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FB 10: Sprach- und Literaturwissenschaften Master: Transnationale Literaturwissenschaft Das Meer im Film Transnationale Bedeutungspotentiale der insularen Handlungsräume in Emanuele Crialeses Film Lampedusa Hausarbeit Seminar: Das Meer – Profilmodul Film Dozentin: Prof. Dr. Elisabeth Arend Vorgelegt von: Franziska Rentzsch Matrikelnummer 3002498 Abgabe: 30. September 2015

Das Meer im Film · Nach Foucault kann die Insel auch als Prototyp der Heterotopie bezeichnet werden, indem sie sich in ein „System von Öffnungen und Schließungen“ (1992, S.44)

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Page 1: Das Meer im Film · Nach Foucault kann die Insel auch als Prototyp der Heterotopie bezeichnet werden, indem sie sich in ein „System von Öffnungen und Schließungen“ (1992, S.44)

FB 10: Sprach- und Literaturwissenschaften

Master: Transnationale Literaturwissenschaft

Das Meer im Film

Transnationale Bedeutungspotentiale der insularen Handlungsräume

in Emanuele Crialeses Film Lampedusa

Hausarbeit

Seminar: Das Meer – Profilmodul Film

Dozentin: Prof. Dr. Elisabeth Arend

Vorgelegt von: Franziska Rentzsch

Matrikelnummer 3002498

Abgabe: 30. September 2015

Page 2: Das Meer im Film · Nach Foucault kann die Insel auch als Prototyp der Heterotopie bezeichnet werden, indem sie sich in ein „System von Öffnungen und Schließungen“ (1992, S.44)

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung ............................................................................................................................ 2

2. Raumtheoretische Überlegungen zum Film ........................................................................... 3

3. Das Meer als transnationaler Raum ...................................................................................... 5

3.1 Die Insel als semantische Kippfigur .......................................................................................... 6

3.2 Die Küste als hybrider Grenzraum ............................................................................................ 7

3.3 Der (Unter-)Wasserraum als fluider Zwischenraum ................................................................ 7

4. Handlungsräume im Film Lampedusa ................................................................................... 9

4.1 Die Insel .................................................................................................................................... 9

4.2 Die Küste ................................................................................................................................. 11

4.3 Der (Unter-)Wasserraum ........................................................................................................ 14

5. Fazit .................................................................................................................................. 16

Literaturverzeichnis

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1. Einleitung

Der Film Respiro (2002) des italienischen Regisseurs Emanuele Crialese ruft mit seinem

übersetzten Titel Lampedusa heute ganz bestimmte Assoziationen beim deutschen Pub-

likum hervor. War die Insel früher vor allem als Urlaubsparadies bekannt, verbindet man

heute mit ihr die in den Medien verbreiteten dramatischen Bilder afrikanischer Boots-

flüchtlinge. Zwar gehört Lampedusa politisch zu Italien, lässt sich geografisch aber dem

afrikanischen Kontinent zuordnen (vgl. Past 2013, S.58). So wurde die Insel durch seine

Nähe zu Tunesien zu einem entscheidenden Ankunftsort für Menschen auf ihrem Weg

nach Europa und Symbol für europäische Diskussionen zur Flüchtlingspolitik. Trotz

ihrer Abgeschiedenheit vom Festland stellt sich Lampedusa hier als Knotenpunkt im

Mittelmeer dar, der als temporärer Aufenthaltsort für Touristen einerseits und als

Ankunftsort für Flüchtlinge andererseits als Raum der Grenzüberschreitung in einer

transnationalen Dimension betrachtet werden kann.

Im Film Crialeses aber, der zu einer Zeit spielt, bevor Lampedusa zu einer „Insel

europäischer Größe“ (Hoffmann 2014) erklärt wurde1, sind es weder Touristen noch

Flüchtlinge, sondern die Dorfbewohner selbst, die in ihrer Beziehung zur Insel und dem

angrenzenden Meer dargestellt werden: Die Geschichte basiert auf einer Legende über

eine Frau, die sich den strengen moralischen Regeln des Dorfes nicht beugen will und

eines Tages spurlos verschwindet. Auch Grazia fühlt sich unter den Einheimischen

fremd und wird aufgrund ihrer manisch-depressiven Art aus der Dorfgemeinschaft aus-

gestoßen. Als ihr Mann sie nach Mailand in eine Klinik schicken will, flüchtet sie mit

Hilfe ihres Sohnes Pasquale ans Meer.

Der Blick auf die Insel und ihre Bewohner der 1960er Jahre, scheint hier ein radikal

anderer zu sein, als es gegenwärtig der Fall ist. Wenn Meer und Insel heute einerseits

als touristisches Ziel für Schönheit und Erholung stehen und auf einer ganz anderen Seite

für Flüchtlinge einen schmalen Grat zwischen Leben und Tod bedeuten, in welcher Be-

ziehung verortet Crialese dann die Einheimischen selbst zu den insularen Handlungsor-

ten Lampedusas? Um dieser Frage nachzugehen, sollen im Folgenden die Handlungs-

räume im Film auf ihre Bedeutungspotentiale sowie mögliche transnationale Repräsen-

tationsräume hin untersucht werden. Wie werden Insel- und Meeresraum dargestellt und

in welchem Verhältnis stehen sie zu den handelnden Figuren im Film?

1 Im Jahr 2008 spitzte sich die Situation auf Lampedusa zu: In diesem Jahr erreichten etwa 36.000 Flüchtlinge die kleine Insel im Mittelmeer. Der Beginn der arabischen Revolution Anfang 2011 führte zu einem erneuten Flüchtlingsstrom (vgl. Reckinger 2013, S.9).

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Und: Lassen sich Meer und Insel hier überhaupt als transnationale Räume untersuchen,

obwohl kein konkreter Austausch über nationale Grenzen hinweg stattfindet?

Aus der Perspektive einer transnationalen Literaturwissenschaft und auf Grundlage ei-

ner relationalen Raumtheorie (Kapitel 2), werde ich mich in meiner Untersuchung zu-

nächst dem Handlungsraum des Meeres zuwenden (Kapitel 3) und die im Film auftau-

chenden Zonen der Insel, der Küste und des (Unter-)Wasserraumes in ihren möglichen

raumtheoretischen Bedeutungen darstellen. Im vierten Kapitel folgt dann mit der Me-

thode der Filmanalyse eine Untersuchung der konkreten Handlungsräume in Lampe-

dusa. Im Fazit soll schließlich eine Antwort auf die Frage gefunden werden, welche

Bedeutungspotentiale sich in der Betrachtung der insularen Handlungsräume im Film

mit einer transnationalen Perspektive herausstellen lassen.

