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Schwarmfinanzierung im Trend Gemeinnützigkeit am Prüfstand Megaprojekte in Umsetzung INNOVATIONEN IM TIEFBAU © Faulhaber ATIONEN Im Fokus Schwarmfinanzierung im Trend Gemeinnützigkeit am Prüfstand Megaprojekte in Umsetzung CROWDFUNDING FÜR IMMOBILIEN WOHNBAU- GENOSSENSCHAFTEN TUNNELBAU & SCHALUNG DAS BAUMAGAZIN AUSGABE 7-8/2017 | 24.08.2017 | 43. JG | 5,- | a3verlag.com Retouren an Postfach 100, 1350 Wien Österreichische Post AG MZ 02Z033085 M a3 Wirtschaftsverlag GmbH, Wiener Straße 2, 2340 Mödling Persönliches Exemplar von [email protected]. Nutzung ausschließlich für den persönlichen Gebrauch gestattet.

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Gemeinnützigkeit am Prüfstand

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TUNNELBAU & SCHALUNG

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AUSGABE 7-8/2017 | 24.08.2017 | 43. JG | € 5,- | a3verlag.com Retouren an Postfach 100, 1350 Wien

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CrowdfundingWenn Bauträger ins Schwärmen kommenKleinanleger mit Aussicht auf lediglich geringe Verzinsung bei herkömmlichen Anlageformen stür-men derzeit die Crowdfunding-Plattformen und tragen so zur Kapitalaufbringung für Immobilien-projekte bei. Immer mehr Bauträger kommen dabei ins Schwärmen, Risiken für Investoren und erwünschte Nebenwirkungen für die Vermarktung inklusive. Text: Sabine Müller-Hofstetter

Neben Start-ups werden zunehmend auch Immobilienprojekte über die Crowd, also die Summe vieler Kleinanleger, zumindest teilfinanziert. Oft können Investoren bereits ab 250 Euro über sogenannte Crowd-Platt-formen (z. B. Home Rocket, Rendity oder dagobertinvest) unbürokratisch bei Immo-bilienprojekten einsteigen und für aktuelle Verhältnisse eine sehr attraktive Verzin-sung kassieren. Bauträger bringen über diese Alternativfinanzierung einen Teil des

erforderlichen Eigenkapitals bei der Bank auf. Eine Win-win-win-Situation?

Anfang August wurde das erste Crowdfun-ding-Projekt der Plattform Home Rocket in der Donaufelderstraße 221 in Wien zurück-bezahlt und damit vollständig abgewickelt. 158 Anleger investierten 324.500 Euro in das knapp 90 Eigentumswohnungen um-fassende Projekt der C&P Bauträger GmbH und erhielten dafür fünf Prozent p.a. Zin-

sen, bei einer Laufzeit von 18 Monaten. In der Zwischenzeit wurden die Wohnungen übergeben, das Kapitel inklusive Zinsen an die Kleinanleger zurückbezahlt. Alles pa-letti.

Erfolgreiche Projekte wie dieses treiben Crowdfunding in Österreich weiter voran. Auf den ersten Blick eine sichere Sache: eine etablierte Plattform, ein renommier-ter Bauträger, eine finanziell sichergestell-

(1) Neubau Schopenhauerstraße 26, (2) Sanierung Schopenhauerstraße, (3) Revitalisierung Habichergasse, (4) Reihenhäuser Casa d’Oro

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te Projekt- und Baufinanzierung, zum Zeitpunkt des Funding-Starts waren 70 Prozent der Wohnungen verkauft. An-leger-Schützer Wilhelm Rasinger ist für die Zukunft dennoch skeptisch: „Ich ste-he dieser Finanzierungsform reserviert gegenüber. Von den Investoren werden oberflächliche Entscheidungen getroffen, für die Projektentwickler ist es eine rela-tiv teure Form der Kapitalaufbringung.“

