12
1 ICPC 2007 - 2.1 Die Abgasnachbehandlung für Nutzfahrzeuge – Technologien und Strategien für die Zukunft Dipl. Ing. Wolfgang Maus Dipl. Ing. Rolf Brück EMITEC GmbH Copyright © 2007 AVL List GmbH ABSTRACT Die Diskussion um schärfere Abgasgrenzwerte insbesondere hinsichtlich Partikel- und Stickoxidemissionen (NO x ) ist in Europa ein aktuelles Thema. Mit Blick auf die amerikanische US2010 Gesetzgebung werden auch für Europa für 2012 (EU VI) schärfere Grenzwerte gefordert. Für die Nutzfahrzeughersteller und die Zulieferer stellt sich damit die Frage, in welche Richtung die Entwicklung betrieben werden soll. Ausgehend von den Erfahrungen bei der Umsetzung von EU IV und EU V wird deutlich, dass EU VI nicht alleine nur durch Weiterentwicklungen des Motors hinsichtlich Verringerung der NO x und/oder Partikelemissionen erreicht werden kann, sondern dass ein wirtschaftlich günstiges Gesamtpaket mit der Abgasnachbehandlung geschnürt werden muss. Die Verringerung dieser Emissionen ist speziell bei Nutzfahrzeugen insbesondere auch unter dem Aspekt des Trade-offs mit der CO 2 -Emission zu sehen, da der damit verbundene Kraftstoffverbrauch einen wesentlichen Einfluss auf die Betriebskosten hat. Im Folgenden werden mögliche Szenarien der zukünftigen Emissionskonzepte an Hand von Beispielen dargestellt und diskutiert. In Europe the discussion about more stringent emission legislation in particular with regard to particulate- and nitrogen oxides (NO x ) emissions is ongoing. Having the American US2010 emission legislation in mind there is a demand for a stringent Europe 2012 EU VI legislation. For the heavy duty truck manufacturer and the suppliers the question appears what the right direction for development is. Looking at EU IV and EU V applications it is clear that EU VI can not be achieved by new engine developments only reducing particulate and/or NO x emissions, but an economical efficient overall package including the exhaust gas aftertreatment has to be tied up. For heavy duty trucks in addition the trade off between PM- and NO x -reduction on one hand and on the other CO 2 emissions, thus fuel consumption and running costs, has to be taken into consideration. In the following possible scenarios of future emission concepts will be demonstrated and discussed. Einleitung Die europäischen Richtlinien zur Immissions- belastung in den Städten zeichnen sich als wirksames Instrument aus, weitergehende Forderungen zum Umweltschutz durchzusetzen. Da Städte und Kommunen nachweisen müssen, alles Denkbare zur Einhaltung dieser Richtlinien zu tun, wird über die Bildung von Umweltzonen oder Aussperrung von Fahrzeugen bestimmter Schadstoffklassen aus den belasteten Städten offen diskutiert. Am Beispiel der Feinstaub-Richtlinie wurde klar, dass trotz bestehender und bei den PKW bis 2010 gültiger Grenzwerte, zusätzliche Forderungen aufgestellt und auch mit Hilfe des Drucks seitens der öffentlichen Meinung durchgesetzt werden konnten. Die frühzeitige Einführung der Partikelfilter bei Fahrzeugen, die die geltende Gesetzgebung allein durch motorische Maßnahmen einhalten, verdeutlicht als Folge diesen Einfluss. So wird auch verständlich, dass die für 2010 anstehende Verschärfung der NO 2 Richtlinie einen direkten Einfluss auf die PKW EU5 und EU6 Grenzwerte hatte, und im Folgenden die neuen europäischen LKW EUVI Grenzwerte davon geprägt sein werden. Erste offizielle Vorschläge der europäischen Kommission werden für Herbst 2007 erwartet. Doch bereits im Vorfeld wurden verschiedene Szenarien sowohl seitens der Gesetzgeber als auch von Seiten der Automobilhersteller vorgestellt. Tenor scheint zu sein, sich zumindest langfristig den

Die Abgasnachbehandlung für Nutzfahrzeuge – Technologien ... · particulate- and nitrogen oxides (NO x) emissions is ongoing. Having the American US2010 emission legislation in

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Die Abgasnachbehandlung für Nutzfahrzeuge – Technologien ... · particulate- and nitrogen oxides (NO x) emissions is ongoing. Having the American US2010 emission legislation in

1

ICPC 2007 - 2.1

Die Abgasnachbehandlung für Nutzfahrzeuge – Technologien und Strategien für die Zukunft

Dipl. Ing. Wolfgang Maus Dipl. Ing. Rolf Brück

EMITEC GmbH

Copyright © 2007 AVL List GmbH

ABSTRACT

Die Diskussion um schärfere Abgasgrenzwerte insbesondere hinsichtlich Partikel- und Stickoxidemissionen (NOx) ist in Europa ein aktuelles Thema. Mit Blick auf die amerikanische US2010 Gesetzgebung werden auch für Europa für 2012 (EU VI) schärfere Grenzwerte gefordert. Für die Nutzfahrzeughersteller und die Zulieferer stellt sich damit die Frage, in welche Richtung die Entwicklung betrieben werden soll. Ausgehend von den Erfahrungen bei der Umsetzung von EU IV und EU V wird deutlich, dass EU VI nicht alleine nur durch Weiterentwicklungen des Motors hinsichtlich Verringerung der NOx und/oder Partikelemissionen erreicht werden kann, sondern dass ein wirtschaftlich günstiges Gesamtpaket mit der Abgasnachbehandlung geschnürt werden muss. Die Verringerung dieser Emissionen ist speziell bei Nutzfahrzeugen insbesondere auch unter dem Aspekt des Trade-offs mit der CO2-Emission zu sehen, da der damit verbundene Kraftstoffverbrauch einen wesentlichen Einfluss auf die Betriebskosten hat. Im Folgenden werden mögliche Szenarien der zukünftigen Emissionskonzepte an Hand von Beispielen dargestellt und diskutiert.

In Europe the discussion about more stringent emission legislation in particular with regard to particulate- and nitrogen oxides (NOx) emissions is ongoing. Having the American US2010 emission legislation in mind there is a demand for a stringent Europe 2012 EU VI legislation. For the heavy duty truck manufacturer and the suppliers the question appears what the right direction for development is. Looking at EU IV and EU V applications it is clear that EU VI can not be achieved by new engine developments only reducing particulate and/or NOx emissions, but an economical efficient overall package including the exhaust gas aftertreatment has to be tied up. For heavy duty trucks in addition

the trade off between PM- and NOx-reduction on one hand and on the other CO2 emissions, thus fuel consumption and running costs, has to be taken into consideration. In the following possible scenarios of future emission concepts will be demonstrated and discussed.

