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Das Magazin für Technik und Management AUSGABE 05 || Juni 2006 Kickende Roboter auf Kickende Roboter auf Weltklasseniveau Weltklasseniveau Fußball als Anstoß für Innovationen Brand uit de nederland Brand uit de nederland Ein Blick in Vergangenheit und Zukunft Auf dem wasser Auf dem wasser gelten andere regeln gelten andere regeln Das Brunel-Team stellt sich der Herausforderung Volvo Ocean Race

Der Spezialist - Ausgabe 05

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Das Magazin für Technik und Management. Hintergrundberichte, Neuigkeiten, Wissenswertes und Gespräche mit interessanten Persönlichkeiten - das erwartet Sie in unserem Magazin "Der Spezialist". Zweimal jährlich beschäftigt sich unsere Zeitschrift mit Themen rund um Technologie und Management. Warum bringt Brunel als internationaler Projektpartner für Technik und Management ein eigenes Magazin heraus? Weil wir, genau wie Sie, in vielfältigen und spannenden Branchen arbeiten, in denen es jede Menge Berichtenswertes gibt. Außerdem sehen wir es als Teil unseres Services an, dass auch Sie von Brunel als Know-how-Manager und Netzwerk profitieren.

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Page 1: Der Spezialist - Ausgabe 05

Das Magazin für Technik und Management

AUSGABE 05 || Juni 2006

K ickende Roboter auf K ickende Roboter auf Weltklasseniveau Weltklasseniveau

Fußball als Anstoß für Innovationen

Brand uit de nederlandBrand uit de nederlandEin Blick in Vergangenheit und Zukunft

Auf dem wasser Auf dem wasser gelten andere regelngelten andere regeln

Das Brunel-Team stellt sich der Herausforderung Volvo Ocean Race

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„UNSER SPEZIALIST“ERNST-AUGUST HEINE

Nichts bleibt, wie es ist. Ver-änderung und Entwicklung gehö-

ren zum Leben. Das gilt auch für Technologien. „Ein schönes Sym-

bol dafür ist der 1981 entwickelte IBM 5150“, sagt Ernst-August

Heine. Der erste Arbeitsplatzrech -ner mit 4,77 MHz und 64 KB

RAM löste in der Folgezeit einen wahren Computerboom aus.

Heute bestimmen ungleich leistungsstärkere Rechner die Arbeits prozesse. Der gelernte Feinmechaniker Ernst-August

Heine ist seit 2002 als Industrial Engineer bei Brunel tätig und

betreut als Spezia list für Quali-tätsmanagement und Qualitäts-

sicherung europaweit Projekte in der Automobil industrie.

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der Spez ial ist 03

editor ialAUSGABE 05 || Juni 2006

Der Spez ial ist

Liebe Leserin, lieber Leser,

wir schreiben das Jahr der Informatik. Ob Mobilität, Sicherheit, Kommu-nikation, Gesundheitswesen oder Haushalt – alle Bereiche unseres Lebens sind auf Produkte und Lösungen aus der Informatik angewiesen. In den 60er Jahren, zu Zeiten raumfüllender Großrechner, war es noch undenkbar, dass autarke „Personal Computer“ einmal nahezu jeden Haushalt bereichern wür-den. Mit dem Präsidenten der Gesellschaft für Informatik, Prof. Dr. Matthias Jarke, sprachen wir über Anwendungen der Informatik, die im 21. Jahrhun-dert von zentraler Bedeutung sein werden. Aktuell bietet die Robotertechnologie große Entwicklungspoten ziale: Schon heute kann von reinen Industrieanwendungen auf dem Feld der Robotik und der künstlichen Intelligenz keine Rede mehr sein. Fachleute erwarten, dass dem „Personal Computer“ der „Personal Roboter“ folgen wird. Bezeichnenderweise ist es der Fußballsport, der im WM-Jahr 2006 die Robo-ter zu technischen Glanzleistungen antreibt. Die Dynamik und die Komplexi-tät von Fußball fordert der Robotiktechnologie alles ab: Intelligenz, Mobi-lität, Reaktion und Teamgeist. Erstmals präsentiert sich die RoboCup-WM in Deutschland. Hier wird sich herausstellen, ob das deutsche Team erneut den Weltmeistertitel verteidigen kann. Kämpferisch agierte auch das Brunel-Team beim Volvo Ocean Race – bei der härtesten Hochsee-Segelregatta der Welt. Die Route rund um die Welt führte die Crew um Brunel-Skipper Grant Wharington von südlichen in nördliche Gewässer. Täglich waren neue Herausforderungen zu bewältigen. Die Qualität eines Teams wird hier in unmittelbarer Weise deutlich. Nur wer die Stärken seiner Teammitglieder kennt und gezielt einzusetzen weiß, kann auch die Gesamtleistung maximieren. Dies zeigen auch die Projekterfah-rungen des Brunel Communication-Teams bei Bombardier Transportation, über die wir in einem Artikel berichten. Ich hoffe, Ihnen mit dieser Ausgabe erneut viele anregende Impulse zu liefern.

Mit herzlichen Grüßen

Geschäftsführer Brunel GmbH

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kurz notiert

04 der Spez ial ist

Service- , Haushalts-roboter

Unterhal tungs-roboter

Forschungs-roboter

Nanoroboter Androide, Humanoide

Rescueroboter

Entstehung aus der Nanotechnologie

Siehe Buchtipp auf Seite 13: „Roboter“ von Daniel Ichbiah, erschienen im Knesebeck Verlag.

HELFEN, RETTEN, FORSCHEN UND SPIELEN

1. George C. Devol entwickelt 1961 einen Roboterarm, der als erster Industrieroboter gilt.2. Shakey, der erste mobile Roboter, entsteht 1966. Er bewegt sich vollautomatisch auf Rädern.3. 1970 setzt das Raumfahrzeug Luna den mit Kameras ausgestatteten Lunakhod 1 auf dem Mond aus. 4. Der Robodog leistet 1990 Pionierarbeit für die Unterhal- tungs robotik. Neun Jahre später kommt Aibo auf den Markt.5. P1 ist ein 1,90 m großer und 175 kg schwerer Androide, dessen Kopf ein riesiger Bildschirm ist.6. Der 10,6 kg schwere Roboter Sojourner bewegt sich 1997 auf dem Mars. 7. Asimo, die 2001 erschienene Weiterentwicklung von P1, ist der erste Humanoide, der auf Beinen laufen kann und sich frei orientiert.8. Der Roboter staub sauger Roomba hält 2002 Einzug in die ersten Haushalte.9. Roboter werden 2004 in Kriegsgebieten u. a. als Mienen- und Sprengstoffsuchgeräte verwendet. 10. Unter Nanobots versteht man autonome Kleinstmaschinen. Bislang existieren lediglich Prototypen, aber ihnen wird eine große Bedeutung in der Medizin voraus gesagt.

1.

10.

6.

2.

3.

5.4.

8.9.

Industrie-roboter

Meilenste ine der robot ik

2010

2000

1990

1980

1970

1960

Seit Beginn der 60er Jahre entwickeln sich die elektronischen Helfer rasant. Die Einsatzgebiete werden immer vielfältiger und anspruchsvoller.

7.

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inhalt

05der Spez ial ist

INHALTAUSGABE 05 || Juni 2006

Der Spez ial ist

history: ZWISCHEN WERKBANK UND LEINWANDKonrad Zuse entwickelte vor 68 Jahren den ersten Computer

im fokus: KICKENDE ROBOTER AUF WELTKLASSENIVEAURoboCup: Weltmeisterschaften im Roboterfußball in Bremen

im gespräch: „WIR STEHEN AM ANFANG EINER INNOVATIONSWELLE“Prof. Dr. Matthias Jarke im Gespräch über die Zukunft der Informatik

ansichtssache: BRAND UIT DE NEDERLANDBrunel-Gründer Jan Brand spricht über Anfänge und Zukunftsvisionen

technische projekte: „ALLES MESSEN, WAS MESSBAR IST ...“ Das Satellitennavigationssystem Galileo nimmt Gestalt an

aus den branchen: AK ZEPTANZ IST DER ERFOLGSFAKTOR NUMMER 1Product Lifecycle Management steigert die Wettbewerbsfähigkeit

aus den branchen: ZERTIFIZIERUNG ERSCHLIESST NEUE MÄRKTEBrunel Railmotive als europäische Prüfstelle zertifi ziert

technische projekte: PARTNER FÜR INNOVATIONForschung und Kompetenz in Simulation und Berechnung

mitarbeiter und karriere: SYNERGIEEFFEKTE NUTZENErfolgreiche Teamarbeit: Hochschulabsolventen und erfahrene Spezialisten

querdenken: FREIHEIT UNTER WASSER: ATMEN WIE EIN FISCH Der israelische Erfi nder Alon Bodner entwickelt ein neues Tauchgerät

panorama: AUF DEM WASSER GELTEN ANDERE REGELNDas Brunel-Team beim härtesten Segelrennen der Welt

Termine

Ideenwettbewerb für spezialisten

impressum

Seite 06

Seite 10

Seite 14

Seite 18

Seite 22

Seite 26

Seite 30

Seite 32

Seite 38

Seite 42

Seite 46

Seite 49Seite 50Seite 51

› seite 10Verschiedenste Roboter im Wettkampf um den

„RoboCup“.

› seite 18Diese Pfl anze inspirierte

Jan Brand zum Unterneh-mensnamen Brunel.

› seite 46Das Brunel-Team stellt sich

den Herausforderungen beim Volvo Ocean Race.

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›01

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history

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Zwischen Werkbank und Le inwand

›01Konrad Zuses Z4 bestand aus acht Relaisschränken mit ca. 2.200 Relais und 21 Schrittschaltern.

wandfrei, aber Zuse war mit seinem Schaffen ja erst am Anfang. Dabei war sein Werdegang alles andere als geradlinig. Geboren wurde er 1910 in Berlin als Sohn des Postbeamten Emil Zuse und dessen Frau Maria. Dienstliche Pfl ichten des Vaters führten die Familie 1912 nach Ostpreußen und 1924 ins sächs ische Hoyerswerda, wo Zuse 1928 sein Abi-tur machte. ZUSE WECHSELTE VOM MASCHINENBAU ZUM ARCHITEKTURSTUDIUM

Zum Studium kam er zurück nach Berlin an die Technische Hochschule Charlottenburg (heute Technische Universität). Da er schon als Kind mit seinem Metallbaukasten erstaunliche Konstruk-tionen zu Wege gebracht hatte, schien die Auf-nahme eines Maschinenbaustudiums folgerich tig. Aber Zuse fühlte sich in seiner Kreativität einge-schränkt, und das änderte sich auch mit seinem Wechsel zum Fachbereich Architektur nicht. Sogar noch während des Studiums zum Bauingenieur liebäugelte Zuse mit dem Beruf des Werbegra-fi kers. Ein Talent hierfür hatte er zweifellos, davon zeugen viele frühe Karikaturen, Zeichnungen und Plakatentwürfe. Aber es war keine gute Zeit für Werbegrafi ker, weshalb Zuse nach fast einem Jahr Auszeit an die Hochschule zurückkehrte. Nach dem Diplom 1935 arbeitete er kurzzeitig als Statiker bei den Henschel-Flugzeugwerken

Konrad Zuse konstruierte den ersten frei pro-grammierbaren Rechner mit binärer Gleitkom-marechnung und erfand mit „Plankalkül“ die erste höhere Programmiersprache der Welt. Er sei „zu faul zum Rechnen“, gestand der an-gehende Bauingenieur Konrad Zuse 1934, ein Jahr vor seinem Diplom an der damaligen Ber liner Technischen Hochschule. Aber natürlich war Be-quemlichkeit nicht der alleinige Antrieb, als sich der junge Mann an die Erfi ndung einer Maschine zur Erledigung der ungeliebten Arbeit machte. „Den Markt hatte er immer im Visier“, bestätigt Dr. habil. Horst Zuse, ältester Sohn des Compu-terpioniers, der als Privatdozent an der ehema-ligen Wirkungsstätte seines Vaters praktische Infor matik lehrt. Konrad Zuse hatte erkannt, dass nicht nur er selbst sich mit der Rechnerei schwer tat. In den 30er Jahren saßen in den Büros zu Hunderten „Rechenknechte“, die sich mit Logarith-mentafeln, Rechenschiebern und Tischrechnern plagten. Vier Jahre später war es so weit: Bis auf die Spei cherfähigkeit des Programms verfügte der1938 fertig gestellte Rechner Z1 bereits über we sent liche Eigenschaften und Komponenten eines mo dernen Computers: ein Steuerwerk, freie Pro gramm steuerung, einen binären Speicher, eine arith metische Einheit, Taktsteuerung sowie ge trennte Ein- und Ausgabeeinheiten mit De-zimal zahlen. Die Maschine arbeitete zwar we gen man gelnder mechanischer Präzision nicht ein-

TEX T › Marco Heinen

Konrad Zuse gilt als Computerpionier. Den ersten Rechner entwickelte er ab 1936 im elter-lichen Wohnzimmer. Doch immer wieder wandte er sich auch der Kunst zu. Ein Porträt des großen Ingenieurs und Malers.

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history

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›03

in Berlin, gab diese Stellung jedoch auf, um sich auf seine Rechenmaschine zu konzentrieren. Den Rechner Z1 baute Zuse in der Zeit von 1936 bis 1938 in der Berliner Wohnung seiner Eltern unter tätiger – vor allem auch fi nanzieller – Mithilfe durch Familie, Freunde und Kommilitonen. Als Material nutzte er mit der Laubsäge bearbeitete dünne Bleche. Diese Handarbeit war der Zuver-lässigkeit der Konstruktion allerdings abträglich. Die Speicherkapazität des Z1 betrug 64 Worte zu je 22 Bits. Angesichts dieser begrenzten Kapazi-tät war eine Speicherung des Steuerprogramms noch nicht vorgesehen. Als Steuermedium wur-den Lochstreifen aus 35-mm-Kino-Normalfi lm verwendet. Die Anmeldung seines Konzeptes als Patent stand unter keinem guten Stern. Einer von zahlreichen Kritikpunkten des Patentamts: Der Brite Charles Babbage (1792 – 1871) hatte bereits in den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts zwei Rechenmaschinen entworfen. Diese wurden zwar nie gebaut, aber Zuse hatte von Babbage in der Tat keine Kenntnis genommen. Der Streit mit dem Patentamt zog sich bis 1967 (!) hin und endete in der Ablehnung aller 58 Einzelanträge. Konrad Zuses wichtigster und heute allgemein als erster Computer anerkannter Rechner war der im Mai 1941 störungsfrei laufende Z3. Er unter-schied sich vom Z1 wesentlich dadurch, dass als Schaltelemente statt Metallblättchen zuverläs-sigere Telefonrelais zum Einsatz kamen. Bei den

Schaltelementen kam es darauf an, dass sie genau zwei Zustände annehmen können, im Falle der Relais also „an“ und „aus“. Über die vier Grund-rechen arten hinaus ließen sich mit dem Rechner Z3 auch Quadratwurzeln ziehen. EIN WETTLAUF UM DEN TITEL „VATER DES COMPUTERS“

Nicht zuletzt weil die ersten Maschinen samt Aufzeichnungen im Krieg zerstört wurden, galt in der Nachkriegszeit zunächst der Amerikaner Ho ward A. Aiken mit seiner 1944 vorgestellten Mark I als Vater des Computers. Konrad Zuse, der 1941 eine kleine Firma gegründet hatte, begann 1942 mit dem Bau des technisch verbesserten Z4, der ersten seiner Maschinen, die der Ingenieur selbst als ausgereift empfand. In dieser Phase beendete Zuse die Niederschrift seines „Plankal-küls“ – der ersten höheren Programmiersprache der Welt, die nach Einschätzung Horst Zuses in den USA mehr Anerkennung gefunden hat als seines Vaters Rechner. Bemerkenswert ist, dass

›02

›03Konrad Zuses erster, in den Jahren 1936 – 1938

entstandener Rechner Z1 wurde im 2. Weltkrieg

zerstört und mit ihm sämt-liche Konstruktionsunter-

lagen. Erst 1986 entschloss sich Konrad Zuse, den

Rechner Z1 nachzubauen.

