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397 BUNDESGESETZBLATT FÜR DIE REPUBLIK ÖSTERREICH Jahrgang 1949 Ausgegeben am 30. April 1949 18. Stück 92. Bundesgesetz: Ärztegesetz. 93. Bundesgesetz: Krankenpflegegesetz. 94. Bundesgesetz: Abfertigung von Bundesbeamten, die ohne Ruhegenuß aus dem Dienststand ausscheiden. 95. Verordnung: Ausnahmsweise Zulassung von Prüfungswerbern zur Staatsprüfung für Forstwirte. 92. Bundesgesetz vom 30. März 1949 über die Ausübung des ärztlichen Berufes und die Standesvertretung der Arzte (Ärztegesetz). Der Nationalrat hat beschlossen: I. HAUPTSTOCK. Ärzteordnung. Der Beruf des Arztes. § 1. (1) Der Beruf des Arztes im Sinne dieses Bundesgesetzes umfaßt jede auf medizinisch- wissenschaftlichen Erkenntnissen gegründete Tätig- keit, die der Behandlung und Vorbeugung von Krankheiten des Menschen dient. Im besonderen fällt in den ärztlichen Aufgabenkreis die Er- kennung und Feststellung krankhafter Zustände (Diagnostik mit allen Hilfsmitteln), die Über- wachung des Krankheitsverlaufes, die Verord- nung von Heilmitteln im weitesten Sinne (Medi- kamente, diätetische und mechanische Hilfsmittel, physikalische Heilmittel usw.), die Durchführung chirurgischer und die Verordnung und Über- wachung physikalischer Heilbehandlungen (physi- kalische Therapie) aller Art, insbesondere auch Röntgen- und Radiumtherapie sowie Psycho- therapie; ferner die Ausstellung von ärztlichen Zeugnissen und Gutachten. (2) Die Ausübung des ärztlichen Berufes ist ausschließlich den hiezu gesetzlich berechtigten Personen vorbehalten. Erfordernisse der Berufs- ausübung. § 2. (1) Zur Ausübung des Berufes des Arztes ist, soweit dieses Bundesgesetz nicht anderes be- stimmt, erforderlich: a) Die österreichische Staatsbürgerschaft; b) das im österreichischen Bundesgebiete oder vor dem 30. Oktober 1918 im Gebiete der im Reichsrate vertretenen Königreiche und Länder erworbene Mittelschulreifezeugnis oder ein gleichartiges im Auslande erwor- benes und in Österreich nostrifiziertes Zeugnis oder ein Zeugnis über die gemäß Verordnung des Staatsamtes für Volks- aufklärung, für Unterricht und Erziehung und für Kultusangelegenheiten, vom 3. September 1945, St.G.Bl. Nr. 167, mit Erfolg abgelegte Berufsreifeprüfung; c) das an einer Universität in der Republik Österreich oder vor dem 30. Oktober 1918 im Gebiete der im Reichsrate vertretenen Königreiche und Länder erworbene Dok- torat der gesamten Heilkunde oder ein gleichartiges im Auslande erworbenes und in Österreich nostrifiziertes Doktorat; d) die Eigenberechtigung; e) die Eintragung in das Verzeichnis der zur Berufsausübung berechtigten Arzte (Ärzte- liste) der zuständigen Ärztekammer (§ 23). (2) Personen, die die im Abs. (1) angeführten Erfordernisse erfüllen, sind lediglich zur unselb- ständigen Ausübung des ärztlichen Berufes in öffentlichen oder sonstigen vom Bundesministerium für soziale Verwaltung zugelassenen Kranken- anstalten unter Anleitung und Aufsicht der Ab- teilungsleiter berechtigt. Sie führen die Berufs- bezeichnung „Arzt". (3) Ärzte, die nach Erfüllung der im Abs. (1) angeführten Voraussetzungen den Nachweis einer mindestens dreijährigen, mit Erfolg zurückgelegten praktischen Tätigkeit in einer öffentlichen oder sonstigen vom Bundesministerium für soziale Verwaltung zugelassenen Krankenanstalt erbracht haben, sind zur selbständigen Ausübung des ärztlichen Berufes berechtigt. Sie führen die Be- zeichnung „praktischer Arzt". (4) Ärzte, die sich einem Teilgebiet der ärztlichen Wissenschaft als Sonderfach zur ausschließlichen ärztlichen Betätigung zugewendet haben und die erforderliche abgeschlossene Sonderausbildung nachzuweisen vermögen, sind zur selbständigen Ausübung des ärztlichen Berufes auf ihrem Fach- gebiete berechtigt. Sie führen die Bezeichnung „Facharzt". Sie haben ihre Tätigkeit auf ihr Fach zu beschränken und sollen sich in dieser Tätig- keit nur durch anerkannte Fachärzte desselben Faches vertreten lassen. Bei Erfüllung der be- treffenden Voraussetzungen kann ein Arzt auch mehrere Facharzttitel erwerben. Die Ausübung 20 37

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397

BUNDESGESETZBLATTFÜR DIE REPUBLIK ÖSTERREICH

Jahrgang 1949 Ausgegeben am 30. April 1949 18. Stück

92. Bundesgesetz: Ärztegesetz.93. Bundesgesetz: Krankenpflegegesetz.94. Bundesgesetz: Abfertigung von Bundesbeamten, die ohne Ruhegenuß aus dem Dienststand ausscheiden.95. Verordnung: Ausnahmsweise Zulassung von Prüfungswerbern zur Staatsprüfung für Forstwirte.

9 2 . Bundesgesetz vom 30. März 1949 überdie Ausübung des ärztlichen Berufes und dieStandesvertretung der Arzte (Ärztegesetz).

Der Nationalrat hat beschlossen:

I. HAUPTSTOCK.

Ärzteordnung.

D e r B e r u f d e s A r z t e s .

§ 1. (1) Der Beruf des Arztes im Sinne diesesBundesgesetzes umfaßt jede auf medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen gegründete Tätig-keit, die der Behandlung und Vorbeugung vonKrankheiten des Menschen dient. Im besonderenfällt in den ärztlichen Aufgabenkreis die Er-kennung und Feststellung krankhafter Zustände(Diagnostik mit allen Hilfsmitteln), die Über-wachung des Krankheitsverlaufes, die Verord-nung von Heilmitteln im weitesten Sinne (Medi-kamente, diätetische und mechanische Hilfsmittel,physikalische Heilmittel usw.), die Durchführungchirurgischer und die Verordnung und Über-wachung physikalischer Heilbehandlungen (physi-kalische Therapie) aller Art, insbesondere auchRöntgen- und Radiumtherapie sowie Psycho-therapie; ferner die Ausstellung von ärztlichenZeugnissen und Gutachten.

(2) Die Ausübung des ärztlichen Berufes istausschließlich den hiezu gesetzlich berechtigtenPersonen vorbehalten.

E r f o r d e r n i s s e d e r B e r u f s -a u s ü b u n g .

§ 2. (1) Zur Ausübung des Berufes des Arztesist, soweit dieses Bundesgesetz nicht anderes be-stimmt, erforderlich:

a) Die österreichische Staatsbürgerschaft;b) das im österreichischen Bundesgebiete oder

vor dem 30. Oktober 1918 im Gebiete derim Reichsrate vertretenen Königreiche undLänder erworbene Mittelschulreifezeugnisoder ein gleichartiges im Auslande erwor-benes und in Österreich nostrifiziertesZeugnis oder ein Zeugnis über die gemäßVerordnung des Staatsamtes für Volks-

aufklärung, für Unterricht und Erziehungund für Kultusangelegenheiten, vom3. September 1945, S t . G . B l . N r . 167, mitErfolg abgelegte Berufsreifeprüfung;

c) das an einer Universität in der RepublikÖsterreich oder vor dem 30. Oktober 1918im Gebiete der im Reichsrate vertretenenKönigreiche und Länder erworbene Dok-torat der gesamten Heilkunde oder eingleichartiges im Auslande erworbenes undin Österreich nostrifiziertes Doktorat ;

d) die Eigenberechtigung;e) die Eintragung in das Verzeichnis der zur

Berufsausübung berechtigten Arzte (Ärzte-liste) der zuständigen Ärztekammer (§ 23).

(2) Personen, die die im Abs. (1) angeführtenErfordernisse erfüllen, sind lediglich zur unselb-ständigen Ausübung des ärztlichen Berufes inöffentlichen oder sonstigen vom Bundesministeriumfür soziale Verwaltung zugelassenen Kranken-anstalten unter Anleitung und Aufsicht der Ab-teilungsleiter berechtigt. Sie führen die Berufs-bezeichnung „Arzt" .

(3) Ärzte, die nach Erfüllung der im Abs. (1)angeführten Voraussetzungen den Nachweis einermindestens dreijährigen, mit Erfolg zurückgelegtenpraktischen Tätigkeit in einer öffentlichen odersonstigen vom Bundesministerium für sozialeVerwaltung zugelassenen Krankenanstalt erbrachthaben, sind zur selbständigen Ausübung desärztlichen Berufes berechtigt. Sie führen die Be-zeichnung „praktischer Arzt" .

(4) Ärzte, die sich einem Teilgebiet der ärztlichenWissenschaft als Sonderfach zur ausschließlichenärztlichen Betätigung zugewendet haben und dieerforderliche abgeschlossene Sonderausbildungnachzuweisen vermögen, sind zur selbständigenAusübung des ärztlichen Berufes auf ihrem Fach-gebiete berechtigt. Sie führen die Bezeichnung„Facharzt" . Sie haben ihre Tätigkeit auf ihr Fachzu beschränken und sollen sich in dieser Tät ig-keit nur durch anerkannte Fachärzte desselbenFaches vertreten lassen. Bei Erfüllung der be-treffenden Voraussetzungen kann ein Arz t auchmehrere Facharzttitel erwerben. Die Ausübung

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398 Stück 18, Nr . 92.

der Facharzttätigkeit auf zwei oder mehrerenFachgebieten ist nur mit Bewilligung der zu-ständigen Ärztekammer gestattet.

(5) Universitätsprofessoren und Universitäts-dozenten gelten als Fachärzte für das einschlägigeFach.

(6) Nähere Vorschriften über die Voraussetzun-gen für die Ausübung des Berufes als Arzt,praktischer Arzt und Facharzt, insbesondere überdie Art und Dauer der Ausbildung in den ein-zelnen Teilgebieten, die Ausbildungsstätten undden Erfolgsnachweis werden nach Anhörung derÖsterreichischen Ärztekammer vom Bundes-ministerium für soziale Verwaltung durch Verord-nung erlassen.

§ 3 . (1) Die im Auslande erworbenen medizini-schen Doktorate der Professoren eines medizini-schen Faches, die aus dem Auslande berufen undan einer österreichischen Universität oder aneiner anderen österreichischen Hochschule zu Pro-fessoren ernannt sind, gelten in jeder Beziehungals in Österreich nostrifizierte Doktorate. SolchePersonen sind vom Nachweis der Erfordernissenach § 2 befreit.

(2) Ärzte, die nicht österreichische Staatsbürgersind oder deren medizinische Doktorate nicht denErfordernissen des § 2 entsprechen, dürfen denärztlichen Beruf nur unter folgenden Voraus-setzungen ausüben:

a) an Universitätskliniken im Rahmen derihnen dienstlich zugewiesenen Obliegen-heiten mit Bewilligung des Klinikvor-standes bis zur Höchstdauer eines Jahres;

b) an Abteilungen öffentlicher Heil- undPflegeanstalten, die von Mitgliedern einesLehrkörpers einer medizinischen Fakultäteiner österreichischen Universität geleitetwerden, mit Bewilligung des Abteilungsvor-standes im Rahmen der ihnen dienstlichzugewiesenen Obliegenheiten bis zur Höchst-dauer eines Jahres;

c) in allen übrigen öffentlichen Heil- undPflegeanstalten zu Studienzwecken fürbeschränkte Zeit mit Bewilligung desBundesministeriums für soziale Verwaltung.

(3) Vor Erteilung der in Abs. (2), lit. c, vor-gesehenen Bewilligungen ist die zuständigeÄrztekammer zu hören. Die Bewilligungendürfen nur für die Höchstdauer eines Jahreserteilt werden. Für eine ein Jahr übersteigendeBerufsausübung der in Abs. (2), lit. a, erwähn-ten Fälle ist die Zustimmung des Bundesministe-riums für Unterricht, in den übrigen Fällen desAbs. (2) die Zustimmung des Bundesministeriumsfür soziale Verwaltung erforderlich. Die im Ab-satz (2) genannten Ärzte haben sich binnen dreiTagen nach Aufnahme ihrer Tätigkeit bei derBezirksverwaltungsbehörde und der Ärztekammerzu melden. Die Ausübung des ärztlichen Berufesaußerhalb der ihnen in Universitätskliniken und

in allgemeinen öffentlichen Krankenanstalten zu-gewiesenen Obliegenheiten ist ihnen untersagt.

(4) Überdies können Arzte mit im Auslandegelegenen Berufssitze, ungeachtet des Mangelsder im § 2 angegebenen Erfordernisse, den ärzt-lichen Beruf im Inlande ausüben:

a) auf fallweise Berufung zu ärztlichen Kon-silien oder zu einer mit einer solchen imZusammenhang stehenden Behandlung ein-zelner Krankheitsfälle, jedoch nur in Zu-sammenarbeit mit einem im Inlandepraxisberechtigten Arzte;

b) im Grenzgebiete nach Maßgabe zwischen-staatlicher Übereinkommen.

B e r u f s b e z e i c h n u n g .

§ 4. (1) Ärztliche Berufsbezeichnungen dürfen— unbeschadet der besonderen Vorschriften überdie Führung solcher Berufsbezeichnungen alsAmtstitel — nur nach Maßgabe der nachfolgendenBestimmungen geführt werden.

(2) Die Führung der Berufsbezeichnungen„Arzt", „praktischer Arzt" und „Facharzt" istnur unter den im § 2 genannten Voraussetzungenzulässig.

(3) Jede Bezeichnung oder Titelführung im all-gemeinen Verkehr, die geeignet ist, die Berechti-gung zur Ausübung des ärztlichen Berufes odereinzelner Zweige dieses Berufes vorzutäuschen,ist verboten.

(4) Der Bezeichnung der ärztlichen Berufstätig-keit dürfen neben den amtlich verliehenen Titelnnur solche, auf die gegenwärtige Verwendunghinweisende Zusätze beigefügt werden, die derWahrheit entsprechen. Die Führung ausländischerTitel und Würden ist, soferne diese zur Verwechs-lung mit inländischen Amts- und Berufstitelngeeignet sind, nur mit Bewilligung des zuständi-gen Bundesministeriums gestattet.

