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Benjamin Wanninger / Martin Wurm Die Einzelhandelsform Trends, Zielgruppen und Konzeptionsprozess Diplomica Verlag Convenience Store

Die Einzelhandelsform Convenience Store · 2013-07-26 · Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung

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Benjamin Wanninger / Martin Wurm

Die Einzelhandelsform

Trends, Zielgruppen und Konzeptionsprozess

Diplomica Verlag

Convenience Store

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Wanninger, Benjamin¸ Wurm, Martin: Die Einzelhandelsform Convenience Store: Trends, Zielgruppen und Konzeptionsprozess, Hamburg, Diplomica Verlag GmbH 2013 Buch-ISBN: 978-3-8428-9216-3 PDF-eBook-ISBN: 978-3-8428-4216-8 Druck/Herstellung: Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2013 Covermotiv: © Vladimir Kolobov – Fotolia.com Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Bearbeitung in elektronischen Systemen.

Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften.

Die Informationen in diesem Werk wurden mit Sorgfalt erarbeitet. Dennoch können Fehler nicht vollständig ausgeschlossen werden und die Diplomica Verlag GmbH, die Autoren oder Übersetzer übernehmen keine juristische Verantwortung oder irgendeine Haftung für evtl. verbliebene fehlerhafte Angaben und deren Folgen.

Alle Rechte vorbehalten © Diplomica Verlag GmbH Hermannstal 119k, 22119 Hamburg http://www.diplomica-verlag.de, Hamburg 2013 Printed in Germany

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Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis ....................................................................................................11

Tabellenverzeichnis ....................................................................................................... 12

1 Einleitung .................................................................................................................. 13

1.1 Zielsetzung ............................................................................................................................. 14 1.2 Forschungsfragen ................................................................................................................. 14 1.3 Aufbau und Methodik ......................................................................................................... 15 1.4 Begriffsdefinitionen und Einordnung .............................................................................. 16

1.4.1 Convenience ........................................................................................................... 16 1.4.2 Einzelhandel ........................................................................................................... 16 1.4.3 Convenience Store ................................................................................................. 17 1.4.4 Einordnung in die Einzelhandelslandschaft ..................................................... 18

2 Trends und Rahmenbedingungen ............................................................................ 21

2.1 Der Konsument bzw. die Konsumentin .......................................................................... 21 2.1.1 Individualisierung .................................................................................................. 22 2.1.2 Neo-Ökologie ......................................................................................................... 23 2.1.3 Zeitknappheit ......................................................................................................... 25 2.1.4 Spontaneinkäufe ..................................................................................................... 27 2.1.5 Bevölkerungsalterung ............................................................................................ 28 2.1.6 Bedeutung des Preises .......................................................................................... 29 2.1.7 Vernetzter Verbraucher bzw. vernetze Verbraucherin ................................... 31

2.2 Politisch-rechtliche Einflussfaktoren ................................................................................ 32 2.3 Zusammenfassung ................................................................................................................ 35

3 Bausteine des Systems Convenience Store ............................................................... 37

3.1 Baustein Standort ................................................................................................................. 38 3.2 Baustein Sortiment ............................................................................................................... 39 3.3 Baustein Atmosphäre ........................................................................................................... 41 3.4 Baustein Zeit ......................................................................................................................... 42 3.5 Zusammenfassung ................................................................................................................ 43

4 Convenience Store-Konzepte .................................................................................... 45

4.1 „Costcutter Express“ (Dublin) .......................................................................................... 47 4.1.1 Ausgestaltung des Bausteins Standort ............................................................... 48 4.1.2 Ausgestaltung des Bausteins Sortiment ............................................................. 48 4.1.3 Ausgestaltung des Bausteins Atmosphäre ......................................................... 48 4.1.4 Ausgestaltung des Bausteins Zeit ....................................................................... 48

4.2 „Emmas Enkel“ (Düsseldorf) ............................................................................................ 49 4.2.1 Ausgestaltung des Bausteins Standort ............................................................... 50 4.2.2 Ausgestaltung des Bausteins Sortiment ............................................................. 50

