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Wege aus der Krise - CSR als strategisches Rüstzeug für die Zukunft Anna Peters

CSR-Trendstudie Wege aus der Krise final - UPJ · sche Chancen umzusetzen. CSR kann dann als ein Experimentier - und A ushandlungsprozess verstanden werden, in dem Unternehmen zusammen

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Wege aus der Krise -CSR als strategisches Rüstzeugfür die Zukunft

Anna Peters

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Wege aus der Krise -CSR als strategisches Rüstzeugfür die Zukunft

Kontakt:

Anna PetersProjektmanagerProgramm Gesellschaftliche Verantwortung von UnternehmenBertelsmann StiftungTelefon 05241 81-81401Mobile 0173/7332077Fax 05241 81-681275anna.peters@bertelsmann-stiftung.dewww.bertelsmann-stiftung.de/csrwww.csr-weltweit.de

Bildnachweis: Rob Friedmann / iStockphoto

Die Bertelsmann Stiftung dankt Christina Gradl und Claudia Knobloch vom Emergia Institut,Berlin für die inhaltliche Unterstützung.

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Inhalt

1 Verantwortung im Angesicht der Krise – ein längst überfällliger Ruf......................................... 5

2 Globale Megatrends - Weltkrisen von morgen?........................................................................ 6

3 CSR als Antwort auf globale Herausforderungen ..................................................................... 8

3.1 CSR „außerhalb des Marktes“......................................................................................... 8

3.2 CSR „innerhalb des Marktes“ .......................................................................................... 9

3.3 CSR „für die Bedingungen des Marktes“ ....................................................................... 11

4 Kernkompetenz „Kooperationsfähigkeit“................................................................................. 12

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"We have now a mass crash and we have to figure out first how we help those injured by it. Secondly,we have to find out what rules we need for the future in order to avoid this happening again."

Klaus Schwab, Gründer “World Economic Forum”, Davos, Januar 2009

“In every crisis, however, there is opportunity. If we have the courage to learn the lessons of the past18 months and put them into practice beyond the economic sphere, we can put in place new

foundations to reshape our world for the better.”

Kofi Annan, former Secretary-General of the United Nations, Davos, Januar 2009

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1 Verantwortung im Angesicht der Krise –ein längst überfällliger Ruf

In der gegenwärtigen Finanz- und Wirtschaftskrise hat ein alt gedienter Begriff Hochkonjunktur wieschon lange nicht mehr: „Verantwortung“. Der Ruf nach ihr ist laut und richtet sich besonders anUnternehmen und ihre Geschäftspraxis. Im Jahr eins nach dem Zusammenbruch von LehmanBrothers und der Verstaatlichung der Hypo Real Estate wird von Unternehmen ein neues Be-kenntnis zur Verantwortung verlangt. Dieses zeigt sich in Produkten und Dienstleistungen, dietransparent sind und gesellschaftlichen Mehrwert schaffen; in einem werteorientierten Manage-ment, das vorausschauend Risiken erkennt und Arbeitsplätze erhält; und in einem sorgfältigenUmgang mit den milliardenschweren Rettungspaketen von staatlicher Seite.

Dabei ist der Ruf nach Verantwortung im Angesicht der Krise längst überfällig. Denn „die Krise“ istlediglich ein Ausdruck dafür, dass bestehende Werte-Systeme – vorrangig unser Finanz- undWirtschaftssystem – auf den Prüfstand müssen. Verantwortung übernehmen bedeutet vor allem,auf eine absehbare Zukunft bereits heute zu reagieren. Und absehbar ist, dass die großen Krisender Zukunft – der Kampf um natürliche Ressourcen und die weltweite Zunahme sozialer Ungleich-heiten – Staaten wie auch Unternehmen unter viel größeren Handlungsdruck bringen werden. Vordiesem Hintergrund ist der ökologisch und sozial ausgerichtete Umbau des Wirtschaftssystemseine Notwendigkeit, der einer Neuausrichtung des Zusammenspiels von Wirtschaft, Politik undGesellschaft bedarf.

