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Controlling im Krankenhaus – ein Praxisbericht aus dem Stiftungsklinikum Mittelrhein

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28 ZfCM | Controlling & Management | Sonderheft 1›2005 Pfeuffer/Frieling/Lahuis/Koch

KOSTENSENKUNG IM GESUNDHEITSWESEN

1 Der GeschäftsbereichControlling undsein Selbstverständnis

„Wir bieten eine zeitgemäße, verantwor-tungsvolle und effiziente medizinischeVersorgung, Pflege und Betreuung un-serer Patienten, Seniorenhausbewohnerund Hospizgäste.“ So lautet eine derersten Formulierungen des Leitbildes imStiftungsklinikum Mittelrhein. Und wei-ter unten: „Leitungskräfte haben Verant-wortung für Mitarbeiter, für den Auftragund die Ziele unserer Einrichtungen. […]Unser Denken und Handeln wird vonTransparenz und Verlässlichkeit geleitet,dafür schaffen wir geeignete Strukturen.“

Nun haben Leitbilder den Charaktereiner Unternehmensphilosophie mitlangfristiger Gültigkeit. Sie formulierennicht nur die Werte eines Unternehmens,auf die sich alles unternehmerische Han-deln überprüfen lassen sollte, sondernbeschreiben auch Kernauftrag und Er-wartungen an alle Mitarbeitenden; Füh-rungskräfte werden dabei in besonderemMaße in die Pflicht genommen.

Ist das unternehmerische Handelneffizient? Kommen Leitungskräfte ihrenAufträgen und Zielen nach? Sind diesetransparent? Um auf diese Fragen Ant-worten finden zu können, kommt demControlling eine hohe Bedeutung zu. Wir

verstehen dabei Controlling als Siche-rung angemessener Rationalität der (Un-ternehmens)Führung (vgl. Weber, 2004,S. 47 ff.).

Bereits im Jahr 2002 erschien ein Pra-xisbericht zum Controlling im Gesund-heitszentrum Evangelisches Stift St. Mar-tin, Koblenz (vgl. Hecht/Schlepper, 2002).Trotz eines sich stark verändernden Um-feldes, auf das im Folgenden eingegangenwird, hat sich die Philosophie des Control-ling am Stiftungsklinikum Mittelrheinnicht geändert.

Nach wie vor betrachten wir Control-ling als gesamten Prozess der Zielfestle-gung, Planung und Steuerung im Erfolgs-und leistungswirtschaftlichen Bereich(vgl. Lanz, 1989, S. 41). „Controller sindDienstleister für Führungskräfte. Sie be-treiben Management-Service. Sie stellenbetriebswirtschaftliches Instrumentari-um für Planung und Soll-Ist-Vergleich so-wie für Erwartungsrechnungen bereitund warten es. Sie interpretieren zu Hän-den der Führungskräfte den Soll-Ist-Ver-gleich und helfen bei der Bestimmungvon Korrekturmaßnahmen. Sie beratenFührungskräfte in betriebswirtschaft-lichen Fragen.“ (Rieder, 1999, S. 4).

Aus dieser Philosophie leitet derGeschäftsbereich Controlling im Stif-tungsklinikum Mittelrhein sein Selbstver-ständnis ab: Zum einen ist der Geschäfts-

Controlling im Krankenhaus – ein Praxisbericht aus demStiftungsklinikum MittelrheinBianca Pfeuffer/Markus Frieling/Gerrit J. Lahuis/Bernd Koch

● Controlling ist die Sicherstellungangemessener Rationalität derFührung.● Voraussetzung für ein Controlling-system ist das Bekenntnis zu einemUnternehmensführungsmodell.● Controlling in der Praxis bedeu-tet zunächst den Aufbau eineseindeutigen, validen und einheit-lichen Kostenstellensystems miteindeutiger Verantwortungszuord-nung sowie der anschließendenDatenplausibilisierung. Darüberhinaus sind Leistungserfassungund -rechnung unabdingbar.● Controlling ist empfängerzen-trierte Informationsbereitstellungund nur mit entsprechenderKommunikation vollständig.● Controlling im Krankenhaus istauch die Diskussion mit Medizinern,Pflegepersonal und anderenTherapeuten im täglichen Konfliktzwischen Betriebswirtschaft undPatientenachtung; die Auseinan-dersetzung mit ethischen Aspektenwird zur Pflicht.

Bianca Pfeuffer (Geschäftsbereichs-leitung), Markus Frieling, Gerrit J.Lahuis (Mitarbeiter Controlling)und Bernd Koch (Geschäftsführer)entwickeln das Controlling am Stiftungs-klinikum Mittelrhein in Koblenz

bereich Dienstleister für die Geschäfts-führung, zum anderen Service für dieFührungskräfte der Kernbereiche, der

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2 Rahmenbedingungen für das Krankenhaus-Controlling

2.1 Definition vonLeistungszentren

Voraussetzung für ein funktionierendesControllingsystem ist ein klares Bekennt-nis zur Aufbauorganisation im Konzernmit Zuordnung der Verantwortlichkeiten.

Grundlage dieser Diskussion im Stif-tungsklinikum Mittelrhein war der Ge-sellschaftsvertrag zum 01.01.2003. Damitwurden nicht nur Beteiligungsverhält-nisse, sondern auch Organe festgelegt.Der Geschäftsführung wurden 5 Ge-schäftsbereiche (Finanzen, Controlling,Personal, Organisation, IT und Alten-hilfe sowie Service und Bau) und die sog. Leistungszentren, z. B. Klinik fürInnere Medizin, Klinik für PlastischeChirurgie, Seniorenhäuser, Hospiz, Am-bulante Pflege nachgeordnet. Mit derDefinition der Leistungszentren wurdeinsbesondere die Abbildung aller Klini-ken im Konzern entschieden. Ausschlag-gebendes Merkmal für die Beschreibungund Abgrenzung eines Leistungszentrumswar die eigenständige Ergebnisverant-wortung. Diese Ergebnisverantwortungwird in unserem Klinikbereich derzeitnicht an den „Profit“ gekoppelt, sondernan die Erreichung von Zielvorgaben hin-sichtlich Leistungen (z. B. Behandlungs-fälle pro Jahr), Erlöse und Kosten.

