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180 Astrid Fischer Der Einsatz von Zeichen als Werkzeuge zur menta- len Konstruktion abstrakter Objekte Zusammenfassung Zeichen werden in der Mathematik nicht nur zur Darstellung von fertigen Ergebnissen verwendet, sondem dienen auch in vielfaltiger Hinsicht der Gewinnung von neuen Erkenntnissen. Dieser Auf- satz beschaftigt sich mit mathematischem Denken auf zunehmenden Abstraktionsniveaus und fragt nach der Konstruktion von Vorstellungen von abstrakten mathematischen Objekten, die durch den Einsatz von Zeichen untersttitzt wird. Als Beispiele fUr solche abstrakten Objekte werden Rest- klassen modulo fUnf betrachtet. Drei Kurzaufsatze, in denen sich Studierende in den ersten Wo- chen ihres Mathematikstudiums zu Z/SZ aufiem, werden daraufhin analysiert, wie diese Studieren- den Zeichen als Werkzeuge verwenden, urn Restklassen als Rechenobjekte zu erfassen. Abstract In mathematics, signs are not only used as means for presenting results, but also as means for at- taining new mathematical knowledge. This article focuses on mathematical thinking on increasing levels of abstraction, and discusses signs as tools for cognitive constructions of-abstract, mathe- matical objects. As examples of abstract objects, co sets of SZ in the additive group of the whole numbers are chosen, and three short essays on Z/SZ are analyzed. These essays are written by three students of mathematics in their first weeks at university. The analysis considers the ways they use signs to support a focus on cosets as objects of calculating. 1 Zur Entstehung mathematischer Objekte Mit der Frage, wie mathematische Erkenntnis - sei es von Forschenden oder von Ler- nenden gewonnen wird, beschiiftigt sich ein groBer Teil der mathematikdidaktischen Forschung. Dieser Artikel mochte zu Uberlegungen beitragen, wie "vertikales" mathe- matisches Wachstum 1 imSinne der Konstruktion von neuen mathematischen Objekten auf zunehmend hOheren Abstraktionsebenen geschehen kann. Dazu wird das Zusam- menspiel von Vorstellungen und Darstellungen, der Umgang mit iiuBeren Zeichen und Deutungen dieser Zeichen als Repriisentanten abstrakter Objekte, betrachtet. 1m ersten Teil geht der Artikel auf theoretische Uberlegungen ein, die begriffliche Instrumente zur Verfiigung stellen, urn das Wechselspiel von Zeichen und Bedeutung zu beschreiben. 1m zweiten Teil werden ein solches Wechselspiel und die Verwendung von Zeichen als Hilfsmittel zur Konstruktion abstrakter Objekte anhand von drei Aufsiitzen von Stud ie- renden herausgearbeitet. Dieser Begriffwird im Sinne von Harel & Kaput (1991) als ein Wechseln aufh5here Abstrak- tionsebenen verwendet. (JMD 27 (2006) H. 3/4, S. 180-199)

Der Einsatz von Zeichen als Werkzeuge zur mentalen Konstruktion abstrakter Objekte

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Astrid Fischer

Der Einsatz von Zeichen als Werkzeuge zur menta­len Konstruktion abstrakter Objekte

Zusammenfassung

Zeichen werden in der Mathematik nicht nur zur Darstellung von fertigen Ergebnissen verwendet, sondem dienen auch in vielfaltiger Hinsicht der Gewinnung von neuen Erkenntnissen. Dieser Auf­satz beschaftigt sich mit mathematischem Denken auf zunehmenden Abstraktionsniveaus und fragt nach der Konstruktion von Vorstellungen von abstrakten mathematischen Objekten, die durch den Einsatz von Zeichen untersttitzt wird. Als Beispiele fUr solche abstrakten Objekte werden Rest­klassen modulo fUnf betrachtet. Drei Kurzaufsatze, in denen sich Studierende in den ersten Wo­chen ihres Mathematikstudiums zu Z/SZ aufiem, werden daraufhin analysiert, wie diese Studieren­den Zeichen als Werkzeuge verwenden, urn Restklassen als Rechenobjekte zu erfassen.

Abstract

In mathematics, signs are not only used as means for presenting results, but also as means for at­taining new mathematical knowledge. This article focuses on mathematical thinking on increasing levels of abstraction, and discusses signs as tools for cognitive constructions of-abstract, mathe­matical objects. As examples of abstract objects, co sets of SZ in the additive group of the whole numbers are chosen, and three short essays on Z/SZ are analyzed. These essays are written by three students of mathematics in their first weeks at university. The analysis considers the ways they use signs to support a focus on cosets as objects of calculating.

1 Zur Entstehung mathematischer Objekte

Mit der Frage, wie mathematische Erkenntnis - sei es von Forschenden oder von Ler­nenden gewonnen wird, beschiiftigt sich ein groBer Teil der mathematikdidaktischen Forschung. Dieser Artikel mochte zu Uberlegungen beitragen, wie "vertikales" mathe­matisches Wachstum1 imSinne der Konstruktion von neuen mathematischen Objekten auf zunehmend hOheren Abstraktionsebenen geschehen kann. Dazu wird das Zusam­menspiel von Vorstellungen und Darstellungen, der Umgang mit iiuBeren Zeichen und Deutungen dieser Zeichen als Repriisentanten abstrakter Objekte, betrachtet. 1m ersten Teil geht der Artikel auf theoretische Uberlegungen ein, die begriffliche Instrumente zur Verfiigung stellen, urn das Wechselspiel von Zeichen und Bedeutung zu beschreiben. 1m zweiten Teil werden ein solches Wechselspiel und die Verwendung von Zeichen als Hilfsmittel zur Konstruktion abstrakter Objekte anhand von drei Aufsiitzen von Stud ie­renden herausgearbeitet.

Dieser Begriffwird im Sinne von Harel & Kaput (1991) als ein Wechseln aufh5here Abstrak­tionsebenen verwendet.

(JMD 27 (2006) H. 3/4, S. 180-199)

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1.1 Theoretische Ansatze zum Zusammenhang von Zeichen und dem, was sie bedeuten

Hoffmann (2005)2 erHiutert den Werkzeugcharakter von Zeichen in der semiotischen Er­kenntnistheorie. Er unterscheidet zwischen "auBeren Zeichen", die uns sichtbar vorlie­gen, und "inneren Zeichen", die uns eine bestimmte Sichtweise auf ein Objekt geben. Die inneren Zeichen sind nicht selbst Gegenstand der Betrachtung sondem Mittel, mit deren Hilfe ihr Referenzobjekt betrachtet wird, und durch die der Gewinn neuer Er­kenntnisse tiber das Referenzobjekt moglich ist. Innere Zeichen konnen aber durch auBe­re Zeichen reprasentiert werden. Dies erlaubt, dass die Erkenntnismittel ihrerseits reflek­tiert werden konnen. AuBere Zeichen konnen fUr eine Person zu inneren Zeichen wer­den, die nicht mehr fUr sich selbst stehen, sondem auf einen - moglicherweise abstrakten - Gegenstand verweisen. In der Mathematik spielen beide Zeichenfunktionen eine zent­rale Rolle.

Formale Darstellungen von Mathematik werden mit verschiedenen Absichten einge­setzt, insbesondere zur Reprasentation von Wissen und Gedanken und zur Erweiterung des mathematischen Wissens.3 FUr Letzteres werden Zeichen in wechselnden Rollen und Bedeutungen verwendet. Sie dienen der Entdeckung von Eigenschaften gegebener ma­thematischer Strukturen durch einen regelgerechten Umgang mit Zeichen. Sie dienen zudem aber auch der Entwicklung neuer mathematischer Strukturen und Objekte.