Die Debatte über Corporate Social Responsibility (CSR) bzw. die gesellschaftliche Verantwortungvon Unternehmen kann dabei helfen, über diese Neuausrichtung nachzudenken. So kann die Wirt-schaftskrise auch als ein Indikator für verantwortliches Wirtschaften verstanden werden. Sie zeigt,wo Unternehmen tatsächlich von sozial und ökologisch verantwortlicher Geschäftsführung profitie-ren und wo nicht mit dem Kerngeschäft verknüpfte Aktivitäten gesellschaftlichen Engagementsschnell Einsparungsprogrammen zum Opfer fallen. Diese Konsolidierung und Anpassung des ge-sellschaftlichen Engagements von Unternehmen macht zweierlei deutlich: CSR als strategischesManagement-Rüstzeug bietet Unternehmen die Chance, sich fit für die Zukunft zu machen undsich für künftige Krisen zu wappnen. CSR als neuer (gesellschaftlicher) Einbettungsmechanismusbringt gerade im globalen Kontext Unternehmen mit Politik und Gesellschaft näher zusammen, umgemeinsam für gesellschaftliche Belange neue Wege, Bündnisse und Verflechtungen einzugehen.Die nachfolgenden Seiten zeigen, vor dem Hintergrund globaler Megatrends im allgemeinen undder aktuellen Weltwirtschaftskrise im speziellen, wie CSR als strategisches Management-Rüstzeughelfen kann, Wege aus der Krise zu finden und den gesellschaftlichen und ökologischen Heraus-forderungen von Morgen erfolgreich zu begegnen.

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2 Globale Megatrends - Weltkrisen von morgen?

Erfolgreiche Unternehmen brauchen eine intakte Gesellschaft und eine intakte Gesellschaftbraucht erfolgreiche Unternehmen. Diese häufig gebrauchte Formel umreißt die Grundlagen fürdas verantwortungsbewusste Handeln von Unternehmen. Die Rolle, die ein Unternehmen oder ‚dieWirtschaft’ als Ganzes in einer Gesellschaft übernehmen, ist dynamisch und verändert sich mitden sozialen, technischen und umweltbedingten Entwicklungen. Auch die gesellschaftlichen Er-wartungen an unternehmerisches Handeln wandeln sich im Zuge umfassender politischer undwirtschaftlicher Ereignisse, wie die derzeitige Wirtschaftskrise beweist.

Aktuell lassen sich die großen gesellschaftlichen Veränderungsprozesse in vier Megatrends zu-sammenfassen, die eng miteinander zusammenhängen und das Handeln von Unternehmen direktoder indirekt beeinflussen:

• die Globalisierung von Wertschöpfungsketten (getrieben durch Liberalisierung der Märkte undeffiziente Logistiksysteme)

• die Zunahme von Transparenz durch neue Kommunikationstechnologien und eine weltum-spannende Medienlandschaft.

• die Verknappung natürlicher Ressourcen und die damit verbundene Umweltzerstörung (Klima-wandel, Umweltverschmutzung, Artenverlust)

• die zunehmende soziale Ungleichheit, sowohl auf nationaler als auch globaler Ebene, ausgelöstdurch unterschiedliche Teilhabemöglichkeiten an den Chancen der Globalisierung.

Diese Trends bringen aus der Sicht von Unternehmen sowohl ökonomische Chancen als auchRisiken mit sich, von denen einige der wichtigsten in folgender Tabelle aufgeführt sind:

Trend Chancen Risiken

Globalisie-rung vonWert-schöpfungsketten

� Kostenvorteile durch globalen Einkaufund Produktion

� Zugang zu neuen Rohstoffen, die zuProduktinnovationen führen können

� Erschließung neuer Absatzmärkte

� Effizienzgewinne durch Fokussierungauf Kernkompetenzen

� Abhängigkeit von ausländischen Zu-lieferern

� Erschwerte Kontrollierbarkeit vonStandards (Qualität, Umwelt, Sozia-les, Recht)

� Unüberschaubarkeit der Risiken undnegative Effekte von Transaktionsket-ten (Wettbewerbsnachteile durchEinhaltung nationaler Standards (undevtl. ‚Race to the Bottom’)