Höhere Zinsen, höheres Risiko

Betrachtet man die tagtäglich starten-den Crowdfunding-Projekte, sind deut-lich höhere Zinsen – nämlich bis zu acht Prozent – zu beobachten. Rasinger: „Hö-here Zinsen sind aber nur gerechtfertigt, wenn auch Entwicklungsgewinne erzielt werden. Das bedeutet aber mehr Risi-ko.“ Zusammengefasst: Sichere Projekte brauchen eigentlich keine Crowdfinanzie-rung, risikobehaftete Projekte bedeuten, dass vor allem bei längeren Laufzeiten die Zinsen wohl bedient werden können, aber ob das Kapital immer und überall zurückbezahlt werden wird …?, verleiht Rasinger seinen Zweifeln Ausdruck. Bernd Lausecker vom Verein für Konsu-menteninformation (VKI) ergänzt: „Die Gefahr, dass dann bei einem zu optimis-tischen Business-Plan nicht genügend Mittel zur Tilgung der Nachrangdarlehen vorhanden sind, ist sicherlich gegeben. Insofern ist es bereits bei der Auswahl von Anlagemöglichkeiten wichtig, dass der Anleger sich genau informiert, ob die angestrebten Einnahmen auch realistisch sind.“

Crowdfinanzierung ist momentan „in“, viele Kleinanleger wollen es einfach aus-probieren, die Bauträger wittern eine neue Form der Kapitalaufbringung und nicht zu vernachlässigen ist auch der Marketing-Effekt: Wenn die Crowd-Com-

munity über ihre Investments auf Face-book postet, wird automatisch Kauf-interesse geweckt. Crowdinvestoren interessieren sich auch immer häufiger dafür, Wohnungen der Entwickler zu kau-fen oder zu mieten.

Dabei ist Crowdfunding nicht ganz neu, zum Durchbruch in Österreich hat aber das Alternativfinanzierungsgesetz (Alt-FG) geholfen, das im Herbst 2015 in Kraft getreten ist. Es regelt unter anderem Nachrangdarlehen, worum es sich bei Crowdfunding nämlich handelt. Im Falle von Zahlungsschwierigkeiten oder Insol-venz des Emittenten (Darlehensnehmer) sind die Crowdinvestoren schlechter ge-stellt als die Banken und Gläubiger. An-ders ausgedrückt: Das investierte Geld kann komplett weg sein, denn Nachrang-darlehen werden wie Eigenkapital erst nach dem Fremdkapital bedient. Darauf wird auf allen Crowdfunding-Plattformen immer wieder hingewiesen. Rasinger sieht daher keinen Verbesserungsbedarf im Anlegerschutz: „Wir brauchen keine neuen Regeln, wir brauchen mündige An-leger“, so seine Einschätzung.

Bis 100.000 Euro Fundinglevel gibt es derzeit keine Informationspflicht, darü-ber bis 1,5 Millionen Euro – in diesem Rahmen bewegt sich üblicherweise Im-mobilien-Crowdfunding – besteht zwar eine Informationspflicht AltFG, zu der unter anderem die unverzügliche Veröf-fentlichungspflicht des aktuellen Jahres-abschlusses sowie eine jährliche Aktu-alisierung der Angaben zählen. Für das Kleingedruckte interessieren sich die Anleger-Laien aber wenig oder sie ver-stehen kaum, dass ein Nachrangdarlehen praktisch Eigenkapitalcharakter hat und keinerlei Einlagensicherung gegeben ist, fürchten Kritiker.

Erhält man Zinsen und Kapitalrück-zahlung, kann man sich freuen. Bleiben diese aus, hat man Pech gehabt.

„Denn Zahlungen aus Nachrangdarlehen können ausgesetzt werden, wenn die Auszahlung zu wirtschaftlichen Schwie-rigkeiten des Unternehmens führen könn-ten. Dies betrifft sowohl Zinszahlungen als auch die Fälligkeit“, erklärt Laus ecker und ergänzt: „Damit ist allerdings das Geld nicht sofort verloren, die Auszah-lungen können auch nur verzögert erfol-

Anleger-Schützer Wilhelm Rasinger: „Wir brauchen keine neuen Gesetze,

wir brauchen mündige Anleger“

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gen. Die genauen Regularien und auch die Beurteilung, wann eine Auszahlung nicht möglich ist, ist jedoch eine Unwägbarkeit, die man sehr wohl berücksichtigen sollte.“

Weshalb Konsumentenschützer dennoch nicht laut aufschreien, liegt daran, dass theoretisch ein Investment mit 5.000 Euro pro Person pro Projekt und Jahr gedeckelt ist. Warum dennoch auch schon mal Inves-toren mit einem Zigfachen dieser Summe auf den Plattformen auftauchen, ist leicht erklärt: Darüber hinaus muss der Anleger lediglich bestätigen, dass er höchstens das Doppelte seines durchschnittlichen monat-lichen Nettoeinkommens über zwölf Mona-te gerechnet oder maximal zehn Prozent seines Finanzanlagevermögens investiert.