›021949 wurde die Zuse KG in Neukirchen gegründet. In

diesem Gebäude entstand die erste Computerproduk-

tion in Europa.

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automatentheoretisches Denken auf physikali-sche Probleme an. Ein Ansatz, der heute erneut in der Wissenschaft diskutiert wird. Ab Anfang der 60er Jahre widmete sich Konrad Zuse auch verstärkt der Malerei, zeitweise unter dem Pseudonym Kuno See. Auf diesem Gebiet erreichte er jedoch nicht annähernd die Meister-schaft wie als Ingenieur. Zuse wurden zeit seines Lebens acht Ehren-doktortitel und zwei Ehrenprofessuren verliehen. 1972 wurde er mit dem Großen Verdienstkreuz der Bundesrepublik ausgezeichnet. Außerdem sind nach ihm zwei Medaillen benannt, die der Gesellschaft für Informatik und die des Zen-tralverbandes des Deutschen Baugewerbes. Die Konrad-Zuse-Gesellschaft verwaltet inzwischen das wissenschaftliche Erbe des Erfi nders, der am 18. Dezember 1995 in Hünfeld bei Fulda starb.

die theo retische Arbeit 60 Seiten in Plankalkül geschriebene Schachprogramme enthält, deren fast fehlerfreie Funktion im Jahr 2000 an der Freien Universität Berlin erprobt wurde. 1950 begann Zuse mit der Auslieferung der Z4 an die Eidgenössische Technische Hochschule in Zürich eine zunächst sehr erfolgreiche Unter-nehmertätigkeit. Die im hessischen Neukirchen gegründete Zuse KG geriet nach anfänglichem Wachstum in wirtschaftliche Schiefl age und ging nach vorübergehendem Besitz durch die Rhein-stahl AG und die Brown Boveri Company 1967 in den Besitz der Siemens AG über, wo Zuse noch bis zu seiner Frühpensionierung 1969 tätig war. „Mein Vater war ein Stehaufmännchen“, so Horst Zuse. Statt sich nach der Niederlage zu verkrie-chen, veröffentlichte er 1969 das Buch „Rechnen-der Raum“. Darin wendet Zuse informations- und

„ARCHITEKTUR VERBINDET“

Schon in der Schule zeichnete Konrad Zuse mit Leidenschaft. Während dieser Zeit entstanden vor allem Zeichnungen und Karikaturen. Als Student wandte Zuse sich der Ölmalerei zu, es entstanden aber auch einige Graphiken und Aquarelle, wie das neben-stehende „Architektur verbindet“ (1979, Aquarell, 50 cm x 60 cm). Nicht alle Bilder signierte Zuse mit seinem bürgerlichen Namen. Etliche Jahre lang verwendete er das Pseudonym „Kuno See“. Es geht auf seinen Spitznamen Kuno zurück.

Nach dem Zweiten Weltkrieg schuf er eine Reihe von Holzschnitten. Erst in einer späteren künstlerischen Phase, die bis zu seinem Tod im Jahr 1995 andauerte, wandte Zuse sich wieder der Ölmalerei zu. Häufi ges Motiv seiner Gemälde ist Architektur in städtischer Umgebung.

www.horst-zuse.homepage.t-online.de

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im fokus

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k ickende Roboter auf Welt-klasseniveau

TEX T › Hans-Arthur Marsiske

Das Ziel ist ehrgeizig: Im Jahr 2050 sollen die Fußballroboter gegen das menschliche Welt-meisterteam antreten und gewinnen. Die Liste der technischen Probleme, die bis dahin gelöst werden müssen, ist lang. Doch die Teilnehmer der RoboCup-WM in Bremen sind zuversichtlich.

Das German Team führt mit 4 : 3, als die australi-schen NUBots ihren letzten Strafstoß ausführen – ein Spieler aus der deutschen Mannschaft hatte seinen Rivalen weggedrückt. Der Torwart wehrt den Schuss zunächst ab, doch sein Gegner kann sich den Ball erneut erobern und schießt aus spit-zem Winkel ein zweites Mal. Parallel zur Torlinie kullert der Ball knapp am Tor vorbei, balanciert noch kurz auf der Torauslinie – und rollt ins Aus. Ohren betäubender Jubel beim German Team. Zum zweiten Mal Weltmeister! ELFMETERKRIMIS IN DER VIERBEINER-LIGA SIND IMMER WIEDER EIN HÖHEPUNKT

Der Elfmeterkrimi im Finale der Vierbeiner-Liga war einer von vielen Höhepunkten bei der letz-ten RoboCup-WM im Juli 2005 in Osaka, einem Fußballturnier für autonome Roboter, das seit 1997 alljährlich an wechselnden Orten stattfi n-det. Der Hightech-Wettbewerb stößt weltweit auf wachsen den Zuspruch: Etwa 4.000 Wissenschaft-ler sowie 20.000 bis 40.000 Schüler und Studenten in rund 40 Ländern sind im Rahmen des RoboCup aktiv. Jetzt bietet sich erstmals in Deutschland die Gelegenheit, kickende Roboter auf Weltklasseni-veau zu erleben: Parallel zur Fußball-Weltmeister -schaft der Menschen wird die der Roboter vom 14. bis 20. Juni 2006 in Bremen ausgetragen. Mit diesem zehnten WM-Turnier wird die RoboCup-Initiative ein knappes Fünftel auf dem

Weg zum ehrgeizigen Fernziel zurückgelegt haben. Denn bis zum Jahr 2050, so die selbst ge stellte Herausforderung, sollen humanoide Roboter gegen den menschlichen Fußballwelt-meister spielen – und gewinnen. Bislang müssen die Kicker aus Fleisch und Blut die mechanische Konkurrenz allerdings nicht fürchten. „Der Robo-Cup ist noch ein Kind“, sagt der Japaner Hiroaki Kitano, Gründungspräsident der International RoboCup Federation. „Aber er ist auch kein Baby mehr.“ Insbesondere organisatorisch habe er sich

›04In der Small Size League sind die Roboter klein und schnell, weil sie nicht über eigene Sensoren verfügen müssen. Gesteu-ert werden sie über Funk vom Spielfeldrand.

›04

ENDSPIEL 2050

Autoren: Hans-Dieter Burkhard, Hans-Arthur MarsiskeVerlag: dpunkt. verlagSeitenzahl: 303Jahr: 2003ISBN: 3-936931-02-xPreis: 19,50 Euro Auf unterhaltsame Art führen die Autoren Burkhard und Marsiske in die Fragen der Roboter-forschung und der künst-lichen Intelligenz ein.

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gut entwickelt und stehe mittlerweile auf eige-nen Füßen. Technologisch dagegen gebe es auf dem Weg zum WM-Titel noch viel zu tun. Doch die Fußballroboter lernen rasend schnell dazu. Während anfangs noch diejenigen gewan-nen, die zuerst den Ball fanden – was durchaus einige Minuten dauern konnte – bewegen sich die heutigen Mechano-Kicker schon sehr viel rasan-ter und liefern sich packende Begegnungen. Wer sich bei den Turnieren Hoffnungen auf gute Plat-zierungen machen will, muss sich bei der Kon-struktion und Programmierung von Jahr zu Jahr etwas Neues einfallen lassen. Die Gegner tun es schließlich auch, zudem werden die Spielbedin-gungen ständig erschwert. Denn so unterhaltsam Roboterfußball für die Zuschauer sein kann – in erster Linie soll der Wett-bewerb die Entwicklung von Technologien der Ro botik und der künstlichen Intelligenz vorantrei-

ben. Das Fußballspiel dient als einheitliche Test-umgebung für autonome, mobile Roboterteams, die den direkten Vergleich verschiedener Ansätze erlaubt. Roboter, die sich hier behaupten – unter sich ständig verändernden Bedingungen gegen einen Widersacher planvoll ein Ziel verfolgen –, können noch ganz andere Dinge. Mit geringfügi-gen Modifi kationen könnten sie auch in Büro, Betrieb, Haushalt oder im Gelände zum Einsatz kommen.

AUCH RETTUNGS- UND HAUSHALTSROBOTER SPIELEN EINE ROLLE

Um das noch deutlicher herauszustellen, ist der reine Fußballwettbewerb, der in verschiedenen Spielklassen ausgetragen wird, im Lauf der Jahre um andere, stärker anwendungsorientierte Ligen ergänzt worden. So gibt es seit 2001 einen Wettbe-

›05Die Spielklassen beim RoboCup sind keine Leistungsklassen. Sie werden defi niert durch unterschied liche Spiel-umgebungen mit jeweils anderen technischen Anforderungen.

›05

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werb für Rettungsroboter und Katastrophensimu-lationen. Und bei der diesjährigen WM in Bremen wird erstmals die Liga „RoboCup@Home“ vorge-stellt, bei der die Interaktion zwischen Mensch und Roboter in Alltagsszenarien, etwa beim Staubsau-gen, im Mittelpunkt steht. Immer größere Bedeu-tung bekommt daneben der erstmals bei der WM im Jahr 2000 veranstaltete Juniorenwettbewerb für Schüler. Schließlich sind die potenziellen Kon-strukteure der WM-Roboter von 2050 heute noch im Kindergarten beziehungsweise noch gar nicht geboren. Angesichts der Schwierigkeiten, die so grundle-gende Fertigkeiten wie Selbstlokalisierung, Pfad-planung oder Kooperation heute noch bereiten, können indessen leichte Zweifel angesichts des Fernziels aufkommen. Die Frage, ob Roboter wirk-lich bis 2050 die Fußball-WM gewinnen können,

ist denn auch innerhalb der RoboCup-Gemeinde umstritten. Sie ist aber nicht wirklich entschei-dend. Selbst wenn die Roboter in 44 Jahren den Einzug ins WM-Finale verpassen sollten, wird die RoboCup-Initiative nicht vergeblich gewesen sein. „Wichtig ist der Versuch“, sagt Hans-Dieter Burkhard, Professor für künstliche Intelligenz an der Humboldt-Universität in Berlin und Vizeprä-sident der International RoboCup Federation. „Ob es klappt oder nicht: Hinterher sind wir in jedem Fall schlauer.“ – Ein sympathischer Anspruch, den der Projektpartner für Technik und Management, Brunel, in seiner Rolle als Co-Sponsor der Robo-Cup-WM tatkräftig fördern will. Burkhard ist ein RoboCup-Veteran. Als einzi-ger deutscher Teilnehmer ist er seit der ersten Weltmeisterschaft im Jahr 1997 dabei, gewann damals den Titel in der Simulationsliga. Für ihn

›07In der Humanoid League

treten menschenähnliche Roboter in Zweierteams

auf einem kleinen Spielfeld gegeneinander an.

›06Die Programmierung

zählt: In der Legged Robot League kommen aus-

schließlich standardisierte Aibo-Roboter zum Einsatz.

›06

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im fokus

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ROBOTER – GESCHICHTE, TECHNIK, ENTWICKLUNGist der RoboCup auch eine neue Art, Wissenschaft zu betreiben, die nicht nur vom gegenwärtigen Erkenntnisstand ausgehend den jeweils nächs-ten Schritt plant. „Stattdessen setzen wir uns die ses Ziel in einer ferneren Zukunft und rech-nen zurück“, sagt er. „Wenn wir im Jahr 2050 mit Robotern die Fußball-WM gewinnen wollen, müssen wir wenigstens 2040 das Energieproblem gelöst haben, müssen 2030 mit den Maschinen im Freien spielen können, darf es 2020 keine Bildver-arbeitungsprobleme mehr geben und so weiter. Dann müssen wir überlegen, wer sich mit wem zusammentun muss, um diese Etappenziele in der gegebenen Zeit erreichen zu können. Von alldem gehen sehr kreative Impulse aus.“ JEDES SPIELFELD BENÖTIGT EIN EIGENES DRAHTLOSES NETZWERK

Kreativität ist auch auf Seiten der Organisatoren erforderlich. „Der RoboCup ist ein evolutionäres Projekt, das sich in ständiger Veränderung befi n-det“, sagt Dr. Hubert Borgmann, bei der Messe Bre-

men für die Durchführung der Weltmeisterschaft verantwortlich. „Da ist es nahezu unmöglich, von den Teilnehmern frühzeitig klare Anforderungen zu erfahren.“ Selbst die bereits bekannten Wün-sche sind nicht leicht zu erfüllen. So braucht prak-tisch jedes Spielfeld beim RoboCup ein eigenes drahtloses Computernetzwerk, ein so genanntes WLAN (Wireless Local Area Network). Aber so viele WLANs auf engem Raum stören sich gern gegenseitig bis hin zum Absturz. Borgmann will das Problem lösen, indem er die Netzwerke mög-lichst auf mehrere Hallen verteilt und den Platz dazwischen mit Ausstellungsständen füllt. Alle Beteiligten, sowohl die Organisatoren als auch die Entwickler und Konstrukteure der Roboter, blicken nun gespannt darauf, wie sich die mona-telangen Vorbereitungen auf den internationalen Wettstreit auszahlen werden. Gespannt ist auch Carsten Siebeneich, Geschäftsführer der Brunel GmbH: „Wir drücken dem deutschen RoboCup-Team kräftig die Daumen.“

www.robocup2006.org

Autor: Daniel IchbiahVerlag: Knesebeck Verlag, München 2005Seitenzahl: gebunden, 544 SeitenJahr: 2005ISBN: 3-89660-276-4, Preis: 35,00 Euro

Mit kompaktem Wissen führt Daniel Ichbiah in seinem Überblickswerk an die Schwelle des „Zeitalters der Robo-tik“, das er 1990 beginnen lässt. Mit zahlreichen Bildern erzählt er in seinem Buch „Roboter – Geschichte, Technik, Entwicklung“ von der Faszination dieser „lebenden Maschinen“ und zeigt, wie sie entwickelt und wo sie ein gesetzt werden.

INFO

Selbstloser Einsatz: In der Rescue Arena lösen die Rettungsroboter beim RoboCup kniffl ige Auf -gaben. Sie sind ein wert-volles Hilfsmittel nach schweren Katastrophen wie Erdbeben oder Gas-explosionen und können auch nach Unfällen mit Gefahrguttransportern die Lage erkunden, ohne dass Menschen sich in Gefahr begeben müssen.

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im gespräch

15der Spez ial ist

„Wir stehen am Anfangeiner Innovat ionswelle”

Der Spezialist: Die Informatik entwickelt sich in rasantem Tempo. Wo stehen wir?

Prof. Dr. Matthias Jarke: Sie bewegt sich in Zyklen mit der Gesellschaft. Man spricht von der Groß-rechner-Generation der 70er Jahre, gefolgt von der PC-Generation und seit Mitte der 90er Jahre der Internet-Generation. Heute stehen wir am Anfang einer neuen Innovationswelle. In norma-len Haushalten sind derzeit mehr als 40 Rechner im Einsatz, beispielsweise im Fernseher oder in Heizsystemen. In vernetzten, eingebetteten Sys-temen werden sie bald auch „miteinander kom-munizieren“ können und lösen somit einen gro-ßen Innovationsschub aus.

