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umweltchemische Hintergrɒnde und Faktenwissen einbezogen, doch haben diese Kapitel einen nicht-naturwissen- schaftlichen Fokus, und in diesem Teil des Buches werden insbesondere auch keine modelltheoretischen Details und mathematischen ZusammenhȨnge ver- mittelt. Mit dem sechsten Kapitel werden die naturwissenschaftlichen Methoden zur Berechnung der Persistenz und Aus- breitungsreichweite vorgestellt. Neben einer Diskussion weiterer KenngrɆßen zur Charakterisierung der Exposition wird auch die Berɒcksichtigung von Transformationsprodukten erlȨutert. Die Anwendung evaluativer Multi- medienmodelle zur Berechnung der vom Autor vorgeschlagenen KenngrɆ- ßen ist Gegenstand des siebten Kapitels, wobei auch auf die Behandlung rȨumli- cher VariabilitȨten und unterschiedli- cher Klimazonen eingegangen wird. Beim Vergleich des vom Autor entwi- ckelten eindimensionalen, geschlosse- nen ChemRange-Modells mit offenen advektiven Multimedienmodellen ande- rer Arbeitsgruppen zeigen sich unter anderem systematische Unterschiede im Hinblick auf die charakteristische Transportreichweite („characteristic travel distance“). Im achten Kapitel wird anhand von Simulationsrechnungen an 26 einfachen organischen Verbindungen deutlich, dass zwischen der Persistenz und Aus- breitungsreichweite kein einfacher Zusammenhang besteht. Der Grund hierfɒr liegt darin, dass die Systemhalb- wertszeit eines Stoffes durch das Zusammenwirken von medienspezifi- schen Halbwertszeiten und Verteilungs- prozessen bestimmt wird, und dass diese beiden Teilprozesse jeweils auch den Ausbreitungsvorgang beeinflussen; wei- tere Aspekte betreffen die Konsequen- zen multipler Emissionsquellen. Die durch die Stockholm-Konven- tion 2001 wieder in den Blickpunkt des Ɇffentlichen Interesses gerɒckten per- sistenten organischen Schadstoffe (POPs = persistent organic pollutants) sind Gegenstand des neunten Kapitels. Ein interessantes Beispiel sind die poly- chlorierten Biphenyl-Kongenere, deren Ausbreitungsreichweite durch den parti- kelgebundenen Anteil im Ozean erheb- lich reduziert wird. Weitere Ausfɒhrun- gen betreffen die kalte Kondensation, die globale Destillation, die Akkumula- tion in der Arktis und die globale Frak- tionierung. Im abschließenden zehnten Kapitel greift der Autor die Diskussion der unterschiedlichen Endpunktkategorien (Effektendpunkte wie ToxizitȨt gegen- ɒber Expositionsendpunkten wie Persis- tenz und Reichweite) als Indikatoren fɒr die Risikobewertung von Chemika- lien und die zugehɆrige ErɆrterung des (stets notwendigen) normativen Rah- mens wieder auf. Konkret schlȨgt er fɒr die Risikobewertung von Umwelt- chemikalien ein zweistufiges Verfahren vor, nach dem Schwellenwerte fɒr die Persistenz und Reichweite ein erstes Ausschlusskriterium sind, ohne dass hierfɒr die Frage mɆglicher Schadwir- kungen ɒberhaupt eine Rolle spielt. Letzteres soll erst bei den Stoffen in Betracht kommen, die das Expositions- kriterium passieren. Der Anhang des Buches enthȨlt mathematische Details zu Multimedien- modellen und ein sehr nɒtzliches Glos- sar. Insgesamt bietet das Buch ein hoch- interessantes und mit schlɒssigen Argu- menten dargestelltes Konzept zur Erweiterung des bisherigen Ansatzes der Risikobewertung chemischer Stoffe. Aus dieser Sicht ist es allen an diesem Thema und seiner aktuellen Dis- kussion und Entwicklung Interessierten als profunde Monographie sehr zu emp- fehlen. Als Material verwendet Scherin- ger zu einem recht großen Teil eigene Arbeiten und Arbeiten aus seinem unmittelbaren Umfeld, wobei insbeson- dere in der hier besprochenen zweiten Auflage auch wichtige Ergebnisse ande- rer Arbeitsgruppen einbezogen worden sind. Zugleich stellt das Buch mit seinem interdisziplinȨren Ansatz an den Leser recht hohe Anforderungen. Die Kapitel 1–5 und 10 sind kulturwissenschaftlich angelegt und (aus Sicht eines Naturwis- senschaftlers) in gut verstȨndlicher Form geschrieben. Allerdings muss bedacht werden, dass die tiefere Bedeu- tung einiger einfach erscheinender For- mulierungen und das damit verbundene Anliegen beim oberflȨchlichen Lesen ɒbersehen werden kɆnnten, wobei diese Kapitel an einigen Stellen etwas redundant erscheinen. Der naturwissen- schaftlich geprȨgte Teil umfasst die Kapitel 6–9 und enthȨlt hier in kompri- mierter Form auch mathematische Beschreibungen, die den mit der Mate- rie nicht im Detail vertrauten Leser ohne Hinzunahme von PrimȨrliteratur vielleicht ɒberfordern kɆnnten. Insge- samt sind wohl solide umweltchemische und modelltheoretische Kenntnisse und Erfahrungen im Umgang mit Bewer- tungstrategien fɒr eine fruchtbare Aus- einandersetzung mit dem Buch notwen- dig. Trotz dieser EinschrȨnkungen ist dem Buch zu wɒnschen, dass es sowohl in der akademischen Ausbildung als auch bei Praktikern Verbreitung findet. Die Vermittlung anspruchsvoller inter- disziplinȨrer Inhalte ist (nach wie vor) eine Herausforderung, und insofern ent- hȨlt auch dieses Buch einige fachliche Hɒrden, die jedoch auch zum weiteren Studium der zahlreichen Literaturhin- weise anregen kɆnnen. In jedem Fall stellt das Buch ein wissenschaftlich und umweltpolitisch wertvolles Konzept vor und liefert damit einen wichtigen Beitrag fɒr die weitere Entwicklung der Risikobewertung von Umweltche- mikalien. Gerrit Schüürmann Department Chemische Ȕkotoxikologie UFZ-Umweltforschungszentrum Leipzig-Halle Leipzig Catalysis from A to Z Herausgegeben von Boy Cornils, Wolfgang A. Herr- mann, Robert Schlögl und Chi- Huey Wong. Wiley- VCH, Weinheim 2003. XXIII + 840 S., Broschur, 149.00 E.—ISBN 3-527-30373-1 Mehr als 180 Autoren, ɒber 4600 Key- words auf gut 800 Seiten, geballte Infor- mation: In diesem Lexikon findet man Bücher 1346 # 2004 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim www.angewandte.de Angew. Chem. 2004, 116, 1345 – 1347