Andreas Zederbauer, Geschäftsführer der Plattform dagobertinvest: „Wir überprüfen das nicht. Prinzip: Selbstverantwortung.“ Bei Home Rocket können Anleger bis zu 50.000 Euro investieren. Geschäftsführer Wolfgang Deutschmann: „Dieses Limit ha-ben wir als Plattformbetreiber festgelegt. Im Einzelfall kann auch mehr investiert werden.“

Crowdfunding wächst

Eine zu Beginn des Jahres in Deutschland durchgeführte Umfrage hat ergeben, dass die Mehrheit der befragten Projektentwick-ler (fast 60 %) und Bestandshalter (53 %)

plant, den Anteil alternativer Finanzie-rungsinstrumente auszubauen, wobei es eine klare Präferenzen für Nachrangdarle-hen gibt. Die jüngsten Meldungen der Crow-ding-Plattformen scheinen diese Entwick-lung zu bestätigen.

„2017 ist das bislang stärkste Crowdfun-ding-Jahr seit der Gründung unserer ersten Rocket-Plattform 2013“, verkündet etwa Deutschmann. Über die Plattform „Home Rocket“ wurden seit 2015 7,77 Millionen Euro crowdfinanziert. Das von Lukas Mül-ler, Tobias Leodolter und Paul Brezina ge-gründete Start-up „Rendity“ weist seit dem Start 2015 ein Gesamtprojektvolumen von knapp 1,5 Millionen Euro für sieben Projek-te im Wohnbau in Wien und Berlin aus. Die auf Crowdinvesting spezialisierte Plattform „dagobertinvest“ weist auf ihrer Homepage aktuell ein Investitionsvolumen von 4,69 Millionen Euro aus.

Konkurrenz erhielten die heimischen Crowdfunding-Plattformen kürzlich durch die Schwarmfinanzierungsplattform „Sa-rego“ mit Sitz in Köln, die zum Start in Österreich gleich einmal 1,000.000 Euro für die Sanierung und Modernisierung ei-nes Gründerzeit-Altbaus in Wien einsam-melt. Das Projekt wird unter der Leitung der Projektentwicklungsgesellschaft mit dem vielversprechenden Namen „Vermehrt GmbH“ entwickelt, die zu 50 Prozent an der der Sarego-Plattform beteiligt ist. Ab 100 Euro können sich Anleger an dem Pro-jekt „Schopenhauer“ über die Projektge-

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CROWDFINANZIERTE IMMOBILIENPROJEKTE

Andreas Zederbauer (dagobertinvest): „Die Mindestsummen sind so

dimensioniert, dass ab diesem Betrag die Bank auch den Restbetrag finanziert“

Wolfgang Deutschmann (Home Rocket): „Mit Crowdfunding können 70 Prozent des gebun-

denen Eigenkapitals ersetzt werden“

Stellvertretend für eine Vielzahl von aktuell durch die Crowd finanzierten Immobilien hier eine Auswahl, die die Bandbreite an Projekten und Konditionen zeigen soll:

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Projekt Wo? Was? Mindest-investment Vertragspartner Plattform Fundingschwelle

Revitalisierung Sanierung und Ausbau 1.000 € STH Living GmbH Rendity k. A. Habichergasse Gründerzeithaus in 1160 Wien

Laendyard Wohnungspaket 1.000 € Mietrendite Immobilien GmbH Rendity k. A. (4 Vorsorgewohnungen) beim Projekt Laendyard in 1030 Wien

Casa d’Oro Neubau Reihenhäuser 250 € Alphacenter Investitions-, dagobertinvest 100.000 € Wienerwald Beteiligungs- und Marketinggesellschaft m.b.H

Kutschkermarkt / Neubau Vorsorgewohnungen 250 € Peter Pilz und Partner GmbH Home Rocket 100.000 € Schopenhauerstraße in 1180 Wien Quartier Grillweg Neubau, Bauabschnitt 03 des 250 € Bauabschnitt 03 Quartier Grillweg Home Rocket 100.000 € Quartier Grillweg in Graz mit GmbH (dahinter stehen die Bauträger insgesamt 500 Wohnungen C&P Immobilien und Haring Group)

Schopenhauer- Sanierung und Modernisierung 100 € Projektgesellschaft FJP Investment Sarego 300.000 € straße 61–63 in 1180 Wien & Development GmbH Ziel: 1,000.000 €

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sellschaft FJP Investment & Development GmbH beteiligen. Bei Sarego werden aus-schließlich partiarische Nachrangdarlehen vergeben, die ein Recht auf Beteiligung, aber kein Mitsprachrecht beinhalten. Die Verzinsung hängt vom wirtschaftlichen Er-gebnis des Unternehmens ab.