Die Wesensart von mathematischen Objekten unterscheidet sich von den Objekten, mit denen sich andere Wissenschaften auseinandersetzen. Sfard (2000) beschreibt die Besonderheit damit, dass die Objekte mathematischer Beschaftigung nicht direkt zu­ganglich sind in dem Sinn, dass man auf sie zeigen konnte, sondem dass sie rein "virtu­ell" sind. Man kann auf sie immer nur durch Zeichen als Reprasentanten verweisen. Die Schwierigkeit bei der Konstruktion mathematischer Objekte - sei es als erste Konstruk­tion in der Forschung oder als mentale Rekonstruktion beim Lemen von bereits fertiger Mathematik - sieht Sfard darin, dass Zeichen einen Referenten brauchen, auf den sie verweisen, dass aber mathematische Objekte nur tiber Zeichen "denkbar" sind. Somit bedingen Objekt und Reprasentant sich gegenseitig. Mathematische Objekte konnen nur durch beschreibende Eigenschaften oder durch Umgangsformen mit den reprasentieren­den Zeichen erklart werden. Letzteres ist haufig der erste Zugang, den Lemende zu neu­en Begriffen in der Mathematik erhalten. Aus dem regelgerechten Handeln mit neuen Zeichen, das anfangs dem Gebrauch einer bedeutungsleeren Schablone entsprechen mag, kann von Lemenden mit zunehmenden Erfahrungen allmahlich eine Bedeutung fUr das Zeichen konstruiert werden, welche ihrem Wesen nach der Bedeutung eines Zeichens entspricht, das fUr ein gegenstandliches Objekt steht. In der Begriffsentwicklung steht dabei zunachst der rein syntaktische Umgang mit einem Zeichen, das selbst als Objekt angesehen wird. In einem spateren Stadium wird das Zeichen zum Reprasentanten fUr

2 Vgl. S. 34-38. Hefendehl-Hebeker (2003) bezeichnet diese beiden als die wichtigsten Verwendungszwecke von formalen Darstellungen in der Mathematik.

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ein abstraktes Objekt. Als ein Kennzeichen einer solchen Auffassung nennt Sfard die (gedankliche) Identifizierung verschiedenartiger Darstellungen eines solchen Objekts.4

Die Behauptimg, dass Zeichen als Objekte an sich aufgefasst werden kannen, die nicht auf andere - sei es gegenstandliche oder gedankliche - Objekte verweisen, ist um­stritten. Dorfler (2003) bejaht diese Aussage. Er sieht ein Zeichensystem mit zugehori­gen Operationen, das eine mathematische Struktur widerspiegelt, als ein eigenstandiges mathematisches Objekt an, das keines Referenten bedarf.5 Aus einem solchen Zeichen­system - Dorfler nennt es "Diagramm" - kann man Schlussfolgerungen tiber die mathe­matische Struktur ziehen, die allein durch eine geschickte Manipulation des Diagramms gewonnen werden. Er nennt Beispiele fur solche Art des Erkenntnisgewinns aus der Entwicklungsgeschichte der Mathematik.6 Steinbring (2005) hingegen geht anders als Sfard und Dorfler davon aus, dass Zeichen immer referentiell verstanden werden. Er er­sieht den Weg zur Konstruktion von mathematischen Begriffen folgendermaBen: Er be­schreibt das Wesen von mathematischen Objekten damit, dass sie Beziehungen zwischen anderen mathematischen Objekten bezeichnen. Diese Beziehungs-Bedeutung eines Beg­riffs wird dadurch erschlossen, dass Zeichen fur diesen Begriff in vertrauten Kontexten, die ersatzweise (an stelle des noch nicht erfassten Begriffs) als Referenzen fur das Zei­chen dienen, gedeutet werden.

Mir scheint, dass die drei aufgefuhrten Darstellungen von Erkenntnisgewinn in der Mathematik fur unterschiedliche Lemende und auch fur unterschiedliche mathematische Probleme geeignete Beschreibungen sein konnen. Als theoretische Basis fur die Interpre­tation von Verhaltensweisen einzelner Personen mochte ich keine von ihnen absolut set­zen.· Mir scheint es sinnvoller fur die Moglichkeit offen zu sein, dass Lemende Zeichen auch bewusst oder unbewusst in mehreren Bedeutungen, die unterschiedliches Gewicht haben konnen, nebeneinander verwenden konnen. So halte ich es z.B. fur moglich, dass ein Zeichen zwar referentielle Bedeutung fur jemanden besitzt, dass diese Bedeutung aber in einem bestimmten Kontext zUrUcktritt und das Zeichen dort vorrangig wie ein ei­genstandiges Objekt verwendet wird.

Didaktische Oberlegungen beschafiigen sich hiiufig damit, wie SchUler Zeichen, die ihnen von einer Lehrperson prasentiert werden, gebrauchen und deuten. Saenz-Ludlow & Presmeg (2006) stellen die Frage, ob Lemende auch dazu angeregt werden konnen,

4

6

Duval (2006) erkHirt die besondere Bedeutung von Zeichen flir Mathematik im Gegensatz zu anderen Wissenschaften ebenfalls mit dem Charakteristikum mathematischer Objekte, dass sie nur iiber Reprasentationen zuganglich sind. Er erlautert zudem, dass die Bedeutung von Zei­chen in der Mathematik nicht in erster Linie in der Reprasentation mathematischer Objekte liegt, sondem darin, dass diese Repriisentationen transformiert werden konnen, indem die Zei-chen durch andere Zeichen ersetzt werden. . Peirces Standpunkt geht sogar noch weiter. Hoffmann (2003) erkliirt, dass nach Peirce iiber­haupt aile Erkenntnis auf ihrer Darstellung durch Zeichen basiert und jeder Erkenntnisgewinn auf Zeichen, seien es altbekannte oder neu erfundene, angewiesen ist. Dabei sind ausschlieB­lich die verwendeten Zeichen relevant, und es ist unnotig zu fragen, was dariiber hinaus in den Kopfen vor sich geht. Dorfler (2002) gibt auBerdem eine hypothetische Lemtrajektorie, wie Schiiler aufgrund von diagrammatischem Denken zu einer angemessenen Bruchvorstellung gelangen konnen.

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selbst kreativ Zeichen einzusetzen, zu erfinden oder weiter zu entwickeln, urn sie als Ausdruck fur ihre Vorstellungen zu verwenden. 1m zweiten Teil dieses Artikels wird ein solches Verhalten bei Studierenden erortert.

1.2 Abstraktion

Der Einsatz von Zeichen als Werkzeuge zur Erkenntnisgewinnung in der Mathematik ist insbesondere beim Wechsel auf hOhere Abstraktionsebenen von groBer Bedeutung. In diesem Abschnitt wird der Begriff "abstraktes Objekt" flir den mathematischen Kontext definiert und eine Strategie der Konstruktion solcher Objekte erlautert. Diese allgemeine Strategie wird im folgenden Teil als Hilfsmittel zur Beschreibung und zum Vergleich der Vorgehensweisen der Studierenden verwendet.

Die "virtuellen Objekte,,7, mit denen die Mathematik umgeht, werden umgangs­sprachlich als "abstrakt" bezeichnet, weil sie gedankliche, nicht gegenstandliche Kon­strukte sind. In der Enzyklopadie flir Philosophie und Wissenschaftstheorie wird erlau­tert, dass gemaB der klassischen Abstraktionstheorie Abstraktion als Ergebnis des "He­rausziehens" einer oder mehrerer gemeinsamer Eigenschaften einer Klasse von Objekten verstanden wird. Diese Eigenschaften konstituieren einen "abstrakten Gegenstand", also ein gedankliches Objekt.8 Es ist im Hinblick auf die genannten Eigenschaften flir diese charakteristisch. Es kann, muss jedoch nicht notwendig ein Element der urspriinglichen Klasse sein.9

In der "reflexiven Abstraktion,,10 wird der klassische Abstraktionsbegriff ausgewei­tet. Hier entstehen "abstrakte Objekte" als Ergebnis der Reflexion von Erfahrungen mit bereits vertrauten mathematischen Objekten. Sfard (1991) beschreibt eine Form der re­flexiven Abstraktion, welche von Handlungen mit mathematischen Objekten ausgeht, aus denen auf einer hoheren Abstraktionsebene neue Objekte konstruiert werden 11: Sfard geht von Handlungen aus, die zu Routinen werden. Die Handlungen geschehen mit Hilfe der Zeichen, welche bekannte Objekte und Operationen reprasentieren. Diesen ersten Schritt bezeichnet sie als "Verinnerlichung". 1m nachsten Schritt, der Verdichtung, wer-

V gl. Sfard (2000). V gl. Enzyklopadie fUr Philo sophie und Wissenschaftstheorie (MittelstraB (1996) unter dem Stichwort "Abstraktion"). MittelstraB erwahnt die Beschaftigung mit der Geometrie als eine Wurzel des klassischen Abstraktionsbegriffs. Geometrische Objekte als Idealisierungen kon­kreter Gegenstande sind sicherlich gute Beispiele fur abstrakte Gegenstande. 1m Weiteren werden in dem Artikel auch modemere Abstraktionsbegriffe beschrieben, in denen auch Zei­chen, welche nicht auf Gegenstande Bezug nehmen, wie z.B. Zahlen als mathematische "Ob­jekte", Berucksichtigung finden.

9 Ein solches abstraktes Objekt kann fur den Einzelnen mit einer konkreten Vorstellung verbun­densein, aber manche Zusammenstellung von allgemeinen Eigenschaften kann auch die Fa­higkeiten, daraus ein kognitives Modell zu bilden, iiberfordem.