2.2 KostenstellenvalidierungIn einem aufwändigen Prozess wurdenmit Hilfe des Geschäftsbereiches Finan-zen alle Kostenstellen der drei Einrich-tungen auf Notwendigkeit, Aufbau undVerantwortlichkeit überprüft. Ergebnisunserer Arbeit war die Feststellung, dassetliche Kostenstellen gestrichen werdenkonnten und einheitliche Kostenstellen-hierarchien in allen Standorten festgelegtwerden mussten, wofür die Kranken-hausbuchführungsverordnung den Rah-men vorgibt. Vielen Kostenstellen warenweder Leistungszentren oder Geschäfts-bereiche noch Verantwortliche zugeord-net. Es erfolgte daher eine einheitliche,systematische Festlegung und Abstim-mung mit den Verantwortlichen sowiedie Information an alle partizipierenden

Abteilungen (z. B. Finanzbuchhaltung,Personalverwaltung, Materialwirtschaftund Apotheke). Diese systematischeDurchforstung und (Neu-)Aufstellungdes gesamten Kostenstellensystems istunabdingbare Voraussetzung für einfunktionierendes Berichtswesen undUnternehmensführungsmodell. Es folgteein Prozess der Datenplausibilisierung,der in das Vorhaben „Erstellung einesumfassenden Kontierungshandbuches(Kostenarten und Kostenstellen)“ mün-dete. Die genannten Abstimmungen sindein laufender Prozess.

2.3 Das neue Vergütungssystem im Krankenhauswesen und dessen Auswirkungen

Die Bundesregierung hat für Deutschlandentschieden, das bisherige Vergütungssys-tem, bestehend aus tagesgleichen Pflege-sätzen und wenigen landeseinheitlichenPreisen für bestimmte Leistungen (Fall-pauschalen), durch ein vollpauschaliertesEntgeltsystem abzulösen. Seit dem Jahr2003 gilt – zunächst ein Jahr optional –ein einheitliches Preissystem für dasgesamte Leistungsspektrum eines Kran-kenhauses. Bei der Klassifizierung derKrankheitsbilder zu (aufwands)homoge-nen Gruppen hat man sich an das austra-lische System der DRG angelehnt. DRGsteht dabei für Diagnosis Related Groupsund meint ca. 850 Fallgruppen, die vor-wiegend mit einer Diagnose oder Diag-nose-Therapie-Kombination abgebildetwerden. Häufig werden die einzelnenKrankheitsgruppen noch in Schwere-grade unterteilt, die durch Komplikatio-nen oder Nebendiagnosen, Beatmungs-stunden, Geburtsgewicht oder Alterbestimmt werden. Zu jeder dieser Fall-gruppen werden jedes Jahr deutscheBewertungsrelationen kalkuliert, die an-geben, mit welchem Vielfachen – bezogenauf einen Standardfall – diese Diagnose-behandlung zu bewerten ist.

Der Preis einer Leistung, den ein Kran-kenhaus der Krankenkasse in Rechnungstellen kann, bemisst sich dann nach derMultiplikation dieser Bewertungsrelati-on mit dem krankenhausindividuellenBasisfallwert (sog. baserate). Der Basis-fallwert ist der Preis für den sog. Stan-

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sog. Leistungszentren, wie z. B. Klinikenoder Seniorenhäuser, damit diese ihreVerantwortungsbereiche angemessen füh-ren können.

Zum 01.01.2003 haben die Einrich-tungen Gesundheitszentrum Evang. StiftSankt Martin Koblenz gGmbH, Gesund-heitszentrum zum Heiligen Geist gGmbHBoppard sowie die DiakoniezentrumPaulinenstift Nastätten gGmbH fusio-niert; der Krankenhausverbund hat denNamen Stiftungsklinikum Mittelrheinerhalten. Organisatorisch wurde daszentrale Controlling als Geschäftsbereichdirekt unterhalb der Geschäftsführungangesiedelt. Zu den Aufgaben gehörendie Durchführung von Budgetverhand-lungen mit den Krankenkassen für denKrankenhausbereich, das Hospiz undbald auch für die Seniorenhäuser sowiedie Schaffung und Umsetzung eines voll-ständigen, aussagefähigen und einheit-lichen Controllingsystems für den gesam-ten Konzern.

Dabei begleitet Controlling die Unter-nehmensplanung durch Bereitstellungentscheidungsrelevanter Informationenund die Unterstützung bzw. Koordina-tion des Planungsprozesses.

Eine wesentliche Aufgabe ist dann dieKontrolle und Steuerung. Controlling be-dient sich dabei etablierter Instrumentewie Kostenrechnung, Budgetierung, Soll-Ist-Vergleichen, Abweichungsanalysen,Kennzahlensystemen etc.

Das beste Controlling ist jedoch nurwirksam, wenn die Aussagen beim Emp-fänger auch ankommen. Der wichtigsteBaustein eines erfolgreichen Controllingsist es, den Entscheidern führungsrelevan-te Informationen zu kommunizieren;Kommentierungen und Beratung gehö-ren daher abschließend zu jeder Control-lingaufgabe.

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dardfall. Dieser wird derzeit noch – aus-gehend von den bisherigen Krankenhaus-budgets – individuell vereinbart, spätes-tens ab 2009 gilt er landeseinheitlich.