Catalysis from A to Z. Herausgegeben von Boy Cornils, Wolfgang A. Herrmann, Robert Schlögl und Chi-Huey Wong

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umweltchemische Hintergr�nde undFaktenwissen einbezogen, doch habendiese Kapitel einen nicht-naturwissen-schaftlichen Fokus, und in diesem Teildes Buches werden insbesondere auchkeine modelltheoretischen Details undmathematischen Zusammenh nge ver-mittelt.

Mit dem sechsten Kapitel werdendie naturwissenschaftlichen Methodenzur Berechnung der Persistenz und Aus-breitungsreichweite vorgestellt. Nebeneiner Diskussion weiterer Kenngr'ßenzur Charakterisierung der Expositionwird auch die Ber�cksichtigung vonTransformationsprodukten erl utert.

Die Anwendung evaluativer Multi-medienmodelle zur Berechnung dervom Autor vorgeschlagenen Kenngr'-ßen ist Gegenstand des siebten Kapitels,wobei auch auf die Behandlung r umli-cher Variabilit ten und unterschiedli-cher Klimazonen eingegangen wird.Beim Vergleich des vom Autor entwi-ckelten eindimensionalen, geschlosse-nen ChemRange-Modells mit offenenadvektiven Multimedienmodellen ande-rer Arbeitsgruppen zeigen sich unteranderem systematische Unterschiedeim Hinblick auf die charakteristischeTransportreichweite („characteristictravel distance“).