10 Dieser Begriffgeht aufPiaget zurUck. Vgl. Beth & Piaget (1966), S. 189. 11 Dubinsky (1991) beschreibt eine andere Form der Konstruktion eines abstrakten Objekts, das

aus einem Prozess gewonnen wird. Bei ihm wird der Prozess se1bst auf der hOheren Abstrakti­onsebene zum mathematischen Objekt. Er diesen Vorgang "encapsulation", zu deutsch "Ver­kapselung".

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den diese Routinen zu einer input-output-Beziehung abgekurzt. Der dritte Schritt, die Verdinglichung, ersetzt diese verkUrzte Handlungsroutine durch ihr Ergebnis. Dieses Er­gebnis wird nun zu einem Objekt, das unabhangig von dem Prozess, durch den es ur­sprunglich erzeugt wurde, als eigenstandiges Objekt angesehen wird. 12 Sfard verwendet diese Beschreibung zur Erlauterung von Zahlbereichserweiterungen, denen Operationen aufbekannten Zahlmengen und die formale Ausdehnung dieser Operationen uber die er­laubten Grenzen hinaus vorausgehen. Ein Beispiel ist das Subtrahieren von narurlichen Zahlen ohne Beachtung der Regel, dass der Minuend nicht kleiner sein darf als der Sub­trahend. Die zunachst nur hypothetischen Ergebnisse dieser Handlungen, die durch Zei­chen bereits eine Reprasentierung erfahren, werden in einem nachsten Schritt zu neuen Objekten, den negativen ganzen Zahlen. Sfard erlautert, dass die Konsolidierung der neuen, abstrakten Objekte durch den Umgang mit ihnen als mathematische Objekte un­tersrutzt wird. Ein solcher Umgang ist insbesondere durch die Anwendung syntaktischer Regeln auf die Bezeichnungen dieser neuen Objekte moglich.

2 Eine Sacbanalyse zu Gruppen von Restklassen

Gruppen von Restklassen und Restklassen als Gruppenelemente sind abstrakte ma­thematische Objekte, die auf unterschiedlichen Wegen mental (re)konstruiert werden konnen. 1m Folgenden sollen zwei grundsatzlich verschiedene Ansatze vorgestellt wer­den: der erste baut zunachst eine Vorstellung eines abstrakten Objekts auf, die aus Ei­genschaften bestimmter ganzer Zahlen konstruiert wird, und die anschlieBend in eine formalisierte Darstellung gebracht wird; der zweite geht umgekehrt von einer formalen Darstellung einer zyklischen Gruppe der Ordnung n aus und zeigt Wege der kognitiven Verarbeitung und Deutung dieser syntaktisch definierten Zeichen. Beide Darstellungen fur Konstruktionen sind einseitig und wenig geeignet als Beschreibungeines typischen Lemvorgangs. Fur den Aufbau einer Vorstellung von Mengen von Restklassen, die be­deutungshaltig ist und effektiven Umgang mit dies en Objekten erlaubt, scheint die gleichzeitige Entwicklung und wechselseitige Befruchtung von Zeichen und Bedeutung, von Idee und Formalisierung typisch zu sein. 13

2.1 Vom abstrakten Objekt zum Zeichen

Mengen von Restklassen sind Beispiele fur Mengen von Aquivalenzklassen. Bauer (1978) beschreibt dieses Konzept als formale Darstellung einer gedanklichen Abstrakti­on. Eine solche Konstruktion ist in mehrfacher Hinsicht schwierig: Zunachst wird das Merkmal "gleicher Rest" als Gemeinsamkeit von bestimmten Zahlen, die sich in be­stimmter Hinsicht gleich verhalten, erkannt. Aus diesem Merkmal und den zugehorigen einheitlichen Verhaltensweisen wird sodann ein abstraktes Objekt konstruiert. Dieses

12 Die englischen Begriffe, die Sfard fur diese drei Schritt verwendet, sind: "interiorisation", "condensation" und "reification". Sie werden in Sfard (1991) auf den Seiten 18-20 erkliirt.

13 Sfard (2000) beschreibt diese Kombination sogar als unverzichtbar, da Zeichen und Bedeutung einander jeweils voraussetzen und konstituieren.

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soll nicht nur eine vage Idee sein, mit der die ausgewahlten Gemeinsamkeiten assoziiert werden, sondem es soll ein prazise definiertes mathematisches Objekt sein, das

(a) in einer klaren Beziehung zu den ganzen Zahlen steht, aus denen es abgeleitet wurde, und

(b) gemaB eindeutigen Regeln zu handhaben ist. Trotz seiner Abstraktheit ist ein solches mathematisches Objekt also etwas im tibertrage­nen Sinn Greitbares. Die Restklassen modulo einer namrlichen Zahl n zusammen mit ei­ner geeignet definierten Addition sind formale Konstrukte, die abstrakte Objekte mit den gewtinschten Eigenschaften darstellen. 14

Man kann den Konstruktionsprozess solcher Restklassen als eine Verdinglichung be­schreiben: Das Einteilen der ganzen Zahlen nach Resten beim Teilen durch ftinf in ftinf verschiedene Abteilungen, genannt Restklassen, wird getibt und verinnerlicht. 15 Die Re­chenvorgange beim Einteilen der ganzen Zahlen werden gedanklich tibersprungen und die Zahlen werden mit ihrem Rest bzw. ihrer Restklasse direkt in Verbindung gebracht.16 Der schwierigste Schritt ist nun, Restklassen also Rechenobjekte aufzufassen, und damit als abstrakte mathematische Objekte zu akzeptieren. 17 Denn ihrer Konstruktion nach ver­danken Restklassen ihre Daseinsberechtigung allein ihrer Aufgabe, fur das Ordnen von Zahlen im tibertragenen Sinn als eine Art Behaltnisse zu dienen, mit deren Hilfe man die verschiedenen Kategorien von Zahlen zusammenfassen und bezeichnen kann. Die Rest­klassen als Nebenergebnisse des Ordnungsprozesses nun als Objekte des mathemati­schen Umgangs aufzufassen, bedeutet, sie auch 10sge16st von ihrer Entstehungsgeschich­te zu betrachten und als eigenstandige Objekte zu behandeln, deren "Existenz" auch tiber ein syntaktisches Regelwerk gerechtfertigt iSt. 18

2.2 Vom Zeichen zur Deutung

Ftir Lemende, die nicht durch eigene Forschung neues Wissen erwerben, sondem ge­lehrt werden, gibt es die Moglichkeit, in die Thematik tiber eine rein formale Definition statt tiber bedeutungshaltige Sinnzusammenhange eingeftihrt zu werden. Ein solcher Be­ginn erOffnet Wege, ein kognitives Modell von Mengen von Restklassen aufzubauen, bei denen Abstraktion ganz vermieden oder tiber unterschiedliche Abstraktionsvorgange vollzogen werden kann.

14 Auch der Rest selbst als natiirliche Zahl wfude sich fur die Rolle des "abstraktes Objekts" eig-nen. Fur die Menge dieser Reste ware dann eine neue Addition zu definieren.

15 Diesen Schritt kann man mit Sfard als Verinnerlichung bezeichnen. 16 Damit ist der Schritt der Verdichtung abgeschlossen. 17 Wenn dieser Schritt kognitiv vollzogen ist, ist die Verdinglichung abgeschlossen. 18 Dubinsky & McDonald (2001) beschreiben die Konstruktion von Nebenklassen der Unter­

gruppe einer gegebenen mathematischen Gruppe als Verkapselung. Als ursprunglich konstitu­ierende Handlung nennen sie die Berechnung der Elemente einer Nebenklasse. Das Nachden­ken uber diese Handlung, ohne dass sie konkret durchgefuhrt werden muss, bezeichnen sie als "Prozessvorstellung einer Nebenklasse". Der dritte und schwierigste Schritt schlieBlich ist die Erfassung dieses Prozesses als eine Ganzheit, auf die Operationen angewendet werden konnen. Gegenuber der Idee die Menge - als Ergebnis dieses Prozesses - als neues Objekt anzusehen, erscheint mir die Konstruktion von Dubinsky & McDonald als sehr kompliziert.