Auf allen Plattformen wird betont, dass die ausgewählten Projekte strengen Prüfkri-terien standhalten müssen, bevor sie der Crowd zur Finanzierung angeboten wer-den. Um auf Home Rocket ein Projekt prä-sentieren zu können, muss der Bauträger einen bestimmten „Track-Record“ aufwei-sen. „Das heißt, es muss sich um einen etablierten Projektentwickler handeln, der zumindest schon fünf Projekte erfolgreich abschließen konnte“, erklärt Deutschmann: „Des Weiteren prüfen wir die letzten drei bis fünf Bilanzen des Unternehmens, bei Projektgesellschaften die Bilanzen der Kon-zernmutter. Ebenso erfolgt eine Bonitäts-abfrage durch ein Ratingunternehmen und die Plausibilität des Projekts wird durch einen externen Gutachter verifi-ziert.“ Da die Projekte alle baugenehmigt und bankfinanziert sind, kommt es hier in der Regel zu keinen Ablehnungen mehr, ergänzt Deutschmann. Die Projekte wür-den auch bei Nichterreichen der Funding-schwelle realisiert.

Warum Bauträger dennoch auf Crowdfi-nanzierung zurückgreifen, erklärt Deutsch-mann so: „Das Kapital der Crowd ersetzt nämlich nicht das billige Fremdkapital der

Banken, sondern das wertvollere Eigenka-pital. Projekte, die baugenehmigt und aus-finanziert sind, binden nämlich trotzdem viel Eigenkapital des Entwicklers – und ,dank‘ Basel III sogar immer mehr.“

„Mit Crowdfunding können 70 Prozent des gebundenen Eigenkapitals ersetzt werden, das der Bauträger wieder uneingeschränkt in neue Projekte investieren kann. 100 Pro-zent ersetzen wir nicht, da es uns wichtig ist, dass die Crowd nicht alleine das ver-bleibende Eigenkapitalrisiko übernimmt.“ Bei „dagobertinvest“ muss ebenfalls eine

Baugenehmigung vorliegen. „Bilanzen, Projektkalkulation, Marktpreise für den Verkauf etc. werden von uns geprüft. Die gelisteten Projekte durchlaufen eine stren-ge Risikoanalyse“, erklärt auch Zederbau-er, der aber ergänzt, dass die Projekte auf „dagobertinvest“ eben nicht ausfinanziert seien, „weil sie zu wenig Eigenmittel ha-ben“. Erst mit dem Crowdkapital seien sie ausfinanziert. Darauf seien auch die Fun-dingschwellen abgestimmt. Zederbauer: „Die Mindestsummen sind entsprechend der Finanzierungsstruktur des Projekts so dimensioniert, dass ab diesem Betrag die Bank auch den Restbetrag finanziert.“

Lagen die Fundingschwellen (das ist jener Betrag, ab dem das Beteiligungsmodell um-gesetzt wird) bei den ersten Projekten noch bei rund 100.000 Euro, liegen sie aktuell oft bei rund 300.000 bis 400.000 Euro. Damit rechnet sich die Abwicklung auch für die Plattformen, die ja einen bestimm-ten Prozentsatz von der Fundingsumme als Provision kassieren. Die Fundingschwellen werden von Emittent und Fundingplattform in Absprache festgelegt.