2. Raumtheoretische Überlegungen zum Film

Seit der räumlichen Wende, dem sogenannten spatial turn2 der 1980er Jahre, hat sich

die wissenschaftliche Aufmerksamkeit in den Kultur- und Sozialwissenschaften zuneh-

mend auf das Paradigma des Raumes gerichtet (vgl. Bachmann-Medick 2010, S.697).

Mit dem Hintergrund einer traditionellen absolutistischen Raumvorstellung schließt sich

heute ein relationales Raumverständnis an, das Räumlichkeit und Bewegung als vonei-

nander abhängig beschreibt und so die dynamischen Raumstrukturen einer globalisier-

ten Moderne zu erfassen versucht (vgl. Hallet/Neumann 2009, S.14f.). Als wichtigste

Vordenker der Orientierung zum Raum sind wohl Michel Foucault und Henri Lefebvre

zu nennen (vgl. ebd. S.13). Foucault führte nicht nur den Begriff der Heterotopie3 ein,

sondern rief bereits 1967 ein neues „Zeitalter des Raumes“ (2005, S.931) aus, in dem er

Zeit nicht allein als temporäres, sondern auch als räumliches Nebeneinander beschrieb.

Ebenso wichtig erscheinen in diesem Zusammenhang auch die Studien Lefebvres, der

den Raum nicht mehr nur als neutrales Behältnis betrachtet, sondern vor allem als Pro-

2 Als Basismonographie des spatial turn gilt Martina Löws Raumsoziologie, die vor allem relationale Po-sitionen und Studien von Michel de Certeau, Dieter Läpple oder Michel Foucault aufgreift (vgl. Wilhelmer 2015, S.20). 3 In Abgrenzung zur fiktiven gesellschaftlichen Utopie, bezeichnet Foucault mit dem Begriff der Hetero-topie „Orte außerhalb aller Orte“ (Foucault 1992, S.39), die zwar tatsächlich und real existent seien, sich aber gleichzeitig innerhalb und außerhalb einer Gesellschaft verorten ließen. Als Beispiele nennt er etwa Psychiatrien, Gefängnisse oder Friedhöfe (vgl. Wilhelmer 2015, S.52).

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dukt und Konstruktion sozialer Praxis auf der einen, sowie als Repräsentationsraum kul-

tureller und sozialer Handlungen auf der anderen Seite (vgl. Hallet/Neumann 2009,

S.13f.).

Diese Fokussierung der räumlichen Wende bietet laut Nünning (2008) auch die Grund-

lage für Untersuchungen medialer Räume (vgl. S.638). So haben sich die raumtheoreti-

schen Konzepte des spatial turn heute auch auf die Literaturwissenschaften ausgewirkt,

die Raum zunehmend als funktionales Darstellungsmittel literarischer Texte begreifen.

Dabei fungiert der literarische Raum einerseits als Begriff für die Gesamtheit der im

Text dargestellten Schauplätze, andererseits wird die Konstruktion von Räumen als Re-

präsentation kultureller und sozialer Wirklichkeiten verstanden (vgl. ebd. S.637). Raum

umfasst also nicht nur den literarischen Handlungsort, sondern sollte immer auch als

Bedeutungsträger jeweiliger kultureller Normen und Wertehierarchien verstanden wer-

den (vgl. Hallet/Neumann 2009, S.11f.).4

Während die Untersuchung räumlicher Strukturen in narrativen Texten sowohl auf der

Ebene der histoire, also der erzählten Handlung, als auch auf der des discours, der

Vermittlungsebene, stattfinden kann5 (vgl. Nünning/Nünning 2002, S.6), tritt im Film

noch die konkrete audio-visuelle Ebene als Bildraum hinzu. So unterscheidet Schmidt

zur Analyse des filmischen Raumes zwischen diegetischen, narrativen sowie audio-

visuellen Räumen (vgl. 2013, S.110). Filmische Räume und ihre Bedeutungen können

also zum einen über die fiktionale Welt bestimmt werden, konstituieren sich aber in

erster Linie auch über ihre Darstellung im jeweiligen Bild- oder Erzählraum, der auf

einer unmittelbar visuellen (u.a. Einstellung, Kameraperspektive und –bewegung, Licht

und Bildkomposition), einer auditiven (Ton, Sound oder Sprache) sowie einer narrativen

(Dramaturgie, Erzählstrategien, Schnitt und Montage) Ebene betrachtet werden kann.

Der Handlungsraum eines Films wird dem Zuschauer also über die Strukturen des nar-

rativen Raumes und in Form einer audio-visuellen Bildwelt zugänglich gemacht. Er

ergibt sich aus den Relationen zweier diegetischer Elemente zueinander: den Akteuren

und den materiellen Räumen der fiktionalen Welt (vgl. Schmidt 2013, S.88). Im Gegen-

satz zu dem Ort einer Handlung sind Handlungsräume unmittelbar an Absichten und

4 Zu nennen sind hier etwa Untersuchungen der feministischen Literaturtheorie, mit einem Fokus auf gendered spaces (vgl. Würzbach 2006) oder Studien zur postkolonialen Raumtheorie in der Literatur (vgl. Hamann 2002). Einen Überblick über interdisziplinäre Forschungen zur Raumthematik liefert au-ßerdem Günzel (2010). 5 Zwar liegen laut Nünning (vgl. 2009, S.33) bisher noch keine systematischen Kategorien zur Analyse literarischer Räume vor, in seinem Aufsatz über „Formen und Funktionen literarischer Raumdarstellun-gen“ betont er aber die Ebene der erzählerischen Vermittlung, während sich Hallet/Neumann auch für eine Auseinandersetzung mit der story zur Reflexion literarischer Raumpräsentationen aussprechen (vgl. 2009, S.23).

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Aktionen handelnder Akteure gebunden und könnten so laut Wulff auch als direkte In-

terpretation eines äußeren Raumes betrachtet werden (vgl. 1999, S.117). Wenn im

Folgenden also die Handlungsräume im Film Lampedusa untersucht werden, so erfolgt

dies nicht nur mit Blick auf die dargestellten Orte, sondern vor allem im Hinblick auf

die im narrativen Handlungsverlauf audio-visuell dargestellten Relationen zwischen

Figuren und materiellen Räumen der fiktionalen Welt.

3. Das Meer als transnationaler Raum

Das Meer beschreibt Ette als „beweglichen Zwischenraum par excellence“ (2011, S.17).