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4.2.3 Ausgestaltung des Bausteins Atmosphäre ......................................................... 50 4.2.4 Ausgestaltung des Bausteins Zeit ....................................................................... 51

4.3 „Merkur Mini-Markt“ (Wien) ............................................................................................. 52 4.3.1 Ausgestaltung des Bausteins Standort ............................................................... 53 4.3.2 Ausgestaltung des Bausteins Sortiment ............................................................. 53 4.3.3 Ausgestaltung des Bausteins Atmosphäre ......................................................... 53 4.3.4 Ausgestaltung des Bausteins Zeit ....................................................................... 54

4.4 „Preis-Schocker“ (München) ............................................................................................. 55 4.4.1 Ausgestaltung des Bausteins Standort ............................................................... 56 4.4.2 Ausgestaltung des Bausteins Sortiment ............................................................. 56 4.4.3 Ausgestaltung des Bausteins Atmosphäre ......................................................... 56 4.4.4 Ausgestaltung des Bausteins Zeit ....................................................................... 56

4.5 „Elfi’s Kreativecke“ (Ulmerfeld-Hausmening) ............................................................... 57 4.5.1 Ausgestaltung des Bausteins Standort ............................................................... 58 4.5.2 Ausgestaltung des Bausteins Sortiment ............................................................. 58 4.5.3 Ausgestaltung des Bausteins Atmosphäre ......................................................... 58 4.5.4 Ausgestaltung des Bausteins Zeit ....................................................................... 59

4.6 „SPAR“ (Dublin) .................................................................................................................. 59 4.6.1 Ausgestaltung des Bausteins Standort ............................................................... 60 4.6.2 Ausgestaltung des Bausteins Sortiment ............................................................. 60 4.6.3 Ausgestaltung des Bausteins Atmosphäre ......................................................... 61 4.6.4 Ausgestaltung des Bausteins Zeit ....................................................................... 61

4.7 “Thos. J. Coleman & Co.” (Dublin) ................................................................................. 62 4.7.1 Ausgestaltung des Bausteins Standort ............................................................... 63 4.7.2 Ausgestaltung des Bausteins Sortiment ............................................................. 63 4.7.3 Ausgestaltung des Bausteins Atmosphäre ......................................................... 63 4.7.4 Ausgestaltung des Bausteins Zeit ....................................................................... 63

4.8 „DB ServiceStore“ (deutschlandweit) ............................................................................... 64 4.8.1 Ausgestaltung des Bausteins Standort ............................................................... 65 4.8.2 Ausgestaltung des Bausteins Sortiment ............................................................. 65 4.8.3 Ausgestaltung des Bausteins Atmosphäre ......................................................... 65 4.8.4 Ausgestaltung des Bausteins Zeit ....................................................................... 65

4.9 „Avia“ (Nürnberg) ............................................................................................................... 66 4.9.1 Ausgestaltung des Bausteins Standort ............................................................... 67 4.9.2 Ausgestaltung des Bausteins Sortiment ............................................................. 67 4.9.3 Ausgestaltung des Bausteins Atmosphäre ......................................................... 67 4.9.4 Ausgestaltung des Bausteins Zeit ....................................................................... 68

4.10 „Come In“ (Wuppertal) ...................................................................................................... 69 4.10.1 Ausgestaltung des Bausteins Standort ............................................................... 70 4.10.2 Ausgestaltung des Bausteins Sortiment ............................................................. 70 4.10.3 Ausgestaltung des Bausteins Atmosphäre ......................................................... 70 4.10.4 Ausgestaltung des Bausteins Zeit ....................................................................... 70

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4.11 „Lawson“ (Japan) ................................................................................................................. 71 4.11.1 Ausgestaltung des Bausteins Standort ............................................................... 72 4.11.2 Ausgestaltung des Bausteins Sortiment ............................................................. 72 4.11.3 Ausgestaltung des Bausteins Atmosphäre ......................................................... 72 4.11.4 Ausgestaltung des Bausteins Zeit ....................................................................... 73