(5) Die Bestimmungen der Abs. (1) und (2)gelten nicht für im Auslande zur Ausübung desärztlichen Berufes Berechtigte, die sich nur vor-übergehend und nicht zum Zwecke der Ausübungdes ärztlichen Berufes im Inlande aufhalten.

B e r u f s s i t z .

§ 5. (1) Jeder Arzt ist befugt, soweit diesesBundesgesetz nicht anders bestimmt, seinen Be-ruf im ganzen Bundesgebiet auszuüben. DerArzt bestimmt anläßlich der Anmeldung bei derzuständigen Ärztekammer frei den Ort, in demund von dem aus er den ärztlichen Beruf aus-zuüben beabsichtigt (Berufssitz).

(2) Ein Arzt darf grundsätzlich nur einen Be-rufssitz haben. Die Berufsausübung ohne be-stimmten Berufssitz (Wanderpraxis) ist verboten.Die ständige Ausübung einer ärztlichen Berufs-tätigkeit außerhalb des Berufssitzes bedarf derGenehmigung der zuständigen Ärztekammer.

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Stück 18, N r . 92. 399

D r i n g e n d n o t w e n d i g e ä r z t l i c h eH i l f e .

§ 6. Der Arzt darf die erste Hilfe im Falledrohender Lebensgefahr nicht verweigern.

B e h a n d l u n g d e r K r a n k e n u n d Be-t r e u u n g d e r G e s u n d e n .

§ 7. (1) Der Arzt ist verpflichtet, jeden vonihm in ärztliche Beratung oder Behandlungübernommenen Gesunden und Kranken ohneUnterschied der Person gewissenhaft zu be-treuen. Er hat hiebei nach Maßgabe der ärzt-lichen Wissenschaft und Erfahrung sowie unterEinhaltung der bestehenden Vorschriften dasWohl der Kranken und den Schutz der Ge-sunden zu wahren.

(2) Der Arzt hat seinen Beruf persönlich undunmittelbar, allenfalls in Zusammenarbeit mitanderen Ärzten, auszuüben. Zur Mithilfe kanner sich jedoch Hilfspersonen bedienen, wenndiese nach seinen genauen Anordnungen und unterseiner ständigen Aufsicht handeln.

§ 8. (1) Beabsichtigt ein Arzt von einer Kran-kenbehandlung zurückzutreten, so hat er seinenRücktritt dem Kranken oder den für dessenPflege verantwortlichen Personen, erforderlichen-falls auch der Aufenthaltsgemeinde des Kranken,wegen Vorsorge für anderweitigen ärztlichenBeistand, rechtzeitig anzuzeigen.

(2) Der Arz t darf jeden Kranken behandeln,der ihn in seiner Sprechstunde aufsucht.

(3) De r Arz t darf die Behandlung einesKranken, der in seiner Wohnung bereits voneinem anderen Arz t behandelt worden ist, nurdann übernehmen, wenn der Kranke oder — imFalle seiner Handlungsunfähigkeit — seine An-gehörigen erklären, daß sie auf die Behandlungdurch den bisher zugezogenen Arz t verzichten.

(4) Werden in dringenden Fällen gleichzeitigmehrere Arz te gerufen, so übernimmt, wenn derKranke selbst keine Entscheidung trifft u n dkein Einvernehmen erzielt wird, der Arz t dieBehandlung, der als erster von den herbei-gerufenen Ärzten eingetroffen ist.

(5) I n den Fällen der Abs. (3) und (4) kannder Arz t grundsätzlich eine Vergütung auch dannbeanspruchen, wenn keine Behandlung statt-gefunden hat , obwohl der Arzt hiezu bereit war .

§ 9. (1) D e m Arz t ist im Zusammenhang mitder Ausübung seines ärztlichen Berufes jede Ar tder Werbung u n d Anpreisung verboten, ins-besondere daher :

a) die Ankündigung unentgeltlicher oderbrieflicher Behandlung (Fernbehandlung);

b) die Veröffentlichung von Heilberichtenin anderen als fachwissenschaftlichenSchriften.

(2) Dem Arzt ist es ferner verboten, für dieZuweisung von Kranken Provisionen anzubieten,zu geben oder zu nehmen.

B e r u f s g e h e i m n i s .

§ 10. (1) Der Arzt ist zur Wahrung der ihmin seiner Berufseigenschaft anvertrauten oder be-kanntgewordenen Geheimnisse verpflichtet, eswäre denn die Offenbarung des Geheimnissesnach Art und Inhalt durch ein öffentliches Inter-esse, insbesondere durch Interessen der öffentlichenGesundheitspflege oder der Rechtspflege gerecht-fertigt.

(2) D i e im Abs. (1) vorgesehene Verpflichtungbesteht nicht, wenn die durch die Offenbarungdes Geheimnisses bedrohte Person dem Arz t vonder Geheimhaltung entbunden hat.

(3) Außer im Falle einer behördlichen Anfragekann der Arzt eine Erklärung darüber, o b einInteresse der öffentlichen Gesundheitspflege ander Offenbarung des Geheimnisses vorhanden ist,von der zuständigen Bezirksverwaltungsbehördeverlangen.

(4) Die gesetzlichen Vorschriften über diePflicht zur Anzeige und Aussage v o r dem Be-hörden sowie über die Amtsverschwiegenheitbleiben unberührt .

Ä r z t l i c h e Z e u g n i s s e .§ 11. Ein Arzt darf ärztliche Zeugnisse nur

nach gewissenhafter ärztlicher Untersuchung undnach genauer Erhebung der im Zeugnis zubestätigenden Tatsachen nach seinem bestenWissen und Gewissen ausstellen.

B e z e i c h n u n g d e r O r d i n a t i o n s -stätte.

§ 12. (1) Der Arzt ist verpflichtet, seine Ordi-nationsstätte durch eine entsprechende äußereBezeichnung kenntlich zu machen. Über die Formdieser äußeren Bezeichnung kann die zuständigeÄrztekammer Vorschriften erlassen. Bei Wechselder Ordinationsstätte kann der Arzt an der Stelle,von der er fortgezogen ist, einen Schild mit dementsprechenden Vermerk für die Dauer eineshalben Jahres anbringen.

(8) Die äußere Bezeichnung ist bei Erlöschender Berechtigung zur Berufsausübung sowie beiAbmeldung der Berufsausübung des Arztes zuentfernen.

V o r r a t h a l t u n g v o n A r z n e i m i t t e l n .

§ 13. (1) Auch Arzte, die nicht die Bewilligungzur Haltung einer Hausapotheke (§ 29 des Apo-thekengesetzes) besitzen, sind verpflichtet, dienach der Art ihrer Praxis und nach den örtlichenVerhältnissen für die erste Hilfeleistung indringenden Fällen) notwendigen Arzneimittelvorrätig zu halten.

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400 Stück 18, N r . 92.

(2) Durch Verordnung können nähere Vor-schriften erlassen werden.

(3) § 31, Abs. (3), des Apothekengesetzes,R. G. Bl. Nr . 5/1907, findet Anwendung.

V e r g ü t u n g ä r z t l i c h e r L e i s t u n g e n .

§ 14. (1) Das Bundesministerium für sozialeVerwaltung kann über Vorschlag des Vorstandesder Österreichischen Ärztekammer Richtlinien fürdie Vergütung ärztlicher Leistungen im Verord-nungswege erlassen.

(2) Die von Gerichten oder Behörden gefor-derten Gutachten über die Angemessenheit einerdie Vergütung ärztlicher Leistungen betreffendenForderung hat die nach dem Berufssitz desArztes, dessen Forderung Gegenstand des Ver-fahrens ist, zuständige Ärztekammer zu erstatten.

E r l ö s c h e n d e r B e r e c h t i g u n g z u rB e r u f s a u s ü b u n g .

§ 15. (1) Die Berechtigung zur Ausübung desärztlichen Berufes erlischt:

a) durch dauernden oder zeitweiligen Verzicht;b) durch Verlust der österreichischen Staats-

bürgerschaft;c) durch Verlust der Eigenberechtigung in-

folge voller oder beschränkter Entmün-digung;

d) durch Verlust des akademischen Gradesinnerhalb der im § 6 des Gesetzes vom15. November 1867, R. G. Bl. N r , 131, vor-gesehenen Frist;

e) durch gerichtliches Urteil gemäß §§ 356,357, 357 a St. G.

(2) Gesetzliche Bestimmungen, die den Verlustder Berechtigung zur Ausübung des ärztlichenBerufes vorsehen, bleiben unberührt.

(3) Die Gründe für das Erlöschen der Berech-tigung nach Abs. (1) sind von Amts wegen wahr-zunehmen.

(4) In allen Fällen des Abs. (1) hat die Ärzte-kammer die Streichung in der Ärzteliste durch-zuführen.

(5) Wer die Berechtigung zur Ausübung desärztlichen Berufes gemäß Abs. (1) verloren hat,kann, sobald er neuerlich die Voraussetzungen)des § 2 nachzuweisen in der Lage ist, die Wieder-aufnahme der Berufsausübung unter Einhaltungder Vorschrift des § 23, Abs. (1), anmelden.

(6) Das Erlöschen d e r Berechtigung zur Aus -übung des ärztlichen Berufes h a t auch das Er-löschen der Bewilligung zu r H a l t u n g einer ä rz t -lichen Hausapo theke z u r Folge.

V e r z i c h t a u f d i e B e r u f s a u s ü b u n g .

§ 16. Ein Arzt kann jederzeit dauernd oderzeitweilig auf die Berechtigung zur Ausübungdes ärztlichen Berufes verzichten. Der Verzicht

ist der zuständigen Ärztekammer und der örtlichin Betracht kommenden Bezirksverwaltungs-behörde schriftlich anzuzeigen; er wird im Zeit-punkte des Einlangens der Anzeige bei derBezirksverwaltungsbehörde wirksam.

Z e i t l i c h b e s c h r ä n k t e U n t e r s a g u n gd e r B e r u f s a u s ü b u n g .

§ 17. (1) Wenn einem Arzt die Ausübung desärztlichen Berufes durch gesetzliche Bestimmung,durch gerichtliches Urteil oder durch Disziplinar-enkenntnis mit zeitlicher {Beschränkung oder biszur Erfüllung einer auferlegten Bedingunguntersagt ist, so erlangt er mit dem Ablauf« derZeit, auf die sich die Untersagung erstreckt,oder mit der Erfüllung der für die Wieder-erlangung der Berechtigung zur Berufsausübungauferlegten) Bedingung wieder diese Berechtigung;er hat vor der Wiederaufnahme der Berufsaus-übung der zuständigen Ärztekammer den Ab-lauf der zeitlichen Beschränkung oder die Erfül-lung der Bedingung nachzuweisen.

(2) Die Gerichte haben Urteile, womit einemArzt die Ausübung des ärztlichen Berufes mitzeitlicher Beschränkung oder bis zur Erfüllungeiner auferlegten Bedingung untersagt wird,unverzüglich der zuständigen Ärztekammer, beiÄrzten im öffentlichen Dienst auch der vorge-setzten Dienststelle des Arztes mitzuteilen.

(3) Während de r zeitlich beschränkten Unter-sagung der Berufsausübung ruht die durch dieBewilligung zur Haltung einer ärztlichen Haus-apotheke erlangte Befugnis.

V o r l ä u f i g e U n t e r s a g u n g d e r Be-r u f s a u s ü b u n g .

§ 18. (1) Das Bundesministerium für sozialeVerwaltung kann in Wahrung des öffentlichenWohles Ärzten, gegen die ein Antrag auf Ent-mündigung wegen Geisteskrankheit, Geistes-schwäche oder gewohnheitsmäßigen Mißbrauchesvon Alkohol (Trunksucht) oder von Suchtgiftengestellt wurde, ferner Ärzten, gegen die wegenGeisteskrankheit oder Geistesschwäche von Amtswegen ein Entmündigungsverfahren oder wegengrober Verfehlungen bei der Ausübung des ärzt-lichen Berufes, die mit gerichtlicher oder Ver-waltungsstrafe bedroht sind, ein Strafverfahreneingeleitet wurde, bei Gefahr im Verzuge dieAusübung des ärztlichen Berufes bis zum rechts-kräftigen Abschluß des Entmündigungs- oderStrafverfahrens untersagen.

(2) Wenn ein Entmündigungs- oder Strafver-fahren noch nicht eingeleitet ist, jedoch ein Sach-verhalt vorliegt, der die Einleitung eines solchenVerfahrens rechtfertigen würde, kann das Bun-desministerium für soziale Verwaltung demArzte die Ausübung des ärztlichen Berufes biszur Dauer von sechs Wochen untersagen. DerBescheid tritt jedenfalls mit dem rechtskräftigen

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Abschluß des nachträglich eingeleiteten Ent-mündigungs- oder Strafverfahrens außer Wirk-samkeit.

(3) Die Gerichte sind verpflichtet, dem Bundes-ministerium für soziale Verwaltung sowie derzuständigen Ärztekammer die Anträge auf Ent-mündigung sowie die amtswegige (Einleitung vonEntmündigungsverfahren gegen Ärzte unver-weilt bekanntzugeben. Ebenso sind die Ver-waltungsbehörden verpflichtet, dem Bundes-ministerium für soziale Verwaltung Anzeigenwegen der im Abs. (1) angegebenen groben Ver-fehlungen und die von Amts wegen eingeleitetenStrafverfahren unverweilt zur Kenntnis zubringen. Auch die Staatsanwaltschaften (staats-anwaltschaftlichen Organe bei den Bezirks-gerichten) haben derartige Anzeigen, wenn sieunmittelbar bei ihnen erstattet wurden, demBundesministerium für soziale Verwaltung mit-zuteilen. Diese Anzeigen und Mitteilungen sindbei Ärzten im öffentlichen Dienst auch der vor-gesetzten Dienststelle des Arztes zu erstatten.

(4) Vor der Untersagung nach Abs. (1) und (2)ist die zuständige Ärztekammer, bei Ärzten imöffentlichen Dienst auch die vorgesetzte Dienst-stelle, zu hören. Die Untersagung ist ihr injedem Falle mitzuteilen. Gegen die Untersagungnach Abs. (2) hat die zuständige Ärztekammerdas Recht der Vorstellung.

E i n z i e h u n g des Ä r z t e a u s w e i s e s .