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Eine fonnale Konstruktion einer zyklischen Gruppe der Ordnung n kann wie folgt

aussehen: Wir nehmen eine Menge M aus n Elementen, die wir Ro, ... , Rn- 1 nennen,

und definieren eine Addition +: M x M ~ M mittels: Rj + R j = Rj+ j , falls

i + j < n, und Rj + Rj = Ri+ j-n ' falls i + j ~ n .19 Es gibt verschiedene Sichtweisen

auf die Menge M :

S 1 Die Elemente von M konnen ohne weitere Deutung allein uber die gegebe-nen Umgangsregeln definiert bleiben. S2 Die Elemente von M konnen als Reste bzgl. des Teilens ganzer Zahlen durch n verstanden werden. Die Addition kann dann - nach einigen Ubedegungen uber Reste von Summen ganzer Zahlen - so gedeutet werden: Addiert man zwei Zahlen, von denen eine beim Teilen durch n den Rest i und die andere den Rest j liisst, so

erhalt man eine Zahl, die beim Teilen durch n den Rest i + j oder i + j - n lasst.

S3 Die Elemente von M konnen schlieBlich auch als Teilmengen von Z angese­hen werden, welche jeweils aIle Elemente, die denselben Rest beim Teilen durch n

lassen, enthalten. Ihr Verhalten als Summanden in Mist analog zum Verhalten ih­rer Elemente als Summanden in Z. Die Analogie bezieht sich in Z auf die Eigen­schaft, einen bestimmten Rest beim Teilen durch n zu lassen, und in M auf die Ei­genschaft, die entsprechende Restklasse zu sein. Fur diese Interpretation sind die­selben Nachweise zu fUhren wie bei der zweiten Deutung.

Die drei Sichtweisen Sl, S2 und S3 stellen unterschiedliche Fonnen der Konstruktion einer zyklischen Gruppe der Ordnung n dar. 20 S 1 venneidet die gedankliche Konstrukti­on neuer Objekte. Anstelle von gedanklichen, abstrakten Objekten dienen hier fonnale Zeichen, welche als Objekte an sich angesehen werden. Dies\:! Auffassung konzentriert sich auf die Operation in der Gruppe. Sie ennoglicht Erkenntnisgewinn durch regelge­maBe, fonnale Manipulationen.21

Die Sichtweise S2 deutet die Elemente der Gruppe als Reste, und das heiBt als die ganzen Zahlen zwischen null und n-l. Das sind keine grundsatzlich neuen Objekte. Aber fUr diese Zahlen wird eine neue Addition geschaffen. Als Reste aufgefasst verhalten sich diese Zahlen anders, als wenn sie als "gewohnliche" ganze Zahlen verstanden werden. So ist im ersten Fall 1 +(n-l )=0, im zweiten Fall ist 1 +(n-l )=n. Die Zweideutigkeit der Darstellung konnte durch unterschiedliche Zeichen fUr die beiden Additionen vennieden werden.

19 Man kann leicht nachweisen, dass (M,+) die Gruppenaxiome erfiillt. 20 Es gibt natiirlich noch viele andere Konstruktionsmoglichkeiten, die aber fUr die weiteren Aus­

fUhrungen keine Rolle spielen. 21 Dies ist ein Beispiel fUr diagrammatisches Denken (vgl. Dorfler (2003)). Nach Dorfler (2000)

liefert der Fokus auf den Umgangsregeln mit den Elementen der Gruppe einen "Prototyp" fUr Zahlen bestimmter Reste und ihr Additionsverhalten.

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Die Deutung S3 fasst die Elemente der Gruppe als Restklassen, also als Teilmengen von Z auf. Sie sind ebenfalls keine wesensmaBig neuartigen Objekte, denn Mengen, z.B. Z, treten schon vorher auf. Sie ersc,heinen hier jedoch in einem neuen Zusammenhang, namlich als Objekte mathematischer Operationen: Neu ist ihre Beschreibung als Elemen­te einer Menge und ihre Addition. Sie werden wie Zahlen behandelt, obwohl sie keine Zahlen sind. Eine zusatzliche Brisanz erhalt diese Auffassung dadurch, dass sie zwar selbst keine Zahlen sind, dass sie aber jeweils durch bestimmte Zahlen konstituiert wer­den, und somit mit bestimmten Zahlen in einem engen Zusammenhang stehen, der in gewisser Hinsicht einer Identifizierung gleichkommt. Der ontologische Status dieser Ob­jekte ist somit schwierig zu erfassen.

Die drei genannten Sichtweisen k6nnen auch dann eine Rolle fUr Lemende spielen, wenn der Einstieg in die Thematik nicht tiber eine formale Definition, sondem tiber die Betrachtung von Resten ganzer Zahlen erfolgt. Denn Lemende werden zu unterschiedli­chen Zeiten und mit unterschiedlichem Fokus prasentierte Strukturen aufnehmen und kognitiv verarbeiten. Wahrend der Eine bereits eine Formalisierung seiner abstrakten Ideen vomimmt oder versteht, wird diese fUr den Anderen noch unverbunden mit mental konstruierter Bedeutung erscheinen.

2.3 Zeichen als Hilfsmittel zur Betonung bestimmter Bedeu­tungen

In beiden hier vorgestellten Strategien zur Konstruktion von Gruppen von Restklas­sen spielen Zeichen eine entscheidende Rolle. In diesem Abschnitt sollen einige Zeichen vorgestellt werden, welche fUr die Konstruktion von Mengen von Restklassen hilfreich sein k6nnen.

Neben Zeichen fUr einzelne Zahlen, wie 2, -12 und 5, werden Zeichen fUr Restklas­sen und ihre Elemente gebraucht. Als Beispiel sehen wir uns die Restklasse Zwei modu­lo funfan:

• Zeichen fUr aBe Zahlen mit Rest 2: 5z+2, wobei z eine beliebige ganze Zahl ist.

• Zeichen fUr die Restklasse Zwei: als Zusammenfassung der Zahlen mit Rest 2:

{5z+2Iz EZ} oder 5Z+2, wobei Z die Menge der ganzen Zahlen bezeichnet.

als eigenstandiges Rechenobjekt:

2. Das Zeichen ,,5Z+2" hat verbindenden Charakter. Zum einen eignet es sich als for­

male Bezeichnungder Restklasse als solche. Als formales Zeichen unterscheidet es nicht zwischen den Sichtweisen, ob die Restklasse in ihrer Ordnungsfunktion als Menge oder in ihrer Rolle als Rechenobjekt zu sehen ist. Zum anderen impliziert das Zeichen ,,5Z+2" durch seine auBere Ahnlichkeit mit der Darstellung ,,5z+2" der Zahlen mit Rest Zwei ei­ne Beschreibung der Elemente der Restklasse. Es regt somit indirekt an, die Restklasse als Menge aufzufassen und den Fokus auf die Elemente zu legen. Diese Betonung wird durch eine beschreibende Darstellung wie ,,{5z+2IzEZ}" noch verstlirkt, zumal der

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AufWand beim Schreiben und Lesen die Deutung dieser Zeichenkette als Symbol fur ein

einziges Objekt erschwert. Die Darstellung ,,2" ist als eine weitere Notationsform fur

die Restklasse sinnvoll, wei 1 sie durch ihre Ahnlichkeit mit dem Zahlzeichen ,,2 " den Charakter als Rechenobjekt betont.

3 Darstellungen von Studierenden

3.1 Aufgabe

In dies em Abschnitt werden Erkllirungen von drei Studierenden zum Thema "Mengen von Kongruenzklassen modulo funf' erortert.

Zu Beginn einer Vorlesung "Lineare Algebra J" setzten sich Studierende mit einer Aufgabensequenz zur Konstruktion von Mengen von Restklassen aus einander.22 In die­ser Lemumgebung wurden Anregungen gegeben, die die kognitiven Rekonstruktionen von allen drei oben dargestellten Sichtweisen von (Z/nZ, +) untersrutzten. Die letzte Aufgabe in dieser Sequenz gab eine formale Definition von Kongruenzklassen als Men­gen, deren Elemente die Eigenschaft haben, kongruent modulo n zu sein. Sie betont den Mengencharakter der Elemente von (Z/nZ, +). 1m Anschluss an die Beschliftigung mit der Aufgabenreihe erhielten 39 Studierende den Auftrag, in 20-25 Minuten jeder einen kleinen Aufsatz zu verfassen. Die Aufgabenstellung lautete:

22

Die folgende Graphik solI die Menge der Kongruenzklassen modulo 5 darstel­len. Erk1lire dies in einem kleinen Aufsatz. Beriicksichtige dabei: - E1emente - Addition - Zusammenhang zu Z

... -2 -1

0 1 2 3 4

5 6 7 8 9

10 11 12 13 ...

Eine ausfiihrliche Darstellung der einzelnen Aufgaben wird in Fischer (2006), S. 231-234, ge-geben.

