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(Aus dem Kaiser Wilhelm-Institut fiir Zfichtungsforschung, Abt. ffir Mutationsforschung, Mfincheberg/Mark und dem Institut fiir Vererbungswissenschaft der Reichsuniversitiit Stral~burg) CYTOLOGISCHE UNTERSUCHUNGEN AN MUTANTEN VON ANTIRRHINUM MAJUS L. I. Deletionen im uni.Chromosom Von G. POHLENDT Mit 2 Textfiguren (Eingegangen am 23. Februar 1942) Vorbemerkung. Seit mehreren Jahren werden yon K~Arr bei Antirrhinum Unter- suchungen fiber das Mutieren bestimmter Loci unter versehiedenen Bedingungen ausgefiihrt. Methodisch wird so vorgegangen, daB Pflanzen hergestellt werden, die ftir die zu unter- ABC abe ABC suchenden Loci heterozygot sind, z. B. X B C × abc-- - --> --a --b --e" Das Mutieren eines Alle]s der zu untersuchenden Loci kann unmittelbar in der F 1 am Fehlen des ent- sprechenden Merkmales festgestellt werden, wenn das betreffende Allel sich schon in der F 1 geltend machte (± dominant war) (siehe auch KNAI'P 1939a). Herr Professor Dr. K~eP fibertrug mir die cytologische Analyse der in den Versuchen aufgetretenen Mutanten, und fiber einige Ergebnisse dieser Untersuchungen soll im folgenden berichtet werden. Ich spreche Herrn Professor Dr. K~APP ffir seine Unterstiitzung bei der Durcb:ffihrung der Untersuehungen und fiir die kritische Durchsicht des Manuskriptes meinen ergebensten Dank aus. Herrn Dr. habil. STRAVB danke ich ffir die Bereitwilligkeit, mit der er mich bei der Erlernung der cytolegischen Technik unterstfitzte. Die Arbeit wurde mit Unterstfitzung durch die Deutsche Forschungsgemein- schaft ausgeffihrt. Durch die yon BAVR begonnenen und im Kaiser Wilhelm-Institut fiir Ziichtungsforschung in Miincheberg fortgefiihrten Koppelungsuntersuchungen bei Antirrhinum ma]us L. sind 8 Koppelungsgruppen festgestellt worden. Als Chromosomenzahl haben STEIN (1926) und H]~ITZ (1927) schon vorher n = 8 gefunden. Einer eingehenderen cytologischen Analyse des Objektes und damit der Unterbauung genetischer Untersuchungen yon der cytologisehen Seite her stellten sich aber methodische Schwierigkeiten entgegen. Insbesondere gelang es lange Zeit nicht, das empfindliche Paehytiinstadium zu fixieren, zu f~rben und zu analysieren. Das geeignete Pri~parationsverfahren wurde erst 1938 yon E~NST in einer Abwandlung der HEITzschen Karmin-Essigs~ure- Quetschmethode gefunden. Mit dieser Methode gelang es ERNST (1939) dann auch, die 8 Chromo- somenpaare von Antirrhinum ma]us im Pachyt~nstadium durch morphologische

Cytologische Untersuchungen an Mutanten von Antirrhinum Majus L

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(Aus dem Kaiser Wilhelm-Institut fiir Zfichtungsforschung, Abt. ffir Mutationsforschung, Mfincheberg/Mark und dem Institut fiir Vererbungswissenschaft der Reichsuniversitiit

Stral~burg)

CYTOLOGISCHE UNTERSUCHUNGEN AN MUTANTEN VON

ANTIRRHINUM MAJUS L.

I. Deletionen im uni.Chromosom

Von G. POHLENDT

Mit 2 Textfiguren

(Eingegangen am 23. Februar 1942)

V o r b e m e r k u n g . Seit mehreren Jahren werden yon K~Arr bei Antirrhinum Unter- suchungen fiber das Mutieren bestimmter Loci unter versehiedenen Bedingungen ausgefiihrt. Methodisch wird so vorgegangen, daB Pflanzen hergestellt werden, die ftir die zu unter-

A B C a b e A B C suchenden Loci heterozygot sind, z. B. X B C × abc-- - --> --a --b --e" Das Mutieren eines

Alle]s der zu untersuchenden Loci kann unmittelbar in der F 1 am Fehlen des ent- sprechenden Merkmales festgestellt werden, wenn das betreffende Allel sich schon in der F 1 geltend machte ( ± dominant war) (siehe auch KNAI'P 1939a).