4.12 Zusammenfassung ................................................................................................................ 73

5 Implikationen aus den Recherchen .......................................................................... 75

6 Konzeption eines Convenience Stores ...................................................................... 77

6.1 Vorgehensweise .................................................................................................................... 77 6.2 Wahl und Analyse des Standorts ....................................................................................... 79

6.2.1 Hintergrund und Vorgehensweise ...................................................................... 79 6.2.2 Festlegung des Standorts ...................................................................................... 80 6.2.3 Erstellung einer Umgebungskarte ...................................................................... 80 6.2.4 Ermittlung soziodemographischer Daten ......................................................... 82 6.2.5 Ergebnisse aus Beobachtung ............................................................................... 85

6.3 Generierung von Ideen ....................................................................................................... 86 6.3.1 Beschreibung der Vorgehensweise ..................................................................... 87

6.3.1.1 Zusammensetzung der Gruppe ...................................................... 88 6.3.1.2 Dokumentation der Ergebnisse ...................................................... 89 6.3.1.3 Durchführung des Ideen-Workshops ........................................... 89 6.3.1.4 Einführung in das Thema ................................................................ 89 6.3.1.5 Brainstorming .................................................................................... 89 6.3.1.6 Kopfstandmethode ........................................................................... 90

6.3.2 Top-Ideen ............................................................................................................... 91 6.4 Clusterung der Ideen zu Konzepten ................................................................................. 97

6.4.1.1 Konzept „Der Grätzl-Markt“ ......................................................... 97 6.4.1.2 Konzept „Schnelles Sackerl“ ........................................................... 99 6.4.1.3 Konzept „Dein Kistl“ .................................................................... 101 6.4.1.4 Konzept „Fremdhausg’macht“ ..................................................... 102 6.4.1.5 Konzept „Ökokauftreff“ ............................................................... 104

6.5 Analyse und Evaluierung der Konzepte......................................................................... 105 6.5.1 Analyse der Konzepte nach Nutzwert ............................................................. 105

6.5.1.1 Beschreibung der Methode ............................................................ 105 6.5.1.2 Festlegung der Zielkriterien und Zielwertausprägungen ......... 106 6.5.1.3 Bewertung der Konzepte anhand der Zielkriterien .................. 108

6.5.1.3.1 Neuartigkeit ................................................................ 108 6.5.1.3.2 Erweiterbarkeit .......................................................... 109 6.5.1.3.3 Einbeziehung der Kundschaft ................................ 109 6.5.1.3.4 Konkurrenz am Standort......................................... 109 6.5.1.3.5 Akzeptanzrisiken ....................................................... 110

6.5.1.4 Errechnung der Nutzwerte ............................................................ 110

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6.5.2 Evaluierung der Konzepte mittels einer Fokusgruppe ................................. 111 6.5.2.1 Methodik der Fokusgruppe ........................................................... 112 6.5.2.2 Auswahl der Teilnehmenden ........................................................ 113 6.5.2.3 Dokumentation der Fokusgruppe ................................................ 113 6.5.2.4 Ablauf der Fokusgruppe ................................................................ 114 6.5.2.5 Erkenntnisse aus der Fokusgruppe .............................................. 114

6.5.2.5.1 „Der Grätzl-Markt“ .................................................. 114 6.5.2.5.2 „Schnelles Sackerl“ ................................................... 116 6.5.2.5.3 „Fremdhausg‘macht“ ............................................... 117 6.5.2.5.4 „Ökokauftreff“ .......................................................... 118

6.6 Anpassung des finalen Konzepts .................................................................................... 118 6.6.1 Ausgestaltung des Bausteins Standort ............................................................. 118 6.6.2 Ausgestaltung des Bausteins Sortiment ........................................................... 119 6.6.3 Ausgestaltung des Bausteins Atmosphäre ....................................................... 120 6.6.4 Ausgestaltung des Bausteins Zeit ..................................................................... 120

