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ZEITSCHRIFT PUR ISSN 0722/5067 Informationenfür .Arzte und Apotheker zur rationalen lrifektionstherapie November/Dezember 1995 -16.}ahrg. Übersicht Makrolid-Antibiotika- stellen die neuen Derivate einen Fortschritt dar? Das "klassische" Makrolid-Antibiotikum Erythromycin (div. Handelsnamen) wird seit mehr als 40 Jahren therapeutisch ver- wendet- die mangelhafte Säurestabilität, die mäßige Bioverfügbarkeit und die rasche Elimination sind jedoch als erheb- liche Nachteile der Substanz anzusehen. Darüberhinaus wurde erkannt, daß die Degradationsprodukte des Moleküls, die sich im sauren Milieu des Magens bi lden, einen Einfluß auf die glatte Muskulatur des Magen-Darmtraktes haben, der als eine zusätzliche pharmakologische Wir- kung angesehen werden muß. Mit dieser "Motilin-agonistischen" Wirkung des Erythromycins werden die ausgeprägten gastrointestinalen Beschwerden in Ver- bindung gebracht, die insbesondere bei höherer Dosierung des Antibiotikums beobachtet werden und die nicht selten zum Abbruch der Therapie führen. 1 2 3 Mit Roxithromycin (RULID), Clarithro- mycin (KLACID) und Azithromycin (ZITHROMAX) stehen seit einigen Jah- ren neue Makrolid-Antibiotika zur Ver- fügung, bei denen durch gezielte chemi- sche Veränderungen erreicht wurde, daß die Erythromycin-typische Umlagerung im sauren Magensaft nicht mehr statt- finden kann (vgl. Roxithromycin: "ZCT" 12: 3-4, 1991; Clarithromycin: "ZCT" 12: 12-13, 1991; Azithromycin "ZCT" 14:38, 1993). Die Veränderungen hatten insbesondere beim Azithromycin einen erheblichen Einfluß auf die Eigenschaften des Arznei- stoffes: aufgrund eines zusätzlichen Stickstoffatoms ist die Verbindung basi- scher als andere Makrolide. Um auf diese Unterschiede hinzuweisen, wird die Ver- bind u ng ge legentlich als "Azalid-Anti- biotikum" bezeichnet - unter medizi- nisch-therapeutischen Aspekten hande lt es sich jedoch um ein typisches "Makro- lid-Antibiotikum". 4 Wirkun gs mechani sm u s, antib akteri ell es Spektrum Makrolide binden irreversibel an die SOS- Untereinheit der bakteriellen Ribosomen und verhindern dadurch die Transloka- tion während der bakteriellen Proteinbio- synthese. Sie wirken überwiegend bakte- riostatisch, doch ist die Wirkung auf manche Erreger bei entsprechenden Konzentrationen auch bakterizid. In der Tabelle 1 wurden die minimalen Hemmkonzentrationen (MHK 90 -Werte) des Erythromycins und der drei neuen Makrolide zusammengefaßt. Die in vitro- Aktivität von Erythromycin erstreckt sich auf grampositive Erreger wie Pneumo- kokken (Streptococcus pneumoniae), andere Streptokokken (ausgenommen sind die Enterokokken) und Listeria monocytogenes. Im gramnegativen Bereich zeigt Erythro- mycin Wirkung gegen Bordetella pertus- sis, Moraxe ll a catarrhalis, Campylobac- ter, Neisserien und Legionella pneumo- phila. Von klinischer Relevanz ist auch die Wirkung gegen Erreger wie Chlamydia trachomatis und Mycoplasma pneumo- niae, deren Bedeutung als Infektions- Inhalt Übersicht erreger in den vergangenen Jahren zu- nehmend erkannt worden ist. Die Emp- findlichkeit von Staphylococcus aureus und Hämophi l us influenzae ist variabel. Enterobacteriaceae und Pseudomonas- Arten sind resistent gegen Makrolide. Roxithromycin und Clarithromycin be- sitzen gegenüber den meisten Erregern eine ähnliche in vitro-Aktivität wie Ery- thromycin (Tabelle 1 ). Clarithromycin ist jedoch gegen einige Keime, wie z. B. Chla- mydia trachomatis und Mycobacterium avium-intracellulare, wirksamer als die anderen verfügbaren Makrolide . Dar- überhinaus muß berücksichtigt werden, daß ein Hydroxyl-Metabolit, der im Organismus aus Clarithromycin ent- ste h t, gegenüber einigen Keimen etwas wirksamer ist. 5 Für Azit hromycin l äßt sich ein erheb- licher Aktivitätszuwachs gegen wichtige gramnegative Erreger von Atemwegs- infektionen, wie z. B. Haemophi lus influenzae, feststellen. 4 6 6'95 Seite 41-43 - Neue Makrolid-Antibi o tika : Ein th erape ut ischer Fortsc hritt ? Antibiotikatherapie im ärztlichen Alltag (6) - Nagelmykose (On ychomykose) Pharmamarkt - Vero rdnun gen von Antibiotika in De ut sc hland - Staph yloko kken- Lücke der neuen Ce ph alosporine - Ot o to xizität bei neueren Makroliden - Az ithrom ycin bei Otiti s media Neueinführung - Fl eroxacin - Fleroxacin vs Doxycyclin bei atypischer Pne umon ie Interaktionen - Ben zo di az epin und Antimykotika Resistenz - Res iste nt e Pne um okokken ne hm en zu! Fragen zu wichtigen Infektionen (12) - Mycobacterium avium Co mpl ex -Inf e ktion en (I) Zum Jahresabschluß - Kuhzun ge n : Qu e ll e für neue Antibi otika? Seite 43 Seite 44-45 Seite 45-46 Seite 46 Seite 47-48 Seite 47 Seite 48 41

ZEITSCHRIFT PUR - infektio.de · Makrolid-Antibiotika-stellen die neuen Derivate einen Fortschritt dar? Das "klassische" Makrolid-Antibiotikum Erythromycin (div. Handelsnamen) wird

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ZEITSCHRIFT PUR ISSN 0722/5067

Informationenfür .Arzte und Apotheker zur rationalen lrifektionstherapie November/Dezember 1995 -16.}ahrg.

Übersicht Makrolid-Antibiotika- stellen die neuen Derivate einen Fortschritt dar? Das "klassische" Makrolid-Antibiotikum Erythromycin (div. Handelsnamen) wird seit mehr als 40 Jahren therapeutisch ver­wendet- die mangelhafte Säurestabilität, die mäßige Bioverfügbarkeit und die rasche Elimination sind jedoch als erheb­liche Nachteile der Substanz anzusehen. Darüberhinaus wurde erkannt, daß die Degradationsprodukte des Moleküls, die sich im sauren Milieu des Magens bi lden, einen Einfluß auf die glatte Muskulatur des Magen-Darmtraktes haben, der als eine zusätzliche pharmakologische Wir­kung angesehen werden muß. Mit dieser "Motilin-agonistischen" Wirkung des Erythromycins werden die ausgeprägten gastrointestinalen Beschwerden in Ver­bindung gebracht, die insbesondere bei höherer Dosierung des Antibiotikums beobachtet werden und die nicht selten zum Abbruch der Therapie führen. 1

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Mit Roxithromycin (RULID), Clarithro­mycin (KLACID) und Azithromycin (ZITHROMAX) stehen seit einigen Jah­ren neue Makrolid-Antibiotika zur Ver­fügung, bei denen durch gezielte chemi­sche Veränderungen erreicht wurde, daß die Erythromycin-typische Umlagerung im sauren Magensaft nicht mehr statt­finden kann (vgl. Roxithromycin: "ZCT" 12: 3-4, 1991; Clarithromycin: "ZCT" 12: 12-13, 1991; Azithromycin "ZCT" 14:38, 1993).

Die Veränderungen hatten insbesondere beim Azithromycin einen erheblichen Einfluß auf die Eigenschaften des Arznei­stoffes: aufgrund eines zusätzlichen Stickstoffatoms ist die Verbindung basi­scher als andere Makrolide. Um auf diese Unterschiede hinzuweisen, wird die Ver­bindung ge legentlich als "Azalid-Anti­biotikum" bezeichnet - unter medizi­nisch-therapeutischen Aspekten handelt es sich jedoch um ein typisches "Makro­lid-Antibiotikum". 4

Wirkungs mechanismus, antibakteri ell es Spektrum Makrolide binden irreversibel an die SOS­Untereinheit der bakteriellen Ribosomen

und verhindern dadurch die Transloka­tion während der bakteriellen Proteinbio­synthese. Sie wirken überwiegend bakte­riostatisch, doch ist die Wirkung auf manche Erreger bei entsprechenden Konzentrationen auch bakterizid .

In der Tabelle 1 wurden die minimalen Hemmkonzentrationen (MHK90-Werte) des Erythromycins und der drei neuen Makrolide zusammengefaßt. Die in vitro­Aktivität von Erythromycin erstreckt sich auf grampositive Erreger wie Pneumo­kokken (Streptococcus pneumoniae), andere Streptokokken (ausgenommen sind die Enterokokken) und Listeria monocytogenes.

Im gramnegativen Bereich zeigt Erythro­mycin Wirkung gegen Bordetella pertus­sis, Moraxell a catarrhalis, Campylobac­ter, Neisserien und Legionel la pneumo­phila. Von klinischer Relevanz ist auch die Wirkung gegen Erreger wie Chlamydia trachomatis und Mycoplasma pneumo­niae, deren Bedeutung als Infektions-

Inhalt Übersicht

erreger in den vergangenen Jahren zu­nehmend erkannt worden ist. Die Emp­find lichkeit von Staphylococcus aureus und Hämophi lus influenzae ist variabel. Enterobacteriaceae und Pseudomonas­Arten sind resistent gegen Makrolide.

Roxithromycin und Clarithromycin be­sitzen gegenüber den meisten Erregern eine ähnliche in vitro-Aktivität wie Ery­thromycin (Tabe lle 1 ). C larithromycin ist jedoch gegen einige Keime, wie z. B. Chla­mydia trachomatis und Mycobacterium avium-intracellu lare, wirksamer als die anderen verfügbaren Makrolide . Dar­überhinaus muß berücksichtigt werden, daß ein Hydroxyl-Metabolit, der im Organismus aus Clarithromycin ent­steh t, gegenüber einigen Keimen etwas wirksamer ist. 5

Für Azi thromycin läßt sich ein erheb­licher Aktivitätszuwachs gegen wichtige gramnegative Erreger von Atemwegs­infektionen, wie z. B. Haemophi lus influenzae, feststellen. 4

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6'95 Seite 41-43

- Neue Makrolid -Antibio tika : Ein therapeutischer Fortschritt ?

Antibiotikatherapie im ärztlichen Alltag (6) - Nagelmykose (Onycho mykose)

Pharmamarkt - Vero rdnunge n vo n Antibio tika in Deutschland - Staphyloko kken - Lücke der neuen Cephalospo rine - Oto toxizität bei neueren Makroliden - Azithromyc in bei Otitis media

Neueinführung - Fleroxacin - Fleroxacin vs Doxycyclin bei atypischer Pneumonie

Interaktionen - Benzodiazepin und Antimykotika

Resistenz - Res istente Pneumokokken nehmen zu!

Fragen zu wichtigen Infektionen (12) - Mycobac terium avium Complex-Infektionen (I)

Zum Jahresabschluß - Kuhzunge n : Quelle für neue Antibio tika?

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Zeitschrift für Chemotherap ie

Pharmakakineti sche Eigenschaften Einen Überblick über di e pharmakakine­tischen Eigenschaften der Makrolid-Anti­biotika gibt Tabelle 2. Die n euentwicke l­ten Makrolide sind säurestabil und wer­den besser resorbie rt als Erythromycin. Da auch die Eliminations-Halbwert­zeiten länger sind, werden mit niedrige­ren Dosierungen höhere Plasmaspiege l erreicht (Ausnahme: Azithromycin, das bei niedrigen Plasmakonzentration en hohe Gewebespiegel erreicht). Wegen der längeren Halbwertzeiten brauchen die neuen Makrolide nur noch ein- oder zwe imal täglich eingenommen zu wer­den.

Eine Gemeinsamkeit all er Makrolide sind die relativ hohen intrazel lulären Konzen­trationen, die während der Behand lung erreicht werden (z. B. in neutrophilen Granulozyten und Makrophagen). Es bestehen jedoch Unterschiede im Aus­maß der intrazellu lären Anreicherung und einigen anderen pharmakakineti­schen Eigenschaften, die im folgenden kurz dargestellt werden.

Die üblich e Dosierungsempfehlung für Roxithromycin lautet 2 x täglich 150 mg, doch ist auch die einmal tägliche Therapie mit 300 mg möglich . Die Bioverfügbar­keit des Antibiotikums ist gut, sie wird jedoch durch eine Mahlzeit vo r Ein­nahme der Substanz beeinflußt - das Medikament sollte daher nüchtern ein­genommen werden. Etwa 50% einer verabreichten Dosis lassen sich unver­ändert im Urin und im Stuhl wieder­finden, der Rest wird metabolisiert. Bei Niereninsuffizienz wird die Kinetik des Arzneistoffes nicht ve rändert, em e Dosisanpassung ist bei Patienten mit entsprechenden Erkrankungen nicht erforderlich. Dagegen ist bei Patienten mit schwerer Leberzirrhose die Elimina­tion ve rzögert, d ie Dosis so llte bei diesen Patienten reduziert we rden. 7

C larithromycin weist eine Bioverfügbar­keit von etwa 50% auf, di e Resorption wird durch Nahrungs aufnahme nicht beeinflußt. Die Substanz wird intensiv metabo lisiert, einer der Metaboliten, das 14-Hydroxyclarithromycin, besitzt ähn-

N ovember! Dezember 19 95 - 16. }ahrg.

liehe antibakterielle Eigenschaften, wie die Muttersubstanz. Es wurde eine Ver­längerung der Halbwertzeiten in Ab­hängigkeit von der Dosis beobachtet (4,4 Stunden nach Gabe von 250 mg und 11,3 Stunden nach Gabe von 1200 mg) die als Sättigung des oxidativen Metabo­lismus interpretiert wurde. 8

Ein erheblicher Anteil des Clarithromy­cins und der Metaboliten wird renal eli­miniert, daherwird bei Patienten mit sta rk eingeschränkter N ierenfunktion eme Dosisanpassung empfohlen, insbeson­dere bei älteren Patienten so llte auf die Nierenfunktion geachtet werden. Einge­schränkte Leberfunktionen beeinflussen den Metabolismus der Substanz und führen zu einer Erhöhung der renalen Clearance des Arzneistoffes; so lange aber die Nierenfunktion normal ist , wird eine Dosisreduktion nicht für erforderlich ge halten .9

Die Bioverfügbarkeit von Azithromycin li egt bei 40%, charakteristisch für diese Substanz sind die sehr lange Halbwert­zeit und die hohen Konzentrationen im

Tabelle 1: In vitro-Aktivität von Erythromycin im Vergleich mit neueren Makrolid-Antibiotika [minimale Hemmkonzentration (mg/ 1) für 90% der untersuchten Stämme (MHK90) ]

Erreger Erythromycin Roxithromycin C larithromycin Azithromycin

Str. pyogenes 0,03 0,06 0,015 0,12 Str. pneumoniae 0,03 0,03 0,015 0,12 Str. agalactiae 0,06 0,25 0,06 0,12 Virid. Streptokokken 0,06 0,03 0,03 Staph . aureus 0,5 1,0 0,25 2

M. catarrhalis 0,25 1,0 0,25 0,03 H . influenzae 8 8 8 0,5 Legionella spp. 2 0,5 0,25 2

Chi. trachomatis 0,06 0,016 0,25 Mycoplasma pneumoniae < 0,004 0,03 0,125 Mycobacterium avium cplx > 64 16,0 4,0 32

mod. n ach Stahlmann er al. , 1993 [ 12]

Tabelle 2: Pharmakakinetik von Makrolid-Antibiotika

Erythromycin Roxithromycin C larithromycin Azithromycin

Dosis (mg) 500 300 400 500 Halbwertzeit (h) 1,7 11 4,7 40 Cmax (mg/ 1) 1,8 10,8 2, 1 0,4 AUC (mg/ 1 x h) 7,0 125 17,4 3,4 Säurestabilität + + + Bioverfügbarkei t variabel ca. 25% vollständig 50% 40%

mod. n ach Stahlmann et al. , 1993

Tabe lle 3 : Interaktionen zwischen Makroliden und anderen Arzneimitteln

Makrolid gleichzeitig gegebenes Arzneimittel:

Theophyllin Carbamazepin Ciclosporin Terfenadin Warfarin Ergotamin Methylprednisolon