Herr Professor Dr. K ~ e P fibertrug mir die cytologische Analyse der in den Versuchen aufgetretenen Mutanten, und fiber einige Ergebnisse dieser Untersuchungen soll im folgenden berichtet werden. Ich spreche Herrn Professor Dr. K~APP ffir seine Unterstiitzung bei der Durcb:ffihrung der Untersuehungen und fiir die kritische Durchsicht des Manuskriptes meinen ergebensten Dank aus. Herrn Dr. habil. STRAVB danke ich ffir die Bereitwilligkeit, mit der er mich bei der Erlernung der cytolegischen Technik unterstfitzte.

Die Arbeit wurde mit Unterstfitzung durch die D e u t s c h e F o r s c h u n g s g e m e i n - s c h a f t ausgeffihrt.

Durch d ie yon BAVR begonnenen u n d im K a i s e r W i l h e l m - I n s t i t u t fiir Z i ich tungsforschung in Miincheberg for tgef i ih r ten Koppe lungsun te r suchungen bei Antirrhinum ma]us L. s ind 8 K o p p e l u n g s g r u p p e n fes tges te l l t worden. Als Chromosomenzah l h a b e n STEIN (1926) u n d H]~ITZ (1927) schon vorher n = 8 gefunden. E ine r e ingehenderen cytologischen Ana lyse des Objek tes und d a m i t der U n t e r b a u u n g genet i scher Un te r suchungen yon der cytologisehen Sei te her s te l l t en sich aber me thod i sche Schwier igkei ten entgegen. Insbesondere gelang es l ange Zei t n icht , das empf ind l iche P a e h y t i i n s t a d i u m z u f ixieren, zu f~rben und zu ana lys ie ren . Das geeignete Pr i~para t ionsverfahren wurde ers t 1938 yon E~NST in e iner A b w a n d l u n g der HEITzschen Karmin-Ess igs~ure - Que t schmethode gefunden. Mi t dieser Methode gelang es ERNST (1939) dann auch, die 8 Chromo- somenpaa re von Antirrhinum ma]us im P a c h y t ~ n s t a d i u m durch morphologische

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Merkmale zu identifizieren. Dami t war die Voraussetzung ffir c y t o g e n e t i s e h e Forschungen an diesem 0b jek t geschaffen.

I m folgenden wird fiber Untersuchungen beriehtet , die an Pflanzen aus Versuchen durchgeffihrt wurden, in denen das Mutieren der v~terliehen Genome entweder in den Loci uni, dich, Div n n d serp oder in den Loci uni, comp, pal und Div gepriift wurde. Alle diese Loci gehSren zur uni-Koppelungsgruppe.

Hierzu sind folgende Kreuzungen ausgefiihrt wordenl ) :

uni dich Div serp X uni+ dich+ Div + serp+ uni dich Div serp lind

uni dich Div serp uni+ dich+ Div + serp+ uni+ dich+ Div + serp+

uni comp pal t~ Div uni+ c~m19+ palters+ Div + uni comp ~al t~'~ Div

uni comp IJal t~'~ Div X uni+ comp+ 19al,~+ Div+ -'-> uni+ comp+ palti'~+ Div+"

Als vgterlicher El ter diente stets die normMe Sippe 50.

uni comp pal ti'* Div Die mit uni comp 13al t~ Div bezeichneten IKlanzen gehen nicht ausschliel~-

lich auf die Sippe 50 zurfick; sic unterseheiden sich also yon dieser Sippe auch noch in anderen Loci, insbesondere im Locus Hol, was aber in diesem Zusammen- hange nicht wesentlich ist.

I n der F 1 waren neben den Pflanzen mit den durch die Standardallele bes t immten Merkmalen (die , ,phgnotypiseh normal" waren) auch solc~he zu linden, die nicht vSllig normal waren, sondern z . B . die durch die Allele uni oder comp oder dich usw. bes t immten Merkmale zeigten ( , ,phgnotypiseh uni oder comp oder dich usw." waren). Auger diesen Tyl0en t r a ten aber, neben zahl- reichen anderen, auf die in diesem Zusammenhange nicht eingegangen werden soll, noch solche auf, deren Merkmale yon den abweichenden Allelen yon zwei, drei oder allen vier der untersuchten Loci bes t immt wurden, die also z. B. ,,ph£no- typisch uni-dich oder uni-dich-Div 2) oder uni-dich-Div-serl 9'' waren.