7 Resümee ................................................................................................................... 123

Literaturverzeichnis ..................................................................................................... 125

Anhang ........................................................................................................................... 131

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Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Haushaltsgrößen in Deutschland 2000 und 2015 ................................................ 26 Abbildung 2: Bedeutung aggregierter Kauftreiber ....................................................................... 30 Abbildung 3: Überblick über die Ladenöffnungszeiten in Europa ........................................... 33 Abbildung 4: “Costcutter Express” in Dublin .............................................................................. 47 Abbildung 5: „Emmas Enkel“ in Düsseldorf ............................................................................... 49 Abbildung 6: „Merkur Mini-Markt“ im Wiener Westbahnhof .................................................. 52 Abbildung 7: „Preis-Schocker“ in München ................................................................................. 55 Abbildung 8: „Elfi’s Kreativecke“ in Ulmerfeld-Hausmening .................................................. 57 Abbildung 9: „SPAR“ in Dublin ..................................................................................................... 59 Abbildung 10: “Thos. J. Coleman & Co.“ in Dublin ................................................................... 62 Abbildung 11: „DB ServiceStore“ ................................................................................................... 64 Abbildung 12: „Avia“ in Nürnberg ................................................................................................. 66 Abbildung 13: „Come In“ in Wuppertal ........................................................................................ 69 Abbildung 14: „Lawson“ in Japan ................................................................................................... 71 Abbildung 15: Vorgehensweise bei der Konzepterstellung ........................................................ 77 Abbildung 16: Umgebungskarte des Standorts ............................................................................. 81 Abbildung 17: Nutzwertanalyse ..................................................................................................... 111 Abbildung 18: Ideen aus dem Brainstorming .............................................................................. 133 Abbildung 19: Ideen aus der Kopfstandmethode (1) ................................................................ 136 Abbildung 20: Ideen aus der Kopfstandmethode (2) ................................................................ 137

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Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Soziodemographische Daten des Standorts im Jahr 2009 ............................................ 83 Tabelle 2: Haushaltsgrößen am Standort im Jahr 2009 .................................................................... 84 Tabelle 3: Kaufkraft Österreich 2010, Top Ten nach Bezirken ..................................................... 85 Tabelle 4: Ideen mit mindestens drei Bewertungspunkten .............................................................. 96 Tabelle 5: Zielkriterien und Zielwertausprägungen ......................................................................... 108 Tabelle 6: Ideen aus dem Brainstorming ........................................................................................... 134 Tabelle 7: Ideen aus der Kopfstandmethode ................................................................................... 139

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1 Einleitung

„Convenience“ – der Begriff, der im Deutschen für Komfort und Bequemlichkeit steht,

gewinnt als Trend im der Konsumgüterindustrie und im Speziellen im Lebensmitteleinzel-

handel international immer größere Bedeutung.1

„Convenience ist eine typische Zeiterscheinung und Ausdruck unseres modernen Lebens-

stils“, so der Konsum- und Trendforscher David Bosshart2.

Convenience Shopping zeigt sich heutzutage als eine Herausforderung für den Einzelhan-

del. Waren es einst Entwicklungen wie die Entstehung großer Warenhäuser, die Verbrei-

tung von Discountern und der Trend hin zu Ökoprodukten, so ist es heute die Zunahme

der Mobilität, der demographische Wandel oder die soziokulturelle Entwicklung der