ZunahmevonTranspa-renz

� Effiziente interne und externe Kom-munikation

� Kontrollierbarkeit von Zulieferern undanderen Geschäftspartnern

� Wettbewerbsvorteile durch verant-wortliches Management(Zertifizierung und Identifikation‚schwarzer Schafe’)

� Bessere Kontrolle durch Interessens-gruppen („Watchdogs“) und größereDruckpotentiale der Medien (schnelleRückführbarkeit von Negativ-Handeln)

� Schnelle Adaption von Produkten undDienstleitungen durch Konkurrenten

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Verknap-pungnatürlicherRessour-cen undKlima-wandel

� Zunehmende Attraktivität ressourcen-schonender Produkte undDienstleistungen

� Zusätzliche Einkunftsmöglichkeitendurch Märkte für Ressourcenscho-nung, v.a. Emissionshandel

� Treiber für Innovation von nachhalti-gen Produkten

� Verteuerung von Rohstoffen

� Erhöhte Abgaben- und Investitionsbe-lastung zur Vermeidung vonUmweltbelastung und durch Öko-Steuern

� Erhöhte Wachsamkeit von Interes-sengruppen gegenüberumweltbezogenem Verhalten von Un-ternehmen

ZunahmesozialerUngleich-heit

� Markterschließungschance bei Nied-rigeinkommensgruppen (BOP)

� Erhöhte Kooperationsbereitschaft derMitarbeiterschaft/Gewerkschaften

� Stärkere Anerkennung guter Mitarbei-terführung

� Erhöhter Druck durch arme Bevölke-rungsschichten auf Unternehmen,etwa durch individuelle Aggression,Streiks, Demonstrationen oder politi-sche Programme

� Mangel an gut ausgebildeten Mitar-beitern

� Gefährdung politischer Stabili-tät/stabiler gesellschaftlicherRahmenbedingungen

Wollen Unternehmen sich krisenfest machen, ist es von zentraler Bedeutung, diese Trends imRahmen eines strategischen Managements von Chancen und Risiken frühzeitig zu erkennen undAntworten darauf zu finden. Risiken entlang der eigenen Wertschöpfungskette zu ignorieren oderlediglich mit passiver Risikovermeidung oder Risikobegrenzung zu reagieren, ist verantwortungslosund geschäftsschädigend.

So ist der kommende Mangel an fossilen Brennstoffen vor allem eine Gefahr für Autobauer, dienicht rechtzeitig alternative Antriebssysteme entwickelt haben. Und die wachsende Anzahl vonMenschen im unteren Einkommenssektor ein Problem für Konsumgüterhersteller, die keine Pro-dukte für die Bedürfnisse dieser Zielgruppe im Sortiment haben. Während Finanzinstitute fürVerbraucher und Banker selbst immer undurchschaubarere Produkte entwickelten, nutzen Start-ups wie MyC4 das Internet, um Kleinanlegern zinsbasierte Direktinvestitionen in Kleinunternehmerin Entwicklungsländern zu ermöglichen.

Erfolgreichen Unternehmen gelingt es, diese sozialen und ökologischen Risiken in Chancen zuverwandeln und sie in die Unternehmensstrategie zu integrieren. Dabei schaffen sie sich nicht nurselbst einen strategischen Vorteil gegenüber Wettbewerbern. Verantwortliche Unternehmen leistendamit einen Beitrag für die Gesellschaft und helfen, den Krisen von morgen entgegenzusteuern.

Bei der Verwandlung gesellschaftlicher Herausforderungen in unternehmerische Chancen könnenKonzerne von „Social Entrepreneurs“ lernen. Diese „Sozialunternehmer“ widmen sich dem Behe-ben gesellschaftlicher Missstände und entwickeln dafür marktfähige Geschäftsmodelle. Vorreiterist der Nobelpreisträger Mohammed Yunus, der mit den Unternehmen der „Grameen Family“ fürarme Bevölkerungsschichten in Bangladesh nicht nur ein Kreditangebot entwickelte, sondern auchKommunikationsdienstleistungen, Energieservices, Bildungsprogramme und Lebensmittel anbietet.