Einleitung

Die europäischen Richtlinien zur Immissions-belastung in den Städten zeichnen sich als wirksames Instrument aus, weitergehende Forderungen zum Umweltschutz durchzusetzen. Da Städte und Kommunen nachweisen müssen, alles Denkbare zur Einhaltung dieser Richtlinien zu tun, wird über die Bildung von Umweltzonen oder Aussperrung von Fahrzeugen bestimmter Schadstoffklassen aus den belasteten Städten offen diskutiert. Am Beispiel der Feinstaub-Richtlinie wurde klar, dass trotz bestehender und bei den PKW bis 2010 gültiger Grenzwerte, zusätzliche Forderungen aufgestellt und auch mit Hilfe des Drucks seitens der öffentlichen Meinung durchgesetzt werden konnten. Die frühzeitige Einführung der Partikelfilter bei Fahrzeugen, die die geltende Gesetzgebung allein durch motorische Maßnahmen einhalten, verdeutlicht als Folge diesen Einfluss.

So wird auch verständlich, dass die für 2010 anstehende Verschärfung der NO2 Richtlinie einen direkten Einfluss auf die PKW EU5 und EU6 Grenzwerte hatte, und im Folgenden die neuen europäischen LKW EUVI Grenzwerte davon geprägt sein werden.

Erste offizielle Vorschläge der europäischen Kommission werden für Herbst 2007 erwartet. Doch bereits im Vorfeld wurden verschiedene Szenarien sowohl seitens der Gesetzgeber als auch von Seiten der Automobilhersteller vorgestellt. Tenor scheint zu sein, sich zumindest langfristig den

Page 2: Die Abgasnachbehandlung für Nutzfahrzeuge – Technologien ... · particulate- and nitrogen oxides (NO x) emissions is ongoing. Having the American US2010 emission legislation in

2

amerikanischen US2010 Grenzwerten anzunähern. Allerdings wird neben den Grenzwerten noch der Ersatz der heutigen Testzyklen durch einen weltweit harmonisierten Zyklus (WHTC) mit Kaltstart und die Einführung eines neuen Partikelanzahl-Grenzwerts diskutiert. Beide Maßnahmen müssen eindeutig definiert und im Vergleich zu den heutigen Test- und Messverfahren bewertet werden, da sie einen erheblichen Einfluss auf die zukünftige Katalysator- und Filtertechnologie haben werden.

Die bekannten Emissionsgrenzwerte limitieren den Ausstoß von Kohlenwasserstoffen (HC), Kohlenmonoxid (CO), Stickoxid (NOx) und Partikeln (PM). Die verschärft einsetzende Klimadiskussion wird jedoch die Forderung nach möglichst geringem CO2-Ausstoß nach sich ziehen. Für die Nutzfahrzeugbranche stand der Kraftstoffverbrauch und damit die CO2 Emissionen allerdings schon immer im Vordergrund, da dies die Wirtschaftlichkeit der Fahrzeuge maßgeblich beeinflusst.

Zur Einhaltung der zukünftigen Grenzwerte – als Ziel seien hier, aufgrund noch nicht verabschiedeter europäischer, die amerikanischen US2010 Grenzwerte genannt – wird es notwendig werden, ein wirtschaftlich optimales Gesamtpaket aus Motortechnologie und Abgasnachbehandlung zu schnüren.

Ein Ziel zukünftiger Motorenentwicklungen muss es damit sein, den Schadstoffausstoß ohne Nachteile für den Kraftstoffverbrauch zu verringern. Dies wird jedoch nur mit dem Einsatz modernster Motor-komponenten möglich, die das Gesamtsystem voraussichtlich verteuern werden. In Kombination innermotorischer Maßnahmen mit einem darauf abgestimmten, druckverlustarmen und gewichtsminimierten Abgasnachbehandlungssystem ergeben sich jedoch Chancen für innovative, wirtschaftlich sinnvolle Gesamtpakete, die voraussichtlich auch einen weiter reduzierten CO2-Ausstoß ermöglichen.

Die Entwicklung der Motorrohemissionen Wie bereits erwähnt ist es für sehr strenge Abgasgrenzwerte nicht möglich, das Motorkonzept mit zugehörigen Rohemissionen oder das Katalysatorsystem isoliert zu betrachten. Aufwendungen beim Motor zur Absenkung der Rohemissionen führen zu weniger aufwändigen, leichteren und ggf. auch zuverlässigeren Abgasnachbehandlungssystemen. Wollte man einen heute kostengünstigen EU III Motor mit z.Z. typischen Rohemissionen ohne Abgasrückführung auf die US2010 NOx-Grenzwerte bringen, so würde beispielsweise die geforderte Mindesteffektivität eines SCR-Systems (Selective Catalytic Reduction) mehr als 93 % betragen. Da dieser Wert nicht nur im Neuzustand, sondern auch über Laufleistung des Fahrzeugs einzuhalten ist, muss nach heutigem

Kenntnisstand ein äußerst hoher Aufwand betrieben werden, um die Gesetzeskonformität zu erreichen. Realistischer Weise erreicht heute ein modernes SCR System langzeitstabil eine Effektivität von 75-85%. Hieraus leitet sich der Schluss ab, dass sich – ausgehend von Europa, USA und Japan – weltweit Motorkonzepte mit modernsten Motorkomponenten zur Verringerung der Rohemissionen durchsetzen werden.

Verfolgt man die Entwicklung der Motoren in der Fachpresse, so werden neben der grundsätzlichen Brennraumgestaltung und dem Brennverfahren in der Hauptsache die folgenden Maßnahmen zur Reduktion der Rohemissionen angedacht:

- Hochdruck-Kraftstoffeinspritzung mit über 2500 bar,

- zweistufige Turboaufladung,

- geregelte und gekühlte Abgasrückführung mit Abgasrückführraten bis über 30 %.

Insbesondere die hohen gekühlten AGR-Raten (Abgas Rückführung) führen im Fahrzeug zu Folgekosten, da in der Regel die verfügbare Kühlleistung nicht ausreicht und diese damit vergrößert werden muss. Auch steigen die Ansprüche an die Regelqualität des zurückgeführten Abgases hinsichtlich der Menge als auch der Temperatur. Eine Verschlechterung der Kühlleistung wirkt sich insbesondere auf die NOx-Rohemissionen aus. Sogenannte AGR-Katalysatoren bewirken einen Schutz vor Versottung und damit eine verbesserte Langzeitstabilität der Kühler [1] und auch der Regelventile. Die Summe dieser Maßnahmen bedeutet eine Reduzierung sowohl der kritischen NOx- als auch der Partikelemissionen [2,3].

Im Allgemeinen wird der Einsatz von AGR über eine bestimmte Grenze hinaus als kritisch für den Kraftstoffverbrauch bewertet. Eine Anhebung des Ladedrucks wirkt dem jedoch entgegen [4], so dass erste im Markt befindliche Motoren sogar einen Verbrauchsvorteil im Vergleich zu Motorkonzepten ohne AGR zeigen [5]. Inwieweit sich derartige Investitionen in die Motortechnik im Gesamtpaket wirtschaftlich lohnen, hängt nicht zuletzt von dem notwendigen oder überhaupt machbaren Katalysator- bzw. Filtersystem ab.