Konsumenten und Konsumentinnen, die den Handel zwingen, neuartige Konzepte zu

entwickeln, um konkurrenzfähig zu sein.3

Die Handelsform, die genau auf diese Entwicklungen aufbaut und in den 80er Jahren aus

den Tankstellen-Shops entstanden ist, ist der Convenience Store. Dabei handelt es sich

heutzutage um eine ernstzunehmende Weiterentwicklung im Einzelhandel, die heute

verschiedene andere Handelsformen ergänzt4 und Lebensmitteleinzelhandel, Gastronomie

und Out-of-Home-Markt zusammenführt.5

Obwohl 2008 bereits 14 Prozent des Jahresumsatzes im Lebensmitteleinzelhandel im

Convenience-Bereich generiert wurden6, wird Deutschland noch als „Convenience-Wüste“

bezeichnet7 und liegt im europäischen Vergleich lediglich vor Kroatien.8 So habe sich der

deutsche Einzelhandel bislang eher auf Innovationen im Bereich der Logistik konzentriert,

weniger aber auf das Schaffen besserer Einkaufserlebnisse mit Berücksichtigung von

Emotionen und Frische, stellt Constanze Freienstein von der Unternehmensberatung A.T.

Kerarney fest.9

1 Vgl. Amann 2007 2 Kuhn-Spogat 2010 3 Vgl. SevenOne Media GmbH 2007, S. 23 4 Vgl. Auer und Koidl 1997, S. 13 5 Vgl. Open End 2011, S. 29 6 Vgl. Netzwerk Ladenbau 2008 7 Vgl. Oliver Wyman 06.12.2007 8 Vgl. Convenience: Stein der Weisen wird noch gesucht 2011 9 Vgl. Amann 2007

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In verschiedenen anderen Ländern sind in Punkto Convenience Stores konträre Entwick-

lungen zu beobachten. Die erfolgreiche Convenience Store-Kette „7-Eleven“ beispielswei-

se konnte von 2005 auf 2006 ihren Umsatz um 11,6 Prozent von 13,8 auf 14,4 Milliarden

Euro steigern.10

„Der Convenience-Handel hat weltweit viele Gesichter, er verändert sich schneller als

andere Märkte“11, so Mark Wohltmann, Senior Manager des Convenience Centers bei

Nielsen. Eine einfache, allgemein gültige Definition des Gedankens ist also nicht möglich,

es gibt keinen einheitlichen Prototyp.12

1.1 Zielsetzung

Ziel der vorliegenden Studie ist es, zum einen das Konzept des Convenience Store mit

allen Aspekten zu ergründen und im Anschluss daran das erworbene Wissen dazu anzu-

wenden, selbstständig Konzepte zu entwickeln.

Die Beschreibung der Vorgehensweise mit allen Schritten sowie die tatsächliche Durchfüh-

rung bis hin zum fertigen Konzept soll der Leserin oder dem Leser eine mögliche Vorge-

hensweise an die Hand geben, mit der ein Ladenkonzept erstellt werden kann, sofern ein

Standort für den Convenience Store feststeht.

1.2 Forschungsfragen

In der vorliegenden Studie werden folgende Forschungsfragen beantwortet:

1. Welche Trends und Rahmenbedingungen nehmen Einfluss auf den Einzelhandel?

2. Was sind die elementaren Konzeptbausteine eines Convenience Stores?

3. Welche Bedürfnisse kann ein Convenience Store befriedigen?

4. Wie werden bereits existierende Convenience Store-Konzepte umgesetzt?

5. Welche Implikationen ergeben sich hinsichtlich der Erstellung eines Convenience

Store-Konzeptes und wie kann ein solcher Prozess gestaltet sein? 10 Vgl. Oliver Wyman 06.12.2007 11 Convenience hat viele Gesichter 2011, S. 1 12 Vgl. Heiermann 2011, S. 26

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1.3 Aufbau und Methodik

Um zu verstehen, was Convenience im Handel bedeutet, ist es zunächst wichtig, die

Rahmenbedingungen und Trends bei der Zielgruppe sowie die rechtliche Gegebenheiten

hinsichtlich dieser Entwicklungen zu betrachten. Auf diese Fragestellungen wird im

zweiten Kapitel eingegangen.

