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LENTOS Kunstmuseum Linz LENTOS Kunstmuseum Linz, A-4021 Linz, Ernst-Koref-Promenade 1 Tel: +43 (0)732.7070-3600 Fax: +43 (0)732.7070-3604 www.lentos.at DVR-Nummer 0002852 Presseunterlage DER NACKTE MANN 26. Oktober 2012 bis 17. Februar 2013

Der nackte Mann Presseunterlage - lentos.at · Kuratorinnen Dr.in Sabine Fellner, ... und Artur Żmijewski, Erich Heckel und Robert Mapplethorpe bis Keith Haring und Eric ... Prof

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LENTOS Kunstmuseum Linz

LENTOS Kunstmuseum Linz, A-4021 Linz, Ernst-Koref-Promenade 1 Tel: +43 (0)732.7070-3600 Fax: +43 (0)732.7070-3604 www.lentos.at

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2852

Presseunterlage

DER NACKTE MANN

26. Oktober 2012 bis 17. Februar 2013

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Inhalt Ausstellungsdaten ………………………………………………………………………….. 3 Pressetext …………………………………………………………………………………… 5 Kunstvermittlungs- und Veranstaltungsprogramm …………………………………….. 6 KünstlerInnen ………………………………………………………………….…………… 9 Sponsoren …………………………………………………………………………………. 11 Katalogvorwort .…………………….…………………………………………..…….…… 13 Wandtexte .……………………………………………………………………………….. 16 Saalhefttexte .…………………………………………………………………………….. 21 Pressebilder ……………………………………………………………………………….. 38

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Ausstellungsdaten

Ausstellungstitel: DER NACKTE MANN Ausstellungsdauer 26. Oktober 2012 bis 17. Februar 2013

Eröffnung Donnerstag, 25. Oktober 2012, 19 Uhr

Pressekonferenz Mittwoch, 24. Oktober 2012, 10 Uhr

Ausstellungsort LENTOS Kunstmuseum Linz, gesamtes Obergeschoss

Kuratorinnen Dr.in Sabine Fellner, Dr.in Elisabeth Nowak-Thaller, Dir. in Stella Rollig

Exponate Mehr als 300 Exponate – Leihgaben aus den USA und ganz

Europa, und Werke aus eigenen Beständen – von über 200

KünstlerInnen bilden 12 Kapitel: Akt, Ich, Alter, Knabe, Adam,

Schwul, hüllenlos, Schmerz, Pose, Bizeps, Penis und Herrschaft.

Kooperationen Die im LENTOS entwickelte Ausstellung ist in adaptierter Form vom

21. März bis 30. Juni 2013 im Ludwig Museum – Museum of Contemporary Art, Budapest zu sehen.

Gemeinsam mit dem IFK Internationales Forschungszentrum Kulturwissenschaften an der Kunstuniversität Linz wurde das

hochkarätig besetzte Symposium zur Ausstellung am 26. Oktober

2012 entwickelt.

Publikation Anlässlich der Ausstellungen in Linz und Budapest erscheint die

Publikation Der nackte Mann im Verlag für Moderne Kunst,

Nürnberg. Hrsg. von Stella Rollig und Barnabás Bencsik.

Mit Beiträgen von Edit András, Christina von Braun, Paula Diehl,

Sabine Fellner, Elisabeth Nowak-Thaller, Stella Rollig, Hedvig

Turai und Peter Weiermeier sowie einem Vorwort von Stella Rollig

und Barnabás Bencsik. ISBN 978-3-86984-357-5

Mit zahlreichen Abbildungen, 334 Seiten, Preis € 35,- (nach Ende

der Ausstellung € 39,-)

Unterstützung Die Ausstellung wird unterstützt von Linz AG, Oberbank,

Oberösterreichische Versicherung, Sparkasse Oberösterreich,

Wiener Städtische Versicherung und voestalpine.

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Saalheft Den BesucherInnen steht ein Saalheft mit Texten zu einigen

Exponaten in deutscher und englischer Sprache zur Verfügung.

Redaktion und Texte: Dr.in Dunja Schneider, Mag.a Nina Kirsch

Web App Das LENTOS bietet zur Ausstellung wieder ein mobiles Service für

Smartphones und Tablets an (plattform- und geräteunabhängig).

Einfach vor, während oder nach der Ausstellung unter

http://app.lentos.at zu erreichen.

Kontakt Ernst-Koref-Promenade 1, 4020 Linz, Tel. +43(0)732/7070-3600;

[email protected], www.lentos.at

Öffnungszeiten Di–So 10–18 Uhr, Do 10–21 Uhr, Mo geschlossen

Das LENTOS ist am 24., 25.12. und am 1.1. geschlossen. Am

31.12. ist von 10–16 Uhr geöffnet.

Eintritt € 6,50, ermäßigt € 4,50 (gültig bis 31.12.2012)

Pressekontakt Mag.a Nina Kirsch, Tel. +43(0)732/7070-3603, [email protected]

Gesprächspartnerinnen bei der Pressekonferenz: Stella Rollig, Direktorin LENTOS Kunstmuseum Linz und Kuratorin

Elisabeth Nowak-Thaller, Kuratorin

Sabine Fellner, Kuratorin

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Pressetext Der nackte Mann ist unsichtbar. Hat uns der männliche Körper nichts zu sagen? Im Gegenteil. Diese Ausstellung erzählt, wie der Mann sich seit dem letzten Jahrhundert neu erfindet – und wie er sich seiner Nacktheit stellt. Mit Mut und Zweifel, mit der Lust auf neue Lebensentwürfe. Und wie selbstbewusste Künstlerinnen sich ein Sujet erobert haben, das ihnen lange verboten war. Der nackte Mann war über Jahrhunderte nur als mythologischer Held oder christlicher

Märtyrer darstellbar. Um 1900 verändert die erste große Krise der männlichen Identität

den Blick auf den Männerakt. Für die Künstler der Moderne wird der jeder Rolle

entkleidete, nackte Körper zum Mittel der Selbstbefragung und zum

Bedeutungsträger gesellschaftspolitischer Erneuerung. Von diesem Zeitpunkt an folgt die

Ausstellung dem nackten Mann durch das 20. und 21. Jahrhundert – durch Krisen der

Identität und Phasen der Souveränität, spürt Versuche der Dekonstruktion von

traditionellen Männlichkeitsbildern und die Suche nach Alternativen auf, zeigt die

Auseinandersetzung mit Schwäche und Verletzlichkeit, illustriert den Blick des Begehrens

und die erotische Pose.

Von Egon Schiele bis Ron Mueck und Lucian Freud, Lovis Corinth bis Matthew Barney

und Artur Żmijewski, Erich Heckel und Robert Mapplethorpe bis Keith Haring und Eric

Fischl, Paula Modersohn-Becker bis Maria Lassnig, Louise Bourgeois, Katarzyna Kozyra

und Elke Silvia Krystufek, Oskar Kokoschka bis Gelatin, von Edvard Munch und Károly

Ferenczy bis David Hockney und Andy Warhol, Gilbert & George, Pierre et Gilles und Gil

& Moti – um nur einige zu nennen – reicht die Bandbreite der künstlerischen Positionen.

Mehr als 300 Exponate – Leihgaben aus den USA und ganz Europa, dazu mehr als 60

Werke aus eigenen Beständen – bilden zwölf Kapitel einer Schau, die in bislang

ungesehener Weise die Rolle des Männerkörpers über mehr als ein Jahrhundert hinweg

untersucht.

Die im LENTOS entwickelte Ausstellung ist in adaptierter Form vom 21. März bis 30. Juni

2013 im Ludwig Múzeum Budapest zu sehen.

Der nackte Mann ist Auftakt für das Jubiläumsjahr 2013, in dem das LENTOS sein 10-

jähriges Bestehen feiert.

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Kunstvermittlungs- und Veranstaltungsprogramm Fr 26. Oktober, 9.30–18 Uhr

Symposium Der nackte Mann

Auf dem Symposium werden wesentliche Aspekte der künstlerischen

Auseinandersetzung mit dem männlichen Körper thematisiert und aus der Sicht der

Disziplinen der Medien-, Bild-, Literatur- und Kulturwissenschaft analysiert.

In Kooperation mit dem IFK Internationales Forschungszentrum Kulturwissenschaften an

der Kunstuniversität Linz.

Programm: 9.30 Uhr Der nackte Mann: Führung durch die Ausstellung für TeilnehmerInnen des Symposiums

mit Sabine Fellner, Elisabeth Nowak-Thaller, Stella Rollig (Kuratorinnen)

10.30 Uhr Begrüßung durch Stella Rollig, Direktorin LENTOS und Helmut Lethen, Direktor IFK

10.45–11.30 Uhr Geschichte und Ästhetik des nacken Mannes

Prof. Dr. Hartmut Böhme, Institut für Kulturwissenschaft, Humboldt-Universität zu Berlin

11.30–12.15 Uhr Wer liebt noch „le souvenir de ces époques nues” (Baudelaire)? Nacktheitsphantasien

und Alpträume bei Sigmund Freud und Otto Weininger

Prof. Dr. Jacques Le Rider, Ecole Pratique des Hautes Etudes, Paris

Mittagspause

14–14.45 Uhr Gebeugtes Begehren. Der männliche Akt bei Wilhelm von Glöden, Rudolf Koppitz,

Robert Mapplethorpe und Pierre et Gilles

Prof. Dr. Andreas Kraß, Institut für deutsche Literatur, Humboldt-Universität zu Berlin

14.45–15.30 Uhr Ernst Jünger. Die Masken des spartanischen Körpers

Prof. em. Dr. Helmut Lethen, IFK Internationales Forschungszentrum

Kulturwissenschaften an der Kunstuniversität Linz, Wien

Kaffeepause

16–16.45 Uhr Virile Halbakte – Filmgenres und Männerkörper

Prof. Dr.in Gertrud Koch, Institut für Theaterwissenschaft, Freie Universität Berlin

17–17.30 Uhr Abschlussrunde (Moderation: Helmut Lethen)

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Anmeldung zum Symposium erbeten unter: [email protected], T +43 (0) 732.7070.3600 (Claudia Kern)

Teilnahmegebühr € 18,-, ermäßigt € 12,-, inkludiert: Teilnahme am Symposium,

Getränke, Museumseintritt

Do 29. November, 18–20.30 Uhr VHS-Vortragsreihe Männer zu Gast im LENTOS Führung durch die Ausstellung mit Kuratorin Elisabeth Nowak-Thaller

mit anschließender Diskussion

Kursnummer: 12.12095, Treffpunkt: Foyer LENTOS, Kosten: € 7,-

Kursleitung: Wolfgang Schönleitner, Harald Wildfellner

Di 6. & 27. November, 18. Dezember, 15. Jänner, 12. Februar, jeweils 18–20 Uhr (außerhalb der Museumsöffnungszeiten) Aktzeichnen in der Ausstellung Kosten: € 7,- zuzügl. ermäßigter Eintritt (für Studierende der Kunstuniversität und Los

TaLENTOS € 5,- inkl. Eintritt) Anmeldung erbeten.

An diesen Terminen steht jeweils ein männliches Modell in der Ausstellung zur

Verfügung. Der Künstler und Kunstvermittler Klaus Scheuringer unterstützt

AnfängerInnen und Fortgeschrittene beim Zeichnen. Falls möglich, bitte Zeichenblock

und weiche Graphitstifte mitbringen. Dieses Angebot ist auch für Gruppen bis max.

15 TeilnehmerInnen buchbar.

SeniorInnen und Jugendliche arbeiten mit der Künstlerin Amel Andeßner und der

Kunstvermittlerin Petra Hansche multimedial zu den Ausstellungsinhalten.

Der Medienworkshop THE YOUNG. THE OLD. THE NAKED wird im Rahmen des

Projekts mix@ges – Intergenerational Bonding via Creative New Media durchgeführt

und von Kulturkontakt Austria koordiniert. Mit Unterstützung des Programms für

lebenslanges Lernen der Europäischen Union.