1) Klarstellungen yon Begri~fen, die in dieser Arbeit verwertet worden sind, hat K ~ e P (1941) durchgeftihrt. Da die yon KNAPP und seinen Mitarbeitern durchgefiihrten Arbeiten im wesentlichen auf der Sippe 50 aufgebaut sind, charakterisieren wit die Geno- typen auch weiterhin durch ihren Unterschied vom Genotypus der Sippe 50. Der Genotypus dieser Sippe unterscheidet sich yon der STUBBEschen Standardsippe vor allem in den zwci Loci, die STUBBE (1941) nun als del (delila) und E1 (eluta) bezeichnet und die KNA:eP Hol (holochroma) und uni (unicolor) nennt. Die STV]~BEsche Standardsippe hat gef~irbte Bliiten-

Hol uni rShre und einheitliches Rot in der Bliite; sic ware, auf die Sippe 50 bezogen, als Hol uni

zu bezeichnen. Die Sippc 50 hat ungefarbte BliitenrShre und verwaschenes Rot in der Blfite; del El

auf die STUBBEsche Standardsippe bezogen ware sie d e / ~ zu benennen. Die verschiedene

Bezeichnung der beiden Loci folgt notwendig aus der verschiedenen Wahl der Bezugssippen. Im iibrigen folgen wir, um die Einheitlichkeit der Symbole nach MSglichkeit zu wahren, bei der Bezeichnung der Loci den neuen Vorschlagen yon SrUBB~ (1941), auch dort, wo wir sie nicht fiir ganz gliicklich halten. Der oben genannte Locus Div (divaricata) hieB bisher Ana (analata).

2) Div ~iuBert sich im heterozygoten Zustand in einer Vertiefung der Grube zwischen den Knieh6ckern, homozygot oder haploid bcwirkt es Knielosigkeit. Man kann also im

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Da das gleiehzeitige und unabh/tngige Mutieren in mehreren der vier unter- suchten Loci nur mi t einer prakt isch zu vernachl~ssigenden Wahrscheinliehkeit zu erwar ten ist, mug te angenommen werden, dab diese Phi inotypen als Folge yon Chromosomenmuta t ionen aufgetreten sind. Und zwar konnte fiir den l~all des Erseheinens yon zwei oder drei durch die untersuchten Loci bewirkten ab- weiehenden Merkmalen in einer Pflanze der F 1 eine Deletion 1) ve rmute t werden, also der Verlust eines C h r o m o s o m e n s t i i c k e s , das die betreffenden Loci enth£1t. Wenn eine F1-Pflanze aber die dureh die abweichenden Allele aller vier unter- suehten Loci bes t immten Merkmale zeigte, k a m als m6gliche Ursache auBerdem noch der Verlust des g a n z e n Chromosoms oder eines C h r o m o s o m e n s a t z e s in Frage. Deshalb wurden zun£ehst Pf lanzen mit zwei, drei oder allen vier ab- weiehenden Merkmalen einer eytologisehen Untersuchung unterworfen.

Zur cyto]ogischcn Untersuchung wurden Pr~parate des Yachytiins der PMZ nach der Karmin-Essigs~iure-Quetschmcthode hergestellt. Ich hiel~ reich an die yon ERNST (1938) speziell fiir Antirrhinum ausgearbeitcte Abwandlung dieser Methode und variierte sie nur unwesentlich. Es hatte sich n~mlich im Laufe der Pr~iparationen gezeigt, dal~ die Farbungen klarer waren und die Strukturcn deutlieher hervortraten, wenn man yon stark iiberf~rbten Antheren ausging und diese durch Aufkochen auf dem Objekttrager in verdiinnter Essig- siiure (1 Eisessig : 1 Aq.) bis zu dem gewiinschten Grade aufhellte. Die iJberf~irbung wurde dadurch erreieht, dag die yon Kelch- und Blumenb]~ttern befrciten Knospen in ihrem Fixierungs-F~rbe-Gemisch einige Tage vor ihrer Preparation fiir etwa 24 Stundcn in den Thermostaten bei 60 ° gestellt wurden.

