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In der aktualisierten Fassung der COPD-GOLD-Leit- linie wird der Nutzen von Kombinationen verschie- dener Bronchodilatatoren diskutiert. Mit Regimen eines lang wirksamen Beta-2-Agonisten und eines lang wirksamen Anticholinergikums wurde in Stu- dien eine signifikante Verbesserung der Lungen- funktion im Vergleich zu den Einzelsubstanzen er- reicht. Da die Datenlage zu den «patient-reported outcomes» jedoch bis anhin keine ausreichende Evi- denz für eine bessere Prävention von Exazerbatio- nen liefert, werden diese Kombinationen derzeit nicht als Erstlinienoption empfohlen. GLOBAL INITIATIVE FOR CHRONIC OBSTRUCTIVE LUNG DISEASE Die Global Initiative for Chronic Obstructive Lung Disease (GOLD) hat 2014 eine aktualisierte Fassung ihrer Leitlinie zur Diagnose, zum Management und zur Prävention der chronisch-obstruktiven Lungenerkrankung (COPD) heraus- gegeben. Die Behandlung der COPD beinhaltet nicht medika- mentöse Massnahmen und Medikamente. Das Ziel der phar- makologischen Therapie besteht in der Linderung der Be- schwerden, der Reduzierung der Schwere und der Häufigkeit der Exazerbationen sowie in einer Verbesserung des Gesund- heitszustands und der körperlichen Leistungsfähigkeit. Der langfristige Verlust der Lungenfunktion kann mit den derzeit verfügbaren Medikamenten jedoch nicht verhindert werden (1). Bronchodilatatoren sind die zentralen Medikamente für das symptomatische Management der COPD (Tabelle 1). Sie ver- bessern die Einsekundenkapazität (FEV1 = forced expiratory volume) und andere spirometrische Kenngrössen über eine Veränderung des Tonus der glatten Muskulatur der Atem- wege. Bronchodilatatoren verbessern die Lungenentleerung, reduzieren die dynamische Hyperinflation und steigern die körperliche Leistungsfähigkeit. Das Ausmass dieser sympto- matischen Verbesserungen kann – vor allem bei schwerer oder sehr schwerer COPD – nicht immer anhand der Verän- derung des FEV1-Werts prognostiziert werden. Aufgrund des Wirksamkeits- und Sicherheitsprofils empfehlen die GOLD- Experten, inhalative Bronchodilatatoren vorzuziehen. Bei der Inhalationstherapie ist sicherzustellen, dass der Patient die Inhalationstechnik beherrscht. Bronchodilatatoren wer- den bei Bedarf oder regelmässig zur Symptomreduzierung ge- geben (1). Beta-2-Agonisten Bei Beta-2-Agonisten erfolgt die Entspannung der Bronchial- muskulatur über die Stimulierung der Beta-2-Adrenorezep- toren. Die bronchienerweiternden Effekte kurz wirksamer Beta-2-Agonisten dauern etwa 4 bis 6 Stunden an. Bei regel- mässiger Anwendung nach Bedarf verbessern sich Lungen- funktion und Symptome. Hohe Dosierungen kurz wirksamer Beta-2-Agonisten werden für Patienten, die bereits mit lang wirksamen Bronchodilatatoren behandelt werden, nicht empfohlen. Die lang wirksamen Beta-2-Agonisten (LABA = Long Acting Beta Agonist) Formoterol und Salmeterol weisen eine Wir- kungsdauer von etwa 12 Stunden auf. Bei Indacaterol han- delt es sich um einen Beta-2-Agonisten mit einer Wirkungs- dauer von 24 Stunden. Die bronchienerweiternde Wirkung von Indacaterol ist signifikant ausgeprägter als die von For- moterol oder Salmeterol und vergleichbar mit der des Anti- cholinergikums Tiotropium. Die Stimulierung der Beta-2- Adrenorezeptoren kann mit unerwünschten Wirkungen wie Tachykardie, Herzrhythmusstörungen oder Tremor verbun- den sein (1). Anticholinergika Die atemwegserweiternde Wirkung von Anticholinergika be- ruht auf der Blockierung verschiedener Muskarinrezeptoren. Der bronchienerweiternde Effekt kurz wirksamer inhalativer Anticholinergika wie Ipratropium oder Oxitropium bleibt bis zu 8 Stunden bestehen und hält somit länger an als die dila- tatorische Wirkung kurz wirksamer Beta-2-Agonisten (1). FORTBILDUNG 584 ARS MEDICI 11 2014 COPD – Update 2014 der GOLD-Guidelines Neues zur Anwendung von Bronchodilatatoren Merksätze Die Behandlung der COPD richtet sich nach den spirometrischen Ergebnissen, den Symptomen und dem Exazerbationsrisiko. Bronchodilatatoren sind die zentralen Medikamente zum Manage- ment der Symptome. Wird mit Einzelsubstanzen bei Patienten der Gruppen B, C und D keine ausreichende Wirksamkeit erzielt, kann eine Kombination verschiedener Bronchodilatatoren in Betracht gezogen werden.