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ÖFFENTLICHE FÜHRUNGEN Dauer 1 Stunde, Führungsbeitrag € 3,- zuzügl. Eintritt. Keine Anmeldung erforderlich.

DER NACKTE MANN: Immer sonntags, 16 Uhr Der Nackte Mann & Vollmilch. Der Bart als Zeichen: Immer donnerstags, 19 Uhr (Kombinierte Führung durch beide Ausstellungen)

Do 8. November, 19 Uhr: Kuratorinnenführung mit Sabine Fellner

Sa 27. Oktober, 16 Uhr: HOSI & Der nackte Mann: Tandemführung durch die

Ausstellung mit dem HOSI-Mitglied Gerhard Niederleuthner und einer Kunstvermittlerin

des LENTOS. (Ermäßigter Eintritt € 4,50 für HOSI-Mitglieder)

Blitzlichtführung / Flashlight Guided Tour / Bleskové prohlídky svýkladem

auf Englisch oder Tschechisch Jeden ersten Samstag im Monat, 16 Uhr / Every 1st Saturday in a month at 4 pm

Duration 30 Min, € 2,- plus admission fee / Doba trváni 30 Min., € 2,- plus stupné

GRUPPENFÜHRUNGEN in deutscher, englischer und tschechischer Sprache, Dauer 1 Stunde, € 65,- zuzügl.

Eintritt max. 25 TeilnehmerInnen, gegen Voranmeldung

Erwachsene € 65,- zuzügl. Eintritt

Studierende € 45,- zuzügl. ermäßigter Eintritt

SCHULE & MUSEUM Di 30. Oktober, 16 Uhr: LehrerInnen-Informationsveranstaltung

empfohlen ab der 11. Schulstufe; Seminar-Nr. PH OÖ: 56F12KMP23

SchülerInnenführungen ab 11. Schulstufe

Max. 15 TeilnehmerInnen, Dauer 1 Stunde, € 30,-, Eintritt frei für SchülerInnen im

Klassenverband. Wir führen oder teilen Ihre Klasse auf Wunsch geschlechtlich getrennt.

Workshop Aktzeichnen in der Ausstellung ab 11. Schulstufe, max. 15 TeilnehmerInnen, Dauer 2 Stunden, Kosten: € 7,- pro

TeilnehmerIn, Eintritt frei für SchülerInnen im Klassenverband. Bitte Zeichenblock und

weiche Graphitstifte mitbringen.

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KünstlerInnen Leo Adler, Fritz Aigner, Gustinus Ambrosi, Jane Anderson, Robert Angerhofer, Siegfried

Anzinger, Karel Appel, Dieter Appelt, Christy Astuy, Christian Ludwig Attersee, Richard

Avedon, Matthew Barney, Dean Barrett, Georg Baselitz, Artur Bär, Herbert Bayer, Irene

Bayer-Hecht, Werner Berg, The Blue Noses Group, Saskia de Boer, Louise Bourgeois,

Marianne Brandt, Dietmar Brehm, Klemens Brosch, Günter Brus, A. Calavas, Jimmy

Caruso, Paul Cézanne, Giorgio de Chirico, Francesco Clemente, Jean Cocteau, John

Coplans, Lovis Corinth, Paul DeFlorian, Margarete Depner, Sepp Dreissinger, Marlene

Dumas, Franz Dutzler, Thomas Eakins, Synes Elischka und Ulrich Kühn, Barbara

Eichhorn, Christian Eisenberger, Willy Eisenschitz, Manfred Erjautz, Frank Eugene

(Smith), VALIE EXPORT, Werner David Feist, Károly Ferenczy, Rainer Fetting, Tom of

Finland, Eric Fischl, Alex Flemming, Josef Floch, Hans Franta, Lucian Freud, Helene

Funke, Gelatin, Gilbert & George, Gil & Moti, Bruno Gironcoli, Wilhelm von Gloeden,

Jenö Paisz-Goebel, Felix González-Torres, Sofia Goscinsky, Tomislav Gotovac, Otto

Greiner, Ion Grigorescu, Heinz Grosskopf, Ilse Haider, Tibor Hajas, Anton Hanak, Keith

Haring, Felix Albrecht Harta, Karl Hauk, Rudolf Hausner, Mandy Havers, Erich Heckel,

Matthias Herrmann, Wolfgang Herzig, Volker Hinz, David Hockney, Karl Hofer, Siggi

Hofer, Michael Horsky, Alfred Hrdlicka, Bernadette Huber, Lisa Huber, Moni K. Huber,

Friedensreich Hundertwasser, Albert Janesch, Anna Jermolaewa, Martha Jungwirth,

Franz Kapfer, Ludwig Kasper, Gerhard Keil, Josef Kern, Károly Kernstok, Paul Kirnig,

Jürgen Klauke, Gustav Klimt, Max Klinger, Robert Knight, Max Koch & Otto Rieth, Oskar

Kokoschka, Anton Kolig, Helmut Kolle, Käthe Kollwitz, Rudolf Koppitz, Erzsébeth Korb,

Nestor Kovachev, Nina Kovacheva, Katarzyna Kozyra, Paul Kranzler, Elke Silvia

Krystufek, Alfred Kubin, Oleg Kulik, Maximilian Kurzweil, David La Chapelle, Peter Land,

Erwin Lang, Maria Lassnig, Annie Leibovitz, Paul Albert Leitner, Max Liebermann,

Herbert List, Urs Lüthi, Giacomo Manzú, Robert Mapplethorpe, Gerhard Marcks,

Matthias May, Paul McCarthy, McDermott & McGough, Paul Meissner, Georg Minne,

Paula Modersohn-Becker, Alois Mosbacher, Kolo (Koloman) Moser, Stefan Moses, Ron

Mueck, Otto Mühl, Edvard Munch, Jan Mutsu, Eadweard Muybridge, Bruce Nauman,

Michael Neumüller, Adi Nes, Felix Nussbaum, Oswald Oberhuber, Max Oppenheimer,

Florentina Pakosta, Evan Penny, August Pezzey, Walter Pfeiffer, Robert Philippi, Pierre

et Gilles, Jack Pierson, Guglielmo Plüschow, Adolf Josef Pohl, Bernhard Prinz, Curt

Querner, Arnulf Rainer, Edmund Reitter, Herbert von Reyl-Hanisch, Leni Riefenstahl,

Charlotte Rohrbach, Mario Sala, Salomé, Egon Schiele, Hubert Schmalix, Joost

Schmidt/Heinz Loew, Sascha Schneider, Martin Schnur, Collier Schorr, Rudolf

Schwarzkogler, Franz Sedlacek, Peter Senoner, Gil Shachar, Fritz Simak, Sylvia Sleigh,

Max Slevogt, Stelarc, Karl Sterrer, Raimund von Stillfried-Rathenitz, Thomas Stimm,

Ingeborg Strobl, István Szönyi, Volker Tannert, Jürgen Teller, Lajos Tihanyi, Jaan

Toomik, Spencer Tunick, Béla Uitz, János Vaszary, Rudolf Wacker, Andy Warhol, Anton

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Watzl, Josephine (Pepi) Weixlgärtner-Neutra, Marianne von Werefkin, Franz West,

Edward Weston, Franz Wiegele, Zelko Wiener, Fritz Wotruba, Felix Zabukovnik, Judith

Zillich, Artur Zmijewski, Heimo Zobernig

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Sponsoren

„Als regionaler Energie- und Infrastrukturanbieter wollen wir

nicht nur wirtschaftliche Akzente setzen, sondern auch einen

Beitrag zur Förderung von Kunst und Kultur leisten. Das

Lentos stellt eine anerkannte Plattform für internationale

Künstlerinnen und Künstler dar. Die kommende Ausstellung

„Der nackte Mann“ mit zahlreichen Werken der Moderne ist sicher ein Highlight, welches

das 10-jährige Jubiläum des Linzer Kunstmuseums krönt. Gerne unterstützen wir daher

diese Ausstellung zum Auftakt für das Jubiläumsjahr.“

LINZ AG-Generaldirektor Mag. Alois Froschauer

Wirtschaft und Kultur sind kein Widerspruch!

Nur wirtschaftlich starke Regionen und erfolgreiche Unternehmen

können es sich leisten, Kunst und Kultur zu unterstützen. Und die

Kultur, insbesondere die Hochkultur, ist ein wichtiger Standortfaktor

für jede Wirtschaftsregion.

Das Kunstmuseum Lentos trägt wesentlich zum guten Image der

Stadt Linz in kulturellen Dingen bei, nicht erst seit dem

Kulturhauptstadtjahr 2009. Deshalb sind wir besonders stolz darauf,

dass wir die Ausstellung „Der nackte Mann“, die größte Ausstellung des Lentos seit dem

Kulturhauptstadtjahr 2009 und der Auftakt zum Lentos-Jubiläumsjahr 2013, unterstützen

dürfen!

Dr. Franz Gasselsberger, MBA Generaldirektor Oberbank AG

„Das Kunstmuseum Lentos hat den Kulturstandort Linz in

den letzten zehn Jahren spürbar nach vorne gebracht und so

unsere Landeshauptstadt auch international positioniert.

Sehr gerne unterstützt die Oberösterreichische Versicherung

AG, gleichsam als öffentliches Dankeschön, die große

Auftaktausstellung zum 10-Jahresjubiläum. Die Qualität des Lentos lässt den Kultur-

aber auch den Wirtschaftsstandort Oberösterreich gleichermaßen profitieren“, so

Generaldirektor Dr. Josef Stockinger, Vorstandsvorsitzender der OÖ Versicherung AG.

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Die Förderung von Kunst und Kultur hat seit jeher einen hohen

Stellenwert in der Sparkasse Oberösterreich. Darum unterstützen

wir auch gerne ambitionierte Ausstellungen und wünschen dem

Lentos einen erfolgreichen Auftakt für das Jubiläumsjahr 2013, in

dem das 10-jährige Bestehen gefeiert wird.

Dr. Markus Limberger Generaldirektor Sparkasse OÖ

Als größtes heimisches Versicherungsunternehmen engagiert sich

die Wiener Städtische intensiv im Kunst- und Kulturbereich und

unterstützt seit Jahren partnerschaftlich zahlreiche Projekte in ganz

Österreich. Wir freuen uns, mit unserem Engagement an der

Ausstellung „Der nackte Mann“ im Lentos einen Beitrag zur

Erhaltung und Weiterentwicklung der kulturellen Vielfalt in

Oberösterreich leisten zu können. Die große Bandbreite der

künstlerischen Auseinandersetzung in dieser Ausstellung bietet

einen ganz besonderen Auftakt für das Jubiläumsjahr 2013, dem 10-jährigen Bestehen

dieser wichtigen Kunst- und Kulturinstitution.

Mag. Günther Erhartmaier Landesdirektor Wiener Städtische Versicherung

„Die Ausstellung bildet den Auftakt für das Jubiläumsjahr 2013, in

dem das LENTOS sein zehnjähriges Bestehen feiert. Da die

voestalpine mit dem LENTOS bereits seit dessen Gründung eng

verbunden ist, liegt es nahe, auch diese Ausstellung gemeinsam zu

präsentieren. Das Thema der Ausstellung steht

zugegebenermaßen nicht in unmittelbarem thematischen

Zusammenhang mit unserem Unternehmen – aber die

herausragende Sammlung an Werken absolut höchster Qualität

sticht bei dieser Ausstellung ins Auge. So freuen wir uns ganz besonders, mit den

,Männern am Meer‘ von Edvard Munch eine Leihgabe des Wiener Belvedere auch den

Besuchern in Linz zugänglich zu machen. Gerade das Unerwartete und Ungewöhnliche

zeichnen Kunst aus. Das traditionelle Kultursponsoring der voestalpine spiegelt – ebenso

wie die Ausstellung – die Aufgeschlossenheit gegenüber Unkonventionellem bei

gleichzeitig höchstem Anspruch an die Qualität der Künstler wider.“

Gerhard Kürner, Leiter der Konzernkommunikation der voestalpine AG

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Katalogvorwort Barnabás Bencsik und Stella Rollig Die Geschlechterfrage als gesellschaftspolitisches Kernthema ist zentral für einen

Kunstbegriff, der Kunst als Medium zum Verständnis der Welt auffasst, Kunst als

Katalysator der Erfahrung individueller Lebensrealitäten, Kunst aber auch als Mittel zur

Erprobung sozialer Möglichkeiten. Ausgehend von Sammlungsbeständen, deren

Schwerpunkte auf Meisterwerken der europäischen Malerei der ersten Hälfte des 20.

