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Sebastian Matthias Auer Matr.Nr.: 61800167 Die Entwicklung der klassischen Gitarrenhaltung ab Tárrega Unter Berücksichtigung der haltungsbedingten körperlichen Auswirkungen und der Haltungsvermittlung in den Lehrwerken für die Gitarre Master-Arbeit Zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts des Studiums PMA Gitarre an der Anton Bruckner Privatuniversität Linz Betreut durch: Prof. Wolfgang Jungwirt u. Univ.-Prof. Lars-Edvard Laubhold Linz, 19.04.2020 1

Die Entwicklung der klassischen Gitarrenhaltung ab Tárrega

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Sebastian Matthias Auer

Matr.Nr.: 61800167

Die Entwicklung der klassischen Gitarrenhaltung ab Tárrega

Unter Berücksichtigung der haltungsbedingten körperlichen Auswirkungen

und der Haltungsvermittlung in den Lehrwerken für die Gitarre

Master-Arbeit

Zur Erlangung des akademischen Grades

Master of Arts

des Studiums PMA Gitarre

an der

Anton Bruckner Privatuniversität

Linz

Betreut durch: Prof. Wolfgang Jungwirt u. Univ.-Prof. Lars-Edvard Laubhold

Linz, 19.04.2020

1

Abstract

Die hier vorliegende Masterarbeit befasst sich mit der Entstehung der modernen

klassischen Konzertgitarre, sowie der damit verbundenen Entwicklung und

Weiterentwicklung einer Schulhaltung. Am Anfang dieser Arbeit findet sich eine Einführung

in die menschlichen Anatomie um im weiteren Verlauf, bei der Betrachtung der

Körperirritationen, die Zuordnung zu den betroffenen Körperregionen zu erleichtern.

Anschließend daran findet sich die Entstehung und Weiterentwicklung der

Instrumentalhaltung, sowie den daraus resultierenden Haltungsschäden. Auch werden hier

alternative Haltungsformen und mögliche Haltungshilfen vorgestellt und analysiert.

Abschließend folgt eine Betrachtung ausgewählter pädagogischer Lehrwerke für den

Anfänger- und Fortgeschrittenenunterricht im Bezug auf die in ihnen vermittelten

Haltungsformen. Die Fragestellung dieser Arbeit ist: „Was führte zur Entwicklung der

modernen Schulhaltung und welchen Einfluss hat diese auf den Körper des

Instrumentalisten. Welche Änderungen wurden daraufhin an der Schulhaltung vollzogen

und werden diese Änderungen in den publizierten Lehrwerken berücksichtigt.“

2

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung..............................................................................................................................05

2. Der Körper des Instrumentalisten im Spannungsfeld zwischen

Physiologie und den instrumentalen Anforderungen...................................................08

2.1 Der Körper des Gitarristen und seine Haltungs- und Bewegungseinheiten.......08

2.1.1 Die obere Körperhälfte..............................................................................................09

2.1.1.1 Kopf, Halswirbelsäule und Nacken......................................................................09

2.1.1.2 Brustwirbelsäule, Schultern, Arme und Hände......................................10

2.1.2 Die untere Körperhälfte.......................................................................................21

2.1.2.1 Die Hüfte und Lendenwirbelsäule........................................................................21

2.1.2.2 Die Beine.......................................................................................................22

2.1.2.3 Das Nervensystem des menschlichen Körpers.......................................26

2.2 Form und Abmessungen des Instrumententyps von Torres und die dafür

von Tarrega entwickelten Spielhaltung.................................................................28

2.2.1 Neuerungen in Korpusform und Mensur – instrumentenbauliche

Veränderungen durch Antonio Torres....................................................................28

2.2.2 Francisco Tarrega – Neuerer der Spielhaltung und Gitarrentechnik.................31

2.3 Auftretende Körperirritationen durch die „Schulhaltung“.....................................37

2.3.1 körperliche und instrumentale Haltungsvoraussetzungen

nach Ekard Lind....................................................................................................37

2.3.2 Körperirritationen und deren Ursachen sowie Ansätze zu deren Lösung..42

2.3.2.1 Das Gitarrenkantensyndrom42

2.3.2.2 Erkrankungen von Sehnen und Sehnenscheiden im

Unterarm, Handgelenk und der Hand...............................................45

2.3.2.3 Erkrankungen im Bereich des Schultergürtels

- Rotatorenmanschettensyndrom........................................................51

2.3.2.4 Muskelverkürzungen/Myofasziales Schmerzsyndrom..................53

2.3.2.5 Körperirritationen im Bereich der Wirbelsäule.................................54

2.3.2.6 Fehlhaltungen im Bereich des Beckens..............................................59

3. Hilfsmittel zur Positionierung der Gitarre am Körper des Gitarristen.......................60

3.1 Die Fußbank...................................................................................................................60

3

3.2 Alternativen zur Fußbank............................................................................................62

3.2.1 Durch am Instrument befestigte Hilfsmittel (Stützen)......................................................62

3.2.1.1 Ergoplay von Johannes Tappert (Modell Tappert)

und Michael Tröster (Modell Tröster)................................................62

3.2.1.2 „Ponticello“ Gitarrenstütze von Volker Griese.................................64

3.2.1.3 Efel- und Gitano-Stütze by GEWA.....................................................66

3.2.1.4 Guitarlift von Felix Justen....................................................................68

3.2.2 Frei stehende oder am Spieler befestigte Hilfsmittel..........................70

3.2.2.1 Dynarette und Matepis Gitarrenkissen..............................................70

3.2.2.2 Stativ von Ekard Lind...........................................................................72

3.3 Änderungen der Korpusform......................................................................................73

4. Die Haltung in der Unterrichtsliteratur...................................................................................74

4.1 Berücksichtigung der Haltungsformen in ausgewählten Schulen für den

Anfangsunterricht..........................................................................................................75

4.1.1 Meine Gitarrenfibel und Neue Gitarrenschule – Heinz Teuchert................75

4.1.2 Gitarrenschule – Dieter Kreidler........................................................................77

4.1.3 Let's play Guitar – Michael Langer und Ferdinand Neges............................78

4.1.4 Fridolin – Eine Schule für junge Gitarristen

– Hans Joachim Teschner....................................................................................79