Früher blieb den Krankenkassen als„Großkunde des Krankenhauses“ dessentatsächliches Leistungsspektrum weitge-hend verborgen. Für den Großteil derLeistungen wurden Belegungstage undtagesgleiche Pflegesätze vereinbart. Mitrelativ schwer auswertbaren Diagnose-und Operationen-Statistiken konnten dieKassen nur einen groben Überblick überdas Leistungsgeschehen einer Fachabtei-lung erhalten. Heute ist dies schlagartiganders. Für jede DRG-Fallgruppe verein-baren Krankenhaus und KrankenkassenFallzahl und ggf. weitere Differenzierun-gen nach Schweregraden. Die „Ist-Ver-kaufszahlen“ dazu muss das Kranken-haus in der folgenden Budgetverhand-lung wieder liefern.

2.4 Festlegung der Empfänger und Inhalte einesregelmäßigen Reportings

Das Controlling erstellt ein differenzier-tes Berichtswesen. Führungsrelevante In-formationen müssen empfängerzentriertsein; daher wurden Inhalt und Umfangder regelmäßigen Reports mit den jewei-ligen Adressaten abgestimmt.

Im Stiftungsklinikum Mittelrheinwurde entschieden, das Berichtswesennach drei Hierarchieebenen zu unter-teilen:• Aufsichtsrat• Geschäftsführung/Geschäftsbereichs-

leitungen• Leistungszentrumsverantwortliche.Es wurde vereinbart, dass der Aufsichts-rat quartalsweise eine kurzfristigeErfolgsrechnung mit Beschreibung derUnternehmensentwicklung erhält (vgl.Abbildung 1: Quartalsbericht-Beispiel).

Die Geschäftsführung /Geschäftsbe-reichsleitungen erhalten neben den Quar-talsberichten monatlich eine verdichteteGesamtschau der Controlling-Berichtefür die Leistungszentren.

Die Leistungszentren, im Kranken-hausbereich die Kliniken aller drei Stand-orte, erhalten monatlich, jeweils zum 7.Tag des Folgemonats, ein umfangreiches

Berichtswesen zu Leistungen, Erlösen,Kosten sowie ergänzende Daten (z. B.OP-Zeitenstatistik). Das Instrumenta-rium wird nachfolgend ausführlich be-schrieben.

3 Controlling- undSteuerungsinstrumente

3.1 Wirtschaftsplan undQuartalsbericht

Vor Beginn eines jeden Geschäftsjahresbeschließt der Aufsichtsrat den Wirt-schaftsplan (bestehend aus Ergebnisplan,Stellenplan, Investitions- und Finanz-plan). Im Konzern des Stiftungsklini-kums Mittelrhein erfolgt eine separateDarstellung des Krankenhausbereiches.

Die Ergebnisplanung enthält insge-samt 51 Positionen, die an den Aufbau

der Gewinn- und Verlustrechnung imJahresabschluss angelehnt sind. Dabeiwurden für das Wirtschaftsjahr 2005erstmalig alle Aufwandsplanungen – be-ginnend bei der Personaleinsatzplanungbis hin zur Sachkosteneinschätzung – aufKostenstellen-Ebene durchgeführt undmit den Verantwortlichen abgestimmt.Allgemeine Kostensteigerungen, z. B. beiden Personalkosten, Energiekosten oderMaterialien mussten von den Expertenim Haus geschätzt werden. Bei den Erlö-sen ist im Krankenhausbereich für denstationären Teil eine Planung fast unmög-lich, wird 2005 doch erstmalig landes-weit ein einheitlicher Basisfallwert ermit-telt, an den die Krankenhausbudgetsschrittweise bis 2009 herangeführtwerden. Dieser ist vor Februar 2005nicht bekannt, und die Auswirkungen auf

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KOSTENSENKUNG IM GESUNDHEITSWESEN

Abbildung 1: Quartalsbericht-Beispiel

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das einzelne Krankenhaus sind demnachnur zu vermuten. Die Komponente der„Leistungserstellungsplanung“ ist jedochim Zusammenhang mit der Vorbereitungauf die Budgetverhandlungen 2005 mitallen Kliniken durchgeführt worden undfloss in den Wirtschaftsplan ein.

Einmal im Quartal erhält der Auf-sichtsrat – im Aufbau gleich zum Wirt-schaftsplan – eine kurzfristige Erfolgs-rechnung (Abbildung 1: Quartalsbericht-Beispiel). Alle am Quartalsabschluss undder Erstellung des Berichts mitwirkendenAbteilungen haben hierzu einen Zeitplanverabredet (vgl. Abbildung 2: Ablauf derErstellung eines Quartalsberichtes).

3.2 Budgetvereinbarung undSoll-Ist-Vergleich von Leistungen und Erlösen

Budgetverhandlung und -vereinbarung Neben dem Wirtschaftsplan ist die jähr-liche Budgetvereinbarung mit den Lan-desvertretungen der Krankenkassen wich-tigstes Finanzplanungsinstrument. Dabeiwerden zum einen Leistungen (Bewer-tungsrelationen mit Art und Anzahl dereinzelnen DRG-Fälle) abgestimmt; zumanderen werden Budgetobergrenzen undAusgleichsmechanismen bei Mehr- oderMinderleistungen ausgehandelt und end-gültig durch die Genehmigungsbehörde(in Rheinland-Pfalz: Ministerium fürArbeit, Soziales, Familie und Gesundheit)genehmigt. Daraus resultiert schließlichder zur Abrechnung gelangende Basisfall-wert. Grundsätzlich ist vorgesehen, pros-pektiv zu verhandeln. Dies ist jedochbereits seit Jahren aufgrund vieler kurz-fristiger gesetzlicher Veränderungen kaummehr der Fall.

Zur Vorbereitung der Budgetverhand-lung muss zunächst eine interne Leistungs-planung entwickelt werden. In einemaufwändigen Prozess werden hierfür zu-nächst strategische Ziele (z. B. Leistungs-spektrum) je Leistungszentrum und Kran-kenhaus mit den Klinikleitungen und derGeschäftsführung abgestimmt. Diese Pla-nung ist dabei natürlich von vorhandenenRessourcen, aber auch von externenRahmenbedingungen (z. B. gedeckeltesBudget, Versorgungsauftrag) abhängig.