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3 CSR als Antwort auf globale Herausforderungen

Die Umsetzung von CSR kann dabei helfen, die gesellschaftlichen Herausforderungen in strategi-sche Chancen umzusetzen. CSR kann dann als ein Experimentier- und Aushandlungsprozessverstanden werden, in dem Unternehmen zusammen mit ihren politischen und gesellschaftlichenStakeholdern innovative Lösungsansätze erproben und so die gesellschaftliche Aufgabenteilungneu ausbalancieren.

Dies kann grundsätzlich auf drei Ebenen geschehen:

• außerhalb des Marktes – philanthropische Maßnahmen, Engagement von Unternehmen als‚Corporate Citizens’

• innerhalb des Marktes – nachhaltiges Gestalten des eigentlichen Kerngeschäftes

• für die Bedingungen des Marktes – Maßnahmen zur Veränderung der Rahmenbedingungen

Um komplexen Herausforderungen wie dem Klimawandel wirksam begegnen zu können und dieZukunftsfähigkeit ihres Geschäftes zu sichern, müssen sich Unternehmen auf allen drei Ebenenkonstruktiv einbringen.

3.1 CSR „außerhalb des Marktes“

Viele Unternehmen sehen CSR als philanthropisches Engagement im Umfeld des Unternehmens.Dies geschieht häufig aus der Motivation heraus, der Gesellschaft etwas von dem erwirtschaftetenVermögen zurückzugeben. Das gesellschaftliche Engagement für den Standort oder für die eige-nen Mitarbeiter hat in Deutschland eine lange Tradition. Auch bei ihren Auslandstätigkeitenunterstützen deutsche Konzerne Projekte im Bereich Gesundheit oder Bildung.

Jedoch: Projekte, bei denen Sponsoring oder Spenden im Mittelpunkt stehen und die keinen direk-ten Zusammenhang mit dem Kerngeschäft haben, haben wenig mit CSR zu tun und sind in Zeitender Rezession in der Regel die ersten Posten, die gestrichen werden. Das gesellschaftliche Enga-gement ist in diesem Fall vor allem ein Kostenfaktor, dessen Nutzen für das Unternehmen nurschwer, wenn überhaupt messbar ist. Auch der gesellschaftliche Mehrwert ist begrenzt, da dieUnternehmen mit ihren beschränkten Spendenbudgets keine umfassende Lösung gesellschaftli-cher Probleme herbeiführen können.

Mehr jedoch als von zufälligen Spenden profitiert das Unternehmen und die Gesellschaft von ge-zieltem bürgerschaftlichem Engagement, das strategisch aufgebaut ist und zum Unternehmenpasst. Ein solches Engagement spielt eine wichtige Rolle innerhalb eines nachhaltigen Stakehol-der-Managements, schafft Vertrauen und verankert ein Unternehmen fest in der Gesellschaft. AlsCorporate Citizen (verantwortungsvoller „Unternehmens-Bürger“) kann ein Unternehmen neuePartnerschaften erproben, in einen intensiven Dialog mit seinen Stakeholdern treten, deren Inte-ressen verstehen und selbst neue Fähigkeiten gewinnen.

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Ein Beispiel für gelungenen Vertrauensaufbau im Bankensektor stellen die deutschen Sparkassenund Raiffeisen-Banken dar, die als Finanzinstitutionen tief in den Gemeinden verwurzelt sind. En-gagement für die Belange der Bürger ist dort Teil des Geschäftes. Dabei handelt es sich nicht nurum Spenden an Vereine, sondern vor allem um ein bürgerschaftliches Engagement in den Berei-chen Kultur, Integration und Bildung. Dieses Engagement am Standort zeichnet sich nebenfinanzieller Unterstützung, vor allem durch das persönliche Einbringen der Mitarbeiter mit Zeit undKnow-How aus. Das Vertrauen in diese Finanzinstitutionen zahlt sich nun aus: Viele Kundenbrachten ihr Geld in den vergangenen Monaten auf Sparkassen-Konten ‚in Sicherheit’. Allein beider Hamburger Sparkasse bewirkte der Kundenansturm im Herbst 2008 Neu-Einlagen in Höhe vonrund 500 Mio. Euro.