4.1.5 Gitarre spielen mit Lena und Tom – Andreas Schumann..............................81

4.1.5 The Christopher Parkening Guitar Method – Christopher Parkening.........82

4.2 Die Haltung in Technikkompendien für den fortgeschrittenen

Schüler/Studenten........................................................................................................83

4.2.1 Pumping Nylon – Scott Tennant........................................................................83

4.2.2 Die Technik der modernen Konzertgitarre – Hubert Käppel........................86

4.2.3 Schule der Gitarre - Abel Carlevaro..................................................................89

5. Fazit...............................................................................................................................................93

Literaturverzeichnis........................................................................................................................96

Abbildungsverzeichnis...................................................................................................................98

Eidesstattliche Erklärung..............................................................................................................101

4

1. Einleitung

„Mit keiner Figur in der Geschichte unseres Instruments werden so viele und so

konkrete revolutionäre und messianische Taten und Erneuerungen verbunden wie

mit Francisco Eixea Tárrega. Die heute zwar immer noch allgemein benutzte,

immer wieder aber auch im Schußfeld derber Kritik stehende Sitzposition mit dem

Fußbänkchen unter dem linken Fuß, die Anschlagstechnik des „Apoyando“, […]

allgemein die Haltung von rechter und auch linker Hand – dies alles sind

Errungenschaften, die Tárrega zugeschrieben werden.“1

Diese Beschreibung des Einflusses Tárregas auf die Spielweise der Gitarre durch Peter

Päffgen wird wohl bis heute von jedem Gitarristen mitgetragen. Mit dem Namen Tárrega

ist bei der klassischen Gitarre fest der Aufbruch in die Neuzeit des Instrumentes

verbunden. Die Gitarre kehrte mit Tárrega, und noch vielmehr mit seinen Schülern, nach

langer Abwesenheit in die Konzertsäle zurück. Obwohl Tárrega nur wenig außerhalb

Spaniens konzertierte, ist sein Name weltweit in aller Munde. Nicht nur aufgrund seines

eigenen Wirken als Musiker, Arrangeur und Komponist für das Instrument, vielmehr

legte seine Tätigkeit als Pädagoge den Grundstein für dem ihm zugeschriebenen Nachhall

in der Entwicklung der modernen klassischen Gitarre. Seine posthume Bekanntheit ist mit

Sicherheit auch auf die Popularität seiner Schüler, wie Emilio Pujol und Miguel Llobet,

zurückzuführen. Beide sind in ihrer Zeit gefeierte sowie weltweit konzertierende Künstler

und zählen zu den Schülern Tárregas. Pujol verfasste eine mehrbändige Schule. Diese ist

nach Aussage des Verfassers strikt nach der Spiel- und Haltungstheorie Tárregas

aufgebaut.

Neben Tárrega gibt es einen weiteren Namen, welcher unweigerlich mit der

Weiterentwicklung der klassischen Gitarre verbunden ist – Antonio de Torres.

„Es muß dabei gesehen werden, daß wiederum ein neuer Typ Gitarre eine andere

Technik erforderte – Antonio de Torres Jurado (1817-1892) hatte, ohne es

vorauszusehen, den Standard für Gitarren neu festgelegt, und zwar für Jahrzehnte

und eigentlich sogar für das ganze nächste Jahrhundert, denn immer noch werden

1 Päffgen, Peter: Die Gitarre. 2. überarbeitete und erweiterte Ausgabe, Mainz 2002, S. 167.

5

Gitarren nach dem imaginären „Schnittmuster“ Torres gebaut.“2

Durch den neuen Typus Gitarre wurde die Weiterentwicklung der Haltung und

Spieltechnik der Gitarre vorangetrieben, in manchen Belangen sogar erst ermöglicht.

Selten lässt sich in der Geschichte des Instrumentalspiels die Neuentwicklung einer

Technik, und eines neuen Instrumententyps, so klar definieren und eindeutig einem so

engen „Entwicklerkreis“ zuordnen. Auch ist die Entwicklung und deren Weitergabe gut

dokumentiert. Im Verlauf dieser Arbeit wird sich mit diesem Punkt vertiefend

auseinandergesetzt unter dem Blickwinkel, welche Rahmenbedingungen wurden durch

das neue Instrument von Torres geschaffen und wie beeinflusst die Formgebung des

neuen Instrumentes die Haltungsentwicklung. Daran anschließend wird die neue

entwickelte Haltung Tárregas betrachtet und analysiert.

Das Hauptaugenmerk dieser Arbeit liegt in der Betrachtung und kritischen

Auseinandersetzung mit der Schulhaltung Tárregas und den damit verbundenen

Einflusses auf den Körper des Instrumentalisten. Wie dem Zitat von Päffgen zu

entnehmen ist, wird die Schulhaltung von Tárrega nicht unkritisch gesehen. Was jedoch

sind die Auslöser von Körperirritationen durch die Schulhaltung und wo sind diese

Irritationen zu verorten? Wie wird der Körper des Gitarristen beeinflusst und wie weit

fanden die körperlichen Voraussetzungen Einfluss in die Schulhaltung Tárregas?

Daran anschließend folgt in dieser Arbeit eine Betrachtung der

Haltungsweiterentwicklung in den Jahren bzw. Jahrzehnten nach Tárrega. Wo, wie und

und warum und vor allem wann und weshalb wurde die Schulhaltung von Tárrega

geändert. Was führte, wenn Änderungen stattfanden, dazu. Was waren die Auslöser

dafür, ein bekanntes und grundlegend funktionierendes Haltungssystem kritisch

betrachtet und abänderte. Ziel dieser Arbeit ist es, die Entwicklung der Schulhaltung nach

Tárrega ab dem Zeitpunkt ihrer Entstehung bis zum heutigen Tag abzubilden und die an

ihr vorgenommenen Anpassungen im Verlauf der Zeit betrachtet. Ein Augenmerk ist

dabei immer die Einflussnahme des Instruments auf den Körper des Gitarristen. Welche

2 Ebenda: S. 167.

6

Körperirritationen werden durch die Schulhaltung hervorgerufen, und was waren oder

sind die dafür angestrebten und entwickelten Haltungsalternativen. Welche Hilfsmittel

werden zur Instrumentalhaltung verwendet und welche Vor- und Nachteile bieten diese

den Musikern.