Im achten Kapitel wird anhand vonSimulationsrechnungen an 26 einfachenorganischen Verbindungen deutlich,dass zwischen der Persistenz und Aus-breitungsreichweite kein einfacherZusammenhang besteht. Der Grundhierf�r liegt darin, dass die Systemhalb-wertszeit eines Stoffes durch dasZusammenwirken von medienspezifi-schen Halbwertszeiten und Verteilungs-prozessen bestimmt wird, und dass diesebeiden Teilprozesse jeweils auch denAusbreitungsvorgang beeinflussen; wei-tere Aspekte betreffen die Konsequen-zen multipler Emissionsquellen.

Die durch die Stockholm-Konven-tion 2001 wieder in den Blickpunkt des'ffentlichen Interesses ger�ckten per-sistenten organischen Schadstoffe(POPs= persistent organic pollutants)sind Gegenstand des neunten Kapitels.Ein interessantes Beispiel sind die poly-chlorierten Biphenyl-Kongenere, derenAusbreitungsreichweite durch den parti-kelgebundenen Anteil im Ozean erheb-lich reduziert wird. Weitere Ausf�hrun-gen betreffen die kalte Kondensation,

die globale Destillation, die Akkumula-tion in der Arktis und die globale Frak-tionierung.

Im abschließenden zehnten Kapitelgreift der Autor die Diskussion derunterschiedlichen Endpunktkategorien(Effektendpunkte wie Toxizit t gegen-�ber Expositionsendpunkten wie Persis-tenz und Reichweite) als Indikatorenf�r die Risikobewertung von Chemika-lien und die zugeh'rige Er'rterung des(stets notwendigen) normativen Rah-mens wieder auf. Konkret schl gt erf�r die Risikobewertung von Umwelt-chemikalien ein zweistufiges Verfahrenvor, nach dem Schwellenwerte f�r diePersistenz und Reichweite ein erstesAusschlusskriterium sind, ohne dasshierf�r die Frage m'glicher Schadwir-kungen �berhaupt eine Rolle spielt.Letzteres soll erst bei den Stoffen inBetracht kommen, die das Expositions-kriterium passieren.

Der Anhang des Buches enth ltmathematische Details zu Multimedien-modellen und ein sehr n�tzliches Glos-sar. Insgesamt bietet das Buch ein hoch-interessantes und mit schl�ssigen Argu-menten dargestelltes Konzept zurErweiterung des bisherigen Ansatzesder Risikobewertung chemischerStoffe. Aus dieser Sicht ist es allen andiesem Thema und seiner aktuellen Dis-kussion und Entwicklung Interessiertenals profunde Monographie sehr zu emp-fehlen. Als Material verwendet Scherin-ger zu einem recht großen Teil eigeneArbeiten und Arbeiten aus seinemunmittelbaren Umfeld, wobei insbeson-dere in der hier besprochenen zweitenAuflage auch wichtige Ergebnisse ande-rer Arbeitsgruppen einbezogen wordensind.

Zugleich stellt das Buch mit seineminterdisziplin ren Ansatz an den Leserrecht hohe Anforderungen. Die Kapitel1–5 und 10 sind kulturwissenschaftlichangelegt und (aus Sicht eines Naturwis-senschaftlers) in gut verst ndlicherForm geschrieben. Allerdings mussbedacht werden, dass die tiefere Bedeu-tung einiger einfach erscheinender For-mulierungen und das damit verbundeneAnliegen beim oberfl chlichen Lesen�bersehen werden k'nnten, wobeidiese Kapitel an einigen Stellen etwasredundant erscheinen. Der naturwissen-schaftlich gepr gte Teil umfasst dieKapitel 6–9 und enth lt hier in kompri-

mierter Form auch mathematischeBeschreibungen, die den mit der Mate-rie nicht im Detail vertrauten Leserohne Hinzunahme von Prim rliteraturvielleicht �berfordern k'nnten. Insge-samt sind wohl solide umweltchemischeund modelltheoretische Kenntnisse undErfahrungen im Umgang mit Bewer-tungstrategien f�r eine fruchtbare Aus-einandersetzung mit dem Buch notwen-dig.