Jahrhunderts sowie einer reichhaltigen Grafiksammlung und qualitätvollen

Fotografiebeständen liegen, spannt das LENTOS den Bogen zwischen der klassisch-

historischen Kunst des frühen 20. Jahrhunderts bis hin zu aktuellsten Kunstpositionen

unserer Gegenwart. Programmierung der Ausstellungen und Erweiterung der Sammlung

stehen unter dem expliziten Anspruch auf Chancengleichheit für beide Geschlechter und

fokussieren künstlerische Positionen mit gesellschaftspolitischen Anliegen.

In der Sammlung des Ludwig Museums zeigt sich ebenso wie in seiner Politik der

Sonderausstellungen eine Strategie, die ganz bewusst darauf abzielt, ungarische,

regionale und internationale Kunst nebeneinander zu stellen und zeitgenössische Kunst

aus Mittel- und Osteuropa im Kontext des Diskurses und der Praxis internationaler Kunst

zu zeigen. Die Ausstellung East of Eden: Photorealism – Versions of Reality stellte das

Konzept und die Idee des Fotorealismus – der ja weitgehend mit westlichen

KünstlerInnen assoziiert wird – in ein erweitertes Umfeld, und die Ausstellung John Cage

hat mit kulturellen Bezügen zum Kalten Krieg überhaupt Neuland im Umgang mit dem

Œuvre betreten.

Die Ausstellung Der nackte Mann fügt sich somit ideal in das Profil und die

Programmatik unserer beiden Museen. Sie zeigt den Wandel des Männerbilds vom

ausgehenden 19. Jahrhundert bis heute und untersucht anhand zahlreicher Werke

prominenter KünstlerInnen die Dekonstruktion des hegemonialen Männlichkeitsmodells,

alternative Männlichkeitskonzepte, den Blick des Begehrens auf den männlichen Körper

sowie Körperkult und Instrumentalisierung.

Das Ludwig Museum nimmt mit großer Freude die Gelegenheit wahr, Kunstwerke aus

Mittel- und Osteuropa, die im Westen wenig oder gar nicht bekannt sind, zu dieser

Ausstellung beizutragen. Im LENTOS freuen wir uns, nach einer Vielzahl von

Ausstellungen mit feministischem und genderpolitischem Anspruch (u.a. von VALIE

EXPORT, Gilbert & George, Gil & Moti, Ursula Mayer, Mathilde ter Heijne) uns nun der

Definition und der Entwicklung des Männerbildes zu widmen.

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Der Feminismus hat nicht nur Interesse an Kunst von Frauen geschaffen, sondern auch

an Werken männlicher Künstler – welche geschlechtlich definierte Identität bearbeiten –

und darüber hinaus an einer weiter gefassten Kategorie des Männlichen. Die

Genderforschung hat gezeigt, welch vielfältige Formen männliche Identität annehmen

kann und wie diese in verschiedenen Kunstformen dargestellt werden. Ein Zugang unter

genderrelevanten Aspekten ist in Ungarn immer noch keine Selbstverständlichkeit im

Diskurs über Kunst. Während man meinen könnte, dies sei in Österreich anders,

beschränkt sich geschlechtersensibles Kuratieren und Forschen tatsächlich beinahe

ausschließlich auf kleinere Kunstvereine, Artists’ Spaces und akademische Zirkel und ist

im Mainstream des Kunstbetriebs keine durchgesetzte Haltung.

Darum kann die Sichtbarmachung verschiedener Typen des nicht heroisierten

männlichen Egos heute sowohl traditionelle konservative Ideen und ganz besonders

homophobe Stereotypen von akzeptablen männlichen Identitäten in die Schranken

weisen. Somit bezieht die Ausstellung Position gegen die allgemeine Intoleranz

gegenüber dem Anderen, Fremden – ein Problem, das gerade jetzt wieder traurige

Relevanz hat. Folglich hat diese Ausstellung mit Konvention nichts gemein, sie stellt eine

Herausforderung dar, und wir hoffen, dass sie zu einer Belebung der Diskussion und des

Dialogs auf verschiedensten Ebenen beitragen wird.

Diese Überlegungen haben für das Ludwig Museum den Ausschlag gegeben, die

Initiative des LENTOS Kunstmuseums aufzugreifen und sich an diesem Projekt mit

Kunstwerken aus dem Raum der postsowjetischen Länder zu beteiligen. Die

Zusammenarbeit ermöglicht Zugang zu Kunstwerken, die entweder vom westlichen

Standpunkt aus noch nicht zur Kenntnis genommen oder zu wenig berücksichtigt worden

sind. Durch die Zusammenarbeit der beiden Museen wird das westliche Paradigma um

Positionen aus der exkommunistischen Region erweitert. Der Dialog zwischen uns und

unseren Teams hat das Projekt außerordentlich bereichert.

Das historische Erbe der Österreichisch-Ungarischen Monarchie bedeutet, dass die

beiden Orte der Ausstellung eine gemeinsame Vergangenheit haben. Statt mit Nostalgie

und Wehmut auf die Vergangenheit zurückzublicken, erforschen wir das gemeinsame

Gebiet der Kultur innerhalb unserer Geschichte, aber auch in der Gegenwart. Obwohl im

vergangenen Jahrhundert unsere beiden Länder, besonders nach 1945, kulturell und

politisch auseinander dividiert wurden, ist es wichtig und lohnend, dass wir uns auf

unsere Gemeinsamkeiten besinnen. Ausstellungen wie diese eignen sich in großartiger

Weise zu einer Neuinterpretation des westlichen Paradigmas der Kunstgeschichte und

der Positionierung der KünstlerInnen in einem neuen Kontext. Die Herausforderung, die

mit dem Ausstellungskonzept gegeben war, und die gemeinsame Realisierung haben

uns geholfen, die obsolete Kontextualisierung in »hier« und »dort« zu vermeiden und

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stattdessen einen zukunftsorientierten, integrativen Zugang zu erschließen, der sowohl

für Fachleute wie für das nicht spezialisierte Publikum Neues bringen kann. Möge die

Ausstellung allen Interessierten Stoff für fruchtbare Diskussionen bieten!

Besonders bedanken möchten wir uns bei Sabine Fellner, Wien, auf deren Anregung die

Ausstellung ursprünglich zurückgeht. In ihrem einleitenden Essay erläutert sie

umfassend unsere kuratorische Erschließung des Themas.

Alle beteiligten Kuratorinnen – neben Sabine Fellner waren das Elisabeth Nowak-Thaller

im LENTOS als Ausstellungsleiterin sowie Kati Simon und Hedvig Turai im Ludwig

Museum – haben das Konzept mit großer Kenntnis und Leidenschaft entwickelt und

umgesetzt. Wir danken ihnen für ihr Engagement, mit dem sie dieses bislang

vernachlässigte Thema aufgegriffen haben, und für ihren Erfolg bei der Recherche und

der Akquise einer enormen Zahl wertvoller Leihgaben. Diese könnten wir nicht

präsentieren ohne die Zustimmung der Leihgeber – es sei allen Museen und

PrivatsammlerInnen herzlich für ihre Unterstützung gedankt. Weiters freuen wir uns über

die Beiträge zu diesem Katalog von namhaften WissenschafterInnen und

AusstellungsmacherInnen.

Die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in allen Bereichen unserer beiden Museen haben

hervorragende Arbeit geleistet, und wir sind ihnen dafür sehr verbunden. Schließlich

möchten wir auch die exzellente Arbeit von Martin Bruner, Linz, nicht ungewürdigt

lassen, der dieses Buch gestaltet hat.

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Wandtexte ADAM Die Geschichte der Freikörperkultur beginnt mit Adam und Eva. Schon im Paradies, als

vom ersten Menschenpaar Gut und Böse entdeckt werden, wird Nacktheit zum Problem:

Nackt sein, das heißt hilfsbedürftig und ausgesetzt sein. Es ist ein Grundgefühl, das bis

heute mit Scham, Sünde, Schutzbedürftigkeit bis hin zum Verlust von Unschuld besetzt

ist. Der nackte Körper wird bei Künstlern wie Edvard Munch, Károly Ferenczy, Anton

Kolig und Erich Heckel zum Bekenntnis, bei Gelatin zur Provokation.

Natur und Männer verschmelzen zu einer Einheit: Ob im Tal, am Strand, am Ufer – es

wird gemalt, gezeichnet, fotografiert, gefeiert und geliebt. Befreit von bürgerlichen

Zwängen werden Naturerlebnis, Nacktbad und Eros zu Leitmotiven unbeschwerter

Badeszenen.

„Weil Gott ihn geschaffen hat, kann der menschliche Körper nackt und unbedeckt

bleiben und bewahrt unberührt seinen Glanz und seine Schönheit.“ (Papst Johannes

Paul II).

AKT Das Aktstudium war über Jahrhunderte höchste Stufe und Pflichtfach jedes

Kunstunterrichts. Erlernt werden mussten am nackten Menschen Proportionen,

Gliederung und Haltung. Der Fachbegriff Akt (Lat. actus/agere) wird seit dem 19.

Jahrhundert verwendet. Die Aktzeichnung als anatomisches Studium an der

Akademie galt lange als Voraussetzung „hoher Kunst“ (Historienmalerei und Porträt).

Das Modell musste unbeweglich in einer Position verharren. Häufig dienten Stöcke zur

Fixierung der Körperhaltung. Die Modelle waren Männer. Dies führte dazu, dass Frauen

(wie an der Wiener Akademie bis 1918) aufgrund der „unzüchtigen“ Aktstudien der

Zugang zum Studium verwehrt wurde. Viele Künstlerinnen konnten nur privat, in den

Ateliers ihrer Lehrer, nach Aktmodellen zeichnen. Die Aktfotografie, ein neues

künstlerisches Medium, wurde an den Akademien seit 1860 als Hilfsmittel eingesetzt.

Aktstudien waren salonfähig und wurden auch auf Industrie- und Weltausstellungen im

19. Jahrhundert verbreitet. In der Moderne wird der Akt zu einem wandelbaren Begriff

von Selbstentdeckung, Schönheit, Symbolkraft, Zerstörung, Exzess oder Erotik.

BIZEPS Das traditionelle Rollenbild des starken Mannes enthüllt hinter der Fassade

kraftstrotzender Leiber verborgene Zwänge und Missbrauch. Es zeigt sich, dass die

Macht über den perfekten Körper, seine Formung durch Sport und Bewegung nicht nur

Ausdruck männlicher Willenskraft ist, sondern auch die Kontrolle des Trieblebens

bedeutet. Der Übersteigerung männlicher Kraft der Bodybuilder liegt die eine

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„echte Grundregel der Männlichkeit“ zu Grunde. Sie lautet: „Nicht weibisch sein.“

Männliche Kraft wird traditionell im Messen mit anderen Männern erfahren, im Mit-

beziehungsweise Gegeneinander wird Kraft und Leistung sichtbar.

Die Thematik des Athleten, der Ringenden, des Muskelmannes erwies sich – beginnend

mit dem Fotografen Eadweard Muybridge 1887 über Lovis Corinth und Blue Noses

Group – als geeignet, diese männliche Kraft zur Schau zu stellen, zu feiern, aber auch

zu ironisieren.