Je nach Laufzeit und Angebot kommt das Crowdkapital auf Gesamtkosten inklusive der Anlegerzinsen von weniger als zehn Pro-zent jährlich, rechnet Deutschmann (Home Rocket) vor: „Die darin enthaltenen Platt-form- und Abwicklungskosten belaufen sich je nach Zielvolumen auf acht bis zehn Pro-zent einmalig und 0,5 bis ein Prozent jähr-lich. Holt sich der Bauträger ähnliches Ka-pital bei einem Fonds, können hier auch 12 Prozent jährlich oder sogar mehr anfallen.“

BEGRIFFSWIRRWARR IN DER CROWD

Crowdfunding ist der Überbegriff für mehrere Arten der „Schwarmfinanzierung“ wie Crowdinvesting oder Crowdlending.Crowdinvesting ist eine Finanzierungsform, bei der sich zahlreiche Personen mit geringen Geldbeträgen über das Internet an zumeist jungen Unternehmen (Start-ups) beteiligen, in den meisten Fällen über stille Beteiligungen, Genussrechte oder partiari-sche Darlehen. Wie bei jeder Kapitalbeteiligung kann der Mikroinvestor seinen Einsatz verlieren, wenn das Unternehmen nicht erfolgreich ist.Crowdlending oder Lending-based Crowdfunding bezeichnet über das Internet ver-mittelte Kredite (Nachrangdarlehen), die von vielen Privatpersonen an Unternehmen gegeben werden. Dabei steuern die einzelnen Privatpersonen jeweils selbst gewählte Geldbeträge bei, die zu einem Kredit zusammengefasst werden. Das Geld wird be-stimmten Projekten zugewiesen. Beim Immobilien-Crowdfunding kommt diese Form in der Regel zum Einsatz: Das Geld der Investoren wird auf ein Treuhandsammelkonto einbezahlt und sobald die Fundingschwelle erreicht ist, erfolgt die Auszahlung des Kapitals an den Bauträger. Für dieses Crowdfunding hat der Bauträger ein bestimmtes Projekt zu definieren, in das die Anleger investieren. Allerdings gibt es Bauträger, die ihre Projekte in Projektgesellschaften und solche, die alle Projekte in einem Unterneh-men abwickeln. Im ersten Fall ist eine Abgrenzung natürlich einfacher. Das heißt aber nicht, dass diese Variante weniger Risiko in sich trägt.

Zinszahlung p. a. Laufzeit Fundinglevel Zahl der Baustand (Auszahlung) Anleger

7 % (jährlich) 2,5 Jahre Funding läuft; k. A. geplanter Baustart 547.500 € (91,3 %) Herbst 2017

3 % (vierteljährlich) 60 Mo.; anteilige Wertsteigerung 200.000 € k. A. Baubeginn erfolgt bei Verkauf nach fünf Jahren, (erreicht) Option einseitiger Verlängerung der Laufzeit nach 5 Jahren um weitere 24 Monate

7,5 % (endfällig) 12 Monate 350.000 € 228 Funding (Fundinglimit); abgeschlossen 333.200 €

(erreicht)

7,5 % (Early Bird) / 2,5 Jahre Funding läuft; 480 Baubeginn: 719.600 (720 %) September 2017

7 % (Early Bird)/ 4,5 Jahre Funding läuft; 279 Planungsphase6 % (halbjährlich) 506.150 (506 %)

6,5 % (jährlich) 15 Monate Funding läuft; k. A. Planungsphase 66.650 (7 %)

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„Die Zinssätze richten sich nach Markt-werten, da ja in kurzer Zeit platziert wer-den muss“, erklärt Stefan Hadrbolec, Ge-schäftsführer vom Bauträger STH Living Immobilien, der mit der Plattform „Rendity“ das Projekt „Antonigasse 57“ in Wien um-gesetzt hat: „Unserer Meinung nach liegt für ein Nachrangdarlehen mit Hypothek der Marktpreis bei vier Prozent, ohne Hypo-thek, wie wir das mit Rendity umsetzen, bei etwa sechs Prozent. Wir platzieren in der Crowd mit sieben Prozent, das war dann das Verhandlungsergebnis mit Rendity mit Hinblick auf die Sicherheit für eine erfolg-reiche Platzierung. Die Kampagne lief sehr gut, nach Angaben von Rendity hätte bei

der Antonigasse fast das doppelte Volumen platziert werden können. Dies spricht dafür, dass wir bei künftigen Kampagnen schon auf sechs Prozent reduzieren können.“