Die gemeinsam festgelegten Ziele derinternen Leistungsentwicklung unterBerücksichtigung von Möglichkeiten undGrenzen fließen als Forderung in die Bud-getverhandlung mit den Krankenkassenein. Die Verhandlung zwischen Kranken-haus und Krankenkassen ist häufig vonzähen und schwierigen Auseinanderset-zungen geprägt. Diese Problematik wirdbesonders durch die Umstellung auf dasDRG-Entgeltsystem und die Erweiterungder Verhandlungsunterlagen verstärkt.Die Verhandlungsunterlagen haben nichtnur an Umfang zugenommen, sondernsorgen auch für eine höhere Transparenzdes Unternehmens Krankenhaus bei denKrankenkassen. Durch die Dokumenta-

tion der Anzahl von behandelten Diagno-sen und deren Behandlungsschwere wer-den in den Verhandlungen Diskussionenüber die Art der Behandlungen möglich;das Patientengut bekommt eine Struktur.Alle Daten sind im Zeitvergleich und mitanderen Kliniken vergleichbar; dies bietetAnlass zu Auseinandersetzungen über dieAngemessenheit des Budgets und dieBehandlungsqualität.

Diese Transparenz ergibt sich zumBeispiel durch die Aufschlüsselung dergeplanten Leistungen in der Aufstellungüber Entgelte (vgl. Abbildung 3: Aufstel-lung über Entgelte (AEB) im Rahmeneiner Budgetvereinbarung im Kranken-haus). Zu jeder DRG muss eine Fallzahl

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Abbildung 2: Ablauf der Erstellung eines Quartalsberichtes

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angegeben werden. In einem bundesweitgültigen Katalog sind die Bewertungsre-lationen je DRG festgelegt; mit dieser Be-wertungsrelation nach Fallpauschalen-katalog wird die Fallzahl multipliziert,um zur Summe der Bewertungsrelatio-nen (ohne Zu- und Abschläge) zu kom-men. Die Endwerte je Zeile unterschei-den sich am Ende geringfügig, weil zujeder DRG noch – abhängig von der Lie-gedauer – Zu- und Abschläge möglich sind.

DRG-BerichtswesenDie Weiterentwicklung des Entgeltsystemsim Krankenhausbereich hat zwangsläufigauch zu einer umfangreichen Veränderungbzw. Erweiterung des Leistungsberichts-wesens geführt. Nur noch in einigen Berei-chen werden Tagesentgelte gegenüber denKostenträgern abgerechnet; die Steue-rungsrelevanz von Pflegetagen hat daherstark abgenommen. Die Einführung derDRGs hat den Schwerpunkt der Steue-rungsgrößen auf die Summe der Bewer-tungsrelationen (oder: casemix, CM) ge-richtet. Teilt man die Summe aller Be-wertungsrelationen einer Fachabteilungoder des Krankenhauses durch die je-weilige Fallzahl, erhält man den Case-Mix-Index (CMI), der den durchschnittlichenSchweregrad in einer Abteilung oder desKrankenhauses beschreibt.

Erlösrelevanz hat lediglich die Summeder Bewertungsrelationen, doch ihreentscheidenden Einflussparameter sindFallzahl und CMI. Sie werden im Einzel-

nen mit den Krankenkassen geplant undgeben Aufschluss über die Struktur desLeistungsgeschehens einer Fachabteilung.

Die Verweildauer (VWD) der Patien-ten wird in den nächsten Jahren eine im-mer geringere Steuerungsrelevanz haben.

Das Beispiel des Berichtes (Abbil-dung 4: Beispiel eines Berichtes für einLeistungszentrum) zeigt eine kleineAuswahl der monatlich bereitgestelltenInformationen.

Zusätzlich werden die einzeln er-brachten DRGs einmal pro Quartal mitIst-Anzahl und Hochrechnung sowie mitVerweildauerabweichungen in speziellenAuswertungen zur Verfügung gestellt.

Die bereitgestellten Monatsergebnissewerden schriftlich kommentiert bzw. es

findet eine Steuerungsempfehlung durchdas Controlling statt. Neben der schrift-lichen Erläuterung der Ergebnisse wirdmonatlich innerhalb der Leitungskon-ferenzen eine ausführliche Erklärunggegeben sowie anschließend mit denFührungskräften des StiftungsklinikumMittelrhein diskutiert.

Um den Bedürfnissen der Adressatengerecht zu werden, ist eine regelmäßigeÜberarbeitung der angebotenen Inhaltenotwendig. Im Rahmen von Fragebogen-aktionen und persönlichen Gesprächenmit den Empfängern wird versucht, einemöglichst hohe Akzeptanz zu erzielen.

Erlös-ControllingGrundsätzlich bestimmen den Umsatzeiner Fachabteilung die abgerechnetenBewertungsrelationen und der (hausin-dividuelle) Basisfallwert.

Mit der Einführung des DRG-Abrech-nungssystems war jedoch das Problemaufgetreten, dass jeder Krankenhausfallmit seinem kompletten Fallerlös nurnoch der entlassenden Abteilung zuge-ordnet wird, auch wenn andere Abtei-lungen des Krankenhauses Leistungenwährend des Aufenthaltes am Patientenerbracht haben. Eine leistungsgerechteinterne Erlösaufteilung ist somit zunächstnicht vorgesehen. So werden insbeson-dere die Leistungen der Intensivmedizinnicht zulänglich dargestellt, da die meis-ten Intensivpatienten nicht direkt ausdieser Fachabteilung entlassen werden.

Pfeuffer/Frieling/Lahuis/Koch

KOSTENSENKUNG IM GESUNDHEITSWESEN

Abbildung 3: Aufstellung über Entgelte (AEB) im Rahmen einer Budgetvereinbarung im Krankenhaus

DRG Nr. Fallzahl Bewertungsrelation Σ der Bewertungs-(Anzahl der DRG) nach Fallpauschalen relationen ohne …katalog Zu- und Abschläge

(Sp. 2x3)

1 2 3 4 ...