In Abbildung 1 sind die NOx / Partikel Trade-off Kurven verschiedener Motorenkonzepte mit zugehörig möglicher Abgasnachbehandlung dargestellt. Als Quelle dienten nur Rohemissionen von Motoren, die bereits im Markt befindlich sind, bzw. zertifiziert wurden. Zur Darstellung der heutigen bzw. der bis 2010 (USA) und der bis 2012 (Europa) geltenden Anforderungen wurden die EU V und die US2007 Grenzwerte dargestellt.

Page 3: Die Abgasnachbehandlung für Nutzfahrzeuge – Technologien ... · particulate- and nitrogen oxides (NO x) emissions is ongoing. Having the American US2010 emission legislation in

3

Abbildung 1: NOx / Partikel Trade-off verschie-dener im Markt befindlicher Motoren und notwendige Katalysator / Filter-technologien für die EU V und US20076 Grenzwerte

In Abhängigkeit von der Rohemission bzw. des Auslegungspunktes sind verschiedene Szenarien für die erforderlichen Umsatzraten hinsichtlich Partikel- und NOx-Reduktion denkbar. So ist es zum Beispiel möglich mit einem PM-optimierten Motor ohne AGR durch Einsatz eines SCR Systems (Umsatzrate 60%) die europäischen EU V Grenzwerte darzustellen. Verwendet man einen NOx-optimierten Motor mit Abgasrückführung, können die EU V Grenzwerte mit einem Nebenstrom-Tiefbett Filter (PM-METALITTM) [6,7] eingehalten werden, wohin-gegen zur Einhaltung der US2007 Grenzwerte mit dem gleichen Motor ein Wall-Flow Filter eingesetzt werden muß.

Um ein Szenario für die Zukunft entwerfen zu können, ist es jedoch notwendig, laufende Motorenentwicklungen und die Grenzwerte nach 2012 zu bewerten. Als Emissionsziel wurden mangels definierter europäischer Grenzwerte die amerikanischen US2010 Werte angenommen.

In Abbildung 2 sind die NOx / Partikel Trade-off Kurven verschiedener neuer, teilweise noch nicht in Serie befindlicher Motoren als Funktion der eingesetzten Technik dargestellt [8,9]. Es wird vorausgesetzt, dass bei jedem Motorkonzept ein möglichst niedriger Verbrauch angestrebt wird, wobei die maximal mögliche NOx Reduktionsrate ausgenutzt wird. Als maximale, langzeitstabile Konvertierungsrate für ein hier betrachtetes SCR System wurde ein Wert von 80% angenommen. Daraus ergeben sich je nach Motortechnologie und der damit verbundenen Rohemission erforderliche Partikelminderungsraten von 65 % bis 86%.

Abbildung 2: NOx / Partikel Trade-off verschie-dener neuer Motoren und notwendige Katalysator- und Filterwirkungsgrade zum Erfüllen der US2010 Grenzwerte

3. Die Katalysatortechnik

3.1 Die Stickoxidreduktion

Für die Reduktion der Stickoxide stehen heute prinzipiell 2 Technologien zur Verfügung. Zum einen die schon erwähnte SCR Technologie und zum anderen die NOx Speichertechnologie. Beide Verfahren wurden zur Serienreife entwickelt, es gibt heute bei den Nutzfahrzeugen jedoch nur Serienerfahrungen mit dem SCR-System. Da ein NOx-Adsorber in kurzen Abständen mittels Phasen mit „fettem“ Abgasgemisch regeneriert und zusätzlich in regelmäßigen Abständen bei Temperaturen um 650°C der Adsorber desulfatisiert werden muss, steigt der Kraftstoffverbrauch. Außerdem müssen die Träger relativ groß ausgelegt werden, um die Abstände der „fetten“ Regenerationsphasen nicht zu kurz werden zu lassen. Da diese Träger hohe Gehalte an Edelmetall aufweisen, sind die Kosten für typische Nfz-Motoranwendungen relativ hoch. Beide Nachteile sprechen gegen eine zukünftige Verbreitung. Aus diesem Grund wird im Folgenden nur auf die SCR-Technologie eingegangen.

Die „Selektive Katalytische Reduktion“ von Stick-oxiden unter mageren Betriebsbedingungen, d. h. in Gegenwart eines Sauerstoffüberschusses, mit Hilfe von Ammoniak (NH3), ist seit Jahrzehnten aus der chemischen Industrie bzw. aus der Nachbehandlung der Emissionen von Kraftwerken bekannt. Im automobilen Bereich wurde das SCR System zunächst für Nutzfahrzeuge entwickelt und angewandt. Einer der Gründe für diesen Einsatz war neben schärfer werdenden Grenzwerten eine

Page 4: Die Abgasnachbehandlung für Nutzfahrzeuge – Technologien ... · particulate- and nitrogen oxides (NO x) emissions is ongoing. Having the American US2010 emission legislation in

4

mögliche Verschiebung des Verhältnisses der Emissionen von NOx und Partikeln bei der Abstimmung des Motors zu Gunsten eines niedrigeren Kraftstoffverbrauchs, d. h. zu höheren NOx-Emissionen. Ziel der damaligen Entwicklung war es, ein zusätzliches wirtschaftliches Verkaufsargument für solche Motoren zu bekommen. Da die Motoren selbst parallel permanent weiterentwickelt wurden und vergleichbare Vorteile nahezu rein motorisch dargestellt werden konnten, wurde der Serieneinsatz von SCR jedoch immer wieder zeitlich verschoben. Gefördert wurde diese Verschiebung auch durch die Notwendigkeit, einen weiteren Betriebsstoff im Fahrzeug mitzuführen. Hierbei handelt es sich um eine Harnstoff-Wasser-Lösung (AdBlue), aus der Onboard Ammoniak gewonnen werden kann. Verschärft wurde diese Situation dadurch, dass die erforderliche Logistik für das Reduktionsmittel von Grund auf noch neu aufgebaut werden mußte.

Ein typisches SCR-System besteht aus einem Reduktionskatalysator, Bauteilen zur Harnstoffeindüsung und -Dosierung, sowie entsprechenden Leitungen und einem Vorratstank. Einige Systeme bestehen außerdem noch aus einem vorgeschalteten Oxidationskatalysator und einem Hydrolysekatalysator, sowie ggf. einem nachgeschalteten Ammoniak-Sperrkatalysator.

Als Katalysatoren werden heute überwiegend Vollextrudatkatalysatoren oder beschichtete Keramikkatalysatoren mit Vanadiumpentoxid als katalytisch aktiver Komponente eingesetzt. Da diese Katalysatoren eine begrenzte Temperaturstabilität aufweisen und zudem in einigen Ländern Vanadiumpentoxid als gesundheitlich bedenklich eingestuft wurde, werden jedoch aktuell katalytische Beschichtungen auf Zeolithbasis entwickelt. Die Beschichtungstechnologie für die Träger entspricht den bekannten Prozessen, die bei 3-Wege- oder Oxidationskatalysatoren zum Einsatz kommen. Die erhöhte Temperaturstabilität wird insbesondere beim Einsatz eines SCR-Katalysators hinter einem Partikelfilter notwendig, da während der Filterregeneration vergleichsweise hohe Temperaturen entstehen. Zeolith-katalysatoren zeigen insbesondere bei niedrigen Temperaturen jedoch eine starke Sensitivität gegenüber dem NO2 / NO Verhältnis des Abgases. Da die beste Effektivität bei einem Verhältnis von 1 / 1 erreicht wird, gehört zu einem Zeolith-SCR- System zwangsläufig auch ein Oxidationskatalysator, da der Motor selbst fast ausschließlich NO emittiert.