Der Projektant arbeitet in der Regel mit einer Mischfinanzierung, wobei man bei STH Living keinen zu hohen Anteil im Pro-jekt akzeptiert, da ja das Zinsniveau der Banken derzeit niedrig ist. Hadrbolec: „Der Crowd-Anteil wird wie auch anderes Inves-torenkapital betrachtet, wo auch höhere Zinssätze tragfähig sind.“ Laut Friedrich Neubauer, Geschäftsführer des DNS asset GmbH, orientiert sich die Laufzeit an der Durchlaufzeit der Projektabwicklung (Bau-

zeit, Verwertung etc.), die Fundingschwelle und das Limit sind auf den Finanzierungs-mix abgestellt: „Zu viel Fundingkapital wird zu teuer und macht das Projekt womöglich unrentabel, während die Bank eine gewis-se Mindestsumme als Eigenmittel defi-niert. Können diese nicht erbracht werden, so kann die Bank die Finanzierung nicht darstellen. Damit ergibt sich die Funding-schwelle.“

In Zahlen: Wenn für ein Projekt Gesamtkos-ten von zehn Millionen Euro veranschlagt werden, verlangt die Bank meist ein Eigen-kapital von zwei Millionen Euro, rechnet Deutschmann von Home Rocket vor: „Da-von kann die Crowd 70 Prozent, also 1,4 Mil-lionen Euro ersetzen, das ist das Funding-limit. Zwischen Fundingschwelle und -limit kann der Projektentwickler jeden Betrag als Ziel wählen. Meist werden hohe sechs- bis siebenstellige Summen erreicht, da wir bereits über 15.700 registrierte Anleger ha-ben und so den Zielbetrag des Bauträgers mit einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit – rund 80 bis 90 Prozent – erreichen.“

Das mit Crowdfunding verbundene Risiko liegt aber ohnehin woanders, nämlich in der Projektverwertung.

Beispielsweise wenn die geplanten Preise nicht erzielt werden können. Ein Verkauf ist immer möglich, möglicherweise aber mit Verlust, so Hadrbolec: „Wichtig sei aber zu verstehen, dass der Vorteil bei Immobilien-investments darin liegt, dass eine solche Situation dadurch gelöst werden kann, dass ausfinanziert und vermietet wird. Mit dem ausfinanziertem Geld könnten dann die An-leger aus dem Crowdfunding ausgezahlt werden, sollte wirklich so etwas passieren.“ Hinweisen möchte man bei STH Living da-rauf, dass natürlich bei einer Gesellschaft, die ein größeres Projektportfolio hat, sol-che Risiken besser ausgeglichen werden können bzw. auch leicht Geld über Hoch-finanzierungen in anderen vermieteten Be-standsimmobilien geholt werden kann. Das Hauptrisiko in Immobiliendevelopments ist generell, dass das Geld ausgeht.

MEHR INFORMATIONEN UND PROJEKTE UNTER:

www.dagobertinvest.atwww.homerocket.comhttps://rendity.comwww.sarego.de

DAS SAGEN CROWDFINANZIERTE BAUTRÄGER

Crowdfunding kann man wie das Salz in der Suppe verstehen, das Crowdfunding dient als teilweiser Ersatz für Eigenkapital, das dann vorzeitig für neue Projekte verwendet werden kann, erklären Bauträger, die über Immo-Funding-Plattformen bereits Projek-te abwickeln oder abgewickelt haben.

Stefan Hadrbolec, STH-Living:Grundsätzlich führen wir Projekte immer auch mit Investorenbeteiligung durch. Bisher waren das private Geldgeber aus unserem Netzwerk. Die Zielsetzung von Crowdfun-ding liegt sicher auch darin, unsere Projekte vielen Menschen bekannt zu machen. Wir haben zum Beispiel bei der Antonigasse über das Crowdfunding auch erste Interes-senten für den Wohnungskauf generieren können. Weiters hoffen wir aber auch, dass Anleger direkt an uns herantreten (z. B. über unsere Homepage) und auch bei weiteren Projekten dann bereits direkt außerhalb der Crowd Investieren.

Hinsichtlich der Finanzierungsstrategie selbst ist es außerdem auch risikodämpfend überfinanziert zu sein, also nicht genau auf Nasenhöhe mit der Bankfinanzierung zu stehen. „Cash is King“, wie jeder Betriebswirt weiß. Lieber zahlen wir ein paar Pro-zentpunkte höhere Finanzkosten und uns bleibt bei Fertigstellung noch eine unausge-nützte Kreditlinie mit der Bank, als wir müssen dann aus Gesellschaftermitteln Gelder zuschießen. Diese Mittel verwenden wir lieber zum Ankauf anderer Projekte.