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Der Einsatz von Zeichen als Werkzeuge 189

Die Aufgabe ist mit der Absicht gestellt, herauszufinden, wie Studierende Restklas­sen23 als abstrakte Objekte mental reprasentieren. Mit der graphischen Darstellung, die unter anderem eine Einteilung der ganzen Zahlen zeigt, betont sie gezielt eine Auffas­sung, nach der die Elemente von (Z/5Z, +) Mengen sind. Diese Deutung ist aber nicht zwingend. Durch die Aufforderung, den Aspekt "Addition" in die Erklarungen aufzu­nehmen, werden die Studierenden angeregt, eine Form des Umgangs mit den abstrakten Objekte zu zeigen oder erlautem.24

Eine magliche Lasung der Aufgabe ist, die Spalten der Graphik als Reprasentanten der flinf Kongruenzklassen modulo flinf, also der Elemente von Z/5Z, zu deuten. Die Addition von zwei Spalten (Kongruenzklassen) geschieht, indem manje ein Element aus den Spalten wahlt und addiert. Die Spalte, in der das Ergebnis liegt, ist die Summe der urspriinglichen Spalten. Sie ist unabhangig von der Auswahl der Elemente, da diese sich nur urn Vielfache von flinf unterscheiden. Diese Beschreibung setzt eine Vorstellung von Z/5Z als Menge von Mengen voraus. Sie entspricht der Sichtweise S3.25

Eine andere Antwort kann anstelle der Spalten auch den Fokus auf Reste legen, wel­che in der dritten Zeile auftreten. Sie kannen als Reprasentanten oder auch direkt als Namen flir die Elemente von Z/5Z bezeichnet werden. Eine Addition dieser Elemente kann man fiber die in Z fibliche Definition mit der Zusatzregel, dass die Summe in Z noch durch ihren Rest zu ersetzen ist, oder dass 5=0 anzusehen ist, definieren. Diese Deutung passt zu der Interpretation S2.

Die Sichtweise Sl, Zeichen als formale Elemente von Z/5Z aufzufassen ohne ihnen eine Deutung zu geben, die fiber die Additionsvorschrift hinausgeht, ist in dieser Aufga­be nicht in Reinform anwendbar, weil zumindest in einem ersten Schritt Bezug zu der Graphik hergestellt werden muss. Eine Darstellung von (Z/5Z, +) als syntaktisches Re­gelwerk, bei dem die Bedeutungszusammenhange nicht weiter interessieren, ist aber sehr wohl maglich. So kann z.B. eine Addition flir die Spalten der Graphik formal durch eine Additionstabelle definiert werden.

Fur Lemende, die Z/5Z noch nicht als Menge von Mengen mental rekonstruieren, besteht auch die Maglichkeit, sich in ihrer Erlauterung der Graphik auf Verfahrenswei­sen zur Einteilung und Addition von ganzen Zahlen unter Beriicksichtigung des Kriteri­urns "Rest beim Teilen durch flinf' zu beschranken. Dies ist bei den meisten der Aufsat­ze zu beobachten. 1m Folgenden werden drei Aufsatze vorgestellt, in denen ein Versuch erkennbar ist, fiber die Beschreibung von ganzen Zahlen hinauszugehen und ZISZ als Menge von abstrakten Objekten mit Addition darzustellen. In der Analyse der Aufsatze wird der Fokus auf der Frage liegen, in welcher Weise Zeichen als Werkzeuge verwen­det werden, urn diese abstrakten Objekte zu konstruieren und darzustellen.

Die Interpretation der Aufsatze beschaftigt sich mit der Deutung von Zeichen auf mehreren Ebenen. Neben den konventionellen Reprasentationen spielen auf Seiten der

23 In diesem Artikel werden - ebenso wie in den Dbungen mit den Studierenden - die beiden Begriffe "Restklasse" und "Kongruenzklasse" synonym verwendet.

24 Sfard (1991) erkHirt, dass das AusfUhren von Handlungen mit oder an neuen, abstrakten Ob­jekten die Konsolidierung unterstUtzt und ein Anzeichen fUr die volle Akzeptanz dieser Objek­(e als eigenstandige, mathematische Objekte ist.

25 V gl. Abschnitt 2.2.

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Studierenden die personlichen Bedeutungszuordnungen eine entscheidende Rolle. Die Auseinandersetzung mit der Aufgabe ruhrt bei den Studierenden zu Abduktionsschltis­sen, mit denen sie Hypothesen tiber die Restklassenthematik generieren. Diese versuchen sie mit Hilfe von selbst gewahlten Zeichen zum Ausdruck zu bringen. Auf einer weiteren Ebene entwickelt die Interpretin - ebenfalls mit Hilfe abduktiven SchlieBens - Hypothe­sen, die den Abduktionsprozess der Studierenden plausibel erklaren. Dazu fragt sie nach der Bedeutung, welche die Studierenden den in ihren Aufsatzen verwendeten Zeichen beimessen.26 Dieses ist insbesondere dann von Interesse, wenn ein konventionelles Zei­chen von einer oder einem Studierenden in einer Bedeutung verwendet wird, die nicht den Konventionen entspricht. In diesem Fall bestehen rur die Interpretation zunachst grundsatzlich zwei Moglichkeiten:

• Das Zeichen wird zwar verwendet, aber das gemaB der Konvention zugehorige abstrakte Objekt ist nicht mental rekonstruiert.

• Ein bestimmtesabstraktes Objekt ist zwar mental rekonstruiert, aber es wird ein konventionell nicht dazu passendes Zeichen verwendet. .

Hinweise zur Entscheidung zwischen diesen beiden Interpretationen konnen begleitende Erklarungen in den Aufsatzen geben.

3.2 Maria

Maria27 schreibt: Die Menge der Kongruenzklassen modulo 5 (Z/5Z) lasst sich in 5 Klassen un­terteilen, denen man wie folgt alle Elemente aus Z zuordnen kann:

Gruppe 1: 5x Gruppe 2: 5x+ 1 Gruppe 3: 5x+ 2 Gruppe 4: 5x+3 Gruppe 5: 5x+4

Durch diese Einteilung hat man alle Elemente auf Z erfasst und eingeteilt. Die Kongruenzklassen lassen sich auch verkntipfen. In der Addition zweier Elemente aus (Z/5Z) addiert man lediglich die "Reste" und ordnet den neu entstandenen Rest einer Gruppe zu. Bsp.: (5x+2)+(5x+3)=5x+5=5x, also liegt das Ergebnis der Addition von Elementen der Gruppe 2 und 3 in Gruppe 1.

Aus der Erkliirung, dass Z/5Z in runf Klassen unterteilt wird, konnte man zunachst vermuten, dass Z/5Z und Z aus Marias Sicht dasselbe sind. Sie sagt das jedoch nicht, und scheint auch einen Unterschied zwischen beiden zu sehen. In ihrer tabellarischen Auf­zahlung von runf Abteilungen, die sie als "Gruppen" bezeichnet, gibt sie allgemeine Darstellungen der ganzen Zahlen, die sich jeweils in einer Spalte der Graphik befinden: Wenn x die ganzen Zahlen durchlauft, so durchlauft 5x die Zahlen in der ersten Spalte.

26 Voigt (2000) weist darauf hin, dass die Theorieentwicklung in qualitativen empirischen Stu-dien und des konstruktiven Lemen von Mathematik zwei Bereiche im Kontext mathematikdi­daktischer Forschung sind, in denen der logische Schluss der Abduktion Verwendung findet.

27 Die Namen der Studierenden sind geandert.

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Bemerkenswert ist die Tatsache, dass die Bezeichnung der Gruppen nicht mit den zuge­horigen Resten iibereinstimmt.

Maria setzt sQdann an, die Addition von Elementen von (Z/5Z) zu erklaren. Dazu gibt sie ein Verfahren an, nach dem man die Reste addiert. Den Ausdruck "Reste" setzt sie in Anflihrungszeichen. Vielleicht will sie damit darauf hinweisen, dass die Kon­gruenzklassen keine Zahlen sind und daher keine Reste im eigentlichen Sinn haben. Die­se Kennzeichnung zeigt ebenso wie die Nummerierung der Gruppen, dass Maria die E­lemente von Z/5Z nicht mit den Resten identifiziert.