901Z 38 2,087 79,306

902Z 9 0,970 8,730

961Z 11 0,000 0,000

A06Z 1 48,272 48,272

A07Z 3 32,562 97,686

A08Z 1 23,673 23,673

A09Z 4 19,690 78,760

A10Z 19 14,930 283,670

Abbildung 4: Beispiel eines Berichtes für ein Leistungszentrum

Abteilung Hals und Bein kumul. Monat November

Planzahlen Ist-Zahlen Abweichungen

Fallzahl Fallzahl Fallzahl

1.504 1.450 – 54

VWD VWD VWD

9,60 10,07 0,47

CMI CMI CMI

1,390 1,453 0,063

CM CM CM

2.089,93 2.061,16 – 28,77

VWD = Verweildauer, CMI = Case-Mix-Index,CM = casemix (Summe der Bewertungsrelationen)

Anmerkungen/Empfehlungen: Prof. Dr. Klempner

Tendenziell wurde die Empfehlung im November umgesetzt, viele „kleine“ Eingriffe zu leisten; der CMIist gesunken, die Fallzahl leicht gestiegen.

Ingesamt ergibt sich jedoch noch ein Defizit von über50 Fällen bzw. fast 30 CM-Punkten (Erlöse!).

Wir bleiben zum Jahresende bei der Empfehlung –sofern steuerbar – lieber viele „kleine“ Fälle in 2004(zählen bei Entlassung als Fall in 2004).

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Deshalb wurde durch das Controlling fürdas Stiftungsklinikum Mittelrhein zu-nächst ein Rechenmodell entwickelt, wel-ches aufgrund der Betrachtung aller Auf-enthaltstage eines Falles die DRG-Erlöse„gerechter“ verteilt bzw. sachgerecht ab-grenzt. Grundlage sind die jeweiligenAufenthaltstage aller besuchten Fachab-teilungen und eine unterschiedlicheGewichtung dieser Tage. Während diereine Zählung relativ einfach ist, fällt dieGewichtung schwerer: Unser Modellbenutzt als Gewichtungsfaktor für dieFachabteilungen den sog. „reinen“ Case-Mix-Index (im Folgenden Abteilungs-CMI), welcher als der durchschnittlicheSchweregrad derjenigen Behandlungsfäl-le definiert ist, die nicht intern verlegtwurden und somit jeweils ausschließlichin dieser Abteilung behandelt wurden.

Bei allen intern verlegten Fällen einesAuswertungszeitraumes wird im Folge-schritt der jeweilige DRG-GesamterlösFall für Fall derart aufgeteilt, dass fürjede Abteilung das Produkt aus Ver-weildauer in Tagen und Abteilungs-CMIin Relation zur Produktsumme aller be-teiligten Fachabteilungen gesetzt wirdund der sich daraus ergebende Anteilvom Gesamterlös des Falles der jeweili-gen Abteilung zugerechnet wird (vgl. Ab-bildung 5: Auswirkungen der veränder-ten Erlöszurechnung bei Abgrenzung in-tern verlegter DRG-Fälle).

3.3 Interne (Kosten-)Budgetierung und Kostenbericht

Für die einzelnen Abteilungen wird mo-natlich im Kostenblatt ein Plan-Ist-Ver-gleich auf Kostenbasis erstellt (vgl. Abbil-dung 6: Monatliches Kostenblatt).

Die Plan-Zahlen sind im Rahmen vonBudgetgesprächen Anfang des Jahres2004 zwischen den Leistungszentrums-verantwortlichen und der Geschäfts-führung verhandelt worden. Die Plan-Kosten einer Klinik sollten die zunächststeuerbaren Größen wie eingesetztes Per-sonal im Ärztlichen-, Pflege- und Funkti-onsdienst sowie Medizinischen Sachbe-darf enthalten. Die Kostenbudgets sindauf den Ist-Verbrauchszahlen des Vorjah-res aufgebaut worden. Entwicklungen inder Leistungsplanung sowie Grenzen

durch den bereits verabschiedeten undgenehmigten Wirtschaftsplan sind pau-schal berücksichtigt worden.

Das Kostenblatt wird um den Berichtder Personalabteilung ergänzt, der denKosten je Dienstart die entsprechendenVollkräfte gegenüberstellt. Hieraus sindweiterhin die monatlichen Gesamtkostenund die prognostizierten Bruttopersonal-kosten im laufenden Jahr ersichtlich.

Auch zu den Sachmittelverbräuchenerhalten die Führungskräfte in den Klini-ken (Chef- und Oberärzte, Pflegedienst-und Stationsleitungen) ergänzende Infor-mationen aus der Materialwirtschaft. Sowerden jeder Kostenstelle eine ABC-Ana-lyse der Produkte und die wertmäßigenVerbrauchsänderungen zum Vorjahres-zeitraum zur Verfügung gestellt.

3.4 KostenträgerrechnungDas DRG-System verändert die wirt-schaftliche Planung eines Krankenhaus-unternehmens grundlegend. Vorbei istdie Zeit, in der man sich darauf verlassenkonnte, wenigstens die Fixkosten – unab-hängig von der Leistungserbringung –annähernd finanziert zu bekommen. Nunmüssen auch Krankenhäuser mit denPreisen pro Stück rechnen und mit demgeplanten Umsatz variable und fixe Kos-ten decken. Vom Erlös jedes Patienten /jeder DRG muss also ein kleiner Teil derFixkosten (z. B. Verwaltung, Reinigung,Energie, Gebäudekosten) gedeckt wer-den. Der Großteil der Kosten eines Falles

wird durch die entsprechende Ressour-cenverwendung während der Behand-lung ausgelöst (Operationskosten, Unter-suchungen, verbrauchte Materialien undMedikamente usw.).