Den Abschluss dieser Arbeit bildet die Betrachtung des Bereichs der Haltungsvermittlung

in ausgewählten Lehrwerken für den Instrumentalunterricht. Dabei wird eine

Unterscheidung in Schulen für den Anfängerunterricht, und in Technikkompendien für

den fortgeschrittenen Schüler vorgenommen. Welche Arten von Instrumentalhaltung

werden in den derzeit am Mark befindlichen Schulen gelehrt und und in welchem

Ausmaß finden Neuerungen im Bereich der Haltung des Instruments Einfluss in die

Schulen.

7

2. Der Körper des Instrumentalisten im Spannungsfeld zwischen Physiologie und den

instrumentalen Anforderungen

2.1. Der Körper des Gitarristen und seine Haltungs- und Bewegungseinheit

Bevor ich in meiner Arbeit auf die Entstehung der Schulhaltung der modernen

Konzertgitarre eingehe, wird in diesem Kapitel die Anatomie des menschlichen Körpers in

Grundzügen erläutert. Im weiteren Verlauf, vor allem im Kapitel der Körperirritationen

(ab Seite 42) welches sich differenzierter mit den körperlichen Problemstellungen im

Bereich der Instrumentenhaltung befasst, ist eine grundlegende Kenntnis der

menschlichen Anatomie von Vorteil. Erwähnt sei an dieser Stelle, dass hier nur eine sehr

gestraffte Abhandlung der Anatomie handelt, es werden nur die Skelettknochen, Muskel-

und Sehnenstränge erörtert, welche beim instrumentalen Spiel bzw. bei der Haltung des

Instruments eingebunden sind.

Bei den Muskelgruppen der Extremitäten (Arme und Beine) gibt es zwei grundlegende

Systeme zur systematischen Unterscheidung:

1. Eine Unterscheidung welche die Muskeln in Gruppen zusammenfasst,

welche sich aus ihrer Lage zu Gelenken, ihrem Ansatz und ihrer Wirkung

ergibt.

2. Eine Unterscheidung nach der Lage der Muskeln zueinander im

Körperaufbau. Dabei werden diese nochmals in oberflächliche und tiefe

Muskeln, und in dorsale und ventrale Muskelgruppen unterteilt.

Im Verlauf dieser Arbeit wird auf die Einteilung nach ihrer Lage zueinander

zurückgegriffen da diese auch weitestgehend der Funktionalität entspricht.3

Um eine besser Übersicht in dieser Arbeit zu erreichen, unterteile ich den menschlichen

Körper in zwei große Bereiche:

– Die obere Körperhälfte mit Kopf, Hals- und Nackenbereich (ab Seite 9), sowie

den Bereich der Brust, Brustwirbelsäule, Schulter, Arme und Hände (ab Seite 10)

– Die untere Körperhälfte mit Hüfte und Lendenwirbelsäule (ab Seite 21) sowie

3 Platzer, Werner: dtv-Atlas der Anatomie: für Studium und Praxis – Texte und Tafeln: für Studium und Praxis. Band 1, 3. überarbeitete Auflage, Stuttgart 1979, S.156

8

den Beinen (ab Seite 22)

2.1.1 Die obere Körperhälfte4

2.1.1.1 Kopf, Halswirbelsäule und Nacken

Am oberen Ende des menschlichen Skelett (Skelet) befindet sich der Kopf. Dieser besteht

aus einem Schädelknochen (Cranium). Dabei wird zwischen zwei Bereichen

unterschieden, dem (Abbildung 1):

– Gehirnschädel (Neurocranium)

– Gesichtsschädel (Splanchnocranium/Viscerocranium)

Die Vorderseite des Schädelknochens werden von diverse Muskelstränge überzogen. Die

für diese Arbeit relevanten Muskeln sind:

– Untere Zungenbeinmuskulatur

– Ansatz am Schultergürtel

Dabei handelt es sich um die unteren Zungenbeinmuskulatur (Infrahyalen Muskulatur).

Dabei ist zu beachten, dass die untere Zungenbeinmuskulatur aus vier zu unterscheiden

Muskeln besteht.

4 In den folgenden Kapiteln 2.1.1, 2.1.2 und 2.1.3 beziehen ich mich, wenn nicht anders angegeben, auf folgendes anatomisches Lehrwerk: Platzer, Werner: dtv-Atlas der Anatomie: für Studium und Praxis – Texte und Tafeln. Band 1, 3. überarbeitete Auflage, Stuttgart 1979

9

Abbildung 1: Schädelkochen

Der Übergang des Kopf- und Halsbereich des menschlichen Körpers in den Oberkörper

erfolgt im Bereich des Schultergürtels. Dabei setzen zwei Kopfmuskeln am Schultergürtel

an.

Diese wären:

– der Trapezmuskel (Musculus trapezius) (Abbildung 2)

– der großer Kopfwender (Musculus sternocleidomastoideus) (Abbildung 3)

2.1.1.2 Brustwirbelsäule, Schultern, Arme und Hände

Im weiteren Verlaufes des Stamms (Truncus) befinden sich die 12 Brustwirbel (Vertebrae

thoracicare) sowie die 12 Rippenpaaren(Costa), von welchen in der Regel die oberen 7

direkt mit dem Brustbein (Sternum) verbunden sind, welche den knöchernen Rahmen für

den Brustkorb bilden. (Abbildung 4) Dessen Flexibilität und Beweglichkeit wird durch

sogenannte Rippengelenke ermöglicht, welche die Rippen mit dem dem Brustbein

und/oder der Brustwirbelsäule verbinden. Diese Rippengelenkverbindungen werden

wiederum von Bändern fixiert.