§ 19. Wer die Berechtigung zur Ausübung desärztlichen Berufes infolge Erlöschens dieserBerechtigung (§ 15) oder durch Untersagung derBerufsausübung (§§ 17 und 18) verloren hat, istverpflichtet, den Ärzteausweis [§ 23, Abs. (2)]der zuständigen Ärztekammer unverzüglich ab-zuliefern. Die Verpflichtung zur Ablieferung desÄrzteausweises trifft weiters die Personen, beidenen der ursprünglich bestandene Mangel derErfordernisse nach § 2, lit. a bis d, nachträglichhervorgekommen ist und die daher aus derÄrzteliste gestrichen worden sind [§ 23, Abs. (8)].Wird der Ausweis nicht abgeliefert, so hat dienach dem letzten Berufssitze zuständige Bezirks-verwaltungsbehörde auf Antrag der Ärzte-kammer den Ärzteausweis zwangsweise einzu-ziehen und der Kammer zu übersenden.

II. HAUPTSTUCK.

Ärztekammern.

E r r i c h t u n g u n d S i t z .

§ 20. (1) Zur Vertretung des Ärztestandes wirdfür den räumlichen Bereich eines jeden Bundes-landes eine Ärztekammer, in der Regel am Sitzeder Landesregierung, errichtet. Diese Ärzte-kammern führen die Bezeichnung „Ärztekammerfür ......". Zur Vertretung der gemein-samen Interessen aller österreichischen Ärzte

wird die „Österreichische Ärztekammer" am Sitzeder Bundesregierung errichtet.

(2) Die Ärztekammern in den Bundesländernund die Österreichische Ärztekammer sind Kör-perschaften öffentlichen Rechts.

(3) Die Österreichische Ärztekammer ist be-rechtigt, das Bundeswappen mit der Überschrift„Österreichische Ärztekammer" zu führen.

A. Ärztekammern in den Bundesländern.

W i r k u n g s k r e i s .

§ 21. (1) Die Ärztekammern sind berufen, diegemeinsamen beruflichen, sozialen und wirtschaft-lichen Interessen der Ärzte wahrzunehmen undzu fördern, die Erfüllung der Berufspflichten zuüberwachen und für die Wahrung des Standes-ansehens zu sorgen.

(2) Die Ärztekammern sind, abgesehen vonden in besonderen Vorschriften den Standes-vertretungen übertragenen Aufgaben, insbe-sondere berufen:

a) den Behörden Berichte, Gutachten undVorschläge, betreffend das Gesundheits-wesen, die Ausbildung und fachlicheWeiterbildung der Ärzte sowie alle son-stigen Angelegenheiten, zu erstatten, indenen die Interessen der Ärzteschaftberührt werden;

b) die Anmeldungen für die Ausübung desärztlichen Berufes entgegenzunehmen undVerzeichnisse der zur Berufsausübungberechtigten Ärzte (Ärztelisten) zu führen;

c) Bestätigungen über die Eintragung indas Verzeichnis der zur Berufsausübungberechtigten Ärzte auszustellen;

d) an den Einrichtungen der medizinischenFakultäten der österreichischen Universi-täten zur Fortbildung der Ärzte mitzu-arbeiten;

e) an den amtlichen Gesundheitsstatistikenmitzuwirken;

f) über Aufforderung Vertreter in andereKörperschaften und Stellen zu entsendenoder für solche Körperschaften und StellenBesetzungsvorschläge zu erstatten, sofernedies durch besondere Gesetze oder Vor-schriften vorgesehen ist;

g) in Streitigkeiten zwischen Kammerange-hörigen zu vermitteln;

h) gemeinsame wirtschaftliche Einrichtungen,Wohlfahrts- und Unterstützungsein-richtungen für die Kammerangehörigenund ihre Hinterbliebenen zu errichten, zubetreiben oder zu fördern;

i) die für die ärztliche Leistung berechnetenVergütungen, mit Ausnahme der in Dienst-verträgen mit öffentlich-rechtlichen Körper-schaften vereinbarten Entgelte, zu über-

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402 Stück 18, Nr. 92.

prüfen, ferner den Gerichten oder Ver-waltungsbehörden Gutachten über dieAngemessenheit einer geforderten Ver-gütung zu erstatten;

j) Verträge zur Regelung der Beziehungender Ärzte zu den) Trägern der Sozialver-sicherung (Verbänden) abzuschließen [§ 59,Abs. (3)].

(3) Die Ärztekammern haben alljährlich bisspätestens Ende April dem Bundesministeriumfür soziale Verwaltung, den Ämtern der Landes-regierungen (Magistrat der Stadt Wien) und derÖsterreichischen Ärztekammer Berichte sowie Vor-schläge zur Behebung wahrgenommener Mängelzu erstatten.

V e r h ä l t n i s zu B e h ö r d e n , K a m m e r nu n d T r ä g e r n d e r S o z i a l v e r -

s i c h e r u n g .

§ 22. (1) Die Behörden, andere Kammern undsonstige zur Vertretung von Standesinteressenberufene Körperschaften öffentlichen Rechtessowie die Träger der Sozialversicherung (Ver-bände) haben innerhalb ihres Wirkungsbereichesden Ärztekammern auf Verlangen die zur Er-füllung ihrer Obliegenheiten erforderlichen Aus-künfte zu erteilen und sie in ihrer Wirksamkeitzu unterstützen. Zu dem gleichen Verhaltensind die Ärztekammern gegenüber den vorge-nannten Behörden, Körperschaften und sonstigenStellen verpflichtet.

(2) Gesetzentwürfe, die Interessen berühren,deren Vertretung den Ärztekammern zukommt,sind vor ihrer Einbringung in die gesetzgebendeKörperschaft, besonders wichtige Verordnungen(Kundmachungen), die die erwähnten Interessenund Fragen berühren, vor ihrer Erlassung denÄrztekammern unter Einräumung einer ange-messenen Frist zur Begutachtung zu übermitteln.

(3) Die Ärztekammern in den Bundesländernhaben in dem Falle, daß es sich um Entwürfevon Bundesgesetzen oder um Verordnungsent-würfe der Bundesministerien handelt, der Öster-reichischen Ärztekammer ihr Gutachten zwecksErstellung eines einheitlichen Gutachtens durchdiese bekanntzugeben.

K a m m e r a n g e h ö r i g e .

§ 23. (1) Der Ärztekammer gehören als ordent-liche Kammerangehörige alle gemäß § 2 diesesBundesgesetzes zur Ausübung des ärztlichenBerufes in Österreich berechtigten Personen an,soferne sie diesen Beruftatsächlich ausüben.Solche Personen haben sich vor Aufnahme ihrerärztlichen Tätigkeit persönlich unter Vorlage dererforderlichen Nachweise bei der Ärztekammeranzumelden, in deren Bereich sie ihre ärztlicheTätigkeit auszuüben beabsichtigen. Die Aufnahmeder ärztlichen Tätigkeit darf erst nach Erhaltder Bestätigung über die Eintragung in das Ver-

zeichnis der zur Berufsausübung berechtigtenÄrzte [§ 21, Abs. (2), lit. c] erfolgen.

(2) Erfüllt der Bewerber die Erfordernisse desAbs. (1), so hat ihn die zuständige Ärztekammerinnerhalb Monatsfrist in ein Verzeichnis der zurBerufsausübung berechtigten Ärzte (Ärzteliste)einzutragen und ihm einen mit seinem Lichtbildversehenen Ausweis (Ärzteausweis) auszustellen.

(3) Findet die zuständige Ärztekammer, daßder Bewerber die Erfordernisse nicht erfüllt, hatsie die Eintragung in die Ärzteliste durch Be-scheid innerhalb Monatsfrist zu versagen. Gegendiesen Bescheid steht dem Bewerber die Berufungan den zuständigen Landeshauptmann (Bürger-meister der Stadt Wien) offen.

(4) Die zuständige Ärztekammer hat jede An-meldung unverzüglich zu erledigen. Für das Ver-fahren gelten im übrigen die Bestimmungen desAllgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes sinn-gemäß.

(5) Jede Eintragung in die Ärzteliste ist dernach dem gewählten Berufssitze des Arztes zu-ständigen Bezirksverwaltungsbehörde unverzüg-lich mitzuteilen. Der Arzt hat sich bei dieser Be-hörde längstens binnen Monatsfrist nach erfolgterAnmeldung bei der Ärztekammer persönlich zumelden.

(6) Der zuständigen Ärztekammer ist binnenacht Tagen auch jeder Wechsel des Berufssitzessowie des ordentlichen oder vorübergehendenWohnsitzes anzuzeigen.

(7) Ebenso ist jede Einstellung der Berufsaus-übung, bei bloß vorübergehender Einstellungjedoch nur dann, wenn diese voraussichtlich dreiMonate übersteigt, der zuständigen Ärztekammervom Berufsberechtigten binnen acht Tagen anzu-zeigen.

(8) Wenn der ursprünglich bestandene Mangelder Erfordernisse nach § 2, lit. a bis e, nachträg-lich hervorkommt, hat die Ärztekammer die Strei-chung in der Ärzteliste zu verfügen und durchBescheid festzustellen, daß eine Berechtigung zurAusübung des ärztlichen Berufes nicht bestandenhat. Gegen diesen Bescheid steht dem Betroffenendie Berufung an den Landeshauptmann (Bürger-meister der Stadt Wien) offen.

(9) Ärzte, die ihren Beruf für einen vierWochen übersteigenden Zeitraum außerhalb ihresBerufssitzes ausüben wollen (z. B. Ärzte in Kur -orten), haben dies spätestens acht Tage vorherder für den bisherigen Berufssitz zuständigenÄrztekammer anzuzeigen. Bei der zuständigenÄrztekammer ist auch die Beendigung der vor-übergehenden Tätigkeit binnen acht Tagen zumelden. In der Zwischenzeit unterstehen dieseÄrzte — unbeschadet ihrer weiteren Zugehörig-keit zu der nach ihrem dauernden Berufssitzezuständigen Ärztekammer — der Aufsicht undDisziplinargewalt jener Ärztekammer, in deren

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Stück 18, Nr . 92. 403

Bereich sie ihren Beruf ausüben. Sie haben auchan diese einen Kammerbeitrag zu entrichten.

(10) Ärzte, die von ihrer Berechtigung zur Be-rufsausübung keinen Gebrauch machen, habendies der nach ihrem dauernden Wohnsitz zustän-digen Ärztekammer zu melden. Sie können sichfreiwillig als außerordentliche Kammerangehörigeeintragen lassen. Sie haben während der Dauerihrer freiwilligen Zugehörigkeit die gleichenRechte und Pflichten wie die ordentlichenKammerangehörigen, soweit nicht in diesemBundesgesetze oder in der Geschäftsordnungetwas anderes bestimmt ist.

(11) Die Einrichtung der Ärztelisten sowie In-halt und Form der Ärzteausweise und der nachAbs. (5) ergehenden Mitteilungen werden aufVorschlag der Österreichischen Ärztekammer vomBundesministerium für soziale Verwaltung durchDurchführungsverordnung bundeseinheitlich ge-regelt.

P f l i c h t e n u n d R e c h t e d e r K a m m e r -a n g e h ö r i g e n .

§ 24. Alle Kammerangehörigen sind verpflich-tet, die von der Ärztekammer im Rahmen ihresgesetzlichen Wirkungskreises gefaßten Beschlüssezu befolgen sowie die in der Umlagenordnungfestgesetzten Umlagen und sonstige Beiträge zuleisten.

§ 25. (1) Die Kammerangehörigen sind berech-tigt, nach Maßgabe der Bestimmungen diesesBundesgesetzes die Kammermitglieder zu wählen.

(2) Die ordentlichen Kammerangehörigen kön-nen nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Bun-desgesetzes zu Kammermitgliedern gewählt wer-den.

(3) Jeder Kammerangehörige genießt den An-spruch auf die Wahrung seiner beruflichen,sozialen und wirtschaftlichen Interessen durchdie Kammer nach Maßgabe der jeweils hiefürgeltenden Vorschriften.

(4) Jeder Kammerangehörige ha t Anspruch aufden Genuß der Wohlfahrtseinrichtungen nachMaßgabe der hiefür getroffenen Vorschriften.

G l i e d e r u n g n a c h S p r e n g e i n u n dF a c h g r u p p e n .

§ 26. Die Kammerangehörigen können zurbesseren Erfassung, insbesondere zur Durch-führung der Wahlen, örtlich nach Sprengein, dieein oder mehrere Verwaltungs- oder Gerichts-bezirke umfassen oder fachlich nach Gruppen odersowohl örtlich wie fachlich zusammengefaßtwerden. Werden sie nach Fachgruppen zusammen-gefaßt, so haben die praktischen Ärzte, die Fach-ärzte und die in Ausbildung stehenden Ärzte[§ 2, Abs. (2)] jedenfalls eine eigene Fachgruppezu bilden. Jeder Kammerangehörige darf nureiner Fachgruppe angehören. Im Zweifelsfalleentscheidet die Kammer über die Zugehörigkeit.

W a h l r e c h t u n d W ä h l b a r k e i t .§ 27. Wahlberechtigt sind alle im Bereiche der

Ärztekammer ihren Beruf ausübenden Kammer-angehörigen, die am Tage der Wahlausschreibungdas Wahlrecht zum Nationalrat besitzen.

§ 28. Wählbar sind alle wahlberechtigtenordentlichen Kammerangehörigen [§ 23, Abs. (1)].Nicht gewählte Bewerber eines Wahlvorschlagessind Ersatzmänner für den Fall, daß ein Mandatihrer Liste erledigt ist.

W a h l o r d n u n g .

§ 29. Die Durchführungsverordnung, betreffenddas Wahlverfahren, insbesondere die Ausschrei-bung der Wahlen, die Erfassung und Verzeich-nung der Wahlberechtigten, die Wahlbehörden,die Wahlbewerbung, das Abstimmungs- und Er-mittlungsverfahren sowie die Einberufung dergewählten Kammermitglieder wird vom Bundes-ministerium für soziale Verwaltung erlassen.

O r g a n e d e r Ä r z t e k a m m e r n .

§ 30. Organe der Ärztekammern sind:a) Die Vollversammlung,b) der Kammervorstand,c) der Präsident und ein oder zwei Vize-

präsidenten.

V o l l v e r s a m m l u n g .

§ 31. (1) Die Vollversammlung jeder Ärzte-kammer besteht aus mindestens 12 und höchstensaus 60 Kammermitgliedern. Die Anzahl derKammermitglieder wird von der Landesregierungerstmalig über Vorschlag der bei Inkrafttretendieses Bundesgesetzes bestehenden Standesver-tretung der Ärzte, in Hinkunft nach Anhörungdes Kammervorstandes, bestimmt.

(2) Die Berufung der Kammermitglieder undderen Ersatzmänner erfolgt durch gleiche, un-mittelbare, geheime und persönliche W a h l auf dieDauer von vier Jahren nach den Grundsätzendes Verhältniswahlrechtes.