ICH Um 1900 verändert sich der künstlerische Blick auf den Mann. Das nackte Selbstporträt

wird in einer Situation gesellschaftlicher Verunsicherung Mittel zur Selbsterforschung:

Die Künstler der Moderne beginnen, dem Betrachter ihren entkleideten, wehrlosen

Körper darzubieten; losgelöst von jeder traditionellen männlichen Heldenrolle und bar

jeder mythologischen Verkleidung.

Das nackte Selbstporträt bleibt von nun an in allen künstlerischen Medien Mittel der

Selbstverortung. KünstlerInnen stellen sich den konkreten gesellschaftlichen Zwängen

und Befindlichkeiten des Künstler-Seins. Die Selbstbetrachtung durch

Selbstbespiegelung – bis dato der Frau vorbehalten – wird von einigen Künstlern wörtlich

genommen. Doch nicht nur das Hier und Jetzt ist Thema des Selbstporträts, sondern

auch die eigene Endlichkeit. Künstler setzen sich mit der Vergänglichkeit auseinander

und scheuen nicht den schonungslosen Blick auf den Verfall des eigenen Körpers.

HÜLLENLOS Der Mann enthüllt sich, zeigt sich abseits von jeglicher Rollenerwartung. Matthias May,

Siegfried Anzinger oder Moni K. Huber schildern ihn in Momenten größter Intimität, ohne

sein Schamgefühl zu verletzen. Er präsentiert sich hüllenlos, für sich, innehaltend, in

Kontemplation. Hier wird ein vorurteilsloser Blick auf den Mann gerichtet. Die

KünstlerInnen versuchen dem entblößten Mann als Individuum gerecht zu werden,

schildern ihn ohne Tendenz und ohne Sexualisierung. Gleichzeitig aber visualisieren

diese Bilder in sich versunkener Männer – die scheinbar jenseits traditioneller männlicher

Inszenierung stehen – auch einen wesentlichen Aspekt gelebter Männlichkeit: die

Schweigsamkeit. Die Sprachlosigkeit über Schwäche und Scheitern steht dem

traditionell unterstellten Miteilungsbedürfnis der Frau gegenüber. Und somit bleibt der

Mann in den Bildern von Eric Fischl und anderen allein und auf sich selbst

zurückgeworfen.

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POSE „Einen Mann zu malen heißt, ihn zur Frau zu machen“, so die Philosophin, Schriftstellerin

und Malerin Etel Adnan. In diesem Kapitel wird der Blick des Begehrens auf den

männlichen Körper gerichtet. Das bis jetzt gültige Maler-Modell-Verhältnis wird

umgekehrt: Sylvia Sleigh und Bernadette Huber zeigen ihre Männer in erotischen Posen

der traditionell weiblichen Modelle. Doch auch der Mann selbst thematisiert den

begehrenden Blick auf den

Mann und durchbricht damit das seit dem 19. Jahrhundert bestehende Blickverbot.

Erotische Schaulust wird nun unabhängig von der sexuellen Ausrichtung der Künstler

und Betrachter zelebriert. Männer posieren selbst oder lassen posieren und scheuen

nicht den lustvollen Blick auf den eigenen entblößten Körper. Ein Blick, der in der

heteronormativen Praxis, bei der Heterosexualität als Norm und Homosexualität als

Abweichung verstanden wird, noch immer ein Tabu ist.

HERRSCHAFT Herrschaft und Macht instrumentalisieren die körperliche Kraft des Mannes.

Unbarmherzige Ausbeutung durch herrschende Ideologien in der Arbeitswelt und im

Krieg spricht aus den Bildern dieser „Leistungsträger“: Alfred Kubin zeigt uns den Mann

als Kriegsmaschine, andere KünstlerInnen zeigen ihn unter Folter, ins Lederkorsett

geschnürt, in Gefangenschaft, seiner Würde beraubt.

Im Nationalsozialismus wird der nackte männliche Körper in Anknüpfung an antike

Vorbilder idealisiert und zum "Rassenvorbild" stilisiert: „Hier ist die Nacktheit vollkommen

verpanzert, sie zeigt Unverletzlichkeit, Stärke, Entschlossenheit und vor allem einen

Körper, der für seine Umwelt geschlossen ist, ja ihr sogar abweisend gegenüber

steht,“ so die Sozial- und Politikwissenschaftlerin Paula Diehl. Ein Gemälde von Gerhard

Keil und Fotografien von Skulpturen Arno Brekers illustrieren anschaulich die neuerliche

„Entmenschlichung“ des Mannes: Alle Schwäche und Abweichung von der Norm des

gesunden starken Körpers werden verbannt.

PENIS Die Definition von Männlichkeit ist eng gekoppelt an sexuelle Leistungsfähigkeit. „Der

Penis ist die Achse, um die Körper und Persönlichkeit eines Mannes kreisen“, so

formulierte es der Urologe Dudley Seth Danoff.

Der Feminismus setzte den Penis mit Bedrohung gleich oder sah ihn als Waffe: Die

Künstlerin Florentina Pakosta, schuf in den 1970er Jahren eine Serie männlicher

Genitalien, deren Austauschbarkeit als Bann ihrer Macht fungiert.

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Der Penis ist Träger sexueller Wünsche und Ängste, Symbol für Grandiosität und

Allmacht, aber auch sensibles „Organ der männlichen Seele“. Ambivalent ist daher auch

der künstlerische Umgang mit ihm: Er wird zum Götzenbild gemacht, in Szene gesetzt

und kritisch oder ironisch betrachtet. Fantasien über den omnipotenten Riesenpenis, der

übermächtig den Mann in die Knie zwingt, unterzieht Franz Kapfer einer wörtlich-

bildhaften Analyse.

ALTER Ein von Falten zerfurchtes Gesicht, gezeichnet durch die Wechselfälle des Lebens, zeigt

schonungslos die Ausprägung des Charakters, bietet eine Landkarte der Erfahrungen.

Das Altersporträt war daher seit jeher eine künstlerische Herausforderung. Alter war mit

Begriffen wie Würde, Lebenserfahrung und Respekt verbunden.

Gustav Klimts schonungslose Darstellung eines nackten, gebrechlichen Greises

entrüstete 1901 daher Publikum und Kunstkritik. Nacktheit war ein Privileg der Jugend

und fand Ausdruck in Kraft strotzenden, muskulösen, idealen Männerkörpern. Goethe

bezeichnete das Alter als „stufenweises Zurücktreten aus der Erscheinung“, doch

Hinfälligkeit und Schwäche ist nur eine Seite des Alters; Erfahrung, Selbstreflexion und

Rückschau eine andere. Alter bedeutet aber auch Triumph über Scham und

gesellschaftliche Konvention: Die Künstler Sepp Dreissinger und Josef Kern zeigen

Männer, die sich selbstbewusst in Unterhose oder nackt mit einem Susaphon

präsentieren.

KNABE Unschuld, Lebendigkeit und grenzenloser Idealismus sind die Privilegien der Jugend,

jenseits jeglicher Rollenerwartung. Erwin Lang präsentiert uns einen zarten Knaben, der

nackt im Einklang mit der Natur, im Jubel über sein Hiersein, die Hände zum Himmel

hebt. Ungetrübte Lebensfreude, Neugier und Faszination dem Leben gegenüber spricht

aus den Abbildern der Knaben, die an der Schwelle zum Erwachsenwerden stehen.

Doch Jugend kann auch von allzu früher Konfrontation mit Leid, Pflicht und

Rollenzwängen getrübt sein. Bernhard Prinz und Collier Schorr entmystifizieren das heile

Bild jugendlicher Unschuld und Unbekümmertheit: Prinz zeigt einen schönen Jüngling,

dessen knabenhafter Körper eine nicht zu übersehende Narbe zeichnet.

Schorr fängt auf einem Foto die Momentaufnahme eines lächelnden jungen Mannes ein,

der im nächsten Augenblick mit dem Zeichenstift in eine Uniform gezwängt ist; das

Lächeln auf seinen Lippen erstarrt.

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SCHMERZ Im Martyrium des heiligen Sebastian findet das Aufbegehren gegen die geforderte

männliche Kraft eine ideale Ausdrucksform: Ein knabenhafter, weicher Körper ohne

Muskeln ist verletzt und schutzlos dem „bohrenden“ Blick des Betrachters ausgeliefert.

Der heilige Sebastian wird aus der christlichen Ikonographie übernommen.

Der Heilige wird zunächst „feminisiert und zur fetischisierten Figur homoerotischen

Verlangens stilisiert“ (Peter Weiermair). Doch auch heterosexuelle KünstlerInnen

bedienen sich bis heute der Figur des Märtyrers. Verletzlichkeit und Ausgeliefertsein

stehen hier im Vordergrund; wobei die erotische Konnotation der antimännlichen

Position der Opferrolle nicht übersehbar ist. Die Zurschaustellung des geschundenen

nackten Männerkörpers und damit die Zerstörung der traditionell unversehrten

Männlichkeit führt der Wiener Aktionismus fort.

Seelischen Schmerz angesichts von Ohnmacht und Scham gegenüber unerfüllbaren

Rollenzwängen und gesellschaftlichen Konventionen aber auch angesichts der eigenen

Sterblichkeit visualisieren die Arbeiten von Georg Baselitz und Jaan Toomik.

SCHWUL Der offene Blick des Begehrens auf den männlichen Körper war zunächst nur in der

Nische homosexueller Kunst möglich. Das zeigen Guglielmo Plüschows und Wilhelm

von Gloedens Fotografien schöner, nackter Jünglinge in freier Natur. Diese Visionen

eines irdischen Arkadiens entstanden in Sizilien, wo Homosexualität zu jener Zeit

straffrei war. Aber auch an den europäischen Akademien dienten diese Bilder als

Vorlage für bildende Künstler und fanden Aufnahme in seriöse Kulturzeitschriften.

Doch nicht nur der schöne Körper als Objekt des Verlangens steht hier im Zentrum.

Schwule Kunst thematisiert ebenso die gesellschaftspolitische Provokation gelebter

Homosexualität. Das Künstlerpaar Gilbert & George stellt sich schonungslos alt und

nackt dar. Es thematisiert Aids und schildert die Zustände menschlicher Existenz

drastisch und offen als eine „Kunst für alle“. Auch das Künstlerpaar Gil & Moti richtet den

Blick nicht nur auf Begehren und sexuelles Verlangen, sondern auf die

Herausforderungen, die gelebte schwule Liebe und Partnerschaft in der Alltäglichkeit

einer heteronormativen Gesellschaft darstellen.

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Saalhefttexte

Einleitung Der nackte Mann ist unsichtbar. Hat uns der männliche Körper nichts zu sagen? Im

Gegenteil. Diese Ausstellung erzählt, wie der Mann sich seit dem letzten Jahrhundert

neu erfindet – und wie er sich seiner Nacktheit stellt. Mit Mut und Zweifel, mit der Lust

auf neue Lebensentwürfe. Und wie selbstbewusste Künstlerinnen sich ein Sujet erobert

haben, das ihnen lange verboten war.

Der nackte Mann war über Jahrhunderte nur als mythologischer Held oder christlicher

Märtyrer darstellbar. Um 1900 verändert die erste große Krise der männlichen Identität

den Blick auf den Männerakt. Für die Künstler der Moderne wird der jeder Rolle

entkleidete, nackte Körper zum Mittel der Selbstbefragung und zum Bedeutungsträger

gesellschaftspolitischer Erneuerung. Von diesem Zeitpunkt an folgt die Ausstellung dem

nackten Mann durch das 20. und 21. Jahrhundert – durch Krisen der Identität und

Phasen der Souveränität.