Eine Problematik aktueller SCR-Systeme liegt in der Eindüsung und der gleichmäßigen Verteilung der Harnstoff/Wasser-Lösung, die im flüssigen Zustand fein verteilt ins Abgas eingebracht wird. Je größer die hierbei erzielte Tropfengröße ist, desto länger

dauert es bis zur Verdampfung des Tropfens im Abgas. Dadurch, und durch radial ungleichmäßige Tropfenkonzentrationen in der Gasphase, können auf der Katalysatoroberfläche Konzentrations-unterschiede auftreten, die wiederum zu reduzierten Umsatzraten führen. Eine deutliche Verbesserung kann hierbei durch den Einsatz von „turbulenten“ Katalysatorträgern mit radialem Strömungs- und Konzentrationsausgleich erzielt werden. Abbildung 3 zeigt die Turbulenz erzeugenden Katalysatorträger mit PE, LS/PE und MX Design.

Abbildung 3: „Turbulente“ Katalysatorträger mit PE,

LSPE und MX Design [10, 11]

3.2 Die Partikelminderung

Zur Partikelminderung gibt es serienmäßig heute hauptsächlich 2 Filtersysteme. Zum einen den klassischen Wall-Flow-Filter [12, 13] und zum anderen den Emitec Nebenstrom Tiefbettfilter PM-METALITTM, der passiv kontinuierlich regeneriert.

Wall-Flow Filter zeichnen sich nach Aufbau eines Filterkuchens durch Filtereffektivitäten größer 98% aus. In regelmäßigen Abständen muß der Filter bei Temperaturen oberhalb von 550 - 600°C aktiv thermisch regeneriert werden. Da diese Temperaturen normalerweise im Abgas einen Nutzfahrzeugs nicht erreicht werden, wird entweder durch Nacheinspritzung in den Brennraum oder durch eine separate Kraftstoffdüse im Abgassystem Kraftstoff vor einem Oxidationskatalysator zugegeben, der dann aufgrund der exothermen Reaktionen im Katalysator das Abgas erhitzt. Der Druckverlust verändert sich zyklisch vom aktiv regenerierten und damit unbeladenen bis zum erneut beladenen Zustand.

Durch die thermische Regeneration steigt die Temperaturbelastung sowohl des Oxidations-, als auch des gegebenfalls hinter dem Partikelfilter nachgeschalteten SCR-Katalysators von üblicherweise 550°C (ohne aktive Regeneration) auf 750° C bei aktiven Systemen. Bei dieser Verfahrensweise wird der Kraftstoffverbrauch zum

Page 5: Die Abgasnachbehandlung für Nutzfahrzeuge – Technologien ... · particulate- and nitrogen oxides (NO x) emissions is ongoing. Having the American US2010 emission legislation in

5

einen durch die notwendigen Regenerationen und zum anderen durch den regelmäßigen Druckverlustanstieg negativ beeinflusst [14]. Da gesundheitlich weitgehend unbedenkliche Aschen aus dem Öl oder Kraftstoff ebenfalls gefiltert werden und den Filter verblocken, sollte der Filter je nach Auslegung und Größe eine Laufzeit größer 500.000 km erreichen [15]. Das bedeutet zusätzliche Kosten und ggf. Ausfallzeiten für den Betreiber.

Der Emitec Nebenstrom Tiefbettfilter PM-METALITTM (Abbildung 4) wird seit 2 Jahren in Nutzfahrzeug und PKW Applikationen eingesetzt. Der MAN EU IV, ausgerüstet mit dem PM-METALITTM, bewährt sich heute in mehr als 60.000 Fahrzeugen. Laufleistungen über 800.000 km wurden bis heute ohne Ausfälle und Reinigung der Filter erreicht. Damit stellt der PM-METALITTM das weltweit einzige im Markt befindliche OEM-Filtersystem mit Serienerfahrung dar, das ohne zusätzliche Wartung auf die Lebensdauer des Motors ausgelegt ist.

Abbildung 4: Nebenstrom Tiefbettfilter PM-

METALITTM und Ruß-Umsatzrate eines 300 mm langen Filters im ESC Zyklus

Der gefilterte Ruß wird kontinuierlich durch das im Abgas enthaltende, bzw. über den Oxidationskatalysator erzeugte NO2 verbrannt.

Der Filterwirkungsgrad bezogen auf die Rußmasse beträgt je nach Länge zwischen 50 und 80% [16]. Die Reduktion der Partikelanzahl im Bereich 10 – 300nm beträgt zwischen 80 und 95%.

3.3 Der Oxidationskatalysator

Zur Verminderung der HC und CO Emissionen wird ein Oxidationskatalysator eingesetzt. In einem Temperaturbereich zwischen 200 und 450°C wird zudem das NO zu NO2 aufoxidiert. Das NO2 kann zum einen für die Partikelverbrennung verwendet werden und verbessert zum anderen die Nieder-

temperatureffektivität (180 – 350°C) von Zeolith-SCR- Katalysatoren. Für Oxidations-katalysatoren werden je nach Temperaturbelastung Pt oder Pt/Pd Beschichtungen eingesetzt.

Bei einem SCR-System mit sehr hoher Effektivität kann es hinter dem SCR Katalysator zu Ammoniakschlupf kommen. Aus diesem Grund kann ggf. hinter dem SCR Katalysator noch ein Oxidationskatalysator nachgeschaltet oder der hintere Teil des SCR Katalysators wird mit einer Oxidationsbeschichtung versehen werden um das NH3 zu oxidieren. Als vorteilhaft bietet sich der Einsatz eines Sondenkatalysators an. Bei dieser Konstruktion wird der NH3 Sensor in den metallischen Katalysatorträger integriert, wodurch hinter der Sonde noch ein Katvolumen zur Verhinderung von NH3 Schlupf angeordnet ist.

Je nach Wahl des Filtersystems wird der Oxidationskatalysator auch zur Erzeugung der notwendigen exothermen Energie für die Regeneration von Wall-flow Filtern eingesetzt. Der hierfür notwendige Kraftstoff wird entweder durch Nacheinspritzen von Kraftstoff über die Einspritzdüsen geliefert oder mittels einer hinter dem Motor am Abgasstrang angeordneten Kraftstoffdüse zugeführt. Um einen möglichst geringen HC Schlupf zu gewährleisten sind Oxidationkatalysatoren mit internem Strömungsausgleich (Abbildung 3) besonders gut geeignet, da eventuell auftretende Strähnigkeiten des Kraftstoff ausgeglichen werden können.

Darüber hinaus sollte die Wärmekapazität des Oxidationskatalysators so niedrig wie möglich sein, da sie als „träge“ Masse wirkt und das Aufheizen des Partikelfilters verzögert und damit die Regenerationszeiten verlängert.