(3) Für jeden Bereich und für jede Fachgruppekann ein besonderer Wahlkörper gebildet werden.

§ 32. (1) Die Vollversammlung wird spätestensvier Wochen nach der W a h l der Kammermit-glieder vom früheren Kammerpräsidenten oderVizepräsidenten, sonst vom ältesten Kammer-mitglied einberufen u n d eröffnet.

(2) Die Vol lversammlung wäh l t in der Eröff-nungssitzung m i t einfacher Mehrhe i t der An-wesenden zunächst den Kammerpräsidenten undnach den Grundsä tzen des Verhältniswahlrechtesdie Vizepräsidenten u n d den Kammervors tand.

(3) Die Vollversammlung ist zur Wahrung derden Ärztekammern zustehenden Rechte berufen.Sie ist daher insbesondere zuständig für die:

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404 Stück 18, Nr. 92.

a) Wahl des Kammervorstandes;b) Wahl des Präsidenten und des oder der

Vizepräsidenten ;c) Genehmigung des Rechenschaftsberichtes

des Präsidenten und des Vorstandes sowiedes Jahresvoranschlages und des Rechnungs-abschlusses;

d) Festsetzung des Kammerbeitrages;e) Beschlußfassung in allen Angelegenheiten,

deren Entscheidung die Vollversammlungsich vorbehalten hat oder die der Kammer-vorstand der Vollversammlung wegen ihrerbesonderen Wichtigkeit, insbesondere, wennsie sich auf sämtliche Sprengel und Fach-gruppen der Kammer beziehen, zur Ent-scheidung vorlegt;

f) Festsetzung einer Geschäftsordnung;g) Festsetzung einer Umlagen- und Beitrags-

ordnung;h) Festsetzung einer Schlichtungsordnung.(4) Die Vollversammlung wird über Beschluß

des Vorstandes vom Präsidenten mindestens imFrühjahr und Herbst , und zwar mindestens zweiWochen vor dem Sitzungstage einberufen. DieSitzungen der Vollversammlung sind für dieKammerangehörigen öffentlich.

(5) Die Vollversammlung ist beschlußfähig,wenn mindestens die Hälf te der Mitglieder an-wesend ist.

(6) Die Verhandlungsgegenstände sind den Mit -gliedern mi t d e r Einladung zur Sitzung schrift-lich bekanntzugeben. Angelegenheiten, die durchBeschluß des Vorstandes als dringlich erklär twurden, sind sofort in Verhandlung zu ziehen.

(7) Eine außerordentliche Vollversammlung istbinnen zwei Wochen einzuberufen, wenn esmindestens ein Dri t te l der Kammermitgliederschriftlich unter Bekanntgabe des Grundes ver-langt.

(8) Die Beschlüsse werden, soferne die Ge-schäftsordnung nicht anderes best immt, m i t ein-facher S t immenmehrhe i t der anwesenden K a m -mermitglieder gefaßt. Der Präsident s t immt mit .Bei Stimmengleichheit gi l t jener Ant rag als z u mBeschluß erhoben, d e m der Präsident beigetretenist.

(9) Ein Beschluß auf Auflösung der Vollver-sammlung bedarf e iner Zweidrit telmehrheit beiAnwesenheit v o n mindestens de r Hälf te derKammermitglieder.

(10) Über die Beratungen de r Vollversammlungist e ine Niederschrift anzufertigen, die v o mPräsidenten und Schriftführer zu zeichnen ist.Jedes Kammermitgl ied ist berechtigt, in dieNiederschrift Einsicht zu nehmen und hievoneine Abschrift anzufertigen.

K a m m e r v o r s t a n d .§ 33. (1) Der Kammervorstand besteht aus

mindestens fünf und höchstens 15 Mitgliedern.

Die Zahl der Vorstandsmitglieder wird auf An-trag der Vollversammlung von der Landesregie-rung unter Bedachtnahme auf die Gliederung derKammerangehörigen nach Sprengein und Fach-gruppen in der Weise festgesetzt, daß die Ge-samtheit der Vertreter der in Ausbildung stehen-den Ärzte [§ 2, Abs. (2)] nicht mehr als einFünftel der Vollversammlung und der Vorstands-mitglieder betragen darf.

(2) Der Kammervors tand wi rd von der Voll-versammlung der Kammermitglieder gemäß § 32,Abs. i(2), auf die Dauer von vier Jahren gewählt .

(3) Der Kammervors tand wi rd vom Präsi-denten, im Falle seiner Verhinderung vom erstenoder zweiten Vizepräsidenten, jedoch mindestenseinmal in jedem Vierteljahr, einberufen.

(4) Der Kammervors tand muß einberufenwerden, wenn ein Viertel seiner Mitglieder unterBekanntgabe des Grundes beim Präsidentenschriftlich die Einberufung verlangt.

(5) Der Kammervors tand ist für die Beob-achtung der gesetzlichen Vorschriften, insbe-sondere für die Einhal tung des Wirkungskreisesder Ärztekammer und für die Vollziehung ihrerBeschlüsse verantwortlich; er ist daher insbe-sondere berufen:

a) Zur Durchführung der der Ärztekammernach § 21 dieses Bundesgesetzes oder nachanderen Gesetzen übertragenen Aufgaben;

b) zur Verwaltung des Vermögens der Ärzte-kammer;

c) Vorschläge zur Ernennung des Vorsitzen-den des Disziplinarrates und dessen Stell-vertreters zu erstatten;

d) zur Bestellung der zwei weiteren Mit-glieder des Disziplinarrates [§ 41 , Abs. (2)]und des Disziplinaranwaltes (§ 42) sowieallfälliger Referenten für bestimmte Auf-gaben;

(6) Er ist beschlußfähig, wenn mindestens dieHälfte seiner Mitglieder anwesend ist. Bleibt derVorstand trotz zweimaliger ordentlicher Ladungbeschlußunfähig, so gilt er als zurückgetreten. Indiesem Fall hat der Präsident die Vollver-sammlung binnen vier Wochen zu einer Neuwahleinzuberufen.

(7) Der Vorstand faßt seine Beschlüsse miteinfacher Stimmenmehrheit der anwesendenKammermitglieder. Der Präsident stimmt mit.Bei Stimmengleichheit gilt jener Antrag als zumBeschluß erhoben, dem der Präsident bei-getreten ist.

(8) I n dringenden Fällen, insbesondere beiGefahr im Verzuge, können die Geschäfte desVorstandes vom Präsidenten im Einvernehmenmit dem oder den Vizepräsidenten besorgtwerden, doch muß binnen längstens zweierWochen die Zustimmung des Vorstandes ein-geholt werden.

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Stück 18, Nr . 92. 405

(9) Scheidet ein Vorstandsmitglied aus, so hatder Präsident die Ergänzungswahl auf dieTagesordnung der nächsten Vollversammlung zusetzen.

(10) Über die Beratungen des Vorstandes isteine Niederschrift anzufertigen, die vom Prä -sidenten zu zeichnen und von den Mitgliederndes Vorstandes bei der nächstfolgenden Sitzungzu bestätigen ist.

P r ä s i d e n t .

§ 34. (1) Der Präsident ist der gesetzliche Ver-treter der Kammer. Ihm obliegt die Durch-führung der Beschlüsse der Kammer und desKammervorstandes. Er leitet die Geschäfte undfertigt alle Geschäftsstücke. In allen finanziellenAngelegenheiten der Kammer muß jede Aus-fertigung durch den vom Vorstand bestelltenFinanzreferenten unter Beisetzung des Kenn-wortes „Finanzreferent" mitgezeichnet werden.

(2) Der Präsident beruft die Sitzungen desVorstandes und der Vollversammlung ein undleitet dieselben.

(3) Er bestellt das Büro, schließt und löst dieDienstverträge mit den Kammerangestellten.

(4) Im Falle seiner Verhinderung wird er vomVizepräsidenten vertreten. Sind bei einer Ärz te-kammer zwei Vizepräsidenten bestellt, so wi rdder Präsident durch den ersten Vizepräsidentenbei gleichzeitiger Verhinderung auch des erstenVizepräsidenten durch den zweiten Vizeprä-sidenten vertreten.

(5) Entzieht die Vollversammlung dem Präsiden-ten durch Beschluß das Vertrauen, so ha t der Vize-präsident die Geschäfte vorläufig noch weiter zuführen, jedoch binnen zwei Wochen eine außer-ordentliche Vollversammlung zur Neuwahl desPräsidenten einzuberufen. W u r d e auch dem erstenVizepräsidenten das Vertrauen entzogen, so h a tder zweite Vizepräsident die Geschäfte bis zurNeuwahl des Präsidenten weiterzuführen. W i r dauch ihm oder bei Kammern , die nur einen Vize-präsidenten bestellt haben, diesem das Ver-trauen entzogen, so führt ein vom Kammervor -stand aus seinem Kreise mi t einfacher Mehrheitgewähltes Kammermitglied, falls aber eine solcheW a h l nicht zustande kommt, das an Jahrenälteste Kammermitgl ied die Geschäfte bis zu rNeuwahl des Präsidenten weiter.

K a m m e r a m t .

§ 35. (1) Die Konzepts-, Buchhaltungs- undSchreibarbeiten der Ärztekammern werden durchKammerämter besorgt, die von Kammerdirek-toren geleitet werden können und der Aufsichtdes jeweiligen Kammervorstandes unterstehen.

(2) Die Rechte und Pflichten der Angestelltenund der sonstigen Hilfskräfte, ihre Ansprüche aufBesoldung und Pensionsbezüge werden in einerDienstordnung geregelt.

A n g e l o b u n g .

§ 36. Die Präsidenten und die Vizepräsidentender Ärztekammern haben vor ihrem Amtsantrittin die Hand des für ihren Kammerbereich zustän-digen Landeshauptmannes, die übrigen Kammer-mitglieder in die Hand des Präsidenten einGelöbnis auf Einhaltung der Gesetze undgetreue Erfüllung ihrer Obliegenheiten abzulegen.

V e r s c h w i e g e n h e i t s p f l i c h t .

§ 37. Die Organe und das gesamte Personalder Ärztekammern sowie der ÖsterreichischenÄrztekammer sind, soweit nicht ein öffentlichesInteresse gegeben ist, zur Verschwiegenheit überalle ihnen aus ihrer amtlichen Tätigkeit bekannt-gewordenen Tatsachen verpflichtet. Von dieserVerpflichtung kann sie der Landeshauptmann aufVerlangen eines Gerichtes oder einer sonstigenVerwaltungsbehörde entbinden.

D e c k u n g d e r K o s t e n .

§ 38. (1) Der Vorstand hat alljährlich bislängstens 15. November einen Jahresvoranschlagfür das nächste Jahr zu erstellen und der Voll-versammlung zur Genehmigung vorzulegen.

(2) Desgleichen hat der Vorstand den Rech-nungsabschluß des Vorjahres bis längstens31. März zur Genehmigung vorzulegen.

(3) Zur Bestreitung ihrer Auslagen heben dieÄrztekammern von sämtlichen Kammerange-hörigen ihres Bereiches Umlagen und sonstige Bei-träge ein. Die näheren Vorschriften über dieHöhe und Einhebung werden durch eine Um-lagen- und Beitragsordnung erlassen.

(4) Rückständige Umlagen und sonstigeBeiträge können nach den Bestimmungen desVerwaltungsvollstreckungsgesetzes eingebrachtwerden.

(5) Die nach diesem Bundesgesetz verhängtenGeld- und Ordnungsstrafen fließen der Ärzte-kammer zu.

S c h l i c h t u n g s v e r f a h r e n .

§ 39. (1) Die Kammerangehörigen sind ver-pflichtet, alle sich zwischen ihnen bei Ausübungdes ärztlichen Berufes ergebenden Streitigkeitenvor Einbringung einer gerichtlichen Klage derzuständigen Ärztekammer zur Schlichtung vor-zulegen. Gehören die Streitteile verschiedenenÄrztekammern an, ist die zuerst angerufeneÄrztekammer zuständig. Diese Bestimmung findetauf Ärzte im öffentlichen Dienst nur insoweitAnwendung, als sich die Streitigkeiten nicht aufdas Dienstverhältnis oder die Dienststellung desArztes beziehen.

(2) Nähere Bestimmungen hierüber werden vonder Ärztekammer in einer Schlichtungsordnunggetroffen. Die Schlichtungsordnung unterliegt derGenehmigung der Landesregierung.

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406 Stück 18, Nr. 92.

D i s z i p l i n a r v e r f a h r e n .

§ 40. (1) Kamnierangehörige, die das Ansehender Ärzteschaft beeinträchtigen oder die Berufs-pflichten verletzen, machen sich eines Disziplinar-vergehens schuldig.

(2) Der disziplinären Verfolgung steht derUmstand nicht entgegen, daß die gleiche Hand-lung oder Unterlassung auch von einem Gerichteoder einer Verwaltungsbehörde zu ahnden ist.

(3) Ärzte im öffentlichen Dienst unterstehenhinsichtlich ihrer dienstlichen Tätigkeit nicht derDisziplinargewalt der Ärztekammern. Die Dienst-stelle dieser Kammerangehörigen ist jedoch ver-pflichtet, die von der zuständigen Ärztekammererstattete Disziplinaranzeige in Behandlung zunehmen und ihr das Erkenntnis oder den Ein-stellungsbeschluß zuzustellen.

§ 41 . (1) Über Disziplinarvergehen erkennt derDisziplinarrat der Ärztekammer, bei der der zuBestrafende zuletzt gemeldet war.

(2) Der Disziplinarrat besteht aus dem Vor-sitzenden oder dessen Stellvertreter und zweiweiteren Mitgliedern. Der Vorsitzende unddessen Stellvertreter werden auf Vorschlag desKammervorstandes von der Landesregierung,allenfalls im Einvernehmen mit der Dienst-behörde des Vorgeschlagenen, bestellt. Diesemüssen rechtskundig sein. Die weiteren zwei Mit-glieder werden vom Kammervorstand aus demKreise der Kammermitglieder, die jedoch nichtdem Vorstande angehören dürfen, bestellt.

(3) Die Mitglieder des Disziplinarrates ver-sehen ihre Aufgabe ehrenamtlich, doch werdenihre Barauslagen vergütet. Die Entschädigung desVorsitzenden oder dessen Stellvertreters wirddurch die Geschäftsordnung geregelt. Ihre Amts-dauer ist gleich jener der anderen Organe derÄrztekammer.

§ 42. Die Anzeige von Disziplinarvergehensowie die Vertretung der Anzeige beim Diszi-plinarrat obliegt einem vom Vorstande bestelltenDisziplinaranwalt. Über Weisung des Landes-hauptmannes oder des Kammerpräsidenten istder Disziplinaranwalt verpflichtet, die Diszi-plinaranzeige zu erstatten und Rechtsmittel zuergreifen.