Mehr als 300 Exponate – Leihgaben aus den USA und ganz Europa, und Werke aus

eigenen Beständen – bilden zwölf Kapitel: Akt, Ich, Alter, Knabe, Adam, Schwul,

hüllenlos, Schmerz, Pose, Bizeps, Penis und Herrschaft.

Das Saalheft der Kunstvermittlung bietet eine Auswahl an Werken (markiert mit einem

Symbol), ist alphabetisch nach KünstlerInnen geordnet und soll Sie bei Ihrer individuellen

Annäherung an die Werke unterstützen. Im Anhang finden Sie die Übersetzungen der

Wandtexte (Einleitung und Kapiteltexte) in englischer Sprache.

Richard Avedon geb. 1923 in New York City, USA; gest. 2004 in San Antonio, Texas, USA

Rudolf Nurejew, 25.7.1961 Sammlung Stephane Janssen, Arizona, USA

Richard Avedon wurde für seine herausragenden Modefotografien und auch für Porträts

bekannter Persönlichkeiten berühmt. Hier ist Rudolf Nurejew, ein Tänzer tartarischer

Herkunft zu sehen. Das Foto ist Teil einer Serie, welche die Tanz-Ikone des klassischen

Balletts nackt in virtuosen Bewegungen zeigt. In dieser Aufnahme steht Nurejew jedoch

still und präsentiert seinen durchtrainierten Körper selbstbewusst vor der Kamera.

Avedons Porträts, die stets schwarz-weiß vor schlichtem, weißem Hintergrund

entstanden, scheinen auch immer vom Charakter der Abgebildeten zu erzählen.

Nurejew, der 1982 die österreichische Staatsbürgerschaft annahm und 1993 an den

Folgen von Aids starb, revolutionierte die männliche Ballettrolle auch als Choreograf

wesentlich mit.

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Georg Baselitz geb. 1938 in Deutschbaselitz, Deutschland; lebt am bayrischen Ammersee und in Imperia, Italien

Hommage à Wrubel (Michail Wrubel – 1911), 1963 Sammlung Fröhlich, Stuttgart

Nachdem Hans-Georg Bruno Kern 1957 wegen „gesellschaftspolitischer Unreife“ von der

Hochschule für bildende und angewandte Kunst in Ostberlin verwiesen wird, setzt er sein

Studium bis 1963 in Westberlin fort. Seit 1961 nennt er sich nach seinem Geburtsort

Georg Baselitz.

Das Bild ist, wie der Titel verrät, dem russischen Maler Michail Wrubel gewidmet und

damit einem Künstler, der in der ostdeutschen Kunstakademie Vorbildcharakter hatte.

Gezeigt wird ein onanierender nackter Mann; laut Baselitz eine bewusste Provokation,

denn 1963 war es schockierend, einen Penis zu malen. Aber auf die provokante

Darstellung allein lässt sich das Gemälde nicht reduzieren: Es kann auch mit

Schlagworten wie Einsamkeit, Verletzlichkeit, Scham und Schwäche umschrieben

werden.

The Blue Noses Group gegründet 1999; Viacheslav Mizin, geb.1962 in Novosibirsk, lebt in Novosibirsk und Moskau, Russland;

Alexander Shaburov, geb. 1965 in Berezovsky, lebt in Ekaterinburg und Moskau, Russland

Vogue of Labour, 2004 Knoll Galerie, Wien

Drei Profibodybuilder und zwei Künstler lassen ihre Muskeln spielen. Sie posieren vor

Maschinen, in Schubkarren mit Schaufel und kehren mit aufgesetztem Grinsen in

Badesandalen eine desolate Fabrikshalle aus. Die sibirische Gruppe Blue Noses hat

Vogue of Labour als clowneskes, ironisches Fotoshooting inszeniert. Ein Protest gegen

schlechte Arbeitsbedingungen oder eine Persiflage auf russischen Männlichkeitskult?

Das Duo schockiert und provoziert seit 1999, zeigt immer wieder „verbotene Kunst“.

„Eine Schande für Russland“, nannte Kulturminister Alexander Sokolov die Werke der

Künstler. Verurteilungen und hohe Geldstrafen begleiteten Ausstellungen der Blue

Noses.

KünstlerInnen und Provokateure haben es – wie die Verurteilung der Punkband Pussy

Riot beweist – in Russland immer noch schwer. Wenn autoritäre Regimes bestimmen,

müssen KünstlerInnen für Meinungsfreiheit unter gefährlichen Bedingungen

kämpfen.

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Lovis Corinth Geb. 1858 in Tapiau/Ostpreußen, Deutschland; gest.1925 in Amsterdam, Niederlande

Der Athlet, 1903 Privatbesitz Österreich

Der Athlet ist eines der kraftvollsten Bilder der Berliner Schaffensjahre Corinths. In einer

vom Künstler bestimmten Haltung wird ein an Armen und Brust tätowierter, trainierter

Mann frontal als selbstbewusster Muskelprotz dargestellt: mit wildem Pinselstrich, fast

nackt, im Halbdunkel. Corinth studiert, wie kaum ein anderer Maler seiner Zeit, den

nackten männlichen Körper. Sein Interesse an „starken Männern“ geht weit über

herkömmliche akademische Studien hinaus. Der Maler stellt Modelle, Künstlerfreunde,

Heilige, Kämpfer, seine Frau, sogar Christus und sich selbst schonungslos entblößt dar.

Die Inszenierung des nackten Körpers trifft den Nerv des Publikums und wird bei

Corinth, der auch in Caravaggios Bann stand, oftmals aufgenommen.

Manfred Erjautz geb. 1966 in Graz, Österreich; lebt in Wien, Österreich

Shelter (White Zombie), 2003 Leihgabe des Künstlers

Schaufensterpuppen stellen idealtypische Körper dar. Die „weiblichen“ Mannequins sind

zwar mit Brüsten ausgestattet, Geschlechtsorgane haben aber bei den Puppen nichts

verloren. Umso mehr verwundert, dass diese Puppe hier einen erigierten Penis zwischen

den Beinen hat. Die Hoden fehlen zur Gänze und nicht nur deswegen irritiert die

ansonsten androgyne Figur. Mit Textilien und Logos versehene Schaufensterpuppen

nehmen einen großen Teil im Schaffen von Manfred Erjautz ein. Die Verfremdung von

Alltagsgegenständen spielt darin eine zentrale Rolle. Der menschliche, hier konkret

männliche Körper, wird in Shelter (White Zombie) als leere Hülle und Projektionsfläche

bloß gestellt. White Zombie ist übrigens der Name einer US-amerikanischen Metal-Band,

die sich nach dem gleichnamigen Horrorfilm von 1932 nannte.

VALIE EXPORT geb.1940 in Linz, Österreich; lebt in Wien, Österreich

Cutting, 1967/1968 Courtesy Künstlerin und Charim Galerie, Wien

Im Jahr der Entstehung dieser Arbeit schuf VALIE EXPORT ihre öffentliche

Persönlichkeit als Künstlerin mit einem neuen Namen. Angeregt wurde sie zur

Neuschöpfung durch ihren Taufnamen Waltraud sowie eine österreichische

Zigarettenmarke. VALIE EXPORTs Werk ist feministisch. Sie setzt sich mit der Stellung

der Frau vor dem Hintergrund der zeitgenössischen Medienrealität auseinander. Cutting

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gehört zur Werkgruppe des Expanded Cinema. In diesem Kunsttypus wird das Medium

Film untersucht – hier steht der „Schnitt“ im Mittelpunkt, der im Film den Ablauf einer

Erzählung ermöglicht. EXPORT benützt den Körper eines Mannes (Peter Weibel) als

Instrument für ihre Darstellung.

Károly Ferenczy geb. 1862 in Wien, Österreich; gest. 1917 in Budapest, Ungarn

Badende Knaben (Sommer), 1902 Hungarian National Gallery, Budapest

Der Beginn der modernen Malerei in Ungarn erfolgt um 1880 und ist mit der Gründung

der weltoffenen Künstlerkolonie im Dorf Nagybánya (heute Rumänien) verbunden.

Ferenczy, der in Neapel, Paris und München studierte, wird zur bestimmenden Gestalt

dieser Vereinigung. Hier auf dem Land findet die neue Freilichtmalerei, die von den

Franzosen beeinflusst war, ideale Voraussetzungen. In den Sommermonaten pilgern

hunderte Künstler in das Dorf und huldigen der Malerei in freier Natur. In diesem offenen

Klima entsteht das repräsentative und modern wirkende Gemälde. Die Farbe ist pastos

aufgetragen; die Malweise kommt dem Spätimpressionismus nahe. Das flirrende

Sonnenlicht und das schillernde Blau der Schatten, das auch im Bachbett wieder

auftaucht, verheißen einen schönen Sommertag.

Rainer Fetting geb. 1949 in Wilhelmshaven, Deutschland; lebt in Berlin und auf Sylt, Deutschland

Marcus, 1992 Kunsthalle Emden / Stiftung Henri und Eske Nannen und Schenkung Otto van de Loo

Fetting zählt zu den Mitbegründern der berühmten Galerie am Moritzplatz und wurde zur

Leitfigur der Neuen Wilden in Berlin. Eine Gruppe junger Künstler gründete diese Art

„Selbsthilfegalerie“ 1977 als Protest gegen den etablierten Kunstbetrieb in Berlin. Auch

die Schwulenbewegung der 1970er Jahre wäre ohne den Maler und Schlagzeuger, der

sich bald nach seinem Umzug in die deutsche Metropole outete, nicht denkbar.

Stadtansichten, Landschaftsbilder und Männerporträts machen einen Großteil seines

Werks aus. Fetting malte auch sich selbst, häufig auch nackt. Nicht nur die Motive,

sondern auch die ausdruckvolle Farbgebung und Maltechnik erinnern dabei an die

Expressionisten. Seine Männerbilder zeichnen sich durch eine geheimnisvolle Wirkung

aus. So auch das durchaus erotische Gemälde Marcus, das in Fettings New Yorker Zeit

fällt: Der auf einer Terrasse posierende Mann gibt nichts als seine Rückenansicht preis.

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Eric Fischl geb. 1948 in New York, USA; lebt in New York, USA

Frailty Is a Moment of Self-Reflection, 1996 Leihgabe des Künstlers

Ein alter Mann, nackt und taumelnd im Flur. Ist es ein Schlafwandler oder ist der

Dargestellte dement und findet nicht mehr ins Bett zurück nach einem nächtlichen

Besuch auf der Toilette? Auf jeden Fall sieht man ihm an, dass sein Körper von Alter

gezeichnet ist. Ein Moment von Schwäche, wie auch der Titel der Arbeit verrät

(Schwachheit ist ein Moment der Selbstbetrachtung). So wurden Männer lange nicht in

der Kunst dargestellt. Der Künstler Fischl ist bekannt für seine Porträts, die

Alltagssituationen zeigen, in denen nichts beschönigt wird. In den USA war man vor

allem von jenen Bildern, in denen er nackte Menschen – insbesondere Männer –

darstellt, geschockt. Fischl wurde aber gerade auch dadurch berühmt und zählt heute zu

den bedeutendsten US-amerikanischen figurativen Malern.

Alex Flemming geb. 1954 in São Paulo, Brasilien; lebt in Berlin, Deutschland

Angriff auf Bagdad, 1997 Teutloff Photo + Video Collection

Ein bildschöner Oberkörper mit Waschbrettbauch in knalligen Farben; derart angelockt

wird man zum kritischen Inhalt der Arbeit gelenkt. Eine Landkarte der Golfregion auf der

Haut und ein Bibeltext weisen den Weg: Vordergründig geht es um den Angriff auf

Bagdad. Am 17. Jänner 1993 wird die irakische Stadt auf Anordnung des damaligen US-

Präsidenten Bush sen. angegriffen. Kurz darauf autorisiert der nachfolgende Präsident

Clinton einen Raketenangriff auf Bagdad. Flemming verschränkt in dieser Arbeit aus

der Serie Body-Builders mehrere Aspekte: Die Bibelgeschichte von Kain, der seinen

Bruder Abel erschlägt, seine Kritik am Golfkrieg und den männlichen Körper als

Projektionsfläche für kriegerische Auseinandersetzungen.