In ihrem Beispiel zur Demonstration der Addition verwendet Maria als Summanden je ein Element aus den Gruppen 3 und 4 in der allgemeinen Darstellung, die sie oben no­tiert hat. Das Ergebnis gibt sie ebenfalls in der von ihr gewahlten allgemeinen Darstel­lung der Elemente der entsprechenden Gruppe, namlich der Gruppe 1, an. Ihre formale Darstellung entspricht nicht den Konventionen. In mathematisch korrekter Notation konnte man die Rechnung notieren als: (5x+2)+(5x+3)=lOx+5=5(2x+l)=5y?8 Es ist denkbar, dass Maria diesen "Fehler" bewusst macht, weil sie ihre Terme nicht im eigent­lichen Sinn als Zeichen flir Zahlen meint. Ein Hinweis darauf ist ihre vorausgehende Ankiindigung, nur Reste zu beriicksichtigen.29 Marias abschlieBender Satz fasst noch einmal zusammen. Diesmal bezieht sie sich nicht mehr auf die Addition von Kon­gruenzklassen, sondem auf die Addition von Elementen dieser Klassen.3o Es scheint so, als ob ihre formale Darstellung einen Wechsel in ihrer Interpretation dessen, was sie tut, veranlasst:

1. Die Erklarung vor der formalen Darstellung: Es werden Kongruenzklassen addiert. Dazu benutzt man "Reste". 2. Die Zeichensprache: Die Kongruenzklassen werden mit Hilfe der allgemeinen Darstellung ihrer Elemente notiert, denn an diesen, nicht aber an den Namen der Kongruenzklassen (wie z.B. "Gruppe 3"), kann man die "Reste" erkennen. In der Rechnung sind - wie auch zu­vor in der Beschreibung angekiindigt - nur die Reste relevant. Ein Zeichen wie ,,(5x+2)" steht flir ein Objekt mit der Eigenschaft "Rest 2". Diese Eigenschaft, die nicht prazisiert wird, charakterisiert das Objekt, das mit ,,(5x+2)" bezeichnet wird. So ist ,,(5x+2)+(5x+3)" gleich ,,5x+5" in dem Sinn, dass die beiden Terme flir "Rest 5" stehen, und ,,5x+5=5x" driickt aus, dass "Rest 5" dasselbe ist wie "Rest 0". 3. Die ErkHirung nach der formalen Darstellung: Die Summanden und die Summe in der voran stehenden Rechnung werden nun als Elemente der Kongruenzklassen, also als ganze Zahlen gedeutet. Vielleicht liest Maria ihre Gleichungskette als folgende Aussage:

28 Als Darstellung einer Addition von beliebigen Elementen der beiden Gruppen miissten auch im Ansatz schon verschiedene Variablen verwendet werden, z.B. (5x+2)+(5y+3).

29 Eine andere Moglichkeit, Marias formale Darstellung zu korrigieren, ist die Wahl einer Dar­stellung, die anstelle der einzelnen Zahlen alle Zahlen mit den beschriebenen Eigenschaften meint, wie z.B.: {(5x+2)+(5x+3)lx E Z} = {5x+5Ix E Z} = {5xlx E Z}. Allerdings ist hierdurch keine Addition der Mengen prasentiert.

30 Sie macht hier zudem einen Fehler in der Bezeichnung von den zwei Gruppen ihrer Summan­den.

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"Addiert man eine Zahl, die urn zwei groBer ist als ein Vielfaches von Fiinfund eine Zahl, die urn drei groBer ist als ein Vi elf aches von Fiinf, so erhalt man eine Zahl, die urn fUnf groBer als ein Vielfaches von Fiinf und damit ein Vielfacijes von Fiinf ist." Dies ware eine Erklarung, warum sie keinen AnstoB an den Umformungen nimmt, die bezogen auf Zahlen fehlerhaft sind.

Maria verwendet formale mathematische Zeichen zur Beschreibung der Kongruenz­klassen und ihrer Addition. Sie gebraucht diese Zeichen - bewusst oder unbewusst -nicht gemaB den konventionellen Regeln, sondem setzt sie als Werkzeug ein, urn die Regeln ihres Vorgehens zu demonstrieren. Ihre gedanklichen Konstrukte scheinen ihren Ausdrucksmitteln ein StUck voraus zu sein: Sie spricht von der Addition von Kon­gruenzklassen und bezeichnet "Reste" ganz richtig als das entscheidende Merkmal, das fUr ihre Addition relevant ist. Die Demonstration ihres Rechenverfahrens verdeutlicht diesen Gedanken, wenn man ihre eigene, nicht-konventionelle Formalisierung unter­stellt. Sie geht dann jedoch einen Schritt zuruck und deutet ihre eigene Darstellung als Aussage iiber Zahlen statt wie intendiert als Aussage iiber Kongruenzklassen.

Maria fehlt noch ein Stiick auf dem Weg zur Konstruktion von Restklassen als abs­trakte Objekte, auf die mathematische Operationen angewendet werden konnen: Maria erkennt das Merkmal "Rest" hinsichtlich des Teilens durch fUnf als die relevante Ge­meinsarnkeit der Zahlen in einer Spalte der Graphik bzw. einer Kongruenzklasse, und sie erkennt das Ziel, die Zahlen mit demselben Rest i mit einander zu identifizieren und nur unter dem Kriterium "Rest i" zu behandeln. Ihr gelingt jedoch noch nicht ganz die Kon­struktion eines abstrakten Objekts, das dieses Merkmal verkorpert. Ihre formale Rech­nung ist ein Versuch, ihre Idee der Identifizierung der Zahlen mit gemeinsamem Rest zu reprasentieren. Die Vermischung zwischen dem ontologischen Status ihrer Summanden als Zahlen und ihrem Status als Nicht-Zahlen, mit denen man nach anderen Regeln ope­rieren kann als mit Zahlen, zeigt, dass ihr die AblOsung von den konkret-anschaulichen Objekten noch nicht gelingt. Dies ware notig, urn neues Objekt mit der gewiinschten Ei­genschaft schaffen zu konnen. Eine Hilfe ware hier die Unterscheidung von Zahlen und den neuen abstrakten Objekten durch unterschiedliche Bezeichnungen. Denn Maria ist gedanklich bereits soweit, mit Zahlen desselben Rests und dem abstrakten Objekt dieser Eigenschaft unterschiedlich umzugehen, aber die gleichen Zeichen geben ihr Anlass, diese gedankliche Trennung wieder aufzuheben, statt sie zu fixieren.

GemaB Sfards (1991) Terminologie gelingt Maria die gedankliche Berechuung der Reste und die Gleichsetzung von einer Zahl mit ihrem Rest, also die Verinnerlichung und die Verdichtung dieses Rechenprozesses, und sie arbeitet an dem Erfassen des Er­gebnisses dieses Prozesses auf einem neuen Abstraktionsniveau. Sie wahlt Zeichen als formale Reprasentanten der zu identifizierenden Zahlen, die sie sogar als Reprasentanten der neu zu konstruierenden Objekte meint. Und sie geht mit diesen Zeichen bereits ge­maB den Regeln urn, die fUr die neuen, abstrakten Objekte gelten sollen. Der Umgang mit diesen Zeichen entsprechend den neuen Regeln unterstUtzt die kognitive Bildung der neuen Objekte; zugleich wirkt die Auswahl der Zeichen auf diesem Weg hemmend, da sie noch zu stark mit den ursprunglichen Objekten verkniipft sind. Dies ist ein Beispiel, wie gedankliche Konstruktionen und ihre Formalisierung, bzw. Handlungen auf Zeichen

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gemaB erwtinschten Regeln und ihre Deutung sich gegenseitig bedingen und unterstiit­zen, aber auch einschranken, wo ihre Entwicklung noch nicht ausgereift ist.

3.3 Ute

Ute schreibt:

Die Elemente von Z haben folgende Form: Zi: nZ + a Die Menge der Kongruenzklassen modulo 5 (auch Z/5Z) enthalt die fUnfTeil­mengen 5Z, 5Z+l, 5Z+2, 5Z+3, 5Z+4, die sog. additiven Restklassen (ganze Zahlen durch 5, die den Rest n haben, bsp. 5Z+n). Die Elemente dieser Teil­mengen erfiillen also jeweils die Vorschrift, wie z.B. die ganze Zahl

11 E Z ist auch Element der Teilmenge 5Z + 1. (Man konnte auch meinen, dass 5Z+n Elemente von Z sind) Wenn man Elemente der verschiedenen Kongruenzklassen addiert, so reicht es auch aus die Reste zu addieren: (bzw. man addiert die Elemente, indem man die Reste addiert, wobei man dabei beriicksichtigen muss, dass man ja nur bis Rest 4 rechnet in der Kongruenzklasse mod 5.)

Bsp.: (5Z) + (5Z+2) = 5Z+2 (5Z+3) + (5Z+4) = 5Z+2

- - -3 + 4 2

Alle Kongruenzklassen sind wie gesagt Teilmengen von Z.