Erythromycin ++ ++ ++ C larithromycin + + Roxithromycin + + Azithromycin

++ Interakti o n en sind klini sch rel evan t ; + ge rin ge Verä nd e run ge n d er Pharmakakin etik (mit o d er o h n e klini sc h e Relevan z) ;

kein e Interakti o n beobachtet ; keine D ate n verfü gbar

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++ ++

++ ++ ++

Zeitschrift für Chemoth erapie

Gewebe. Die mittlere Spitzenko nzen­tratio n im Plasm a nach Einnahme von 500 mg liegt bei 0,4 mg/ 1 und di e "Fläche unter der Kurve" wurde mit 3,4 m g/ 1 x h berechnet. D as Verteilun gsvo lumen wird mit 23 bis 31 1/ kg angegeben . Die Ge­webekon zentrationen lage n 12 Stunden nach zwe im alige r Gabe von 250 m g Azith romycin (im Abstand von 12 Stun­den) bei mehr als 3 mg/ kg in den To n­sill en , in de r Prosta ta und in ande ren O rga nen. Für di e Elimination aus den To nsill en wurd e eine H albwertze it von 3,2 Tage n bestimm t. Az ithrom ycin wird dem ethyli ert und sowohl über de n Urin als auch mi t den Faeces ausgeschie­den . 4·

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Klini sche An we ndung Dem Errege rspektrum entsprechend kommen M akro lid-An ti b io tika primär zur Behand lung bakte ri ell er Atem wegs­infekti o nen in Frage. 4

•7•9 Bei Pharyngiti s,

To nsillitis, Oti t is m ed ia, Sinusit is, puru­len ter Bro nchitis und Pne umon ie ist d ie therapeuti sche Wirksa mkeit der ne uen Makrolide mit der vo n ro utinemäß ig ein­gese tzten Antibi o tika [Penicillin V (div. H ande lsname n), Am oxic illin (div. H an­delsnam en)] ve rgleichbar. Bei atypischer Pneumo nie (Mykopl as men, Chlamy­di en , Legion ell en) war C larithrom yc in in n iedrige rer Dosie rung und redu zierter Einn ahmefrequenz (2 x 500 mg/ Tag) gleich wirksam wie Erythro myc in in einer Dos ierung vo n 4 m al 500 m g. Ähnliche Ergebnisse liegen für Roxithrom yc in und Azithro myc in vor. Azithromyc in (3 Tage lang 1 x tägli ch 500 mg) oder di e beiden anderen neuen Makro lide zeigten in der Behandlung vo n akuten Exaze rbatio nen chro ni scher Bronchitiden eine ve rgleich­bare Wirksamkeit wie Amoxicillin (drei­mal über fünf Tage 500 m g/Tag) oder andere Standard-Antibiotika.

In sbesondere in der kurze n Einnahme­da uer des Azith romycins ist ein Fo rt­sch ritt der therapeutischen M öglichkei­ten zu sehen . Bekanntli ch nimmt die Compliance der Pati enten deutli ch zu, wenn ein Arzne imittel nur einmal täg­li ch und nu r über einen kurze n Ze itraum ge no mmen we rd en mu ß. Da di e Substanz ein e lange Ha lbwertze it im Orga ni smu s aufwe ist, bestehen therapeutisch wirk­same Ko nzentrati o nen einige Tage über di e empfo hlene Einn ahmedauer vo n nur drei Tage n hinaus.

Eine weite re wichtige Indikatio n für M akro lide sind Chlamydien-bedingte U rogenitalinfekti o nen . Insbesondere das Azith ro myc in bietet bei der Urethritis und Cerviciti s neue Behandlungsm ög­li chkeiten , da eine Einmaldosierung vo n 1 g des Antibio tikums im randomi sierten klini schen Versuch ebenso wirksam und ve rträgli ch wa r, wie ein e einwöchige The­rapie mit tägli cher Gabe vo n 2 x 100 mg Doxycyclin (di v. Handelsnam en) .10

November/ Dezember 1995- 16.j ahrg.

Antibiotikatherapie im ärztlichen Alltag ( 6) Nagelmykose (Onychomykose) Kasui stik : Ein 52-jähriger sonst gesunder Patient klagt über eine seit vielen Wochen bestehende Verfa rbung se iner Fußnäge l, insbeso ndere des linken Fu ßes im Bereich der Zehen 1 und 2. Die befa ll enen Zehennägel sind verdi ckt und ze ige n bei der Inspektio n eine we iß li ch-ge lbliche, z. T. auch angedeutet bräunli che Verfa rbung. Der Patient berichtet, daß diese Verfarbung sich langsa m von der Spitze der N ägel nach innen entwickelt habe . Wesentli che Sympto m e wie Schm erze n oder Entzündungs­ze ichen we rd en ni cht angegeben .

Bem erkun g_;_ D er lokale Befund mit einer Verdickung und der typischen weißlich­ge lbli ch sowie an gedeutet auch bräunli chen Verfarbung der Nägel deute t auf eine Pil zin fe kti o n hin . In der Di fferentialdiagnose müssen akute oder subakute and ere entzündli che Ursachen ausgeschlossen werd en .

Ätiologie: Derhäufi gste Errege r der Onychomykose ist T. rubrum , aber auch andere Tricho ph ytonarten wie T. mentagroph ytes oder T. soudanense können als Errege r nachgewiesen werd en . Sehr se lten werd en Candida Spezies, H enderso nula sowie Scytalidio m Spez ies isoliert. Weiterhin werden Fu sarium Spezies sowi e Scopula­riopsis brevikaulis als Errege r beschri eben.

TheraRi e: Bei früh zeitiger Behandlun g eines wenig bis mittelgradig ausgep rägten Befund es, kann durchaus eine Lokalbehandlung erfo lgen. Hierbei we rden zumeist Mischunge n aus kerato lyti sch wirkenden Substan ze n (z. B. Harnstoff) mit anti­myko ti schen Pharm aka in Fo rm von Lösunge n, Salben oder Cremes angewandt . Präparate aus der Gruppe der Azo le wie z. B. Miconazo l (DAKTARu. a.),Clotrimazo l (CANESTEN u . a.) oder Bifo nazol (MYCOSPOR) sowie andere Substanzgruppen z. B. Amorolfin (LOCERYL) werd en eingesetzt . Bei ausgeprägterem Befund der Onycho mykose wurde früh er häufig orales Griseofulvin (FULCIN u . a.) ve rabreicht. H eute ist d iese Substanz wegen der m öglichen Interakti o nen und hepatischen N ebenwirkungen weitgehend erse tzt wo rd en durch Terbinafin (LAMISIL) oder Itraconazo l (SEMPERA). Die letztere Substanz muß all erdings bei M ykosen der Zehennäge l in einer Dosis von 200 m g täglich über drei Mo nate verabreicht werd en . Zu beachten ist di e relativ ho he Rückfallquote von bis zu 60 % nach ein er zunächst erfolgreichen Behandlung.

Unerwünschte W irkun ge n Die M akrolide sind gut verträgliche Arz­neimittel. Die gastrointestinalen Unver­trägli chkeitsreaktionen sind bei den neueren M akro liden in den empfo hlenen D os ierun ge n weniger ausgeprägt als bei Erythro m ycin. In den klinischen Prüfun­ge n zeigten sich zum Beispiel bei 4,1 % der etwa 3000 mit Roxithrom ycin behan­delten Pati enten unerwünschte Wirkun­ge n. Bei 0,9 % der Patienten wurde di e Behandlung vo rze itig abgebrochen . Am häufigsten wurden gastrointestin ale Be­schwerden wie Übelkeit , Erbrechen und Diarrh öen beobachet. Die Häufigkeit di ese r Symptome lag unter 5% der Be­handelten. H auterscheinunge n wa ren se l­ten (0,6 %), Kopfschmerze n und Schwin­del kamen mit weniger als 0,5 % sehr se lten vo r. D as Muster der un erwünsch­ten Wirkungen vo n Clarithro mycin und Azithro myc in gleicht dem des Roxithro­m yc ins. Eind euti ge Aussage n zu Unter­schieden in der Verträglichkeit zwischen den neuen Derivaten lassen sich derzeit ni cht machen.

Interakti o nen M akro lid-Antibio tika können den oxi­dativen Abbau anderer Arzneistoffe be­einflussen . Vom Erythromycin sind eine Reihe von solch en Interaktionen be­schrieben word en , z . B. mit Warfarin (C OUMADIN) und Cycl osporin A

(SANDIMMUN) . Auch Roxithromyc in und C larithro myc in führen zu signifi­kanten Veränderungen der Plasmako n­zentrationen vo n Theoph yllin (div. H an­delsnam en) und C yclospo rin A. Bei gl eichze itiger Gabe von Azithrom yc in und Theophyllin oder Warfarin wurden keine klini sch signifikanten Interaktio­nen beobachtet . In der Tabelle 3 wurden die Ergebnisse aus Interakti o nsstudien mit Makrotid en und and eren Arzn ei­mitteln zusamm engefaßt. 11

• 12

ZUSAMMENFASSUNG: Durch ge­zielte Veränderungen im Molekül des Erythromycins (div. Handelsnamen) wurden die neuen Makrolid-Antibiotika Roxithromycin (RULID), Clarithromy­cin (KLACID) und Azithromycin (ZITHROMAX) entwickelt, die sich vor allem durch längere Halbwertzeiten und eine bessere Verträglichkeit im Vergleich zu Erythromycin auszeich­nen. Durch reduzierte Einnahme­frequenzen und kürzere Behandlungs­zeiten wird eine bessere Akzeptanz bei den Patienten erreicht, worin ein thera­peutischer Fortschritt liegt. Insbesondere bei bakteriellen Infektionen der Atem­wege gehören die drei modernen Makro­lid-Antibiotika zu den Mitteln der ersten Wahl- die orale Therapie mit Erythromy­cin ist heute nicht mehr als zeitgemäß anzusehen.

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Zeitschrift für Chemotherapie

I. KIRST, H. A. & SID ES, G. 0 . AntimicrobAgentsChemother 33: 141 3-1418, 1989 2. KIRST, H. A. & SIDES, G. 0. Antimicrob Age nts Chemother 33: 1419- 1422 , 1989 3. LARFEY, P. A. et al. Adv. Pharmacol. 28: 307-342, 1994 4. PETERS, 0. H. et al. Orugs44: 75 0- 799,1992 5. HAROY, O.J. et al. Antimicrob. Agents Chemother. 34: 1407- 1413, 1990 6. BALLOW, C. H. , AMSOEN, G . W. Ann. Ph armacother. 26: 1253- 1261, 1992 7. MARKHAM,A& FAULDS , 0. Drugs 48 : 297-326, 1994 8. FERRERO,J. L. et al. Orug Metabolism Oispos. 18: 441 - 446, 1990 9. PETERS , 0. H. & CUSSOLD, S. P Orugs 44: 11 7- 164, 1992 10. MARTIN et al. N . Eng i.J. Med. 327: 921-925, 1992 II. PERlT! , P. et al. Cl in . Pharmacokinet. 23: 106- 131 , 1992 12. STA H LMANN, R. et al. Otsch. Apo. Ztg. 132: 275 - 283, 1993

Pharmamarkt Verordnungen von Antibiotika in Deutschland

Der "Arzneiverordn ungsreport ' 95" gib t Aufschluß über die Verordnungen von Arzneimitteln im Jahre 1994 im Vergleich zu den Zahlen aus dem Vorjahr. Dabei ergeben sich einige interessante Tenden­zen bei den einzelnen Antibiotikagrup­pen:

1. Die Verordnung von Tetrazyklinen ist seit Jahren erstmals rückläufig . Doxy­cyclin-haltige Präparate (insgesamt 16 Warenzeichen) wurden um 9,2% wen i­ger häufig verordnet als im Vorjahr. Diese Veränderungen können als Antwort auf die zunehmend ungünstige Resistenzlage bei Pneumokokken angese hen we rden. Bekanntlich hatte das dam alige BGA bereits vor Jahren darauf h ingewiesen, daß Tetrazykline bei purulenten Infektio­nen der Atemwege nur dann eingese tzt werden sollen, wenn die Empfind lichkeit der Erreger nachgewiesen worden ist. Auch die älteren Tetrazykline wurden sel­tener verordnet- sie befinden sich nicht mehr unter den 2000 vero rdnungs häu­figsten Präparaten . Ähnliches gi lt für Minocyclin (LEDERDERM u. a), das insgesamt weniger häufig ve rschrieben wurde, doch wurden von diesem relativ teuren Tetrazyklin-Derivat immerhin 5,8 Millionen Tagesdosen verordnet. Während das günstigste Doxycyclin-Prä­parat nur mit Tagestherapiekosten von 0,58 DM zu Buche schlägt, koste t die Therapie mit LEDERD ERM mehr als 2,- DM pro Tag.

2. Ebenfalls rücklä ufig ist die Verordnung von Sulfonamid-Trimethoprim-haltigen Präparaten (minus 11 %; insgesamt 14 Präparate, die Cotrimoxazol entha lten). Auch dies kann als Konsequenz aus der Tatsache ve rstanden werden, daß die Resistenzsituation gegenüber Sul fona-

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miden und Trimethoprim zunehmend ungünstiger geworden ist .

3. Die Verordnung von Penicillin V-haiti­gen Präparaten ist ebenfalls leicht zurück­gegangen. D as Staphylokokken-wirk­same Flucloxacillin (STAPHYLEX) ist bei Infektionen durch Staphylokokken indiziert. Es wurde 1994 deutlich häufi­ger als im Vorjahr versch rieben ( + 44 %). 4. Zu den am häufigsten verordneten Prä­paraten mit deutlichen Zuwachsraten ge­hören dieneueren Makrolid-Antibiotika . Roxithromycin (RULID) erzie lte wie­derum den höchsten Umsatz aller Anti­biotika-Präparate (116 Mill. DM). Doch auch C larithromycin (KLACID) und Azithromycin (ZITHROMAX) wurden zunehmend häufiger verordnet. Damit wurden die drei neueren, patentgeschütz­ten Makrolide insgesamt häufiger verord­net als Erythromycin (22,1 Mill. Tages­dosen; neun verschiedene Warenzei­chen). Die ein facheren Einnahmevor­schriften und damit bessere Patienten­Compliance sind wichtige Argumente für eine Verordnung der neuen Makrolid­Antibiotika . Schließlich ist offenbar auch d ie bessere gastro intestina le Verträglich­keit der ne uen Makrolide ein Argument für die Verordnung der halbsynthetischen Derivate gewesen, obwohl diese etwas höhere Kosten pro Tag verursachen [8,84 DM (ZITHROMAX) bis 10,82 (KLA­C ID)], als ge nerische Eryth romycin­haltige Präparate [2,59 DM (ERYTHRO­MYCIN HEUMANN) bis 8,40 DM (INFECTOMYCIN)]. Warum ausge­rechnet das teuerste Erythromycin-hal­tige Präparat (INFECTOMYCIN; 1,2 Mill. Tagesdosen im Jahre 1994) 7% häufiger als im Vorjahr verordnet wurde, ist nicht rational nachvollziehbar.

5. Unter den Aminopenicillinen besitzt Amoxicillin (CLAMOXYL u . a.) eine dominierende Ste llung. Die Vero rdnung nahm zu, was unter anderem mit dem häufigeren Einsatz des Antibiotikums zur Eradikation von H elicobacter pylori erkl ärt werden könnte. Ampici llin find et sich nur in Form des Bacampicillin (AMBACAMP) im "Report '95". Es ist unverständlich , warum die Verordnung dieses recht teuren Arzneimittels (11,57 DM pro Tag) Steigerungsraten von> 65% aufWeist, wenn gle ichwertige Amoxic il ­lin-ha ltige Präparate weniger als die Hälfte kosten . Mit Tagestherapiekosten von 19,75 DM ist di e Kombination aus Amoxicillin und C lavulansäure (AUG­MENTAN) das teuerste orale ß-Laktam­antibiotikum überhaupt.

6. Kostengünstiger sind sogar die allge­m ein als "teuer" geltenden Oralcephalo­sporine [7,98 DM (CEFALEXIN RATIO­PHARM) bis 14,49 DM (PANORAL)]. Während die Verordnung dieser Präpa­rate rückläufig war, wurden die neueren Oralcephalosporine, wie Cefpodoxim­proxetil (PODOMEXEF, ORELOX),

November/Dezember 1995 - 16.jahrg.

Cefixim (CEPHORAL, SU PRAX) oder Ceftibuten (KEIMAX) zunehmend häu­figer eingesetzt. Bei gute r Verträglichkeit zeichnen sich di ese neuen Cephalospo­rine durch hohe ß-Laktamasefestigkeit und sehr gute Aktivität gegen gramnega­tive Bakterien aus. Ihre Staphylokokken­Wirkung ist all erdings gering und nicht therapeutisch relevant. Loracarbef (LORAFEM) - ein sog. Carbacephem (strukturell den Cephalosporinen eng verwandt) zeichnet sich neben seiner guten Verträglichkeit auch durch sein breites Wirkspektrum mit therapeutisch relevanter Staphylokokkenaktivität aus. Es wurde ebenfalls zunehmend verordnet.

7. Fluorchinolone, wie Ofloxacin (TARI­VID) oder C iprofloxacin (C IPROBAY), wurden häufiger verordnet; Pefloxacin (PEFLAZIN) taucht dagegen nicht mehr unter den Arzneimitteln im "Report '95" auf.