Es befinde sich nicht nur in ständiger Bewegung, sondern fungiere zudem als ein Inseln

und Kontinente vernetzendes Medium, das sich gleichzeitig jeglicher Grenzziehung und

klarer Definitionen entziehe (vgl. ebd. S.14ff.). Als natürliche Grenze auf der einen so-

wie sozialer, kultureller und wirtschaftlicher Knotenpunkt auf der anderen Seite lässt

sich das Meer als grenzüberschreitender, hybrider Handlungsraum einer globalisierten

Welt beschreiben, das kulturellen Austausch fördert und verschiedene Länder und Kon-

tinente zusammenbringt (vgl. Klein/Mackenthun 2003, S.2). Mit Blick auf seine natio-

nenübergreifende Territorialität und als Zone kultureller Verflechtungen vereint das

Meer somit alle Kriterien eines transnationalen Raumes, der laut Schroer durch den Pro-

zess „perpetuierender Grenzüberschreitungen“ (2006, S.210) entstehe und den Faist/Öz-

veren als ein aus transnationalen Verflechtungen bestehendes, aber durchaus stabiles

Raumgefüge beschreiben: „By transnational spaces we mean relatively stable, lasting

and dense sets of ties reaching beyond and across the borders of sovereign states.“

(2004, S.3).

Wie sich noch zeigen wird, konzentrieren sich die Schauplätze in Crialeses Film Lam-

pedusa vor allem auf drei Bereiche, die Mauer allesamt dem Handlungsraum des Meeres

unterstellt (vgl. 2010, S.11): Insel – Küste – (Unter-)Wasserraum6. Im Folgenden sollen

diese Zonen daher jeweils kurz aus transnationaler Perspektive und in ihrer

raumtheoretischen Beziehung zum Meer dargestellt werden.

6 Mauer unterteilt das Meer in fünf Zonen: Küste, Insel, Packeis, hohe See und Unterwasserraum. Da die Zonen des Packeises und der hohen See für diese Untersuchung keine Rolle spielen, wurden sie ausgeklammert. Zudem wird der Unterwasserraum im Folgenden allgemeiner als (Unter-)Wasserraum bezeichnet und schließt so auch Szenen ein, die sich in und über (seichtem) Wasser abspielen.

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3.1 Die Insel als semantische Kippfigur

Traditionell werden Inseln wohl am ehesten als Räume topographischer und kultureller

Isolation betrachtet. Zwar dient das Meer auch hier als verbindender Zwischenraum, ist

gleichzeitig aber auch Voraussetzung für die Abgrenzung der jeweiligen Insel vom

Festland oder ihren Nachbarinseln (vgl. Mohr 2011, S.226). Genauso wie Inseln nach

ihrer Definition von Wasser umschlossen sind und damit als materielle Diskontinuitäten

erscheinen, fungieren sie auch selbst als ausschließende Medien (vgl. Ette 2011, S.25).

So betrachtet stellen sich Inseln also zunächst als fest umgrenzte Räume dar, die in ihrer

Überschaubarkeit als homogene Einheiten und territoriale Entitäten dem Konzept eines

Containerraumes7 gleichkommen (vgl. König 2011, S.150f.).

Nach Foucault kann die Insel auch als Prototyp der Heterotopie bezeichnet werden,

indem sie sich in ein „System von Öffnungen und Schließungen“ (1992, S.44) einfügt.

So markieren Inseln zwar geschlossene Räume, in ihrer Verbindung zum Meer

verweisen sie aber auch auf das Grenzenlose. Sie sind sowohl reale Schauplätze als auch

illusorische Orte des Anderen, erscheinen einerseits kulturell isoliert, andererseits sind

sie als kultureller Zuschreibungsort weit geöffnet (vgl. Billig 2005, S.19f.).

Während Inseln in dem zuvor betrachteten Modell vornehmlich als geschlossene

Behälter beschrieben wurden, mehren sich heute Tendenzen, diese als offene Räume zu

betrachten: Aus der Perspektive eines relationalen Raumverständnisses, das die

Beziehungen zwischen Orten, Gegenständen und Akteuren in den Fokus setzt,

überschreiten Inselräume die Grenzen ihrer kartographischen Umrisse (vgl. König 2011,

S.144). Was folgt, ist eine Öffnung des Inselraums von einer Kulturen und Territorien

einschließenden Entität hin zu einem erweiterten relationalen Raum, bei dem sich der

Blick auf Beziehungen und bewegliche Zwischenräume konzentriert (vgl. Ette 2011,

S.21). Ette bezeichnet Inseln hier als semantische Kippfiguren und unterscheidet

zwischen einer geschlossenen Insel-Welt auf der einen und einer relationalen Inselwelt

auf der anderen Seite, die Netzwerke und vektorielle Bewegungen zwischen Inseln

fokussiert (vgl. ebd. S.25f.). In solch einer Betrachtungsweise, die Inseln als relationale

Bewegungsräume auffasst, erscheinen diese als materielle, aber durchaus hybride

Knotenpunkte im Meer und lassen sich als ein auf Grenzüberschreitungen und

Transformationsprozessen basierender transnationaler Raum untersuchen.

7 Als klar begrenztes Behältnis lässt sich der Containerraum als Pendant zum relationalen Raum be-schreiben. Vgl. hierzu Schroer (2006, S.135-137).

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Als Handlungsraum des Meeres stellt die Insel laut Mauer außerdem ein Grenzgefälle

dar, indem sie einerseits geographisch auf hoher See anzusiedeln und andererseits von

einer Küstenzone umgeben sei (vgl. 2010, S.11). Die Bedeutung des Küstenraums, als

Zone zwischen Land und Meer soll daher im nächsten Abschnitt betrachtet werden.

3.2 Die Küste als hybrider Grenzraum

In der Geographie wird die Küste als das „Gebiet zwischen der obersten und landwär-

tigsten und untersten und äußersten seewärtigen Brandungseinwirkung“ (Kelletat 1989,

S.83) definiert. Ihre Ausdehnung ist also einem ständigen natürlichen Wandel

unterworfen und muss für jeden Küstenabschnitt neu bestimmt werden. Dabei lassen

sich Küsten weniger als Grenzen im Sinne von Linien beschreiben, sondern vielmehr

als Flächen, Bänder (vgl. Ipsen 2006, S.117) oder auch Grenzstreifen (vgl. Fischer 2007,

S.33). Wenn Ipsen für die Betrachtung des städtischen Außenbereichs den Begriff des

Randes statt der Grenze nutzt, so lässt sich dies auch auf den Küstenraum einer Insel

übertragen: Durch die Küste werden Meer und Land nicht gleich einer Grenze klar

unterscheidbar getrennt, sondern verbinden sich in ihr zu einer Einheit, die beide Seiten

in sich aufnimmt und eigens als Fläche erkennbar wird (vgl. Ipsen 2006, S. 117). Als

Zone, die weder eindeutig dem Meer noch dem Land zuzuordnen ist, gestaltet sich also

auch die Küste als hybrider Grenzraum. In ihr treffen Land und Meer nicht nur

aufeinander, sie formieren sich auch in einer wechselseitigen Durchdringung zu neuen

geographischen Abschnitten wie dem Strand oder der Steilküste.

Abhängig von Gezeiten und Meeresströmungen definiert die Küste als Raum der

Transformation die Grenzen zwischen Meer und Land immer wieder neu und gestaltet

sie um. Dabei finden im Küstenraum neben Verhandlungen zwischen Meer und Land

auch jene zwischen Natur und Zivilisation oder Heimat und Fremde statt. Sie kann

Ankunfts- oder Abschiedsort sein, betont in ihrem Übergang zum Meer einerseits dessen

existentielle Gefahr und kann andererseits auch als dessen sicheres, rettendes Ufer in

Erscheinung treten (vgl. Hartau 2005, S.78).

3.3 Der (Unter-)Wasserraum als fluider Zwischenraum

Als Erweiterung des bereits genannten Meeresraumes, soll mit dem (Unter-)Wasser-

raum zum Abschluss noch eine letzte Zone des Meeres dargestellt werden, die für die

folgende Untersuchung von Bedeutung sein wird. Der maritime Wasserraum beschreibt

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einen Raum, in dem Subjekte und Objekte in, auf oder unter der Meeresoberfläche agie-

ren bzw. existieren (vgl. Ortner 2008, S.31). Für den Menschen ist der Wasserraum nur

schwer zugänglich. Zwar kann er das Meer mittels Schiff, U-Boot oder spezieller Tauch-

ausrüstung durch- oder überqueren. Doch während es für viele Lebewesen einen Exis-

tenzraum darstellt, bleibt es für den Menschen immer nur ein „temporärer Seinsraum“

(Ortner 2008, S.32). Die häufigsten Begegnungen von Mensch und Wasserraum finden

daher in unmittelbarer Küstennähe statt, sei es zur Nahrungsbeschaffung oder als Erho-

lungs- und Erlebnisraum. Aber auch der maritime Wasserraum selbst steht in einem

existentiellen Verhältnis zu seinen angrenzenden Küsten- und Landräumen, durch deren

Begrenzung aus der Substanz des Wassers erst der Raum entstehen kann (vgl. ebd. S.36).

In seiner für den Menschen nur begrenzten Zugänglichkeit, als Naturgewalt und nicht

zuletzt in seiner Unerforschtheit ist der Wasserraum mit kulturellen Zuschreibungen auf-

geladen (vgl. Eibl/Schneider 2008, S.17). Als Bedeutungsträger wird das Meer Aktions-

feld übernatürlicher Kräfte, Ort sozialer Utopien und ist stark mit spirituellen oder my-

thologischen Vorstellungen verknüpft.

Während die Meeresoberfläche vom Menschen schon bis ins Detail untersucht und kar-

tographiert zu sein scheint, sind es vor allem die Unterwasserräume des Meeres, die

noch Geheimnisse bergen (vgl. Koebner 2010, S.238): Sauerstoffarmut, Druck-, Licht-

und Temperaturverhältnisse versetzen den Menschen in ein für ihn unnatürliches Leben-

sumfeld, dem gleichzeitig eine magische Kraft innewohnt (vgl. Stahl 2010, S.253). Der

Tauchgang bietet kurzweilige Abgeschiedenheit von der Zivilisation; Loslösung und

Schwerelosigkeit kommen einem transzendentalen Ereignis gleich, bergen aber auch die

allgegenwärtige Gefahr vor dem Ertrinken und den unbekannten Tiefen des Meeres (vgl.

Koebner 2010, S.239f.). In seiner fluiden Gestalt ist der Wasserraum unbeständig, im-

mer in Bewegung und von dynamischen Prozessen durchzogen. Für Hertrampf wird er

so zum idealtypischen Dritten Raum, der hybriden Identitäten Transformation sowie

kulturelle oder geschlechtliche Transgression erlaube (vgl. 2010, S.118ff.). Somit kann

der (Unter-)Wasserraum auch als heterotoper Transitraum betrachtet werden, der als Ort

des Dazwischen und der Entgrenzung ein „Noch-Nicht“ oder „Nicht-Mehr“ kennzeich-

net (vgl. Wilhelmer 2015, S.38), dabei aber weder Ursprungsort noch Ziel einer Reise

markiert.

Im Folgenden sollen die hier genannten Handlungsräume des Meeres – Insel, Küste und

(Unter-)Wasserraum – in Crialeses Film Lampedusa in ihrer inhaltlich-narrativen sowie

audio-visuellen Darstellungsweise näher bestimmt und auf mögliche Bedeutungspoten-

tiale hin untersucht werden.

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4. Handlungsräume in Lampedusa

4.1 Die Insel

Die Insel Lampedusa ist Wohnort für alle im Film agierenden Figuren und damit

Schauplatz sozialer Interaktionen sowie familiärer und gesellschaftlicher Konflikte der

Dorfbewohner. Klammert man jene insularen Orte aus, die sich entweder im, auf oder

unter Wasser verorten lassen oder mit dem Meer in direktem Zusammenhang stehen

(wie der Strand oder der Hafen), reduziert sich die Darstellung der Insel auf das Haus

und den Innenhof der Familie, die Fischfabrik sowie die Straßen und die Piazza im Dorf.

In den geschlossenen Räumen (Haus, Hof und Fabrik) bewegen sich vor allem die

Frauen des Dorfes. Sie waschen Wäsche, kochen oder arbeiten in der Fabrik. Dennoch

werden Haus und Hof von Männern bestimmt. Im Innenhof ist es der 15-jährige

Pasquale, der seiner älteren Schwester dreckige Wäsche entgegenwirft und sie im

geschwisterlichen Streit zu Boden ringt und dominiert (vgl. Crialese 2002, 0:05:31). Im

Haus hat Vater Pietro das letzte Wort. Beim gemeinsamen Familienessen (ebd. 0:18:38)

sitzt er am Tischende. Der Blick von Grazia und den Kindern wandert immer wieder

verstohlen in seine Richtung. Dabei wird die Sicht des Zuschauers auf die Szene durch

Gegenstände, Hauswände oder angeschnittene Figuren im Vordergrund gestört, was

eine zusätzliche Enge des geschlossenen Raumes suggeriert. In verschiedenen Schuss-

Gegenschuss-Verfahren wird die Dominanz des Vaters auch perspektivisch vermittelt:

Während die Nahaufnahmen Grazia aus einer leichten Aufsicht zeigen, erscheint Pietro

im Gegenschuss aus einer Untersicht, die sich etwa in Augenhöhe der Kinder verorten

lässt. Dieser spannungserzeugende Perspektivwechsel betont das hierarchische

Verhältnis der Familienmitglieder. Als in der nächsten Szene der Nachbar mit seinem

Sohn an die Tür kommt, geht Pietro zu ihm nach draußen. Während die Männer im

offenen Raum über die Bestrafung Pasquales verhandeln, bleibt Grazia im Haus zurück

und steht, als sie wiederkommen, bewegungslos und mit dem Rücken zu ihnen in einer

Ecke. Als Pietro sie schließlich auffordert, ihnen Kaffee zu bringen, rastet sie aus: Sie

wirft mit Tellern um sich und durchbricht so zum ersten Mal die zuvor erzeugte

Spannung, Enge und patriarchale Ordnung des Hauses.

Auch im weiteren Verlauf sind es vor allem die geschlossenen Räume, in denen Grazia

die Fassung verliert. Beim Streit der Geschwister flüchtet sie mit dem Radio unter ihre

Bettdecke („Ich will es dunkel!“ (ebd. 0:06:18)), was symbolisch bereits auf ein

Untertauchen im Meer verweist. Und auch in der Fischfabrik verliert sie im Streit mit

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einer anderen Frau die Kontrolle, bewirft sie mit Fischresten und stürmt ins Freie.

Während die Kamera hier im Raum verbleibt, durchbricht Grazia die visuelle

Raumbegrenzung, indem sie den Plastikvorhang zur Seite reißt und sich im

dahinterliegenden Weiß des Sonnenlichtes aufzulösen scheint.

Auch die Darstellung der wenigen offenen Inselräume bleibt klar durch Männer

dominiert. Als Grazia mit ihren Söhnen zu einem Gebäude ins Landesinnere fährt, um

den dort eingesperrten Hunden Essensreste zu bringen, lässt Pasquale sie am Wegesrand

stehen und übernimmt das Gespräch mit dem Aufseher. Als dieser fragt, weshalb seine

Mutter nicht dazukomme, bestimmt er: „Ich finde, meine Mutter steht da gut.“ (ebd.

0:11:19). Dabei wandert sein Blick zu Grazia, die außer Hörweite und bewegungslos im

Bildhintergrund zu sehen ist. Das Bellen der eingesperrten Hunde auf der auditiven

Ebene und der gleichzeitige Blick auf Grazia, die zurückgelassen und den Männern

untergeordnet in der ausgedörrten Landschaft steht, verleihen auch der Darstellung des

Landesinneren (als vermeintlich offener Raum) eine beklemmende Atmosphäre.

Auch die Straßen im Dorf werden geschlossen dargestellt: Durch die Zentralperspektive

wirken sie zwar weniger begrenzt als Haus und Hof, gestalterisch werden sie aber von

statischen Häuserfronten auf beiden Seiten eingerahmt und legen nur selten den Blick

auf den Himmel frei. Und auch die nächtliche Piazza ist weniger als offener Platz denn

als Innenraum des Dorfes visualisiert: Von Schatten und Dunkelheit eingegrenzt, dient

sie Männern und Frauen als Treffpunkt, wobei sich diese immer in geschlechtlich klar

getrennten Gruppen aufeinander zubewegen. Die hierarchische Aufteilung des Dorfes

zwischen Männern und Frauen erreicht ihren visuellen Höhepunkt, als Grazia kurz vor

ihrer Flucht die Hunde aus dem Zwinger befreit (vgl. ebd. 0:52:57): Als diese durch die

Straßen des Dorfes jagen, sind es wieder die Männer, die auch bildkompositorisch eine

Machtposition einnehmen. Von den Dächern der Häuser und aus untersichtigen

Kameraperspektiven schießen sie auf die freigelassenen Hunde, bis von diesen kein

Bellen mehr zu hören ist. In der nächsten Sequenz sind es die Frauen, die auf der Straße

das Blut von den Gehwegen wischen. Als Außenseiter dieser dichotomischen

Gesellschaft durchschreiten Grazia und Pasquale mit gesenktem Blick die Straßen, die

von Blut beschmutzt als Räume einer patriarchalen Gesellschaft augenscheinlich keine

Freiheit und kein Ausbrechen aus den traditionellen Strukturen dulden.

Insgesamt verortet Ciralese die Figuren also zunächst in einem geschlossenen und

statischen Inselraum, der durch klare Strukturen bestimmt wird und in seiner

Begrenztheit keinen Blick nach außen erlaubt. So wird auch der neue Polizist sofort als

Fremder registriert („Sie sind neu hier, stimmts?“ (ebd. 0:26:15)) und auch sonst bleibt

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Grazia die Einzige, die sich mit ihrem Radio in eine Welt fernab der Insel flüchtet. Ohne

mediale oder soziale Verbindungen über die Insel hinaus, wird die Gemeinschaft hier

tatsächlich in einem Raum insularer Isolation dargestellt. Auch wenn die neue

Generation in der Gestalt von Marinella und Pasquale durchaus Ansätze zeigt, die klaren

Trennungen von Männern und Frauen zu überschreiten,8 ist es doch allein Grazia, die

die festgefahrenen Hierarchien der Dorfgemeinschaft aus dem Gleichgewicht zu bringen

vermag.

4.2 Die Küste

Die Küste zeigt sich im Film in Form von Plateaus, Klippen, dem Strand und dem Hafen.

Gleich zu Beginn wird sie als Ort etabliert, an dem vor allem die Kinder des Dorfes

agieren und Machtkämpfe austragen. Dabei ist das Meer aufgrund seiner unmittelbaren

Nähe zwar immer präsent, tritt visuell aber nicht in den Fokus. Meist lässt sich der Ka-

merastandpunkt an Land verorten, sodass die Kinder im Vorder- und das Meer im Hin-

tergrund erscheinen. Während die Kinder zuhause von den Vätern für ihre Streitigkeiten

bestraft werden, handeln sie an der Küste nach ihren eigenen Regeln. Zu Banden grup-

piert bewegen sie sich frei zwischen Felsen und Ruinen und bestimmen eigene hierar-

chische Strukturen. Für sie ist die Küste täglicher Handlungsraum und Austragungsort

von Konflikten.

Von den anderen Dorfbewohnern wird die Küste dagegen anfangs gemieden. Allein

Grazia dient sie als Weg und Übergang zum Meer: Nach ihrem Streit mit den Frauen in

der Fabrik läuft sie an den Kindern vorbei an die Klippen und springt von dort ins Was-

ser. Auffällig ist, dass die Kamera sie hier von der Position des Meeres aus einfängt. Aus

einer Untersicht (wobei sich der Kamerastandpunkt etwa auf Höhe der Meeresoberflä-

che befindet) folgt der Zuschauer Grazias Schritten bis an den Rand der Klippen. Das

Meer selbst ist nicht zu sehen, sodass ihr Sprung, der in der nächsten Einstellung wieder

vom Standpunkt der Felsen und von einer unbewegten Kamera aus eingefangen wird,

wie ein selbstmörderischer Absprung in eine unbekannte Tiefe erscheint (vgl. ebd.

0:29:15). Erst als ihr Eintauchen ins Meer mit den Bildern einer Unterwasserkamera

visualisiert wird, löst sich auch für den Zuschauer die vorherige Kameraposition in der

Perspektive des Meeres auf.

8 So ergreift Marinella etwa an einer Stelle die Initiative und durchbricht die klare Trennung von Män-nern auf der einen und Frauen auf der anderen Straßenseite, um den Polizisten anzusprechen. Pas-quale dagegen fühlt sich seiner Mutter verbunden und unterstützt sie in ihrer Rebellion, auch wenn er gleichzeitig als ihr Beschützer immer wieder eine klare Männerrolle einnimmt.

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Während sich Grazia selbstbestimmt zwischen Insel, Küste und Meer bewegt, sind es

vor allem ihre Söhne Filippo und Pasquale, die zwischen zwei Welten – Land und Meer,

Mutter und Vater, Begrenzung und Freiheit – hin und hergerissen erscheinen: Während

sie einerseits bereits den insularen Strukturen der Dorfgemeinschaft folgen bzw. diese

verinnerlicht haben, schafft es Grazia andererseits immer wieder, sie entgegen der ge-

sellschaftlichen Konventionen zu sich ins Meer zu rufen. Deutlich wird dies vor allem

in einer Sequenz am Strand zu Anfang des Films (vgl. ebd. 0:12:03 – 0:14:29). Während

sich Grazia bereits auf dem Weg zum Wasser auszieht und fast nackt ins Meer watet,

bleiben ihre Kinder zunächst im seichten Wasser stehen und versuchen, ihre Mutter zu-

rückzurufen („Komm zurück! Das geht nicht!“). Die Kamera zeigt abwechselnd Grazia

aus der Sicht der Kinder vom Land aus und die Kinder aus der Sicht Grazias vom Meer

aus, als befände sich zwischen ihnen eine unsichtbare Barriere. Schließlich lassen sich

Filippo und Pasquale von ihr überreden, laufen ins Meer und spielen ungehemmt mit

ihrer Mutter im Wasser. Als jedoch ein Schiff mit ihrem Vater an Bord auftaucht, wer-

den sie zurück in ihre Anfangsposition versetzt. Erneut übernehmen sie das Kommando

und drängen Grazia aus dem Wasser („Zieh dich an! Wir gehen!“), als sei ihnen ihr

gesellschaftliches Fehlverhalten mit der Anwesenheit des Vaters wieder in den Sinn ge-

kommen.

Eine ähnliche Situation spielt sich später am Hafen ab, als Grazia zwei Franzosen auf

einem Segelboot anspricht und sie bittet, sie mitfahren zu lassen (vgl. ebd. 0:50:06).

Wieder sind es ihre Söhne, die an Land stehen und versuchen, die Mutter von ihrem

Regelverstoß abzuhalten („Sonst wirft Papa dich ins Meer“), bis diese sie schließlich

überzeugt, selbst an Bord zu kommen und mitzufahren. Und wieder ist es der Vater, der

auftaucht und als Vertreter der insularen Strukturen Grazias Sehnsucht nach Freiheit

unterbindet. Dabei reicht er Grazia zunächst die Hand, um ihr aus dem Boot zu helfen,

reißt sie dann aber, als sie den Steg betritt, brutal nach hinten, was seine männliche

Machtposition an Land verdeutlicht. Die anderen Dorfbewohner schauen sich das Ge-

schehen zunächst ungerührt an. Erst als die Franzosen, die von außen an die Gesellschaft

herantreten, eingreifen und versuchen, Pietro von Grazia wegzuzerren, mischen sich

auch die anderen Männer in die Rangelei ein. Das Dorf, so scheint es, lässt ein Eingrei-

fen in innere Strukturen von außen nicht zu. So ist es auch diese gescheiterte Kontakt-

aufnahme mit der Außenwelt, die Grazia dazu veranlasst, in der nächsten Szene die

Hunde als Sinnbilder der eigenen Isolation und Eingeschlossenheit aus ihrem Zwinger

zu befreien.

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Mit Blick auf die Küste verstärkt sich hier also zunächst das Bild eines ausschließenden

isolierten Inselraums. Selbst der Strand und der Hafen werden nicht als Orte der Ankunft

oder des Abschieds dargestellt, sondern sind Schauplätze innerer Konflikte und Macht-

kämpfe einer in sich geschlossenen Gesellschaft. So lässt sich die Küste in ihrer Dar-

stellung als eine Grenze zwischen Land und Außenwelt betrachten, die Grazia mit ihrer

Flucht ins Meer immer wieder überschreitet. Aber auch die Kinder des Dorfes nehmen

eine gesonderte Position ein, indem sie sich vornehmlich im Küstenraum bewegen und

sich in ihrer Nähe zu Grazia und zum Meer auf der einen Seite, aber auch geprägt durch

insulare Konventionen auf der anderen Seite in einem Dazwischen von Insel und Meer,

von Innen und Außen verorten lassen.

Erst als Grazia sich, aus Angst nach Mailand geschickt zu werden, an den Klippen am

Meer versteckt, wird die Küste auch für Pietro und die anderen Dorfbewohner zu einem

Zwischenraum, in dem die Grenzen zwischen Meer und Land, zwischen Isolation und

Freiheit, neu verhandelt werden. Bereits die Grotte, zu der Pasquale seine Mutter führt,

wird visuell deutlich als Ort des Dazwischen positioniert: Während die Felsen den Bild-

raum in einer Diagonalen von links oben nach rechts unten in zwei Teile trennen – auf

der einen Seite das Land, auf der anderen das Meer – sind es Grazia und Pasquale, die

sich genau auf der Trennlinie dazwischen bewegen (vgl. ebd. 0:59:07). Und nicht nur

bildlich gibt sich die Grotte als Zwischenraum zu erkennen. Indem die Dorfbewohner

Grazia während ihres Versteckens für tot erklären, wird ihr temporärer Zufluchtsort zu

einem Nicht-Ort9, einer Welt zwischen Leben und Tod, an dem sie sich nicht länger

aufhalten will („Ich kann hier nicht bleiben.“ (ebd. 1:16:31)).