Abbildung 5a zeigt die HC Effektivität und Bild 5b den HC Schlupf eines Standardoxidations-katalysators im Vergleich zu einem Katalysator mit LS/PE Struktur.

Abbildung 5a: HC Effektivität eines Standard

300cpsi Katalysators zu einem 300/600 LSPE Katalysators

Page 6: Die Abgasnachbehandlung für Nutzfahrzeuge – Technologien ... · particulate- and nitrogen oxides (NO x) emissions is ongoing. Having the American US2010 emission legislation in

6

Abbildung 5b: HC Schlupf eines Standard 300cpsi

Katalysators zu einem 300/600 LSPE Katalysators

3.4 Der Hydrolysekat

Untersuchungen [17] ergaben, dass bei der Verwendung eines Hydrolysekatalysators im Nebenstrom insbesondere bei niedrigeren Temperaturen die notwendige Größe des SCR Katalysators, in dem sonst die Hydrolyse im Vollstrom abläuft, deutlich reduziert werden kann. Grund hierfür ist zum einen die größere Verweilzeit im Nebenstromhydrolysekatalysator und die Behinderung der Hydrolyse durch die Anwesenheit von im vorgeschaltetem Oxikat erzeugtem NO2.(Abbildung 6)

Abbildung 6: Einfluß von NO2 auf den Hydrolyse-

wirkungsgrad [17]

Die am PSI (Paul-Scherer-Institut) durchgeführten Untersuchungen zeigen vor allem im Temperaturbereich zwischen 150 und 225°C eine deutlich verringerte Effektivität durch die Anwesenheit von NO2. Bei heutigen Nutzfahrzeugmotoren und den bekannten Warmtests liegen die Abgastemperaturen üblicherweise über 300°C, womit nur eine sehr geringe Beeinflussung zu erwarten ist. Bei zukünftigen Motoren sinkt jedoch die Abgastemperatur deutlich (Abbildung 7a). Betrachtet man darüber hinaus noch den WHTC (World Harmonized Test Cycle) der als zukünftiger Test

zumindest in Europa geplant ist, liegt das Temperaturniveau aufgrund der Motorlasten nochmals niedriger. Zusätzlich muss auch ein Kalttest gefahren werden. Abbildung 7b zeigt den Temperaturverlauf eines Motors ohne Katheizmaßnahmen im WHTC.

Abbildung 7a:Vergleich der Abgastemperaturen vor

Katalysator im ESC Test eines Serienmotors zu einem US2007 Motor.

Abbildung 7b: Abgastemperaturen im WHTC Test

mit einem Serienmotor ohne Kata-lysatorheizmaßnahmen (Kalt- und Warmtest)

Damit wird deutlich, dass für zukünftige Konzepte der Einfluss von NO2 mit betrachtet werden muss, um ein möglichst kompaktes, kostengünstiges Katalysatorsystem darstellen zu können.

Eine Möglichkeit besteht darin, die Hydrolyse im Nebenstrom zum Hauptabgasstrom darzustellen. In Abbildung 8 ist ein mögliches Nebenstrom-Hydrolysesystem dargestellt. Der Hydrolysekat befindet sich innerhalb eines metallischen Ringkatalysators. Die Harnstoffdosierung erfolgt zentral. Das Flächenverhältnis des zentralen Hydrolysekatalysators zum ringförmigen Oxidationskatalysator und die Struktur der jeweiligen Träger bestimmen die Größe des Nebenstroms. Bei der Hydrolysebeschichtung handelt es sich z. B. um eine sehr dünne Titandioxidbeschichtung, die auch geeignet ist, die eventuell noch vorhandenen

Page 7: Die Abgasnachbehandlung für Nutzfahrzeuge – Technologien ... · particulate- and nitrogen oxides (NO x) emissions is ongoing. Having the American US2010 emission legislation in

7

AdBlue-Tropfen zu verdampfen ohne Schaden zu nehmen.

Abbildung 8: Nebenstrom Hydrolysesystem mit

einem konzentrisch angeordnetem Ringkatalysator und Harnstoff-eindüsung im zentralen Bereich.

Bei sehr kalten Applikationen kann dem Hydrolysekat ein elektrisch heizbarer Katalysator vorgeschaltet werden um die Abgastemperatur in kritischen Betriebszuständen zu erhöhen.

4. Design eines US2010, EU VI Abgassystems

In Abhängigkeit der in Abbildung 2 gezeigten Motortechnologie bzw. des Rohemissionsniveaus ergeben sich unter der Annahme einer langzeitstabilen, maximalen NOx Minderung von 80 % für mögliche US2010 bzw. EU VI Systeme 2 mögliche Szenarien:

a) Motor mit NOx Emissionen von 1,6 g/kWh und PM-Emissionen von 0,10 g/kWh (gekühlte, geregelte AGR, einstufige Aufladung, Einspritzdruck 1800 bar)

b) Motor mit NOx Emissionen von 1,6 g/kWh und PM-Emissionen von 0,04 g/kWh (gekühlte, geregelte Hoch-AGR, zweistufige Aufladung, Einspritzdruck 2500 bar)

Beim Konzept a) wird der Motor zu Lasten der Partikelemissionen und der CO2 Emissionen auf der Kennlinie verschoben um die NOx Rohemissionen von 1,6 g/kWh zu erreichen.

Dem günstigeren Rohemissionsniveau des Motors mit Hoch-AGR, zweistufiger Aufladung und einem Einspritzdruck von 2500 bar (Konzept b)) stehen zunächst höhere Motorkosten entgegen. Bei diesem Konzept kann jedoch aufgrund des höheren Ladedrucks und damit eines besseren Lambdas der Kraftstoffverbrauch und damit die CO2 Emissionen im Vergleich zu Konzept a) gesenkt werden.

Ziel der nachfolgenden Betrachtung ist es, den Einfluss der Motorkonzepte auf die Kosten des Abgasnachbehandlungssystem und des durch die Abgasnachbehandlung bedingten Kraftstoff-verbrauchs aufzuzeigen und zu bewerten.

Die Bewertung erfolgt sowohl hinsichtlich des heute bekannten ESC und FTP Tests als auch im Hinblick auf den in Diskussion befindlichen WHTC mit Kaltstart.

Neben den Emissionen ist das primäre Entwicklungsziel die Reduzierung des Kraftstoffverbrauchs und damit der CO2 Emissionen. Das bedeutet zum Beispiel, dass in den folgenden Betrachtungen der Partikelfilter vor dem NOx Katalysator angeordnet wird um den CRT Effekt zur Reduzierung der gefilterten Russmengen auszunutzen und so die Anzahl der aktiven Regenerationsphasen mit Kraftstoffeinspritzung zu verringern.

Damit besteht ein entsprechendes Abgassystem aus einem Oxidationskatalysator, einem Hydrolysekatalysator ggf. im Bypass (s. Abbildung 5), einem Partikelfilter und nachgeschaltet einem SCR Katalysator ggf. mit integriertem NH3 Sperrkatalysator.

Beim Einsatz eines katalytisch beschichteten Partikelfilters müssen die Harnstoffeinspritzung und die Hydrolyse zwangsweise hinter dem Filter erfolgen, da ansonsten das gebildete Ammoniak am Platin reagiert und damit nicht für die SCR Reaktion zur Verfügung steht.