Trotz dieser Einschr nkungen istdem Buch zu w�nschen, dass es sowohlin der akademischen Ausbildung alsauch bei Praktikern Verbreitung findet.Die Vermittlung anspruchsvoller inter-disziplin rer Inhalte ist (nach wie vor)eine Herausforderung, und insofern ent-h lt auch dieses Buch einige fachlicheH�rden, die jedoch auch zum weiterenStudium der zahlreichen Literaturhin-weise anregen k'nnen. In jedem Fallstellt das Buch ein wissenschaftlich undumweltpolitisch wertvolles Konzeptvor und liefert damit einen wichtigenBeitrag f�r die weitere Entwicklungder Risikobewertung von Umweltche-mikalien.

Gerrit SchrmannDepartment Chemische �kotoxikologieUFZ-UmweltforschungszentrumLeipzig-HalleLeipzig

Catalysis from A to Z

Herausgegebenvon Boy Cornils,Wolfgang A. Herr-mann, RobertSchl�gl und Chi-Huey Wong. Wiley-VCH, Weinheim2003. XXIII +

840 S., Broschur,149.00 E.—ISBN3-527-30373-1

Mehr als 180 Autoren, �ber 4600 Key-words auf gut 800 Seiten, geballte Infor-mation: In diesem Lexikon findet man

B�cher

1346 5 2004 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim www.angewandte.de Angew. Chem. 2004, 116, 1345 – 1347

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(fast) alles �ber Katalyse, angefangenvon klassischen Prozessen bis hin zuj�ngsten Forschungsarbeiten. In kurzer,pr gnanter Form werden alle industriellbedeutenden katalytischen Prozesse dis-kutiert, sehr oft auch mit einer erhellen-den Zeichnung eines bestimmten Reak-tortyps oder einer Anlage. Die mitbestimmten Firmen verbundenen Pro-zesse sind direkt unter dem jeweiligenNamen zu finden – sehr praktisch!

Nicht weniger gelungen sind die all-gemeinen Erl uterungen zu mechanisti-schen Fragen, Spektroskopiearten,Enzymen, Reagentien usw. Auch hierwird das Funktionsprinzip stets anhandeiner Zeichnung, oft von Formelsche-mata begleitet, erkl rt. RelevanteNamensreaktionen sind schnell zufinden, und die wichtigsten Protagonis-

ten aus der „katalytischen Welt“werden kurz vorgestellt. Die Querver-weise auf die Originalliteratur sind aufaktuellem Stand (bis 2002), auch eineReihe von Standardmonographien istzitiert. Ausgesprochen hilfreich sinddie Ibersetzungen des jeweiligen Stich-worts in die franz'sische und deutscheSprache.

Bei der gebotenen Informations-dichte ist es erstaunlich, dass diesesWerk noch einen gut handhabbarenUmfang hat. Dies wird unter anderemdurch intensiven Gebrauch von Abk�r-zungen erreicht, was anfangs etwasgew'hnungsbed�rftig ist, mit der Zeitaber zunehmend unproblematisch wird.

An wen richtet sich dieses Buch?Wissenschaftler in der industriellen For-schung und Entwicklung und an Univer-

sit ten, die sich mit Katalyse besch fti-gen, finden hier schnelle und kompe-tente Informationen. Aber auch f�r„Nichtkatalytiker“ bietet dieses Lexi-kon vielf ltiges Wissen, und es l dtdurch die �bersichtliche und mit vielenSchemata aufgelockerte Gestaltungauch einfach zum „Schm'kern“ ein.

Insgesamt ist dieses Lexikon genaudas, was der Untertitel verspricht: einepr zise Enzyklop die der Katalyse. Mirist es jedenfalls nicht gelungen, einenmir bekannten Begriff zum Themanicht zu finden.

Rainer StrmerBASF AG, Ludwigshafen

DOI: 10.1002/ange.200385087

AngewandteChemie

1347Angew. Chem. 2004, 116, 1345 – 1347 www.angewandte.de 5 2004 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim