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08 09 Keine zehn Kilometer von Shanghais hochmodernem Stadtteil Pudong entfernt, entstehen neue Ozeanriesen für den Weltmarkt. FOTO: Papu Pramod Mondhe CHANGZHOU, VOLKSREPUBLIK CHINA: China ist dabei, die neue Weltmacht der Werften zu werden. In den kommenden Jahren wird das Land an Korea, der bisherigen Nummer 1, vorbeiziehen. HOERBIGER ist weltweit einer der führenden Hersteller von Explosionsentlastungsventilen für Schiffsdieselmotoren. Um gemeinsam mit der Werftindustrie in China am Wachstum der Seeschifffahrt in Asien partizipieren zu können, hat HOERBIGER in Changzhou eine eigene Produktion für Explosionsentlastungsventile aufgebaut. (Seite 14)

CHANGZHOU, VOLKSREPUBLIK CHINA: China ist dabei, die … · 016 017 I m Zentrum von Shanghai, keine zehn Kilo-meter vom ultramodernen Finanzzentrum Pudong entfernt, blüht Chinas

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CHANGZHOU, VOLKSREPUBLIK CHINA: China ist dabei, die neue Weltmacht der Werften zu werden. In den kommenden Jahren wird das Land an Korea, der bisherigen Nummer 1, vorbeiziehen. HOERBIGER ist weltweit einer der führenden Hersteller von Explosionsentlastungsventilen für Schiffsdieselmotoren. Um gemeinsam mit der Werftindustrie in China am Wachstum der Seeschifffahrt in Asien partizipieren zu können, hat HOERBIGER in Changzhou eine eigene Produktion für Explosionsentlastungsventile aufgebaut. (Seite 14)

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www.hoerbiger.com

HOERBIGER Valves (Changzhou) Co., Ltd.

DER DRACHE HAT

SCHWIMMEN GELERNT …Rostroter Stahl nicht Schrott, sondern fein säuberlich geschnittene, rechteckige Stücke, füllen die Docks am Rand des Huangpu-Flusses. Ein Stück weiter nimmt der Stahl Formen an, Fragmente von Schiffen sind zu erkennen, Bugwulste, Teile des Vorstevens, Segmente aus Schiffswänden und -böden. All das wartet darauf, schon bald zusammengesetzt zu werden. Dort, wo aus den einzelnen Segmenten neue Hochseefrachter werden, spritzt glühender Stahl von den Werkzeugen der Schweißer auf. Es riecht nach Ozon, verbrannter Luft und Eisenschlacke. Den Takt dazu geben die hellen Warnsignale der nie ruhenden Brückenkräne an. TEXT: Marcus Franken · FOTOS: Papu Pramod Mondhe

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I m Zentrum von Shanghai, keine zehn Kilo-

meter vom ultramodernen Finanzzentrum

Pudong entfernt, blüht Chinas Schiffbau-

industrie. Aus Stahlblech entstehen hier

neue Ozeanriesen. Reeder aus Europa,

Amerika, Japan und China bestellen im großen

Stil, bis zu zehn Schiffe von einem Typ sind

keine Seltenheit.

Serienproduktion für einen

globalen Markt

Während ein fertig lackiertes Schiff schon im

Huangpu liegt und dort seine Aufbauten und an

einigen Stellen schon den letzten Feinschliff be-

kommt, setzen die Portalkräne beim Schwester-

schiff gerade das Heck an. Bei einem dritten

Schiff der Serie werden im gleichen Moment die

Einzelteile des Mittelschiffs verbunden: Jedes

einzelne Segment würde ein vierstöckiges Haus

überragen.

In den doppelwandigen Seitenteilen sind die für

den Betrieb notwendigen elektrischen und hy-

draulischen Leitungen schon eingebaut. Ebenso

die Rohrleitungen für das Flüssigkeitsmanage-

ment im Schiff. An manchen Stahlhüllen sind

die künftigen Bullaugen zu erkennen. Die Kunst

der Werften besteht darin, die tonnenschweren

Segmente mit allen Einbauten so genau zu ferti-

gen, dass jedes Segment an das nächste Stück

passt, selbst wenn sich der Stahl unter der Hit-

ze des Schneidens und Schweißens biegen und

wellen will.

Woche für Woche entsteht ein

neues Hochseeschiff

Auf der Werft, die wir besuchen, werden vier

Schwesterschiffe zur gleichen Zeit produziert:

Die Einzelteile für das Schiff, das zuletzt zu Wasser

gelassen wird, liegen noch verstreut herum. Für

Laien ist es undenkbar, dass aus den groben

Metallplatten ein seetüchtiges Schiff wird. Das

täuscht: Woche für Woche zeigen Feuerwerk

und das rituelle Krachen von Böllerschüssen

an, dass die Arbeiter wieder ein Schiff vollendet

haben und einen Stapellauf feiern.

In einer der Werften bei Shanghai nimmt ein

Reeder uns mit zu dem Schiff, das für ihn

gebaut wird. Es steht kurz vor der Probefahrt.

Auf der stählernen Gangway kommen uns

Männer entgegen, die jetzt die letzten Arbeiten

erledigen: Die Schornsteine müssen noch mal

gestrichen werden, der gesamte Innenausbau

für den Mannschaftsteil fehlt, genauso viele

Elektromotoren und andere Teile der tech-

nischen Ausrüstung. Und auch die Ladekräne

des Frachters sind noch nicht montiert.

„Das Schiff soll einmal Schwergut fahren“,

erklärt der Reeder. In den Laderäumen wird

sich dann all das wiederfinden, was zu schwer

oder zu groß ist für einen Container: Kranteile

und Containerbrücken, Generatoren, Turbinen,

Windkraftanlagen, sogar Eisenbahnwaggons.

Motortechnologie aus Europa –

Sicherheit aus China

Im Rumpf des Schiffes hallen die Schritte der

Arbeitsschuhe wider, es riecht nach Öl, man

hört das ewige Rauschen und Sausen von Lüf-

tungen und Pumpen. Vier steile Treppen unter

dem Deck ist der mächtige Dieselantrieb ver-

baut. Die MAN-Maschine hat die Größe eines

kleineren Hauses, die Abgasleitung kann sich

mit jedem Industrieschornstein messen. Der

Motor leistet fast 10.000 kW oder 13.600 PS

und trägt das Maschinenschild mit dem MAN-

Produktionsort Augsburg. Die dort hergestellten

Schiffsdiesel werden mit Druckentlastungs-

ventilen von HOERBIGER ausgerüstet. So auch

dieser Motor.

Die HOERBIGER Entlastungsventile, die dazu

beitragen, Schäden durch eine Ölnebelexplo-

sion im Kurbelwellengehäuse des Motors zu

vermeiden, wurden bei der HOERBIGER Ventil-

werke GmbH & Co KG in Wien produziert. Künf-

tig werden die europäischen Hersteller Schiffs-

motoren für den Weltmarkt vermehrt in China

unter Lizenz herstellen. Um sie und zunehmend

auch lokale Hersteller vor Ort beliefern zu kön-

nen, wurde die HOERBIGER Valves (Chang-

zhou) Co., Ltd. gegründet. Europäische Sicher-

heitstechnik – made in China.

Die riesige Antriebsmaschine erstreckt sich über mehrere Ebenen im

Schiffsrumpf. Die HOERBIGER Entlastungsventile im unteren Bereich

helfen, Schäden durch Ölnebelexplosionen zu vermeiden. Mit dem

neuen Produktionsstandort in Changzhou kann HOERBIGER zuneh-

mend auch lokale Antriebshersteller vor Ort beliefern.

Die Antriebsmaschine hat die Größe eines

Hauses, die Abgasleitung kann sich mit

jedem Industrieschornstein messen.

Stück für Stück werden die Ozeanriesen auf der Werft

zusammengefügt. Die tonnenschweren Segmente sind

so gefertigt, dass jedes Einzelteil an das nächste passt.

Riesige Kräne bringen die jeweiligen Bauteile in die

richtige Position.

Experten des Prüfunternehmens Germanischer

Lloyd nehmen eines der HOERBIGER Entlastungs-

ventile in den Blick, mit denen die Antriebsmaschi-

nen ausgestattet sind (Bild unten).

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Bis 2015 die größte Werft der Welt:

Chinas Schiffbauindustrie wächst weiter

Wenn Shanghai-Touristen auf ihren Ausflugs-

schiffen den Huangpu weiter herunterfahren,

sich an Schwergut- und Containerterminals und

an dem kleinen weißen Leuchtturm in der Mün-

dung des Huangpu in den Yangtse vorbeischie-

ben, sehen sie am anderen Ufer die riesigen

Werften der Insel Changxing: Auf den schweren

roten Brückenkränen prangt das Logo der

CSSC, der China State Shipbuilding Corporation.

Vier Kilometer lang und eineinhalb Kilometer

breit ist allein das Werftgelände der CSSC an

diesem Standort. 2005 war das ganze Gebiet

der Werft noch roher Baugrund und Acker.

Heute werden hier Containerschiffe gebaut, die

mehr als 8.000 Container tragen können.

Neben ihren Rümpfen sehen die Arbeiter, die in

großen Gruppen zu den Kantinen ziehen, wie

Ameisen aus.

CSSC will weiter wachsen: Bis hin zur Spitze der

Insel Changxing, wo heute Mandarinen-Planta-

gen blühen und kleine Häuser zwischen den

Feldern stehen, sollen in wenigen Jahren schon

die Schweißgeräte blitzen. Die alten Werften im

Zentrum von Shanghai sind längst viel zu klein

geworden. Auch auf Changxing sind die Men-

schen weggezogen, um der Erweiterung der

Werft Platz zu machen.

Die Ambitionen der CSSC stehen für die An-

sprüche der chinesischen Werftindustrie insge-

samt: Mit 60 Unterfirmen und rund 100.000

Arbeitern und Angestellten will das 1999 ge-

gründete Staatsunternehmen spätestens 2015

die größte Werft der Welt werden. Und bis dahin

eine Jahreskapazität von 14 Millionen Tonnen

Zuladung (engl: dwt) anbieten, jeden Tag würde

damit allein CSSC zwei Schwergutschiffe in

Dienst stellen.

gen entwickelten Entlastungsventile der Typenreihen EVT und EVM sowohl

in stationäre Anlagen als auch in Marineanwendungen eingesetzt.

In Zukunft werden die Gas- und Dual-Fuel-Motoren im Marine-Bereich an

Bedeutung gewinnen, da diese vor allem umweltfreundlicher im Vergleich

zu herkömmlichen Dieselmotoren verbrennen. Viele dieser Motoren-

konzepte erfüllen bereits jetzt die mit 2016 in Kraft tretenden Abgasvor-

schriften IMO Tier III der International Maritime Organisation. Für die not-

wendige Sicherheit an Bord sorgen unter anderem die HOERBIGER

Entlastungsventile.

PART OF

Werften gelten als Schlüsselbranche der Schwerindustrie. Sowohl Süd-

korea als auch China haben ihren Ausbau darum massiv mit staatlichen

Subventionen vorangetrieben. Nach wie vor ist die Volksrepublik Eigen-

tümer der CSSC und besitzt noch weitere Werften.

Aufgrund der im Weltmarktvergleich niedrigen Lohnkosten der Werftarbei-

ter werden Schiffe für den Massentransport heute nur noch in Asien

gebaut. Europa, dessen Weltmarktanteil auf weniger als fünf Prozent

gesunken ist, fertigt heute vor allem Spezialschiffe und Kreuzfahrtschiffe

und bietet weltweit seine Ingenieurdienstleistungen an.

Im Januar 2011 meldete die Zeitung China Daily, dass die chinesischen

Werften im ersten Halbjahr 2010 zum ersten Mal die bisher marktbeherr-

schende Werftindustrie in Südkorea beim Auftragseingang überholt haben.

Sämtliche Marktbeobachter erwarten, dass China Südkorea in wenigen

Jahren auch beim Laderaum der gebauten Schiffe überholt haben wird.

PART HOERBIGER Explosionsschutzventile

In den 50er Jahren gab es auf Schiffen ein großes Gefahrenpotenzial:

Ölnebelexplosionen. Explosionen in Kurbelkästen von Motoren führten zu

Maschinenausfällen. Dadurch wurden die Schiffe manövrierunfähig. Die

Anzahl der Marineunfälle mehrte sich und häufig gingen Schiffe aufgrund

der schwerwiegenden Folgen dieser Explosionen verloren. Für Motoren-

hersteller, Werften, Reeder und Versicherungsgesellschaften musste eine

adäquate Lösung zur Verhinderung dieser folgeschweren Katastrophen

gefunden werden.

Die HOERBIGER Ventilwerke in Wien erkannten den Bedarf. Es gelang

ihren Ingenieuren, ein Entlastungsventil für Schiffsdieselmotoren zu ent-

wickeln, das die Folgen von Ölnebelexplosionen bedeutend abminderte.

Dadurch konnten Motorenausfälle aufgrund von Ölnebelexplosionen ver-

hindert werden.

Nach wie vor ist der Explosionsschutz bei Schiffsmotoren der größte

Anwendungsbereich der HOERBIGER Entlastungsventile. HOERBIGER ist

in diesem Segment globaler Marktführer. 2009 hat HOERBIGER mit der

HOERBIGER Valves (Changzhou) Co., Ltd. einen neuen Standort zur

Herstellung von Entlastungsventilen für Schiffsmotoren aufgebaut.

Für Schiffsmotoren kommen heute vor allem die von der IACS (Internatio-

nal Association of Classification Societies) zertifizierten Typenreihen EVO

und EVS zum Einsatz. Die einschlägigen Vorschriften – UR M9 und M66 –

werden zuverlässig erfüllt.

Explosionsschutz auch für Ansaug- und Abgasleitungen

Ein neuer, interessanter Anwendungsbereich für HOERBIGER Entlastungs-

ventile ist der Schutz vor Gasexplosionen in Ansaug- und Abgasleitungen

von Gas- und Dual-Fuel-Motoren. Zurzeit werden die für diese Anwendun-

HOERBIGER Valves (Changzhou) Co.,

Ltd. hat 2009 die Produktion aufge-

nommen. An dem neuen Standort in

Changzhou werden Entlastungsventile

für Schiffsmotoren hergestellt. Dazu

zählen etwa die von der IACS zertifizier-

ten Typenreihen EVO und EVS.