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Die Finanzierungssituation im deutschen Mittelstand könnte kaum besser sein. Es steht eine breite Palette an Kapitalgebern und Finanzierungsarten zur Verfügung, zudem sind die Zinsen extrem niedrig. Andererseits gibt es eine ganze Menge an Herausforderungen, um auch in Zukunft wettbewerbsfähig zu bleiben. Das erfordert – zum Teil sehr kapitalintensive – Investitionen. Finanzierungstrends im Mittelstand Die Auswahl wird bunter Foto: © webfastoche – stock.adobe.com 11-2017 | VentureCapital Magazin 14

Die Auswahl wird bunter - TARGOBANK · sieht weiteres Potenzial, denn die Factoring-Quote in Relation zum BIP liege in Deutschland mit ca. 7% unter der von manch anderen Ländern

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Die Finanzierungssituation im deutschen Mittelstand könnte kaum besser sein. Es steht eine breite

Palette an Kapitalgebern und Finanzierungsarten zur Verfügung, zudem sind die Zinsen extrem niedrig.

Andererseits gibt es eine ganze Menge an Herausforderungen, um auch in Zukunft wettbewerbsfähig

zu bleiben. Das erfordert – zum Teil sehr kapitalintensive – Investitionen.

Finanzierungstrends im Mittelstand

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11-2017 | VentureCapital Magazin14

D ie Konjunktur läuft gut, ebenso der Export, die Ausstat-tung mit Eigenkapital ist in den letzten Jahren immer weiter gestärkt worden, Produkt- und Servicequalität

werden weltweit geschätzt. Der deutsche Mittelstand steht – alles in allem – sehr gut da. Das Image stimmt: Viele Unterneh-men haben sich in ihrer Branche, in ihrer Nische ein Know-how und eine Marktposition erworben, die sie auch international sehr wettbewerbsfähig macht. Doch in der sich immer schneller wandelnden Welt ist Stillstand quasi ein Rückschritt. Um zu-kunftsfähig zu bleiben, muss investiert werden – in Forschung und Entwicklung, in neue Produkte, in die Qualifizierung der Mitar beiter, in Maschinen und neue Werkshallen, in den Ver-trieb. Und: Auch das Thema Nachfolge an der Spitze vieler Fa-milienunternehmen ist eine dauerhafte Baustelle. In den vergan-genen guten Jahren haben kleine und mittlere Unternehmen (KMU, Jahresumsatz bis 500 Mio. EUR) zunehmend Eigen mittel in der Finanzierung eingesetzt und so ihre Bilanz gestärkt. Wäh-rend der Eigenmittelanteil in der Investitionsfinanzie rung 2007 bei 44% lag, betrug er 2015 laut KfW-Statistik 53%. Dagegen nahm der Anteil von Bankkrediten von 36 auf 30% ab. Die durch-schnittliche Eigenkapitalquote stieg von rund 25% auf rund 30%.

Günstige KreditkonditionenSich nicht auf den Lorbeeren auszuruhen, ist zwar löblich, kos-tet aber auch viel Geld. Digitalisierung etablierter Geschäfts-modelle, Steigerung der Ressourceneffizienz, Qualitätsverbes -serungen, Markteinführung neuer Produkte und internationale Expansion sind Herausforderungen, die finanziert werden müssen. Erster Ansprechpartner ist für viele nach wie vor die Hausbank. Da kommen den Unternehmern die sehr niedrigen Kreditzinsen, die ihnen – allerdings nur bei entsprechender Boni tät – gewährt werden, sehr entgegen. Das günstige Finan-zierungsumfeld nutzen vor allem große KMU, sie erhöhen die Ticket größe ihrer Kredite deutlich, während die Nachfrage nach Kleinkrediten (bis 20.000 EUR) einen historischen Tiefstand verzeich net, wie die KfW aktuell in ihrem „Mittelstandspanel 2017“ berichtet. Insgesamt stieg die durchschnittliche Kredit-nachfrage 2016 um 4% auf 301.000 EUR (2015: 289.000 EUR, 2014: 256.000 EUR). Bis zum Jahr 2012 hatte diese Durchschnittsgrö-ße noch stets unter 200.000 EUR gelegen. Die Lücke in der Kredit versorgung ist klein. Dabei darf aber nicht übersehen werden, dass kleine Firmen in Kreditverhandlungen viel häufi-ger scheitern als größere. Die Kreditablehnungsquote von Unter-

nehmen mit weniger als fünf Beschäftigten lag 2016 bei 15%, die von KMU mit 50 und mehr Beschäftigten nur bei 3%, so die KfW. Der starke Wunsch nach finanzieller Unabhängigkeit und die Sorge vor ungünstigen Finanzierungskonditionen halten viele KMU von Kreditverhandlungen fern; Eigenablehnungen neh-men zu.