Der Spezialist: Was muss getan werden, damit Deutschland hier rechtzeitig das Feld bestellt?

Jarke: Wir brauchen eine verstärkte Fokussierung auf eine informatikorientierte Standortpolitik. Infor matik darf nicht nur wissenschaftlich behan-delt werden, die Lösungen müssen Anwendung in der Industrie fi nden.

Der Spezialist: Sie sprechen davon, Schlüsselkom-petenzen für den Wirtschaftsstandort Deutsch-land zu entwickeln?

Jarke: Ja, und zwar speziell für den neuen Bereich der hoch vernetzten, so genannten „Embedded

Systems“. Einsatzbereiche sehen wir dort, wo Deutschland bereits seine Stärken hat. Traditionell ist das die Automobiltechnik. Aber auch im Flug-zeugbau, in der Medizin- oder der Haushaltstech-nik sind gute Voraussetzungen gegeben, um tech-nologische Durchbrüche zu implementieren. PROJEKTE IN DIMENSIONEN, DIE VOR EINEM JAHRZEHNT UNDENKBAR WAREN

Der Spezialist: Es heißt, die Informatik sei das Herz der Informationsgesellschaft …

Jarke: Neben Produkten wie dem Handy oder dem PC ist damit die Infrastruktur hinter der Tech-nologie gemeint. Es gibt hierzulande anspruchs-volle IT-Infrastrukturprojekte. Das größte wird derzeit mit der Einführung der Gesundheitskarte realisiert. Es geht eine Faszination davon aus, 80 Millionen Menschen mit solch einer Karte auszurüsten, die mit zwei Millionen Rechnern, beispielsweise bei Krankenkassen, kommuniziert. Das sind Dimensionen, die vor einem Jahrzehnt undenkbar waren. Der Spezialist: Wie ist es jenseits solcher Projekte um den IT-Standort bestellt?

Jarke: Wir sitzen in den Basistechnologien der Informatik wie Chips, Betriebssystemen und weiteren generischen Basisbausteinen zwischen

INTERVIEW › Corinna Laubach

Prof. Dr. Matthias Jarke ist Präsident der Deutschen Gesellschaft für Informatik. Mit der Redak-tion von „Der Spezialist“ sprach er über die Zukunft der Informatik, insbesondere den Bereich der Embedded Systems und der sicherheitsrelevanten IT-Systeme.

›08Am 17. Januar 2006 eröffnete Bundes-forschungsministerinDr. Annette Schavan das Informatikjahr in Berlin.

INFO

Prof. Dr. Matthias Jarke war Professor für Wirt-schaftsinformatik an der New York University, Inhaber des Lehrstuhls für Dialog orientierte Systeme in Passau und betreut seit 1991 den Lehrstuhl für Infor mationssysteme an der RWTH Aachen. Im Jahr 2000 wurde Jarke Leiter des Fraunhofer-Instituts für Angewandte Informa-tionstechnik und 2004 Präsident der Deutschen Gesellschaft für Infor matik.

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im gespräch

der Spez ial ist16

den Stühlen. Das gilt für Gesamteuropa. Markt-führer auf der innovativen Seite sind die Ame-rikaner. Gleichzeitig beobachten wir, dass der Massenmarkt und ein Großteil der Produktion von Asien ausgehen. Deutschland ist bisher bei Anwendungsthemen erfolgreich wie SAP, in der Medizintechnik bei Siemens oder in der Automo-bilbranche bei BMW und Audi. Dort spielen wir an der Spitze mit. Insgesamt hat Deutschland im Softwarebereich nur acht Prozent des Weltmark-tes inne. Da gibt es durchaus auch auf der indus-triellen Seite ein Defi zit. DEUTSCHLAND HAT SYSTEMKOMPETENZEN, DIE PILOTCHARAKTER HABEN KÖNNEN

Der Spezialist: Besteht zu wenig Transfer in die Wirtschaft?

Jarke: In Branchen, in denen diese Zusammen-arbeit dringend nötig ist, wie in der Automobil-industrie, ist man jetzt verstärkt aufeinander

zugegangen. Bislang war die Automobilindustrie darauf eingestellt, mit Maschinenbauern oder Elektrotechnikern zusammenzuarbeiten, weniger jedoch mit Informatikern. Wir haben in diesem Bereich in den letzten drei Jahren Fortschritte erzielt, in anderen Gebieten steht das noch aus.

Der Spezialist: Was sind weitere zukünftige The-menfelder?

Jarke: Trotz aller Risiken und möglicher Feh-lerquellen sind Großprojekte ein Feld, auf dem die Informatik glänzen kann. Deutschland hat eine Systemkompetenz, die Pilotcharakter haben könnte. Ein großer Bereich sind alle Sicherheits-umfelder. Da wird noch einiges zu erwarten sein.

Der Spezialist: Die Forschung an sicherheitsre-levanten IT-Lösungen wie dem Antiblockiersys-tem eines Autos oder dem Autopiloten eines Flug-zeuges fällt in die Spitzenforschung. Wie weit ist Deutschland?

›09Der Autopilot für den

Höhenfl ug wurde bereits in den 30er Jahren erfunden.

Erst seit kurzem wird der technisch an spruchs vollere

Autopilot für die Landung eingesetzt. Er stellt eine

erhebliche Entlastung in kritischen Situationen wie

starkem Nebel beim Lande-manöver dar.

›09

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im gespräch

der Spez ial ist 17

Jarke: In vielen Aspekten relativ weit, da gerade die Sicherheitsthematik kritisch diskutiert wurde. Hierzulande herrscht eine starke Tradition der formalen Methoden und der Ingenieurwissen-schaften. Beides muss künftig mehr miteinan-der kombiniert werden. Lange Zeit war die inge-nieurwissenschaftliche Sicherheitstechnik von der informatischen Sicherheitstechnik, die auf der Anwendung von Simulationen und mathemati-schen Methoden beruht, getrennt.

Der Spezialist: Unabdingbar ist bei letzteren Sys temen ein zuverlässiges Zusammenspiel aller Kom ponenten wie z. B. im Flugzeug bau ...

Jarke: Die Softwaresteuerung geht davon aus, dass die Basisaktivitäten zuverlässig funktionie-ren. Wenn perfekt arbeitende Steuerungssys-teme auf reale analoge Technik oder Menschen treffen, sind Probleme vorprogrammiert. Diesen dynamischen Prozess oder gar die Auswirkungen denkbarer Sabotageversuche durch Simulationen vorherzusagen, ist nach wie vor schwierig. Hier müssen wir weiterhin Methoden und Analyse-werkzeuge entwickeln, mit denen Steuerungssys-teme schon im Entwurfsstadium auf Fehler und Krisensituationen hin getestet werden können. In den vergangenen Jahren sind auf der informati-schen Seite einige Durchbrüche erzielt worden: So betrachtet man heute in den frühen Phasen der Systementwicklung nicht nur Use Cases, sondern auch Misuse oder Abuse Cases und so genannte Model-Checking-Verfahren. Diese erlauben durch das systematische Analysieren aller denkbaren Abläufe komplexer Systeme in vielen Fällen die vollständige Verifi kation kritischer Teilsysteme.

Der Spezialist: Ein anderer Bereich, wo an Boden gewonnen werden könnte, ist der der Robotik und der Service-Roboter.

Jarke: Die Impulse gehen von Japan aus, was aber kein Problem des technischen Angebotes

in Deutschland ist, sondern eher eines der Nach-frage. Technische Spielereien im großen Stil aus-zuprobieren und zu kaufen, da sind die Deutschen zögerlich. Andererseits kann man sich mit dem Vorpreschen auf einen Markt auch die Finger verbrennen – so stellt Sony mittlerweile die Pro-duktion der Roboterhunde wieder ein.

Der Spezialist: Was wäre ein Produkt, das langfris-tigen Erfolg haben könnte?

Jarke: Ich glaube, dass der demografi sche Wan-del und die Explosion der Gesundheitskosten alle Technologien begünstigen, die es Menschen ermöglichen, länger auf sich gestellt leben zu können. Das sind vor allem Technologien, die die Arbeits- und Lernfähigkeit erhalten, sowie unter-stützende Technologien, die einem beispielsweise das Staubsaugen abnehmen. Hier gibt es bereits ernsthafte Versuche. Eine große Zukunftsvision ist für mich, die Symbiose aus Mensch und Tech-nik zu formen. Wir müssen die Informatik ganz selbstverständlich nutzen, um Probleme zu lösen und unsere Kompetenzen zu erweitern.

Der Spezialist: Vielen Dank für das Gespräch.

www.informatikjahr.de

› 10

›10Wakamaru, der 2003 von Mitsubishi entwickelte „Care-O-bot“, beherrscht einen Wortschatz von 10.000 Wörtern, erkennt Personen und ist in Not-situationen in der Lage, selbstständig das Kranken-haus oder eine Sicherheits-fi rma per E-Mail oder über ein eingebautes Mobil-telefon zu alarmieren.

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ansichtssache

der Spez ial ist 19

Brand uit de Nederland

Nach Abschluss seines Studiums der „Building Technologies“ an der Technischen Hochschule von Amsterdam entschließt sich der 23-jährige Jan Brand für ein Architekturstudium an der Techni-schen Hochschule von Delft. Zur Finanzierung des Studiums meldet er sich 1971 bei der ASA, einem Zeitarbeitsbüro für Studenten, und übernimmt seine eigene Vermittlung kurzerhand selbst. Innerhalb einer Stunde erhält er vier Aufträge als Bauzeichner. Beeindruckt bietet der Direktor der ASA ihm eine Arbeit als Vermittler für das techni-sche Studentenwerk an. Das Büro „ASA-Abteilung für technisches Personal“ wird gegründet. Der durchschlagende Erfolg der technischen Abtei-lung verhilft Jan Brand zum Einstieg in die Selbst-ständigkeit: Noch bevor er 1977 sein Studium an der Technischen Universität von Delft abschließt, gründet er 1975 das Personaldienstleistungsun-ternehmen Multec, den Vorgänger von Brunel. Er verfolgt von nun an eine neue Geschäftsstrategie: An die Stelle der Jobvermittlung für Studenten rückt zunehmend die Projektarbeit für hoch qua-lifi zierte Ingenieure. Jan Brand schwebt vor, mit seinem Unterneh-men komplexe technische Projekte zu realisieren. Dies ließe sich mit der zeitlich begrenzten Ver-fügbarkeit der Studenten nicht vereinbaren. Zum anderen stehen den Plänen des Unternehmers noch starke Reglementierungen der Zeitarbeit gegenüber: Das Monopol für Arbeitsvermittlung liegt beim Staat und ist somit genehmigungs-

pfl ichtig. In den 70er Jahren durfte in den Nieder-landen Personal nur für drei Monate vermittelt werden. „Für anspruchsvolle Projekte wie den Bau einer Brücke hatte diese Regelung zur Folge, alle drei Monate das Arbeitsteam komplett neu aufstellen zu müssen“, so Jan Brand. Kurzerhand übernimmt er die volle Verantwortung für seine Ingenieure und stellt sie als Angestellte ein. Eine Genehmigung vom Staat ist somit nicht mehr erforderlich. Seither gilt der Brunel-Gründer in den Niederlanden als der Erfi nder des „Detachie-rens“ in Abgrenzung zur klassischen Zeitarbeit, die nach damaliger Rechtsgrundlage nur die zeit-lich begrenzte Vermittlung von Zeitarbeitskräften umfasste.

„ICH HATTE DIE VISION VON EINEM NOCH VIEL GRÖSSEREN BETRIEB“

Jan Brand stößt mit seinem Konzept auf eine Marktlücke, die Wachstumszahlen von Multec erreichen schwindelerregende Höhen und ver-schiedene Betriebe zeigen Interesse an einer Übernahme. 1980 macht eine ausländische Gesell-schaft ein Angebot von umgerechnet 45 Millionen Euro. „Ich bin darauf nicht eingegangen. Ich hatte Visionen von einem viel größeren Betrieb. Es war eine Art Wettkampf gegen die Konkurrenz“, beschreibt Jan Brand seine Beweggründe. „Ich wollte ein Denkmal hinterlassen, das ich selbst erschaffen hatte, was auch in einigen Generatio-

INTERVIEW › Anja Gleber

Als Student gründete Jan Brand 1975 das Personaldienstleistungsunternehmen Multec, aus dem später Brunel International N. V. entstand. Mit Kreativität und Mut machte er aus einer Jobvermittlung für Studenten einen börsennotierten Dienstleistungskonzern.

›11Jan Brand wird am 11. September 1948 in Koog an de Zaan (Niederlande) geboren. Noch bevor er 1977 seinen Hochschulab-schluss an der Technischen Universität von Delft im Bereich Architektur macht, wird er geschäftsführender Inhaber von Multec, dem Vorgänger von Brunel International N. V. Nach dem Börsengang von Bru-nel International N. V. im Jahre 1997 besitzt er noch 63 Prozent der Anteile sei-nes Unternehmens. Heute lebt der leidenschaftliche Segler mit seiner Frau und seinen drei Töchtern in Belgien.

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ansichtssache

der Spez ial ist20

› 13

nen noch eine Rolle spielt.“ Im Rahmen der massi-ven Expansionspolitik, die Brand praktiziert, sind Dutzende von Übernahmen vorgesehen. Brand fügt seinem Imperium immer neue Teile hinzu – einem Imperium, das 1995 unter dem Gesamtkon-zept Brunel zusammengefasst wird.

DIE HÄLFTE DES UMSATZES STAMMT DERZEIT VON BRUNEL ENERGY

Der Erfolg von Brunel erregt die Aufmerksamkeit von Brands Hausbankier. „Die haben mich jahre-lang bekniet, an die Börse zu gehen – haben bei mir angerufen, ob ich Lust hätte, mit zum Essen oder in ein Konzert zu gehen“, erinnert sich der Unternehmer. 1997 entschließt sich Jan Brand zu diesem Schritt: „Ich strebte nach Transparenz für mein Unternehmen. Hinzu kam, dass ich Brunel ein Stück weit von meiner Person lösen wollte. Brunel sollte unabhängig von mir Bestand haben.“ Mit der Veräußerung kleinerer Unternehmensan-teile wächst in der Folge auch der Einfl uss von Fremdinteressen. „Alle wollen scheinbar nur dein Bestes und sagen dir, was du zu tun und zu lassen hast“, beschreibt Jan Brand seine Erfahrungen mit Analysten und Aufsichtsräten. Das erste Jahr nach dem Börsengang konnte besser nicht sein: Innerhalb von zwölf Monaten

steigt der Kurs der Brunel-Aktie von 18,60 auf nahezu 40 Euro. „Doch meine Aufmerksamkeit ließ nach; ich machte Fehler. Vor allem beim Anstellen von Personal“, erzählt Jan Brand. „Ich musste einen obersten Finanzdirektor einstel-len, der den Börsengang beaufsichtigen und eine Verwaltung aufbauen sollte, die mit den Wachs-tumszahlen von 30 bis 40 Prozent pro Jahr Schritt hält.“ In Rotterdam entsteht daraufhin ein gigan-tisches Verwaltungsbüro, das gemeinhin „das kleine Königreich“ genannt wird. „Ich merkte nicht sofort, wie Brunel in den Niederlanden in einem verwaltungstechnischen Chaos versank. Das Unternehmen wurde zu groß, und ich sah es nicht.“ Ende 1998 und im September 1999 müssen zwei Gewinnwarnungen ausgegeben werden. Der Aufsichtsratsvorsitzende J. D. Bax, ehemali-ger CEO des niederländischen Ölserviceanbieters IHC Caland, drängt Brand, den Energy-Bereich aufzugeben, während dieser gerade gut anlief. „Dass es Brunel heute noch gibt, ist den Schritten zu verdanken, die ich damals unternommen habe. Die Hälfte unseres Umsatzes stammt gegenwär-

›12Jan Brand (l.) mit

Jaap Tromp, seinem ersten über die ASA vermittel ten

Projekt arbeiter.

›13Seit 2000 leitet Jan Arie

van Barneveld als CEO von Brunel International N. V.

die weltweiten Geschäfte.

› 12

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ansichtssache

21der Spez ial ist

tig von Brunel Energy“, betont Brand. Der Konfl ikt spitzt sich zu. Brand beschließt, das Unterneh-men zu verlassen und die Führung des Unterneh-mens einer Dreierspitze anzuvertrauen. „Ich habe gesagt: Sucht ihr mal ruhig nach einer Lösung. Doch wenn ihr das nicht innerhalb eines bestimm-ten Zeitraums schafft – then I’ll be back.“ Brand wird Berater des Aufsichtsrats. Allmäh-lich sieht er das Unternehmen, das noch zu 63 Pro-zent sein Eigentum ist, zugrunde gehen. „Es war schrecklich. Ich musste zusehen, wie das Trio die Sache anpackte. Konnte nur dasitzen und mich fra gen, wie ich da rauskomme.“ Brand greift er -neut zur Macht, als Brunel kurz davorsteht, eine Strukturgesellschaft zu werden, und er damit die Verfügungsgewalt über „sein Kind“ verloren hätte. Er ernennt Aufsichtsratsmitglied Hans Eric Jansen zum neuen Aufsichtsratsvorsitzenden und sich selbst zum Aufsichtsratsmitglied. Mit diesem

Coup gelingt es ihm, den bisherigen Unterneh-mensvorstand zu entlassen und durch Jan Arie van Barneveld, einen knallharten Sanierer und hervorragenden Strategen, zu er setzen. Später stellte sich heraus, dass die Führungsspitze von Brunel bereits Gespräche geführt hatte, um das Unternehmen zu verkaufen – ohne seinen Grün-der hierüber zu informieren. „Ich bin nur deshalb Aufsichtsratsmitglied geworden, um Jan Arie auf den Stuhl des Generaldirektors zu setzen. Darum ging ich auch schnell wieder, als er im September 2000 auf diesem Stuhl saß“, blickt der Firmen -grün der zurück. Heute nimmt Jan Brand die Stel-lung des Beraters ein. „Als Gründer und Anteilseig-ner gefällt mir die Aufgabe, die ich jetzt ausfülle. Nach 25 Jahren im operativen Bereich genieße ich es nun, mich ganz der Strategie widmen zu kön-nen, um erforderliche Kursänderungen früh genug zu erkennen“, spricht der Segler in Jan Brand.

JAN BRAND PERSÖNLICH

Der Spezialist: Welchen Anteil trägt der berühmte englische Ingenieur Isambard K. Brunel an der Namens gebung von Brunel?Jan Brand: Insgesamt gründet sich die Brunel-Namensgebung auf drei Bedeutungen: Ausschlaggebend war die Pfl anze. Als der Name stand, wies mich mein englischer Schwager auf den bedeutenden Ingenieur Isambard Kingdom Brunel und seine Geschichte hin. Über diese Symbolik defi nieren wir uns heute in erster Linie. Die dritte Symbolik ist ein kleines Wortspiel: Hinter Brunel verbirgt sich im niederländischen ebenso „Brand uit de Neder-land“ – Brand aus den Niederlanden.

Der Spezialist: Sie sind ein leidenschaftlicher Segler. In diesem Jahr sponsert Brunel ein Team des Volvo Ocean Race (vormals Whitbread Race). Welche Symbolik hat dieses Sponsoring für Sie?Jan Brand: Viele meiner Erfahrungen als Unternehmer lassen sich auf den Segelsport übertragen. Wenn wir mit meinem Segelboot trainieren, dann wende ich dieses Wissen an: Es ist schönes Wetter, es weht ein guter Wind, jeder ist entspannt – dann reiße ich plötzlich das Ruder herum und es herrscht Panik: „Warum fährst du plötzlich eine Halse?“, heißt es. Jeder muss mit vollen Kräften arbeiten, um das Boot wieder auf Kurs zu bringen. Ich nenne das eine „Brand-Runde“: Immer, wenn gerade alles gut geht, muss man wachsam sein. Der Segelsport steht für Teambuilding, Herausforderung und den Kampf mit den Elementen. Beim Segeln wie im Geschäftsleben muss man den Wind ausnutzen können, um das Boot mit der richtigen Geschwindigkeit auf den richtigen Kurs zu bringen.

Der Spezialist: Was macht einen Unternehmer zu einem erfolgreichen Unternehmer?Jan Brand: Ich berufe mich da auf die sieben Wörter mit „C“: „Success“ hat davon sogar zwei. Um erfolgreich zu sein braucht man am Anfang ein gutes „Concept“. Darauf folgten „Concentration“ und „Continuity“. Es ist wichtig, langfristig zu denken und eine Perspektive zu haben. Dazu gehört, dass man immer „consequent“ und ehrlich sein sollte – zu sich, zu seinen Mitarbeitern, seinen Kunden, zum Management etc. Wer nicht konsequent ist, wird nichts erschaffen außer heißer Luft. Wo es gewöhnlich schief läuft, ist das fünfte C – „Control“. Ich sage immer: „Control the controllable, so you have more time for the uncontrollable.“ Elementar ist ebenso das C für „Commu-nication“: Wer nicht richtig kommuniziert und keine Transparenz schafft, der verschwendet Zeit und Geld. Nicht zuletzt sollte man Kreativität – „Creativity“ – mitbringen, um Strategien für den Geschäftserfolg zu entwickeln.

INFO

Zum Börsengang sucht Jan Brand einen Namen, der die vielseitigen Ge -schäftsaktivitäten von Multec zusammenfasst. Fündig wird er im Pfl an-zenreich: Die „Kleine Braunelle“ (Prunella vulga-ris) ist widerstandsfähig, überdauert den Winter und wächst weltweit. Der Name Brunel war ge boren.

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TEX T › Stefanie Gerber

aus den branchen

22 der Spez ial ist

„Alles messen, was messbar ist . . .” Gal i leo Gal i le i

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Galileo Galilei ist der Namenspatron eines der ambitioniertesten Projekte der Europäischen Union und der Europäischen Weltraumorganisation ESA. Im Jahre 2010 sollen 30 zivile Satelli-ten die Erde umkreisen und auch in Krisenzeiten Daten für die Positionsbestimmung liefern.

„Alles messen, was messbar ist – und messbar machen, was noch nicht messbar ist“, forderte einst der Namenspatron des Satelliten-navigationssystems Galileo Galilei. Angesichts des heute erreichten Maßstabs an Messgenauigkeit wäre er sicher sehr stolz. Ebenso bahn-brechend wie die Entdeckungen des italienischen Naturwissenschaft-lers für die Wissen schaft sollen

Mit Galileo entsteht derzeit das erste zivile Satellitennavigati-onssystem der Welt. Nach dem Bau des Airbus A 380 ist es das größte Gemeinschaftsprojekt der EU und der Europäischen Weltraumorganisation ESA. Die Erwartungen der Euro päischen Gemeinschaft an Galileo sind entsprechend hoch. Das unter ziviler Kontrolle arbeitende Satellitennavigati-onssystem wird die europäische Unabhängigkeit von den bei-den bestehenden, militärisch kontrollierten Systemen gewähr-leisten: Anders als das US-amerikanische GPS und das russische globale Navigationssatellitensystem GLONASS kann Galileo in vollem Umfang auch in Krisenzeiten einsatzfähig sein. Des Weiteren garantieren die Gleichberechtigung und Kom-patibilität mit GPS und GLONASS den größtmöglichen Nutzen für den Anwender durch eine nahezu fl ächendeckende Sig-nalbereitstellung auch in hohen Breitengraden sowie in Häu-ser- und Straßenschluchten. Mit einer Genauigkeit von einem Meter wird es den Nutzern mit speziellen Empfängern künf-tig möglich sein, die eigene Position aus den Ortungssigna len aller empfangbaren Galileo-, GPS- und GLONASS-Satelliten zu bestimmen.

EMPFANGSABDECKUNG STEIGT VON DERZEIT 50 PROZENT AUF 95 PROZENT

Die Ortsbestimmung wird bei Galileo ähnlich wie beim GPS-System über den Empfang der Signale von mindestens vier Satelliten laufen. Aus den unterschiedlichen Laufzeiten der Sig-nale bestimmen die Empfänger schließlich ihre eigene Position. Im Unterschied zu den 24 GPS-Satelliten soll durch die erhöhte Anzahl von 30 Satelliten die Empfangs abdeckung in Städten von 50 Prozent auf 95 Prozent steigen.

›14GIOVE A, der erste von später insgesamt 30 Satel-liten, umkreist die Erde bereits.

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23der Spez ial ist

› 15

schutz sowie im Bereich der Geo-wissenschaften soll Galileo Anwen-dung fi nden. Beispielsweise können durch die erhöhte Genauigkeit des Systems kontinuierliche Beobach-tungen des Wasserstandes in über-fl utungsgefährdeten Gebieten dazu beitragen, dass Veränderungen früh-

auch einmal die Möglichkeiten des Satellitennavigationssys-tems Galileo sein. Zahlreiche Anwendungen sind für das Sys-tem bereits vorgesehen. Dazu zählen unter anderem Ortungs-dienste für das Verkehrswesen wie zum Beispiel der Einsatz für elektronische Mautsysteme oder auch private Navigations-systeme, die den Verkehrsteilnehmer rechtzeitig auf Gefah-renquellen wie Staus oder scharfe Kurven hinweisen. Auch im Vermessungswesen, in der Telekommunikation, im Zi vil-

›15Am 28. Dezember ver-gangenen Jahres hob die Sojus-Trägerrakete mit dem ersten Galileo-Satel-liten vom russischen Welt-raumbahnhof Baikonur ab.

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24 der Spez ial ist

zeitig erkannt und entsprechende Gegenmaßnahmen eingelei-tet werden. Die Entwicklungsphase des Systems wird voraussicht-lich 2008 abgeschlossen sein. Bis dahin sollen sich vier opera-tionelle Satelliten im Orbit befi nden, kombiniert mit einem Netzwerk aus Bodenstationen auf der Erde. Auf diese Weise kann die präzise Positionierung und Synchronisation für aus-gewählte Gebiete getestet werden. Den Start dieser so genann-ten In-orbit-Validierung bildete am 28. Dezember 2005 der erste Testsa t ellit GIOVE A, der auf einer russischen Sojus-Trä-gerrakete seinen Weg ins All nahm. Aufgabe von GIOVE A ist es unter anderem, die von der Internationalen Fernmeldeunion zugeteilten Frequenzen zu sichern. Darüber hinaus werden die zum Einsatz kommenden Atomuhren geprüft sowie die Na vigationssignale und Bodenempfangsstationen getestet. Jeder zukünftige Sa tellit verfügt über insgesamt vier Atom-uhren, die anhand ihrer exakten Zeitmessung die Positionie-rungsgenauigkeit erhöhen. Je zwei Wasserstoff-Maser-Uhren sowie zwei Rubidium-Uhren arbeiten mit einer Stabilität von 10 Nano sekunden. Sie erreichen über eine Zeitspanne von 760.000 Jahren lediglich eine Abweichung von einer Sekunde. Die Wasserstoff-Maser-Uhren operieren mit Wasserstoffato-men, die eine Frequenz von 1,420 GHz erzeugen. Diese „Gali-leo-Zeitmesser“ richten sich wiederum nach mehreren auf der Erde befi nd lichen Atomuhren, die die „Galileo-Zeit“ festlegen. Anhand eines Sicherheitssignals, eines so genannten „Integri-tätsmerkmals“, kann jederzeit überprüft werden, ob das Satelli-tennavigationssystem fehlerfrei arbeitet.

GIOVE A, der bereits erfolgreich Sig-nale aussendet, ist damit der erste von zwei Testvorläufern von später einmal insgesamt 30 Satelliten, die bis 2010 auf drei Umlaufbahnebe-nen im Weltraum auf einer Höhe von 23.600 Kilometern installiert wer-den. Die hohe Umlaufbahn der Satel-liten wurde von der ESA gewählt, da in dieser Höhe kaum störende Wech-selwirkungen mit der Erdatmos-phäre auftreten. So kann ein zuver-lässiger Betrieb der Satelliten über viele Jahre gesichert werden. KONTROLLZENTRUM IN OBER-PFAFFENHOFEN

In der Phase der vollständigen Er -richtung und der Inbetriebnah me des Systems wird parallel zu der Entsendung der Satelliten ein Bo -densegment bestehend aus einem weltweiten Netz an Stationen und Dienstzentren sowie zwei Kontroll-zentren aufgebaut. Eines der Kon- troll zentren entsteht in Ober pfaf fen- hofen. Ausschlag gebend für den Standort war die dort verfüg bare Kom petenz von über 40 Jah ren Raum fl ugbetrieb durch das dort ansässige Deutsche Raumfahrt-Kon trollzentrum des Brunel-Ko ope-rationspartners DLR, das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt. Von hier aus soll der Regelbe trieb des Satellitennavigationssystems ge -währ leistet werden. Oberpfaffenho-fen stellt jedoch nicht den einzigen deutschen Standort für Galileo dar. Im Berchtesgadener Land entsteht derzeit GATE – eine europa weit ein-zigartige Galileo Test- und Entwick-

›16

›16Das Galileo-System wird neben Navigationsdaten für Luftfahrt, Schifffahrt

und Individualverkehr auch Positionsdaten für landwirtschaftliche und

geologische Anwendungen liefern.

INFO

Für den Neubau des Kon troll zentrums in Ober -

pfaffenhofen wurde eigens ein Architekten-

wettbewerb ausgerufen. Überzeugt hat das Kon-

zept von Axel Schultes und Charlotte Frank, die auch das deutsche Kanzleramt

entwarfen.

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der Spez ial ist 25

lungsumgebung: Auf einer Fläche von 65 Quadratkilometern kann das bodengestützte Funknavigationssystem GATE rea-listische Testszenarien lange vor der Verfügbarkeit von Galileo schaffen. Hierfür werden an sechs Positionen rund um Berch-tesgaden terrestrische Sende stationen installiert, die Signale ausstrahlen, als kämen sie direkt von umlaufenden Satelliten. Ab 2007 können somit Hersteller und Anwendungsentwickler ihre Navigationsgeräte und andere Systeme mit GATE testen. AUCH CHINA, ISRAEL, NORWEGEN, INDIEN, ARGENTINIEN UND SÜDKOREA BETEILIGEN SICH AN GALILEO

Die Europäische Weltraumorganisation ESA sowie die Betrei-bergesellschaft Galileo Industries, ein Konsortium von mehr als 100 Firmen, gehen davon aus, dass das Gesamtprojekt Galileo Ende 2010 einsatzbereit sein wird. Neben den EU-Projektpart-nern bekunden auch viele Länder außerhalb der EU ihr Interesse. Unter anderem sind bereits China, Israel und Norwegen sowie Indien, Argentinien und Südkorea in die Planung eingebunden

› 17

und leisten Beiträge zur Finanzie-rung der Aufbauphase. Die Betreiber von Galileo gehen davon aus, dass bis 2020 rund drei Milliarden Emp-fänger die Signale weltweit nutzenwerden.

www.dlr.de

›17Die Bezeichnung GIOVE A steht für „Galileo In-Orbit Valida tion Element A“. Die Namens gebung würdigt die Errungenschaften von Galileo Galilei sowohl im Bereich der Astronomie als auch in der Navigation. Galilei entdeckte 1610 die ersten vier Monde des Jupiters (ital. Giove).

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der Spez ial ist26

Akzeptanz ist der Erfolgs-faktor Nummer Eins

Der Spezialist: Was versteht man unter Product Lifecycle Management (PLM) bzw. was zeichnet PLM-Produkte aus?

Dagmar Heinrich: Es gibt weder DIE kommer-zielle PLM-Lösung, noch gibt es PLM-Produkte. Verkaufsversprechen wie „Mit meinem Produkt machst du PLM“ sind nach meinem Verständnis reine Augenwischerei und unseriös. PLM ist eine Management-Methode, mit der Unternehmen auf Basis eines digitalen Produktdatenmodells ihre Geschäftsprozesse durchgängig und damit effi zi-enter gestalten können. Produktspezifi kationen, CAD-Modelle, Simulations- und Testdaten gehö- ren ebenso zu diesem Datenpool wie Informatio-nen der Materialwirtschaft oder der Fertigungs-planung. In der Praxis resultiert aus dieser durch-gängigen Datenverfügbarkeit eine Minimierung der Durchlaufzeiten sowie die Optimierung des Konfi gurations- und Änderungsmanage-ments. Auch wenn viele Unternehmen bereits CAD, Product Data Management (PDM) oder Enter-prise Resource Planning (ERP) einsetzen, wird erst durch die Integration in eine übergeordnete PLM-Strategie die Voraussetzung für eine Prozess-optimierung geschaffen.

Mathias Vorwerk: In den letzten Jahren hat ein Umdenkprozess eingesetzt, weg von der bislang verbreiteten funktionsbezogenen, hin zu einer prozessorientierten Betrachtungsweise. So ist

eine rein unter funktionalen Aspekten gestaltete Bauteilgeometrie bestenfalls suboptimal. Wird diese Bauteilgeometrie hingegen unter Berück-sichtigung von Informationen über verfügbare Materialien, Fertigungsverfahren und -kapazitä-ten ausgelegt, steigt nicht nur die Produktqualität, sondern es lassen sich unliebsame Überraschun-gen in nachgelagerten Prozessstadien vermeiden.

PLM IST TEAMWORK: DER GENERALIST IST EBENSO GEFRAGT WIE SPEZIALISTEN AUS DEN ABTEILUNGEN

Der Spezialist: Schrecken Unternehmen ange-sichts drohender Umstrukturierungen und hoher Investitionen vor dem PLM-Einstieg zurück?

Vorwerk: Trotz der Vorteile sind Unternehmen zurückhaltend, wenn es um die PLM-Einführung im eigenen Unternehmen geht. Wenn Unterneh-men hingegen an der Ausarbeitung der eigenen PLM-Strategie aktiv beteiligt sind, können Vorbe-halte genommen werden. Die Möglichkeiten und deren Auswirkungen können daraufhin besser eingeschätzt werden. Am Anfang muss deshalb ein einheitliches PLM-Verständnis geschaffen werden. Im nächsten Schritt geht es darum, die entsprechende Lösung zu realisieren. Die PLM-Einführung ist Teamwork. Der Generalist ist ebenso gefragt wie Spezialisten für die unter-schiedlichsten Teilbereiche – von der Prozessana-

TEX T › Ulrich Feldhaus

›18Die CIMPA-Experten: Dipl.-Ing. Dagmar Heinrich ist Team-Managerin des Bereichs „Process Ma -na ge ment“ und Dipl.-Ing. Mathias Vorwerk erfahre-ner Senior Consultant und Projektleiter für PLM-Projekte.

Product Lifecycle Management (PLM) soll dazu beitragen, Geschäftsprozesse durchgängig zu gestalten. Eine bessere Datenverfügbarkeit minimiert dabei die Durchlaufzeiten. Dagmar Heinrich und Mathias Vorwerk, PLM-Experten der CIMPA GmbH, im Gespräch.

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28 der Spez ial ist

lyse bis hin zu Applikationsentwicklung, Imple-mentierung und Training.

Der Spezialist: Aus welchen Teilschritten setzt sich ein PLM-Projekt zusammen?

Vorwerk: Die Kenntnis der Ist-Situation ist die Ausgangsbasis. Es werden Arbeitsmethoden, Da ten strukturen sowie eingesetzte Werkzeuge analysiert und Schwachpunkte identifi ziert. In Workshops wird darauf basierend das Anforde-rungsprofi l für den „Soll-Prozess“ erarbeitet. Erst wenn dieses Rahmenwerk steht, geht es an die Systemauswahl. Anhand des Anforderungspro-fi ls wird eine Vorselektion vorgenommen, um schließlich mit maximal vier Anbietern umfang-reiche Benchmarks durchzuführen. Es hat sich gezeigt, dass die Auswahlkriterien den tatsäch-

lichen Anforderungen wesentlich besser gerecht werden, wenn vorab an einem „Testsystem“ der Umgang mit typischen PLM-Werkzeugen wie Workfl ow-Management oder Product-Data-Ma -nagement-Systemen (PDM) vermittelt wird. Die anschließende Anpassung und Einführung des Systems wird schließlich durch Trainings- und Coaching-Maßnahmen begleitet.

Der Spezialist: Wodurch unterscheidet sich PLM von konventionellen Arbeitsmethoden, und was sind die Leistungsmerkmale?

Heinrich: Kern jeder PLM-Einführung ist ein Paradigmenwechsel, weg von der funktionsbe-zogenen, hin zu einer produktorientierten Ar -beits weise. Daraus ergeben sich fast zwangsläu-fi g neue Arbeitsmethoden: Eine zentralisierte

PRODUCT LIFECYCLE MANAGEMENT

Produktentstehung

Product-Data-Ma -nagement (PDM)• Dokumentenmanagement• Workfl ow• Stücklisten, Produktstrukturen• CAx-Applikationen

Fabrikplanung• Gebäudemanagement• Hallenlayoutplanung• Förder-, Versorgungs- technik

• Supplier• Partner

Engineering

• Enterprise Resource Planning (ERP)• Supply Chain Management (SCM)

Produktherstellung

• Customer Relationship Management (CRM)

Produktvermarktung

• CAD-Supplier Network• Engineering-, Lieferan- tenportale • European Network Exchange (ENX)

Integration von PDM:• Technical Data Manage- ment (TDM)• Computer Aided Design (CAD)• Digital Mock-up (DMU)

Integration von PDM:• Enterprise Resource Planning (ERP)

PLM-EXPERTE CIMPA

Der Hauptsitz der CIMPA GmbH, einer 100-pro -

zen tigen Tochtergesellschaft von Airbus, befi ndet sich in Hamburg. Seit Beginn

des Jahres 2005 kooperie-ren CIMPA und Brunel eng und schaffen so Komplett-

lösungen für die Fertigungs-industrie.

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› 19

aus den branchen

der Spez ial ist 29

Datenhaltung, die Parallelisierung von Arbeits-schritten und ein abteilungsübergreifender Infor-mationsaustausch. Während zum Beispiel in der Konstruktion an der Detaillierung gearbeitet wird, können in der Arbeitsvorbereitung mit dem gleichen Datenmodell bereits Montagesimula-tionen durchgeführt oder Wartungsunterlagen erstellt werden. Die Leistungsmerkmale einer PLM-Lösung sind abhängig von den gesetzten Prioritäten. Das kann zum Beispiel eine einheit-liche, integrierte Arbeitsumgebung sein, die Pro-zessautomatisierung oder aber die Integration externer Partner.

INFORMATIONEN UNTERNEHMENSÜBER-GREIFEND NUTZBAR MACHEN

Der Spezialist: Wie müssen Entwicklungsprozesse spezifi ziert sein, um PLM-tauglich zu sein?

Heinrich: Dazu nur ein Wort: durchgängig. Alle unter PLM realisierten Maßnahmen haben das Ziel, im Unternehmen existierende Informationen übergreifend zur Nutzung verfügbar zu machen. Gleichgültig, ob es sich um fertigungstechnische Informationen für den Entwickler oder Konstruk-tionsdaten für die technische Dokumentation handelt.

Der Spezialist: In welchen Zeiträumen müssen Unternehmen denken, wenn sie PLM einführen wollen?

Heinrich: Unsere Erfahrungen haben gezeigt, dass von den ersten Gesprächen bis zur Installation mit sechs bis zwölf Monaten zu rechnen ist. Einen Return on Investment (ROI) sollte man realisti-scherweise nicht vor 18–24 Monaten erwarten.

Der Spezialist: Welche Faktoren sind aus Ihrer Erfahrung wichtig für eine erfolgreiche PLM-Ein-führung?

Vorwerk: Kernpunkt ist natürlich das passen- de Konzept, das sich nicht an anbieterspezifi -schen Aussagen orientieren sollte. Um möglichst schnell konkrete (Teil-)Erfolge zu erreichen, ist es ratsam, das ganze Projekt in überschaubare Teil-abschnitte zu gliedern. Wenn PLM-Projekte schei-tern, geschieht dies meist bei der Systemeinfüh-rung, wenn auf die neue Arbeitsweise umgestellt wird. Vom Anwender bis zum Systemadministra-tor müssen alle lernen, mit neuen Werkzeugen, Arbeitsmethoden und Prozessen ihre tägliche Arbeit zu erledigen. Ich persönlich sehe deshalb in der Akzeptanz der neuen Arbeitsweise den Erfolgsfaktor Nummer eins. Würde ich einen Anwender lediglich damit konfrontieren, dass ab morgen sein Bauteil über ein PDM-System ver-waltet wird und er es für die Bearbeitung anfor-dern bzw. anschließend wieder übergeben muss, wäre der Widerstand gegen die neue Arbeitsweise vorprogrammiert. Wird ihm aber bewusst, dass so parallele Änderungen vermieden werden und er stets den aktuellen Versionsstand erhält, ist das Ziel erreicht. Nur wer versteht, warum er etwas anders machen soll, wird diese Veränderung auch akzeptieren.

Der Spezialist: Frau Heinrich, Herr Vorwerk, ich danke Ihnen für dieses Gespräch.

›19Nicht nur in der Entwick-lung und Herstellung komplexer Produkte wie des Airbus A380 hat PLM-Expertise Prozess-optimierung und Kosten-vorteile zur Folge.© Airbus S.A.S 2005

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TEX T › Anja Gleber

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30 der Spez ial ist

Zert if iz ierung erschl ießt Neue Märkte

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Brunel Railmotive wurde als unabhängige Prüfstelle für Schienenfahrzeuge europaweit akkreditiert. Zukünftig wird auf den Testgeländen in Delitzsch und Görlitz auf der Grundlage der DIN EN ISO/IEC 17025 geprüft, was auf europäischen Schienen rollen soll.

auch weltweit verwendet werden können. Damit erschließen sich uns neue Märkte im In- und Aus-land für Kunden, die ihre Fahrzeuge europaweit zulassen wollen“, erläutert Klaus Hempelmann.

BRUNEL RAILMOTIVE ERWIRTSCHAFTET 25 PROZENT DES UMSATZES IM AUSLAND

Zuvor benötigte eine Lok, die im grenzüberschrei-tenden Dienst eingesetzt wurde, die Zulassung aller beteiligten Länder. Für die Strecke von Ber-

Der Deutsche Akkreditierungsrat hat das Kompe-tenz-Center Brunel Railmotive kürzlich im Bereich Zulassung und Versuche als unabhängige Prüf-stelle nach DIN EN ISO/IEC 17025 akkreditiert. Die Anerkennung der Railmotive-Prüfl eistungen nach europäischer Norm bescheinigt zunächst die hohe Qualität der Prüfverfahren; zum anderen stellt diese Akkreditierung sicher, dass die Prüfl eistun-gen für Schienenfahrzeuge im gesamten europä-ischen Raum ebenfalls Anerkennung fi nden. „Um in Europa bestehen zu können, ist eine solche Akkreditierung absolute Grundlage der Arbeit“, unterstreicht Dr.-Ing. Klaus Hempelmann, Lei-ter des Bereichs „Zulassung und Versuche“ bei Brunel Railmotive.

FAHRZEUGE KÖNNEN KÜNFTIG EUROPAWEIT ZUGELASSEN WERDEN

„Bisher wurden unsere Prüfl eistungen im Wesent-lichen für Zulassungen in Deutschland verwendet und die Ergebnisse beim Eisenbahn-Bundesamt vorgelegt.“ Ab Oktober 2006 wird nun voraus-sichtlich die EU-Richtlinie 2001/16/EG zur „Inte-roperabilität im Güterverkehr“ national umge-setzt. Für den Hochgeschwindigkeitsverkehr ist die europäische Zulassung von Schienenfahrzeu-gen auf Basis des einheitlichen Regelkataloges TSI (Technical Specifi cations for Interoperability) bereits in Kraft. „Unser Ziel ist es, dass unsere Prü-fungen für Zulassungen in ganz Europa und später

›20Dr.-Ing. Klaus Hem-pelmann ist Leiter des Bereichs „Zulassung und Versuche“ bei Brunel Railmotive.

INFO

Insgesamt verfügt das Kompetenz-Center Brunel Railmotive über vier Nieder lassungen: Der Hauptsitz befi ndet sich in Berlin, in Delitzsch und Görlitz befi nden sich die Rail motive-Versuchsan-lagen. Seit September 2005 besteht zudem ein Standort im polnischen Wrocäaw.

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der Spez ial ist 31

lin nach Wien bedeutete dies, dass das Fahrzeug bei drei Zu lassungsbehörden – in Deutschland, Tschechi en und Österreich – zugelassen werden musste, da die schnellste Verbindung von Ber-lin über Prag nach Wien führt. Das Transitland Deutschland be scherte dem Spezialisten für die Entwicklung, Erprobung und Zulassung von Schie-nenfahrzeugen bisher u. a. Kunden aus Tsche-

chien, Polen, Spanien, der Schweiz und den Nie-derlanden. Im vergangenen Jahr 2005 hat Brunel Railmotive bereits etwa 25 Prozent seines Umsat-zes im europäischen Ausland realisiert.

www.brunel.de/railmotive

› 21

›21Brunel Railmotive prüft Schienenfahrzeuge aus ganz Europa auf ihre Zulassungsfähigkeit für den Bahnverkehr.

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technische projekte

32 der Spez ial ist

partner für Innovat ion

FALKENBURGER UND PARTNER GMBH

Der Hauptsitz der zum Kompetenz-Center Brunel Dynamics gehörenden Falkenburger und Partner GmbH befi ndet sich in Pfullingen bei Stuttgart. Darüber hinaus beste-hen Ge schäfts stellen in Hamburg, Ingolstadt und Braunschweig. Im Jahr 1999 expandierte das Unter nehmen erneut und gründete eine Niederlas-sung in Prag.

