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Die Bildungsenthalpie des Tellurdioxids

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Page 1: Die Bildungsenthalpie des Tellurdioxids

Die Bildungsenthalpie des Tellurdioxids

Von A. SCHNEIDER und G. ZINTL

Mit 1 Abbildung

Professor J . Goubeau zum 60. Geburtstage gewidmet

Inhaltsiibersicht Durch Verbrennung von Tellur in der Bombe wwrde calorimetrisch die Bildungs-

enthalpie des TeO, zu AH,,, = -76,9 f 1,2 kcal/Mol ermittelt.

Summary By combustion of elemental tellurium in a calorimetric bomb, the enthalpy of forma-

tion of TeO, has been determined to be AH,, = - 76.9 & 1.2 kcal/mole.

Bei Betrachtung der Bildungsenthalpien der Oxide in den Reihen S02--Se0,-Te0,-Po0, (vgl. Abb. 1) l) ,) erscheint der fur TeO, ta- bellierte Wert auffallig hoch, auch unter Berucksichtigung der offenhar gegeniiber der Reihe Ge0,-As,O,-SeO, systematisoh hoheren AH- Werte fur Sn0,-Sb,03-TeO,. - Die in der Literatur beschriebenen Messuiigen der Bildungseiithalpie fur TeO, sind folgeiide :

a) THOMSEN~): AH = -77,18 kcal/Mol. Methode: Chlorierung des Tellurs zu TeCI, und Hydrolyse zu ,,telluriger Saure" d. h. wegen der geringen Loslichkeit von TeO, in Wasser praktisch zu TeO,.

lo) M I X ~ ~ E R ~ ) : AH = -87,l kcal/Mol. Methode: Oxydatioii von Tellur und TeO, mit Natriumperoxyd zu Tellurat.

1) Nach den Bestwerten cler Tebellenwerke von a) 0. KUBASCHEWSKI und E. LL. EVAKS, Metallurgical Thermochemistry, 3. Aufl. London 1958. b) F. D. ROSSINI, D. D. WAGMAX, W. H. EVAXS, S. LmiivE, I. JAFFE, Selected Values of Chemical Thermo- dynamic Properties, Washington 1952. c) 8. GLASSXER, The thermochemical properties of oxides, fluorides and chlorides, Report ANL- 51 07, Argonne National Laboratory USA.

2, Die hypothetische Bildungsenthnlpie fur (SO,) lest i s t , aus dem experimentellen Wert fur (SOJCas berechnct.

3, J. THOMSEN, Thermochemische Untersuchnngcn, Leipzig 1882, Bd. I! S. 278, 405. 4 ) W. G. MIXTER, Ainer. J. Sci. [4] ?9, 495 (1910).

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c) SCHUHMANN~): AH = -77,7 kcal/Mol. Methode: EMK-Mes- sung der Kette Te, TeO, / HClO,, H,O / H,, Pt.

Wir haben iiach anderer Methode - Verbrennung von Tellur in der Calorimeter-Bombe - eine Neubestimmung durchgefiihrt, und hierbei praktisch gleiche Bedingungen benutzt wie bei unserer il H-Bestimmung

Abb. 1. Bildungsenthalpieii von Oxiden

fur SeOZ6), so daS uiisere AH-Werte fur TeO, und SeO, mit Sicherheit unmittelbar vergleichbar sind. Hinsichtlich des Absolutwertes Jionnten wir den alten Wert von THOMSEN bestatigen.

1. Au s gangs - S u b s t a n z : ,,Tellur in Stangen" der Firma Mer c k wurde insbesondere zur Trennung von Selen einer Reinigungsprozeclur untcrworfen :

a) Befreiung yon Selen-Anteilen dureh tfberfuhrung des Tellurs in basisches Nitrat, Umkristallisation aus Salpetersaure nach') 8 ) und Zersetzung des basisehen Nitrats durch Erhitzen auf 400 "C.

b) Das rein weiBe TeO, wurde in konzentrierter HCl gelost und anschlieBend Tellur mit Hydrazin gefallt.

c) Das so gewonnene Tellur wurde in einer Quarzapparatur nach vorheriger Rehand- lung mit Wasserstoff (bei etwa 500') wiederholt sublimierend bei etwa 400-450 "C ge- reinigt, wobei jeweils nur wenige Milligramm pro rund 30 g Einivaage zuriickblieben.