§ 43. (1) Gegen das Erkenntnis des Disziplinar-rates sowie gegen einen Beschluß, mit dem dieEinleitung des Disziplinarverfahrens abgelehntwird, kann binnen zwei Wochen der Disziplinar-senat bei der Österreichischen Ärztekammer an-gerufen werden.

(2) Die Eingabe ist beim Disziplinarrate ein-zubringen. Mit dem Vollzug der Disziplinarstrafeist bis zur Entscheidung des Disziplinarsenatesinnezuhalten. Dieser entscheidet endgültig.

(3) Der Disziplinarsenat besteht aus einer zumRichteramte, abgesehen von der Altersgrenze,

geeigneten Person als Vorsitzenden, zwei Beamtenaus dem Stande des Bundesministeriums fürsoziale Verwaltung, von denen einer rechts-kundig sein muß, sowie aus zwei weiteren Bei-sitzern, die vom Vorstand der ÖsterreichischenÄrztekammer aus dem Kreise der Kammermit-glieder der Ärztekammern bestellt werden.

(4) Der Vorsitzende und die Mitglieder desDisziplinarsenates, mit Ausnahme der vom Vor-stand der Österreichischen Ärztekammer be-stellten Beisitzer, werden über Vorschlag desVorstandes der Österreichischen Ärztekammervom Bundesministerium für soziale Verwaltungbestimmt. Mitglieder der Vorstände der öster-reichischen Ärztekammern und der bei denselbenbestehenden Disziplinarrate können nicht Mit-glieder des Disziplinarsenates der ÖsterreichischenÄrztekammer sein.

§ 44. (1) Soweit sich aus den Vorschriften diesesBundesgesetzes nicht anderes ergibt, sind die Vor-schriften des Gesetzes vom 25. Jänner 1914,R. G. Bl. Nr . 15 (Dienstpragmatik), betreffenddas Disziplinarverfahren, mit Ausnahme jenerBestimmungen, die ein Beamtenverhältnis voraus-setzen, sinngemäß anzuwenden.

(2) Nähere Bestimmungen für das Verfahrenvor dem Disziplinarrat und dem Disziplinar-senat können vom Bundesministerium für sozialeVerwaltung nach Anhörung der ÖsterreichischenÄrztekammer im Wege einer Durchführungs-verordnung erlassen werden.

§ 45. (1) Disziplinarstrafen sind:

a) Der schriftliche Verweis;b) Geldstrafen bis zur H ö h e des 50fachen

Kammerbeitrages;c) Entzug der Berechtigung zur Berufsausübung

bis zur Dauer von einem Jahr .

(2) Die Strafe nach Abs. (1), lit. c, kann daserste Mal höchstens auf die Dauer von dreiMonaten und in der Regel nur gegen solcheKammerangehörige verhängt werden, die wegenDisziplinarvergehens bereits mit einer Geldstrafebestraft worden sind. Bei Ärzten im öffentlichenDienst bezieht sich der Entzug der Berechtigungzur Berufsausübung nach Abs. (1), lit. c, nichtauf die Ausübung des ärztlichen Berufes im Zu-sammenhang mit den Dienstpflichten des Arztes.

(3) Die Disziplinarstrafen nach Abs. (1), lit. bund c, können bedingt unter Festsetzung einerBewährungsfrist von einem bis zu drei Jahrenverhängt werden, sofern der Beschuldigte bisherkeine andere Disziplinarstrafe als einen schrift-lichen Verweis erlitten hat oder eine erhalteneStrafe dieser Art bereits getilgt ist.

(4) Jede in Rechtskraft erwachsene Disziplinar-strafe ist in eine vom Vorstand zu führende Vor-merkung einzutragen. Eine vom Präsidenten der

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Stück 18, Nr. 92. 407

Ärztekammer beglaubigte Abschrift der Vor-merkung jeder in Rechtskraft erwachsenenDisziplinarstrafe ist der Österreichischen Ärzte-kammer zur zentralen Vormerkung zu über-mitteln. Die Disziplinarstrafe nach Abs. (1),lit. c, ist der zuständigen Bezirksverwaltungs-behörde sowie dem Amt der zuständigen Landes-regierung mitzuteilen. Im Disziplinarerkenntniskann auf Veröffentlichung der Strafe in den Mit-teilungen der zuständigen Ärztekammer oder auchaller Ärztekammern erkannt werden.

(5) Über Ansuchen des Bestraften kann derDisziplinarrat die Tilgung einer Disziplinarstrafeverfügen, wenn die Verhängung der Strafe min-destens fünf Jahre zurückliegt und der Bestrafteinnerhalb dieser Zeit keines neuerlichen Dis-ziplinarvergehens schuldig erkannt worden ist.Im Falle einer abweislichen Entscheidung des Dis-ziplinarrates kann der Betroffene binnen zweiWochen den Disziplinarsenat der ÖsterreichischenÄrztekammer anrufen. Die Bestimmungen des§ 43, Abs. (2), gelten sinngemäß.

§ 46. (1) Die Kosten des Disziplinarverfahrenssind im Falle des Schuldspruches vom Bestraften,im Falle des Freispruches von der Ärztekammerzu tragen, deren Disziplinaranwalt die Anzeigeeines Disziplinarvergehens erstattet hat.

(2) Die verhängten Geldstrafen sowie dieKosten des Disziplinarverfahrens werden nachden Bestimmungen des Verwaltungsvollstreckungs-gesetzes eingebracht.

O r d n u n g s s t r a f e n .§ 47. (1) Der Vorstand kann gegen Kammer-

angehörige wegen Vernachlässigung der ihnengegenüber der Kammer obliegenden Pflichten, ins-besondere Unterlassung der Meldung [§ 23,Abs. (1)] oder wegen Nichterscheinens trotz Vor-ladung Ordnungsstrafen bis zu 600 Schilling ver-hängen.

(2) Die gleiche Befugnis steht dem Vorsitzendendes Disziplinarrates und des Disziplinarsenates zu.

(3) Vor der Verhängung der Ordnungsstrafeist dem Betroffenen Gelegenheit zu geben, sichmündlich oder schriftlich zu rechtfertigen.

(4) Gegen die Verhängung einer Ordnungs-strafe kann der Betroffene binnen zwei Wochenden Disziplinarsenat anrufen. Die entsprechendeEingabe ist bei der Stelle, die die Ordnungsstrafeverhängt hat, einzubringen und hat aufschiebendeWirkung. Gegen die Entscheidung des Disziplinar-senates ist ein Rechtsmittel unzulässig.

(5) Die Ordnungsstrafen können nach denBestimmungen des Verwaltungsvollstreckungs-gesetzes eingebracht werden.

A m t s ä r z t e .

§ 48. (1) Amtsärzte im Sinne dieses Bundes-gesetzes sind die im Dienste der öffentlichenGesundheitsverwaltung hauptberuflich tätigenÄrzte. Sie unterliegen nicht den Bestimmungendieses Bundesgesetzes, soferne nicht die folgendenVorschriften Anwendung finden. Polizeiärzte,und im Falle der Errichtung des Bundesheeresauch Militärärzte des Dienststandes, sind für dieAnwendung dieses Bundesgesetzes den Amts-ärzten gleichzuhalten.

(2) Amtsärzte können freiwillig jener Ärzte-kammer als außerordentliche Angehörige bei-treten, in deren Kammerbereich ihr ordentlicherWohnsitz gelegen ist.

(3) Übt ein Amtsarzt neben seinem amts-ärztlichen Berufe in der öffentlichen Gesundheits-verwaltung auch den ärztlichen Beruf aus, sounterliegt er hinsichtlich dieser nebenberuflichenärztlichen Tätigkeit, jedoch nur für diese denBestimmungen dieses Bundesgesetzes.

(4) Ist ein Amtsarzt Angehöriger einer Ärzte-kammer, kann er nur insoweit verhalten werden,Anordnungen oder Weisungen der Kammer oderdes Kammervorstandes Folge zu leisten, als dieseAnordnungen oder Weisungen nicht im Wider-spruch mit seinen Pflichten als Amtsarzt und denihm von seiner vorgesetzten Dienstbehördeerteilten Weisungen und Anordnungen stehen.

(5) Die Dienstbehörde ist verpflichtet, -dieNamen sämtlicher in ihrem Bereiche tätigen Amts-ärzte sowie auch jede nicht nur vorübergehendeVeränderung des Dienstortes von Amtsärzten derzuständigen Ärztekammer mitzuteilen.

(6) Der Kammervorstand (Disziplinaranwalt)hat jedoch in allen jenen Fällen, in denen sonstnach diesem Bundesgesetze die Anzeige an denDisziplinarrat zu erstatten ist, die Anzeige untergenauer Darlegung des Sachverhaltes an dieDienstaufsichtsbehörde zu erstatten.

B. Österreichische Ärz tekammer .

W i r k u n g s k r e i s .

§ 49. (1) In den Wirkungskreis der Österreichi-schen Ärztekammer fallen alle die Ärztekammernzweier oder mehrerer Bundesländer berührendenBerufs- und Standesangelegenheiten.

(2) Zu den von der Österreichischen Ärztekam-mer zu behandelnden Angelegenheiten gehöreninsbesondere:

a) Die Vertretung der österreichischen Ärzte-schaft gegenüber ausländischen ärztlichenBerufsorganisationen hinsichtlich der Be-ratung von Berufsfragen;

b) Stellungnahme Und Erstattung von Gut-achten im Sinne der Bestimmungen des§ 22, Abs. (2) und (3);

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408 Stück 18, Nr. 92.

c) den Behörden nach Anhörung der Ärzte-kammern in den Bundesländern Berichte,Gutachten und Vorschläge, betreffend dasGesundheitswesen, die Ausbildung undfachliche Weiterbildung der Ärzte sowiealle sonstigen Angelegenheiten zu erstatten,die die Interessen der österreichischenÄrzteschaft berühren;

d) an den Einrichtungen der medizinischenFakultäten zur Fortbildung der Ärzte mit-zuarbeiten;

e) an der Erstellung amtlicher Gesundheits-statistiken für das gesamte Bundesgebietmitzuwirken;

f) über Aufforderung im Interesse der gesam-ten österreichischen Ärzteschaft Vertreterin andere Körperschaften und Stellen zuentsenden oder für solche Körperschaftenund Stellen Besetzungsvorschläge zu er-statten, soferne dies in besonderen gesetz-lichen Vorschriften vorgesehen ist;

g) alle österreichischen Ärzte und derenHinterbliebene betreffende wirtschaftlicheEinrichtungen, Wohlfahrts- und Unter-stützungseinrichtungen zu errichten, zubetreiben und zu fördern;

h) Verträge zur Regelung der Beziehungen derÄrzte zu den Trägern der Sozialver-sicherung (Verbände) abzuschließen [§ 59,Abs. (3)], soferne hiedurch die Ärztezweier oder mehrerer Ärztekammernberührt werden;

i) Stellung von Anträgen und Anregungen andie Bundesregierung in allen, die gesamteösterreichische Ärzteschaft berührendenFragen;

j) die Behandlung von Angelegenheiten, dieeine Ärztekammer der ÖsterreichischenÄrztekammer zur Entscheidung vorlegt;

k) Erstattung eines Jahresschlußberichtes zuden Jahresberichten der einzelnen Ärzte-kammern an das Bundesministerium fürsoziale Verwaltung.

(3) Die Österreichische Ärztekammer hat einVerzeichnis aller in den Listen der Ärztekammernin den Bundesländern eingetragenen ordentlichenund außerordentlichen Kammerangehörigen zuführen. Es obliegt ihr ferner, auf Grund der vonden Ärztekammern übermittelten beglaubigtenAbschriften über die Vormerkungen jeder inRechtskraft erwachsenen Disziplinarstrafe eineigenes Disziplinarregister zu führen.

M i t g l i e d e r d e r Ö s t e r r e i c h i s c h e nÄ r z t e k a m m e r .

§ 50. Mitglieder der Österreichischen Ärzte-kammer sind die Ärztekammern in den Bundes-ländern.

O r g a n e d e r Ö s t e r r e i c h i s c h e nÄ r z t e k a m m e r .

§ 51. Die Organe der Österreichischen Ärzte-kammer sind:

1. Die Vollversammlung,2. der Vorstand,3. der Präsident.

D i e V o l l v e r s a m m l u n g .

§ 52. (1) Die Vollversammlung besteht aus denPräsidenten und den Vizepräsidenten aller Ärzte-kammern in den Bundesländern.

(2) Die Vollversammlung wird erstmalig überVorschlag der nach den Bestimmungen diesesBundesgesetzes gewählten Präsidenten sämtlicherÄrztekammern vom Bundesministerium fürsoziale Verwaltung, sonst vom Präsidenten derÖsterreichischen Ärztekammer einberufen.

(3) Bei Abstimmungen in der Vollversammlungder Österreichischen Ärztekammer stehen den Ver-tretungen der einzelnen Ärztekammern jedenfallszwei Stimmen zu. Das Stimmgewicht der einzelnenVertretungen erhöht sich unter folgenden Vor-aussetzungen:

auf drei Stimmen bei einer Zahl von Kammer-angehörigen von 600 bis 1099,

auf vier Stimmen bei einer Zahl von Kammer-angehörigen von 1100 bis 1599,

auf fünf Stimmen bei einer Zahl von Kammer-angehörigen von 1600 bis 2099,

auf sechs Stimmen bei einer Zahl von Kammer-angehörigen von 2100 bis 2599 usw.

(4) Für die Abstimmung sind hiebei jene Zahlenvon Kammerangehörigen der einzelnen Ärzte-kammern zugrunde zu legen, die aus den bei derÖsterreichischen Ärztekammer zu führendenÄrztelisten [§ 49, Abs. (3)] am Tage der Beschluß-fassung ersichtlich sind.

(5) Die Vollversammlung ist beschlußfähig,wenn mindestens die Präsidenten und Vizeprä-sidenten von sechs Ärztekammern anwesend sind.

(6) Für die Beschlüsse der Vollversammlung istZweidrittelmehrheit der abgegebenen Stimmenerforderlich.

(7) Die Vollversammlung tritt mindestens ein-mal im Frühjahr und im Herbst eines jedenKalenderjahres am Sitze einer Ärztekammerzusammen. Sie hat vor Beendigung ihrer Tagungjeweils durch Beschluß den Or t ihres nächstenZusammentrittes zu bestimmen.

(8) Den Vorsitz in der Vollversammlung führtder Präsident der Österreichischen Ärztekammer.