Lucian Freud geb. 1922 in Berlin, Deutschland; gest. 2011 in London, England

Leigh Bowery, 1991 Tate

Freud porträtierte Leigh Bowery (1961–1994), wie man ihn selten zu Gesicht bekam: mit

entspannter Mimik, in einem unbeobachteten Moment, wie beim Modellsitzen eingenickt.

Bowery, der australische Tausendsassa – Künstler/Designer/Schauspieler – inszenierte

sich selbst in den schrillsten Kostümen, mit beinahe clowneskem Make-Up und in wilden

Posen. Er war mit Freud befreundet und stand ihm mehrmals, oft auch nackt Modell.

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Dieses Porträt ist wohl eines der intimsten, da es Bowery völlig ohne Maskerade zeigt.

Man glaubt, seine wahre Persönlichkeit vor sich zu haben. Eine Eigenschaft, die die

realistischen Gemälde des britischen Malers und Enkel von Sigmund Freud,

auszeichnet: Nicht nur das Äußere sondern auch der Charakter der Porträtierten wird

dargestellt.

Gelatin Ali Janka (* 1970), Wolfgang Gantner (* 1968), Tobias Urban (* 1971)

und Florian Reiter (* 1970), leben in Österreich

Aus der Serie Ständerfotos – Nudes, #57,#58,#60, 2000 Galerie Meyer Kainer, Wien

Die vier unter der Marke Gelatin (oder auch Gelitin) auftretenden Künstler posieren in T-

Shirts oder mit Cowboy-Hut, unten nackt und erregt. Gelatin, die „Bad Good Boys“, die in

der Tradition der „Kunst der Kunstlosigkeit“ (Werner Hofmann) stehen und immer wieder

international für Aufregung sorgen, fotografieren sich bei Wanderungen im Monument

Valley oder in anderen bekannten Naturregionen. Die heimlichen und beiläufigen

Interventionen können mit oder ohne Publikum und Medienbeteiligung ablaufen: in

Inszenierungen von Rockkonzerten, Filmen, Performances, Aktionen oder Happenings.

In den Ständerfotos bietet der verlorene Künstler als Naturapostel und Einsiedler seine

Erektion den Berggipfeln und Wiesen an. Sind die vier Selbstdarsteller in Wahrheit

scheue Sonderlinge? Heute ist Nacktheit längst kein Problem mehr – oder vielleicht

doch?

Gilbert & George Gilbert geb. 1943 in St. Martin in Thurn, Italien; George geb. 1942 Plymouth, England; leben in London, England

Spunk Money, 1997 Galerie Thaddaeus Ropac, Paris/Salzburg

Gilbert & George lassen die Hosen runter. George provoziert mit dem Allerwertesten,

während Gilbert im Adamskostüm verträumt aus dem Bild blickt. Im Hintergrund tauchen,

in aggressivem Rot, Geldscheine auf. Die großen Blasen sind Sperma-Proben, unter

dem Mikroskop gesehen. Schon der Titel „Spunk Money“ (Geld für Sperma) ist eine

vieldeutige, schlüpfrige Provokation. Das großformatige Bild wurde in Einzelteilen,

kaleidoskopartig am Computer zusammengefügt. Es erinnert unmittelbar an

mittelalterliche Kirchenfenster, behandelt aber kritische Grundfragen des menschlichen

Zusammenlebens. Gilbert und George sind ein seit 1967 in London lebendes,

exzentrisches Künstlerpaar. Als „lebende Skulpturen“ wurden sie zu den

Hauptdarstellern ihrer Kunst. Mit ihrem Grundsatz „Art for All“ scheuen die Performer vor

brisanten Themen wie Aids und Homosexualität nicht zurück.

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Félix González-Torres geb. 1957 in Güaimara, Kuba; gest. 1996 in Miami, Florida

„Untitled” (Go-Go Dancing Platform), 1991 Kunstmuseum Sankt Gallen, Dauerleihgabe aus Privatbesitz

Fast immer ist dieser Sockel leer, nur Glühbirnen leuchten. Unangekündigt einmal am

Tag betritt ihn ein Go-Go-Tänzer. In silbernem Slip und Turnschuhen tanzt er exakt fünf

Minuten lang zu Musik, die nur er selbst über Kopfhörer vernehmen kann und

verschwindet wieder.

Liebe, Erinnerung, Sehnsucht und Verlust sind die Themen des Künstlers, der an den

Folgen einer HIV-Infektion starb. Seine Arbeiten bauen auf die Konzeptkunst auf, werden

aber um Emotionen und Angebote zur Interaktion bereichert: das Publikum darf sich bei

vielen seiner Werke (z. B. ein Haufen Bonbons) selbst bedienen. Zurück bleibt, wie bei

„Untitled“ (Go-Go Dancing Platform), die Leere.

Das Werk schafft ein Bild, eine Situation, ein Erleben von Sehnsucht, Abwesenheit und

Imagination. Natürlich verkörpert der Tänzer für González-Torres eine selbstbewusste

Homoerotik. Die Wahrscheinlichkeit, ihn hier tanzen zu sehen, ist gering. Doch genau

darum geht es: Um ein Sinnbild für Begehren, das nie vollständig eingelöst werden kann.

Keith Haring geb. 1958 in Reading, Pennsylvania, USA; gest. 1990 in New York, USA

The Great White Way, 1988 Keith Haring Foundation, New York

The Great White Way ist eigentlich der Spitzname eines Broadway-Abschnitts, in dem

sich auch der Theater District befindet. 1902 wurde ein Journalist von den vielen

Lichtquellen und Werbetafeln dort zu dieser Bezeichnung inspiriert.

Der jung an AIDS verstorbene Künstler wurde mit seiner comicartigen Kunst berühmt.

Neben Gesellschaftskritik und politischen Themen spielt (Homo)Sexualität eine zentrale

Rolle in seinem Werk. Penisse und Geschlechtsverkehr haben Strichmännchen-

Charakter. So auch dieser Riesen-Penis mit seiner „Bilder-Geschichte“. Bei Haring steht

der Penis für das männliche Geschlechtsorgan als solches und nicht für einen Macht

symbolisierenden Phallus.1 Mit der Größe der Skulptur nimmt Haring zwar Bezug auf die

Symbolkraft des Phallus, er bricht sie aber gleichzeitig mit seiner einfachen, durchaus

auch humorvollen Formensprache. 1 Giorgio Verzotti, Der Strahlende Eros. Keith Haring und die Sexualität. In: Keith Haring. Heaven and Hell.

Hg. Museum für Neue Kunst | ZKM Karlsruhe, Ostfildern 2001

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Erich Heckel geb. 1883 in Döbeln/Mittelsachsen, Deutschland; gest. 1970 in Radolfzell/Bodensee, Deutschland

Badende am See, 1925 Sammlung Würth, Künzelsau

Im Gegensatz zu den an der Akademie verlangten Aktstudien, die Berufsmodelle in

künstlichen Posen wiedergeben, stellen die jungen Brücke-Maler häufig Freunde dar. In

entspannter FKK-Atmosphäre verbringen sie die Sommer zwischen 1907 und 1911 an

den Moritzburger Teichen bei Dresden. Hier wird in der Natur gemalt, gezeichnet und

geliebt. In diesem spätexpressiven Werk überwiegen gemäßigte, immer noch leuchtende

Farben. Die spontan erfassten Männer wirken ruhig, fast verklärt. Ein idyllisches

Urlaubsfeeling in unberührter Natur wird vermittelt. Das nackte und ungezwungene

Auftreten der Brücke-Künstler, das mehrfach die örtliche Polizei nach Anzeigen

beschäftigte, war ein künstlerischer Lebensentwurf als Alternative zur Scheinmoral des

Spießbürgertums.

Volker Hinz geb. 1947 in Hamburg, Deutschland; lebt in Hamburg, Deutschland

Pelé und Franz Beckenbauer unter der Dusche, Fort Lauderdale, 1977 Teutloff Photo + Video Collection, Bielefeld

Der Kaiser ohne Kleider! Zwei Weltkicker internationalen Rangs – Franz Beckenbauer

und Pelé – splitternackt im Duschraum. Der Deutsche und der Brasilianer kämpfen 1977

gemeinsam bei Cosmos New York im Endspiel gegen Seattle Sounders. Pelé schießt in

diesem legendären Meisterschaftsmatch vor 35.000 amerikanischen Fans das

Führungstor. Diskutieren die beiden Teamkollegen in der Dusche über gelungene

Spielzüge, erzählen sie sich einen Witz? Jedenfalls wirken beide heiter und relaxed. Die

Anwesenheit der Journalisten, die zehn Minuten nach Schlusspfiff in die Spielerkabinen

durften, stört sie nicht. Stern-Fotograf Volker Hinz gelang dieser intime Blick hinter die

Kulissen: Er schoss ein Jahrhundertbild, das zum Klassiker der stern-Fotografie wurde

und das um die Welt ging.

„Kaiser Franz“, und „Paparazzo“ Volker Hinz pflegen bis heute freundschaftlichen

Kontakt.

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Karl (Carl) Hofer geb.1878 in Karlsruhe, Deutschland; gest. 1955 in Berlin, Deutschland

Joseph und seine Brüder, 1943 Sammlung Hartwig Garnerus, München

Mit 65 Jahren malt Hofer dieses Bild. Im Entstehungsjahr wird sein Berliner Atelier bei

einem Luftangriff zerstört. Nach diesem Verlust malt er in kurzer Zeit 200 Bilder, darunter

auch diese Fassung von Joseph und seine Brüder. 1933 wird Hofer von der NS-

Herrschaft aus seinem Amt an der Berliner Akademie entlassen. Seine Werke werden

als „entartet“ verfemt. Eine an christlichen Darstellungen orientierte Bildsprache ist

typisch für Hofer. So auch hier: Rechts steht Joseph mit einem weißen Tuch, links seine

drei neidischen Brüder. Diese werfen ihn laut Legende erst in eine Grube und verkaufen

ihn danach an Händler. Der Künstler überträgt die Josephlegende auf seine Zeit. Er

identifiziert sich selbst mit Joseph, der von vielen Menschen verletzt wurde. Wieso aber

hat er alle Figuren nackt und damit unschuldig dargestellt? Sind sie denn unschuldig?

Wer Opfer ist und wer Täter, bleibt offen.

Gerhard Keil geb. 1912 in Dresden, Deutschland; gest. 1992 in Dresden, Deutschland

Turner, 1939 Galerie Neue Meister, Staatliche Kunstsammlungen Dresden

Diese vier Männer können unmöglich echt sein. Gestählt, muskulös und zum

gemeinsamen Sieg entschlossen sind diese Sportler, deren Muskeln hier eingehend

studiert werden können. Wir blicken zu ihnen empor. Sie aber sehen starr gerade aus.

Die starken Wettkämpfer tragen kurze, weiße Sporthosen und laufen uns barfuss vor der

Kulisse einer monumentalen Säulenhalle entgegen. Diese erinnert an Albert Speers

Modell des Deutschen Stadions in Nürnberg, das nie realisiert wurde.

Der Dresdner Maler Gerhard Keil zählt nicht zu denjenigen Künstlern, die vom NS-

Regime als entartet eingestuft werden. Im Gegenteil: Er malt seine Turner ganz im Sinne

der nationalsozialistischen Körperideologie: standardisiert und makellos. Das Bild

erschien auch als Postkarte und trug so zur Verbreitung des arischen Körperideals bei.