ZUSAMMENFASSUNG: Eine aktuelle Analyse der Antibiotika-Verordnungen in Deutschland zeigt eine Zunahme der Verordnung von neuen, innovativen Sub­stanzen besonders bei den Makroliden und Cephalosporinen. Wegen der ver­besserten Verträglichkeit und erhöhten Patienten-Compliance scheint dies ge­rechtfertigt. Ein Rückgang der seit Jah­ren ungerechtfertigt hohen Doxycyclin­Verordnungen muß als begrüßenswert angesehen werden. Insgesamt scheint sich allmählich eine ausgeglichenere Situation zu ergeben, in der die Dominanz einer Präparategruppe (Tetrazykline) weniger deutlich wird. Im Sinne eines geringeren Selektionsdruckes muß dies als sinnvoll erscheinen. Einige zum Teil ungerecht­fertigt teure Antibiotika wurden häufig verordnet, ohne daß es dafiir eine pharma­kologische Begründung gäbe.

SCHWABE, U. und PAFFRATH , 0. Arzneiverordnungs-Report '95 Gustav-FischerYerlag (636 Se iten)

Staphylokokken-Lücke der neuen Cephalosporine beachten Einige der neuen Cephalosporine zur oralen Therapie weisen eine beeindruk­kende antibakteriell e Aktivität gegen­über gramnegativen Bakterien auf. Eine wichtige Ursache für die im Vergleich zu älteren Derivaten deutlich höhere Wirkung ist die ß-Laktamasestabilität der Substan­zen. Die Wirkungssteigerung ging jedoch mit einem Wirkungsverl ust bei Staphylo­kokken einher. Es erscheint wichtig, noch­mals dara uf hinzuweisen, daß heute nicht mehr alle verfügbaren Oralcephalosporine zur Behand lung von Staphylokokken­Infektionen infrage kommen.

Bei ß-Laktamantibiotika, die sich be­kanntl ich nur im Extraze llulärraum des Organismus verteilen, sind die Spitzen­konzentration im Plasma und die Elimi­nationsha lbwertzeit wichtige pharmaka­kinetische Kenngrößen, die mit der in

Zei tschri ft fü r Chem o th erapie

Cep ha losporin H andelsname ~otien f"·

A) Ältere Oralcephalosporine Cefa lexin CEFALEXIN RATIO u . a. 4,5 Cefaclo r PANORAL 3,3

B) N euere Oralcephalosporine (Es ter ''.,,.,,.) Cefu roxi m -Axetil ZINNAT, ELOBACT 2,8 Cefp odoxim - Proxe til PO D OMEXEF, O RELOX 1,5 C efetam et - Pivoxil GLOB O CEF 0,1

C) Neuere Oralcephalosporine (Nicht-Ester) Cefi xim CEPHORAL, SUPRAX 0,2 Ceftibuten KEIMAX 0,7 Lo racarbef'" ''· LORAFEM 2,4

~oti e nt aus der mi ttl eren Spitze nko nze ntrat io n im Plas ma und de r minimalen Hemmkonzentrati o n gege n Staphylo ko kken (< I = ni cht anwendbar bei Staph ylo ko kken-Infekt ionen)

"* Ein Carb ace phem-Antibio tiku m, strukturell eng verwa nd t m1t den Cephalos po n ne n . . »H Substanze n li ege n a ls Reso rpti o nses te r zur o ra len Verabre1chung vo r (Prodru gs), da dadurch d1e B•o­

ve rfü gba rkeit ve rbesse rt wird

vitro untersuchten antibakteriellen Akti­vität in Bez iehung gesetzt werden kön­nen , um eine mögliche therapeutische Wirksam keit grob abzuschätzen. In der oben stehenden Tabelle werden ~otien­ten darges tel lt , die aus der maximalen Kon­zentration der Cephalosporine im Plasm a und den MHK90-Werten für Staphylo­kokken ge bilde t wurden. Nur bei Cephalo­sporinen, die Werte > 1 aufweisen, besteht die Möglichkeit, sie als Staphylokokken­wirksame Antibiotika anzuwenden . Sämt­liche Präparate mit einem Wert unter 1 sind sicher nicht zur Therapie vo n Sta phy­lokokken-Infektionen gee ignet .

mod ifi z iert na ch Fass bender et al. Cin. Infect. Dis. 1993; 16: 646-653

Ototoxizität bei neueren Makrotiden Oto toxische Symp tom e, wie O hrensa u­sen oder Inneno hrschwerhö rigkeit sind bekannte Ne benwirkunge n , die bei einer hochdosierten (intrave nösen) Therapie mit Erythro mycin (div. H andelsn am en) auftreten können . Auch unter einer lang­fristigen Behandlung mit de n neueren M akrolid-Antibiotika kann es offenbar zu H örstöru ngen kommen . Bei ach t von 46 HIV-Patienten , d ie langfristig mit Azithromycin (ZITHROMAX) behan­delt wurden , wa ren H ö rstörunge n fest­stellbar. All erdings wa ren d ie Pati enten bis zu 20 Wochen lang (durch schn ittlich: 7,6 Wochen) m it täglich 600 mg des Anti­bio tikums behandelt word en. In all en Fällen waren die Sympto m e nach Abset­ze n des Medikamentes innerhalb von zwei bis elf Wochen reve rsibel.

FAZIT: Prinzipiell scheinen auch die neueren Makrolide ein ototoxisches Potential zu besitzen. Insbesondere bei mehrwöchiger Therapie können der­artige Symptome auftreten. Es ist bemer­kenswert, daß selbst bei monatelanger Behandlung mit diesem Antibiotikum -das üblicherweise nur drei bis fiinfTage verabreicht wird - keine gravierenderen toxikologischen Probleme auftraten.

TSENG,A. etal. ICAAC 1995 (Abstract LM 19)

Azithromycin bei Kindern mit Otitismedia Azithromycin (ZITHROMAX) ist ein Aza lid-Antibio tikum mit einer unge­wö hnlichen Ph armakok inetik. Nach o ra­ler Gabe wi rd die Substanz rasch resor­biert. Sie ve rteilt sich überwiegend intra­zellulär, so daß d ie Gewebespiegel deut­lich über den Serumkonze n trati o nen li e­ge n . Aus dem intrazellulären Komparti­ment wird d ie Substanz ansch!Jeßend ve rzögert freigesetzt, woraus eine termi­na le H albwe rtze it von 40 - 68 Stunden res ul tiert. Dies erklärt , wa rum di e Be­hand lu ngsdauer bei den meisten Infek­tio nen auf d rei bis fün f Tage begrenzt we rden ka nn.

In einer multi ze ntri schen ve rgleichenden klinischen Prüfung wurde die Wirksam­keit und Verträglichke it vo n Azithromy­cin gegenüber Amoxicillin in Kombina­tion mit C lavulansäure (AUGMENT AN) bei Kindern mit einer akuten Mittelo hr­entzündung untersucht . Aufgenommen wurden 484 Kind er im Al ter zwischen sechs Monaten und zwölf Jahren, vo n denen d ie Mehrza hl eine erste Episode einer Oti tis m edia entwickelt hatte. Die Patienten erhi elten entweder Azithro­mycin 10 mg/ kg einmal täglich über drei Tage ode r 40 mg/ kg Amoxicillin/ Clavu­lansäure aufgete ilt in drei Dosierunge n über zehn Tage. Di e Pati enten wurden vo r Beginn der Stud ie sowie d re i und zehn Tage nach Behandlungs beginn klinisch untersucht. Der Schweregrad der Mittel­ohrentzünd ung wurde an H and eines klinischen Scores beurte ilt , Punktionen erfo lgten nach klini schen Erfordernissen.

Insgesam t konnten 28 Kinder der Azi­th romycingruppe und 42 Kinder der Amoxicillingruppe nicht ausgewertet werd en , hauptsächlich wegen Behand­lungsfehler oder Unvo llständigkeit der Kontrolluntersuchungen .

Eine H eilung bzw. Besserung wurde mit dem Aza lid bei 199 der 215 Kind er (92,6 %) und bei 186 vo n 198 Kind er.n (93,9 %) der Vergleichsgruppe erztelt. Dte klinischen Zeichen der In fe ktiOn wte

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Empfi ndlichkeit des Ohres, Rö tung, Ohr­schmerzen oder ge rö tetes Trommelfe ll gingen unter Azithrom ycin signifikan t rascher zurück. Bei 24,5% der Kinder wurde ein Erreger nachgewiesen . Es han­del te sich hauptsächli ch um H äm ophi lus spp ., Strep tokokken und Staphylokok­ken . Die bakteriologische Eliminations­rate war in beiden Gruppen (93,5% ver­sus 96,2 %) gleich . Zweimal persistierte H . influenzae unter Azith ro myc in und einmal H . para in fluenzae unter Amoxi­cillin/ Ci avulansäure.

Die Verträgli chkei t war mit Azith romycin günstiger (Unverträglichkeitsrate 4,5% ve rsus 8,3 OJo). Ein Therapieabbruch wege n N ebenwirkunge n war signifika nt häufige r bei den Patien ten notwen dig, d ie mit der Kombination Am oxici llin/ C lavulansäure behandel t wu rden (sechs versus 0 Patienten).