3.2 CSR „innerhalb des Marktes“

Verantwortliche Unternehmensführung spielt sich in erster Linie innerhalb des Kerngeschäftes ab:Hier erzeugt ein Unternehmen die größten gesellschaftlichen Auswirkungen sowohl positiver wienegativer Natur. Daher besteht hier der größte Spielraum, zukunftsfähige Wertschöpfung zu er-zeugen und einen nachhaltigen Beitrag für die Gesellschaft zu erbringen.

Unternehmen können sich durch die Umsetzung von nachhaltigen Innovationen im Bereich derProdukte, der Prozesse und der Managementsysteme fit für die Herausforderungen der Zukunftmachen. Die wichtigsten Instrumente hierfür werden im Folgenden kurz vorgestellt.

Produktinnovationen beinhalten das Angebot neuartiger Produkte sowie die Erschließung neuerKundengruppen durch angepasste Produkte und Geschäftsmodelle.

• Ressourcenschonende Produkte: Die Entwicklung neuer Produkte, die in der Benutzungumweltfreundlicher sind als die herkömmlichen Modelle (z.B. das Hybrid-Auto von Toyota), dieaus weniger umweltschädlichen Rohstoffen bestehen (z.B. das Apple MacBook, das ohne Ar-sen und Quecksilber auskommt) oder komplett recycelt werden können, bietet guteGeschäftschancen. Im Bankenbereich spielt „Socially Responsible Investment (SRI)“ eine im-mer größere Rolle. Diese Fonds dienen zur Finanzierung von sozial und ökologischverantwortlich handelnden Unternehmen, reduzieren das Investitionsrisiko und fördern durch fi-nanzielle Anreize deren Entwicklung. Allein in den letzten fünf Jahren hat sich das Volumenökologisch-nachhaltig gemanagter Fonds in Deutschland auf über 25 Milliarden Euro veracht-facht. Trotz der konjunkturell schwierigen Lage der letzten Monate stützen das wachsendeUmweltbewusstsein und tendenziell steigende Preise für fossile Brennstoffe den Sektor und si-chern eine weiterhin positive Geschäftsentwicklung.

• Markterschließung unterversorgter Märkte: Unternehmen können Bevölkerungsschichten mitwenig Marktteilhabe (Stichwort „Base of the Pyramid“) mit Hilfe von angepassten Produkten(z.B. kleinere Verpackungseinheiten) oder ungewöhnlichen Geschäftsmodellen (z.B. gemein-same Nutzung von Investitionsgütern wie Telefonen) als Kunden gewinnen. Einige Banken undVersicherungen haben begonnen, Menschen mit niedrigem Einkommen in Entwicklungsländerndurch Produkte wie „Mikrokredite“ und „Mikroversicherungen“ als neue Kundengruppe zu ge-winnen. Dieses Geschäftsfeld stellt einen aussichtsreichen, wenn auch noch kleinen Markt dar,

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und bietet dort Zukunftsperspektiven, wo durch Marktsättigung oder zu starken Konkurrenz-druck bestehende Geschäftsfelder wegfallen.

Prozessinnovationen verbessern die Leistungsfähigkeit betrieblicher Abläufe. Dies beinhaltetsowohl gesteigerte Ressourceneffizienz als auch höhere Stabilität und Legitimation wie auch ge-ringere Kosten und Haftungsrisiken.

• Nachhaltiges Supply Chain Management: Die Beziehungen zu Lieferanten sollten nicht nurauf Pünktlichkeit und Produktqualität geprüft werden, sondern auch auf die Rahmenbedingun-gen der Produktion und des Transports. Werden die ILO-Arbeitsnormen undUmweltschutzbestimmungen bei den Lieferanten eingehalten? Kann der CO2-Ausstoß imRahmen des Transportes verringert werden - etwa durch die Verlagerung von der Straße aufdie Schiene? Wenn soziale und ökologische Fragen in der Lieferantenkette bis zu Ende ge-dacht werden, unterstützt dies den Ruf des Unternehmens nach innen (Mitarbeiterschaft) wienach außen (in die Gesellschaft) und das betriebliche Risikomanagement.