Brunel schafft mit der Bündelung von Know-how in fachspezifi sch orientierten Kompetenz-Centern die Voraussetzung für die Abwicklung komplexer Kundenprojekte. Die thematische Fokussierung der Kompetenz-Center ist jedoch nicht gleichzu- setzen mit eindimensionalem Spartendenken. Ent -scheidender Bestandteil dieses Konzeptes ist die interdisziplinäre Zusammenarbeit der Kompe-tenz-Center. Der Kunde profi tiert von den Syner-gieeffekten, die Entwicklungsprojekten eine hohe Dynamik ver leihen, was mit eigenen Ressourcen oftmals nicht realisierbar wäre. Unter diesem Blickwinkel ist auch die jüngste Entwicklung bei Brunel zu bewerten. Mit dem auf Berechnung und Simulation spezialisierten Tochterunter-nehmen Falkenburger und Partner GmbH sowie der Gründung der auf Elektronik, Mechatronik und Material prüfung spezialisierten Brunel IMG GmbH wird das Leistungsspektrum der Brunel GmbH um Kompetenzen ergänzt, die branchen-unabhängig für eine innovative Produktentwick-lung eine zentrale Rolle spielen. FALKENBURGER UND PARTNER: SEIT 17 JAHREN ERFOLGREICH AM MARKT

Computergestützte Analyse, Simulation und Be- rechnung sind heute fester Bestandteil wettbe-werbs- und technologieorientierter Entwicklungs-konzepte. Die Falkenburger und Partner GmbH ist bereits seit 17 Jahren mit Berechnungsdienstleis-

tun gen, insbesondere im Bereich der numeri schen Simulation, erfolgreich auf dem Markt. In das Kompetenz-Center Brunel Dynamics inte griert, gehört das Traditionsunternehmen seit Ende des Jahres 2005 als 100-prozentige Tochter zur Brunel GmbH. Auf einer breiten Kundenbasis betreibt man das Geschäft rund um die kleinen Quader-, Prismen- und Tetraederelemente, deren Verwen-dung dem bekanntesten Berechnungsverfahren, der Finite-Elemente-Methode (FEM), ihren Namen gegeben hat. Firmengründer Peter Falkenburger hat sein Metier zu Zeiten gelernt, als die notwen-digen Berechnungsgeometrien noch mit Lineal und Bleistift auf dem Papier entworfen wurden – längst vergangene Zeiten, denen angesichts der heutigen Möglichkeiten niemand wirklich nachtrauert. Doch zum besseren Verständnis der komplexen Berechnungsverfahren sowie zur Interpretation der Ergebnisse leistet diese Wis-sensbasis nach wie vor einen wertvollen Beitrag. Heute vertrauen die inzwischen 30 Mitarbeiter auf modernste Technik, um Aufgabenstellungen der linearen Statik und Dynamik, geometrischer und materialbezogener Nichtlinearitäten, statio-närer und zeitabhängiger Temperaturfelder sowie Berechnungen komplexer Faserverbund-Struk-turen, Crashanalysen und Akustik zu bearbeiten. Um dabei der Realität möglichst nahe zu kommen, gewinnen multidisziplinäre Simulationen immer mehr an Bedeutung. Unterschiedliche Berech-nungsdisziplinen und Systeme, wie etwa die

TEX T › Ulrich Feldhaus

Brunel setzt auf Bündelung von Know-how und innovative Produktentwicklung. Berechnung und Simulation sowie Elektronik, Mechatronik und Materialprüfung stehen dabei im Fokus.

›22Die Einsatzgebiete für Analyse-, Berechnungs- und Simulationsanwen-dungen sind branchen-übergreifend und reichen vom Maschinen- und Anlagenbau über den Motoren- und Fahrzeugbau bis zum an spruchsvollen Flugzeugbau.

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› 22

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technische projekte

der Spez ial ist34

metriedaten aller gängigen CAD-Systeme über entsprechende Schnittstellen problemlos verar-beitet werden können. Im speziellen Anwendungsfall der Schienen-verkehrs technik ergänzt Brunel Railmotive als Spezialist für die Entwicklung, Erprobung und Zulassung von Schienen fahrzeugen und deren Bauteilen seine Prüfkompetenz um Leistungen aus Bereichen des Engineerings und der Steue-rungstechnik, in besonderem Maße jedoch der computergestützten Berechnung. DIE ANZAHL VON PROTOT YPEN UND VER-SUCHEN K ANN REDUZIERT WERDEN

Bereits in frühen Entwicklungsstadien lassen sich, lediglich anhand von CAD-Daten und ohne aufwändige Tests, fundierte und realistische Aus sagen über das Bauteil- bzw. Systemverhal-ten treffen. Die Anzahl von Prototypen kann auf diese Weise deutlich reduziert und Versuche können wesentlich zielgerichteter durchgeführt

kinematische Simulation und die Strukturmecha-nik, werden miteinander verknüpft, um Wechsel-wirkungen und Einfl üsse auf das Ge samt system möglichst realitätsnah zu berücksich tigen. Der Begriff „Berechnung“ umfasst heute weit mehr als lediglich die Validierung abgeschlos-sener Konstruktionen. Bereits in der frühen Kon zept phase kann der Einsatz neuer Technolo-gien, Ver fahren und Materialien auf ihre techni-sche Ver wertbarkeit hin untersucht werden. Diese Mög lichkeiten machen die computergestützte Sim ulation immer häufi ger zur Grundlage auch für unternehmenspolitische Entscheidungen und beeinfl ussen Unternehmensstrategien nachhal-tig. Für die Vergabe von Berechnungsaufträgen an externe Partner ist die enge Verknüpfung mit den beim Kunden implementierten Entwick -lungs prozessen – sowohl datentechnisch als auch organisatorisch – unverzichtbar. Entsprechend ist das tech nische Verständnis der anstehenden Auf-gabenstellungen sowie der kontinuierliche Dialog ebenso wichtig wie die Tatsache, dass die Geo-

›23In der computergestützten Berechnung werden alle physikalischen Effekte, die auf Konstruktionen ein-wirken, simuliert.

› 23

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› 24

Die computergestützten Berechnungen bieten ge gen über herkömmlichen Test- und Prüfver-fahren Möglichkeiten, die ansonsten nur in ein-ge schränktem Maße und mit hohem Aufwand realisierbar sind: Mit Variationsrechnungen kann der Einfl uss einzelner Parameter detail-liert un te rsucht werden. Auf Grundlage der viel-fäl ti gen Auswertungsmöglichkeiten erschließt sich ein tieferes Verständnis für Ursachen und Zu sammenhänge eines bestimmten Verhaltens – eine unverzichtbare Grundlage für den Aufbau einer umfassenden, wieder verwertbaren Wis-sensbasis. Nachträgliche, meist kosten- und per-sonalin ten sive, Konstruktionsänderungen lassen sich durch frühzeitige Simulation auf ein Mini-mum reduzieren und Projektlaufzeiten verkürzen sich signifi kant. Im Rahmen des fortwährenden Expansions-kurses erweiterte die Brunel GmbH zu Beginn

werden. Notwendige Prüfl eistungen bei Schie-nenfahrzeugen, die unter anderem zur Zertifi zie-rung von Systemen durchgeführt werden, lassen sich mit deutlich minimiertem Aufwand virtuell am Computer simulieren. Mit den heute verfüg-baren Programmen ist die Analyse nahezu aller entwicklungs relevanten physikalischen Effekte möglich – von der sta tischen oder dynamischen Strukturmechanik und Schwingungsberechnung bis zu Thermoanalysen und Kurzzeitdynamik. Unter anderem ergeben sich Strukturanalysen von Fahrgestellen oder Schweißverbindungen, Aufpralluntersuchungen, kinematische Simu-lationen des Fahrverhaltens, Berechnungen des thermischen Verhaltens von Laufrädern sowie Ermüdungsuntersuchungen zur Optimierung des Langzeitverhaltens. Eine Liste, die sich leicht fort-setzen ließe und die die Bandbreite der Nutzungs-möglichkeiten aufzeigt.

›24Die Pufferkennlinie gibt als Kraft-Weg-Diagramm Auskunft über die Maxi-malwerte der Wege und Pufferkräfte. Die computer-gestützte Auswertung bestimmt die aufgenom-mene Energie.

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› 26

des Jahres 2006 abermals ihr Portfolio um wich-tige Bereiche: Am ehemaligen IMG-Nordhau-sen-Standort in Thüringen gründete der Pro-jektpartner für Technik und Management das Forschungs- und Kompetenzzentrum Brunel IMG GmbH. „Wir haben in Nordhausen die Chance ergriffen, ein eingespieltes Team von 30 lang-jährig erfahrenen Mitarbeitern einzustellen“, erläutert der Geschäftsführer der Brunel GmbH, Carsten Siebeneich, die Hintergründe. Die fachli-chen Schwerpunkte der Brunel IMG GmbH liegen in den Bereichen Electronic Systems, Power Sys-tems und Material Inspection. Vom Prototypen bis zur Kleinserie können unter anderem Elek-tronikkomponenten und Systemsteuerungen am neuen Brunel-Standort in Thüringen produziert werden. Zudem verfügt man über Forschungs- und Versuchseinrichtungen, mit denen aufga-benspezifi sche Grundlagen untersucht und in die Entwicklung integriert werden können. Das von der Brunel IMG GmbH in den drei Kernbereichen angebotene Leistungsspektrum ist so vielfältig wie die damit adressierten Industriesegmente. Zu den Kunden zählen der Elektro- und Ener-gieanlagenbau, der klassische Maschinen- und An lagenbau, die Security- und Fahrzeugindust-

rie sowie Forschungs- und Entwicklungseinrich-tungen. ULTRAKOMPAKTE ANTRIEBSSYSTEME: KLEIN, LEICHT UND ANTRIEBSSTARK Im Bereich Electronic Systems entwickelt und fertigt das Forschungs- und Kompetenzzentrum elektronische Komponenten, Systemsteuerungen und Schaltungstechnik sowohl für die Messge-räteindustrie als auch die Fahrzeug- und Medi-zintechnik. Zu den Leistungen zählen technische Diagnose, Energiemanagement sowie Layout-entwicklung. Insbesondere die Forschungs- und Entwicklungsarbeit in den Bereichen SMD- und THT-Technologie, die Aufbau- und Verbindungs-technologie, Montagetechnologie sowie Klima- und Funktionsprüfung zählen zu den Stärken der Brunel IMG GmbH. Der Bereich Material Inspection beschäftigt sich mit zerstörenden und zerstörungsfreien Prü-fungen wie mechanischer Werkstoffprüfung, Gam-ma radiographie und Infrarot-Thermographie.

DIE LEISTUNGEN DER BRUNEL IMG GMBH IM ÜBERBLICK

Electronic Systems: Entwicklung und Fertigung elektrischer und elektronischer Komponenten und Systeme für Steuerungen, Energiemanagement und technische Diagnose, Layoutentwicklung, Softwareentwicklung sowie programmierbare Logik. Forschung und Entwicklung in den Bereichen SMD- und THT-Technologie, Aufbau- und Verbindungstechnologie, Montagetechnologie, Klima- und Funktionsprüfung. Anwendungsgebiete: vorwiegend im Maschinen- und Anlagenbau, der Fahr -zeug industrie und Security-Industrie.

Power Systems: motorelektrische Antriebssysteme, Berechnung und Auslegung elektrischer Maschinen sowie Leistungselektronik, Steuerungstechnik, Prüfstands-technik etc. Zielgruppe sind vorwiegend die Automobilindustrie, Schienenfahrzeug-hersteller sowie der Maschinen- und Anlagenbau.

Material Inspection: zerstörende und zerstörungsfreie Prüfungen mit modernsten Verfahren und Geräten für Motoren- und Fahrzeugbau, Maschinenbau, Stahlbau, Apparatebau.

› 25

›25Mit Hilfe einer SMD-

Bestückungs maschine (Surface Mounted Devices)

mit neun Bestückungs-linien werden Bauteile auf die Leiterplatten montiert.

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technische projekte

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Die Ent wicklung elektrischer Fahrzeugantriebe – ins be sondere auf Hybrid- und Brennstoffzellen- basis – ist im Bereich Power Systems angesiedelt. So wurde unter anderem für die Nordhäuser Stra-ßenbahn eine innovative neue Antriebslösung entwickelt. Das Hybridschienenfahrzeug „Com-bino Duo“ wurde in Gemeinschaftsarbeit von der Siemens AG und der Brunel IMG GmbH im Auftrag der Nordhäuser Stadtwerke hergestellt. Die Antriebstechnologie basiert auf kleinbau-enden Stromerzeugungsaggregaten – ultrakom-pakte Antriebssysteme (ukA) genannt. Durch ihre kleine, kompakte Bauweise (60 bis 500 kW; bis zu 0,3 kW pro Kilogramm) können sie möglichst ohne Einbuße an Fahrgastraum in, unter oder auf einem vorhandenen elektrisch angetriebenen Straßen- oder Schienenfahrzeug untergebracht werden. Insbesondere wurde ein motorelektri-

sches Aggregat entwickelt, dessen Verbrennungs-motor systemspezifi sch so gesteuert wird, dass er sich drehzahlvariabel den wechselnden Leis-tungsanforderungen anpasst. Dieses Aggregat reagiert demzufolge auf Leistungsschwankungen mit Drehzahl- und Drehmomentänderungen. „Unser tief greifendes Spezialwissen, die eige-nen Fertigungsmöglichkeiten sowie die engen Kontakte zu Forschungsinstituten und Hoch-schulen bieten unseren Kunden die Sicherheit, umfangreiche Projekte effi zient zu realisieren“, betont Gerhard Hoßbach, Leiter des Standortes Nordhausen der Brunel IMG GmbH.

www.brunel.de/dynamicswww.brunel.de/railmotivewww.brunel.de/img

› 26

›26Das ultrakompakte Antriebssystem (ukA) von Brunel IMG ist ein dieselelektrisches Strom-erzeugungsaggregat und setzt sich zusammen aus Verbrennungsmotor, Synchrongenerator und Leistungselektronik.

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› 27

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mitarbeiter und karRiere

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Synergieeffekte nutzen

„Junge, dir fehlt die maghrebinische Gelassenheit der Seele“, bekam er zu Beginn seiner berufl ichen Laufbahn oft von einem langjährig erfahrenen Kollegen zu hören. Frisch von der Fachhochschule kommend war er bestrebt, seine Fachkenntnisse endlich anwenden zu können. Mittlerweile blickt Ralph Niemeyer auf 26 Jahre Berufserfahrung zurück. Nach zahlreichen herausfordernden tech-nischen Projekten in vielen Teilen der Erde weiß der Master-Software-Designer bei Brunel Commu-nications mittlerweile selbst um das Geheimnis jener Form von Gelassenheit. Seinerseits versucht er nun, seine Erfahrung an junge Berufseinsteiger weiterzugeben: Er begleitet und unterstützt hoch- qualifi zierte Nachwuchsingenieure bei ihren ers-ten Projekten für Kunden des Hildesheimer Kom-petenz-Centers.