10

Abbildung 2: Trapez- und Kopfwender - Rückenansicht

Abbildung 3: Trapez- und Kopfwender - Halsansicht

Das knöcherne Grundgerüst des Brustkorbes ist mit Muskelsträngen bedeckt, welche eine

Verbindung mit den ihm angeschlossenen Körperregionen ermöglichen. Erst durch diese

Muskelstränge ist das Ausführen von Bewegungen im Oberkörperbereich möglich. Die

für diese Arbeit relevanten Muskeln wären die:

– Ober- und Untergrätenmuskel (Musculus supraspinatus(infraspinatus)

(Abbildung 5 Nr. 1 und 4)

– Deltamuskel (Musculus deltoideus) (Abbildung 5, Nr. 11)

– breitester Rückenmuskel (Musculus latissimus dorsi) (Abbildung 6, Nr. 7)

– gr. und kl. Brustmuskel (Musculus pectoralis major/minor) (Abbildung 7, Nr. 7

und 4)

11

Abbildung 4: Brustkorb Frontal- und Seitenansicht

12

Abbildung 5: Ober- und Untergrätenmuskel

Abbildung 6: breitester Rückenmuskel

Abbildung 7: gr. und kl. Brustmuskel

Dem Brustkorb gegenüberliegend finden wir den Rücken (Dorsum) des menschlichen

Körpers. Die Rippenbögen ziehen sich mit einer Krümmung vom Brustbein beginnend

nach hinten, um an der Wirbelsäule anzuschießen. Somit wird der Hohlraum des

Brustkorbes (Thoras) geschaffen. (Abbildung 4)

Entlang der Wirbelsäule verlaufen die Muskelstränge der Rückenmuskulatur (Musculus

erector spinae), welche sich in laterale (oberflächlich) (Abbildung 8) und mediale

(tieffliegende) (Abbildung 9) Muskelgruppen unterteilen. Die oberflächlichen Muskeln des

Rückenstreckers (Musculus erector spinae) werden dabei in zwei Muskelfamilien,

intertransversale und spinotransversale, unterteilt. Die tiefer liegenden Muskeln des

Rückenstreckers werden in die Muskeln des Geradsystems und des Schrägsystems

unterteilt. Die Muskeln des Rückens sind für die aufrechte Haltung des Menschen

verantwortlich. Auch sind diese Muskelgruppen dafür verantwortlich dass sich die

Wirbelsäule gedreht als auch gebogen werden kann.

An den Stamm angebunden befindet sich der Schultergürtel, bestehend aus dem flachen,

dreieckig geformten Schulterblatts (Scapula) (Abbildung 10) sowie dem S-Förmig

13

Abbildung 9: oberflächlich liegende Rückenmuskeln

Abbildung 8: tiefer liegende Rückenmuskeln

geformten Knochen des Schlüsselbein (Clavicula) (Abbildung 11), jeweils für die linke als

auch rechte Körperseite. Diese sind sind mit dem Stamm flexibel verbunden, und daher

unabhängig vom eigentlichen Brustkorb bewegbar. Die Verbindung der Knochen des

Schlüsselbeins und Schulterblatts mit dem Rumpf des menschlichen Oberkörpers erfolgt

durch zwei Bändertypen, dem Ligamentum costoclaviculare sowie dem Articulatio

sternoclavicularis, welche auch die einzelnen Bestandteile des Schultergürtels miteinander

verbinden.

Die für die Bewegungssteuerung im Schultergürtel, als auch die Verbindung der Knochen,

ist neben diverser Bänder, die Schultermuskulatur verantwortlich. Dabei erfolgt die

Kategorisierung in drei genetisch geordnete Gruppen.

– Zum einen die Muskeln mit Ansatz am Humerus

– Eingewanderte Rumpfmuskeln - mit Ansatz am Schultergürtel

– Kopfmuskeln – mit Ansatz Schultergürtel

Dem Schultergürtel anschließend folgt der Arm, beginnend mit dem Oberarmknochen

(Humerus). Dieser ist mit dem Schultergürtel über das Schultergelenk (Cavitas

glenoidalis) verbunden und wird mittels Bänder stabilisiert. (Abbildung 12)

14

Abbildung 10: Schulterblatt

Abbildung 11: Schlüsselbein

Im verlauf des Oberarm finden wird mehrere Muskelgruppen, welche durch die Faszien

der Septa intermuscularis getrennt werden. Die für diese Arbeit relevanten Muskeln

wären:

– Oberarmmuskel (Musculus brachialis) (Abbildung 13, Nr. 1)

– Armbeuger (Musculus biceps brachii) (Abbildung 13, Nr. 4)

– Armstrecker (Musculus triceps brachii) (Abbildung 14, Nr. 1)

– Ellenbogenmuskel (Musculus anconaeus) (Abbildung 14, Nr. 15)

15

Abbildung 12: Übergang Schultergelenk und Oberarmknochen

Über das Ellenbogengelenk (Articulatio cubiti), welches im wesentlichen aus drei Teilen,

der Articilatio humeroradialis, der Atriculatio humero-ularis und der Articulatio radio-

ulnaris proximalis, besteht, ist der Oberarm mit dem Unterarm verbunden. Das

Ellenbogengelenk wird durch eine schlaffe Gelenkkapsel umschlossen. Stabilisiert wird

das Gelenk durch mehrere Seitenbänder (Ligamentum collaterale).

Anschließend an das Ellenbogengelenk befindet sich der Unterarm (Antebrachium).

16

Abbildung 13: Oberarmmuskeln A Abbildung 14: Oberarmmuskeln B

Abbildung 15: Ellenbogengelenk

Dieser bildet sich aus zwei Knochen, der Speiche (Radius) (Abbildung 16, grau) und der

Elle (Ulna) (Abbildung 16, weiß), besteht.

Die Knochen des Unterarms sind mit Muskelgruppen umschlossen, welche sich in

Muskeln der oberflächliche und tiefe Schicht gliedern. Relevante Unterarmmuskeln sind

für diese Arbeit vor allem die Muskeln, welche ihren Fortsatz in der Muskulatur der

Finger finden. Dazu zählen:

– oberflächlicher Fingerbeuger (M. flexor digitorum superficialis) (Abbildung

18, Nr. 5)

– tiefer Fingerbeuger (M. flexor digitorum profundus) (Abbildung 19, Nr. 4)

– langer Daumenbeuger (M. flexor pollicis longus) (Abbildung 19, Nr. 11)

– Fingerstrecker (M. extensor digitorum) (Abbildung 17, Nr. 1)

– Zeigefingerstrecker (M. extensor indicis) (Abbildung 19, Nr. 15)

– Kleinfingerstrecker (M. extensor digiti minimi) (Abbildung 17, Nr. 6)

– Ellenseitiger Handstrecker (M. extensor carpi uliinaris) (Abbildung 19, Nr. 7)

17

Abbildung 16: Unterarm

An den Unterarm anschließend finden wir die Hand. Diese wird mittels der Handwurzel(Carpus) mit dem Unterarm verbunden. Die Handwurzel besteht aus den 8Handwurzelknochen (Ossa carpi), die in einer Zweierreihe zu je 4 Knochen angeordnetsind. (Abbildung 20)