FOLGERUNG DER AUTOREN: In einer randomisierten multizentrischen Studie bei 484 Kindern mit Otitis media wurde die Effektivität und Verträglich­keit von Azithromycin (ZITHROMAX) 10 mg/ kg über drei Tage gegen Amoxi­cillin/ Clavulansäure (AUGMENTAN) 40 mg/ kg über zehn Tage untersucht. Die klinische und bakteriologische Wirksam­keit beider Substanzen war vergleichbar; die Besserung war allerdings mit Azithro­mycin deutlich rascher und die Verträg­lichkeit signifikant günstiger.

PRI NC IPI , N. Eu r.J . C l in. M icrob. ln fect. Di s. 1995; 14: 669- 676

Neueinführung Fleroxacin- ein neues Fluorchinaion Die Einführung eines Fluo ratoms in das Grundgerüst der Chino lon e erwies sich als eine wichtige Modifi kation einer lange bekannten Substanzklasse. Ofloxacin (TARIVID) oder Ciprofloxacin (CIPRO­BAY) sind heute di e am häufigs ten ver­wendeten Fluorchino lon e, die sich vo n den nicht-fluorierten D eriva ten durch deutlich günst ige re Eige nschaften un ter­scheiden . Se it einigen Monaten steht nu n mit Fleroxac in (QUINODIS) ein neues Ch em otherapeutikum aus diese r Gruppe zur Verfügung. Es weist ni cht nur ein , sondern drei Fluo ra tome im Molekül auf. Eine wei tere de utliche Verbesserung der antibakteriellen Eigenschaften ist damit jedoch nicht verbunden - das neue Arzneimittel unterscheidet sich eher ge ringfügig vo n den länger bekannten

Deriva ten.w Fl o

1

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~ N ~N I I I F CH2CH2F

/N'-./ H3C Fleroxacin

45

Zeitschrift für Chemotherapie

Antibakterielle Eigenschaften

Fleroxacin besitzt eine gute inhibitori­sche Wirkung gegenüber klinisch wich­tigen gramnegativen Bakterien . Dazu ge­hören zum Beispiel zahlreiche Entero­bacteriaceae, wie Escherichia coli, Proteus mirabilis, Proteus vulgaris, Klebsiella pneumoniae und Yersinia enterocolitica. Die minimalen H emmkonzentrationen (MHK-Werte) entsprechen etwa denen von Ofloxacin. Gegen Pseudomonas aeruginosa ist Fleroxacin zwar wirksam, doch besitzt Cipro flo xac in eine deutlich höhere in vitro-Aktivität (MHK90-Werte : 4,0 bzw. 0,5 mg/ 1). Gute Aktivität besitz t Fleroxacin gegenüber Haemophilus influenzae: alle Stämme werden in der Regel durch Konzentrationen von weni­ger als 0,1 mg/ l gehemmt.

Relativ ge ring ist dagegen die Aktivität im grampositiven Bereich: so werden zum Beispiel Pneumokokken erst bei Konzentrationen von 8,0 mg/ 1 gehemmt.

Insgesamt sind hinsichtlich der anti­mikrobiellen Eigenschaften (in vitro­Aktivität) keine Verbesserungen im Ver­gleich zu den heute überwiegend einge­setzten Fluorchinolonen vorhanden .

Ph armakaki netische Eigenschaften Die Bioverfügbarkeit von Fleroxac in nach oraler Einnahme ist exzellent : die Sub­stanz wird praktisch vo ll ständig aus dem Magen-Darm-Trakt resorbiert . Die mitt­lere Spitzenko nzen tration nach Ein­nahme von 40 0 mg li egt bei etwa 4 bis 6 mg/ 1 und die "Fläche unter der Kon­zentrations-Zeit- Kurve" wurde mit 70 mg/ 1 x h berechnet. Die AUC ist damit um ein Mehrfaches höher, als die ent­sprechenden Werte von Ciprofloxacin oder Ofloxacin.

Fleroxacin wird nur in geringem Aus­maß metabo li siert und mit einer Elimi­nations-Halbwertzeit vo n neun bis 13 Stunden überwiegend renal eliminiert .

Therapeutische Wirksa mkeit Die übli che therapeutische Dosis von Fleroxac in beträgt einmal 400 mg/ Tag. Das Arzneimittel kann ora l oder intra­venös gegeben werden. Bei eingeschränk­ter Nierenfunktion (Creatininclearance < 40 mllmin) soll die Dosis auf 200 mg reduziert werden.

Fleroxacin kom mt zur Behand lung vo n komplizierten Infektionen der Harnwege und bei Prostatitis in Frage. Bei nosoko­mialen Pneumonien ist es vergleichend mit Ciprofloxacin untersucht worden. Zwischen den beiden Gruppen waren keine signifikanten Unte rschiede hin­sichtlich der klinisch oder mikrobiolo­gisch beurteilten Wirksamkeit erkennbar.

Unerwünschte Wirkungen

Während der klinischen Prüfung an über 4000 Patienten wurden in 21% der Fälle unerwünschte Reaktionen bemerkt. Da-

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bei wurde jedoch zunächst nicht unter­schieden, ob ein Kausalzusammenhang mit der Einnahme des Medikamentes bestand oder nicht. Gastrointestinale Beschwerden waren mit 11 % die häu­figste n unerwünschten Wirkungen , die unter der Einnahme von Fleroxacin auftraten . Am häufigsten kam es zu Übelkeit, relativ selten (< 1 %) waren Diarrhöen. Zentralnervöse Störungen, wie Schlaflo sigkeit, Kopfschmerzen und Schwindel traten bei 9% der Patien­ten auf. In direkten Vergleichss tudien mit anderen Fluorchinolonen war die Verträgli chkeit von Fleroxacin gleich gut oder geringfügig schlechter. In Dosierungen von > 400 mg wa r die Fleroxacin-Therap ie mit einer unakzep­tablen Rate an unerwünschten Wirkun­gen verbunden. Bei Patienten mit ei n­geschränkter Nierenfunktion (ältere Patienten!) sollte darauf geachtet wer­den, daß es nicht durch unbeabsichtigt hohe Plasmaspiegel zu Nebenwirkungen kommt.

Interaktionen Eine wichtige, klinisch relevante Inter­aktion der Fluorchinolone besteht bei gleichzeitiger Gabe von mineralischen Antazida . Die Beeinflussung der Biover­fügbarkeit bei gleichze itiger Gabe von Magnesium- und Aluminium-haitigen Antazida beeinflußte die Absorption von Fleroxacin zwar nur relativ geringfügig (ca . 25 %), doch sollte zwischen der Ein­nahme des China ions und der Gabe eines Antazidums, wie zum Beispiel MAALOX, eine Zeitspanne von etwa zwei Stunden liegen, um diese Interaktion zu vermei­den. Im Gegensatz zu Enoxacin (GYRA­MID) oder Ciprofloxacin führt Fleroxa­cin offenbar nicht zu Interaktionen mit Coffein oderTheophyllin.

ZUSAMMENFASSUNG: Fleroxacin (QUINODIS) ist ein neues Fluorchino­Ion, das sich durch eine vollständige Bio­verfiigbarkeit und relativ lange Halbwert­zeit, bei niedrigerer Metabolisierungs­rate, auszeichnet. Hinsichtlich der anti­bakteriellen Aktivität ist es den bisher bekannten Derivaten dieser Gruppe nicht überlegen. Es kommt insbeson­dere bei bakteriellen Infektionen des Urogenitaltraktes zum Einsatz. Von Vor­teil ist die lange Eliminationshalbwert­zeit, die eine einmal tägliche Dosierung möglich macht.

CULLMANN , W. et al. Int .J.Antimicrob Agents 1993; 2:203 - 230

Fleroxacin versus Doxycyclin bei atypischer Pneumonie

Doxycyclin (div. H ande lsnamen) und andere Tetrazykline so llten nicht unkri­tisch bei Atemwegsinfektionen ange­wandt werden, da sich die häufigsten Erreger, wie zum Beisp iel Pneumokokken oder H . influenzae, in zunehmendem

November/Dezember 1995 - 16.jahrg.

Maße als resistent erweisen. Bei der durch Mykoplasmen oder Chlamydien hervor­gerufenen atypischen Pneumonie ist Doxycyclin jedoch nach wie vor ein Mittel der ersten Wahl. In einer umfang­reichen, doppelblind durchgeführten Vergleichsstudie zwischen Doxycyclin (zweimal täglich 100 mg) und Fleroxacin (QUINODIS) in einer einmal täglichen Gabe vo n 400 mg erwies sich bei etwa gleicher Verträglichkeit Doxycyclin als das wirksamere Arzneimittel. Insgesamt waren in jeder Gruppe mehr als 200 Patienten eingesch lossen und bei jeweil s 6% der Patienten mußte die Therapie wegen unerwünschter Wirkungen vor­zeitig beendet werden . Als erfolgreich wurde die Behandlung bei 75% der mit Fleroxacin behandelten Pati en ten, jedoch bei 85% der mit Doxycyclin behande lten Patienten angesehen .