• Cleaner Production: Durch gezielte Identifikation und Umsetzung organisatorischer und tech-nischer Verbesserungen im Produktionsablauf können Rohstoffe und Energieströme möglichstgut ausgenutzt und Abfälle, Abwasser und Abgase vermieden werden.

Managementinnovationen betreffen Neuerungen in der Steuerung des Unternehmens, die eineverantwortliche Unternehmensführung auf allen Ebenen des Unternehmens begünstigen. Diesumfasst die Planung, die Umsetzung und die Evaluation von Maßnahmen anhand geeigneter Ma-nagementsysteme.

• Issue-Management: Der vorausschauende Umgang mit Wirtschafts-, Gesellschafts- und Um-welt-Risiken kann einem Unternehmen einen strategischen Vorteil gegenüber denWettbewerbern verschaffen. Hierzu gehört zum einen ein 360-Grad-System zur Entdeckungvon Chancen und Risiken in gesellschaftlichen Veränderungsprozessen. Zum anderen müssenOrganisationsstrukturen flexibel gestaltet sein, um schnell auf erkannte Chancen und Risikenreagieren zu können und somit Reputationsschäden zu minimieren. CSR wird so zu einerQuerschnittsfunktion, die nicht mehr allein von einem „CSR-Manager“ oder der Kommunikati-onsabteilung in Einzelprojekten vorangetrieben wird, sondern als Organisationsprinzip in dergesamten Unternehmensführung verankert ist.

• Ganzheitliche Ausbildung von Führungskräften: Nachhaltiges Management braucht nach-haltig denkende Manager. Das sollte in den wirtschaftswissenschaftlichen Fakultäten derUniversitäten beginnen. In Unternehmen sollte die Personalentwicklung diese Kompetenz beiFührungskräften gezielt fördern, z.B. durch Einsätze in Entwicklungsländern oder auf Koopera-tionsprojekten mit Partnern aus dem bürgerschaftlichen Sektor (Stichwort: CorporateVolunteering). Ein wirklich integriertes CSR-Verständnis kann sich nur durchsetzen, wenn Ma-nager die Werte leben. Vorstände wie Jeffrey Immelt bei General Electric und seinEcoimagination-Programm machen vor, wie visionäre Führung auch traditionellen Konzerneneine zukunftsfähige Ausrichtung geben kann. Die Einbindung von nachhaltigen Aspekten in dasPersonalmanagement steigert deutlich die Reputation des Unternehmens für Mitarbeiter undzieht talentierte Bewerber an.

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• Nachhaltige Anreizsysteme: Ausbildung zur Nachhaltigkeit bleibt fruchtlos, wenn alle Anreizeauf kurzfristige Gewinnmaximierung ausgelegt sind. In Analysen wird als ein Grund für die Fi-nanzkrise das Bonussystem genannt, das Manager für die quartalsweise Steigerung derErgebnisse belohnte. Um das nachhaltige Management zu belohnen, müssen Boni an Kenn-zahlen gekoppelt werden, die eine langfristige Perspektive aufzeigen, wie etwa an dieReduzierung von Treibhausgasen, die Steigerung der Mitarbeiterzufriedenheit oder Investitio-nen in neue Geschäftsbereiche wie z.B. erneuerbare Energien.

• ‚Triple Bottom Line’-Evaluierung: Zur Umsetzung von nachhaltigem Management sind Kon-trollsysteme notwendig, die die Leistung eines Unternehmens nicht nur in ökonomischen,sondern auch mit ökologischen und sozialen Kennzahlen messen und bewerten. Nur durch einesolche ‚Triple Bottom Line’-Evaluierung können Ziele außerhalb der Betriebswirtschaft gesetztund ihre Erreichung kontrolliert werden. Zudem erleichtern nicht-finanzielle Kennzahlen zur Be-wertung des Unternehmens den Zugang zu Kreditgeschäften.