Deshalb hat das StiftungsklinikumMittelrhein recht schnell beschlossen,zunächst einmal im Jahr alle DRG-Fälledes Unternehmens nachzukalkulieren.Als Kostenträger ist somit die DRG defi-niert. Grundlage der Kalkulation bildetdas Kalkulationshandbuch, das von derSelbstverwaltung (Deutsche Kranken-hausgesellschaft und Krankenkassenver-bände) herausgegeben wurde und gleich-zeitig das Raster ist, nach dem die Ist-Daten vieler Häuser regelmäßig ausgewer-tet werden, um die Bewertungsrelationender DRGs zu aktualisieren. Die Kalkulati-on erfolgt demnach auf Vollkostenbasis.

Die Ergebnisse der DRG-bezogenenKostenträgerrechnung erlauben im Ge-gensatz zur einfachen Abteilungskosten-betrachtung die leistungsorientierte Bud-getierung und Steuerung von Kosten inden einzelnen Kliniken.

Um eine entsprechende Kostenträger-rechnung aufzubauen, ist es zwingenderforderlich, eine entsprechende EDV-gestützte patientenbezogene Leistungs-erfassung zu implementieren und zu pfle-gen. Hier wurden im Laufe der Jahre dieSysteme verfeinert, so dass in nahezuallen stationären Leistungsbereichen einepatientenbezogene Leistungserfassungerfolgt. Auch in den sog. „sekundären

Controlling im Krankenhaus – ein Praxisbericht aus dem Stiftungsklinikum Mittelrhein

Abbildung 5: Auswirkungen der veränderten Erlöszurechnung bei Abgrenzung intern verlegter DRG-Fälle

DRGs für Entlassabteilung Aufgeteilte DRGs Differenz

FA „rein“ CMI Casemix Erlös Casemix Erlös Absolut Prozentual

CH 0,927 992,321 2.651.958 835,924 2.233.991 – 417.967 – 16%

IN 0,885 1.902,918 5.085.510 1.895,984 5.066.981 – 18.530 0%

IT 3,679 767,570 2.051.315 1.117,108 2.985.450 934.134 46%

… … … … … … … …

… … … … … … … …

… … … … … … … …

… … … … … … … …

Summen: 9.924,859 26.523.987 9.924,859 26.523.987 0 0%Der „reine“ CMI (= Casemix-Index) ist für jede Abteilung der durchschnittliche Fallwert aller nicht intern verlegten Fälle.

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Leistungsbereichen“ wie z. B. Physiothe-rapie- und Ergotherapie werden die Leis-tungen je Patient erfasst.

3.5 BenchmarkingDas Stiftungsklinikum Mittelrhein bestehtaus drei Standorten, demnach wollte dieGeschäftsführung die Kostenträgerrech-nung so ausgestaltet haben, dass innerhalbdes Konzerns Benchmarking möglich wird.

Auch im Krankenhausbereich wirdder Vergleich mit anderen Branchenmit-

bewerbern zunehmend wichtiger. AlsMitglied im CLINOTEL Krankenhaus-verbund findet unter dem Motto „Zuden Besten gehören, von den Besten ler-nen“ ein umfangreiches Benchmarkingvon verschiedensten Kennziffern und Da-ten statt.

So nahm das Stiftungsklinikum Mit-telrhein am gemeinsamen DRG-Kalkula-tionsprojekt des CLINOTEL Kranken-hausverbundes teil. Durch den Vergleichmit anderen CLINOTEL-Häusern haben

die Teilnehmer die einmalige Chance,von den Besten zu lernen, also an optima-len Behandlungsmustern (Leistungser-stellungsprozesse) und/oder wirtschaft-licheren Kalkulationssätzen zu arbeiten.Diese Chance haben wir nur, weil sichalle Verbundkrankenhäuser zur Offen-legung ihrer Daten und der offenen undehrlichen Diskussion verpflichtet haben.

Weitere Schwerpunkte des Benchmar-king im CLINOTEL Krankenhaus-verbund sind die Gegenüberstellung von

Pfeuffer/Frieling/Lahuis/Koch

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Abbildung 6: Monatliches Kostenblatt

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Kodierungsergebnissen, der Vergleichvon Personalstrukturen und Personal-kennziffern und der regelmäßige Aus-tausch innerhalb der verschiedenenKontaktgruppen.

3.6 Medizin-ControllingDas Medizincontrolling hat durch dieEinführung des DRG-Fallpauschalen-systems im Krankenhausbereich an Be-deutung gewonnen. Dies zeigt sich zumBeispiel durch die Veränderung der An-forderungen an ein Leistungscontrolling.

Eine sinnvolle Verbindung des be-triebswirtschaftlichen Controlling mitmedizinischen Kenntnissen ist für dieBereitstellung von Daten und Informa-tionen für die Krankenhausführung un-erlässlich. Hieraus ergeben sich unteranderem folgende Aufgaben:• Analyse von medizinischen Daten

(Diagnosen/Leistungen)• Überprüfung der Kodierung (Doku-

mentation von Diagnosen und Proze-duren, die für eine DRG-Zuordnungentscheidend sind) und damit Unter-stützung bei der Erlössicherung

• Durchführung von Schulungsmaß-nahmen mit den Themenschwerpunk-ten Kodierung, DRG-System und Ab-rechnungsregeln

• Bereitstellung, Kommunikation undAnalyse von Benchmarkingdaten(CLINOTEL Krankenhausverbund);Durchführung von regelmäßigen Sit-zungen mit der Kontaktgruppe „DRG-Beauftragte“

• Unterstützung bei der Weiterentwick-lung und Verbesserung von Ablauf-prozessen zwischen den BereichenMedizin, Pflege und Verwaltung

• Mitwirkung bei der Entwicklung vonneuen Leistungsfeldern in medizini-schen Bereichen

• Gemeinsame Leistungsplanung mitden Kliniken als Bestandteil zur Vor-bereitung der Budgetverhandlung

• Mitarbeit bei der Erstellung vonBehandlungspfaden mit allen amBehandlungsprozess beteiligten Be-rufsgruppen

• Unterstützung des ärztlichen Dienstesbei der Bearbeitung der externen Qua-litätssicherung