Eine spektralanalytische Untersuehung 9) ergab folgcndes Resultat: Co 5 0,0050/,; Bi, Fe, Mn, Si, Mg jeweils 5 0,003yo; Angabcn hinsichtlich der S- bzw.

der Se-Spuren waren spektralanalytisch nicht zu erhaltcn. Sicher :Lber liegen samtliche

2) R. SCHUIIMANN, J. Amer. chem. Soc. 4 i , 359 (1925). 6 ) A. SCHNBIDER 11. G. GATTOW, Z. anorg. allg. Chem. 27i, 37 (1954). 7) 0. H~XIGSCHNID, R. SACHTLEBEN u. K. WINTERSBERGER, Z. snorg. allg. Chem.

8 ) lnorganic Syntheses Bd. 3, S. 143, New York u. London 1950. 9 ) Herrn Prof. Dr. MANNKOPFLT danlren wir sehr fur seine bereitwillige Hilfe.

2112, 242 (1933).

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Verunreinigungen unter der Konzentration, die fur eine Fehlerdiskussion der ealorimctri- when Ergebnisse ZZI beruclrsichtigen ware.

2. Calor imet r i sche Messung: Zur Verbrennung des Tellurs benutzten wir eine normale ,,JKA-Calorimeter-Bonibe" aus VBA-Stahl der Firma J a n k c u. K u n k e l , sowie ein Calorimeter iiblicher Rauart: ihRengefaB mit etwa 26 Liter Wamor. Tcm- peraturgang-Messung mit geeichtem BECKMAN~-Therniometer. Wasserwert : rund 3000 cal/Gmd. Die Eichung dureli Verbrennung von standardisierter Benzoesaure (30 at.m 0,-Druck) lieferte Fehler in der Wasserwert-Bestiminung von 0,4%. Gewisse Schwierigkeiten des Ziindvorgangslo) wurden unter Benutzung von Angaben von B E R O \ ~ ' ~ ) in folgender VVeise geliist:

Xuf dem Boden des Verbrennungsschalchens lagen als Hilfs-Ziindsubstanz 70-100 mg Graphitpulver, in das ein Eisenziinddraht (Verbrennungswarme 1,4 callem) eingefuhrt war. I n einer konusartig gefaltetcn Acetylcellulose-Folie (40-70 mg), ciie auf dem Schd- chenrand auflag und einen Zwischenraum zwischen Graphit und Folie lieB, war das Tellnr untergebracht. Umsatz : 97-100~0. Samtliche Hilfssubstanzen lieforten 30--40yo der gesarnten Verbrennungswarme. - Die Eichung fur die Hilfssubstanzen ergttb folgen- des Resultat:

a) Graphit: Verbrennungswarme = -7805 & 26 cal/Gramm Substanz (= 93,75 kcd/ Grammatom) 12). Verbrennung durch einfache Ziindnng mit Eisendraht.

b) Acetylcell~lose~~). Verbrennungswarme = -4824 & 19 cal/Gramm Substanz. Verbreiinnng von Mengen zwischen 0,s - 0,9 g nach vorheriger Lagerung der Folien im Exsikkator iiber 50proz. H,SO,. Ziindung rnit Eisendraht.

3. Bnalyse : Nach den Verbrennungs-Versuchen (je etwa 3,5 g Tellur) fanden wir jeweils etwa 80% des cntstandenen TeO, als Schmelzkuchen am Boden des Verbrennungs- schalchcns, den Rest an den Wanden der Bombe. Der Schalchen-Inhalt jedes einzelnen Verbrennungsversuches wurde zunkchst auf eventuell vorhandenes Gwertiges Tellur gepriift. .

Me thodc: Erhitzen mit konzentrierter Salzsaure und Ubertreiben von Chlor, das nach Tes+ + 2 C1- --f Te&+ + C1, entsteht, im C0,-Strom in eine Vorlage mit KJ-Losung. Ausgcschiedenes Jod wird mit Thiosulfat titriert. Die apparative Anordnung mit miig- lichst kleinem Volumen lehnte sich an die von R U P P ~ ~ ) bzw. BRADDOCK-ROGERS und KRIEGER~~) angegebene Vorschrift an und wurde durch Reihenversuche iiberpriift.

Wir benut,zten fur die Verbrennung drei verschiedene Tellurpriiiparate und beobachteten bei den Praparaten 1) und 2) einerseits in der Vorlage

10) Zundung in iiblicher Weise mit Eisen-Ziinddraht fiihrte nur zu unvollstandiger Verbrennung. - Auch die Verwendung von Aluminium-Draht bzw. -Folk, sowie von Zirkon-Draht (mit hoher Verbrennungswarme) verbesserte den Umsatz nicht wesentlich. - Auch die ubliche Einschaltung von Hilfssubstanzen (Baumwollfaden, Benzoesaure, Folie aus Acetylcellulose) brachte keine befriedigende Losung, sowohl wegen der mit- entstehenden Wassermengen, wie auch wcgen nicht durchgreifender Ziindung.

11) F. BUROW, Dissertation Kiel 1956. l 2 ) Fur dH,,,(CO,) ist in1) ein Wert von -94,06 kcal tabelliert. 13) Die 0,04 mm starke Folie stellte uns die Firma Kalle u. Co., Wiesbaden-Biebrich,

dankenswerterweise zur Verfiigung. E. RUPP, Z. analyt. Chem. 57, 226 (1918).

l s ) K. BRADDOCK-ROGERS u. K. A. KRIEGER, Ind. Engng. Chem., analyt. Edit. 5, 342 (1933).

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nzit K J-Losung einen roten Selen-Beschlag 16) und andererseits einen Verbrauch von einigen Zehntel Millilitern n/lO-Thiosulfat-Losung17). Das besonders sorgfaltig nach ') und 8 , hergestellte Praparat 3 ) ergab ein Verbrennungsprodukt, das dementsprechend auch keine Jodabschei- dung in der KJ-Vorlage verursachte. Wir haben deshalb die Ermittlung der Verbrennungswarme auch nur auf die mit Praparat 3 ) durchgefiilzrten Versuche gestutzt, bei denen ein weitgehend Se-freies Tellur als Aus- ga,ngsprodukt vorlag.

Die Bestimmung des Umsetzungsgrades - Anteil unverbrauchten Tellurs neben TeO, - ist nach AusschlieSung des Vorliegens von Gwertigem Tellur vereinfacht: Der gesamte Bombeninhalt wurde mit Ammoniak in Losung gebracht, eingedampft und mit der salzsauren Losung der vorangegangenen jodometrischen Priifung des Schalchen- Inhalts vereinigt. In dieser die Gesnmt-Menge TeO, enthaltenden Losung befinden sich - hcterogen vcrteilt -

a) unverbranntes Tellur und b) Kohlenstoffruckstande aus den Hilfssubstanzen Graphit und Cellulose. Diese Beststoffanteile wurden auf dem Filtertiegel von der Losung getrennt und Tellur mit Konigswasser (1:l mit H,O verdiinnt) vom Bilter gelost. Ruck- wagung des Tiegels ergibt die Tellurmenge. AnschlieBendes Gliihen des Tiegels bei 1000 "C und nochmalige TVBgung liefert die Menge des Kohlenstoffs.

Bei der Versuchsreihe mit Praparat 3 ) ( 7 Versuche) wurden jeweils 3,4 bis. 3,8 g Tellur verbrannt. Die Kohlenst,offreste lagen zwischen 1,l und 1,8 mg, d. h. bei etwa 1% der gesaniten Hilfssubstanz (Graphit und Cellulose). Unverbranntes Tellur wurde nur in kleinen Mengen gefunden: in 6 Versuchen 5 3 mg, in 1 Versuch 29 mg. Die Verbren- lrungen dieser Reihe verliefen also praktisch vollstandig zu TeO,.

Eine ront,genographische Prufung (Fe- Strahlung) des Schalchen- iiihalts ergab ein Interferenzmuster, das - mit Ausriahme einer schwachen Linie - zwischen 8-Werten von 16-84' der von STEIIL~K und BALAK~~) angegebenen Struktur (tetragonal, Raunigruppe D," oder D: nzit a =

4,796 uiid c = 7,594 A) ent,sprach. AuBerdein stimrnt das Debyeo- gramni hinsichtlich Linienlage und Intensitat mit dem eines aus waB- riger Losung gewonnenen TeO,-Priiparates iiberein.

Die Auswertung dieser Versuche ergab eine Verbrennixngswiirme des Tellurs voii -598 ca l / Gramin Tellurl"), eritspreeherid -76,3 kcal/

Ifi) Entstanden wahrscheinlich durch cine nicht quantitative Vcrfliichtigung geringer ihteile *-on Selen als Tetrachlorid und anschlieIjende Redilktion zu Selen durch Jodicl.

l7) Hicrmit steht die an dem Praperat 2) gernachte Beobachtung in ifbereinstimmung, daB Se-hdtigc Praparate Pluswertc gegeniiber dcn Se-freicn hei der Verbrennung lie- ferten: Verbrennungswsrrne Selen = -715 cal/Gramm Selen; Verbrennungswarme Tellur = -598 cal/Gramm Tellur.

18) B. STEHLIII u. L. B A L ~ K , Chem. zvesti 2, 6, 33, G9 (1948); Collect. czcchoslov. chcm. Commun. 14 (1949); zitiert nech Chem. Abstr. 43, 8781 (1949).

l9) Die Einzelwerte waren: 595,6; 603,O; 600,4; 597,O; 596,6; 597,4; 595,2 cal/Gramm.

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Mol. Eine Umrechnung auf den Standardzustand bringt nur eine kleine (durch Umrechnung auf konstanten Druck verursachte) Korrektur von -0,6 kca120). - Fur die Bildungsenthalpie des TeO, lafit sich demnach insgesamt angeben :

AH,,$ (TeO,) = -763 1,2 kcal/Mol.

lnnerhalb unserer Fehlergrenzen ist darnit der - absolut und im Ver- gleich zu SeO, - auffallig hohe AH-Wert bestatigt.

Zur Fehlerdiskussion sei noch bemerkt : Wir halten den angegebenen Wert auch absolut gesehen innerhalb der Fehlerbreite

von 5 1,2 keal fur vertretbar: Die durchschnittlichen Abweichungen der Verbrennungs- warmenVTe, V,, V, sind an sich kein MaB fur den Fehler des Endergebnisses. Die Verbren- nungswarme V,, ist gegeben durch den Ausdruck

1

mTe VTe= - - - ( V - m c - V , - m F . V F )

(m, = Masse Tellur; m, = Masse Kohlenstoff; mF = Masse Folie). Der Fehler von VTe laBt sich hieraus nach dem Fehlerfortpflanzungsgesetz berechnen.

Hierbei ist der Fehler dW des Wasserwerts nur einmal einzusetzen, da er in alle Mes- sungen eingeht. Eine eingehendere Durchsuchung ergibt2I), daB der relative Fehler (dVT,/ VTe) abhangig ist vom Verhaltnis VTe zur

a) Gesamt-Warmeentwicklung V und zur b) Summe der Verbrennungswarme der Substanzen :

Bei den in unseren Versuchen vorliegenden Bedingungen ergibt sich der oben genannte relative durchschnittliche Fehler von & 1,5%.

Der Deutschen Forschungsgemeinschaft sind wir zu Dank verbunden fur die uns zur Verfugung stehenden apparativen Hilfsmittel.

2 " ) Alle anderen Faktoren (Umrechnung ouf den isothermen Verbrennungsvorgang, Umrechnung auf 25 "C und die von E. W. WASHBURN, J. Res. nat. Bur. Standards 10, 525 (1933), angegebenen Korrekturvorschriften fur die organischen Hilfssubstanzen) srgeben vernachlassigbare Korrekturen.

zl) Vgl. Diplomarbeit G. ZINTL, Gottingen 1960.

Gottingen, Anorganisch-cherrbisches Institut der Tiniversitat.

Bei der Redaktion eingegangen am 10. Oktober 1960.