FAZIT: In einer umfangreichen Doppel­blind-Studie bei Patienten mit atypischer Pneumonie war Doxycyclin ( div. Han­delsnamen) bei etwa gleicher Verträg­lichkeit besser wirksam als Fleroxacin (QUINODIS).

KAESER, B. et al. ICAAC 1995 (Abs tract LM36)

Interaktionen Interaktion zwischen Triazolam und Ketoconazol oder ltraconazol

Interaktionen zwischen Benzodiazepi­nen und systemisch anwendbaren Azol­antimykotika oder Makrolidantibiotika besitzen klinische Bedeutung und werden zunehmend untersucht (vgl. "ZCT" 15: 45- 46, 1994). Von besonderem Interesse ist ein Enzym in der menschlichen Leber, das viele Arzneimittel metabolisiert und das von Ketoconazol (NIZORAL), Itra­conazol (SEMPERA) aber auch von Erythromycin (ERYTHROCIN u. a.) ge­hemmt wird, das Cytochrom P450 3A4.

Triazo lam (HALC ION) ist ein kurz wir­kendes Benzod iazepin, das vor allem als Hypnotikum häufig angewandt wird . Der Einfluß der beiden Azolantimykotika wurde an gesunden Probanden unter­sucht, die über einen Zeitraum von vier Tage n einmal täglich 400 mg Ketocona­zol, 200 mg Itraconazol oder Placebo erhielten . Am vierten Tag wurde zusätz­lich noch eine Einzeldosis von 0,25 mg Triazolam eingenommen. An diesem Tag wurden die Plas makonzentrationen des Benzodiaze pins und der be iden Anti­myko tika bes timmt und die pharmaka­dynamischen Effekte von Triazolam überprüft.

Die Beeinflussung der Pharmakakinetik von Triazolam durch beide Antimykotika war dras tisch . So sti egen die AUC-Werte (Fläche unter der Konzentrations-Zeit­Kurve) nach Ketoconazo l um das 22-

Zeitschrift für Chemotherapie

fache und nach ltraconazol um das 27-fache an und die Eliminationshalb­wertzeit verlängerte sich um das Sechs­bis Siebenfache. In verschiedenen psycho­motorischen Tests zeigten sich ebenfalls signifikante Effekte nach zusätzlicher Antimykotikagabe. 1 Diese Befunde wur­den in vergleichbaren Versuchsansätzen mit etwas niedrigeren Dosierungen von 200 mg Ketoconazol und 0,125 mg Tria­zolam bestätigt.2

FOLGERUNG DER AUTOREN: Das Benzodiazepin Triazolam (HALCION) sollte nicht von Patienten eingenommen werden, die mit Ketoconazol (NIZO­RAL) oder ltraconazol (SEMPERA) behandelt werden.

I. VARHE,A. et al. Cl in. Pharmacol. Ther. 1994; 56: 601 - 607

2. GREEN BLATT, D.J. Lancet 1995; 345: 191

Resistenz Resistente Pneumokokken: neue Daten zur Häufigkeit in USA und Europa Pneumokokken sind die häufigsten Erreger von Pneumonien, Meningitiden, Sepsis, Sinusitis und Otitis media. In den USA verursachen diese Infektionen jähr­liche Kosten in Höhe von vier Milliarden Dollar für das Gesundheitswesen. Resi­stente Stämme von Streptococcus pneu­moniae breiten sich weltweit zunehmend aus, so daß zu erwarten ist, daß Pneumo­kokken-Infektionen in Zukunft noch schwieriger zu behandeln sein werden.

Eine umfangreiche Untersuchung zur Häufigkeit dieser Erreger wurde unlängst in Atlanta (USA) durchgeführt. 1 Isolate von insgesamt 431 Patienten mit einer invasiven Pneumokokken-Infektion wur­den hinsichtlich ihrer Antibiotika-Emp­findlichkeit mit adäquater Methodik untersucht. Es zeigte sich, daß das Pro­blem der resistenten Streptokokken nicht nur bei Infektionen im Kindesalter rele­vant ist, sondern auch bei Erwachsenen solche Stämme häufiger als erwartet iso­liert wurden . Es ließ sich eine lnzidenz dieser Infektionen von 30 Erkrankungen auf 100.000 Einwohner errechnen. 25% der Pneumokokken waren Penicillin-resi­stent, davon wurden 7% als "hochresi­stent" klassifiziert (MHK > 2 mg/1).

Im einzelnen ergab die Untersuchung die folgenden Resistenzquoten für die jewei­ligen Antibiotika: Penicillin G (div. Warenzeichen): 25%, Cefotaxim (CLA­FORAN): 9%, Erythromycin (ERYCI­NUM u . a.) und Clarithromycin (KLA­CID): 15%, Cotrimoxazol (BACTRIM u.a.): 26%, Tetrazyklin (div. Waren­zeichen): 8%. Diese Zahlen sind selbst­verständlich nur für die Region gültig, in der sie erhoben wurden - sie deuten jedoch auf das generelle Problem der

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Fragen zu wichtigen Infektionen (12) Mycobacterium avium Complex (MAC)-Infektionen (I) 1. Welche klinischen Symptome werden durch die Erreger des Mycobacterium avium-Myco­bacterium intracellulare complex (MAC) verursacht?

Bei nicht immunsupprimierten Patienten erzeugt MAC eine Lungenerkrankung, die mit produktivem Husten, intermittierendem Fieber, Gewichtsverlust und pulmonalen Infiltraten einhergeht. Das radiologische Bild ist nicht von dem einer Tuberkulose zu unterscheiden. Insgesamt handelt es sich jedoch um se ltene Infektionen. In aller Regel bestehen pulmonale Vorschädigungen wie z. B. Bronchiekrasen oder posttuberkulöse Veränderungen. Besondere Aufmerksamkeit haben MAC-Infektionen im Rahmen der HIV-Epidemie erfahren. Bei AIDS-Patienten induziert MAC eine systemische Erkrankung, die durch hohes Fieber, Schüt­telfröste und profusen nächtlichen Schweiß gekennzeichnet ist. Darüberhinaus kommt es zu erheblichen Gewichtsverlusten, einer ausgeprägten Schwäche und Durchfallen . Die diffe­rentialdiagnostische Abklärung gegenüber dem Wasting-Syndrom ist daher oft schwierig.

2. Welche Bedeutung haben MAC-Infektionen bei AIDS-Patienten?

Aus prospektiven Studien ist bekannt, daß MAC- Bakteriämien in der Regel zirka 30 Monate nach der ersten AIDS-definierenden Erkrankung bei CD4-Lymphozytenzahlen von weniger als 50/ mm3 auftreten. Somit handelt es sich eindeutig um eine Infektion, die in sehr späten Stadien der HIV-Infektion auftritt. Ungefahrdie Hälfte aller AIDS-Patienten, die lange genug leben , um eine dermaßen erhebliche Immunsuppression zu erleiden, sind hiervon betroffen. Im Rahmen der MAC-Infektion kommt es zu einer rasch progredienten Anämie, zu Leber­funktionsstörungen und zu einer deutlichen Verkürzung der Uberlebenszeiten im Vergleich zu Patienten mitgleich hohen CD4-Lymphozytenzahlen ohne MAC-Infektion.Insbesondere unter dem Aspekt der Lebensqualität spielen MAC-Infektionen eine große Rolle , da die Patienten in den späten Stadien ihrer HIV- Infektion durch die erhebliche Symptomatik schwer eingeschränkt erscheinen.