Von Crowdlending bis Mezzanine Unternehmen, die sich nach Alternativen zum klassischen Bankkredit umschauen, steht heute eine breitere Finanzierungs-palette zur Verfügung als früher. Man denke nur an Crowdinves-ting-Plattformen und die neuen Fintechs zum Beispiel mit dem Angebot an Crowdlending sowie an die verschiedenen Formen von Mezzanine-Kapital. Letzteres hat unter anderem den Vorteil, dass der Kapitalgeber keine Stimmrechte erhält und es indi-viduell ausgestaltet werden kann (Eigenkapitalcharakter). Die typischen Ausgestaltungsformen sind Nachrangdarlehen, Gesell-schafterdarlehen, stille Beteiligungen (typisch oder atypisch), Genussscheine und Wandel-/Optionsanleihen. Mittelstands-anleihen sind dagegen aufgrund des hohen Aufwands und nö-tigen Emissionsvolumens nur etwas für sehr große Mittel-ständler; zudem haben zahlreiche Ausfälle in den letzten Jahren zu einem Imageverlust dieses Segments geführt.

Factoring-Markt wächst weiterhinNach wie vor einen wichtigen Platz in der Mittelstandsfinanzierung belegt das Facto-ring, dessen Volumen in den vergangenen Jahren, begünstigt auch durch die Niedrig-zinsen, weiter zugenommen hat: 2016 belief es sich auf rund 217 Mrd. EUR in Deutsch-land. Im ersten Halbjahr 2017 gab es ein Plus von 8,4%. „Der Markt wächst, stärker als früher nehmen nun sehr kleine und an-dererseits auch sehr große Mittelständler mit einem Jahresumsatz von über 1 Mrd. EUR Factoring in Anspruch; Letztere teil-

weise aus auslaufenden ABS-Programmen“, sagt Joachim Secker, CEO bei Targo Commercial Finance AG, einem Factoring-Anbie-ter in Deutschland und Teil der Targobank Unternehmensgrup-pe. Neben der Zinsentwicklung habe auch die Digitalisierung – es wird mehr online beantragt und bearbeitet – zu sinkenden Kosten geführt und so das Wachstum begünstigt. Und Secker

Joachim Secker,

Targo Commercial Finance

VentureCapital Magazin | 11-2017 15

Titelthema

sieht weiteres Potenzial, denn die Factoring-Quote in Relation zum BIP liege in Deutschland mit ca. 7% unter der von manch anderen Ländern (z.B. Großbritannien: 14%).

Private Equity für Nachfolge und ExpansionWichtige Bausteine in der Finanzierung sind zudem das (stille und offene) Beteili-gungskapital von mittelstandsorientierten Förderinstituten sowie das Kapital von Pri-vate Equity-Gesellschaften. Bei der Übergabe an die nächste Generation finden Unter-neh mer oft keinen interessierten und geeig-neten Nachfolger aus dem eigenen Familien-kreis. Dann kann ein Management Buyout die Lösung sein. Während die Hausbank weiterhin im Tagesgeschäft erster An-sprechpartner ist, so ist Private Equity ge-rade in Sondersituationen wie Nachfolge- oder Wachstums-finanzierung aus der Transaktionslandschaft kaum mehr weg-zudenken. „Waren es vor 15 Jahren zwei Handvoll relevante Mid und Small Cap-Investoren, die für einen verkaufswilligen Familien-unternehmer als Partner infrage kamen, hat sich die ‚Longlist‘

