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Nächstes Jahr kann Nik Huber schon auf satte 20 Jahre im Gitarrengeschäft zurückblicken. Anfänglich sorgte er mit schwindelerregenden Mapletops für Aufsehen, zwischenzeitlich hat er sein Portfolio gehörig erweitert. Seine hand- werkliche Klasse erlaubt es ihm ganz locker, Form- und Ausstattungsvarianten klassischer E-Gitarren zu adaptieren und dabei eine ganz eigene Handschrift zu hinterlassen. Famos, wie er sich etwa mit der „Orca“ des 59er Burst-The- mas angenommen hat und bei der „Twang- meister“ bzw. „Junior“ Elemente von Telecaster und Les Paul Junior zu einer stimmigen Eigen- kreation mit den unverkennbaren Nik-Huber- Ingredienzien reifen ließ. Wen wundert’s, geht doch die Gitarrenbauertradition in der Familie bis ins Jahr 1896 zurück. Die Rockmusik wurde entgegen jugendlicher Planung keine Profes- sion, er lebt sie lediglich in seiner Band Fight Footers aus. Übrigens ein genialer Name für eine Tribute-Band! Für den Endkunden erweist es sich als prak- tisch, dass der Chef nicht nur Chef ist, son- dern auch praktizierender Gitarrist, der regelmäßig – ziemlich regelmäßig sogar – auf einer Bühne steht und um die Anforde- rungen weiß, die an eine „Real Life“-Gitarre gestellt werden. Mag vielleicht die eine oder andere spektakulär gemaserte Luxusgitarre aus dem Hause Huber eine dekorative Ergän- zung im Wohnzimmer der wohlhabenden GRAND ELECTRICS 56 grand gtrs Nik Huber „Surfmeister“ Surfer ans Brett Hätte man bei den noblen Schöpfungen in den Anfangstagen von Nik Huber noch glauben können, er wäre bei PRS in die Lehre gegangen, hat sich sein Repertoire über die Jahre erheb- lich ausgeweitet. Die neueste Kreation huldigt nicht nur dem Surfsound, obwohl der Name es vermuten läßt. Im Hause Huber sind alle passionierte Hobbysurfer, ob zu Land auf dem Brett oder im Wasser. von Bernhard Galler

Brett - NIK HUBER GUITARS · 200 Gramm zu Buche. Dagegen kommen einem die dreieinhalb Kilo einer Strat im wahrsten Wortsinn kaum mehr tragbar vor. Am Gurt aufgehängt erweist sie

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Page 1: Brett - NIK HUBER GUITARS · 200 Gramm zu Buche. Dagegen kommen einem die dreieinhalb Kilo einer Strat im wahrsten Wortsinn kaum mehr tragbar vor. Am Gurt aufgehängt erweist sie

Nächstes Jahr kann Nik Huber schon auf satte20 Jahre im Gitarrengeschäft zurückblicken.Anfänglich sorgte er mit schwindelerregendenMapletops für Aufsehen, zwischenzeitlich hater sein Portfolio gehörig erweitert. Seine hand-werkliche Klasse erlaubt es ihm ganz locker,Form- und Ausstattungsvarianten klassischerE-Gitarren zu adaptieren und dabei eine ganzeigene Handschrift zu hinterlassen. Famos, wieer sich etwa mit der „Orca“ des 59er Burst-The-mas angenommen hat und bei der „Twang-meister“ bzw. „Junior“ Elemente von Telecasterund Les Paul Junior zu einer stimmigen Eigen-kreation mit den unverkennbaren Nik-Huber-Ingredienzien reifen ließ. Wen wundert’s, gehtdoch die Gitarrenbauertradition in der Familiebis ins Jahr 1896 zurück. Die Rockmusik wurdeentgegen jugendlicher Planung keine Profes-sion, er lebt sie lediglich in seiner Band FightFooters aus. Übrigens ein genialer Name füreine Tribute-Band!

Für den Endkunden erweist es sich als prak-tisch, dass der Chef nicht nur Chef ist, son-dern auch praktizierender Gitarrist, derregelmäßig – ziemlich regelmäßig sogar –auf einer Bühne steht und um die Anforde-rungen weiß, die an eine „Real Life“-Gitarregestellt werden. Mag vielleicht die eine oderandere spektakulär gemaserte Luxusgitarreaus dem Hause Huber eine dekorative Ergän-zung im Wohnzimmer der wohlhabenden

GRAND ELECTRICS

56 grand gtrs

Nik Huber „Surfmeister“

Surfer ans

Brett

Hätte man bei den noblen Schöpfungen in den Anfangstagenvon Nik Huber noch glauben können, er wäre bei PRS in dieLehre gegangen, hat sich sein Repertoire über die Jahre erheb-lich ausgeweitet. Die neueste Kreation huldigt nicht nur demSurfsound, obwohl der Name es vermuten läßt. Im HauseHuber sind alle passionierte Hobbysurfer, ob zu Land auf demBrett oder im Wasser.