3. Wie wird die Diagnose einer MAC-Infektion gestellt?

Die Diagnostik einer MAC-Infektion beim nicht-immunsupprimierten Patienten ist schwierig und muß immer in Abwägungvorhandener Krankheitszeichen und Röntgenbefunde erfolgen. Da es sich bei MAC um ein ubiquitärvorkommendes Mykobakterium handelt , ist deralleinige kulturelle Nachweis nicht gleichbedeutend mit einer re levanten Erkrankung . Anders ist die Situation bei einem AIDS-Patienten. Hier stell t der kulturelle Nachweis von Mycobacterium avium, insbesondere aus dem Blut, im Zusammenhang mit einerentsprechenden Symptoma­tik in der Regel einen sicheren Hinweis auf eine relevante Infektion dar. Üblicherweise kann der Nachweis in Blutkultursystemen geführt werden, wenn diese lange genug kultiviert werden. Geeigneter sind jedoch Kultivierungssysteme, die speziell für den Nachweis von Mykobakte­rien entwickelt worden sind. Allen voran ist hier der Nachweis im BACTEC-System zu nen­nen, das aufgrund der durch die Mykobakterien erfolgenden Metabolisierung von I4C-mar­kierten Zuckern einen raschen Nachweis ermöglicht . Die Identifizierung der mit diesem System nachgewiesenen Mykobakterien kann rasch über Gensonden erfolgen, womit ein ein­deutiger Nachweis und eine Abgrenzung gegenüber M. tuberculosis möglich ist. Auch Fest­bodenmedieneignen sich zum Nachweis, hier ist jedoch mit deutlich längeren Kulturzeiten zu rechnen . Neben dem Blut kommen alle anderen verfügbaren Materialien wie Sputum, Pleuraerguß, Stuhl und Urin sowie Gewebsproben als Kulturmaterial in Betracht. Der Nachweis von MAC allein mittels der Polymerasekettenreaktion muß wegen des ubiqui­tären Vorkommens immer mit größter Zurückhaltung interpretiert werden.

4. Welches ist das effektivste Behandlungsregime für MAC-Infektionen? Die Therapie einer MAC-Infektion führt bei AIDS-Patienten nicht zu einer Heilung, ist aber in der Lage, den Überlebenszeitraum von schwer immungestörten AIDS-Patienten zu ver­längern und die Lebensqualität entscheidend zu bessern. Über die Behandlung pulmonaler MAC-Infektionen liegen keine kontrollierten Daten vor. Bei in vitro- Untersuchungen zeigen die Bakterien des MAC in der Regel eine Resistenz gegen­über den üblichen antimykobakterie ll wirksamen Medikamenten, die bei der Behandlung der Tuberkulose eingesetzt werden. Bei nicht-HIV-Patienten empfiehlt sich in der Regel eine Therapie, die vier bis fünf üblicherweise bei der Tuberkulosebehandlung eingesetzte Medika­mente in der Initialphase anwendet und nach Vorliegen entsprechender Sensibilitätsteste modifiziert werden soll te. Dassystemische Krankheitsbild bei AIDS-Patienten läßt sich zur Zeit am besten durch das Einbeziehen von Makrotiden in die Therapie beherrschen. Azithro­mycin (ZITHROMAX: 0,5 g/Tag) und Claritbromycin (KLACID u. a: 0,5 g zweimal täglich) sind in der Lage, innerhalb eines Zeitraums von vier bis acht Wochen zu einer erheblichen Reduktion der Keimbelastung des Organismus beizutragen. Die erreich bare 99 %ige Reduk­tion der Anzahl der zirkulierenden Organismen geht in der Regel auch mit einem guten klini­schen Ansprechen einher. Neben den Makrotiden werden Aminoglykoside wie Arnikaein (BIKLIN) oder Streptomycin (STREPTOTHENAT u.a.) eingesetzt, zusätzlich kann Etham­butol (MYAMBUTOL u.a.) und Clofazimin (LAMPRENE) in die Therapie einbezogen wer­den. Auch Rifabutin (MYOBUTIN), ein neueres Rifampicin-Derivat, ist wirksam. Strittig ist zur Zeit noch, ob die Initialtherapie aus zwei oder mehr Medikamenten bestehen sollte, hier muß binsichtlich des Gesamtzustandes des Patienten und der tolerablen Toxizität der Medi­kamente im Regelfall individuell entschieden werden. Nach Meinung des Autors eignet sich als Initialtherapie die Gabe von Clarithromycin bzw. Azithromycin und Ethambutol (25 mg/ kg Körpergewicht), supplementiert durch die Gabe von Aminoglykosiden bei schwerem Krankheitsbild. YOUNG , L.S. lnf. Dis. Cl in. Pract. 1995; 4: 172-176

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Zeitschrift für Chemotherapie

zunehmenden Pneumokokken-Resistenz hin und sollten zur Achtsamkeit auch in Deutsch land Anlaß sein.

Seit Jahren kommen Meldungen aus Spa­nien über Pneumokokken mit Resistenz gegenüber Penicillin und anderen ß-Lak­tamantibiotika. Die Häufigkeit Cephalo­sporin-resistenter Streptokokken stieg dort zum Beispiel von 2% in den Jahren 1984-1988 auf ca. 9 OJo fünf Jahre später. Die adäquate antibioti sche Therapie von inva­siven Pneumokokken-Infekti onen in die­sem Land ist Anlaß zu zahlreichen Diskus­sionen. Ärzte aus Barcelona berichten nun über eine prospektive Studie, in der über einen Zeitraum von zehn Jahren bei 504 Patienten mit mikrobiologisch gesicherter Pneumokokken-Pneumonie die Mo rtalität in Abhängigkeit von der Behandlung untersucht wurde.2 Bei etwa einem Drittel der Erkrankten waren Penici llin-resistente Streptokokken nachgewiesen worden. Diese Patienten hatten auch häufiger schwere Grunderkrankungen, die erheb­liche Risikofa ktoren darstell en . Wenn di ese prognostisch ungünstigen Faktoren be­rücksichtigt wu rd en, war die Mortalität unter den Patienten mit Penicillin-res isten­ten oder -sensiblen Erregern gleich . Dies galtjedoch nur, wenn neben Streptokokken keine weiteren Erreger isoliert worden ware n. Die Behandlung von Pneumonien durch resistente Streptokokken mit hoch­dosiertem Penici llin oder der hochdosier­ten Gabe von Cephalosporinen wird von den Autoren aufgrund dieser Ergebnisse nach wie vor als adäquat eingeschätzt. Dies könnte sich jedoch bei wei ter abneh­mender Empfindlichkeit 111 Zukunft ändern. Trotz einer großen Zahl vo n heute verfügbaren Antibiotika wird ein Bedarf an völlig neuartifn Substanzen für drin­ge nd angesehen.

FOLGERUNGDERAUTOREN:The deutliche Zunahme von Pneumokokken mit Resistenz gegen Penicilline und an­dere ß-Laktamantibiotika ist ein alarmie­rendes therapeutisches Problem. Bisher lassen sich die "resistenten" Streptokok­ken noch durch die Gabe hoher Dosen von ß-Laktamantibiotika erfassen, doch gibt die Ausbreitung auch hochresisten­ter Stämme, bei denen eine Dosissteige­rung nicht mehr ausreichend ist, Grund zur Sorge. Die Konsequenz für jeden Arzt aus den neuen Studienergebnissen sollte es sein, Antibiotika nur nach gründ­licher Abwägung auch der epidemiologi­schen Risiken einzusetzen. Generell ist eine Prophylaxe von Pneumokokken­Infektionen durch umfangreiche Anwen­dung der Pneumokokken-Vakzination dringend zu empfehlen.

I. HOFMANN ,J. et al. N. Engi.J. Med. 1995 ; 333 : 481 - 486

2. PALLARES, R. et al. N. Engi.J. Med. 1995; 333:474-480

3. TOMASZ, A. N. Engi.J. Med. 1995 ; 333:5 14- 515

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Zum Jahresabschluß Die Zunge der Kuh als Qtelle fur neue Antibiotika? Britischer Humor ist sprichwörtlich und für Nicht- Briten oftmals obskur. Zweifel an der Seriosität der Meldung erschienen deshalb angebracht zu sein, als der "Lancet" in der Ausgabe am 1. Apri\1995 über die in vitro­Aktivität von LAP berichtete .1 Die Abkür­zung steht für "lingual antibiotic peptide" und bezeichnet einen neuen Wirkstoff, der vo n der Kuh zunge isoliert worden war. Das antimikrobiell e Spektrum des Peptides wird beeindruckend beschrieben : ni cht nur Staphylococcus aureus, Escherichia coli und Pseudomonas aeruginosa , sondern auch Candida sp p. werden im Wachstum

gehemmt. Die Meldung erwies sich über­raschenderweise ni cht als Aprilscherz, son­dern beruht auf umfangreichen Unter­suchungen einer amerikanischen Arbeits­gruppe, die in der angesehenen Zeitschrift "Science" veröffentlicht worden waren. Danach besteht das Peptid aus 64 Amino­säuren und gehört zu der Gruppe der so­genannten "Defensine". Es bleibt abzuwar­ten, ob solche Substanzen jemals Bedeu­tung für die Therapie erlangen werden -ausgeschlossen ist es jedoch nicht, daß wir vielleicht in 20 Jahren Säugetiere als Liefe­ranten von antibiotisch wirksame n Sub­stanzen verwenden und nicht mehr Pil ze und Bakterien. I. FRANKEL, 0. H.

Lancet 1995 ; 345: 850 2. SCHONWETTER, B. S. et al.

Science 1995; 267: 1645-1648