• Begleitung der Prüfungen durch denMedizinischen Dienst der Kranken-kassen (MDK) inkl. Ergebnisanalyseund -kommunikation

4 Entwicklung/Ausblick4.1 Interne Budgetierung und

DeckungsbeitragsrechnungDie Qualität der Internen Budgetierungließ in der Vergangenheit zu wünschenübrig. Aufgrund der im letzten Jahr auf-gebauten Instrumente und der verbesser-ten Datenlage im StiftungsklinikumMittelrhein kann sie jedoch wesentlichverbessert werden. Ausgangspunkt sinddie Ergebnisse der internen Leistungspla-nung sowie die „Festlegung“ von Soll-kosten je DRG, die aufgrund der Kosten-trägerrechnung möglich ist. Insofernwird die Kostenplanung je Klinik an Leis-tungsentwicklungen und mögliche Pro-zessverbesserungen angepasst.

Ein weiterer Schritt wird der Aufbaueiner mehrstufigen Deckungsbeitrags-rechnung je Leistungszentrum sein.Dabei ist bei der Erlösplanung von voll-umfänglichen Erlösen je entlassenderFachabteilung auszugehen; zu erwarten-de Mehr- oder Mindererlösausgleichesowie notwendige Ausbuchungen vonForderungen aufgrund fehlender Durch-setzungsmöglichkeit (z. B. wegen durchden MDK nachgewiesener Fehlbelegung)sind einzubeziehen.

Die abteilungsbezogenen direkten Kos-ten (Personalkosten, medizinischer Sach-bedarf) erhält man aus der Finanzbuch-haltung, so dass der Deckungsbeitrag Irelativ einfach dargestellt werden kann.

Danach werden Kosten für die Inner-betriebliche Leistungsverrechnung dersog. „sekundären Leistungsbereiche“(Radiologie, Labor, EKG etc.), die sichaus der Multiplikation der angefordertenLeistungsmengen mit einem kalkuliertenVerrechnungspreis ergeben, abgezogen.Bei dieser Ermittlung des Deckungs-beitrages II sind auch die „eingekauften“Leistungen anderer Fachabteilungen, diewährend des Behandlungsfalles tätigwurden, zu bewerten und einzubeziehen.Schließlich soll die Verrechnung oderUmlage sämtlicher tertiärer Unterneh-

mensbereiche (z. B. Verwaltung, Unter-kunft und Verpflegung) erfolgen.

Die Einführung einer Deckungsbei-tragsrechnung mit der Konsequenz, dieVerantwortlichen „nur“ noch über zu er-reichende Deckungsbeiträge zu steuern,bedarf einer vollständigen Informationund intensiven Kommunikation (Ände-rung der Anreizsysteme, Gegensteuerungbei aufkommenden Abteilungsegoismen)mit den Führungskräften sowie denuneingeschränkten Zugang zu allen füh-rungsrelevanten Informationen. Sie be-deutet aber die konsequente Umsetzungunseres Unternehmenssteuerungsmodells.

4.2 ProzesskostenrechnungDurch die Einführung des neuen Ver-gütungssystems werden Krankenhäuserverpflichtet, ihre Abläufe näher zu be-trachten. Eine Optimierung führt zurKostensenkung und unter DRG-Bedin-gungen zu einer besseren Ergebnissitua-tion. Hieraus resultiert die Notwendig-keit, Klinische Behandlungspfade einzu-führen. Klinische Behandlungspfade sindvereinbarte, standardisierte Handlungs-abläufe, die sich an evidenzbasierten Leit-linien orientieren. Um diese kostenmäßigzu bewerten, reicht die oben beschriebeneKostenträgerrechnung auf Vollkostenbasisnicht aus. Daher beginnt das Stiftungskli-nikum Mittelrhein 2005 mit dem Versuch,anhand der beiden im letzten Jahr einge-führten Behandlungspfade eine Prozess-kostenrechnung zu implementieren.

4.3 KennzahlensystemeDie Einführung weiterer Kennzahlensys-teme, die nicht nur ihren Fokus aufmonetäre Ziele setzen, ist in der Vergan-genheit diskutiert, jedoch noch nicht um-gesetzt worden. Hierbei hervorzuhebenist, dass mit der theoretischen Umsetzungeiner Balanced Scorecard (BSC) im Ge-sundheitszentrum Ev. Stift St. Martin imRahmen einer Praxisarbeit im Jahr 2001begonnen wurde. Jedoch zeigte sich sehrschnell, dass die Implementierungschan-cen einer BSC – als „Bindeglied“ zwi-schen der strategischen und operativenPlanungsebene – vor dem Hintergrundder knappen Ressourcen im Controlling-bereich als gering eingeschätzt wurden.

Controlling im Krankenhaus – ein Praxisbericht aus dem Stiftungsklinikum Mittelrhein

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Ungeachtet dessen wurde jedoch imZusammenhang mit der Entwicklungeiner BSC am Beispiel des Evang. Stiftseindeutig festgestellt, dass vor allemKrankenhäuser aufgrund der gegebenengesetzlichen Anforderungen an die Do-kumentation über ein vergleichsweisebreites Spektrum an Leistungsdaten ver-fügen, die bislang kaum als Steuerungs-instrumentarium genutzt werden. Inwie-weit eine BSC kurzfristig einzuführen ist,wurde kürzlich – auch im Zusammen-hang mit der Diskussion und Verabschie-dung von Qualitätsgrundsätzen, derEntwicklung von Qualitätszielen und derAbleitung von weiteren Kennzahlen zurFeststellung der Zielerreichung dieserQualitätsziele – neu angestoßen.