Ute verwendet zwei Zeichenformen, die sie aus der Veranstaltung als Zeichen fUr Kongruenzklassen kennen gelemt hat, namlich eine Zahl mit Querstrich und eine Sum­me aus 5Z und einer Zahl. Beide Zeichenformen scheint sie synonym zu verwenden. In ihrem Aufsatz andert sie ihre Bedeutungszuordnungen fUr diese Zeichen mehrfach und setzt sich explizit damit auseinander, was diese Darstellungen bezeichnen.

Zunachst erklart sie "Zi" bzw. "nZ+a" als allgemeine Darstellung fUr eine ganze Zahl. Danach verwendet sie die Zeichen 5Z, ... ,5Z+4 als Namen fUr Mengen, wobei of­fen bleibt, ob sie sie als Teilmengen von Z/5Z oder als Teilmengen von Z ansieht, die in Z/5Z als Elemente enthalten sind. Ihre Erklarung in Klammem gibt wortlich genommen nicht vie I Sinn. Vermutlich will sie sagen: Eine Restklasse 5Z+n enthalt ganze Zahlen, namlich diejenigen, die beim Teilen durch fUnf den Rest n lassen. rhre eigene Formulie­rung ,,[ ... J Restklassen (ganze Zahlen durch fUnf, die den Rest n haben)" weist darauf hin, dass sie "Restklassen" als eine Aufforderung liest, etwas mit bestimmten Zahlen zu tun. Auch die Erwahnung einer "Vorschrift" im nachsten Satz deutet so etwas an. Sie sagt explizit, dass ,,5Z+ 1" eine Menge ist, welche die Zahl 11 enthalt, schrankt aber wie­derum ein, dass man ,,5Z+n" auch als Elemente (Plural!) von Z verstehen "konnte". Hier versteht sie den Ausdruck ,,5Z+n" vielleicht als Konstruktionsvorschrift fUr bestimmte ganze Zahlen, namlich fUr solche Zahlen die man erhalt, wenn man eine ganze Zahl mit fUnf multipliziert und danach die Zahl n addiert. Der Konjunktiv zeigt an, dass sie diese aus ihrer Sicht ebenfalls mogliche Deutung verwirft und sich fUr die Festlegung ent­scheidet, dass 5Z+n eine Teilmenge von Z bezeichnet.

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In ihrer verbalen Beschreibung der Addition bezieht sich Ute ausschlieBlich auf gan­ze Zahlen als Summanden. Diese addiert sie jedoch nach einer in Z nicht giiltigen Regel: Sie beriicksichtigt nur die Reste und rechnet mit diesen "nur bis Rest 4". In ihrer forma­len Darstellung wahlt Ute als Summanden (gemaB ihrer eigenen Bedeutungszuordnung) Zeichen fiir Kongruenzklassen. Ihre Gleichungen gelten formal nur fUr Kongruenzklas­sen, nicht fUr die Addition in Z. Man konnte sie aber bezogen auf ganze Zahlen wie folgt lesen (die erste Gleichung): "Addiert man eine Zahl, die man iiber die Vorschrift erhalt, dass irgendeine ganze Zahl mit fUnfmultipliziert wurde, zu einer Zahl, die man iiber die Vorschrift erhalt, dass zum Fiinffachen einer ganzen Zahl zwei addiert wurde, so erhalt man als Summe eine Zahl, die urn zwei gr6Ber ist als das Fiinffache einer ganzen Zahl."

Ute zeigt eine intensive Auseinandersetzung mit der Bedeutung von Kongruenzklas­senzeichen, welche sie von der Lehrveranstaltung iibemimmt. Sie hat Kongruenzklassen gedanklich noch nicht ganz als eigenstandige, mathematische Objekte, die addiert wer­den k6nnen, erfasst. In ihren AusfUhrungen ist das Bemiihen zu erkennen, Namen fiir ei­ne Kongruenzklasse als Referenz fiir die Menge als solche anzusehen, start sie als Be­schreibung oder Bezeichnung der Elemente der Menge zu verstehen. Die vorgegebenen Zeichentypen fordem sie zu einer solchen Auseinandersetzung heraus. Dabei helfen die Zeichen Ubergangsstadien im Verstehensprozess einzunehmen, indem sie in mehrfacher Weise gedeutet werden konnen: als Beschreibung der Konstruktion einer einzelnen Zahl, als Darstellung aller Zahlen dieser Struktur, als Betonung des Restes, als Bezeichnung einer Menge. Die wechselnden Positionen, die Ute in ihrer Beschreibung einnimmt, zei­gen diese verschiedenen Deutungsmoglichkeiten eindriicklich auf. So kann man Utes Darstellung von Restklassen als "Vorschrift" nach Sfards (1991) Theorie so deuten, dass sie sich in Bezug auf ein Zeichen wie ,,5Z + 1" noch in der Phase der Verinnerlichung oder Verdichtung des Konstruktionsprozesses bestimmter Zahlen befindet, in der sie die Prozessauffassung noch nicht durch eine Objektauffassung ersetzt hat. Die Verwendung dieses Zeichens als Namen fUr eine Menge ist hingegen ein erster Hinweis auf eine Ob­jektauffassung. Diese beiden zunachst widerspriichlich erscheinenden Beschreibungen sind ein Anzeichen fUr ein Dbergangsstadium in Utes Vorstellungen, in dem sie sich iiber die Wesensart des Objekts nicht im Klaren iSt.31

Bei der Addition wird deutlich, dass die verwendete Zeichendarstellung Utes gedank­licher Konstruktion ein StUck voraus ist. Es wird aber auch deutlich, dass sie die aus­schlieBliche Ebene der ganzen Zahlen und der dort geltenden Addition auch in ihrer Vorstellung verlassen hat.

Ahnlich wie Maria erkennt Ute das abstrakte Merkmal, welches Gemeinsarnkeit der Zahlen einer Kongruenzklasse ist, kann es aber ebenfalls noch nicht als eigenstandiges, abstraktes Objekt fassen. Anders als Maria verwendet sie ein fUr Zahlen nicht gebrauch-

31 Gray & Tall (1994) nennen viele Beispiele flir Symbole, die sowohl als Handlungsaufforde­rung oder -beschreibung als auch als Ergebnis einer Handlung gelesen werden konnen. Sie be­zeichnen sie als "procepts" und driicken damit die Moglichkeit flexiblen Wechse1ns der Sichtweise als "process" oder "concept" aus.

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liches Zeichen zur Reprasentation einer Kongruenzklasse, liest dieses aber als Darstel­lung oder Konstruktionsanweisung rur die zugehOrigen Zahlen. Sie ist in ihrer forrnalen Darstellung einen Schritt we iter als Maria, aber gedanklich scheint sie an derselben Schwelle zu stehen, dass sie die abstrakten Objekte noch unmittelbar mit den Zahlen, de­ren gemeinsame Eigenschaft sie reprasentieren, identifiziert, und sie noch nicht als we­sensmafiig neuartige Rechenobjekte ansehen kann.

3.4 Fred

Fred schreibt: 1) Die Menge Z lasst sich in Kongruenzklassen einteilen. Die Allgemeine Schreibweise lautet Z/nZ und diese Kongruenzklasse enthalt folgende Ele-

mente: {O, 1 , ... ,n - 1}. Die Kongruenzklasse modulo 5 besitzt die folgenden

Elemente: {O, 1 ,2,3,4} . Jedes a E Z kann man in Klassen einteilen:

I nZ+O I nZ+l I nZ+2 I nZ+3 I nZ+4 I nZ+n-l

2) Addition:

o Die Addition von Elementen in Kongruenzklassen lasst sich sehr gut an einem Kreis erklaren. Beispiele:

- - -1EB1=2 2+1=3

lEB2=3 2+2=4

1EB3=4 2+3=0

1+4=0 2+4=1

1+0=1 2+0=2

Fred gebraucht die Vokabel "Kongruenzklasse" nicht im iiblichen Sinn. 1m zweiten Satz bezeichnet er damit die Menge Z/nZ, die er als Menge von n Elementen, notiert als Zahlen mit Querstrichen, versteht. Geht man von einer konsistenten Verwendung dieses Wortes bei Fred aus, so bedeutet sein erster Satz, dass man die Menge der ganzen Zahlen gemafi unterschiedlichen Kongruenzen in Teilmengen gliedem kann. Seine Graphik er­innert an die in der Aufgabe gegebene Graphik, wobei er anstelle von 5 ein allgemeines n wahlt. Jede ganze Zahl a lasst sich "in Klassen", nach Freds Verwendung des Wortes "Kongruenzklassen" also "in Z/nZ" einteilen.32 Freds Graphik veranschaulicht, dass eine

32 Wenn man "Klassen" hier nicht als Ablctirzung von "Kongruenzklassen" im Sinne von Freds Wortgebrauch, sondem in der Bedeutung "Untergliederung, Teilmenge" versteht, so gibt Freds