ORGANISATIONSABLÄUFE UND -UMFÄNGE REALISTISCH EINSCHÄTZEN

„Es ist schön zu sehen, dass die jungen Kollegen mit der gleichen Impulsivität an die Projekte her-angehen, wie man es selbst damals getan hat“, stellt der Software-Designer amüsiert fest. „Die so genannte ¸Gelassenheit der Seele‘, wie sie die alten Hasen vom Fach auszeichnet, erlangt man erst mit wachsender Erfahrung – wenn man gelernt hat, Organisationsabläufe und -umfänge im Projektmanagement realistisch abzuschätzen.“ Doch wie sich zeigen sollte, konnte auch ein „alter

Hase“ wie Ralph Niemeyer von den Synergieef-fekten profi tieren, die ein gemischtes Projektteam aus Einsteigern und langjährig erfahrenen Mitar-beitern hervorbringt. Markus Frewel (29) und Radoslaw Heine (29) hatten gerade ihr Hochschuldiplom in der Tasche, als sie von Mai 2004 bis Oktober 2005 für Brunel Communications ihr erstes Kundenprojekt bear-beiteten. Ralph Niemeyer war der Teamleiter. Gemeinsam betreuten sie ein Teilprojekt zur Ent-wicklung einer neuen elektronischen Stellwerks-generation für den Kunden Bombardier Trans-portation. Mit dem Ziel, die bis zu 100 Jahre alte Stellwerkstechnik im deutschen Schienenverkehr zu ersetzen, waren die Projektteams von Brunel Communications bisher in die Entwicklung des Decentral Communication Transcoder (DCT) und des Achszählsystems auf der Stellebene einge-bunden. Für die Spezialisten um Ralph Niemeyer stand die Konzeption der Stellwerkslogik im Vor-dergrund. Am ersten Tag ihres Projekteinsatzes saßen sie alle gemeinsam im Auto auf dem Weg zum Kun-den im Nachbarort. „In diesem Moment war ich sehr froh, dass wir mit Ralph Niemeyer einen er -fah renen Ansprechpartner hatten, der die Struk-turen und Abläufe im Projektmanagement sehr genau kennt“, erinnert sich der Elektrotechnik-ingenieur Markus Frewel heute. „Das war ja alles neu und spannend für uns“, stimmt Radoslaw Heine zu. „Die Hochschulen geben einem dieses

TEX T › Anja Gleber CO-AUTOREN › Ralph Niemeyer, Markus Frewel, Radoslaw Heine – Brunel Communications FOTOS › Christina Keim

Im Kompetenz-Center Brunel Communications arbeiten erfahrene Experten zusammen mit hochqualifi zierten jungen Ingenieuren an innovativen Lösungen für Kunden. Dabei profi tieren alle Projektbeteiligten von dem vielschichtigen Know-how.

DIE BRUNEL-AK ADEMIE

Gezielte Qualifi kation wird im Bereich der Hochtechnologien immer wichtiger. Die Brunel-Akademie unter stützt sowohl die Weiterentwick-lung von Mitarbeitern als auch die gezielte High-Potential-Förderung. Die Schulungsteilnehmer wer-den direkt auf die neuen Anforderungen vorbereitet. Die Seminare werden von Experten aus Praxis und Forschung geleitet.

›27Der erfahrene Software-De signerRalph Niemeyer (M.) gibt sein Wissen an die jungen Kollegen Radoslaw Heine (l.) und Markus Frewel weiter.

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mitarbeiter und karRiere

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› 29

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Wissen nicht mit. In die Abläufe und die Etikette des Arbeitslebens wächst man erst mit zuneh- mender Praxis hinein.“ Vor Ort bei Bombardier Transportation wurden die Spezialisten herzlich empfangen. Man erörterte die Projektanforde-rungen und verteilte anschließend die Aufgaben. Markus Frewel und Radoslaw Heine waren ver antwortlich für die Entwicklung des Sys -tem designs der Stellwerkslogik, während der Software-Designer Ralph Niemeyer den Part der Prüfung übernahm. Erstmals setzte der Kunde das UML-Entwicklungstool I-Logix Rhap-sody ein, das den Ingenieuren er möglicht, Sys-tem- und Software-Design grafi sch zu spe- zifi zieren und das System während des Ent -wicklungsprozesses zu simulieren sowie auto-matisch zu validieren. „Meine Programmierkennt-nisse aus der Fachhochschule Dortmund habe ich durch meine studienbegleitende Tätigkeit am Dortmunder Fraunhofer-Institut für Materialfl uss und Logistik (IML) erweitern können“, erzählt der Informations- und Kommunikationsin ge-nieur Radoslaw Heine. „Doch das I-Logix-UML-Tool Rhapsody war auch mir von der Handhabung her neu.“ Da das Tool auch beim Kunden das erste Mal eingesetzt wurde, war eine Einführungsschulung gemeinsam mit den Mitarbeitern von Bombardier Transportation vorgesehen. Die Einarbeitung lief

schließlich schnell und problemlos: „Der Umgang mit dem neuen Tool stellte für mich wie auch für Radoslaw später kein Problem dar“, berichtet Markus Frewel über den Verlauf des Projektes.

HOHE MOTIVATION UND LERNBEREITSCHAFT

„Dies wiederum haben wir von der Hochschule mitnehmen können – sich schnell und fl exibel in neue Anwendungen und Thematiken einarbei-ten zu können.“ „Eine Schlüsselqualifi kation, die man sich nicht nur in der Projektarbeit immer bewahren sollte“, spricht der Teamleiter Ralph Niemeyer aus Erfahrung. „Junge Kollegen sind in jeglicher Hinsicht sehr offen und lernbereit.“ Alles ist noch weitgehend neu und unbekannt – sowohl auf fachlicher wie sozialer Ebene. Die Sinne sind geschärft, die Motivation groß, Leistung zu brin-gen und zu überzeugen. Neues Wissen wird noch ohne Vorbehalte aufgesogen. Diese dankbaren Eigenschaften honorierten auch die Teamkollegen von Bombardier Transportation und gaben ihre Erfahrung gerne an die jungen Ingenieure weiter.

›28Das UML-Tool I-Logix Rhapsody ermöglicht

es bereits während der Entwicklung, das System

zu simulieren und zu validieren.

›29In den Schränken der

Stell ebene gewährleistet die Elektro nik u. a. die

Steue rung und Über wa -chung von Signalen und

Weichen. © Bombardier Trans-

portation

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mitarbeiter und karRiere

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„Manch erfahrener Ingenieur verfügt zwar über eine ausgezeichnete fachliche Qualifi kation, doch hat er damit unter Umständen seine Flexibilität eingebüßt, wie er bestimmte Problemstellungen angeht“, so Ralph Niemeyer. In dieser Hinsicht konnten im Projektteam auch insbesondere dort Synergieeffekte gewinn-bringend genutzt werden, wo es der noch unge-trübte Blick der jungen Spezialisten erlaubte, Anwendungen und Arbeitsprozesse zu hinter-fragen und neue Impulse zu geben. „So kam es vor, dass ich mitunter selbst ins Grübeln kam, ob gewisse Prozesse nach wie vor effi zient genug sind“, erzählt der leitende Software-Designer. „Im Austausch miteinander, wie bestimmte techni-sche Herausforderungen anzugehen sind, kamen auf diese Weise ganz neue und unkonventionelle Sichtweisen mit ins Spiel.“

Die konstruktive Interaktion im Team ermög-lichte sicherlich auch eine nahezu freundschaftli-che Beziehungsebene, die sich mit der Zeit entwi-ckelt hatte. „Das ist natürlich von Team zu Team unterschiedlich“, beschreibt Ralph Niemeyer, „aber oftmals ist der Kontakt unter langjährigen Mitarbeitern leider nur auf die fachliche Ebene beschränkt.“ Letzten Endes profi tierten sowohl das Projektteam als auch der Kunde von der Zusam-menarbeit in der Kombination hochschulnaher und langjährig berufserfahrener Mitarbeiter. „Es konnten gute Erfolge in der Projektarbeit erzielt werden, die sich aufgrund der gemischten Qua-lifi kations- und Erfahrungslevel noch potenziert haben“, resümiert das Brunel-Entwicklungsteam zufrieden.

www.brunel.de/communications

›30Auf der Sicherungsebene des Stellwerkes läuft die von Brunel mitentwickelte Software.© Bombardier Trans-portation

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TEX T › Daniel Günther

querdenken

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Fre iheit unter wasser :Atmen Wie e in F isch

Wasser atmen zu können, begann er im Sommer 2000 mit der Forschung. „Ich wusste, dass sich in Meerwas-ser naturgemäß zwischen 1,5 und 2,5 Prozent gelöste Luft befi ndet.“ Es galt also, diese Luft aus dem Was-ser zu extrahieren. Bodner berief sich auf das so genannte Henry-Ge-setz, benannt nach dem englischen Chemiker William Henry. Das Ge-setz besagt, dass die Menge eines

Es ist wie der Traum vom Fliegen. Schon viele Generationen von Wissenschaftlern und Ingenieuren suchen nach einer Mög-lichkeit, wie Fische im Wasser zu atmen. Bis heute sind Tauch-gänge, ob im U-Boot, in Unterwasserlabors oder beim Sporttau-chen, von Luftvorräten abhängig, die komprimiert mitgeführt werden müssen. Dank einer neuen Erfi ndung scheint die Zeit der großen Luftvorräte und schweren Pressluftfl aschen beendet: Denn dem israelischen Ingenieur Alon Bodner (50) ist es gelungen, ein batterie betriebenes Unterwasser-Atemsystem zu entwi-ckeln, das mittels einer Zentrifuge Luft aus dem Wasser extra-hiert. Den Denkanstoß gab der Sohn des in New York geborenen Israelis: „Mein damals siebenjähriger Sohn Aviv fragte mich, ob Menschen auch ohne Luftfl aschen tauchen können. Die Frage ließ mich nicht mehr los und ich begann, mich mit dem Thema zu beschäftigen.“ Da Bodner selbst ein begeisterter Taucher ist, wusste er um die Probleme der herkömmlichen Tauchtechnik: Kurze Tauchzeiten durch den begrenzten Luftvorrat und einge-schränkte Bewegungsfreiheit durch schwere Pressluftfl aschen sind nur einige davon.

ES GEHT DARUM, DIE VORHANDENE LUFT AUS DEM WASSER ZU EX TRAHIEREN

In Atom-U-Booten und der internationalen Raumstation ISS sind bereits Systeme im Einsatz, die durch Elektrolyse Sauer-stoff aus Wasser gewinnen. Dieser chemische Vorgang bedarf jedoch sehr vieler Energie, was den Einsatz bei Tauchgängen unmöglich macht. Alon Bodner suchte nach einer mechani-schen Lösung, schließlich atmen Fische auch ohne großen En-ergieaufwand. Getrieben von dem Traum, wie ein Fisch unter

Alon Bodner ist begeisterter Taucher. Der Ingenieur hat ein Atemsystem entwickelt, das aus dem Meerwasser den Luftanteil extrahiert. Ein erster Test in einem Unterwasser-Habitat soll zeigen, ob das System praxistauglich ist.

›31Der israelische Ingenieur Alon Bodner nimmt sich die Natur als Vorbild. Sein System trennt auf mechanischem Weg Luft von Wasser.

›32Herkömmliche Tauchau-tomaten bieten nur einen begrenzten Vorrat an Atemluft und sind zudem schwer und sperrig.

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› 32

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Wasser (H2O) ft (O2 + Ar + N2)-Gemisch

Luft-Wasser-Trennung durch Zentrifugalkräfte

AbleitungLuft

Air Bag mitKompression

(ca. 8 l)

CO2-Reiniger Meerwasser

Meerwasser

+

Ausscheidung des Wassers

querdenken

der Spez ial ist44

in Flüssigkeit gelösten Gases proportional zum Druck auf die Flüssigkeit ist. Dieses Prinzip kennt jeder vom Öffnen einer Fla-sche Mineralwasser. Das in der Flüssigkeit gelöste Kohlensäu-regas (CO2) wird durch den Druckabfall extrahiert und strömt als Gas aus.

BODNER ZENTRIFUGIERT WASSER UND GEWINNT LUFT MIT EINEM SAUERSTOFFANTEIL VON 34 PROZENT

Diesem Prinzip folgte Alon Bodner und entwickelte einen Zylinder, in dem sich eine Zentrifuge befi ndet. „Mittels einer elektrischen Pumpe wird Wasser in einen geschlossenen Zylinder gepumpt. Darin wird das Wasser durch eine Zentri-fuge beschleunigt. Durch die schnelle Drehbewegung entsteht Unterdruck im Zentrum des Zylinders, wodurch die gelöste Luft vom Wasser separiert wird. Die so gewonnene Luft wird im Anschluss an den benötigten Druck angepasst und in einen Luftbehälter geleitet.“ Bodner betont, dass durch den Prozess

tatsächlich Luft und nicht etwa Sau-erstoff gewonnen wird. Die extra-hierte Luft ist mit 34 Prozent sehr sauerstoffreich und somit dem beim Tauchen eingesetzten Atemgasge-misch Nitrox ähnlich. Die Idee, Luft aus Meerwasser zu extrahieren, war geboren. Doch genügt der Luftanteil im Wasser, um Menschen damit ausreichend zu versorgen? Das Team um Bodner intensivierte seine Forschungen und stellte Berechnungen an. Dabei unterschieden sie den Einsatz offe-ner und geschlossener Atemsys-teme. In der Regel werden beim Tauchen offene Systeme benutzt: Die ausgeatmete Luft wird in das

DARSTELLUNG DES ATEMSYSTEMS

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querdenken

45der Spez ial ist

Wasser abgegeben. Folglich ist der Luftbedarf sehr viel höher als bei geschlossenen Systemen, in denen die ausgeatmete Luft aufbereitet und in den Atemkreislauf zurückgeführt wird. Die Berechnungen ergaben einen durchschnittlichen Sau-erstoffverbrauch von etwa einem Liter pro Minute für einen Taucher bei moderater Anstrengung. Die benötigte Sauer-stoffmenge ist in jeder Tiefe gleich. Für geschlossene Systeme genügt laut Bodner eine Durchfl ussmenge von 200 Liter Wasser pro Minute, um ausreichend Luft für die Versorgung von Men-schen zu extrahieren. Für offene Systeme ist der Durchfl uss von 2.000 Liter Wasser pro Minute nötig. Das würde der Pumpe eine sehr hohe Leistung abverlangen und der Energiebedarf wäre sehr hoch. Deshalb, so Bodner, soll seine Erfi ndung vor-rangig in geschlossenen Systemen eingesetzt werden. Hierfür hält er auch die Energiefrage für lösbar: „Beim Einsatz eines geschlossenen Atemsystems genügt eine Batterie von einem Kilogramm für einen einstündigen Tauchgang.“

ZWEIFEL AN AUSREICHENDER LUFTSÄTTIGUNG UND BEDENKEN WEGEN SCHADSTOFFANTEILEN

Kritiker geben zu bedenken, Bodners Berechnungen von einem Liter Sauerstoffverbrauch pro Minute seien zu knapp kalku-liert. Zudem gibt es tote Zonen in Gewässern, in denen die Luft-sättigung gering bzw. der Schadstoffanteil hoch ist. Doch Bod-ner zeigt sich gelassen: „Ich weiß um die technischen Probleme. Der von uns kalkulierte Luft- und Energieverbrauch ist natür-lich als Durchschnittswert berechnet.“ Für den Fall, dass nicht

genügend Sauerstoff in der Wasse-rumgebung vorhanden ist, will Bod-ner ein Notfallsystem entwickeln, das die Luftversorgung mit Hilfe von Sauerstoffsensoren per manent kon-trolliert und kleine Reserve-Press-luftfl aschen enthält. Derzeit laufen die Vorbereitun-gen für den ersten Praxistest in einem Unterwasser-Habitat in Aus-tralien. Erstmals wird dort das Sys-tem in einem natürlichen Gewässer eingesetzt und eine Forschungsein-heit unter Wasser mit Luft versor-gen. Nach dieser Erprobung soll das Hauptaugenmerk auf der Entwick-lung von U-Boot- Systemen liegen. „Ich kann bei einem U-Boot auf bereits vorhandene Energieversor-gung und auf ein Ventilationssystem inklusive Luftaufbereitung sowie eine Pumpe zurückgreifen.“ Ein wenig komplizierter gestaltet sich die Systemlösung für individuel le Taucher. Der Erfi nder plant, das Sys-tem in Taucherwesten zu integrieren; bis 2008 sollen diese auf dem Markt erhältlich sein. Auch die rechtlichen Vorbereitungen sind bereits getrof-fen: Bodner hat das System in den USA und Europa patentieren lassen. Trotz der noch bevorstehenden Herausforderungen ist Bodner sei-nem Traum, wie ein Fisch unter Wasser zu atmen, sehr nahe. Und dass er von den Fischen inspiriert wurde, wird auch zukünftig deutlich erkennbar sein, denn das System trägt den Namen „LikeAFish“.

www.likeafi sh.biz

›33Alon Bodner würde sein System gerne in Unter-wasser-Habitaten wie z. B. dem „Aquarius“ zum Einsatz bringen.