4.4 Führungsinformationssystem Die bisherigen Beschreibungen machendeutlich, dass Daten immer vielfältigerwerden, in unterschiedlichen Systemengesammelt und verarbeitet werden, aberimmer schneller vollständig und verständ-lich Führungskräften zur Verfügung ste-hen müssen. Alle Informationen müssenlogisch vernetzt werden. Mit der monatli-chen Verteilung der Berichte in Papierformkann man mittelfristig diesem Anspruchnicht mehr gerecht werden. Somit ist eseine Zukunftsaufgabe, ein Management-Informations-System einzuführen. Dabeimuss die Architektur so gewählt sein, dassdie Daten aus verschiedenen operativenSystemen integriert werden und dem Be-trachter erlauben, „auf Knopfdruck“ eineGesamtschau auf führungsrelevante Infor-mationen in höchster Qualität (d. h. ak-tuell, schnell und vollständig) zu erhalten.

4.5 Konzept und Prozess der finan-ziellen Unternehmenssteuerung

Immer mehr erfährt der Controller, dasses auf eine abgestimmte Planung und ver-bindliche Umsetzung aller Prozessabläu-fe, die zur finanziellen Steuerung desUnternehmens beitragen, ankommt.

Diesen Prozess zu gestalten und allePlanungs- und Umsetzungshandlungendarauf abzustimmen, ist ein notwendigerTeilschritt eines Controllingsystems.

In Form einer Mind-Map sind bereitsGedanken gesammelt worden. Daraus

muss im Folgenden das vollständige Kon-zept für die Durchführung und Planungentwickelt werden, in dem Planprozesseund die zugehörigen Steuerungsinstru-mente im Stiftungsklinikum Mittelrheinaufgestellt, beschrieben, terminiert undden Verantwortlichen zugeordnet sind.Die Einhaltung aller Teilschritte musskoordiniert und kontrolliert werden.Daraus lassen sich exakte Anforderungenan ein Führungsinformationssystem ab-leiten. Eine Zukunftsaufgabe unseres Ge-schäftsbereiches.

4.6 Strategisches ControllingZur Steuerung wesentlicher Zielgrößender Unternehmensplanung über einenlängeren Zeitraum müssen Chancen undRisiken systematisch erkannt und beach-tet werden. Letztlich um Erfolgspotenzia-le zu eruieren und langfristig die Existenzzu sichern, ist mit entscheidungsrelevan-ten Daten, u. a. aus dem Controlling (z. B.Informationen über Krankheitsentwick-lungen, Einweiserverhalten, Konkurrenz-situation), die strategische Unterneh-mensplanung zu unterstützen. Diese mussunter weiterer Beobachtung der vorausge-setzten Umfeldbedingungen wieder einemSoll-Ist-Vergleich zugeführt und in opera-tive Pläne umgesetzt werden.

5 Ethik und SteuerungEmpfehlungen zur Verschiebung vonAufnahmen schwererer Fälle, Diskussio-nen mit den Krankenkassen über diestationäre Notwendigkeit von Behand-lungen, drastische Verkürzung der Ver-weildauer, Überlegungen, ob Diagnosenmit mehr Komplikationen oder Neben-diagnosen zu höheren Erlösen führen,Kosteneinsparungen bei der Behandlungvon Patienten, Kritik an zu vielen Unter-suchungen bei Patienten mit einer ein-fachen Diagnose oder an zu teuremMedikamentenverbrauch – dies ist nurein Auszug aus den Kommentierungender Krankenhauscontroller.

Welche Patienten sind lukrativ? Kön-nen wir die anderen verschieben? Leistenwir uns in Zukunft noch Behandlungenmit einer innovativen, aber teuren Chemo-therapie, nur, damit der Patient eine drei

Monate längere Lebenserwartung mitKrebs hat? … An dieser Stelle höre ichauf, weiter zu denken, weiter zu fragen,aber in der Realität stellen sich dem heu-tigen Krankenhausmanagement nochganz andere Fragen. Der Leser wird sichnun fragen, wo da die Ethik bleibt.

Wo bleibt sie in einem sozialen Unter-nehmen, einem Unternehmen, das denAuftrag hat, unser höchstes Gut – näm-lich unsere Gesundheit – zu schützen,einem Unternehmen, das eine Non-Pro-fit-Organisation ist, einem Unternehmen,das in der Präambel seines Leitbildes dasChristliche Menschenbild als Traditionvoranstellt und im Sinne christlicherNächstenliebe dem Hilfe suchendenMenschen vom Beginn bis zum Ende desLebens umfassend dienen will?

Steuerung und Ethik ist ein Thema,was aufwühlt und was den Mitarbeiten-den im täglichen Konflikt begegnet. Abergerade um unseren Auftrag im Sinneunseres Menschenbildes bestmöglich zuerfüllen, sollten wir gemäß unseren Leit-linien handeln:

Machen wir unser Handeln transpa-rent, suchen wir nach zeitgemäßen undeffizienten Behandlungsmethoden imbestmöglichen Vergleich, damit wirverantwortungsvoll unserem Auftragehrlich und nachhaltig nachkommenkönnen. Und scheuen wir uns nicht vorder Auseinandersetzung mit ethisch-moralischen Themen in den betriebswirt-schaftlichen Abteilungen. Sie hält uns imGleichgewicht. Ein Gremium, was sichmit ähnlichen Fragen in unserem Unter-nehmen sehr behutsam beschäftigt, istdas Ethikkommittee.

LiteraturLANZ, R.: Controlling in kleinen und mittlerenUnternehmen, Bern/Stuttgart, 1989.RIEDER, LUKAS: Manager, Controlling und Con-troller, in: SIEGWART/RIEDER (Hrsg.), Controller-Leitfaden 2/2, Stand: November 1999.WEBER, JÜRGEN: Einführung in das Controlling,10. Auflage, Stuttgart, 2004.HECHT, LUTZ; SCHLEPPER, JÜRGEN: Controllingim Krankenhaus – Ein Praxisbericht aus dem Ge-sundheitszentrum Evang. Stift St. Martin gGmbH,Koblenz, in: krp-Sonderheft 2/2002, S. 55 – 61.

Pfeuffer/Frieling/Lahuis/Koch

KOSTENSENKUNG IM GESUNDHEITSWESEN

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ACCOUNTING

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