Die Handwurzelknochen werden von Bändern überzogen. Das Bekannteste ist wohl das

18

Abbildung 17: Unterarmmuskeln B

Abbildung 19: Unterarmmuskeln C

Abbildung 18:Unterarmmuskeln A

Abbildung 20: Handwurzelknochen Abbildung 21: Schemata der Bänder des Handwurzelgelenks

Retinaculum flexorum, welches mit den anderen Bändern einen Kanal, der Karpaltunnel

(Canalis carpi) bildet. Alle Kochen des Handwurzelgelenks werden durch Bänder

miteinander verbunden. (Abbildung 21)

An die Handwurzel schließen nun die 5 Mittelhandknochen (Ossa metacarpalia) an,

welche in den Fingerknochen (Ossa digitorum manus) enden. Jeder Finger besteht aus

drei Gliedern (Phalangen) und zwar den Phalanx proximalis, Phalanx media und einem

Phalanx distalis. Der Daumen (Pollex) bildet hierbei eine Ausnahme, er besteht nur aus

zwei Gliedern. (Abbildung 22)

Im weiteren Aufbau der Mittelhand (Metacarpus) finden wir die Muskelstränge der

Mittelhand. Dabei werden die Muskeln der Mittelhand in drei Muskelgruppen

unterschieden:

– handflächenseitige (Musculi lumbricales) und handrückenseitige (Musculi

interossei dorsales) Muskelgruppen

– Daumenballens (Thenar)

– Kleinfingerballens (Hypothenar)

19

Abbildung 22: Aufbau der Hand mit Fingergliedern

Diese Muskelgruppen gliedern sich im weiteren verlauf der Hand und setzen sich bis zum

ersten Fingergelenk fort. Dadurch sind die Greif- und auch Drehbewegungen der Hand

möglich. Von einer vertiefenden Ausführung wird an dieser Stelle der Arbeit abgesehen,

da sie im weiteren Verlauf der Arbeit nicht berücksichtigt werden.

Im Aufbau der Hand finden wir diverse Sehnenscheiden (Vaginae tendinum). Diese

umgeben die einzelnen Sehnenstränge und ermöglichen eine reibungsarme Bewegung der

Sehnen. Dabei werden die Sehnenscheiden in drei unterschiedliche Gruppen eingeteilt:

– dorsal karpalen Sehnenscheiden (Vaginae synoviales dorsales) (Abbildung 23,

Nr. 3-8)

– palmare karpale Sehnenscheiden (Vaginae synoviales palmares) (Abbildung 24,

Nr.10-12)

– digitale Sehnenscheiden (Vaginae synoviales digitorum manus) (Abbildung 24, Nr.

13,14)

20

Abbildung 23: Sehnenscheiden der Hand A Abbildung 24: Sehnenscheiden der Hand B

2.1.2 Die untere Körperhälfte

2.1.2.1 Die Hüfte und Lendenwirbelsäule

Die unteren Extremitäten beginnen mit den Kochen des Hüftgürtels, welcher sich aus vier

Teilen zusammensetzt:

– zwei Hüftbeine (Os coxae) (Abbildung 25, Nr. 2)

– Lendenwirbeln (Vertebrae lumbales) (Abbildung 25, Nr. 1)

– Kreuzbein (Os Sacrum) (Abbildung 25, Nr. 3)

– Steißbein (Os Coccygis) (Abbildung 25, Nr. 4)

Zu beachten ist bei den Wirbeln des Kreuz- als auch Steißbeins, dass es sich, im Gegensatz

zu den oberen 24 Wirbeln der Wirbelsäule, nicht um präsakrale (beweglich) Wirbel

handelt. Das heißt, dass die einzelnen Wirbeln nicht durch Bandscheiben (Discus

intervertebralis) getrennt sind, sondern zu einem Knochen verwachsen sind.

Die einzelnen Knochen werden durch Bänder miteinander verbunden. Da diese für diese

Arbeit jedoch nicht von belang sind, wird auf eine vertiefende Erörterung der diversen

21

Abbildung 25: Hüftknochen

Bänder abgesehen.

Für die Bewegungssteuerung im unteren Oberkörper ist die Hüftmuskulatur zuständig.

Die Hauptmuskelstränge sind:

– großer Lendenmuskel (Musculus psoas major) (Abbildung 26, Nr. 1)

– Darmbeinmuskel (Musculus iliacus) (Abbildung 26, Nr. 4)

– Gesäßmuskel (Musculus glutaeus) (Abbildung 27, Nr. 4)

2.1.2.2 Die Beine

Mit dem Beckenknochen verbunden sind Beine. Das menschliche Bein lässt sich dabei in

drei Bereiche unterteilen:

– Oberschenkel

– Unterschenkel

– Fuß

Der Oberschenkel, mit dem Oberschenkelknochen (Femur) (Abbildung 28, Nr. 3), schließt

als einziger Knochen der Beine direkt an den Rumpf des menschlichen Körpers an. Diese

22

Abbildung 26: Muskulatur der Hüfte A Abbildung 27: Muskulatur der Hüfte B

Verbindung erfolgt durch den Oberschenkelhals (Collum femoris). (Abbildung 28, Nr. 2)

Am unteren (distalen) Ende des Oberschenkelknochens finden sich die beiden

Gelenkknorren/Gelenkfortsätze (Condylus) Condylus medialis und Condylus lateralis

welche im Kniegelenk münden. (Abbildung 28, Nr. 1)

Wie bereits erwähnt, mündet der Oberschenkelhals im Beckengürtel bzw. in der Hüfte.

Diese Verbindung von Oberschenkelhals und Hüfte bildet das Hüftgelenk (Articulatio

coxae). Dabei greift der Oberschenkelhals in die Hüftgelenkspfanne (Acetabulum) des

Beckens. Mittels der Gelenkkapsel wird der Oberschenkelhals mit der Hüftgelenkspfanne

stabilisiert und verbunden. Für eine weitere Stabilisierung des Hüftgelenks sind die

Bänder der Hüftregion verantwortlich. Das diese ebenfalls für die Arbeit von Bedeutung

sind, werden sie nicht weiter erläutert.