Max Koch & Otto Rieth geb. 1854; gest. 1925 und geb. 1858; gest. 1911

Männliche Akte, Akademie,1893 Münchner Stadtmuseum

Die beiden Fotos entstammen einer Serie von 100 Aufnahmen, die männliche und

weibliche Akte in Interaktion mit Architektur zeigen. Der deutsche Fotograf Max Koch

publizierte gemeinsam mit dem Architekten und Bildhauer Otto Rieth, der hauptsächlich

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in Berlin arbeitete, diese Reihe skurriler Aufnahmen. Die mehrheitlich männlichen

Aktmodelle sind in expressiven Körperverdrehungen auf Architektursimsen und um

Säulen arrangiert oder stürzen von schräg in den Raum gestellten Kanapees.

Dieser aus heutiger Sicht humorvolle Umgang mit dem nackten Körper unterscheidet

sich deutlich von den zu dieser Zeit üblichen, streng akademischen Aktfotografien.

Katarzyna Kozyra geb. 1963 in Warschau, Polen, lebt in Warschau, Polen und Berlin, Deutschland

Badehaus der Männer, 1999 Zachęta National Gallery of Art, Warschau

Die Künstlerin rasiert sich ein halbes Jahr nicht die Beine und lässt sich eine

Penisnachbildung anfertigen. Sie verkleidet sich als nackter Mann, tarnt die Brüste mit

einem Handtuch, klebt sich einen unechten Bart an und schleicht sich in ein öffentliches

Badehaus für Männer in Budapest ein. Zwei männliche Assistenten filmen mit

versteckten Kameras.

Vier Projektionen in diesem begehbaren Oktogon zeigen dort entstandene Aufnahmen:

Zu sehen sind nackte Männer im Dampfbad auf vollkommen zwanglose Art und Weise.

Die Künstlerin blieb unentdeckt. Schwule interessierten sich für den schlanken jungen

Mann, für den sie gehalten wurde. Die Performance der Künstlerin dient dem Vergleich

des Geschlechterverhaltens: 1997 hatte Kozyra unverkleidet und mit versteckter Kamera

das Video Women´s Bathhouse gedreht.

Elke Silvia Krystufek geb. 1970 in Wien, Österreich; lebt in Wien Österreich und Berlin, Deutschland

hescape, 2009 Galerie Meyer Kainer, Wien

Das Acryl-Gemälde hescape war Teil der Rauminstallation TABOU TABOO, die

Krystufek für den Österreich-Pavillon auf der 53. Biennale in Venedig 2009 gestaltete.

Die für ihre feministischen Ansätze bekannte Künstlerin thematisiert mit dem Gemälde

das seltene Phänomen, das auch für die gesamte Ausstellung Der nackte Mann zentral

ist: Eine heterosexuelle Künstlerin malt ein männliches Aktmodell. Wer ist Adressat

dieses Motivs? Frauen, die auch in den seltenen Genuss kommen dürfen, einen nackten

Männerkörper zu betrachten? Oder Männer, die darauf aufmerksam gemacht werden

sollen, dass häufig nur ihre Schaulust befriedigt wird? Und verändert sich das Verhalten

der BetrachterInnen, wenn diese offenbar so festgefahrenen Rollenbilder bewusst

vertauscht werden?

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Maria Lassnig geb. 1919 in Kappel am Krappfeld, Österreich; lebt in Wien, Österreich

Insektenforscher I, 2003 Sammlung Essl, Klosterneuburg

Wie kann man so unbeteiligt schauen, wenn sich ein so merkwürdiges Tier auf dem

bloßen Arm niedergelassen hat? Den älteren, untersetzten Herrn scheint weder das

Krabbeltier noch die eigene Nacktheit sonderlich zu beeindrucken. Mit dem

Insektenforscher greift Lassnig die Idee der Rückkopplung zur Natur aus ihrem frühen

Schaffen wieder auf. Die Künstlerin lebte in den 1960er Jahren erst in Paris und später in

New York, wo sie sich selbst in surrealen Bildern häufig mit Tieren porträtierte. Sie hat

sich in ihrer Malerei ganz der Umsetzung von Körperempfindungen verschrieben.

Bevorzugt malt Lassnig in eigenwilligen Pastelltönen und verzichtet bei ihren Bildern

gänzlich auf Raumangaben. 1980 kehrt sie nach Österreich zurück und vertritt

gemeinsam mit VALIE EXPORT Österreich auf der Biennale in Venedig.

Paula Modersohn-Becker geb. 1876 in Dresden, Deutschland; gest. 1907 in Worpswede, Deutschland

Stehender männlicher Akt frontal, Oberkörper vorgebeugt, 1898 Paula Modersohn-Becker Stiftung, Bremen

Zum Zeitpunkt der Entstehung dieser Studie hatte Paula Becker bereits einen Kurs an

der Zeichen- und Malschule des Vereins der Berliner Künstlerinnen absolviert. Der Zutritt

an eine Kunstakademie war ihr als Frau verwehrt. Die Aktstudie zeigt nicht das für diese

Gattung übliche Interesse an plastischer, detailreicher Wiedergabe der Muskulatur eines

Körpers. Die ungewöhnliche Haltung des Modells erzeugt eine geschlossene Umrisslinie

und eine strenge Vereinfachung der Form. Der in Kohle mit kühnen Weißhöhungen

ausgeführte Akt weist bereits auf ihr künftiges malerisches Werk hin, das nicht dem

herrschenden Stil der deutschen Kunstszene entsprach. Mit ihrer ersten

Ausstellungsbeteiligung 1899 erntete sie vernichtende Kritik. Heute wird sie als

wichtigste Künstlerin der klassischen Moderne geschätzt.

Koloman (Kolo) Moser geb. 1868 in Wien, Österreich; gest. 1918 in Wien, Österreich

Selbstbildnis, um 1916 Belvedere, Wien

Das Selbstbildnis zählt zu Mosers Spätwerk. Der Künstler zeigt uns in reduzierter, kühler

Farbpalette seine nackte Brust und blickt uns unverwandt an. Auffällig ist die schwarze

Kontur, die den Körper umfängt. Seine Hand weist auf den nackten Oberkörper.

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Sehr bewusst verweist Moser mit seinem Bildnis auf die Tradition von Darstellungen des

leidenden Christus: Der Künstler weiß bereits, dass er eine unheilbare Krankheit hat.

Eindringlich setzt er sich mit der eigenen Künstlerexistenz auseinander. Zugleich blickt er

souverän seinen Kritikern mitten ins Gesicht, die er in seinem 1916 erschienenen Artikel

Mein Werdegang offen angreift. Moser stirbt zwei Jahre später an Kehlkopfkrebs.

Ron Mueck geb. 1958 in Melbourne, Australien; lebt in London, England

Ohne Titel (Mann in Decken), 2000/2001 Leihgabe Sammlung Simone und Heinz Ackermans, Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf

Der nackte Mann in Decken ist unterlebensgroß. Die Genauigkeit der Darstellung

fasziniert: Jedes einzelne Härchen ist zu sehen, die Haut mit Rötungen und Falten verrät

sein Alter. Obwohl er in Decken gehüllt ist, ist der Schlafende unseren Blicken schutzlos

ausgesetzt. Möchten Sie so betrachtet werden, während Sie schlafen?

Der Bildhauer Mueck wurde durch hyperrealistische Figuren, die den Menschen in seiner

ganzen Verlorenheit und Verletzlichkeit zeigen, Mitte der 1990er Jahre bekannt. Der

Sohn von SpielzeugmacherInnen war zunächst Modellbauer für Film und Fernsehen und

stellte Figuren für die Sesamstraße, die Muppet Show und Puppen für Werbekampagnen

her. In den 1990er Jahren beginnt er, mit seinem bis heute bevorzugten Material

Fiberglasharz zu experimentieren.

Edvard Munch geb. 1863 in Løten/Hedmark, Norwegen; gest. 1944 auf Ekely in Oslo, Norwegen

Männer am Meer, 1908 Belvedere, Wien

Munchs Männer am Meer zelebrieren ein neues Lebensgefühl: die Einheit zwischen

Mensch und Natur – der Inbegriff des neuen expressionistischen Menschenbilds. 1907

lässt sich der Maler in einem Fischerhaus in Warnemünde nieder. Er fotografiert sich und

andere nackt am Strand. Die Aktfotos dienen als Vorlage für eine Gemäldeserie, die von

einem Skandal begleitet wurde: Ein freiwilliges Aktmodell, ein Beamter der Stadt, wurde

vom Dienst suspendiert und Galeristen in Hamburg weigerten sich, Munchs Nackte zum

Verkauf auszustellen. Der Künstler selbst verstand nicht, warum Männerakte anstößiger

sein sollten als nackte Frauen und beklagte sich über so viel Prüderie: „Es ist ein

furchtbar bürgerlicher Ort und passt eben nicht für mich“, stellte er resigniert fest.2 2 Siegfried Wittenburg/Solveigh Grothe, Kunstgeschichten: Munch und die Nackten. In: SpiegelOnline,

6.12.2010

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Felix Nussbaum geb. 1904 in Osnabrück, Deutschland; 1944 Verhaftung, Deportation, Ermordung in Auschwitz, Polen

Selbstbildnis an der Staffelei, 1943 Felix-Nussbaum-Haus, Osnabrück

Wie die französische Inschrift auf der Rückseite des Bildes auf der Staffelei zeigt,

entstand das Bild im August 1943. Nussbaum malt es ein Jahr vor seiner Ermordung im

belgischen Exil. Im gleichen Jahr werden die Eltern und der Bruder des jüdischen

Künstlers in Amsterdam verhaftet. Nussbaum lebt bis zu seiner Denunziation und

Deportation in ständiger Angst. Hinweise auf seine Lebenssituation geben die

Beschriftungen der kleinen Flaschen im Bild: Nostalgie, humeur (Stimmung) und

souffrance (Leid). Eine Flasche zeigt einen Totenkopf: Der Tod scheint gegenwärtig.

Als wolle der Künstler sich noch einmal seiner selbst versichern, präsentiert er

selbstbewusst seinen nackten Oberkörper und blickt uns beobachtend an. Bei

Nussbaums Verhaftung blieb das Selbstporträt in seinem letzten Atelier in Brüssel

zurück.

Pierre et Gilles Pierre geb. 1950 in La Roche-sur-Yon, Frankreich; Gilles geb. 1953 in Le Havre, Frankreich; arbeiten seit

1977 zusammen und leben in Paris, Frankreich

Apollon, 2005 Galerie Jérôme de Noirmont, Paris

Neben Gilbert & George und Gil & Moti ist mit Pierre et Gilles ein weiteres schwules

Künstlerpaar in der Ausstellung vertreten. Die Arbeitsaufteilung der beiden französischen

Künstler ist klar: Der Fotograf Pierre macht die Aufnahmen und Gilles, der Malerei

studierte, gestaltet die Sets und retuschiert die Fotos.

Berühmt wurde das Duo mit der Darstellung von katholischen Heiligen. Hier ist hingegen

Apollon zu sehen, der Gott des Lichts, der Künste und auch der sittlichen Reinheit.

Pierre et Gilles wählen ihre größtenteils männlichen Modelle zufällig aus und lassen sie

in Rollen schlüpfen. Meist entsprechen die Personen dem modernen, westlichen

Schönheitsideal. Durch das Setting und die Nachbearbeitung wird dies noch gesteigert.

Nicht selten wird ihre Kunst daher auch mit Kitsch verglichen. Für Pierre et Gilles geht es

jedoch um eine Art bewusst hervorgerufene Realitätsflucht.