Die Untersuchungen wurden durchgefiihrt mit dem Stativ LWdE yon Zeiss mit monokularem Grad- oder binokularem Sehr~igtubus. Kondensor: Aplanat n.A. 1,4. Ob- jektive: Apochromat HI 60faeh, n. A. 1,4, Fluoritobjektiv HI 100faeh, n. A. 1,3. Okulare: K 10-, K 15-, K 20-, K 30fach.

I n insgesamt 24 Pachyt t inkernen aus folgenden 7 Pflanzen konnte das Vorliegen einer Deletion eindeutig festgestellt werden:

40 M 40 034/1 , ,ph/inotypisch uni und dich" 40 M 40 394/1 . . . . uni und dich" 40 M 40 815/2 ;, ,, uni, dich und Div" 40 M 41 095/1 . . . . uni und dich" 40 M 41 877/1 . . . . uni, dich, Div und serp" 40 M 44 273/ i . . . . uni und dich" 41 M 40 528/1 . . . . comp, pal und Div".

Die ersten 6 Pflanzen waren nach R6ntgenbes t rahlung, die letzte spontan in einem Kontrol lversueh aufgetreten. Der Vollstandigkeit halber sei erw£hnt,

Phanotyp gut zwischen Homozygotie und Haploidie dieses AlMs einerseits und Hetero- zygotie in diesem Locus andererseits unterscheiden. Der Ph/inotyp der fiir diesen Locus

) Heterozygoten ~--Pflanze kann uns hier als normal gelten.

1) In Ubereinstimmung mit der Anwendung der Begriffe Deletion und Defizienz durch K~APP (1939b) ist unter De le t ion allgemein der Verlust eines Chromosomensttiekes, unter Def iz ienz das im genetischen Experiment festgestellte Fehlen yon Genen verstanden, gleichgiiltig, was die Ursaehe fiir dieses exl~erimentell festgestellte Fehlen ist.

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dal~ diese Pflanze aul~er dem untersuchten Ast mit den genannten Merkmalen noch _~ste yon einem anderen Ph/~notypus hervorbrachte. Es diirfte sich also um eine genetische Chim/~re gehandelt haben,

Es ist selbstverst/~ndlich, dab nicht jeder brauchbar pr/~parierte,Pachyt/~n- kern, in dem eine Deletion vorliegt, auch den Nachweis dieser Deletion erlaubt. Voraussetzung far den Nachweis einer Deletion ist, dal~ das betreffende Chromo- somenpaar freiliegt. I n diesen F/~llen ist das cytologische Bild der untersuchten Deletion allerdings durchaus eindeutig (siehe Fig. 1). Das normale Homologe bildet, da es um das deletierte Stack des mutierten Chromosoms lgnger ist als dieses, bei der Paarung eine Schlinge. Die bereits durch McCLI~TOCK (1933)

Fig. 1. Pflanze Nr. 40 M 41 877/1, Photo Nr. 12. Ein langer interkalarer Stiickausfall in einem Chromosom. Es sind zwei homolog gepaarte (A und B) und ein inhomolog gepaarter Ast (C) zu unterscheiden. Das ,,foldback" im normalen Chromosom liegt der Bruch- und Wiederverklebungsstelle im mutierten Chromosom genau gegentiber. Ast A ist nicht ganz zu verfolgen. Fluoritobjektiv HI 100fach, n. A. 1,3. Okular K 30fach. Zeiss-Miflex-Aufse~z-

kamera. Vergr. 3000fach.

fiir Mais bekannt gewordene und yon ihr als ,,foldback" bezeichnete Erscheinung t r i t t auch hier auf: das haploide Stack des normalen Chromosoms paart sieh in sieh selbst. ERNST (1938) hat darauf hingewiesen, dab das Paarungsverhalten yon Chromosomenstacken ohne entsprechende homologe Abschnitte bei Antir- rhinum in diesem Punkte dem yon Mais entspricht. Fig. 1 1/~l~t deutlich erkennen, welche Teile des Chromosoms homolog und welche inhomolog gepaart sind. In Ast A und B entsprechen sich die Chromomeren in den beiden Paarlingen, im Ast C liegen chrom~tischen Stellen in dem einen Paarling achromatische in dem anderen gegenfiber und umgekehrt. Dies zeigt, dab in den Asten A und B homo- 16ge, im Ast C inhomologe Paarung vorliegt. Wie zu erwarten, sind also zwei