• Transparente Kommunikation: Transparenz in der Kommunikation nach außen und innen istein wesentlicher Erfolgsfaktor für strategische CSR. Die pro-aktive, ehrliche Kommunikation mitden Stakeholdern über Werte, Aktivitäten, Erfolge und Herausforderungen eines Unternehmensist der Grundstein für deren Vertrauen. Nach innen müssen Werte und Ziele nicht nur kommu-niziert, sondern tatsächlich gelebt werden. Dazu müssen Mitarbeiter die Möglichkeit erhalten,ihr Verständnis und ihre Bedenken zu Zielen sowie ihre Ideen zu deren Umsetzung zu diskutie-ren. Für die Kommunikation mit externen Stakeholdern sind Hochglanz-Nachhaltigkeits-broschüren längst nicht mehr ausreichend. Erwartet wird eine klare Berichterstattung anhandmessbarer Kennzahlen, die durch Dritte geprüft worden sind. Der kontinuierliche Dialog mit ex-ternen Stakeholdern, inklusive der Kritiker, ist eine wichtige Informationsquelle für das Issue-Management.

Wenn CSR auf diese Weise in die „DNA“ eines Unternehmens eingepflanzt wird, gewinnt ein Un-ternehmen an gesellschaftlicher Relevanz und Akzeptanz, an Stabilität und Effektivität, kurz: anWettbewerbsfähigkeit. Die Studie „Green Winners“ von A.T. Kearney im Februar 2009 zeigt, dassdie 99 größten Unternehmen, die im Dow Jones Sustainability Index oder der GS Sustain FocusList geführt werden, im Branchenvergleich in der Krise weniger an Wert verloren haben. In einemZeitraum von Mai bis November 2008 waren ihre Verluste an der Börse bei 16 von 18 Branchenum durchschnittlich 15 Prozent geringer als bei der Konkurrenz.

3.3 CSR „für die Bedingungen des Marktes“

Die Krise zeigt deutlich: Es gibt keinen funktionierenden Markt ohne Staat. Sie zeigt auch: Wo Un-ternehmen das Vertrauen in ihren gesellschaftlichen Beitrag verspielen, wird ihnen ihreLegitimation zum Handeln (‚License to operate’) sowie das Vertrauen durch Investoren und Kon-sumenten entzogen. Auch wenn der Staat in den vergangenen Monaten mittels nationalerRettungsschirme für Banken und Autobauer in einem bisher unbekannten Ausmaß in die Wirt-schaft eingegriffen hat, sind die Grenzen staatlicher Intervention deutlich sichtbar. Selbst imSuperwahljahr 2009 würde sich die Politik überfordern, wollte sie alle Probleme im Alleingang lö-sen. Im Gegenteil: Spielregeln, die die krisengeschüttelten Märkte wieder in Stand setzen und

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adäquate Lösungen für die globalen Herausforderungen wie den Klimawandel müssen dezentralunter Beteiligung der Unternehmen entstehen.

Grundsätzlich können Unternehmen sich auf zwei Arten für die Regeln des Marktes engagieren:

• Soft Law: Unternehmen haben sich unter der Moderation von Branchenverbänden oder Wirt-schaftsvereinigungen vielfach zu Initiativen und quasi-staatlichen Selbstregulierungenzusammengeschlossen, mit denen sie Standards beispielsweise für die Einhaltung von Arbeits-bedingungen gesetzt haben. Diese Initiativen gehen entweder freiwillig über bestehendes Rechthinaus oder füllen Gesetzeslücken. Beispiele hierfür sind die „Equator Principles“ im Banken-sektor zur verantwortlichen Finanzierung von Kreditgeschäften, das „AVE-SektorenmodellSozialverantwortung”, das Beschaffungsregeln für den Außenhandel enthält, oder die „Extracti-ve Industries Transparency Initiative (EITI)“, mit der sich Unternehmen zur Offenlegung ihrerZahlungen an Regierungen verpflichten.