von Bernhard Galler

Page 2: Brett - NIK HUBER GUITARS · 200 Gramm zu Buche. Dagegen kommen einem die dreieinhalb Kilo einer Strat im wahrsten Wortsinn kaum mehr tragbar vor. Am Gurt aufgehängt erweist sie

Besitzer sein, die „Surfmeister“ ist dies defi-nitiv nicht. So wie sie daherkommt, suggiertsie ganz klar: Spiel mich!

Ein neues Brett aus klassischen ZutatenKlassiker gibt es wahrlich genug bei den E-Gitarren, sodass bei der „Surfmeister“ Ele-mente einer Thinline-Tele (Body mit F-Loch)und typische Gretsch-Elemente (Bigsby undFilterTron-PUs) zusammenflossen. Und dasauch noch in Candy Apple Red, einer klassi-schen Sixties-Farbe – hier in seidenmatt auf-getragen, was der „Surfmeister“ zu einerrecht coolen Optik verhilft. Die gleiche Farbein Hochglanz ausgeführt ist da schon an derGrenze zum Zuckersüßen, „Candy“ eben.

Das soll aber nicht vom Wesentlichen, denverbauten Hölzern und Hardware-Zutaten,ablenken. Die sind von höchster Güte. Wenn-gleich bei der Bauform „Semi Hollow“ bereitsein überschaubares Gewicht zu erwarten ist,sind die 2.800 Gramm der „Surfmeister“ eineSchau! Und das mit Bigsby-Tremolo wohlge-merkt. Allein dieses schlägt schon mit gut200 Gramm zu Buche. Dagegen kommeneinem die dreieinhalb Kilo einer Strat imwahrsten Wortsinn kaum mehr tragbar vor.Am Gurt aufgehängt erweist sie sich als wohlausbalanciert, und im Sitzen gespielt ist siekaum spürbar, so komisch das klingen mag.Da kann die Probe oder die private Übungs-Session gerne länger dauern.

Dem Korpus wurde eine Wölkchenahornde-cke spendiert, über deren spektakuläre Optiksich nur noch mutmaßen läßt, sie wurdeüberlackiert in meinem allerliebsten Rot. Der eingeleimte einteilige Mahagonihalsweist ein markantes, sehr gut bespielbares C-Profil auf. Ich persönlich bin eher ein Freundvon D-Profilen, die Haptik dieses Halsessucht jedoch ihresgleichen. Eine solch offen-porige, matte Halrückseite läßt sich kaumtoppen. Was soll da noch kommen? Ein Freu-denfest für die linke Hand, zumal die Bund-ausstattung ebenfalls überzeugt. Perfekteingesetzt und abgerichtet bieten die Medi-um Jumbo Frets Spielkomfort auf Topniveauund makellose Intonation.

Hohe (Klang-)WellenWie üblich bei Gitarren aus dem HauseHuber, sind auch bei der „Surfmeister“ Ton-abnehmer von Harry Häussel verbaut. ZweiCustom Tronebucker, angelehnt an die legen-

dären FilterTron-PUs, sorgen für authenti-sche Sounds in allen Gefilden rund umBlues, Country, Rock’n‘Roll, Rockabilly. Dasganze Klanggefüge würde ich als schlank be-zeichnen mit einer leichten Verlagerung hinzu harmonisch schimmernden Höhenantei-len. Die Reglerkulisse ist zwar spartanisch,aber völlig ausreichend, um alle relevantenSounds für einen solchen Instrumententypzu produzieren. Einmal Volumen, einmalTon in Form von zylindrischen geriffeltenReglern, und schon sind der eigenen Sound-findung keine Grenzen gesetzt. Vielmehr er-fordert diese Einschränkung auf wesentlicheZutaten die Fokusierung auf das Wichtigste:die Klangformung mit den Händen. Das läßtsich mit der „Surfmeister“ vorzüglich üben.Sehr feinfühlig reagiert sie nicht nur auf Än-derungen an den Potis, sondern auch aufsubtile klangformende Maßnahmen durchdie Hände des Spielers. Per Push/Pull amTonpoti wird der Coil-Tap aktiviert. DerSound hat dann zwar immer nochüberdurchschnittliche Qualitäten, istjedoch für meinen Geschmack schonzu dünn. Dann koste ich doch lieberdie Pickups im normalen Betriebszu-stand aus. Die beiden Potis habenglücklicherweise nur moderate klangli-che Auswirkungen: Der Höhenrückgangbeim Zurückdrehen des Volumenpotis ist