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In der aktualisierten Fassung der COPD-GOLD-Leit-

linie wird der Nutzen von Kombinationen verschie-

dener Bronchodilatatoren diskutiert. Mit Regimen

eines lang wirksamen Beta-2-Agonisten und eines

lang wirksamen Anticholinergikums wurde in Stu-

dien eine signifikante Verbesserung der Lungen-

funktion im Vergleich zu den Einzelsubstanzen er-

reicht. Da die Datenlage zu den «patient-reported

outcomes» jedoch bis anhin keine ausreichende Evi-

denz für eine bessere Prävention von Exazerbatio-

nen liefert, werden diese Kombinationen derzeit

nicht als Erstlinienoption empfohlen.

GLOBAL INITIATIVEFOR CHRONIC OBSTRUCTIVE LUNG DISEASE

Die Global Initiative for Chronic Obstructive Lung Disease(GOLD) hat 2014 eine aktualisierte Fassung ihrer Leitliniezur Diagnose, zum Management und zur Prävention derchronisch-obstruktiven Lungenerkrankung (COPD) heraus-gegeben. Die Behandlung der COPD beinhaltet nicht medika -mentöse Massnahmen und Medikamente. Das Ziel der phar-makologischen Therapie besteht in der Linderung der Be-schwerden, der Reduzierung der Schwere und der Häufigkeitder Exazerbationen sowie in einer Verbesserung des Gesund-heitszustands und der körperlichen Leistungsfähigkeit. Derlangfristige Verlust der Lungenfunktion kann mit den derzeitverfügbaren Medikamenten jedoch nicht verhindert werden (1).

Bronchodilatatoren sind die zentralen Medikamente für dassymptomatische Management der COPD (Tabelle 1). Sie ver-bessern die Einsekundenkapazität (FEV1 = forced expiratoryvolume) und andere spirometrische Kenngrössen über eineVeränderung des Tonus der glatten Muskulatur der Atem-wege. Bronchodilatatoren verbessern die Lungenentleerung,reduzieren die dynamische Hyperinflation und steigern diekörperliche Leistungsfähigkeit. Das Ausmass dieser sympto-matischen Verbesserungen kann – vor allem bei schwereroder sehr schwerer COPD – nicht immer anhand der Verän-derung des FEV1-Werts prognostiziert werden. Aufgrund desWirksamkeits- und Sicherheitsprofils empfehlen die GOLD-Experten, inhalative Bronchodilatatoren vorzuziehen. Beider Inhalationstherapie ist sicherzustellen, dass der Patientdie Inhalationstechnik beherrscht. Bronchodilatatoren wer-den bei Bedarf oder regelmässig zur Symptomreduzierung ge-geben (1).

Beta-2-AgonistenBei Beta-2-Agonisten erfolgt die Entspannung der Bronchial-muskulatur über die Stimulierung der Beta-2-Adrenorezep-toren. Die bronchienerweiternden Effekte kurz wirksamerBeta-2-Agonisten dauern etwa 4 bis 6 Stunden an. Bei regel-mässiger Anwendung nach Bedarf verbessern sich Lungen-funktion und Symptome. Hohe Dosierungen kurz wirksamerBeta-2-Agonisten werden für Patienten, die bereits mit langwirksamen Bronchodilatatoren behandelt werden, nichtempfohlen. Die lang wirksamen Beta-2-Agonisten (LABA = Long ActingBeta Agonist) Formoterol und Salmeterol weisen eine Wir-kungsdauer von etwa 12 Stunden auf. Bei Indacaterol han-delt es sich um einen Beta-2-Agonisten mit einer Wirkungs-dauer von 24 Stunden. Die bronchienerweiternde Wirkungvon Indacaterol ist signifikant ausgeprägter als die von For-moterol oder Salmeterol und vergleichbar mit der des Anti-cholinergikums Tiotropium. Die Stimulierung der Beta-2-Adrenorezeptoren kann mit unerwünschten Wirkungen wieTachykardie, Herzrhythmusstörungen oder Tremor verbun-den sein (1).