Anders verhält es sich mit den Muskeln des Hüftgelenks. Diese sorgen ebenfalls für eine

Stabilisierung aber auch für die Beweglichkeit des Oberschenkels. Relevantesten

Oberschenkelmuskeln sind:

– Adduktoren (Musculus adductor) – Verantwortlich für die Verbindung mit dem

Hüftgelenk (Abbildung 29, Nr. 10, 12-14)

– Schenkelmuskeln (Musculus vastus) (Abbildung 30, Nr. 5, 7, sowie unterhalb

Nr. 10)

– gerader Muskel des Oberschenkels (Musculus rectus femoris) (Abbildung 30,

Nr. 1)

– Schenkelbeuger (Musculus biceps femoris) (Abbildung 31, Nr. 1, 2)

– Halbsehnenmuskel (Musculus semitendinosus) Abbildung 31, Nr. 4)

23

Abbildung 28: Oberschenkelknochen

Der Oberschenkel mündet an seinem unteren Ende in das Kniegelenk (Articulatio genus),

welches die Verbindung zwischen Oberschenkel und Unterschenkel des menschlichen

Beines darstellt.

Der knöcherne Gelenkkörper des Kniegelenks wird im Prinzip vom unter Ende des

Oberschenkelknochen, dem oberen Ende des Schienbein (Tibia) und der Kniescheibe

(Patella) gebildet. Um eine Bewegung zu ermöglichen, werden diese Knochen mit

mehreren Bändern verbunden, welche jedoch für diese Arbeit nicht von weiterer

Bedeutung sind.

Das Kniegelenk weißt keine eigenen Muskeln auf. Vielmehr verlaufen Muskelstränge des

Oberschenkel als auch des Unterschenkel über das Kniegelenk. Das Kniegelenk dient

somit nur dazu, Ober- und Unterschenkel beweglich miteinander zu verbinden.

Die nun folgende Ausführung zu den noch fehlenden Körperteilen, Unterschenkel und

24

Abbildung 29: Oberschenkelmuskulatur A

Abbildung 30: Oberschenkelmuskulatur B

Abbildung 31: Oberschenkelmuskulatur C

Fuß, stellt nur noch einen Grundriss ihres Aufbaus dar. Dieser Bereich des menschlichen

Körpers wird bei der Haltung der Gitarre nicht bzw. kaum beansprucht und ist im

weiteren nicht für diese Arbeit relevant.

An das Kniegelenk anschließend finden wir den Unterschenkel (Crus). Dieser wird von

zwei Kochen (ähnlich dem Unterarm) gebildet, dem Schienbein (Tibia) und dem

Wadenbein (Fibula). Das obere Ende des Schienbeins (proximales Ende) schließt an das

Kniegelenk an. Die Verbindung erfolgt durch zwei knöchernen Erhebungen, dem

Condylus medialis und dem Condylus lateralis. Am unter Ende (distalen Ende) mündet

das Schienbein in das obere Sprunggelenk (Articulatio talocruralis).

Auch beim Wadenbein haben wir ein proximales Ende (Caput fibulae) welches das

Kniegelenk mit bildet, sowie ein distales Ende (Malleolus lateralis) welches mit seiner

Innenseite im oberen Sprunggelenk endet.

Bei den Muskeln des Unterschenkels wird in die vordere Unterschenkelmuskeln sowie

den hinteren Unterschenkelmuskeln unterschieden. Diese beiden Muskelgruppen sind

durch die zwischen Schien- und Wadenbein verlaufenden Membrana interossea

getrennt.

Die Knochen und Muskeln des Unterschenkel enden mit ihren distalen Enden im

Sprunggelenk (Articulatio pedis), welches sich in ein oberes Sprunggelenk (Articuluatio

talocruralis) und ein unteres Sprunggelenk (Articulatio talotarsalis) unterteilt. Der

knöcherne Aufbau des oberen Sprunggelenks wird von der Malleolengabel, den distalen

Enden von Schien- und Wadenbein sowie dem Sprungbein (Talus) gebildet. Die Enden

der Unterschenkelknochen,sowie der Beginn des Sprungbeins sind mit einer Gelenkkapsel

überzogen und werden mit Bändern beweglich fixiert. Das untere Sprunggelenk wird in

das vordere untere und das hintere untere Sprunggelenk unterteilt.

Ähnlich wie beim Aufbau der Hand sind auch ein den Füßen des menschlichen Körpers

diverse Sehnenscheiden zu finden.

25

2.1.3 Das Nervensystem des menschlichen Körpers

Das Gehirn und Rückenmark bilden das sogenannte Zentralnervensystem (Systema

nervosum centrale). In diesem Bereich des Nervensystems ist der Großteil der,

schätzungsweise 25-100 Milliarden, Nervenzellen angesiedelt. Aus diesem

Zentralnervensystem reichen lange Nervenstränge bis in die äußersten Extremitäten und

verbinden diese somit mit den Zentralnervensystem. Diese Stränge werden

zusammengefasst als peripheres Nervensystem (System nervousm periphericum)

bezeichnet.

Dabei gilt es zwei unterschiedliche Nervenarten zu unterscheiden:

– somatische Nervensystem

– vegetative Nervensystem

Das somatische Nervensystem:

Das somatische Nervensystem dient dazu, dass der Mensch seine Umwelt wahrnimmt

und zur bewussten Steuerung deiner Extremitäten. Die Aufgaben dieses Nervensystems

liegen in der Wahrnehmung der Umgebung (Fühlen, Riechen, etc.) und aufgrund der

Möglichkeit der bewussten Steuerung für motorische Bewegungen (Greifen, Bewegungen

etc.)

Das vegetative oder auch autonome Nervensystem:

Dieses Nervensystem dient dazu die körperlichen Grundfunktionen aufrecht zu erhalten.

Das vegetative Nervensystem steuert Funktionen wie Atmung, Kreislauf, Verdauung,

Stoffwechsel und Körpertemperatur, ohne dass dazu eine bewusste und „willentliche“

Steuerung von Nöten wäre.

Sosehr sich die Aufgaben der beiden Nervensysteme auch unterscheiden sind beide

Nervensysteme nicht voneinander abgeschirmt, sondern vielfach vernetzt. Dabei können

in einem Nervenstrang somatische als auch vegetative Nervenzellen vorhanden sein.5

Aufgrund dieser starken Vernetzung, und der schieren Größe des menschlichen

Nervensystems, nehme ich Abstand davon das Nervensystem in dieser Arbeit in seiner

5 Klöppel, Renate: Das Gesundheitsbuch für Musiker, Anatomie, berufsspezifische Erkrankungen,

Prävention und Therapie. 2. Auflage, Kassel 2003, S.178.