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Bernhard Prinz geb. 1953 in Fürth, Deutschland; lebt in Hamburg, Deutschland

O. T. (Verwundung) aus der Serie BLESSUR, 1996 Bernhard Knaus Fine Art, Frankfurt am Main and Produzentengalerie, Hamburg

Ein Schwerpunkt im OEuvre von Prinz ist die Porträt-Fotografie, die er meist in Serien zu

einem Thema anlegt. In der Serie BLESSUR sind es Personen mit Wunden, Narben

oder auch Piercings, die sich der Künstler vor die Linse holte. Alle Dargestellten sind

frontal bis zur Hüfte dargestellt. Sie inszenieren sich selbstbewusst mit festem Blick vor

der Kamera. Der junge Mann hier entspricht wegen seiner langen Narbe vielleicht nicht

dem klassischen Schönheitsideal, dennoch wirkt er erhaben und würdevoll und gar nicht

verletzlich. Über die Geschichte seiner Narbe erfahren wir genauso wenig wie über sein

Leben. Es ist viel mehr eine inszenierte Momentaufnahme, in der wir uns als

BetrachterInnen spiegeln können: Hat nicht jede/r von uns eine körperlichen Makel, mit

dem wir gelernt haben zu leben?

Leni Riefenstahl geb. 1902 in Berlin, Deutschland; gest. 2003 in Pöcking, Deutschland

Speerwerfer, Stehender Athlet, aus dem Olympiafilm 1936, Fotoabzug 2012

In der Sauna, Dampfbad, Kraft (Diskuswerfer), Über den Pass der Thermopylen

(Fackelträger), Orig. 1936–37, aus: Schönheit im Olympischen Kampf, hrsg. von Leni

Riefenstahl (Fotoabzug 2012) Leni Riefenstahl-Produktion, Pöcking

Schönheit im Olympischen Kampf, 1937 Sammlung Thomas Hackl, Linz

Der Olympiafilm, der während der XI. Olympischen Spiele 1936 in Berlin entsteht, gilt als

Riefenstahls Hauptwerk. Parallel erscheint der Fotoband Schönheit im Olympischen

Kampf über Wettkämpfe während der Olympischen Spiele. Zuvor führt Riefenstahl bei

Propagandafilmen von Nationalsozialistischen Parteitagen in Nürnberg Regie.

Der bewegte, männliche, nackte Körper wird in Riefenstahls Filmen durch neue

Aufnahmetechniken im Sinne der NS-Körperideologie ästhetisiert: Eine bestimmte

äußere Erscheinung wird als Ideal festgelegt und der Wert eines Körpers an dessen

Sportlichkeit und Stärke gemessen. Beliebt ist das Körperbild der griechisch-antiken

Bildhauerei und des Klassizismus, wie die Fotografie eines Diskuswerfers beweist. Im

Olympiafilm verkörpert dieser durch die Überblendung mit dem antiken Diskuswerfer von

Myron die Olympische Idee.

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Egon Schiele geb. 1890 in Tulln, Österreich; gest. 1918 in Wien, Österreich

Selbstakt mit rotem Stirnband, 1909 Leopold Museum, Privatstiftung, Wien

Im Entstehungsjahr der Zeichnung nimmt Schiele an der 2. Internationalen Kunstschau

in Wien teil, die Gustav Klimt ausrichtet. Zu diesem Zeitpunkt studiert der damals 19-

jährige an der Wiener Akademie. Obwohl es Studierenden nicht gestattet war, öffentlich

auszustellen, nimmt Schiele Klimts Einladung an – und riskiert den Ausschluss aus der

Akademie. (Dazu sollte es aber nicht kommen: Schiele tritt vorher freiwillig aus.) Auf der

Kunstschau lernt er Mitglieder der Wiener Werkstätte kennen, deren Ästhetik auch in den

modischen Details der Zeichnung anklingt. Um 1900 wird die Psychoanalyse Sigmund

Freuds salonfähig; die männliche Nacktheit und Sexualität wird neu entdeckt.

Entsprechend entblößt Schiele ohne Scham seinen schlanken Körper und blickt uns mit

hochgezogener Augenbraue an.

Rudolf Schwarzkogler geb. 1940 in Wien, Österreich; gest. 1969 in Wien, Österreich

2. Aktion „o.T.“ Sommer ,1965 & 3. Aktion „o.T.“ Sommer,1965 (Fotos: Ludwig Hoffenreich)

4. Aktion, 1965 (Foto: Franziska Cibulka), 1965

Eindringlich wird in diesen Fotografien die Verwundbarkeit des Körpers thematisiert. Oft

bleibt uneindeutig, ob bei den Aktionen Schwarzkoglers der Körper verletzt oder geheilt

wird. Symbolhafte Materialien wie Mullbinden und Zellstoff verweisen auf medizinische

Behandlungen. Vordergründig wird auf die Furcht vor Verletzung und Kastration

angespielt. Der Wiener Aktionist lebte zurückgezogen, seine Performances fanden nur

im engsten Freundeskreis statt. Die hier präsentierten Aktionen wurden in der Wohnung

von Heinz Cibulka, dem Modell auf den Fotografien, in der Kaiserstraße in Wien

aufgeführt. Schwarzkogler war eng mit Hermann Nitsch befreundet und wandte sich wie

dieser in seiner Kunst elementaren sinnlichen Erfahrungen zu.

Max von Slevogt geb. 1868 in Landshut, Deutschland; gest. 1932 auf Neukastel bei Leinsweiler, Deutschland

Der Sieger, 1912 Stiftung Museum Kunstpalast, Düsseldorf

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wird die Inspiration durch weibliche Modelle sehr

wichtig. Noch galt es als anrüchig, nackt Modell zu stehen. Berufsmodelle dieser Zeit

waren häufig ItalienerInnen oder GriechInnen. Mit ihnen konnte man auf die Antike

zurückverweisen. Im späten 19. Jahrhundert – in der Hochzeit des Kolonialismus

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– interessieren sich Künstler wie Slevogt für afrikanische Modelle und instrumentalisieren

sie für eigene Zwecke; aufgrund ihrer Bewegungsfähigkeit, die für Europäer

ungewöhnlich war. Das somalische Modell Hassanó stand für Der Sieger anmutig auf

einem Bein. Slevogts Darstellung strotzt nur so vor Klischees. Auch der Untertitel

Kriegsbeute unterstützt die Klischeevorstellung vom gefährlichen schwarzen Mann, der

weiße Frauen gefangen hält.

Jaan Toomik geb. 1961 in Tartu, Estland; lebt in Tallinn, Estland

Father and Son, 1998 Sammlung Hoffmann, Berlin

Ein nackter Mann mit Schlittschuhen kommt langsam näher: Es ist Jaan Toomik.

Er fährt einige Runden auf dem Eis und verschwindet schließlich wieder. Bemerkenswert

ist auch die Tonspur: Eine klare Stimme singt ein mittelalterliches Requiem; diese

stammt vom zehnjährigen Sohn des Künstlers.

Viele Arbeiten Toomiks haben einen sehr persönlichen, familiären Hintergrund. Er verlor

den eigenen Vater, als er erst neun Jahre alt war. Die Nacktheit steht hier für das bloße

Leben, für Einsamkeit und seelischen Schmerz.

Spencer Tunick geb. 1967 in Middletown, USA; lebt in New York, USA

Düsseldorf 5 (Museum Kunst Palast), 2006 Sammlung Stephane Janssen, Arizona, USA

Im Prinzip holt Spencer Tunick nicht nur nackte Männer, sondern auch nackte Frauen,

vor seine Linse. Viele Nackte müssen es jedoch sein. Bis zu mehreren Tausenden

haben sich schon freiwillig für seine Installationen ausgezogen. Für diese

„Körperlandschaften“ bereiste Tunick schon die ganze Welt. In New York City wurde er

schon mehrfach wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses verhaftet.

2006 wurde der Fotograf vom Museum Kunst Palast in Düsseldorf eingeladen. Neben

drei Installationen im Düsseldorfer Stadtraum fotografierte Tunick auch im Inneren des

Museums, darunter diese Gruppe nackter Männer vor einem Landschaftsgemälde mit

Berggipfel. Der amerikanische Sammler, Stephane Janssen, posiert selbst als

Rückenakt inmitten der Gruppe. Nicht zuletzt durch die Berührungen bilden die Männer

eine Einheit und verstärken den skulpturalen Charakter des Motivs.

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Artur Żmijewski geb. 1966 in Warschau, Polen; lebt in Warschau, Polen

KRWP, 2000 (Abk. für Kompania Reprezentacyjna Wojska Polskiego, die Gardekompanie der Polnischen Armee)

The Art Collection of Erste Bank Group

An zwei Schauplätzen absolvieren polnische Soldaten militärische Übungen: zuerst bei

trübem Wetter auf einem Paradeplatz in Uniform und danach nackt in einem

Ballettstudio. Auf Kommando präsentieren sie das Gewehr. Sie singen, marschieren

oder pfeifen den „Colonel Bogey March“, der durch den Film „Die Brücke am Kwai“

weltberühmt wurde.

Im Ballettstudio, in dem sich die Soldaten selbst nackt im Spiegel sehen können, kippt

die Situation: Der militärische Drill wirkt lächerlich und die Soldaten beginnen, sich über

sich selbst zu amüsieren. Von soldatischem Heldentum ist hier nichts mehr zu spüren.

Żmijewski, der die Berlin Biennale 2012 kuratierte, 2005 Polen auf der Biennale von

Venedig vertrat und an der documenta 12 teilnahm, löst durch provokante oder tabulose

Arbeiten häufig Kontroversen aus.

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Pressebilder Pressebilder stehen auch auf www.lentos.at zum Download bereit.

2. Bernhard PrinzO. T. (Verwundung), aus der Serie Blessur, 1996 Bernhard Knaus Fine Art, Frankfurt am Main und Produzentengalerie, Hamburg

3. Josef KernApotheose, 1994 Leihgabe des Künstlers

4. Edvard Munch Männer am Meer, 1908 Österreichische Galerie Belvedere © VBK, Wien 2012

5. Elke Silvia KrystufekHescape, 2009 Courtesy Galerie Meyer Kainer, Wien

6. Ron Mueck Untitled (Man in blankets), 2000–01 Sammlung Ackermans, Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf Foto: Achim Kukulies, Düsseldorf

7. Robert MapplethorpeThomas, 1987 Courtesy Galerie Thaddaeus Ropac, Paris/Salzburg

8. Louise Bourgeois Arch of Hysteria, 1993 The Easton Foundation, New York © VBK, Wien 2012

1. Kuratorinnen der Ausstellung DER NACKTE MANN Sabine Fellner, Stella Rollig und Elisabeth Nowak-Thaller Foto: maschekS.

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9. David LaChapelle Celebrity Gleam, 2002 Galerie Thomas, München

10. Annie LeibovitzKeith Haring, New York City, 1986 Annie Leibovitz Studio, Inc., New York

11. Gil Shachar David, 2001 Museum der Moderne Salzburg, Foto: Hubert Auer

12. Blue Noses Group Aus der Serie Vogue of Labour, Blatt 1, 2005 Courtesy Knoll Galerie, Wien

13. Eric FischlKrefeld Project, Living Room Scene 1, 2002 Leihgabe des Künstlers

14. Franz Kapfer An Druck auf die Eier, 1999 Leihgabe des Künstlers © VBK, Wien 2012

15. Alfred HrdlickaGladiator, 1965–99 LENTOS Kunstmuseum Linz

16. Pierre et GillesApollon, 2005 Courtesy Galerie Jerôme de Noirmont, Paris © VBK, Wien 2012

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17. Károly Ferenczy Badende Knaben (Sommer), 1902 Hungarian National Gallery, Budapest

18. Lucian FreudLeigh Bowery, 1991 Tate: Presented anonymously 1994

19. Maria Lassnig Insektenforscher I, 2003 Essl Museum, Klosterneuburg/Wien

20. Sylvia Sleigh Imperial Nude: Paul Rosano, 1975 Privatbesitz, Florida, USA

21. Volker HinzPele und Franz Beckenbauer unter der Dusche, Fort Lauderdale, 1977 Teutloff Photo + Video Collection, Bielefeld

22. Lovis Corinth Männlicher Halbakt, 1913 Landesmuseum Mainz

23. Giorgio de ChiricoDie Reue des Orestes, 1969 Fondazione Giorgio e Isa de Chirico, Roma