AnticholinergikaDie atemwegserweiternde Wirkung von Anticholinergika be-ruht auf der Blockierung verschiedener Muskarinrezeptoren.Der bronchienerweiternde Effekt kurz wirksamer inhalativerAnticholinergika wie Ipratropium oder Oxitropium bleibtbis zu 8 Stunden bestehen und hält somit länger an als die dila -tatorische Wirkung kurz wirksamer Beta-2-Agonisten (1).

FORTBILDUNG

584 ARS MEDICI 11 � 2014

COPD – Update 2014 der GOLD-GuidelinesNeues zur Anwendung von Bronchodilatatoren

Merksätze

� Die Behandlung der COPD richtet sich nach den spirometrischenErgebnissen, den Symptomen und dem Exazerbationsrisiko.

� Bronchodilatatoren sind die zentralen Medikamente zum Manage-ment der Symptome.

� Wird mit Einzelsubstanzen bei Patienten der Gruppen B, C und Dkeine ausreichende Wirksamkeit erzielt, kann eine Kombinationverschiedener Bronchodilatatoren in Betracht gezogen werden.

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FORTBILDUNG

ARS MEDICI 11 � 2014 585

Die lang wirksamen Anticholinergika (LAMA = Long ActingMuscarinic Antagonist) Aclidinium und Gly copyrroniumwurden als neue Substanzen in die aktuellen GOLD-Leitli-nien aufgenommen (2). Aclidinium erweitert die Atemwegeüber mindestens 12 Stunden, während Tiotropium und Gly-copyrronium eine Wirkdauer von mehr als 24 Stunden auf-weisen. Aclidinium und Glycopyrronium zeigen im Hinblickauf die Verbesserung der Lungenfunktion und der Atemnoteine mit Tiotropium vergleichbare Wirksamkeit (1). Anticholinergika werden nur geringfügig absorbiert, wo-durch systemische Effekte limitiert werden. Anticholinergikahaben sich über ein breites Dosierungsspektrum und unterverschiedenen klinischen Bedingungen als sehr sicher erwie-sen. In einer Metaanalyse war Tiotropium bei Applikationüber den Respimat®-Inhalator zwar mit einem signifikant erhöhten Mortalitätsrisiko im Vergleich zu Plazebo verbun-

den (1). In der TIOSPIR-Studie (TIOtropium Safety and Per-formance In Respimat) zeigte sich jedoch kein Unterschiedim Hinblick auf die Exazerbations- oder die Mortalitätsratebeim Vergleich der Applikation mit Respimat® oder einemTrockenpulverinhalator (1, 2).

TheophyllinDas orale Methylxanthin Theophyllin ist weniger wirksamund weniger gut verträglich als inhalative lang wirksameBronchodilatatoren. Die Anwendung wird daher nicht emp-fohlen, solange die anderen Medikamente zur Verfügung ste-hen. Mit der Zugabe von Theophyllin zu Salmeterol wurdeallerdings eine ausgeprägtere Verbesserung des FEV1-Wertsund der Atemnot erreicht als mit Salmeterol allein. Niedrigdosiertes Theophyllin reduziert Exazerbationen, verbessertaber nicht die Lungenfunktion.

Tabelle 1:

Bronchodilatatoren zur Behandlung der COPD (nach GOLD-Report 2014)

Substanzklasse Handelspräparate

kurz wirksame Beta-2-Agonisten Fenoterol (Berotec N®), Salbutamol (Ventolin® und Generika), Terbutalin (Bricanyl®)

lang wirksame Beta-2-Agonisten Arformoterol (nicht im AK der Schweiz), Formoterol (Foradil®, Oxis®, Indacaterol (Onbrez® Breezha-ler®), Salmeterol (Serevent®), Tulobuterol (nicht im AK der Schweiz)

kurz wirksame Anticholinergika Ipratropiumbromid (Atrovent®, Rhinovent® und Generika), Oxitropiumbromid*

lang wirksame Anticholinergika Aclidiniumbromid (Eklira® Genuair®), Glycopyrroniumbromid (Seebri® Breezhaler®), Tiotropium (Spiriva®)

Kombination: kurz wirksamer Fenoterol/Ipratropium (Berodual®), Salbutamol/Ipratropium (Dospir® und Generika)Beta-2-Agonist + Anticholinergikumin einem Inhalator