Die Auslegung des SCR Katalysators – bzw. welche Beschichtung eingesetzt werden kann – hängt davon ab, ob ein aktiv zu regenerierender Partikelfilter oder ein kontinuierlich regenerierendes Filtersystem eingesetzt wird. Da bei der aktiven Regeneration (s.o.) auch Temperaturspitzen größer 750 – 800°C auftreten können, sollte in diesem Fall mit einer temperaturbeständigen Zeolithbeschichtung [18] gearbeitet werden. Da heute bekannte Zeolithbeschichtungen bei Temperaturen unterhalb von 350°C eine starke Abhängigkeit der Effektivität vom NO2 Anteil im Abgas haben, muss bei der gesamten SCR Dosierregelung auch die NO2 Konzentration mit einbezogen werden. Insbesondere bei dem angedachten WHTC mit Kalttest und bei neuen Motoren mit deutlich abgesenktem Tempeaturniveau (Abbildung 7) muss dieser Umstand kritisch betrachtet werden.

Im Falle eines kontinuierlich regenerierenden Filtersystems beträgt die maximale Abgas-temperatur etwa 550°C, so dass alternativ auch eine Beschichtung mit Vanadiumpentoxid als aktive Komponente eingesetzt werden kann. Dieser Beschichtungstyp zeigt vor allem im niedrigeren Temperaturbereich eine geringere Abhängigkeit der

Page 8: Die Abgasnachbehandlung für Nutzfahrzeuge – Technologien ... · particulate- and nitrogen oxides (NO x) emissions is ongoing. Having the American US2010 emission legislation in

8

Effektivität vom NO2-Anteil und ist zudem deutlich kostengünstiger.

In einem vorlaufenden Versuch an der Universität Karlsruhe konnte gezeigt werden, dass die Vanadiumpentoxidbeschichtung – aufgebracht auf einen Standard 300 cpsi Metallträger – die gleiche Effektivität in Abhängigkeit der Temperatur zeigte wie ein 300 cpsi Vollextrudat [19].

Basierend auf diesen Ergebnissen wurde im 2. Schritt ein Vergleich 300 cpsi Vollextrudat zu einem „turbulenten“ Metallkatalysator mit einer 300/600 LSPE Struktur gefahren. Das Volumen des Metallkatalysators wurde um 35 % auf 13,2 Liter verkleinert um dem besseren Stofftransport der „turbulenten“ Struktur und dem internen Konzentrationsausgleich gerecht zu werden. Die Hydrolyse erfolgte in einem vorgeschalteten Hydrolysekat im Nebenstrom. Im Hauptstrom war zusätzlich ein Oxidationskatalysator angeordnet.

Abbildung 9 zeigt die Emissionsergebnisse in Abhängigkeit der eingespritzten Harnstoffmenge. Die beiden Katalysatoren zeigten vergleichbare Ergebnisse. Mit dem „turbulenten“ SCR Metallkatalysator konnten trotz des deutlich verkleinerten Volumens Umsatzraten von über 90% erreicht werden.

Abbildung 9: NOx Umsatzrate in Abhängigkeit

der Harnstoffmenge eines Vollextru-datkatalysators und eines „turbulenten“ Metallkatalysators

4.1 Abgassystem für einen Motor mit NOx / PM von 1,6 / 0,10 g/kWh

Zur Erfüllung der US2010 Grenzwerte muss bei einem solchen Motor eine NOx-Umsatzrate von 80 % und eine Partikelreduktion von 86% erreicht werden. Entsprechend Abbildung 9 kann man im Falle des Einsatzes von „turbulenten“ metallischen Katalysatorträgern von einem notwendigen SCR Volumen in etwa entsprechend dem Hubvolumen des Motors ausgehen.

Die Partikelreduktion von 86% kann nach heutigen Erkenntnissen nur durch einen auf die Nutzfahrzeuganwendung angepassten Wall-Flow Filter erreicht werden. Abbildung 10 zeigt das Abgassystemlayout.

Abbildung 10: Layout des Abgassystems für den

Low NOx, High PM Motor

Ein Wall-Flow Filter wird periodisch durch Temperaturen größer 600°C regeneriert (s.o.). Die Regenerationsintervalle richten sich nach den Rohemissionen und dem Filtervolumen. Bei einer mittleren benötigten Leistung eines Ferntransport NFZ von 100 kW/h und einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 60Km/h werden je 100 km etwa 16,7g Ruß emittiert. Bei einer max. Filterbeladung von 8g/l und einer angenommenen passiven CRT Effektivität von 60% stellen sich folgende Regenerationsintervalle in Abhängigkeit des Filtervolumens ein.

Filtervolumen 10 l 20 l

Regenerationsintervall 1200 km 2400km

Zurzeit liegen praktisch keine Daten zum zusätzlichen Kraftstoffverbrauch durch die Regeneration bei Nutzfahrzeugen vor. Aus diesem Grund sei an dieser Stelle ein Vergleich anhand von PKW Daten erlaubt. Ein PKW mit einem Regenerationsintervall von etwa 1000km zeigt einen Mehrverbrauch von ~2-3%. [20] Auf dieser Basis kann man anhand des Regenerationsintervalls eines 20 l großen Partikelfilters für ein Nutzfahrzeug einen Mehrverbrauch von ~1,5 Prozent annehmen. Hierbei wurde die Annahme getroffen, dass sich der relative Mehrverbrauch eines NFZ im Vergleich zum PKW durch das entsprechend größere aufzuheizende Filtervolumen teilweise kompensiert. Der Einfluss des durch die Filterbeladung ansteigenden Druckverlusts wurde hierbei noch nicht bewertet. Es ist jedoch davon auszugehen, dass eine Gegendruckerhöhung je 100 mbar zu einem zusätzlichen Kraftstoffverbrauch von etwa einem Prozent führt, so dass ein Gesamtverbrauchsnachteil von ca. 2,5 Prozent zu erwarten ist. Für die Regeneration ist zusätzlich der Einsatz einer Kraftstoffdüse im Abgassystem und Drucksensoren zur Erkennung des Beladungszustands notwendig.

Page 9: Die Abgasnachbehandlung für Nutzfahrzeuge – Technologien ... · particulate- and nitrogen oxides (NO x) emissions is ongoing. Having the American US2010 emission legislation in

9

Exakte Daten zum Kraftstoffverbrauch werden in den nächsten Monaten von US2007 Anwendungen bekannt werden.