Peter Pilz. Geschäftsführer Peter Pilz & Partner GmbH: Wir setzten Crowdfunding immer dann ein, wenn das Projekt bereits baubewilligt und meist auch schon zu 100 Prozent verwertet ist. Das Crowdfunding dient dann als teilweiser Ersatz für unser Eigenkapital, das wir dann vorzeitig für neue Projekte verwenden können. Das Projektrisiko ist damit aufwand- und ertragsseitig marginal. Investoren sind gut beraten, die Projekte kritisch zu beurteilen und insbesondere Wert auf eine signifikante Vorverwertungsquote zu legen und auch die Frage der Sicherheit der Kalkulation auf der Aufwandsseite (Baukosten) zu prüfen.

Friedrich Neubauer, Geschäftsführer DNS asset GmbHDas Zinsniveau ist niedrig. Trotzdem ist allgemein bekannt, dass Banken immer Sicher-heiten (= Eigenmittel) für Projektfinanzierungen verlangen (müssen). Daher werden die Eigenmittel bei Bauträgern immer knapper und Crowdinvesting ist ein willkommenes Instrument, um diese Lücke zu schließen. Das Projekt ist also ausfinanziert mit unse-ren Eigenmitteln, mit Eigenmitteln der Investoren und Fremdmittel von der Bank.Wie bei jedem Bauvorhaben gibt es nachgelagerte Risiken (Baurisiko, Verwertungs-risiko), die zu diesem Zeitpunkt aber schon als gering eingestuft werden können, weil z. B. das Entwicklungsrisiko schon wegfällt. Diese Risiken werden dem Investor auf der Plattform auch ausreichend offengelegt. Selbstverständlich handelt es sich bei Nach-rangdarlehen um Risikokapital, deswegen wird es ja auch in Höhe zwischen sechs und acht Prozent p. a. verzinst.

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KURZINTERVIEW

JOSEF SCHMIDINGER, ERSTE BANK, ÜBER CROWDFINANZIERTE WOHNBAUPROJEKTE: „LASSEN WIR DIE KIRCHE IM DORF“

a3: Ist Crowdfunding eine Finanzierungsalternative?Josef Schmidinger: Generell können wir sagen, dass wir in Österreich sehr kreditlastig sind und die Banken die Schleusen weit offen haben. Im amerikanischen Bereich ist das Verhältnis ja wesentlich anders und haben solche investmentbankähnliche Instrumente wesentlich höhere Marktanteile. Werden die Banken über Basel-4-Regelungen dazu gezwungen, sich mehr vom Finanzierungsge-schäft abzuwenden, werden diese Instrumente natürlich mehr an Bedeutung gewinnen. Lassen wir die Kirche aber im Dorf. Die Neukreditvergabe der Banken alleine im Wohnbau liegt derzeit über der 10-Mrd.-Euro-Marke in Österreich. Schwarmfinanzierung betrug im Vorjahr unter 50 Mio. Euro insgesamt. Selbst wenn die Schwarm-finanzierer ihr Volumen verdoppeln und davon 50 Prozent in den Wohnbau gehen sollten, sind das 0,5 Prozent am Gesamtvolumen.

a3: Die Zinslage ist derzeit sehr tief – warum entscheiden sich Bauträger für die teure Crowdfinanzierung?Schmidinger: Bei klassischen Wohnbauprojekten im geförderten Wohnbau kommt die Schwarmfinanzierung nicht in Frage. Diese wird nur dort angewendet wo die Banken z. B. nur 70 Prozent fremdfinanzieren und vom Projektbetreiber Eigenmittel verlangen, die er mittels Schwarmfinanzierung auftreiben muss. Das sind eher Spezialprojekt wie z. B. das Allianzstadion von Rapid oder Be-schneiungsanlagen am Hochkar etc. Da die Banken bei Cashflow-basierten Immobilienprojekten jedoch stärker durch die Aufsicht gezwungen werden können, ihre Beleihungsgrenzen zu senken, wird das Thema der Schwarmfinanzierung vermutlich zunehmen, um derartige Immobilienprojekte zu realisieren.

a3: Wie hoch schätzen Sie die Ausfallsquoten ein?Schmidinger: Bei verantwortungsvollem Umgang mit der Schwarmfinanzierung seitens der Projektanten und seitens der CF-Plattfor-men sehe ich keine Risikoerhöhung. Richtig ist allerdings der Grundsatz „Schau, trau, wem?“ – bei höheren Ertragschancen werden auch die Risiken höher sein.

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