26

Gänze detailliert zu erläutern. Nichts desto Trotz spielt das zentrale, als auch das

periphere, Nervensystem, im Bereich der Spieltechnik als auch den möglichen

körperlichen Irritationen, eine wichtige Rolle.

Näher betrachten möchte ich in dieser Arbeit nur die Nervenbahnen der Arme und

Hände. Ausschlaggebend dafür ist, dass beim Gitarrenspiel die Nervenbahnen der Ober-

und Unterarme besonders Häufig von Erkrankungen und Dysfunktionen betroffen sind.

Dabei liegt der Fokus auf den somatischen Nerven.

Im Bereich des Schultergürtel finden wir die ersten für diese Arbeit relevanten

Nervenbahnen. Diese Nervenbahnen, kommend aus dem Zentralnervensystem, setzen

sich bis in die Fingerspitzen der Hand fort und verbinden somit die äußeren Extremitäten

der Hände mit dem restlichen Nervensystem und dem Gehirn. Die für diese Arbeit

relevanten Nerven sind:

– Speichennerv (Nervus radialis)

– Mittelarmnerv (Nervus medianus)

– Ellennerv (Nervus ulnaris)

Diese Nerven setzen sich bis zur Hand fort und enden, nach mehrmaliger Teilung, in den

Fingerspitzen.

27

2.2 Form und Abmessungen des Instrumententyps von Torres und die dafür von

Tarrega entwickelten Spielhaltung

2.2.1 Neuerungen in Korpusform und Mensur – instrumentenbauliche Veränderungen

durch Antonio Torres

Der grundlegende Impuls einer gezielten Weiterentwicklung der Spielhaltung der

klassischen Gitarre erfolgte nicht durch einen Gitarristen, sondern ging vom

Instrumentenbaus aus. Die Wiege, der heutigen Form der klassischen Gitarre, steht in

Spanien, in der Region der heute autonomen Region Andalusien. Dies lässt sich so genau

bestimmen, da dieser neue Instrumententypus im wesentlichen auf einen Gitarrenbauer

zurückzuführen ist – Antonio de Padua Pedro Cayetano de Torres Jurado. Dieser am 13.

Juni 1817 in Almeria (Spanien) geborene, gelernte Tischler, revolutionierte die Form der

klassischen Gitarre. Die beiden wichtigsten Änderungen, welche für die Spielhaltung

ausschlaggebend sind, führte Torres im Bereich der Korpusgröße, Korpusform und der

Mensur ein.

Die erste erhaltene Gitarre des neuen Modells von Torres stammt aus seiner ersten

Schaffensperiode (1852-1869) in Sevilla und wird mit der Jahreszahl 1854 auf dem Zettel

(in der Gitarre auf Höhe des Schalllochs angebracht, auf welchem die

Instrumenteninformationen wie Erbauer, Seriennummer etc. vermerkt sind) datiert. Da

Torres die Gitarren seiner ersten Schaffensperiode nicht nummerierte, kann davon

ausgegangen werden dass es möglicherweise noch Vorläufermodelle gab. Diese sind

entweder nicht mehr erhalten oder noch nicht katalogisiert bzw. entdeckt worden.6

Als Referenzgitarre, im Bezug auf die Abmessungen einer modernen Konzertgitarre,

möchte ich jedoch nicht diese erste (erhaltene) Gitarre des neuen Torres-Modells

verwenden, sondern die im Katalog von José L. Romanillos als FE04 bezeichnete Gitarre –

La Leona. Ausschlaggebend dafür ist die Tatsache, dass diese Gitarre das am häufigsten

kopierte Instrument im Bereich des Gitarrenbaus darstellt. Auch heute noch dient diese

Gitarre vielen Gitarrenbauer als Konstruktionsgrundlage. Mit dieser Gitarre etablierte sich

Torres als Gitarrenbauer und erregte die Aufmerksamkeit der damaligen ersten Riege der

Gitarristen in Spanien. Dies geht aus einem Briefwechsel zwischen dem Priester und

Torres Weggefährten Juan Marinez Sirvent an den Torres-Nachfahren Sr. D. Francisco

6 Romanillos, José L.: Antonio de Torres. Ein Gitarrenbauer – Sein Leben und Werk, Frankfurt a. Main 1990, S. 210.

28

Rodriguez Torres vom 29.01.1931 hervor. Sirvent schreibt dort:

„…obwohl er Gitarren zum Verkauf (über den Ladentisch) baute, begann er auch,

mit großer Sorgfalt, ein überragendes Instrument [...]zu bauen. Er nannte sie „La

Leona“ und Arcas bezeichnete sie als seine Traumgitarre für seine Konzerte. […]

Während seiner Zeit in La Canada wurde er von den bedeutendsten

spanischen Künstlern seines Berufs besucht: den Arcas, Don Julian, Don José und

Don Estanislao, Senior Tarrega, Paco Lucena und von einem Sextett von

Saiteninstrumentenspielern aus dem Königreich Valencia und anderen, die,

obwohl sie keine konzertierenden Künstler waren, Freunde und Bewunderer des

unvergleichlichen, geliebten und unvergessenen Freundes Don Antonio Torres

waren. […] Er bekam Bestellungen für Gitarren aus Südamerika, dem Norden

Frankreichs usw. usw.“ 7

Worin unterscheidet sich diese neue Gitarre von der bis dahin verwendeten

romantischen Gitarre. Einem Instrument, welches in seiner Grundbeschaffenheit dem

Torres-Modell ähnlich ist. Die erste Änderung, welche selbst für den Nichtgitarristen

sichtbar ist, ist die Vergrößerung der Korpusabmessungen und dabei vor allem die

Zunahme der Deckenfläche (Plantilla). In den folgenden Tabelle (Tabelle 1:

Abmessungsunterschiede) wird die Torres Referenzgitarre einem gängigen Modell der

romantischen Gitarre des Pariser Gitarrenbauers René Francois Lacote (1785-1868) sowie

einer Gitarre heutiger Bauweise (Stefan Zander, erbaut 2013) gegenübergestellt.