Kombination: lang wirksamer Indacaterol/Glycopyrronium (nicht im AK der Schweiz), Vilanterol/Umeclidinium (nicht im AK der Beta-2-Agonist + Anticholinergikum Schweiz)in einem Inhalator

Methylxanthin Aminophyllin (Aminophyllin Amino®), Theophyllin (Euphyllin® und Generika)

Kombination: lang wirksamer Formoterol/Budesonid (Symbicort® Turbuhaler, Vannair® Dosieraerosol), Formoterol/Mometason (nichtBeta-2-Agonist + Kortikosteroid im AK der Schweiz), Salmeterol/Fluticason (Seretide®), Vilanterol/ Fluticasonfuroat (Relvar® Ellipta) in einem Inhalator

Tabelle 2:

Risikoevaluierung bei COPD (nach GOLD-Report 2014)Patientenkategorie Charakteristika Spirometrische Exazerbationen Symptome Atemnot

Klassifizierung pro Jahr (CAT) (mMRC)

Ageringes Risiko,wenige Symptome GOLD 1-2 ≤ 1 < 10 0-1

Bgeringes Risiko,mehr Symptome GOLD 1-2 ≤ 1 ≥ 10 ≥ 2

Chohes Risiko,wenige Symptome GOLD 3-4 ≥ 2 < 10 0-1

Dhohes Risiko,ausgeprägte Symptome GOLD 3-4 ≥ 2 ≥ 10 ≥ 2

GOLD 1: FEV1 > 70% Soll, GOLD 2: 50% < FEV1 < 80% Soll, GOLD 3: 30% < FEV1 < 50% Soll, GOLD 4: FEV1 < 30% Soll, CAT = COPD Assessment Test,mMRC = modified Medical Research Counsil Dyspnea Scale

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FORTBILDUNG

586 ARS MEDICI 11 � 2014

Die Toxizität von Methylxanthinen ist dosisabhängig. Dergrösste Nutzen zeigt sich erst bei annähernd toxischen Do-sierungen. Zu den Nebenwirkungen gehören Arrhythmienund Krampfanfälle. Als weitere unerwünschte Wirkungenwurden Kopfschmerzen, Schlafstörungen, Übelkeit und Sod-brennen beobachtet. Zudem kann es zu signifikanten Wech-selwirkungen mit gängigen Medikamenten wie Herzglykosi-den (z.B. Digoxin®, Digitoxin®) kommen, und im Gegensatzzu anderen Bronchodilatatoren besteht bei Methylxanthinenein Überdosierungsrisiko.

Kombinationstherapie mit BronchodilatatorenDie Kombination verschiedener Bronchodilatatoren mit unterschiedlichen Mechanismen und Wirkdauern kann dieBronchienerweiterung bei vergleichbar oder weniger häu -figen Nebenwirkungen verbessern.Die Kombination eines kurz wirksamen Beta-2-Agonistenund eines Anticholinergikums resultiert in einer ausgepräg-teren und länger anhaltenden Verbesserung des FEV1-Wertsals jede Substanz für sich allein. Innerhalb eines Behandlungs-zeitraums von 90 Tagen wurde keine Tachyphylaxie beobach-tet. Die Kombination eines Beta-2-Agonisten mit einem Anti-cholinergikum und/oder Theophyllin könnte mit zusätzlichenVerbesserungen der Lungenfunktion verbunden sein. Bei einer kurzfristigen Kombinationstherapie mit Formoterolund Tiotropium wurde ein grösserer Effekt auf den FEV1-Wert erzielt als mit den Einzelkomponenten. Kombinationenaus kurz wirksamen Beta-2-Agonisten und Anticholinergikasind den Einzelsubstanzen bezüglich der Verbesserung desFEV1-Werts und der Symptome ebenfalls überlegen.