(9) Der Vollversammlung obliegen die im § 49,Abs. (1) und (2), angeführten Angelegenheitensowie die Beschlußfassung:

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Stück 18, Nr. 92. 409

a) über die Festsetzung der Satzung, einerGeschäftsordnung, einer Dienstordnung undeiner Umlagenordnung sowie deren Abän-derungen;

b) über Anträge auf Änderung der das Wahl-verfahren für die Ärztekammern regeln-den Durchführungsverordnung;

c) über die Genehmigung des Jahresvor-anschlages und des Rechnungsabschlusses derÖsterreichischen Ärztekammer.

(10) Eine außerordentliche Tagung der Voll-versammlung ist einzuberufen, wenn diese vonwenigstens zwei Ärztekammern unter Bekannt-gabe der Beratungsgegenstände und des Zeit-punktes der Tagung verlangt wird. Ein der-artiges Verlangen ist von den Präsidenten derantragstellenden Ärztekammern unter Gegen-zeichnung der Vizepräsidenten schriftlich beimPräsidenten der Österreichischen Ärztekammer zustellen.

(11) Die Österreichische Ärztekammer kann zurLeitung ihrer Bürogeschäfte einen eigenen Sekretärbestellen. Die Kosten, die aus der Geschäftsfüh-rung der Österreichischen Ärztekammer erwachsen,sind von allen Ärztekammern im Verhältnis derAnzahl der bei ihnen gemeldeten Kammer-angehörigen zu tragen.

D e r V o r s t a n d .

§ 53. (1) Der Vorstand besteht aus dem Präsi-denten und sechs weiteren Mitgliedern. Diesewerden von der Vollversammlung aus ihrer Mittenach den Grundsätzen des Verhältniswahlrechtesauf die Dauer von vier Jahren gewählt. DemVorstand müssen Vertreter von mindestens vierÄrztekammern angehören.

(2) In den Wirkungskreis des Vorstandes fallenalle Angelegenheiten, die durch dieses Bundes-gesetz oder durch die Satzung keinem anderenOrgan ausdrücklich zugewiesen sind, ferner dieErstattung von Vorschlägen an das Bundes-ministerium für soziale Verwaltung zur Bestel-lung des Vorsitzenden des Disziplinarsenates undzweier Beamter des Bundesministeriums fürsoziale Verwaltung als Beisitzer des Diziplinar-senates sowie Bestellung zweier weiterer Bei-sitzer aus dem Kreise der Kammermitglieder derÄrztekammern [§ 43, Abs. (3)] .

(3) Die Besorgung der laufenden Geschäfte derÖsterreichischen Ärztekammer kann einer amSitze der Bundesregierung befindlichen Ärzte-kammer übertragen werden.

(4) Wird von einer solchen ÜbertragungAbstand genommen, so sind die Geschäfte voneinem Mitglied des Vorstandes zu führen, das inWien wohnhaft ist. Dieses Mitglied gilt alsZustellungsbevollmächtigter im Sinne der Be-stimmungen des Allgemeinen Verwaltungsver-fahrensgesetzes.

(5) Der Präsident hat Namen und Anschrift derMitglieder des Vorstandes binnen acht Tagennach erfolgter Wahl dem Bundesministerium fürsoziale Verwaltung bekanntzugeben.

D e r P r ä s i d e n t .

§ 54. (1) Der Präsident vertritt die Öster-reichische Ärztekammer nach außen. Ihm obliegtdie Durchführung der Beschlüsse der Vollver-sammlung und des Vorstandes.

(2) Der Präsident wird von der Vollver-sammlung für die Dauer eines Jahres mit ein-facher Mehrheit der abgegebenen Stimmengewählt.

(3) Der Präsident der Österreichischen Ärzte-kammer hat vor seinem Amtsantritt in die Handdes Bundesministers für soziale Verwaltung einGelöbnis auf die Einhaltung der Geschäfte unddie getreue Erfüllung seiner Obliegenheiten ab-zulegen.

§ 55. Bei der Österreichischen Ärztekammerkönnen Bundesfachgruppen für die einzelnenFachgruppen — Fachärzte, praktische Ärzte unddie in Ausbildung stehenden Arzte [§ 2, Abs. (2)]— errichtet werden.

A u f s i c h t .§ 56. (1) Die Ärztekammern unterstehen der

Aufsicht der Landesregierungen, die Öster-reichische Ärztekammer untersteht der Aufsichtdes Bundesministeriums für soziale Verwaltung.

(2) Die Geschäftsordnung [§ 32, Abs. (1), lit. f ] ,die Dienstordnung [§ 35, Abs. (2)] , der Jahres-voranschlag, der Rechnungsabschluß, die Umlagen-und die Beitragsordnung (§ 38), die Bestellungder weiteren Mitglieder des Disziplinarrates[§ 41, Abs. (2)] und des Disziplinaranwaltes (§ 42)unterliegen der Genehmigung der Landesregie-rung.

(3) Die Satzung, die Geschäftsordnung, dieDienstordnung und die Umlagenordnung derÖsterreichischen Ärztekammer [§ 52, Abs. (9),lit. a] und die Bestellung der weiteren Beisitzerdes Disziplinarsenates [§ 43, Abs. (3)] bedürfender Genehmigung des Bundesministeriums fürsoziale Verwaltung.

(4) Die Landesregierungen können Beschlüsseder Organe der Ärztekammern, die gegenbestehende Vorschriften verstoßen, aufheben.Dasselbe gilt für das Bundesministerium fürsoziale Verwaltung hinsichtlich der von derÖsterreichischen Ärztekammer gefaßten Be-schlüsse.

(5) Die Organe der Ärztekammer können durchVerfügung der Landesregierung abberufenwerden, wenn sie ihre Befugnisse überschreiten,ihre Aufgaben vernachlässigen oder wenn siebeschlußunfähig werden. In diesem Falle hat dieLandesregierung einen Regierungskommissär zu

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410 Stück 18, Nr. 92.

ernennen, dem ein zweigliedriger Beirat aus demKreise der Kammerangehörigen zur Seite zustellen ist. Dieser hat umgehend Neuwahlendurchzuführen.

III. HAUPTSTÜCK.

Sozialrechtliche Bestimmungen.

§ 57. (1) Den in Berufsausbildung stehendenÄrzten [ § 2, Abs. (2)] ist für ihre Tätigkeit einangemessenes Entgelt zu reichen. Die von derausbildenden Anstalt gewährte freie oder teilfreieStation kann auf das Entgelt angerechnet werden.

(2) In Heil- und Pflegeanstalten sind so vieleÄrzte zu beschäftigen, daß höchstens auf je30 Spitalsbetten ein in Ausbildung stehender Arzt[§ 2, Abs. (2)] entfällt.

(3) Die in Ausbildung stehenden Ärzte unter-liegen der gesetzlichen Kranken-, Unfall-, Arbeits-losen- und Angestelltenversicherung. In bestehen-den Rechtsvorschriften enthaltene Bestimmungen,wonach Personen von der gesetzlichen Versiche-rung befreit sind, die zu ihrer wissenschaftlichenAusbildung für den künftigen Beruf gegen Entgelttätig sind, finden auf die in Ausbildung stehendenÄrzte keine Anwendung.

§ 58 . (1) Die Bestimmungen des § 57, Abs. (1)und (2), gelten als Grundsatzbestimmungen imSinne des Artikels 12, Abs. (1), Z. 2, des Bundes-Verfassungsgesetzes. Sie treten in jedem Bundes-lande gleichzeitig mit den in dem betreffendenBundeslande erlassenen Ausführungsgesetzen inKraft.

(2) Die Ausführungsgesetze der Bundesländersind binnen sechs Monaten zu erlassen [Artikel 15,Abs. (6), des Bundes-Verfassungsgesetzes].

IV. HAUPTSTÜCK.

Schluß- und Übergangsbestimmungen.

§ 59. (1) Die bei Geltungsbeginn dieses Bundes-gesetzes zur Ausübung des ärztlichen Berufes be-rechtigten Ärzte haben sich binnen zwölf Wochennach Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes bei dernach ihrem Berufssitz zuständigen Ärztekammerbehufs Eintragung in die Ärzteliste persönlichoder schriftlich zu melden; kommen sie dieserVerpflichtung nicht nach, so gilt ihre Berechtigungmit dem Ablauf der bezeichneten Frist als er-loschen. Die vom Bundesministerium für sozialeVerwaltung bisher gemäß § 11 der Reichsärzte-ordnung erteilten Ausnahmegenehmigungen be-rechtigen unter der Voraussetzung zur weiterenAusübung des Arztberufes, daß die in Betrachtkommenden Personen bis 1. Juli 1951 die Nostri-fizierung ihres ausländischen Doktordiploms nach-weisen. Der Landeshauptmann (Bürgermeister derStadt Wien) hat das Erlöschen der Berechtigungmittels Bescheid festzustellen.

(2) Die nach älteren Vorschriften erworbeneBerechtigung der Doktoren der Medizin, derMagister oder Patrone der Chirurgie, der Wund-oder Geburtsärzte zur Ausübung des ärztlichenBerufes nach Maßgabe des Ausmaßes dieserBerechtigung, ferner die dieser Berechtigung ent-sprechende Titelführung wird durch diesesBundesgesetz nicht berührt. Die Vorschriften desAbs. (1) finden jedoch Anwendung.

(3) Durch die Bestimmungen dieses Bundes-gesetzes werden gesetzliche Sonderregelungen, ins-besondere für den Bereich der Sozialversicherungnicht berührt. Dies gilt auch für die im Rahmensolcher sonderrechtlichen Vorschriften abge-schlossenen Verträge.

§ 60. (1) Mit Geltungsbeginn dieses Bundes-gesetzes treten außer Kraft:

a) Die Verordnung zur Einführung der Reichs-ärzteordnung in der Ostmark vom24. Juni 1939, Deutsches R. G. Bl. IS. 1048 (G. Bl. f. d. L. Ö. N r . 849/1939);

b) die Reichsärzteordnung vom 13. Dezember1935, Deutsches R . G . B l . I S. 1433, in derFassung des Gesetzes zur Änderung derReichsärzteordnung vom 30. Mai 1940,Deutsches R. G. Bl. I S. 827;

c) die Erste Verordnung zur Durchführungund Ergänzung der Reichsärzteordnungvom 31 . März 1936, Deutsches R. G. Bl. IS. 338;

d) die Zweite Verordnung zur Durchführungund Ergänzung der Reichsärzteordnungvom 8. Mai 1937, Deutsches R. G. Bl. IS. 585;

e) die Dritte Verordnung zur Durchführungund Ergänzung der Reichsärzteordnungvom 17. Jänner 1938, Deutsches R. G. Bl. IS. 36;

f) die Vierte Verordnung zur Durchführungund Ergänzung der Reichsärzteordnungvom 31. Mai 1939, Deutsches R.G.Bl. IS. 978;

g) sämtliche zur Reichsärzteordnung und zuden darauf gegründeten Verordnungenerlassene, sie abändernde oder ergänzendeErlässe des Reichsministers des Innern;

h) die Verordnung über die Ausdehnung derkassenärztlichen Vereinigung Deutschlandsund der kassenzahnärztlichen VereinigungDeutschlands auf das Land Österreich vom8. September 1938, Deutsches R.G.Bl. IS. 1165 (G. Bl. f. d. L. Ö. Nr. 415/1938);

i) die Verordnung über die kassenärztlicheVereinigung Deutschlands vom 2. August1933, Deutsches R.G.Bl. I S. 567;

j) die Verordnung über die kassenzahnärzt-liche Vereinigung Deutschlands vom27. Juli 1933, Deutsches R.G.Bl.I S. 540;

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Stück 18, N r . 93. 411

k) die Verordnung zur Sicherstellung der ärzt -lichen Versorgung der Zivilbevölkerungvom 27. Mai 1942, Deutsches R . G . B l . IS. 358;

l) die Durchführungsverordnung zur Verord-nung über die Sicherstellung der ärztlichenVersorgung der Zivilbevölkerung vom22. Juni 1942, Deutsches R. G. Bl. I S. 406;

m) die Verordnung zur Sicherstellung der zahn-heilkundlichen Versorgung der Bevölkerungvom 5. September 1942, DeutschesR. G. Bl. I S. 547.

(2) Bis zur Erlassung der in den §§ 2, Abs. (6),32, Abs. (3), lit. f, g und h, 35, Abs. (2), 38,Abs. (3), vorgesehenen Regelungen sind die aufGrund der Bestimmungen der Reichsärzteordnungvom 13. Dezember 1935, Deutsches R. G. Bl. IS. 1433, erlassenen Satzungen, Geschäfts-, Berufs-und Beitragsordnungen sinngemäß anzuwenden.

(3) Bis zur Konstituierung der Ärztekammernund der Österreichischen Ärztekammer bleibendie bei Geltungsbeginn dieses Bundesgesetzes be-stehenden vorläufigen Standesvertretungen derÄrzte in den Bundesländern als vorläufigeKammervorstände und der österreichische Ärzte-kammertag als Österreichische Ärztekammer mitder Vertretung der Ärzte betraut . Diese Ermäch-tigung erlischt mit 30. Juni 1950.

(4) Hinsichtlich der nach §§ 69 ff. des Sozial-versicherungs-Überleitungsgesetzes, B. G. Bl.Nr . 142/1947, abgeschlossenen und noch abzu-schließenden Verträge gelten die bisher im Be-reiche der Bundesländer bestehenden vorläufigenStandesvertretungen der Ärzte als öffentlich-rechtliche Interessenvertretungen im Sinne der§§ 70 und 75 des Sozialversicherungs-Über-leitungsgesetzes bis zum Amtsantri t t der Organeder österreichischen Ärztekammern. Mit diesemZeitpunkt treten die österreichischen Ärztekam-mern in die Rechte und Pflichten aus diesen Ver-trägen entsprechend ihrem örtlichen Wirkungskreisein.

§ 6 1 . (1) Die seit dem 27. April 1945 denStandesvertretungen der Ärzte in Österreich unddem österreichischen Ärztekammertag erwachsenenRechte und Verbindlichkeiten gehen mit der Kon-stituierung der ihnen entsprechenden Ärztekam-mern und der Österreichischen Ärztekammer aufdiese über.

(2) Die neuerrichteten Ärztekammern sind be-rechtigt, Ansprüche im Sinne der Rückstellungs-gesetze auf Vermögen geltend zu machen, das denam 13. März 1938 in Österreich bestandenenÄrztekammern entzogen worden ist; bis zur Kon-stituierung der Ärztekammern sind die vorläufigenStandesvertretungen berechtigt, derartige Rück-stellungsansprüche im Namen der Ärztekammerngeltend zu machen.