Da eine allgemeine Darstellung des Convenience-Konzepts anhand eines Prototyps nicht

möglich ist, gilt es, darstellbare Gemeinsamkeiten zu finden – also Bausteine, die bei der

Konzeption Berücksichtigung finden müssen, damit es sich tatsächlich um einen Conve-

nience Store handelt. Diese Bausteine werden im dritten Kapitel definiert.

Bei der Bearbeitung dieser beiden Kapitel wird die Methode der Literaturrecherche

verwendet, wobei Studien, Fachliteratur und -zeitschriften sowie Internetquellen ausgewer-

tet werden.

Zur Illustration der Theorie soll ein facettenreicher Überblick über existierende Conve-

nience Store-Konzepte gegeben werden, um zu verdeutlichen, wie die individuelle Ausge-

staltung der Bausteine mit Abhängigkeit von den örtlichen Gegebenheiten aussehen kann.

Dies geschieht im vierten Kapitel. Die hierbei verwandte Methode ist die Beobachtung.

Das fünfte Kapitel fasst die Implikationen, die sich aus den Recherchen ergeben, zusam-

men.

Die praktische Anwendung des erworbenen Wissens erfolgt im sechsten Kapitel dieser

Untersuchung. Es werden hier eigene Convenience Store-Konzepte entwickelt. Im Zuge

dessen wird zunächst ein Prozess festgelegt und im Anschluss darauf konkret durchgeführt.

Werden zuerst mittels eines Ideen-Workshops Konzepte entwickelt, werden diese später

im Rahmen einer Nutzwertanalyse bewertet. Die übriggebliebenen Konzepte werden

anschließend zur Evaluierung mittels eines Fokusgruppeninterviews freigegeben. Schließ-

lich wird ein Konzept als Gewinner selektiert und mittels der Erkenntnisse über die

Consumer Insights, die ebenfalls im Fokusgruppeninterview ermittelt werden, weiter

adaptiert.

Dieser Prozess stellt einen Leitfaden für eine mögliche Konzepterstellung abhängig von

einem spezifizierten Standort dar und bietet den Abschluss dieser Studie.

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1.4 Begriffsdefinitionen und Einordnung

Im Folgenden werden für das Thema relevante Begriffe definiert und in Zusammenhang

gebracht.

1.4.1 Convenience

Der Begriff Convenience steht wörtlich übersetzt für Komfort, Einfachheit oder Bequem-

lichkeit. Im Kontext mit dem Handel steht der Begriff für die Bequemlichkeit für den

Verbraucher und die Verbraucherin. Diese ist bis dato meist durch den Faktor der Zeiter-

sparnis oder der Multifunktionalität realisiert.13 Convenience findet bis heute verstärkt

Einsatz in der Lebensmittelbranche, in welcher vorgefertigte Produkte für den schnellen

Konsum als Convenience-Produkte oder als Convenience Food bezeichnet werden.14

Die Convenience-Orientierung der Verbraucherinnen und Verbraucher kann neben den

schon erwähnten Convenience-Produkten wie beispielsweise Fertiggerichte auch auf zwei

weitere Ebenen übertragen werden: Dienstleistungen und Handel. Convenience-

Dienstleistungen wären beispielsweise sämtliche Food-Zustelldienste, während im Handel

der Convenience Store (siehe Definition im Kapitel 1.4.3) immer stärker an Bedeutung

gewinnt.15

1.4.2 Einzelhandel

Laut der Klassifikation von Ahler, Blut und Evanschitzky16 lassen sich die Einzelhandels-

formate folgendermaßen einteilen:

• Cash & carry stores and warehouses

• Convenience and forecourt stores

• Discount stores

• Hypermarket and superstore operators

• Supermarket and neighborhood store operators

13 Vgl. Eggert 1999a, S. 195 14 Vgl. SevenOne Media GmbH 2007, S. 5 15 Vgl. Zentes und Swoboda 1998, S. 7 16 Ahlert et al. 2010, S. 338

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Die Definition von Einzelhandel laut dem Gabler Wirtschaftslexikon17 lautet wie folgt:

„1. Institutionelle Interpretation: Absatz von Waren an Letztverbraucher durch

Einzelhandelsunternehmungen.