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Aste homolog und einer inhomolog gepaarb. Die Sohlinge, die der haploide Abschnitt im normalen Chromosom bildet, liegt in diesem Falle der Bruch- und Wiederverklebungsstelle iin mutierten Chromosom genan gegeniiber. In dieser Hinsicht jedoch liegt hier ein Sonderfall vor. In den weitaus meisten F/~llen waren Inhomologien in zwe i Str/~ngen des Paarungsverbandes fest- zustellen. In Fig, 2 ist sowohl Strang A als auch B inhomolog gepaart, Strang C zeigt - - wenn auch dutch gegenseitige Versehiebung der Chromomeren in dem dem Ansatzpunkt der drei Arme benachbarten Abschnitt unsaubere - - Homologie. Vermutlich ist der Grund hierfiir darin zu suchen, daI~ die Schlinge meistens

...:. / /

:'::: ........... // C ........ •

Fig. 2. Pftanze Nr. 41 M 40 528/1, Photo Nr. 166. Ein langer interkalarer Stiickausfall im Chromosom mit dem dif~usen Ende. Strang A und B inhomolog, Strang C ann~hernd homolog gepaart. Das,,foldback" hat sich an einer beliebigen Stelle im Chromcsom gebildet. Strang C yon × ab diffus gefi~rbt. Die ~ste A und B nicht ganz, C ganz zu verfolgen. Apochromat 60fach, n. A. 1,4. Okular K 30fach. Grol]e mikrophotographische Apparatur auf optischer

Bank von Zeiss. Vergr. 3000fach.

nieht den haploiden Absehnitt des normalen Chromosoms enthi~lt, sondern ein beliebiges Stiick, das bei der Paarung tibriggeblieben ist. Die Paarung mug also auch in den Teilen inhomolog verlaufen sein, die an sich homolog vorliegen, die Sehlinge liegt dann nicht der Bruch- und Wiederverklebungsstelle gegeniiber, sondern an einer beliebigen anderen Stelle im Chromosom. Ffir Mais sind durch MCCLINTOOK (1933 und 1938) zahlreiche F~lle bekannt geworden, wo inhomologe Paarung in einem Chromosomenpaarungsverbande stattgefunden hatte, obwohl homologe Teile vorhanden gewesen sind. Die inhomologe Paarung konnte also nicht durch das Fehlen entsprechender homologer Abschnitte gekl~rt werden Die meinem Fall entsprechenden F~lle beim Mais sind yon McCLINTOCK 1933 in Fig. 34 und 1938 in Fig. 30 abgebildet. Besonders eindeutig sind in dieser

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Hinsicht Fig. 31 und 32 aus der Arbeit vom Jahre 1933, wo eine t e r m i n a l e Deletion sich bei der Paarung in einer Schlinge /~uftert, die sieh mitten im nor- malen Chromosom gebildet hat.