heute erheblich um europäische Buyout- und Growth Equity-Fonds erweitert, die sehr aktiv am deutschen Markt suchen, sowie Industrieholdings, Family Offices – in Summe mehr als 150 Player“, sagt Mark Miller, Managing Partner bei CatCap in Hamburg, die Käufer und Verkäufer von Unternehmen bei Transaktionen berät. „Pro Jahr gibt es aber nur ca. 80 bis 100 rele vante Transaktionen für diese Investorengruppe. Damit sind mittlerweile mehr Private Equity-Anbieter als Deals im Markt. Unsere Mandanten fragen uns immer nachdrücklicher: Wer ist wirklich ein richtiger Partner für mein Unternehmen, was bringt er mit außer Geld?“, so Miller.

Neue AnforderungenDie gute Nachricht ist: Das Private Equity-Modell wird immer selbstverständlicher von Familienunternehmen akzeptiert, die Kundschaft ist allerdings kritischer geworden. „Unternehmer fragen sich, wie der Private Equity-Investor sie bei Digitalisie-rung, Internationalisierung und Buy and Build unterstützen kann. Welche Erfahrung hat er hierbei und wie gut kennt er die Branche schon vor der Transaktion?“, erklärt Miller. Die Dis-ruption erreiche somit nicht nur die Familienunternehmer, sondern auch ihre Investoren. Ein fairer Kaufpreis und eine

Investitionsfinanzierung im Mittelstand (50 Vollzeitbeschäftigte und mehr)

Quelle: KfW

Mark Miller,

CatCap

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Sonstiges

Fördermittel

Eigenmittel

Bankkredite

16 11-2017 | VentureCapital Magazin

Titelthema

VentureCapitalMagazin

Große Pläne suchen große SummenExpansions- und Wachstumsfi nanzierung

Intelligenter Baustein im FinanzierungsmixMezzanine-Trends im deutschen Mittelstand: Spannender Nischenmarkt

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Private Equity-Häuser setzen verstärkt auf Buy and Build

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Bank aus Verantwortung

durchdachte Transaktionsstruktur seien heute nur mehr eine notwendige, aber nicht eine hinreichende Bedingung für den Zuschlag. „Der Private Equity-Investor kann und muss sich heute als aktiver Investor mit seinen Kompetenzen im Markt klar differenzieren“, so Miller.

Strategisches Wachstum finanzieren„Beim Thema Wachstumsfinanzierung geht es meist um Akquisi-tionen, zum Teil um dadurch in neue Geschäftsfelder vorzudrin-gen, aber auch um internationale Expansion“, sagt Christoph Karbenk, Partner bei der auf mittelständische Unternehmen spezialisierten Beteiligungsgesellschaft capiton. Für den Unterneh-mer stehe dann die Überlegung im Vordergrund, einen (Finan-zierungs-)Partner aufzunehmen, der ihn dabei begleitet. „Zukauf und Internationalisierung sind oft miteinander verknüpft, ins-

besondere wenn zum Beispiel ein deutscher Mittelständler ein Unternehmen in den USA oder in Asien kauft, um auf dem dortigen Markt präsent zu sein“, so Karbenk. In die-sem Zusammenhang könne die Tendenz zur Abschottung in der Handelspolitik des derzeitigen US-Präsidenten in Verbindung mit dem niedrigeren Dollarkurs ein Argu-ment sein, um sich aktiv nach Akquisitions-möglichkeiten in den USA umzuschauen. Dagegen spielt das Thema Restrukturie-rung eine abnehmende Rolle. „Die Wirtschaftslage ist gut, die Konjunktur läuft, und im Durchschnitt sind die Unternehmen heute besser aufgestellt als vor vier oder fünf Jahren. Die Anlässe für Restrukturierungen sind somit seltener geworden.“

Ursprüngliche Kreditnachfrage und realisiertes Finanzierungsvolumen (in Mrd. EUR)

Quelle: KfW

Christoph Karbenk,

capiton

Eigenkapitalausstattung deutscher Mittelständler

2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016

durchschnittliche Eigenkapitalquote 26,6% 26,9% 27,4% 28,6% 29,7% 29,7% 30,0%

durchschnittliche Eigenkapitalquote < 10 Vollzeitbeschäftigte 21,6% 23,5% 18,5% 22,8% 22,1% 20,9% 22,5%

durchschnittliche Eigenkapitalquote > 50 Vollzeitbeschäftigte 28,6% 28,1% 30,4% 31,6% 33,8% 33,4% 33,6%