(3) Der Schriftwechsel der Ärztekammern undder Österreichischen Ärztekammer mit den öffent-lichen Behörden u n d Ämtern ist von den Stempel-und Rechtsgebühren befreit.

A l l g e m e i n e S t r a f b e s t i m m u n g e n .

§ 62. Übertretungen der Vorschriften desI. Hauptstückes dieses Bundesgesetzes oder derauf Grund derselben erlassenen Verordnungenwerden, wenn die Handlung nicht gerichtlichstrafbar ist, von der Bezirksverwaltungsbehördeals Verwaltungsübertretung mit Geld bis zu6000 Schilling bestraft.

§ 63. (1) Mit der Vollziehung dieses Bundes-gesetzes ist das Bundesministerium für sozialeVerwaltung betraut.

(2) Mit der Vollziehung aller Angelegenheiten,die gemäß Artikel 12, Abs. (1), Z. 2, des Bundes-Verfassungsgesetzes in die Kompetenz der Länderfallen, ist die zuständige Landesregierung betraut.

(3) Hinsichtlich der §§ 57, Abs. (1) und (2),und 58 ist das Bundesministerium für soziale Ver-waltung mit der Wahrnehmung der Rechte desBundes gemäß Artikel 15, Abs. (6), des Bundes-Verfassungsgesetzes betraut.

RennerFigl Maisel

9 3 . Bundesgesetz vom 30. März 1949,betreffend die Regelung des Krankenpflege-

wesens (Krankenpflegegesetz).

Der Nationalrat hat beschlossen:

Allgemeine Bestimmungen.§ 1. (1) Die berufsmäßige Ausübung1. der Krankenpflege,2. der Säuglings- und Kinderpflege,3. der gymnastisch-physikalischen Heilpflege,4. der Heildiätpflege,5. des medizinisch-technischen Hilfsdienstes

ist — abgesehen von den in den Übergangs-bestimmungen (S 17) zugelassenen Ausnahmen —nur solchen Personen gestattet, die die Berechti-gung hiezu nach diesem Bundesgesetze erworbenhaben.

(2) Die Berechtigung zur Ausübung der imAbs. (1) bezeichneten Berufe setzt die erfolg-reiche Ausbildung in einer staatlich anerkanntenKrankenpflegeschule voraus.

§ 2. (1) Die Krankenpflege umfaßt die Pflegebei Krankheiten aller Art einschließlich derWochenpflege, der Pflege geistiger und seelischerKrankheiten sowie der Hilfeleistung bei ärztlichenVerrichtungen und der Ausführung ärztlicher An-ordnungen bei der Heilbehandlung.

(2) Die Säuglings- und Kinderpflege umfaßt diePflege von Frühgeborenen oder kranken Neu-geborenen, Säuglingen und Kindern.

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412 Stück 18, Nr . 93.

(S) Die Pflege bei der gymnastisch-physikalischenHeilbehandlung umfaßt alle Arten der Hei l -gymnastik und die mechanische Beeinflussung deskranken Körpers oder Körperteiles mit denHänden oder mit mechanisch oder physikalischwirksamen Hilfsmitteln mit oder ohne Zuhilfe-nahme von arzneilichen oder arzneiartig wirken-den Stoffen behufs Behebung oder Verhütung vonFunktionsstörungen im menschlichen Organismusoder seiner Gliedmaßen.

(4) Die Heildiätpflege umfaßt die Zubereitungbesonderer Kost zur Ernährung kranker oderkrankheitsgefährdeter Personen (Diätkost) nachärztlicher Anleitung oder nach allgemeinen medi-zinischen Richtlinien.

(5) Der medizinisch-technische Hilfsdienst um-faßt die Hilfeleistung bei der Anwendung vonRöntgenstrahlen und von radioaktiven Stoffenzur Untersuchung und Behandlung von Menschen,bei der Zubereitung radioaktiver Stoffe und beiähnlichen ärztlichen Verrichtungen, ferner dieUntersuchung menschlicher Körperflüssigkeitenund Ausscheidungen sowie menschlicher Körper-gewebe und Arbeiten mit Kulturen lebenderKrankheitserreger.

§ 3 . (1) Die berufsmäßige Ausübung anderer alsder durch besondere Vorschriften geregelten Tät ig-keiten auf dem Gebiete des Gesundheitswesensin Form freier Berufe, die Führung anderer alsder gesetzlich zugelassenen Berufsbezeichnungen,die Führung der gesetzlichen Berufsbezeichnungenoder verwechslungsfähiger anderer Berufsbezeich-nungen durch hiezu nicht berechtigte Personen istverboten.

(2) Hilfeleistungen in der sogenannten Nachbar-oder Haushaltshilfe werden durch die Vorschriftendes Abs. (1) nicht berührt.

§ 4. Auf die in den §§ 1 und 2 angeführtenBerufe findet die Gewerbeordnung keine An-wendung. Die Vorschriften der Gewerbeordnunghinsichtlich der Hand- , Fuß- und Schönheitspflegesowie der Massage, soweit sie nicht alsgymnastisch-physikalische Heilpflege [§ 2, Abs.(3)] betrieben wird, werden durch dieses Bundes-gesetz nicht berührt.

Krankenpflegeschulen.§ 5. (1) Eine Krankenpflegeschule muß an eine

mit allen für die Erreichung des Ausbildungs-zweckes erforderlichen Lehr- und Hilfskräftensowie Lehrmitteln und mit den etwa erforder-lichen Unterbringungsmöglichkeiten für die aus-zubildenden Personen ausgestattete öffentlicheoder mit Öffentlichkeitsrecht ausgestattete Hei l -und Pflegeanstalt angeschlossen sein. Hiezu sindtunlichst die zugleich dem Unterricht an einermedizinischen Fakultät dienenden Heil- undPflegeanstalten heranzuziehen.

(2) Die staatliche Anerkennung einer Kranken-pflegeschule wird über Antrag des Landeshaupt-

mannes (Bürgermeister der Stadt Wien) durchdas Bundesministerium für soziale Verwaltungerteilt; sie kann zurückgenommen werden, wennder vorgeschriebene Ausbildungserfolg nicht mehrgewährleistet ist.

§ 6. (1) Die Aufnahme in eine Krankenpflege-schule erfolgt durch eine Kommission, bestehendaus dem Landessanitätsreferenten oder seinemStellvertreter als Vorsitzenden sowie dem ärzt-lichen Leiter und der Schuloberin der öffentlichenoder mit Öffentlichkeitsrecht ausgestatteten Hei l -und Pflegeanstalt, an die die Krankenpflegeschuleangeschlossen ist. Der Kommission ist ein Ver-treter der gesetzlichen Interessenvertretung derDienstnehmer aus dem Kreise der Krankenpflege-personen beizuziehen.

/2) Personen, die sich um die Aufnahme be-werben, haben die österreichische Staatsbürger-schaft, ein Lebensalter nicht unter 18 und nichtüber 30 Jahren, die abgeschlossene Hauptschul-bildung, ihre gesundheitliche Eignung und ihrenguten Leumund nachzuweisen. Der Mangel derabgeschlossenen Hauptschulbildung kann in be-gründeten Ausnahmefällen durch eine Aufnahms-prüfung vor der in Abs. (1) genannten Kommis-sion ersetzt werden. Bei der Aufnahmsprüfungist die geistige Befähigung zur Aneignung desLehrstoffes nachzuweisen. Bei geringer Über-schreitung des Lebensalters entscheidet die imAbs. (1) genannte Kommission.

(3) Die Kommission hat die Frist zur Ein-bringung der Aufnahmegesuche, die Zulassungs-erfordernisse, die Höchstzahl der aufzunehmendenPersonen und den Schulbeginn in den amtlichenVerkündungsblättern zu verlautbaren.

§ 7. (1) Der Lehrplan erstreckt sich insbesondereauf nachstehende Unterrichtsgegenstände:

1. Lehre vom Bau des menschlichen Körpers,2. Lehre von der Tätigkeit der Organe mit be-

sonderer Berücksichtigung der Ernährungslehre,3. Grundzüge der allgemeinen Lehre von den

Krankheiten sowie der Psychologie,4. allgemeine Hygiene, Spitalshygiene und

Bekämpfung der Infektionskrankheiten,5. die wichtigsten Sanitätsvorschriften in ihren

Grundzügen,6. praktische Unterweisung im Haushalts- und

Küchenbetrieb und in der Zubereitung vonKranken-, Diät- und Säuglingskost,

7. allgemeine Krankenpflegetechnik und Medi-kamentenlehre,

8. praktische Unterweisung bei der besonderenPflege der einzelnen Krankheiten und im Ambu-latoriumsdienst,

9. Grundzüge des Spitalsverwaltungsdienstes,10. Grundzüge der sozialen Fürsorge.(2) Die Ausbildung für die Krankenpflege

dauert drei Jahre.

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Stück 18, Nr. 93. 413

(3) Für Personen, die sich einem im § 1,Abs. (1), Z . 2—5, angeführten Berufszweige zu-wenden wollen, beträgt die Grundausbildungzwei Jahre . Bei der Gestaltung des Lehrplanesist auf diese Grundausbildung Rücksicht zunehmen, doch hat während dieser Zeit eine mög-lichst vollständige theoretische und praktischeAusbildung in der Krankenpflege zu erfolgen.

(4) Die weitere Ausbildung für die im Abs. (3)angeführten Personen hat anschließend an dieGrundausbildung nach einer vor der Prüfungs-kommission [§ 6, Abs. (1)] abzulegendenEignungsprüfung in einer der hiefür bestehendenAusbildungsanstalten zu erfolgen. Diese Aus-bildung hat die notwendige theoretische undpraktische Unterweisung für den einschlägigen

Berufszweig zu umfassen und dauert mindestensein Jahr.

(5) Personen, die in der Krankenpflege [§ 1,Abs. (1), Z. 1] bereits ausgebildet sind undmindestens drei Jahre in der Spitalskrankenpflegetätig waren, können sich einem der im § 1,Abs. (1), Z. 2—5, angeführten Berufszweigeunter der Voraussetzung zuwenden, daß sie vonder im § 6, Abs. (1), genannten Prüfungskom-mission zur Ablegung eigener, für solche Fällevorzusehender Sonderlehrgänge zugelassen wer-den. Die Dauer solcher Sonderlehrgänge darfein Jahr nicht überschreiten. Die Ausbildung insolchen Sonderlehrgängen hat nach Tunlichkeitneben dem Dienst in einschlägigen Spezialabtei-lungen öffentlicher oder mit Öffentlichkeitsrechtausgestatteter Heil- und Pflegeanstalten zu er-folgen.

(6) Für medizinisch-technische Assistentinnenim Dienst bei Zentrallaboratorien, wissenschaft-lichen Instituten (chemischen, bakteriologischen,histologischen Abteilungen usw.}, die mit Pat i -enten keinen unmittelbaren Kontakt haben, istdie Grundausbildung nicht erforderlich.

§ 8. Das Bundesministerium für soziale Ver-waltung wird ermächtigt, im Einvernehmen mitdem Bundesministerium für Unterricht nähere Be-stimmungen über den Lehrplan und den Betriebder Krankenpflegeschulen und der Spezial-ausbildungsanstalten mit Verordnung zu erlassen.

§ 9. (1) Den in internatsmäßiger Ausbildungstehenden Personen gebührt freie Unterbringung,Verpflegung und Dienstkleidung. Sie haben An-spruch auf eine monatliche Entschädigung, derenHöhe im Einvernehmen mit der gesetzlichen Ver-tretung der Dienstnehmer festzusetzen ist.

(2) Die Bestimmungen über die Krankenversiche-rung der Lernschwestern (Krankenpflegeschüle-rinnen) sind auf die im Abs. (1) angeführten Per-sonen weiterhin mit der Maßgabe anzuwenden,daß die Beiträge nach einem Grundlohn von390 S monatlich (13 S täglich) berechnet werden.

(3) Soweit diese Personen nicht mehr aus dergesetzlichen Sozialversicherung Anspruch auf

Krankenpflege haben, ist ihnen unentgeltlicheHeilfürsorge bei Unfällen und beruflichen E r -krankungen bis zu sechs Monaten, bei Infek-tionskrankheiten jedoch während der ganzenDauer der Erkrankung in der allgemeinen Ge-bührenklasse der Anstalt zu gewähren, an diedie Krankenpflegeschule angeschlossen ist.

Schlußprüfungen.§ 10. Die Ausbildung zu den in den §§ 1 und

2 genannten Berufen wird durch eine Schluß-prüfung über den Lehrstoff (§ 7) vor der Prü-fungskommission der Krankenpflegeschule abge-schlossen. Die Prüfungskommission besteht ausden im § 6, Abs. (1), genannten Personen undweiteren vom Bundesministerium für sozialeVerwaltung über Vorschlag des Landeshaupt-mannes (Bürgermeister der Stadt Wien) bestelltenMitgliedern. Nähere Bestimmungen über dieDurchführung der Prüfung, die Zusammensetzungder Kommission, die Abstimmung, die Wertungdes Prüfungsergebnisses und über die Voraus-setzungen, unter denen eine Prüfung wiederholtwerden kann, werden durch das Bundesmini-sterium für soziale Verwaltung im Verordnungs-wege erlassen.

Berechtigung zur Berufsausübung.§ 11 . (1) Personen, die die Schlußprüfung mit

Erfolg abgelegt haben, erhalten von der Prüfungs-kommission ein Diplom. Im Diplom ist der Beruf,für den es gilt [§ 1, Abs. (1), Ziffer 1 bis 5]und die der berechtigten Person zukommendeBerufsbezeichnung anzuführen.

(2) Das Diplom berechtigt zur Ausübung desdarin bezeichneten Berufes im Dienste einerHeil- und Pflegeanstalt, eines sonstigen, unterärztlicher Leitung stehenden, der Krankenpflegedienenden Institutes oder Betriebes sowie imDienste einer juristischen Person, zu derensatzungsmäßigen oder durch ihre Zweckbestimmungbedingten Pflichtaufgaben die Tätigkeit auf demGebiete der Krankenpflege gehört, sowie imDienste solcher von diesen juristischen Personenbetriebenen Einrichtungen. Personen, die dasDiplom erlangt haben, sind zur Führung derBerufsbezeichnung mit einem auf das Diplom hin-weisenden Zusatz sowie zum Tragen allfälligerfür sie vorgesehener Berufstrachten und Berufs-abzeichen berechtigt.

(3) In anderen als den im Abs. (2) genanntenFällen ist der Antritt einer beruflichen Tätigkeitbinnen einer Woche bei der zuständigen Bezirks-verwaltungsbehörde (Gesundheitsamt) anzuzeigen.Die Bezirksverwaltungsbehörde stellt über dieBerechtigung zur Berufsausübung einen mit Licht-bild versehenen Ausweis aus.

