit mir dorthin zu gehen.

Auch ihm hat es sehr gut gefallen. Viele Grüße, Petra Grobel

LESERBRIEFE

Liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vom bodo,

vielen Dank für euren letzten bodo vom November. Eure Ar-

tikel habe ich sehr aufmerksam gelesen, besonders den über

euren Verkäufer Otto aus Bochum. Bei ihm selbst nämlich

hatte ich den bodo kurz zuvor nahe Bochum Hauptbahnhof

erstanden! Und Otto hat dabei einen sehr freundlichen Ein-

druck gemacht. Da hat mich seine Lebensgeschichte natür-

lich gleich doppelt interessiert. Und ich muss sagen: Res-

pekt! Dass Otto so gut „auf der Straße“ zurechtkommt, ist

echt bemerkenswert – sogar im Winter bei Temperaturen un-

ter minus 15 Grad. Davor können sich viele „Weicheier“ in un-

serer Gesellschaft nur verstecken. Und dann steht Otto jeden

Morgen schon um 6 Uhr auf – von wegen Faulpelz-Leben! Ein

echtes Vorbild für unsere Gesellschaft, finde ich. Wir sollten

alle mal überlegen, ob ein einfacheres Leben nicht das Bes-

sere und Glücklichere ist. Ich wünsche euch und besonders

Otto viele erfüllte Advents- und Vorweihnachtstage!

Herzliche Grüße, Markus Wehrstedt

Hallo liebe Redaktion, zuerst einmal Respekt vor der re-

daktionellen Klasse. Eine tolle Mischung von interessanten

Beiträgen. Macht weiter so!

Loben muss ich an dieser Stelle einmal Ihren Superverkäufer

Walter vor dem EDEKA bei uns im Kaiserstraßen-Viertel. Er

ist mittlerweile eine Kultfigur in unserem Viertel geworden,

weil er immer freundlich ist, immer für ein Schwätzchen zu

haben ist, für jeden ein offenes Ohr hat. Bitte leiten Sie

Schreiben Sie uns Ihre Meinung!

bodo e.V. | Schwanenwall 36 – 38 | 44135 Dortmund

oder eMail an: [email protected]

Foto: Sebastian Sellhorst

CARTOON | Idee und Zeichnung: Volker Dornemann

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