2. Funktionale Interpretation: Absatz von Waren und sonstigen Leistungen an

Letztverbraucher, zum Beispiel direkter Vertrieb landwirtschaftlicher Erzeuger, in-

dustrieller Hersteller, Groß- oder Einzelhändler an Konsumenten“.

1.4.3 Convenience Store

Bei einem Convenience Store handelt es sich somit um eine Einzelhandelsform, welches

den Ansatz der Bequemlichkeit für die Kundschaft implementiert hat.

Erst seit einem Jahrzehnt existiert der Begriff Convenience Store in Deutschland. Zuvor

wurden derartige Geschäfte mit dem Term „Alternative Vertriebskanäle“ bezeichnet. Das

Bundesverfassungsgericht stellte 1995 folgende Definition auf:

„Der Convenience Store [Nachbarschaftsladen] ist ein kleinflächiger Einzelhan-

delsbetrieb [Einzelhandel im industriellen Sinne], der ein begrenztes Sortiment an

Lebensmittel sowie gängigen Haushaltswaren zu einem eher hohen Preisniveau an-

bietet. Teilweise können eine Tankstelle und Dienstleistungsangebote [zum Beispiel

Schnellrestaurant, Reinigung] angeschlossen sein. In Ländern, in denen dies zulässig

ist, sind lange Öffnungszeiten [zum Beispiel in den USA und Japan bis zu 24 Stun-

den] üblich. In der Bundesrepublik Deutschland sind Nachbarschaftsläden kleinflä-

chige Lebensmittel- oder Gemischtwarengeschäfte mit wohnungsnahem, frequenz-

intensivem Standort.“18

Auer und Koidl19 definieren den Convenience-Store wie folgt:

“Ein Convenience Store ist ein Einzelhandelsgeschäft unter 400 m², dessen

Hauptmerkmal die räumliche Nähe zum Konsumenten, also sein vorteilhafter

Standort ist, an welchem eine breite Palette von Angeboten mit Sofortkonsum-

Charakter aus Handel, Gastronomie und Dienstleistung verkauft wird und bei dem

17 Gabler Verlag 2012 18 SevenOne Media GmbH 2007, S. 23 19 Auer und Koidl 1997, S. 69

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der Vertrieb von Lebensmitteln oder eines ausgewählten Frequenzsortiments im

Vordergrund steht.”

Die Definition von Ahlert, Blut und Evanschitzky20 lautet:

„The convenience store is a small self-service-based format sited in highly fre-

quented locations and has long opening times. The focus is on convenience prod-

ucts such as ready-to-serve food and fast food, but in most cases a small selection

of regular food and nonfood product is also offered.”

Den Definitionen gemein sind Eigenschaften wie die Nähe zu den Kunden und Kundin-

nen, das ausgewählte Sortiment auf einer verhältnismäßig kleinen Ladenfläche, zusätzliche

Dienstleistungen, Gastronomie oder wenn möglich auch die langen Öffnungszeiten. Mit

diesen Eigenschaften wird der Begriff Convenience auf den Einzelhandel umgelegt,

wodurch sich Zeitersparnis und Multifunktionalität für die Kundschaft ergeben.21 Wie die

Ausgestaltung dieser Eigenschaften am Ende aussieht, bleibt dem Händler überlassen,

wodurch sich verschiedene Möglichkeiten ergeben, wie ein Convenience Store schlussend-

lich genau aussehen kann.