Mit Kombinationen eines lang wirksamen Beta-2-Agonistenund eines lang wirksamen Anticholinergikums wurde in Studien eine signifikante Zunahme der Lungenfunktion erreicht, und mittlerweile werden Fixkombinationen wie Indacaterol/Glycopyrronium (EU: Ultibro® Breezhaler®) oderVilanterol/Umeclidinium (EU, USA: Anoro® Ellipta®) aufdem Markt angeboten (Tabelle 1) (1, 2). Daher sei eigentlicheine explizite Empfehlung von LABA-/LAMA-Kombinatio-nen erwartet worden, erläutert Prof. Dr. Claus Vogelmeier,Leiter der Klinik für Pneumologie am UniversitätsklinikumMarburg (2). Eine Kombination aus kurz oder lang wirk -samen Beta-2-Agonisten und Anticholinergika sollte entspre-chend den aktuellen Empfehlungen jedoch erst in Betrachtgezogen werden, wenn die Symptome mit Einzelsubstanzennicht gelindert werden können (1). Die GOLD-Experten begründen die Einstufung als Zweitlinienoption damit, dassdie Datenlage zu den Ergebnissen bezüglich der «patient- reported outcomes» (PRO) derzeit noch begrenzt ist. IhrerAnsicht nach liegt daher bis anhin zu wenig Evidenz vor, umentscheiden zu können, ob eine Kombination lang wirksamerBronchodilatatoren effektiver zur Verhinderung von Exa -zerbationen ist als ein lang wirksames Anticholinergikum allein (1, 2).Desweiteren stehen Fixkombinationen aus einem lang wirk-samen Beta-2-Agonisten und einem inhalativen Kortikoste-roid wie Formoterol/Budesonid, Salmeterol/Fluticason oderVilanterol/Fluticasonfuroat zur Verfügung. In Studien habensich diese Kombinationen zur Verbesserung der Lungenfunk-tion und zur Reduzierung von Exazerbationen bei mittel-schwerer bis sehr schwerer COPD als effektiver im Vergleich

Tabelle 3:

Initiales pharmakologisches Management der COPD (nach GOLD-Report 2014)

Patientengruppe Empfohlene First-Line-Medikamente Alternativen Weitere Möglichkeiten

A kurz wirksames Anticholinergikum LAMA oder LABA bei Bedarf Theophyllinbei Bedarf oder oderkurz wirksamer Beta-2-Agonist kurz wirksamer Beta-2-Agonist +

kurz wirksames Anticholinergikum

B LAMA oder LABA LAMA + LABA kurz wirksamer Beta-2-Agonist +/ oderkurz wirksames AnticholinergikumTheophyllin

C ICS + LABA oder LAMA LAMA + LABA kurz wirksamer Beta-2-Agonist +/oderoder kurz wirksames AnticholinergikumLAMA + PDE-4-Hemmer TheophyllinoderLABA + PDE-4-Hemmer

D ICS + LABA +/ oder LAMA ICS + LABA + LAMA Carbocysteinoder kurz wirksamer Beta-2-Agonist +/ oderICS + LABA + PDE-4-Hemmer kurz wirksames Anticholinergikumoder TheophyllinLAMA + LABAoderLAMA + PDE-4-Hemmer

ICS: inhalatives Kortikosteroid; LABA: lang wirksamer Beta-2-Agonist; LAMA: lang wirksames Anticholinergikum; PDE-4-Hemmer: Phosphodiesterase-4-Hemmer

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zu den Einzelsubstanzen erwiesen. In einer Metaanalysewurde zudem eine Reduzierung der Mortalität festgestellt.Kombinationen aus einem lang wirksamen Beta-2-Agonistenund einem inhalativen Kortikosteroid sind mit einem erhöh-ten Pneumonierisiko, jedoch nicht mit weiteren signifikantenunerwünschten Wirkungen verbunden (1).

Management der stabilen COPDDas pharmakologische Management der COPD richtetsich nach den spirometrischen Ergebnissen sowie nach denindividuellen Symptomen und dem Exazerbationsrisiko desPatienten (Tabelle 2). Für Patienten der Gruppe A empfehlendie Experten einen kurz wirksamen Bronchodilatator bei Bedarf als Medikament der ersten Wahl (Tabelle 3). Patien-ten der Gruppe B sollten lang wirksame Bronchodilatatoren erhalten. Da sich aus der Evidenz keine vorzuziehende Medi-kamentenklasse ergibt, sollte sich die Auswahl eines geeigne-ten Präparats nach der individuell empfundenen Symptom-linderung des Patienten richten. Bei schwerer Atemnot ist

ein Kombina tionsregime lang wirksamer Bronchodilatatoreneine Alternative. Für Patienten der Gruppe C empfehlen dieExperten eine Fixkombination aus einem inhalativen Kortiko -steroid und einem lang wirksamen Anticholinergikum odereinem lang wirksamen Beta-2-Agonisten. Für Patienten derGruppe D wird als Erstlinienregime ein inhalatives Kortiko -steroid plus ein lang wirksames Anticholinergikum oder einlang wirksamer Beta-2-Agonist empfohlen. Diese First-Line-Option wird jedoch kontrovers diskutiert, da die Evidenzvorwiegend aus Kurzzeitstudien stammt. �

Petra Stölting

Quellen: 1. Decramer M et al.: Global Initiative for Chronic Obstructive Lung Disease (GOLD):

Global strategy for the diagnosis, management and prevention of chronic obstructivepulmonary disease (updated 2014). http://www.goldcopd.org

2. Reisdorf S: Nicht GOLD-wert gegen COPD: doch keine Erstlinienempfehlung für dieLABA/LAMA. www.medscapemedizin.de/artikel/4902073?src=wnl_medpl_15002014,Medscape Deutschland, 2. April 2014.