Anteil der KMU mit negativer Eigenkapitalquote 6,0% 6,0% 12,0% 10,0% 10,0% 11,0% 10,0%

Quelle: KfW

93,0

83,3 88,9

100,5

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79,8

79,8

93,0

81,6 87,7

99,2

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122,8

103,8

100,2

102,3

118,7

127,8

131,5

133,5

60

80

100

120

140

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180

2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016

realisierte Eigenmittel

realisierte Fremdmittel

ursprünglich geplante Kreditanfrage

18 11-2017 | VentureCapital Magazin

Titelthema

Wie den Verkaufserlös anlegen?Die Berührungsängste mit Beteiligungsgesellschaften wurden weitgehend abgebaut, die Prioritäten haben sich verschoben. „Heute steht Preismaximierung viel stärker im Vordergrund“, sagt Karbenk. Er sieht eine andere Problematik: die Wieder anlage des Verkaufserlöses – auch vor dem Hintergrund des Niedrigzinsumfelds. So komme es zwar oft zu ersten Gesprächen mit Unternehmern über deren Verkaufsabsichten. Aber dann komme oft die Frage: Was mache ich mit dem Geld? Warum soll ich, wenn das Unternehmen gut läuft und die Dividende stimmt, verkaufen? Und so werde am Ende dann oft doch nicht verkauft. Im Wettbewerb mit strategischen Käufern haben Beteili-gungsgesellschaften immerhin, wie Karbenk erläutert, einen Vorteil: Beim Kauf durch ein Konkurrenzunternehmen oder einen Konzern gehe die Identität bzw. die Eigen-ständigkeit des Mittelständlers in der Regel verloren, während beim Kauf durch einen Finanzinvestor Firma und Unternehmenskultur erhalten bleiben könnten. „Allerdings zahlen Strategen inzwischen teils so hohe Preise, dass auch dieser Aspekt dann kein Hindernis ist.“ Die Firmenbewertungen sind in den letzten zwei Jahren noch einmal gestiegen; das macht das Geschäft für die Private Equity-Häuser nicht einfacher. „Wir müssen heute mehr Aufwand betreiben, um ein Unternehmen zu finden, bei dem Story und Preis zusammenpassen“, so Karbenk. Heute würden EBITDA-Multiples von acht an aufwärts gezahlt. Wachstumsstärke und -potenzial des Unternehmens seien entschei-dend; bei guten Skalierungsmöglichkeiten des Geschäftsmodells gehe es auch deutlich in den zweistelligen Multiple-Bereich hinein.

Vorteil für einheimische InvestorenBei den hohen Preisen – und zugleich extrem niedrigen Zinsen – arbeiten Beteiligungs-gesellschaften nach wie vor in der Regel mit Leverage (Kreditfinanzierung). Weitere Konkurrenz auf Käuferseite erwächst durch ausländische Private Equity- Häuser, die stärker als früher auf dem deutschen Markt nach Targets suchen. Im Bieterwettbewerb könne man immerhin „die deutsche Karte“ spielen, wenn das Unternehmen aus dem Familienkreis heraus verkauft wird und emotionale Aspekte eine Rolle spielten. Kar-benk: „Wir können glaubhaft argumentieren, dass wir das Geschäft und die Unterneh-menskultur besser verstehen als zum Beispiel ein Bieter, der aus den USA oder aus China kommt.“

Fazit Die Vielfalt an Finanzierungsoptionen und -partnern ist weiter gewachsen. Davon und von ihrer eigenen guten Ertragslage – Stichwort Innenfinanzierung aus dem Cashflow – profitieren viele Mittelständler. Aber auch die Kreditnachfrage (2016: plus 1,5% zum Vorjahr) steigt – nach Einschätzung der KfW auch 2017, denn in der ersten Jahreshälfte gab es ein Plus von rund 4%. Möglicherweise spielt die Erwartung einer anstehenden Zinswende hier eine Rolle.

Bernd Frank

[email protected]

VentureCapital Magazin | 11-2017 19

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