Insgesamt lässt sich der Küstenraum als temporärer Austragungsort von Konflikten ei-

ner in sich geschlossenen Inselgesellschaft betrachten. Einerseits finden hier die Ausei-

nandersetzungen der heranwachsenden Jungen statt. Andererseits entzünden sich immer

wieder Konflikte zwischen Grazia, in ihrer Verbundenheit zum Meer und ihrer Suche

nach Freiheit und Individualität auf der einen Seite und Pietro auf der anderen Seite, der

die Strukturen der Dorfgemeinschaft vertritt, in der sich Frauen vornehmlich in ge-

schlossenen Inselräumen aufhalten, während die Männern zur Nahrungsbeschaffung

aufs Meer fahren. Die Kinder, die sich meist im Bereich der Küste aufhalten, stehen

zwischen beiden Fronten. Sie sind einerseits bereits in den insularen Strukturen veran-

kert, andererseits aber auch noch offen für Einflüsse von außen. Gemeinsam mit Grazia 9 Angelehnt an Michel de Certeau und Marc Augé beschreibt Wilhelmer (2015) Nicht-Orte als Transit-Orte, die in ihrer Funktion als vorübergehende Ortskonstitutionen ihren tatsächlichen Orts-Charakter verlieren und in einem „Zustand des Provisorischen verharren“ (vgl. S.42).

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überschreiten sie die Grenzen zwischen Insel und Meer, sind sich dabei aber des gesell-

schaftlichen Konventionsbruches immer bewusst.

Erst mit Grazias Flucht und ihrem scheinbaren Tod, findet auch bei den anderen Dorf-

bewohnern über den Zwischenraum der Küste eine Annäherung an das Meer statt. Auch

wenn sich hier Küsten- und (Unter-)Wasserraum nicht klar voneinander trennen lassen,

soll im Folgenden der Übergang zwischen beiden Räumen und somit die Darstellung

des maritimen Wasserraumes im Film untersucht werden.

4.3 Der (Unter-)Wasserraum

Mit Grazias Verschwinden bewegen sich die Dorfbewohner auf ihrer Suche vom Inne-

ren der Insel an den Küstenraum. Dabei werden die Männer zunächst von Kameraper-

spektiven begleitet, die in Richtung des Meeres ausgerichtet sind, sodass sich der Ka-

merastandpunkt hier noch an Land befindet. Erst als sie Grazias Kleid am Strand entde-

cken und davon ausgehen, dass sie im Meer ertrunken ist, zeigt sich auch auf visuell-

auditiver Ebene erstmals eine Auseinandersetzung der Inselbewohner mit dem Meer.

Während Pietro das Kleid seiner Frau umklammert, setzt sphärische und minimalistisch

inspirierte Musik10 ein, die schon zuvor als Motiv für Grazias Verbindung zum Meer

eingespielt wurde. Diesmal untermalt sie Pietros Sehnsucht nach Grazia und begleitet

die Männer, deren Suche sich nun im Meer fortsetzt. Dabei befindet sich die Kamera

unter Wasser und verfolgt in Zeitlupe, wie sich Füße und Beine der Suchenden wie in

einer vorsichtigen Annäherung langsam vorwärts bewegen.

In einer nächsten Sequenz knien die Frauen und Männer des Dorfes gemeinsam mit Pi-

etro am Strand und blicken aufs Meer. Die Kamera wandert in einer langsamen Fahrt

um Pietro herum und verschiebt sich so von einer Sicht aufs Meer hin zu einer Sicht auf

den Strand. Der Perspektivwechsel, der das Bild der Bewohner jetzt vom Wasser aus

einfängt, demonstriert eine neue Verbundenheit zum Meer, die zuvor Grazia vorbehalten

war. Ihr vermeintlicher Tod scheint den Blick der Dorfbewohner nach außen geöffnet

zu haben. War das Meer zuvor Grazias Zufluchtsort und Element der Befreiung von den

insularen Strukturen, wandelt es sich nun zum Sehnsuchtsort für Pietro und die anderen

Dorfbewohner. Grazia wird von ihnen zur Heiligen erklärt und Pietro begibt sich mit

einer Madonnen-Statue ins Meer (vgl. ebd. 1:13:13). Eine Unterwasserkamera verfolgt,

wie er die Figur am Meeresgrund platziert. Mit dieser religiösen Projektion zeigt sich in

10 Der Soundtrack des Films, der immer wieder eingespielt wird, wurde von John Surman und Jack De-Johnette bereits 1981 mit dem Titel „Part 1: Nestor’s Saga (The Tale oft the Ancient)“ auf dem Album The Amazing Adventures of Simon and Simon veröffentlicht.

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der Positionierung der Figur auch eine materielle Überschreitung von Insel und Küste

zum Meer. Dass sich Pietro als Vertreter der anderen Bewohner hier nun auch außerhalb

der zuvor gesetzten Inselgrenzen bewegt, wird in einer späteren Sequenz noch einmal

versinnbildlicht, als er an den Klippen auf die Jagd geht. Während ihn die anderen Män-

ner an einem Seil hinunterlassen, erblickt er die totgeglaubte Grazia schwimmend unter

sich im Meer. Zwar ist es nach wie vor Grazia, die sich frei im Wasser bewegt, während

Pietro durch das Seil noch fest mit dem Land verbunden scheint. Als er jedoch im nächs-

ten Moment von der Klippe abrutscht und der Zuschauer in einem Point of View-Shot

durch seine in der Luft baumelnden Füße auf Grazia im Wasser schaut, wird Pietro in

der Luft und damit in einem Raum zwischen Insel und Meer positioniert. Als die Männer

ihn schließlich wieder hochziehen und festhalten, wehrt er sich und will zu seiner Frau

ins Meer („Ich will darunter! Lasst mich los“ (ebd. 1:20:29)).

Nachdem bei der Suche nach Grazia die Grenzen zwischen Land und Meer für die In-

selbewohner neu verhandelt wurden, findet in der letzten Filmsequenz schließlich ein

erneutes Zusammentreffen aller Akteure im Meer statt (vgl. ebd. 1:21:43 – 1:26:51):

Beim Bartholomäusfest versammeln sich die Bewohner und entzünden die von den Kin-

dern gezimmerten Holztürme am Strand. Dabei löst sich Pietro auf einmal von der

Gruppe und watet zielsicher und wie von einer magischen Kraft angezogen ins Wasser.

Vom Schein des Feuers und der sphärischen Musik begleitet, folgen ihm nach und nach

die anderen Bewohner. Als Pietro untertaucht, erlischt auch die vom Feuer hervorgeru-

fene Verbindung zum Land. Unter Wasser erblickt er schließlich Grazia, die im ersten

Moment versucht, vor ihm wegzuschwimmen, sich dann aber in die Arme nehmen lässt.