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sehr gering, und das Tonpoti macht denSound nicht einfach dumpf, sondern weichtihn angenehm auf und macht ihn warm. Die im Vergleich zu herkömmlichen Humbu-ckern höhere Resonanzfrequenz bei Tonab-nehmern der Bauart FilterTron und Konsortenwird durch eine geringere Induktivität, sprichgeringere Windungszahl umgesetzt. Ergebnisist dieser spezielle luftige Sound, der nur so zubekommen ist. Gerade bei Pickups mit gerin-gerem Output komme ich als alter Freund vonverzerrten Klängen nicht umhin, den knall-grünen Laubfrosch vorzuschalten – Zerr-Levelmaximal im unteren Skalendrittel, bitte! InVerbindung mit einem Clean-Kanal, der genü-gend Headroom hat, kann gar Schönes dabeientstehen. Angenehm angerauht und crispperlen die bluesy und countryesk angehauch-ten Licks aus den Speakern.

Der Hals-PU tut sich hier besonders hervor,denn er weist die passende Portion Bass-wumms auf, bleibt aber dennoch transparentgenug. Er ist nicht ganz so dickbauchig wieder Hals-PU einer Strat im Overdrive-Modus,halt ein ganz eigener Charakter. Der Trone-bucker am Steg zwingt einen regelrecht,über wohlgefällige, gleichermaßen sparsamewie melodische Phrasierung nachzudenken.Schnöde Fräserlicks wollen nicht auf dieserGitarre gespielt werden. Dann schon eherballadeske Sololinien im Stil eines LarryCarlton oder anspruchsvoll Akkkordisches àla Chet Atkins. Die Modellbezeichnung ver-

leitet einen natürlich, sich am Westcoast-Surfsound der 60s zu versuchen. Von den ei-genen spielerischen Unzulänglichkeiten indiesem Genre abgesehen, tönt es sehr au-thentisch, am besten garniert mit einer or-dentlichen Prise Hall und der angewählteSteg-PU bitte schön clean und laut. Derganze Wohlklang, den die Tronebuckers zuliefern imstande sind, kann mit dem Bigsby-Tremolo stilecht moduliert werden. Auf der„Surfmeister“ ist das B5, aufgrund seinerhufeisenförmigen Grundplatte Horseshoe ge-nannt, montiert. Es ist butterweich im Hand-ling und gemessen am vorgesehenen tonalenEinsatzrahmen auch recht stimmstabil. Vor-geschaltet ist dem Bigsby eine Tune-o-MaticBridge, die wie die restlichen Metallteile„slightly aged“, will sagen künstlich in einenleicht angelaufenen Zustand versetzt wurde.

Ausgleiten am StrandNik Huber und seine Mannen haben’s haltdrauf – ein ebenso nüchternes wie zutreffendesFazit. Da passen das erlesene Handwerk, diegeschmackvolle Ästhetik und der überragendeSpielkomfort. Zu alledem kommen noch dieErfahrung und das Wissen, wie sich verschie-dene Parameter der E-Gitarren-Historie zueinem stimmigen Ganzen mit eigener Hand-schrift verbinden lassen. So gesehen war eseine kluge Wahl von Nik Huber, nicht dem Be-rufswunsch Rockmusiker nachzugehen, son-dern sich auf das Gitarrenhandwerk zustürzen. Er setzt das familiäre Instrumenten-bauererbe konsequent und rühmlich fort. ■

GRAND ELECTRICS

58 grand gtrs

DETAILSHersteller: Nik Huber

Modell: Surfmeister

Herkunftsland: Deutschland

Korpus: Mahagoni (Semi-Hollow)

Decke: Curly Flame Maple

Lackierung: Candy Apple Red, Semigloss

Hals: Mahagoni Halsprofil: C

Halsbreite: 42,4 mm

Halsbefestigung: geleimt

Griffbrett: Ostindischer Palisander

Griffbrettradius: Compoundradius,

10“ auf 14“

Griffbretteinlagen: Ring Inlays,

Sterling Silber

Bünde: Sintoms Extra Hard Medium Jumbo

Mensur: 25,5“

Brücke: Bigsby B5 und ABM TOM Bridge

Pickups: 2 Harry Häussel

Custom Tronebuckers

Elektronik: 3-Weg-Toggle, 1 x Volumen,

1 x Tone (Push/Pull for Coil Tap)

Mechaniken: Gotoh SD 90 Kluson Style

Gewicht: 2,8 kg

Zubehör: Custom Hardshell Case

Preis: 4.275 Euro inkl. aufpreispflichtiger

Optionen (Standardpreis 3.490 Euro)

www.nikhuber-guitars.com