Weiterhin ist es notwendig einen Wall-Flow Filter in regelmäßigen Abständen in entsprechend ausgerüsteten Werkstätten von den eingelagerten Aschen zu reinigen, da ansonsten die Regenerationsintervalle drastisch verkürzt werden und der Druckverlust weiter ansteigt. Die Reinigungsintervalle hängen direkt vom verwendeten Aschegehalt des eingesetzten Öls und des Ölverbrauchs ab. Der Ölverbrauch eines modernen Nutzfahrzeugmotors mit kraftstoff-geschmierter Einspritzpumpe liegt bei etwa 0,2 l / 1000km (0,175 kg/1000 km)

Bei Verwendung eines aschearmen Öls mit einem Aschegehalt von 1% liegt damit der Ascheanfall bei 1,75 g/1000km bzw. 0,88 ml/1000km. Betrachtet man einen klassichen 200 cpsi Partikelfilter mit einer Wandstärke von 12 mil (0,3 mm) und symmetrischer Zellgröße, wie er zur Zeit bei den Nutzfahrzeugen eingesetzt wird, ergibt sich ein freies Volumen der Gaseintrittskanäle von 0,34 l/l Filter

Das bedeutet dass ca. nach einer Laufleistung von 385.000km 1l Partikelfilter mit Asche angefüllt wird.

4.2 Abgassystem für einen Motor mit NOx / PM von 1,6 / 0,04 g/kWh

Zur Erfüllung der US2010 Grenzwerte muss eine NOx-Umsatzrate von 80 % und eine Partikelreduktion von 65% erreicht werden.

Bei einer Partikelmassenreduktion von 65% bietet sich bei diesen Rohemissionen im Gegensatz zu 4.1 der Einsatz eines wartungsfreien Nebenstrom Filters an. Abbildung 11 zeigt das Abgassystemlayout.

Abbildung 11: Layout des Abgassystems für den

Low NOx, Low PM Motor

Im Gegensatz zum Abgassystem für den Niedrig-NOx-/ Hoch-PM-Motor liegt hier die Position der Harnstoffeindüsung vor dem Nebenstromfilter. Der Nebenstromfilter kann optional mit Titandioxid beschichtet werden und dient so als Hydrolysekat. Da andernfalls die Hydrolyse im vorderen Teil des SCR Katalysator stattfinden müsste, kann das SCR-

Katvolumen ohne negativen Einfluss auf die Konvertierungsleistung verkleinert werden.

Der Nebenstrom-Tiefbettfilter PM-METALITTM reduziert die Partikelmasse je nach Filterlänge zwischen 50- und 80-Prozent. Abbildung 12 zeigt das Funktionsprinzip des Nebenstrom Tiefbettfilters und den Abscheidemechanismus der Nanopartikel.

Abbildung 12: Funktionsprinzip Nebenstrom Tief-

bettfilter PM-METALITTM und Abscheide-mechanismus der Nanopartikel

Aufgrund des Funktionsprinzips wird die Partikelanzahl und hier insbesondere die sogenannten Nanopartikel im Bereich 10 - 300nm bis zu 90% reduziert. Abbildung 13 zeigt im Vergleich die gravimetrische Partikel-massenreduktion zur Anzahlreduktion im Partikelgrößenbereich 10 - 300nm verschiedener PKW- und NFZ-Applikationen.

Abbildung 13: Vergleich der gravimetrischen zu

Partikelanzahlreduktion verschie-dener PKW und NFZ Applikationen

Um sicher zu stellen, dass die Reaktion von Ruß mit NO2 nicht durch die Anwesenheit von Ammoniak inhibiert wird, wurden Modellgasuntersuchungen durchgeführt. Zu diesem Zweck wurde am Motorenprüfstand hinter dem Oxidationskatalysator Ruß gesammelt und in einem Modellgasprüfstand bei Temperaturen zwischen 200 und 300°C mit einer NO2 Konzentration von 200 ppm mit und ohne NH3 zur Reaktion gebracht (Abb. 14). Die leicht erhöhte

Page 10: Die Abgasnachbehandlung für Nutzfahrzeuge – Technologien ... · particulate- and nitrogen oxides (NO x) emissions is ongoing. Having the American US2010 emission legislation in

10

Oxidationsrate bei 200°C wird der intermediären Bildung von Ammoniumnitrat zugeschrieben. Ammoniumnitrat ist bereits bei 200°C teilweise in Ammoniak und Salpetersäure dissoziiert. Die Salpetersäure besitzt gegenüber Ruß eine höhere Oxidationskraft im Vergleich zu NO2.

Abbildung 14: Russoxidationsraten von NO2 mit

und ohne NH3

Aufgrund der passiven Regeneration der im PM-METALITTM gefilterten Partikel sind keine zusätzlichen aktiven Regenerationsmaßnahmen erforderlich. Der PM-METALITTM erfüllt damit die Anforderungen an die Partikelreduktion bei niedrigem Abgasgegendruck und stellt eine wartungsfreie, betriebssichere Filterkomponente dar.

In einem Versuchsprogramm wurde ein SCR-System mit kontinuierlicher Partikelabscheidung getestet. Im Gegensatz zum in Abbildung 10 gezeigten Layout wurde hier ein vorgeschalteter Hydrolysekat im Nebenstrom eingesetzt. Der PM-METALITTM war in diesem Fall nicht beschichtet (Abbildung 15)

Als Versuchsträger wurde ein Hoch-AGR-CR-Versuchsmotor eingesetzt, der durch eine 2-stufige Aufladung mit Zwischenkühlung modifiziert wurde. Es wurde schwefelfreier Kraftstoff (8 ppm S) und Motorenöl nach der MAN-Werksnorm M 3277 mit einem Sulfataschegehalt von 1,9% verwendet. Der Aufbau des Katalysatorsystems ähnelt einer Fahrzeugausführung, die in (Abbildung 14) dargestellt ist. Der verwendete PM-METALITTM hat eine Abscheiderlänge von 145 Millimetern; das Volumen des Reduktionskatalysators beträgt 13,2 Liter. Reduktionskatalysator ist in dem seit EU III bekannten MAN-TGA-Schalldämpfergehäuse untergebracht. Die Messungen werden an einem hochdynamischen Motorenprüfstand mittels FTIR-Spektrometer zur Erfassung der gasförmigen Komponenten und photoakustischem Rußsensor (MSS, auch PASS) zur kontinuierlichen Messung der Rußpartikelkonzentration durchgeführt.

Abbildung 15: Aufbau des SCR Systems mit

kontinuierlicher Partikelreduktion und Messtechnik und Bild des Endschalldämpfers mit integrierten SCR und Partikelfiltersystem

Diese Kombination aus Partikelabscheider und Die PM-Masse wird gravimetrisch bestimmt. Die Probenahme erfolgt jeweils vor und nach den Katalysatoren. AdBlue® wird mit einer Bosch Denoxtronic 1 eindosiert. Der für die EU V-Anwendung entwickelte Dosieralgorithmus konnte im Rahmen dieses Untersuchungsprogrammes aus zeitlichen Gründen noch nicht an die Low NOx -SCR-Verhältnisse angepasst und optimiert werden, nur die AdBlue-Menge wurde der geringeren NOx -Menge entsprechend skaliert. Abbildung 16 zeigt die NOx und die Partikelmassenreduktion.

Abbildung 16: NOx und Partikelmassenreduktion

des SCR Systems mit kontinuierlicher Partikelabscheidung

Das Testergebnis zeigt, dass mit einem kompakten Katalysatorsystem in einem Serienschall-dämpfervolumen NOx-Umsatzraten von 82% und Rußumsatzraten von 44% erreicht werden konnten. Wie bereits erwähnt, kann die PM-Effektivität durch eine Verlängerung des PM-Metaliten entsprechend den Erfordernissen angepasst werden.