So einfach die blo6e Feststellung war, dab bei den untersuchten Typen, die mehrere abweichende Merkmale zeigten, ein Chromosomenstfiekverlust vorlag, so schwierig war es nachzuweisen, i n w e l c h e m Chromosom der Stfick- verlust stat tgefunden hatte. RESE~DE (1940) wies bereits darauf hin, dal~ bei der Karmin-Essigs/~ure-Pr/£paration die morphologischen Kennzeiehen der Chromosomen nicht immer typiseh ausgebildet sind. Nach meinen Erfahrungen scheint es so, als ob fiir diese Tatsache nicht nut die angewandte Methode, sondern auch der anf Grund wechselnder Aul~enbedingungen wechselnde physiologische Zustand der Zellen verantwortlich zu machen sei. Unterschiede in der Belichtung, Teml~eratur usw., der die Pflanzen w/~hrend der Meiosis ausgesetzt sind, bedingen eine )[nderung in der F/£rbbarkeit der Paehyt£nehromosomen. So kommt es, dab in manchen Zellen eine Identifizierung der Chromosomen nicht gelingt, obwohl eine solche ihrer Lage nach m6glich sein miiBte. Die Identifizierung eines mutier ten Chromosoms durch seine eharakteristischen Merkmale wird natiirlich seltener gelingen als das Auffinden der charakteristisehen Merkmale eines Chromosoms allein. Denn sie setzt voraus, dab im Pr/~parat der Zusammen- hang zwisehen dem Teil des Chromosoms, an dem ich die Mutation nachweisen kann und dem e h a r a k t e r i s t i s c h e n Chromosomenstiick zu erkennen ist. In den F/~llen, wo das charakteristische Chromosomenstfick in die Deletion mit ein- bezogen ist, wird eine Identifizierung auf direktem Wege ganz unm6glich sein. Denn durch die inhomologe Paarung beim ,,foldback" werden die eharakteristi- sehen Kennzeiehen, soweit sie im ungepaarten Strang vielleicht noch erkennbar w/~ren, bis zur Unkenntlichkeit verwischt. Die letzte Schwierigkeit ergibt sich schlie61ieh aus dem P a a r u n g s v e r h a l t e n aberranter Chromosomen. Wie wir gesehen haben, t re ten Inhomologien bei der Paarung ja nieht nur im haploiden Abschnitt des normalen Chromosoms anf, sondern aueh in Teilen, die homo]og vorliegen. Bei inhomologer Paarung wird jedoch die Chromosomenstruktur so undeutlich, da$ danaeh keine Identifizierung vorgenommen werden kann. So konnte nur in 8 der Paehyt/~nkerne, in denen eine Deletion nachgewiesen wurde, festgestellt werden, da6 d ie D e l e t i o n d a s C h r o m o s o m m i t d e m d i f f u s e n E n d e [naeh.ER~TST (1939) das 2. Chromosom] betraf. Diese 8 Paehyt/~nkerne s tammten yon 3 verschiedenen Pflanzen. In den fibrigen untersuehten F/£11en konnte das mutierte Chromosom fiberhaupt nieht identifiziert werden. Es lag aber auch niemals ein AnlaB zum Verdaeht vor, da6 es sieh um ein anderes als das 2. Chromosom handeln kSnne. Fig. 2, die yon einem Kern aus einer comp-pal-Divl)-Pflanze s tammt, zeigt einen der glfieklichen F/~lle, in denen das diffuse Ende des 2. Chromosoms an dem Chromosom beobaehtet werden konnte, bei dem eine Deletion nachzuweisen war.

1) Ob bei der untersuchten Pflanze die Deletion auch den Locus fiir uni betraf, ~altin

]~Bt sich ohne Kreuzungsanalyse nieht feststellen, da ~- i='Pflanzcn wegen ihrcr Antho- ~Oafl*n zyanfreiheit Unterschiede im uni-Locus nicht erkennen lassen.

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Aus unseren Untersuchungen ist also zu schliel~en, dab die uni .Koppe- l u n g s g r u p p e dem C h r o m o s o m mit dem d i f f u s e n Endezuzuordnen i s t (dem 2. Chromosom). Es kSnnte eingewendet werden, dab die Deletion in den F~llen, in denen wir sie dem 2. Chromosom zuordnen konnten, nicht die Ursache ffir das In-Erscheinung-Treten der durch die rezessiven Allele unserer unter- suchten Loci bestimmten Merkmale ist. Es scheint aber wenig wahrscheinlich, dai~ in allen untersuchten Fallen auBer der Deletion, die die geprfiften Loci betraf, noch eine zweite Deletion in einem anderen Chromosom vorlag und dab dieses Chromosom immer gerade das zweite gewesen w~re.