Interessenkonflikte: keine deklariert

FORTBILDUNG

588 ARS MEDICI 11 � 2014

Was ändert sich durch diese Empfehlungen in der Praxis?Prof. Dr. Jörg Leuppi: Die neuen Empfehlungen erlauben eine flexiblere und individuellere Behandlung, da neben den lungenfunktionellen Stadien noch weitere Parameter wieSymptome und Exazerbationshäufigkeit in die Therapie -entscheidung einfliessen.

Wie früh sollte mit Bronchodilatatoren begonnen werden undwann mit Kortikosteroiden?Leuppi: Gruppe A braucht nur ein Notfallmedikament. Aber abGruppe B sollte sicher mit lang wirksamen Bronchodilatatoren(entweder ein lang wirksames Anticholinergikum oder ein langwirksames Beta-2-Mimetikum, ggf. rasch auch die Kombi -nation von beiden) begonnen werden. Durch die so erreichteEntblähung haben die Patienten weniger Atemnot und werdenauch klar leistungsfähiger. Weiter reduziert man damit auch dieExazerbationshäufigkeit. Inhalative Kortikosteroide solltenerst bei Patientengruppe C eingesetzt werden beziehungsweisebei Patienten, die unter häufigen Exazerbationen leiden.

Neben Tiotropium stehen als LAMA nun auch Aclidinium undGlycopyrronium zur Verfügung. Nach welchen Gesichtspunk-ten kann der Arzt eine dieser Substanzen für einen bestimmtenPatienten auswählen?Leuppi: Da gibt es ganz unterschiedliche Aspekte, zum BeispielWirkungseintritt (die beiden neueren Substanzen zeigen einenrascheren Wirkungseintritt), Häufigkeit der Applikation (Acli-dinium muss zweimal am Tag inhaliert werden) und Studien-

lage (die grösste Datenlage besteht für Tiotropium). Es gibtsicher Patienten, denen ist der rasche Wirkungseintritt wichtig,gewisse Patienten bevorzugen eine zweimal tägliche Inhalationund wiederum andere wollen bei ihrem wohlbekannten undgut verträglichen Produkt bleiben. Die Wahl des Produktesmuss zunehmend individuell auch unter Berücksichtigung derInhalerdevices etc. mit dem Patienten besprochen werden.

Mit einer Kombination lang wirksamer Bronchodilatatorenkann eine signifikant ausgeprägtere Verbesserung der Lungen-funktion erreicht werden als mit den Einzelsubstanzen. Kannmöglicherweise auch der COPD-bedingte weitere Verlust derLungenfunktion im Sinne einer Krankheitsmodifizierung ver-langsamt werden? Leuppi: Das konnte bis anhin kein Produkt eindeutig zeigen.Diese Frage bleibt offen und muss weiter untersucht werden.

Welcher Gesichtspunkt ist in der klinischen Praxis wichtiger –Lungenfunktion oder subjektive Symptomverbesserung?Leuppi: Für die betroffenen Patienten stehen insbesondere dieSym ptomatik, die Leistungsfähigkeit sowie die Verhinderungvon Exazerbationen im Vordergrund. Entsprechend steht sicher die Symptomkontrolle im Fokus.

Wie kann der Arzt die Compliance von COPD-Patienten imHinblick auf die regelmässige Applikation verbessern? Verbes-sert sich die Compliance, wenn beispielsweiese ein lang wirk-samer Bronchodilatator nur einmal täglich appliziert werdenmuss?Leuppi: Grundsätzlich gilt: Je seltener am Tag Medikamente ein-genommen beziehungsweise inhaliert werden müssen, umsobesser beziehungsweise konsequenter werden sie verwendetwerden. Trotzdem gibt es individuelle Unterschiede; wie schon erwähnt, gibt es auch Patienten, die eine mehrmals tägliche Inhalation bevorzugen. �

Die Fragen stellte Christine Mücke.

NACHGEFRAGTProf. Dr. Jörg D. LeuppiKantonsspital Baselland in Liestal