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panorama

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47der Spez ial ist

auf dem wasser gelten andere Regeln

„Es ist ein grausamer Sport, dieses Ozeanrennen!“ beschwert sich Skipper Grant Wharington mit Blick in den Himmel. Fünf Tage Flaute, jetzt end-lich bekommen sie Nordwestwind und machen Tempo. Der Wind strafft die Segel. Brunel-Skipper Wharington ist optimistisch: „Wir hoffen, dass wir das Defi zit aufholen können. Wir arbeiten hart daran, schließlich segeln wir gegen die Besten der Welt.“ Der Skipper rückt seine Kopfbe deckung gerade, die Sonne brennt. Die australische Küste in Sichtweite, lautet das Kommando endlich „Shorts und Sonnencreme“. Die zuvor zurückge-legte Route durch das Südpolarmeer war hart: Eisiger Wind und eine Wassertemperatur von sechs Grad haben das Boot extrem ausgekühlt. Selbst unter Deck blieb eine dumpfe Kälte. „Wegen Eisbergen mussten wir unseren Kurs ändern und erheblich weiter nördlich segeln, deshalb konn-ten wir die Winde nicht nutzen.“ Die See im Süd-polarmeer ist rau, aber das Klischee vom harten Seebären wird hier nicht bedient. Profi lierung und Egoismen bleiben an Land zurück, denn auf dem Wasser gelten andere Regeln: „Allein bist du ein Nichts, allein bist du verloren.“ DIE PERFEKTE MISCHUNG AUS ERFAHRENEN PROFIS UND JUNGEN SEGLERN

Allen Widrigkeiten zum Trotz ist die Stimmung an Bord gut, das zehnköpfi ge Team ist die perfekte Mischung aus erfahrenen Profi s und jungen Seg-

lern. Mit 20 Jahren ist Matt Bartlett nicht nur der Jüngste an Bord, sondern gleichzeitig der jüngste Teilnehmer am diesjährigen Rennen. Diese Erfah-rung teilt er mit Navigator Matthew Humphries. Der Brite segelte bereits mit 18 Jahren das Whit-bread Race, das im Jahr 2001 zum Volvo Ocean Race umfi rmierte. Was zählt, ist das Teamwork auf See. Kürzlich musste ein Crewmitglied bei rauem Seegang über Bord gehen, um das 500 m2 große Vorsegel im eisigen Wasser frei zu schneiden, das sich im Ruder des Schiffes verhakt hatte. Das Segel

Das Volvo Ocean Race gilt als eines der härtesten Hochseerennen der Welt. Skipper Grant Wharington vom Brunel-Team setzt dabei voll auf Teamwork. Nur so gelingt es, extremen Stürmen, treibenden Eisbergen und tagelangen Flauten zu trotzen.

TEX T › Maren-Britt Dahlke

›34Zwischen den einzel-nen Hochseeetappen werden in den Zielhäfen Kurzstrecken rennen zwischen den Booten ausgetragen.

›35Volle Konzentration: Zum Segeltrimmen gehört nicht nur Kraft, sondern auch Fingerspitzengefühl. Mark Fullerton (l.) und Fraser Brown beweisen beides.

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48 der Spez ial ist

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›36 Vom Winde verweht: Die Crew-Mitglieder ber-gen kurz vor der Einfahrt in den Etappenzielhafen ein Segel.

www.brunelteamwork.comwww.volvooceanrace.org

sondern um Etappen zu gewinnen“, betont Bru-nel-Skipper Wharington. Zum Erreichen dieser Zielvorgabe wird die Mannschaft um zwei weitere Profi s aufgestockt. Die Profi segler vom Team Brunel haben Rekorde gebrochen und die Welt umsegelt. Pioniergeist wohnt ihnen inne. „Die meisten wechseln nach 17 Tagen zum ersten Mal die Wäsche“, lacht Wha-rington. Doch was sich nach Männerwirtschaft anhört, ist reale Kalkulation. Jedes Gramm zu viel fällt negativ in die Gewichtsbilanz und reduziert die Geschwindigkeit. Auch die Sauberkeit der Kombüse leidet: „Irgendwann schmeckt auch der Kaffee nach einer Zwei-Minuten-Instant-Nudel-suppe.“ Doch jede Minute an Bord ist ausgefüllt mit Arbeit, und während der wenigen Freizeit wird Schlaf nachgeholt. Für die Brunel-Crew ist dies eine Herausforderung, die den vollen Einsatz jedes Einzelnen fordert. Aber die gemeinschaft-liche Stärke des Teams konnte bisher noch jede Hürde meistern. Eine Symbolik, mit der sich jeder Bruneller leidenschaftlich identifi ziert.

war ins Wasser geweht, als die Befestigung am Mast dem Wind nicht mehr standhielt. Es konnte schließlich, wenn auch in mehreren Teilen, geret-tet werden. Nach einem Tag Arbeit hinter der Nähmaschine blähte sich das Segel dank des geübten Zusammenspiels erneut im Wind. Die erstmals bei diesem Rennen eingesetzten Volvo-Open-70-Boote versprechen mehr Dyna-mik, denn sie sind deutlich länger als ihre Vorgän-ger. Zudem sind sie mit einem Schwenkkiel und 28 Prozent mehr Segelfl äche ausgestattet. Das ver-besserte Verhältnis von Rumpfl änge zu Verdrän-gung sowie das geringere Gewicht hat beträcht-liche Auswirkung auf die Geschwindigkeit. Das Brunel-Team entscheidet sich, für zwei Etappen auszusetzen, um sein Boot zu optimie-ren und nachzurüsten. „Das ist nicht gegen die Regeln“, erklärt der Skipper. Während der ersten Etappen machte der Mast Probleme, auch fi el das elektronische System zeitweilig aus und die Win-den fl ogen quer über das Deck. Das Brunel-Team nutzt die Auszeit, um die Defekte zu beheben. „Wir sind nicht hier, um einfach nur mitzusegeln,

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termine

Juni b is September 2006

Messen und veranstaltungen

INNOTRANS 2006, BERLINDie InnoTrans hat sich als internationaler Branchentreffpunkt der Schienen verkehrstechnik etabliert. Über 1.400 Aussteller aus 36 Ländern werden ihre Produkte und Dienstleistungen rund um den Güter- und Personenverkehr auf der Schiene 50.000 Fachbesuchern aus aller Welt präsen tieren. www.innotrans.de

61 . IAA NUTZFAHRZEUGE, HANNOVERDie Internationale Automobilausstellung IAA Nutzfahrzeuge ist die inter-nationale Plattform für alle, die Nutzfahrzeuge entwickeln, herstellen oder verwenden. 750 Aussteller aus der Zulieferindustrie, Logistikanbieter, Verlage und Dienstleister präsentieren ihre Produkte. www.iaa.de

22. SMM, HAMBURGDie SMM – Shipbuilding, Machinery & Marine Technology ist die größte Schiffbaufachmesse der Welt. In diesem Jahr fi ndet die SMM erstmals in den Hallen der Neuen Messe Hamburg statt. Über 1.500 Aussteller erwar-ten 40.000 Fachbesucher. www.hamburg-messe.de

Meilensteine

Christopher Cockerell wird geboren. Der britische Ingenieur entwickelt in den 50er Jahren ein Luftkissenfahrzeug, das er Hovercraft nennt. 1969 wird Cockerell für seine Erfi ndung zum Ritter geschlagen.

Dem schwedisch-amerikanischen Elektroingenieur Ernst Fredrik Werner Alexanderson gelingt die erste Fax-Übertragung über den Atlantik.

Der Panamakanal wird mit der ersten Schiffsdurchfahrt eröffnet und ver-bindet auf 82 Kilometer Länge den Atlantik mit dem Pazifi k. Der Seeweg von New York nach Los Angeles, ehemals etwa 22.500 Kilometer, verkürzt sich so um ca. 13.000 Kilometer.

19. – 22. Sept. 2006

21. –28. sept. 2006

26. – 29. Sept. 2006

4. Juni 1910

5. Juni 1924

15. August 1914

49der Spez ial ist

termine

›26. – 29. 09.Die SMM 2006 stellt zahl-

reiche Innovationen vor, die den hohen Ansprüchen

an wettbewerbsfähige Schiffe gerecht werden.

› 19. – 22. 09.Besuchen Sie Brunel

Railmotive auf der InnoTrans 2006.

AUSGABE 05 || Juni 2006

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?

der Spez ial ist50

Innovat ive „Sachen machen!” und gewinnen

Response

Beim Brunel-Ideenwettbewerb ist Kreativität gefragt: Gestalten Sie einen ungewöhnli chen Bilder-rahmen, senden Sie uns Fotos oder Grafi ken, die symbolisieren, was für Sie innovative „Sachen machen“ bedeutet, oder reißen Sie eine Idee für eine zukunftsträchtige Datenübertragung an.

Der beste Beitrag in jeder Kategorie wird mit einem digitalen Bilderrahmen prämiert. Einsendeschluss ist der 30.08.2006.

1.

2.

3.

FOTOS / GRAFIKEN ZUM THEMA „SACHEN MACHEN“

Wer oder was symbolisiert für Sie „Sachen machen“? Was machen Sie? Was machen die Menschen in Ihrem Umfeld?

GESTALTUNG DES BILDERRAHMENS

Lassen Sie Ihrer Kreativität freien Lauf und gestalten Sie aus Materialien Ihrer Wahl einen individuellen Bilderrahmen.

KONZEPT FÜR DIE DATENÜBER-TRAGUNG

Wie sieht die Datenüber-tragung der Zukunft aus? Innovative Ideen(-ansätze) sind gefragt.

SACHEN MACHEN!

„Sachen machen!“ ist eine von Brunel unterstützte Aktion des Vereins Deut-scher Ingenieure (VDI), die den Mut zur Verände-rung am Technologiestand-ort Deutschland fördern soll. Wir belohnen Ihren Einfallsreich tum bei unse-rem Ideen wett bewerb mit drei digitalen 7-Zoll-Bilder-rahmen von Philips.

Mehr Informationen zu den einzelnen Kate gorien: Siehe Karten.

Page 51: Der Spezialist - Ausgabe 05

AUSGABE 05 || Juni 2006

impressum

REDAKTIONSANSCHRIFT

Brunel GmbH, Redaktion „Der Spezialist“Airport City Hermann-Köhl-Str. 1a, 28199 [email protected]

HERAUSGEBER

Brunel GmbH

VERANTWORTLICHER REDAKTEUR (V. I. S. D. P.)

Carsten Siebeneich, Geschäftsführer Brunel GmbH

REDAKTION

Dialog Public Relations, BremenGfG / Gruppe für Gestaltung GmbH, Bremen

KONZEPT UND GESTALTUNG

GfG / Gruppe für Gestaltung GmbH, Bremen

FOTOGRAFIE (COPYRIGHTS)

Grafi k: Knesebeck Verlag (1, 3, 5–8), SRI (2), tzi/Universität Bremen (4), Hans-Arthur Marsiske (9), Steffen Jähde (10)Sofern nicht abweichend, alle Angaben als Bildnum-mern: Horst Zuse (01 –03, S. 9), Messe Bremen (04–06), Hans-Arthur Marsiske (07), Prof. Andreas Birk (S. 13), Team Informatikjahr (08), Prof. Dr. Matthias Jarke (S. 15), Corbis (09), japan-photo (10), Jan Brand (11, 12), Brunel GmbH (13, S. 21, 25, 34–36), F. Le Driant / FloreAlpes.com (S. 21), ESA-J. HUART (14), ESA (15), Architekten Axel Schultes/ Charlotte Frank (S. 24), ESA-P. CARRIL (16, 17), Christina Keim (18, 27, 28), CIMPA GmbH (S. 28), Airbus S.A.S. 2005 (19), Tom Kleiner (20–24), Brunel IMG GmbH (26), Bom-bardier Transportation (29, 30), Alon Bodner (31), Getty Images (32), NOAA’s Undersea Research Center at the University of North Carolina, Wilmington (33)

DRUCK

Druckerei Girzig + Gottschalk GmbH, Bremen

ERSCHEINUNGSWEISE

3 Ausgaben / Jahr, Aufl age 28.000 Stück

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Hermann-Köhl-Str. 1 a 28195 Bremen

Tel.: 0421 / 1 69 41-0 [email protected]

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GESTALTUNG DES BILDERRAHMENS

KONZEPT DER DATENÜBERTAGUNG AUF DEN MONITOR

FORMAT: min. 720 x 480 Pixel, max. bis zu 3,5 MB groß

MATERIAL: Bilder, Zeichnungen, Fotografien – digitalisiert!

BETREFF: „Motiv“

EINSENDUNG UNTER: [email protected]

FORMAT: /

MATERIAL: vorzugsweise PDF, sonst Word-Dokument

BETREFF: „Daten“

EINSENDUNG UNTER: [email protected]

MOTIVE ZUM THEMA „SACHEN MACHEN!“

FORMAT: Bildfläche (137 mm x 91 mm) freilassen, nach außen variabel

EINSENDUNG BIS: 30.08.2006

EINSENDUNG EINES DIGITALFOTOS DES RAHMENS UNTER: [email protected] PER POST AN: Brunel GmbH l Marketing & Kommunikation l Airport City Hermann-Köhl-Str. 1a l 28199 Bremen

BETREFF: „Rahmen“

EINSENDUNG BIS: 30.08.2006

EINSENDUNG BIS: 30.08.2006

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CHANCE 1 – IDEENK ATEGORIE „RAHMEN“

CHANCE 2 – IDEENK ATEGORIE „MOTIV“

GESTALTUNG DES RAHMENS

Machen Sie Sachen! Verleihen Sie dem digitalen Bilderrahmen einen individuellen Charakter. Gestalten Sie einen Rahmen nach Ihrer Vorstellung und lassen Sie Ihrer Kreativität dabei freien Lauf. Der Fantasie in der Materialauswahl sind keine Grenzen gesetzt. Sie können mit Metall, Holz, Papier, Gips oder anderen Werkstoffen arbeiten. Überraschen Sie uns! Einzige Bedingung: Der von Ihnen entworfene Rahmen muss zu dem Format (Bildfl äche: 137 mm x 91 mm) des Originals passen.

BILDMOTIVE ZUM THEMA „SACHEN MACHEN!“

Sie haben eine konkrete Vorstellung von Bildern, die das Thema „Sachen machen!“ perfekt illustrieren? Dann senden Sie uns die Fotos, Illustrationen, Grafi ken oder Zeichnungen, die auf dem Monitor zu sehen sein sollen. Zeigen Sie uns mit einem Einzelbild oder in einer Serie von bis zu fünf Bildern (min. 720 x 480 Pixel, max. bis zu 3,5 MB groß), welche Sachen Sie machen. Schreiben Sie uns eine kurze Erklärung, was auf den Bildern zu sehen ist und warum sie zur VDI-Aktion „Sachen machen!“ passen.

IDEENANSATZ FÜR EINE INNOVATIVE DATENÜBERTRAGUNG

Gibt es alternative Konzepte zur Datenübertragung von Bildern, Videos, MP3? Schicken Sie uns Ihren Ideenansatz, wie sich in naher oder ferner Zukunft Daten in anderer als bekannter Weise auf einen digitalen Bilderrahmen übertragen lassen.

CHANCE 3 – IDEENK ATEGORIE „DATEN“

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