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solche Einteilung immer moglich ist, unabhangig von dem gewahlten n. Anstelle der in der Aufgabenstellung gegebenen Aufzahlung der zugehOrigen Zahlen wahlt Fred in sei­ner Darstellung eine Mengennotation, fur die erste Spalte nZ+O. Es bleibt offen, ob er diese als Beschreibung oder Bezeichnung der Spaltenelemente auffasst oder als Namen

fur die Restklasse 0 (modulo n). Fred beginnt seine Ausfuhrungen zur Addition mit einer Kreisdarstellung, die an eine

der vorausgegangenen Ubungen erinnert, in der das Verfahren des Addierens durch "Weiterzahlen an der Zahlengeraden" fur die ganzen Zahlen auf ein Addieren durch "Weiterzahlen am Kreis" in Z/nZ tibertragen wurde. Fred gibt keine derartigen Erkla­rungen, sondem nennt im Weiteren eine Reihe von Beispielen. Die Prasentation seiner Beispiele erinnert an eine Additionstabelle, die die Addition definiert, ohne Rechen­schaft tiber die Griinde der Zuordnungen zu geben: er gibt den Beginn einer systemati­schen Aufzahlung aller Summen in Z/5Z. Mit drei Ausnahmen, die als Fltichtigkeiten gewertet werden konnen, wahlt er konsequent die Darstellung von Zahlen mit Querstri­chen fur Summanden und Summen, in den ersten drei Zeilen kennzeichnet er zudem durch ein besonderes Pluszeichen, dass er eine andere als die in Z tibliche Addition meint. Diese Form der Definition gibt quasi ein rein syntaktisches Regelwerk, in dem der Charakter der Objekte, welche verkntipft werden, keine Bedeutung hat. Sie passt in­sofem zu der Sichtweise SI. Es fallt auf, dass Fred an keiner Stelle auf die Addition gan­zer Zahlen eingeht. Auch wenn er sie vielleicht fur Zwischenschritte bei seinen Rech­nungen verwendet, scheint er die Addition in Z/5Z als eigenstandige Operation zu ver­stehen, deren Zuordnungen nicht tiber Z definiert werden mtissen.

Fred erortert das Thema "Mengen von Kongruenzklassen" auf einer sehr allgemeinen Ebene: Er geht auf die Beschaffenheit verschiedener Mengen von Kongruenzklassen ein, wobei er ihre Elemente und bei Z/5Z auch die Addition auf dieser Menge in den Vorder­grund stellt. Die ganzen Zahlen und Eigenschaften von (Z, +), die der Konstruktion die­ser Mengen zugrunde liegen, erwahnt er nur zwischendurch, und dies vielleicht nur, weil die Aufgabenstellung auffordert, einen Bezug zu Z herzustellen.

Fred verwendet zwei Zeichentypen fur Restklassen, die er an unterschiedlichen Stel­len einsetzt: Zahlen mit Querstrichen wahlt er zur Aufzahlung der Elemente von Z/nZ und zur Darstellung der Addition in Z/5Z. In beiden Fallen treten Restklassen als abs­trakte Objekte auf, die mathematischen Handlungen und Beschreibungen unterworfen werden. Den zweiten Zeichentyp - die "Summe" aus einer Menge und einer Zahl -verwendet Fred in seiner Darstellung des Zusammenhangs zwischen Z/nZ und Z, in dem er die Einteilung der ganzen Zahlen anspricht. Moglicherweise liest er ein Zeichen wie "nZ+ 1" nicht oder nicht nur als Namen eines abstrakten Objekts, sondem als Namen ei­ner Restklasse, die bestimmte Zahlen zusammenfasst, oder sogar direkt als Beschreibung dieser Zahlen: Es sind die Zahlen, die additiv aus Eins und einem Vielfachen von Ftinf zusammengesetzt sind. Diese Auswahl seiner Zeichen erHiutert er nieht. Der Grund mag

AuBerung nur Sinn, wenn man unterstellt, dass er einen Singular meint, da eine ganze Zahl ja nur in einer der Teilmengen liegen kann, die Fred in seiner Graphik aufzahlt.

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darin liegen, dass diese Zeichentypen in seinen Vorstellungen wie selbstverstandlich mit demjeweiligen Charakteristikum der Restklassen verbunden sind.33

In der Sachanalyse sind zwei schwer vereinbare Wesenszlige von Restklassen be­schrieben, dass sie namlich einerseits Mengen sind, die dem Ordnen von ganzen Zahlen dienen, und andererseits abstrakte mathematische Objekte, die quasi wie Zahlen auftre­ten. Es hat den Anschein, dass Fred mit Hilfe der Auswahl seiner Bezeichnungen diese beiden Wesenszuge von Restklassen in einer Weise trennt, dass der gewahlte Zeichentyp die jeweils gewiinschte die Sichtweise in den Vordergrund stellt. Auf diese Weise unter­stUtzen die Zeichen seine Vorstellungen und erleichtem den Wechsel zwischen verschie­denen Sichtweisen bei gleichzeitiger Vermeidurtg einer Vermischung und Ver­wechslung der Bedeutungen.

3.5 Das Wechselspiel von Zeichen und Bedeutung

Jeder der drei vorgestellten Aufsatze lasst einen Einsatz von Zeichen als Werkzeug nicht nur zur Darstellung von Kongruenzklassen fur den Leser, sondem auch zur Denkorien­tierung fur die Autorin oder den Autor selbst vermuten.

Maria verwendet vertraute Zeichen fur die bekannten Objekte nach Regeln, die ihre Vorstellungen von den neuen, abstrakten Objekten widerzuspiegeln scheinen, die aber von dem iiblichen Gebrauch der Zeichen abweichen. Ihre Interpretation dieser Zeichen schwankt zwischen einer Deutung gemaB den urspriinglichen und den neu konstruierten, abstrakten Objekten. Ute verwendet Zeichen, die die neuen, abstrakten Objekte reprasen­tieren, und sucht nach Deutungen. Diese bewegen sich ebenfalls zwischen den altbe­kannten Objekten und den neu zu konstruierenden abstrakten Objekten, wobei verschie­dene Zwischenstufen angesprochen werden. Fred schlieBlich verwendet fur die abstrak­ten Objekte unterschiedliche Zeichen, mit denen er unterschiedliche Wesensmerkmale dieser Objekte hervorhebt. Diese Zeichen unterscheiden sich zudem von seinen Zeichen flir die altbekannten Objekte. Marias und Utes Strategie, mit einem Zeichentyp auf zwei verschiedenartige Objekte zu verweisen, fuhrt unausweichlich zu Inkonsistenzen im Gebrauch der Zeichen. Demgegenuber erm6g1icht Freds Strategie einen regelgerechten Umgang mit den Zeichen.

Die Verwendung von formalen Zeichen wurde durch die Aufgabenstellung nicht ge­fordert oder angeregt, sondeingeschah aufgrund von individuellen Entscheidungen die­ser drei Studierenden. In allen drei Aufsatzen werden Zeichen kreativ genutzt, urn an ih­nen abstrakte Ideen fassbar zu machen. Dabei ist bei den beiden Autorinnen, die die abs­trakten Objekte noch nicht vollstandig erfassen, ein Wechselspiel von Bedeutung und Zeichen zu erkennen, in dem keinem eine eindeutige Vorrangstellung eingeraumt wer­den kann: beide verwenden Zeichen zur Reprasentation von Ideen, als wenn die Ideen zuerst bestanden, und deuten zugleich verwendete Zeichen in unterschiedlicher Weise, als wenn die Zeichen vor den Bedeutungen existierten.

Die drei ausgewahlten Beispiele zeigen, dass nicht nur mathematische Experten, sondem auch Anfangerinnen und Anfanger, die noch keine weit reichenden Erfahrungen

33 Die Tatsache, dass er diese Wahl nicht thematisiert, lasst vermuten, dass er sie nicht gezieit zu dem Zweck einsetzt, dem Leser den Sachverhalt zu verdeutlichen.

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mit mathematischer Forschung besitzen, Zeichen als Werkzeuge zur Anregung und Un­terstUtzung gedanklicher Konstruktionen einsetzen. Bei einem der Beispiele gibt es zu­dem Hinweise auf eine Fokussierung auf den Charakter formaler Objekte durch eine ge­zielte Zeichenwahl.

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Adresse der Autorin

Dr. Astrid Fischer Universitat Duisburg-Essen Fachbereich Mathematik Universitatsstr. 2 45117 Essen

Manuskripteingang: 19. April 2006 Typoskripteingang: 11. September 2006