• Responsible Lobbying: Unternehmen setzen jedoch nicht nur auf freiwilliger Basis Normenund Regeln für das eigene Handeln um. Sie setzen sich auch für Gesetze ein, die es erlauben,ökologische, ökonomische und soziale Ziele entlang ihres Kerngeschäftes besser zu vereinba-ren. So engagieren sie sich zum Beispiel für den Abbau von Subventionen bei Agrarexporten,für die Aufhebung von Marktzugangsbarrieren für Entwicklungsländer oder für strengere Klima-schutzgesetze. Zudem machen sich Unternehmen für Themen stark, die ihre Zielgruppebetreffen, wie etwa der Kosmetikkonzern Mary Kay, der sich zur Bekämpfung von Gewalt ge-gen Frauen engagiert.

Ein Engagement für die Bedingungen des Marktes ist voraussetzungsreich und kann nur auf Druckoder unter Beteiligung der anderen gesellschaftlichen Sektoren funktionieren. Es stellt sich dieFrage, ob die Krise hätte verhindert werden können, wenn sich der Finanzsektor zuvor durch For-men der Selbstverpflichtung auf eine bessere Risikobewertung seiner Papiere geeinigt hätte. Esbleibt abzuwarten, ob der nun entstandene Druck seitens der Zivilgesellschaft und der Politik dieBanken dazu bringen kann. Es braucht also tatsächlich auch einen ‚starken Staat’ und eine ‚starkeZivilgesellschaft’, die die unerwünschten Effekte unternehmerischen Handelns kritisieren und zueiner Verhaltensänderung drängen können.

4 Kernkompetenz „Kooperationsfähigkeit“

Die Finanz- und Wirtschaftskrise hat zwei Dinge klar gemacht: Erstens, der Ruf nach Verantwor-tungsübernahme ist angesichts der künftigen politischen, sozialen und ökonomischenVerwerfungen um Ressourcenverteilung, Armut und Gerechtigkeit mehr als überfällig. Die Verant-wortung beginnt damit, sich der Risiken bewusst zu sein und bereits heute für den Umgang mitden Risiken Sorge zu tragen. Zweitens, Verantwortung übernehmen ist Aufgabe aller Akteure – seies der Wirtschaft, Politik oder Zivilgesellschaft. Die globalen Entwicklungen sind so komplex, dassnur im Zusammenspiel aller drei Sektoren Ergebnisse erzielt werden können, die tragfähige Struk-turen für die Zukunft bilden.

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Corporate Social Responsibility ist dabei ein guter Weg, um die Unternehmen in das „trisektoraleSpiel“ zu bringen. CSR ermöglicht, dass Unternehmen mit Regierungen und Akteuren der Zivilge-sellschaft gemeinsam als gleichrangige Partner in einen Aushandlungsprozess für die Lösunggesellschaftlicher Probleme eintreten, in dem jeder Beteiligte seine Kernkompetenzen einbringt.

Kooperationsfähigkeit ist damit der Schlüssel für alle drei Sektoren, wenn es darum gehen soll,Lösungen für die komplexen Probleme zu finden. Für Unternehmen wird Kooperationsfähigkeit zueiner Kernkompetenz, wenn sie die Krise nicht nur überleben, sondern gestärkt aus ihr hervorge-hen wollen. Mit Partnern können sie ihre eigene Zukunft und die der Gesellschaft als Ganzesnachhaltig gestalten. Kooperationsfähigkeit bedeutet dabei mehr, als freundlich miteinander zusprechen. Der Austausch und die Vernetzung miteinander ist konstruktiver Teil des Management-prozesses, der jedoch nicht mehr von steilen Hierarchien und althergebrachten Vorurteilen,sondern durch gleichberechtigte Teilhabe geprägt ist. Dazu gehören die Freiheit und die Fähigkeitüber ungewöhnliche Lösungen nachzudenken, Ergebnisoffenheit, Transparenz, das Wissen überdie Umsetzbarkeit von Lösungen und der Mut, in die Zukunft zu denken. Indem Unternehmen sichauf diesen Pfad begeben, werden sie zu Pionieren des Wandels für eine zukunftsfähige Gesell-schaft.