1.4.4 Einordnung in die Einzelhandelslandschaft

Die Entwicklung der Einzelhandelslandschaft in den letzten Jahrzehnten führte neben dem

Aufkommen des E-Commerce verstärkt hin zu riesigen Einkaufszentren und Supermärk-

ten. Mit dieser Entwicklung ging auch die Anzahl an kleineren Einzelhandelsbetrieben

deutlich zurück. In den Jahren von 1970 bis 1990 reduzierte sich somit auch die Anzahl an

Lebensmittelgeschäften von 154.000 auf 60.400 Betriebe. Gleichzeitig stieg ebenfalls die

durchschnittliche Handelsfläche von 53 auf 283 Quadratmeter.22

Die zunehmende Bedeutung von kleinflächigen Stores mit Convenience-Konzepten wird

keinen Rückwärtstrend nach sich ziehen. So werden auch in den nächsten Jahren Super-

märkte und Lebensmitteldiscounter eine bedeutende Rolle spielen.23 Der Convenience

Store ist vielmehr als ein neues Handelsformat zu betrachten. Es wird zusätzlich zu bereits

20 Ahlert et al. 2010, S. 338 21 Vgl. Eggert 1999a, S. 195–196 22 Vgl. Universität Trier, Fachbereich VI Geographie/Geowissenschaften - Raumentwicklung & Landespla-

nung 2012, S. 8 23 Vgl. Kuhn-Spogat 2010, S. 10–11

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existierenden und erfolgreichen Handelsformaten bestehen und durch eine sinnvolle

Ergänzung von bereits Bestehendem andere Bedürfnisse der Konsumenten und Konsu-

mentinnen befriedigen können.24

24 Vgl. Auer und Koidl 1997, S. 13

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2 Trends und Rahmenbedingungen

In diesem Kapitel soll das Fundament für die Erstellung der Convenience-Konzepte

dargelegt werden. Um diese Konzeptionen durchführen und verstehen zu können, ist das

Wissen über den theoretischen Hintergrund unumgänglich. Deshalb wird in diesem Kapitel

ein Überblick über aktuelle Trends und gesellschaftlicher Entwicklungen gegeben.

2.1 Der Konsument bzw. die Konsumentin

Der Einkauf wurde in den vergangenen Jahren immer komplexer. Dies ist nicht nur eine

Auswirkung immer größer werdender Verkaufsflächen und stetig wachsender Angebots-

zahlen, auch die Produkte selbst wurden immer komplizierter. Seien es neue Technologien,

welche den Markt überströmen, oder einfach nur Nahrungsmittel, die durch Aufkommen

von Bio-Produkten, gentechnisch veränderten Obst und Gemüse sowie unzähligen

Skandalen in der Lebensmittelindustrie immer mehr Komplexität annahmen. Dabei sind

diese Veränderungen lediglich Reaktionen auf den Konsumenten bzw. die Konsumentin,

welcher bzw. welche ebenfalls immer komplexere Züge annimmt. Es wird heute nicht

mehr nach Bedürfnissen, sondern nach individuellen und persönlichen Wünschen konsu-

miert. Doch im Gegensatz zu Bedürfnissen sind Wünsche endlos und können nicht

befriedigt werden.25

Wünsche müssen geködert werden. Doch in der Praxis reagiert der Handel meist mit dem

gleichen Schema, und zwar mit einem „Mehr“. Mehr Ladengröße, mehr Sortiment, mehr

Komplexität. Doch um den Kunden künftig wirklich mehr bieten zu können, bedarf es

Vereinfachungsleistungen. Die Kundschaft will Einfachheit. Der Konsum soll schnell und

unaufwändig erfolgen, um Erwartungen zu befriedigen oder sogar zu übertreffen.26

Für den Konsumenten und die Konsumentin sind dabei drei Werte von zentraler Bedeu-

tung: „Comfort“, „Convenience“ und „Connectivity“. Mit „Comfort“ ist die Atmosphäre

gemeint. Die Kundschaft möchte sich wohlfühlen, will alles im Griff haben und nicht

beeinflusst werden, geschweige denn von diversen Faktoren abhängig sein. „Convenience“

beschreibt hierbei die Bequemlichkeit bzw. Schnelligkeit des Einkaufens in Bezug auf Nähe 25 Vgl. Bosshart 2003, S. 13 26 Vgl. Bosshart 2003, S. 13; 16