In Zeitlupe und von Luftblasen umgeben, lassen sie sich gemeinsam an die Wasserober-

fläche treiben, während die Kamera unter Wasser verbleibt. Auch als die anderen Dorf-

bewohner zu ihnen stoßen, bleibt die Kamera am Meeresgrund. Der Bildausschnitt zeigt

in einer Untersicht die Unterkörper der Menschen, die sich in ständiger Bewegung über

Wasser halten. Auch in der letzten Einstellung wird die Untersicht auf Beine und Füße

eingehalten, die nach und nach den gesamten Bildraum einnehmen und sich so kaum

noch einzelnen Figuren zuordnen lassen. Visuell finden die Inselbewohner also im Meer

auf einer gemeinsamen Ebene zusammen. In ihrer losen Verbindung erinnern sie an das

Bild eines Fischschwarms. Hierarchien, Geschlecht oder Alter einzelner Individuen las-

sen sich kaum noch feststellen, sodass sich in diesen magisch anmutenden Abschluss-

bildern auch die strengen moralischen Regeln der Insel mit ihren Zugehörigkeiten und

patriarchalen Strukturen zumindest für einen Moment aufzulösen scheinen.

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Während die Inselbewohner Grazia in ihrer Unangepasstheit anfangs aus den klar ge-

schlossenen Räumen ausstoßen und nach Mailand schicken wollen („Wir können nicht

mehr so weiterleben […]. Du musst fort!“ (ebd. 0:55:50)), findet über den Weg ihres

scheinbaren Todes und die Küste als temporärer Zwischenraum eine Annäherung statt,

die den Blick der Bewohner nach außen hin öffnet und sie letztlich im Meer als Raum

einer sozialen Utopie zumindest temporär zusammenfinden lässt. Auch wenn dabei of-

fen bleibt, ob Grazia am Ende tatsächlich ihren Platz in der Gesellschaft finden wird,

schließt Crialese doch mit einem hoffnungsvollen Bild, das das Meer als Ort der Freiheit

und Grenzüberschreitung darstellt, indem sich Menschen in einem hybriden Raum ver-

netzen können und so Fragen nach der eigenen Identität zwischen Individuum und Ge-

sellschaft neu verhandeln.

5. Fazit

Auch wenn sich Lampedusa heute in der europäischen Diskussion als hybrider Knoten-

punkt im Meer und als Raum transnationaler Vernetzungen und Grenzüberschreitungen

betrachten lässt, eröffnet Crialese hier zunächst eine ganz andere Perspektive auf die

Insel und ihre Akteure. Bei ihm bewegen sich die Figuren anfangs in einem geschlosse-

nen Handlungsraum, der von patriarchalen Strukturen bestimmt wird und keinen Blick

nach außen erlaubt. In ihrer insularen Isolation bewegen sich die Einheimischen inner-

halb fester sozialer und räumlicher Grenzen, die allein Grazia zu überschreiten vermag.

Selbst die Küste als Raum des Dazwischen, wird von den Bewohnern gemieden und

verstärkt so zunächst den Eindruck eines begrenzten Containerraumes. Grazias Verbun-

denheit zum Meer aber stellt die traditionellen Strukturen des Dorfes immer mehr in

Frage. Ihre Rebellion und Flucht aus dem Landesinneren lässt die Küste im Verlauf des

Films zum Schauplatz gesellschaftlicher Konflikte werden, in dem Grazia in ihrer Sehn-

sucht nach Individualität und Freiheit auf der einen und das Dorf mit seinen festgefah-

renen Strukturen auf der anderen Seite aufeinanderprallen. Dabei befinden sich die Kin-

der des Dorfes von Anfang an in einem Zwischenraum, indem sie einerseits bereits ge-

sellschaftliche Konventionen verinnerlicht haben, andererseits aber auch der wilden

kindlichen Grazia nahe stehen und an der Küste in einem Raum der Transformation ihre

eigenen Machtkämpfe austragen. Erst nach Grazias Verschwinden und ihrem scheinba-

ren Tod im Meer, begeben sich auch die Dorfbewohner auf ihrer Suche gezielt in den

transitorischen Küstenraum zwischen Wasser und Land, womit sich die äußere Grenze

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verschiebt und der Blick in Richtung Meer geöffnet wird. Während im Zwischenraum

der Küste gesellschaftliche Konflikte und Verhandlungen über jeweilige Grenzen aus-

getragen werden, zeigt sich das Meer letztlich als Raum, in dem die Parteien auf einer

Ebene zusammenfinden. Im Gegensatz zum hermetischen Inneren der Insel stellt es ei-

nen utopischen Raum dar, in dem Zugehörigkeiten und Identitäten aufgelöst und neu

verhandelt werden. Indem die Insel hier mit den Grenzüberschreitungen der Bewohner

ihre klaren Begrenzungen verliert, scheint auch das Containerkonzept am Ende nicht

mehr zu greifen, sodass Insel, Küste und Meer in einer relationalen Ordnung betrachtet

werden können.

Mit der Untersuchung der filmischen Handlungsräume konnte hier gezeigt werden, wie

sich die audio-visuell dargestellten materiellen Orte in ihrer Beziehung zu den Figuren

auch als kulturelle Bedeutungsträger von Normen und Wertehierarchien betrachten las-

sen. Auf der Grundlage einer kulturell scheinbar isolierten Gemeinschaft, wird mit dem

Meer und der Küste als transnationale Repräsentationsräume ein Aushandeln von Gren-

zen möglich. So finden im Film zwar keine nationenüberschreitenden Interaktionen zwi-

schen Figuren im eigentlichen Sinne statt, die transnationale Perspektive auf die Hand-

lungsräume aber deckt Bedeutungspotentiale auf, die Bewegungen im Zwischenraum,

Grenzüberschreitungen sowie Verhandlungen von Identität zwischen Individuum und

Gesellschaft sichtbar machen.

In ihrer Individualität und ihrer Verbindung zum Meer ist es Grazia selbst, die aus der

Gemeinschaft heraustritt und das Konstrukt des hier dargestellten klar begrenzten kul-

turellen Inselraumes in Frage stellt. Die Bewohner scheinen mit ihrer Hinwendung zum

Meer und zu Grazia am Ende des Films auch die Heterogenität im Inneren der eigenen

Gesellschaft zu akzeptieren. Interessant wäre an dieser Stelle daher sicherlich noch die

Frage, inwieweit sich die Dorfgemeinschaft in ihrem Wandel zur internen Hybridität

auch als Beispiel einer transkulturellen Gesellschaft nach Wolfgang Welsch untersuchen

ließe. Festzuhalten bleibt an dieser Stelle aber, dass sich die Figuren in ihrer Öffnung

zum Meer aus einem scheinbar abgeschlossenen in einen transnationalen Raum bege-

ben. Während Lampedusa zuvor als Ankunfts- und Transit-Ort von Flüchtlingen sowie

Touristen beschrieben wurde, deren Weg über das offene Meer auf eine territorial be-

grenzte Insel führt, wird hier eine entgegengesetzte Bewegung thematisiert: die Öffnung

der Einheimischen zum Meer und ein Heraustreten aus der eigenen geschlossenen Insel-

Welt.

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Literaturverzeichnis

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