Verbot eigenmächtiger Heilbehandlung.§ 12. Die im § 1 genannten Personen haben

in Ausübung ihres Berufes die Anordnungen des

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414 Stück 18, Nr. 93.

verantwortlichen Arztes genau einzuhalten. Jedeeigenmächtige Heilbehandlung, insbesondere dieVornahme von Eingriffen aller Art ist ihnenverboten.

Krankenpflegeordnungen.§ 13. Die Leitungen der im § 11, Abs. (2),

bezeichneten Anstalten, Institute, Betriebe undEinrichtungen können für den Dienst der im § 1,Abs. (1), bezeichneten Personen nähere Vorschrif-ten in Krankenpflegeordnungen erlassen. DasBundesministerium für soziale Verwaltung wirdermächtigt, mit Verordnung Richtlinien für dieKrankenpflegeordnungen zu erlassen.

Strafbestimmungen.§ 14. (1) Wer ein fremdes Geheimnis, das ihm

bei berufsmäßiger Ausübung einer der im § 1erwähnten Tätigkeiten anvertraut oder sonst zu-gänglich geworden ist, unbefugt offenbart, wirdvom Gericht wegen Übertretung mit Geldstrafebis zu 5000 S oder mit Arrest bis zu sechsMonaten bestraft.

(2) Der Ausübung eines Berufes der im Abs. (1)bezeichneten Art steht die Teilnahme an der be-rufsmäßigen Tätigkeit zur Vorbereitung für einensolchen Beruf gleich.

§ 15. Zuwiderhandlungen gegen dieses Bundes-gesetz oder die hiezu erlassenen Verordnungenwerden, sofern nicht ein gerichtlich zu ahndenderTatbestand vorliegt, von der örtlich zuständigenBezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsüber-tretung mit Geld bis zu 2000 S, im Uneinbring-lichkeitsfalle mit Arrest bis zu drei Monatenbestraft. In besonders schweren Fällen könnenbeide Strafen nebeneinander verhängt werden.

Schluß- und Übergangsbestimmungen.§ 16. Mit Geltungsbeginn dieses Gesetzes treten

außer Kraft:

1. Die Verordnung über die Einführung desGesetzes zur Ordnung der Krankenpflege imLande Österreich vom 2. Dezember 1938, DeutschesR.G.Bl. I S. 1708 (G. Bl. f. d. L. Ö. Nr. 687/1938);

2. das Gesetz zur Ordnung der Krankenpflegevom 28. September 1938, Deutsches R.G.Bl. IS. 1309;

3. die Erste Verordnung über die berufsmäßigeAusübung der Krankenpflege und die Errichtungvon Krankenpflegeschulen (Krankenpflegeord-nung, KrPflV.) vom 28. September 1938, Deut-sches R.G.Bl. I S. 1310, in der Fassung derÄnderungsverordnungen vom 15. September 1939,Deutsches R. G. Bl. I S. 1823, und vom 8. Dezem-ber 1942, Deutsches R.G.Bl. I S. 678;

4. die Zweite Verordnung über die berufs-mäßige Ausübung der Krankenpflege und dieErrichtung von Krankenpflegeschulen (Ausfüh-

rungsverordnung) vom 28. September 1938,Deutsches R. G. Bl. I S. 1314;

5. die Dritte Verordnung über die berufsmäßigeAusübung der Krankenpflege und die Errichtungvon Krankenpflegeschulen (Ergänzungsverord-nung) vom 28. September 1938, DeutschesR. G. Bl. I S. 1320;

6. die Verordnung zur Änderung der Erstenund Zweiten Verordnung über die berufsmäßigeAusübung der Krankenpflege und die Errichtungvon Krankenpflegeschulen vom 15. September1939, Deutsches R.G.Bl. I S. 1823 (G.Bl.f.d.L. Ö. Nr. 1289/1939);

7. die Erste Verordnung über die berufsmäßigeAusübung der Säuglings- und Kinderpflege unddie Errichtung von Säuglings- und Kinderpflege-schulen (Säuglings- und Kinderpflegeverordnung,SuKPflV.) vom 15. November 1939, DeutschesR. G. Bl. I S. 2239, in der Fassung der Ab-änderungsverordnungen vom 19. Juni 1940,Deutsches R.G.Bl. I S. 941, und vom 23. No-vember 1942, Deutsches R.G.Bl. I S. 661;

8. die Zweite Verordnung über die berufs-mäßige Ausübung der Säuglings- und Kinder-pflege und die Errichtung von Säuglings- undKinderpflegeschulen (Säuglings- und Kinderpflege-Ausführungsverordnung, SuKPflAV.) vom 15. No-vember 1939, Deutsches R.G.Bl. I S. 2244,in der Fassung der Verordnung vom 23. Novem-ber 1942, Deutsches R.G.Bl. I S. 661;

9. die Erste Verordnung über die Berufstätig-keit und die Ausbildung medizinisch-technischerGehilfinnen und medizinisch-technischer Assisten-tinnen (Erste MGAV.) vom 17. Februar 1940,Deutsches R.G.Bl. I S. 371;

10. die Zweite Verordnung über die Berufs-tätigkeit und die Ausbildung medizinisch-tech-nischer Gehilfinnen und medizinisch-technischer.Assistentinnen (Zweite MGAV.) vom 17. Februar1940, Deutsches R. G. Bl. I S. 378;

11. die Verordnung über Wochenpflegerinnen(WochPflVO.) vom 7. Februar 1943, DeutschesR. G. Bl. I S. 87;

12. die Verordnung des Reichsstatthalters inWien vom 6. Juli 1944, Verordnungs- und Amts-blatt für den Reichsgau Wien Nr. 66, Jahr-gang 1944, über die Ausbildung, staatliche Prü-fung und Berufsausbildung der. Heilmasseure undmedizinischen Bademeister (Heilmasseurverord-nung);

13. die Anordnung des Reichsstatthalters inWien vom 6. Juli 1944, Verordnungs. und Amts-blatt für den Reichsgau Wien Nr. 67, Jahr-gang 1944, zur Ausführung der Verordnungüber die Ausbildung, staatliche Prüfung und Be-rufsausübung der Heilmasseure und medizinischenBademeister (Heilmasseurverordnung).

§ 17. (1) Österreichische Staatsbürger, die imZeitpunkte des Wirksamkeitsbeginnes dieses

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Stück 18, Nr. 94. 415

Bundesgesetzes einen der im § 1, Abs. (1), ange-führten Berufe ausüben, sind hiezu auch weiter-hin berechtigt.

(2) Österreichische Staatsbürger, die nach dem28. April 1945 in der Krankenpflege tätig waren,jedoch bei Inkrafttreten dieses Bundesgesetzeseinen der im § 1, Abs. (1), angeführten Berufevorübergehend nicht ausüben konnten, sind zurAusübung dieses Berufes unter der Voraussetzungauch weiterhin berechtigt, daß der Eintritt indie Berufstätigkeit vor dem 30. Juni 1950 erfolgt.

(3) Das Bundesministerium für soziale Ver-waltung kann, falls ein Mangel an vorschrifts-mäßig ausgebildeten Personen besteht, nach An-hörung der gesetzlichen Interessenvertretung derDienstnehmer vom Erfordernis der österreichischenStaatsbürgerschaft in berücksichtigungswürdigenFällen Nachsicht erteilen und bestimmen, inwie-fern eine im Ausland abgelegte Fachprüfung denvorgeschriebenen Prüfungen gleichzuachten ist.

(4) Personen, die ihre Ausbildung für einen derim § 1 genannten Berufe nach den bisherigenVorschriften begonnen haben und sich bereits imzweiten Jahrgange ihrer Ausbildung befinden,erwerben die Berechtigung zur Ausübung diesesBerufes (§ 11), wenn sie sie nach den bishergeltenden Vorschriften erfolgreich beendigen.

(5) Für die im Abs. (1) und (2) genanntenPersonen können zur Nachholung der theo-retischen Kenntnisse Ergänzungslehrgänge mitabschließender Prüfung abgehalten werden. Dienäheren Vorschriften sind durch Verordnung zuerlassen.

§ 18. Mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzesist das Bundesministerium für soziale Verwaltungbetraut.

RennerFigl Maisel

9 4 . Bundesgesetz vom 30. März 1949,betreffend die Abfertigung von Bundes-beamten, die ohne Ruhegenuß aus dem

Dienststand ausscheiden.

Der Nationalrat hat beschlossen:

Anwendungsbereich.

§ 1. Dieses Bundesgesetz findet auf die Bundes-beamten mit Ausnahme der nichtständigen Hoch-schulassistenten im Sinne des Hochschulassistenten-gesetzes 1948, B. G. Bl. Nr. 32/1949, Anwendung.

A b s c h n i t t I:

Gemeinsame Bestimmungen.

§ 2. (1) Die Bundesbeamten, die ohne Ruhe-genuß aus dem Dienststand ausscheiden, erhalteneine Abfertigung.

(2) Eine Abfertigung gebührt nicht,a) wenn das Dienstverhältnis des Bundes-

beamten während der Probezeit gelöst wird;b) wenn der Bundesbeamte freiwillig aus dem

Dienstverhältnis austritt, sofern nicht dieBestimmungen des Abschnittes III An-wendung finden;

c) wenn der Bundesbeamte durch ein Diszi-plinarerkenntnis entlassen wird;

d) wenn der Bundesbeamte kraft Gesetzes ausdem Dienstverhältnis ausscheidet.

A b s c h n i t t II:

Ausmaß der Abfertigung.

§ 3. (1) Die Abfertigung beträgt, abgesehenvon den Fällen des Abschnittes III,

1. im Falle des Ausscheidens eines im provi-sorischen Dienstverhältnis befindlichen Bundes-beamten nach Ablauf der Probezeit

a) bei einer für die Ruhegenußbemessung an-rechenbaren Dienstzeit bis zu drei Jahrendas Einfache des Gehaltes,

b) bei einer für die Ruhegenußbemessung an-rechenbaren Dienstzeit von mehr alsdrei Jahren das Doppelte des Gehaltes;

2. im Falle des Ausscheidens eines definitivenBundesbeamten

a) bei einer für die Ruhegenußbemessung an-rechenbaren Dienstzeit bis zu fünf Jahrendas Neunfache des Gehaltes,

b) bei einer für die Ruhegenußbemessung an-rechenbaren Dienstzeit von mehr alsfünf Jahren das Achtzehnfache des Gehaltes.

(2) Unter Gehalt im Sinne des Abs. (1) ist derMonatsgehalt zu verstehen.

(3) Dem Gehalt sind die für die Ruhegenuß-bemessung anrechenbaren Zulagen, die Familien-zulagen, die Wachdienstzulage und die nach§ 68, Abs. {4), des Gehaltsüberleitungsgesetzes,B.G.Bl. Nr. 22/1947, zum Gehalt gebührendenTeuerungszuschläge zuzurechnen.

§ 4. Gehaltsvorschußreste sind unabhängig vomZeitpunkt der Fälligkeit der Rückzahlungsratenvon der Abfertigung abzuziehen.

A b s c h n i t t III:

Abfertigung in besonderen Fällen.§ 5. Im Dienststand befindlichen Bundesbeamten

weiblichen Geschlechtes gebührt eine Abfertigungauch dann, wenn sie innnerhalb von drei Monaten,nachdem sie sich verehelicht oder ein lebendesKind geboren haben, freiwillig aus dem Dienst-verhältnis austreten.

§ 6. (1) Die Abfertigung beträgt in den im§ 5 vorgesehenen Fällen bei einer für die Ruhe-genußbemessung anrechenbaren Dienstzeit bis zu

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416 Stück 18, Nr. 95.

drei Jahren das Einfache des Gehaltes. Sie erhöhtsich bei einer für die Ruhegenußbemessung an-rechenbaren Dienstzeit von mehr als drei Jahrenfür jedes Weitere begonnene Dienstjahr um dengleichen Betrag bis zum Vierundzwanzigfachendes Gehaltes als Höchstausmaß.

(2) Die Bestimmungen des § 3, Abs. (2) und(3), und des § 4 sind anzuwenden.

A b s c h n i t t IV:

Übergangsbestimmungen.§ 7. Im Dienststande befindliche Bundesbeamte

weiblichen Geschlechtes, die in der Zeit vom27. April 1945 bis zum Inkrafttreten diesesBundesgesetzes sich verehelicht oder ein lebendesKind geboren haben, erhalten eine Abfertigungnach den Bestimmungen des Abschnittes III, wennsie innerhalb von drei Monaten nach dem Inkraft-treten dieses Bundesgesetzes den Austritt aus demDienst erklären.

§ 8. Folgende Bestimmungen werden außerKraft gesetzt:

1. § 3, Abs. (3), des Pensionsgesetzes 1921,B. G. Bl. Nr. 735/1921,

2. § 3, Abs. (3), der Post- und Telegraphen-Pensionsverordnung 1922, B. G. Bl. Nr. 266/1922,

3. § 9, Abs. (1), und § 10 der Verordnungder Bundesregierung vom 21. Juni 1933, B. G. Bl.Nr. 265,

4. § 58, Abs. (2), des Gehaltsüberleitungs-gesetzes, B. G. Bl. Nr. 22/1947.

§ 9. Mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzesist die Bundesregierung, in Angelegenheitenjedoch, die nur ein Bundesministerium betreffen,dieses Bundesministerium betraut.

RennerFigl Schärf Helmer Gerö HurdesMaisel Zimmermann Kraus Kolb SagmeisterKrauland Übeleis Migsch Gruber Altenburger

9 5 . Verordnung des Bundesministeriumsfür Land- und Forstwirtschaft vom 5. April1949 über die ausnahmsweise Zulassung vonPrüfungswerbern zur Staatsprüfung für

Forstwirte.

Auf Grund des § 22 des Forstgesetzes vom3. Dezember 1852, R.G.Bl. Nr. 250, wird ver-ordnet:

Prüfungswerber, die nach den Bestimmungendes Artikels I der Verordnung B. G. Bl. Nr. 218/1936 die Zulassung zur Staatsprüfung für Forst-wirte beanspruchen konnten, können die Staats-prüfung für Forstwirte nach den Bestimmungendes ersten Abschnittes der Verordnung R.G.Bl.Nr. 30/1903, in der zuletzt geltenden Fassung,vor der Staatsprüfungskommission für den höhe-ren Forstverwaltungsdienst bis zum 31. Dezember1950 ablegen. Gesuche um Zulassung zur Staats-prüfung für Forstwirte sind bis spätestens 31. Juli1950 beim Bundesministerium für Land- undForstwirtschaft einzubringen.

Kraus