Page 11: Die Abgasnachbehandlung für Nutzfahrzeuge – Technologien ... · particulate- and nitrogen oxides (NO x) emissions is ongoing. Having the American US2010 emission legislation in

11

4.3 Vergleich der beiden Abgassysteme

Um die Konzepte bewerten zu können, müssen die Kosten für die verschiedenen Motorenkonzepte, die Kosten für die in 4.1 und 4.2 beschriebenen Abgassysteme und die Betriebskosten (Kraftstoffverbrauch, CO2 Emissionen) verglichen werden.

Tabelle 1: Vergleich des Low NOx / High PM zum Low NOx / Low PM Systemt

5. Zusammenfassung

Das Gesamtkonzept zukünftiger Antriebs- und Abgasnachbehandlungssysteme entscheidet sich auf Basis von Herstellungskosten, Wirtschaftlichkeit in Verbindung mit CO2 Emissionen und Betriebssicherheit bzw. Kundenzufriedenheit. Für einen modernen Motor ausgerüstet mit gekühlter, geregelter Hoch-AGR, zweistufiger Aufladung und einem Einspritzdruck von 2500 bar wurde ein neuartiges, sehr kompaktes Katalysatorsystem zur kombinierten Verminderung der Stickoxide und der Partikel beschrieben. An Modellgas- und Motorenprüfständen wurde Funktionsfähigkeit des

SCR Systems mit kontinuierlicher Partikelemission bewiesen.

Insbesondere der Nachweis, dass eine kontinuierliche Partikelreduktion auch in Anwesenheit von Ammoniak möglich ist, ermöglichte den Einbau der Harnstoffdosierung vor dem PM-Metaliten.

Eine Bewertung im Vergleich zu einem „normalen“, heute in der Entwicklung befindlichen System zeigte die Vorteile des neuen Systems.

Weitere Untersuchungen an neuen Motoren mit entsprechenden Rohemissionen sind notwendig, um die Einflüsse auf Betriebskosten und Kraftstoffverbrauch exakt beziffern zu können.

Page 12: Die Abgasnachbehandlung für Nutzfahrzeuge – Technologien ... · particulate- and nitrogen oxides (NO x) emissions is ongoing. Having the American US2010 emission legislation in

12

6. Literaturverzeichnis

[1] „Der integrierte Metallkatalysator im Abgaswärmetauscher – eine innovative Lösung für zukünftige Abgas-Rückführ-Systeme”; P. Geskes, J. Ruckwied; Behr GmbH & Co. KG, Stuttgart; A. Bergmann, R. Brück, M. Brugger, T. Mosch; Emitec GmbH, Lohmar; 10. TAE-Symposium, 2006, Ostfildern

[2] “Emissionslimits zukünftiger Nfz-Motoren: Balanceakt zwischen Möglichkeit und Nutzen”; E. Jacob, MAN Nutzfahrzeuge AG; 26. Internationales Wiener Motorensymposium, 2005, Wien

[3] „Weltweite Emissionsstrategie mit BLUETEC für Pkw-Diesel-Antriebe“; J. Schommers, C. Enderle, H. Breitbach, B. Lindemann, M. Stotz, M. Paule; DaimlerChrysler AG; 15. Aachener Kolloquium Fahrzeug- und Motorentechnik, 2006, Aachen

[4] “ Emission Optimization of Diesel Engines with Direct Injection ”; Michael Krüger; Robert Bosch GmbH; MinNOx – Conference, 2007, Berlin

[5] Zeitschrift “Commercial Motor”, 28. September 2006

[6] „Partial-Flow Deep-bed-Filter for Ultra-low Emission Concepts“; R. Brück, R. Konieczny, A. Scheeder, P. Treiber; Emitec GmbH; 5. Internationales CTI-Forum Abgastechnik, 2007, Nürtingen

[7] „Zukünftige Konzepte im Nutzfahrzeug“; E. Jacob; MAN Nutzfahrzeuge AG; IIR-Konferenz, 2003, Stuttgart

[8] „Katalysatortechnologien für schwere Nutzfahrzeuge im EU VI- und US 2010-Zeitalter: Die Herausforderung der Stickoxid- und Partikelverminderung für zukünftige Motoren“; W. Held, G. Emmerling, A. Döring, E. Jacob; MAN Nutzfahrzeuge AG; A. Scheeder, R. Müller, R. Brück; Emitec GmbH; 28. Internationales Wiener Motorensymposium, 2007, Wien

[9] Ricardo Engineering

[10] „Grundlagen der „laminaren“ und „turbulenten“ Katalyse; „Turbulent“ schlägt „Laminar““; W. Maus, R. Brück, P. Hirth; Emitec GmbH; O. Deutschmann, N. Mladenov; Universität Karlsruhe; 27. Internationales Wiener Motorensymposium, 2006, Wien

[11] „ Next Generation Catalysts are turbulent: Development of Support and Coating“;M. Bollig, J. Liebl, R. Zimmer; BMW Group; M. Kraum, O. Seel, S. Siemund; Engelhard Technologies GmbH; R. Brück, J. Diringer, W. Maus; Emitec GmbH; SAE 2004-01-1488

[12] „Performance of new catalysed diesel soot filters based on advanced oxide filter materials“; A. F. Chiffey, P. R. Phillips, D. Swallow, M. V. Twigg; Johnson Matthey Catalysts; GB; T. Boger, W. A. Cutler; Corning GmbH, D

[13] „Si-SiC Dieselpartikelfilter im Motor- und Fahrzeugtest“;C.-D. Vogt, A. Schäfer-Sindlinger; NGK Europe GmbH; Germany; K. Kumasawa, T. Hamanaka; NGK Insulators Ltd., Japan

[14] „Particulate Filter Systems for Diesel Passenger Cars“; H.-O. Herrmann, O. Lang, I. Mikulic, V. Scholz; FEV Motorentechnik GmbH; Aachen

[15] „Fortschrittliche Auslegung von Diesel Partikelfilter“; S. Ebener; Corning GmbH; U. Zink; Corning Inc.; USA

[16] „Downsizing von zukünftigen Abgasnach-behandlungssystemen für Nutzfahr-zeuge“; A. Scheeder, R. Müller; Emitec GmbH; M. Paulus, J. Sprengler; Süd-Chemie AG; 4. FAD Konferenz, Dresden

[17] „Influence of NO2 on the hydrolysis of isocyanic acid over TiO2“; G. Piazzesi, M. Elsener, O. Kröcher, A. Wokaun; Paul Scherrer Institute; PSI Villingen, Schweiz

[18] „Perspektiven der mobilen SCR-Technik“; E. Jacob; Emitec GmbH; 15. Aachener Kolloquium Fahrzeug- und Motorentechnik, Aachen

[19] „Die Zukunft der heterogenen Katalyse im Automobil“; Turbulente Katalysatoren für Otto- und Dieselanwendungen"; W. Maus, R. Brück; Emitec GmbH; 26. Internationales Wiener Motorensymposium, Wien