Chromosomenmutationen sind bei Drosophila in groBem MaBe dazu benutzt worden, die ,,Gene" auf eytologischem Wege zu kartieren. Das wesentlichste Ergebnis dieser umfangreichen Untersuchungen bestand in der Erkenntnis, dab zwar die reale Au~einanderfolge der Loci so ist, wie sie durch die Koppelungs- analyse ermittelt wurde, dab sich aber die Absti~nde zwischen diesen auf der cytologischen Genkarte anders darstellen als auf der genetischen. Bei der Wichtigkeit dieses Befundes ist es wfinschenswert, dab solehe Untersuchungen noch an mSglichst vielen Objekten durehgeffihit werden. Bis jetzt liegen aber eingehendere Untersuchungen dieser Art auger bei Drosophila nur noch beim Mais vor. (Ausffihrliche ~bersicht fiber die Literatur bei RHOADES und McCLINTOCK 1935.) Auch das von mir untersuchte Material erschien zun~chst geeignet ffir den Beginn einer cytologischen Kartierung. Grunds£tzlich gibt es daffir zwei Wege. Bei bekannten Chromosomen mit so charakteristischer L~ngsstruktur wie den Speicheldrfisenchromosomen yon Drosophila kann man die Lage der Brfiche und der ausgefallenen Chromosomenstfieke durch Analyse der L£ngsstruktur direkt ablesen. Bei Antirrhinum ist das nicht mSglich. Die morphologischen Kennzeichen der Chromosomen betreffen nut kleine Abschnitte, groBe Teile lassen sich ohne Zusammenhang mit diesen Abschnitten nicht charak- terisieren. Der zweite Weg w~re der, die L~nge des Gesamtchromosoms und des haploiden Abschnitts zu messen und die Bruchstellen in relativen Ent- fernungen von einem der beiden Enden anzugeben. L~ngenmessungen an Chro- mosomcn mit einem interkalaren Stfickverlust, wie sie in dieser Arbeit vorlagen, kSnnen aber bei Antirrhinum nur in den sehr seltenen Fallen unternommen werden, wo l.) die Schlinge des normalen Chromosoms der Bruch- und Wieder- verklebungsstelle im aberranten Chromosom gegenfiberliegt. Denn nur dann l~Bt sich entscheiden, welcher von den drei ~sten des Paarungsverbandes den haploiden Abschnitt enth~lt, da nur dann dieser a l le in inhomologe Paarung aufweist; 2.) miissen die Chromosomen fiber ihre ganze Li~nge veffolgbar und meBbar sein. Denn die L£ngen der ausgefallenen Stficke kSnnen nicht absolut, sondern immer nur in Teilen des ganzen Chromosoms angegeben werden. Das ganze Chromosom mug in derselben Zelle gemessen sein wie der Stfickausfall. ~ES]~NDE (1940) hat bereits erw~hnt, dab die Chromosomen bezfiglich der L~nge eine gewisse Variabilit~t aufweisen, so dab bei Aufstellung absoluter L~ngen- beziehungen grobe Fehler auftreten wfirden. (Ob die Variabilit£t der Chromo- somenli~ngen ausschlieBlich auf die angewandte Methode zuriickzufiihren ist, mfiBte noch gekl~trt werden. Es ist denkbar, dab die Kontraktion der Pachyt~n-

19"

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288 P o h l e n d t , Cytologische Untersuehnngen an Mutanten von Antirrhinum majus L.

chromosomen beim Ubergang zu den folgenden Stadien k o n t i n u i e r l i c h vor sich geht, die Lgngen der Chromosomen also ebenf~lls mi~ dem Alter des Pachyt~ns k o n t i n u i e r l i c h abnehmen.) Es leuchtet ein, dab die Wahrscheinl ichkeit dafiir, dab in den Zellen alle Voraussetzungen zu aussichtsreichen Lgngenmessungen vorliegen, nicht sehr hoch ist, und dab zahllose Zellen untersucht~ sein miissen, ehe die gewiinschten F/~lle in einer solchen H~ufigkeit gufgetreten sind, d~B sich Durchschni t t swer te aus ihnen gewinnen lassen. Das yon mir untersuchte Materia.1 war dazu nicht ausreichend.

Zusammenfassung 1. Das Verhalten yon Antirrhinum-Chromosomen, die yon einem inter-

k~laren Stiickverlust betroffen wurden, entspr icht bei der Paarung mit ihrem normalen Homologen dem bisher vom Mais bekannten. Es t r i t t inhomologe Pa~rung nicht nur im haploiden Abschnit~, sondern ~uch in Teilen auf, die paar ig vorliegen.

2. Als Tr~ger der uni-Koppelungsgruppe wurde das Chromosom mit dem diffusen Ende [nach ERSST (1939) das 2. Chromosom] festgestellt.

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