Grundlage dafür sind die Vermessungen des spanischen Gitarrenbauer Romanillos.8 Um

die Deckenfläche vergleichen zu können entwickelte Romanillos, in Zusammenarbeit mit

John Mack, eine Formel zur Berechnung der Deckenfläche. (Abbildung 32)

„Die Deckenfläche – die Größe der Plantilla – wird wie folgt berechnet: Die

Korpuslänge (KL) wird mit der Summe der Breiten des Oberbugs (OB), der Taille

(T) und des Unterbugs (UB) multipliziert und das Ergebnis durch 3 dividiert. Die so

gewonnene Zahl wird schließlich noch mit 0,96 multipliziert. Das Ergebnis ist die

Deckenfläche mit einer Ungenauigkeitsgrößenordnung von 1,6%.“9

7 Ebenda, S. 32.8 Ebenda, S. 251.9 Ebenda, S. 251.

29

Diese Formel zur Berechnung verwendete ich dann auch zur Berechnung der

Deckenfläche des Modells von Zander.

R. Lacote –Modell (ca.

1830)

Änderung inmm/%

A. Torres –Modell (1856)

Änderung inmm/%

S. Zander –Modell

2013

Oberbug 218 +45/+21% 263 15/5,7% 278

Taille 168 +61/+36% 229 +5/+2,2% 234

Unterbug 294 +49/+17% 343 +25/+7,3% 368

Deckenlänge 436 28/+6,5% 464 +25/+5,4% 489

Deckenfläche 949 +291/+31% 1240 +137/+11% 1377

Tabelle 1: Abmessungsunterschiede

Eine zweite bauliche Veränderung, welche Einfluss auf die Haltung des Instrumentes hat,

ist die Tiefe des Korpus. In der nachstehenden Tabelle 2 vergleiche ich wiederum die

Daten der drei oben genannten Gitarrenmodelle. Wiederum greife ich auf die

Abmessungen von Romanillos für die Modelle von Lacote und Torres zurück. Die Maße

des Zander-Modells stammen wieder von mir.

R. Lacote Änderung in mm/%

A. Torres Änderung inmm/%

S. Zander

Höhe Hals 76 +15/+20% 91 +4/+4,4% 95

Höhe Taille 80 +14/+18% 94 +5/+5,3% 99

Höhe Klotz 83 +14/+17% 97 +9/+9,3% 106

Tabelle 2: Instrumententiefe

Deutlich zeigt sich, dass der neue Typus der Torres-Gitarre deutlich größer in seinen

Abmessungen wird. Dabei ist zu erkennen, dass die Zunahme der Fläche von Decke und

Boden mehr als 30% beträgt. (Tabelle 1) Gleichzeitig erhöht sich das Volumen des Korpus

aufgrund einer durchschnittlichen Vergrößerung der Zarge (Zarge = Verbindung von

30

Abbildung 32: Formel zur Berechnung der Deckenfläche

Boden und Decke welche die Tiefe des Korpus eines Instrumentes definiert) um 18%.

(Tabelle 2) Dies stellt eine deutliche Vergrößerung der Korpusabmessungen im Vergleich

zu den bis Dato verwendeten Gitarren dar. Auf der anderen Seite kann man klar

erkennen, dass sich in den letzten 150 Jahren die Korpusabmessungen in einem viel

geringeren Maß verändert haben. (Tabelle 1 und 2)

Die dritte bauliche Veränderung fand im Bereich der Mensur (Länge der frei

schwingenden Saite zwischen Sattel und Steg) statt. Genauer betrachtet ist hierbei die

Veränderung der Länge des Griffbrettes interessant. So weist eine romantische Gitarre

meist eine Mensur von ca. 62-62,5cm auf.10 Bei Torres finden wir dagegen eine Mensur,

welche in der Regel in einem Bereich von 65cm liegt. Dabei ist zu beachten, dass auch

Torres bei seinen ersten 15 noch erhaltenen Gitarren mit der Mensurlänge experimentierte

und sich daher Abweichungen von der späteren Norm finden lassen. Ab seiner zweiten

Schaffensphase (1875-1892) finden sich deutlich weniger Gitarren mit einer Abweichung

von diesem neuen Standard.11 Das Referenzinstrument dieser Arbeit weißt eine

Mensurlänge von 64,9cm auf.12 Die von Torres eingeführte Mensurlänge von 65cm ist

heute sogar Fertigungsstandard der Musikinstrumentenindustrie für eine Gitarre der

Größe 4/4, wodurch die instrumentalen Voraussetzungen für die Spieler nahezu gleich

geblieben sind.13 Dies kann als Grund dafür gesehen werden, dass sich die grundlegende

Spielhaltung der klassischen Gitarre seit Tarrega (Kapitel 2.2.2) nicht mehr gravierend

geändert hat.

2.2.2 Francisco Tárrega – Neuerer der Spielhaltung und Gitarrentechnik

Francisco de Asis Tárrega y Eixea wurde am 21.November 1852 in Villareal de los

Insfantes im Bezirk Castellon geboren und verstarb am 15. Dezember 1909 in Barcelona in

der Region Katalonien. Er wird als Entwickler der heutigen Spielhaltung und Spieltechnik

der klassischen Gitarre betrachtet und ist einer der prägendsten Pädagogen seiner Zeit.

Wolf Moser schreibt dazu in seinem Vorwort zur Tárrega-Biografie:

„Francisco Tárrega – dessen Namen hatte Europa bis zum Jahre 1909 vereinzelt

10 Michel, Andreas (Hg.): Gitarren Sammlung Weißgerber, Leipzig 2007, S. 71.11 Romanillos: Antonio de Torres, S. 210ff.12 Ebenda: S. 213.13 Koch, Michael: Ratgeber Gitarrenkauf. Teil 1, Körpergröße Gitarrengröße, Mainz 2016, S. 1.

31

gehört und gelegentlich beklatscht, vernommen hatte es ihn nicht. In Spanien, das

in einer früheren Epoche dem Virtuosen gehuldigt hat, kennt zu diesem Zeitpunkt

einzig die engere Heimat an der Mittelmeerküste den Gitarrenmusiker […] Gleich

nach seinem Tode hatten ihn Schüler und Bewunderer vor der Musikwelt zum

universellen Genie der Gitarre ausgerufen. Auf diese Weise wurde Tárrega

während der ersten zwei Drittel unseres Jahrhunderts bereits zu den Klassikern des

Instruments gezählt, und er war Klassiker auch in dem Sinne, daß kaum irgendein

Gitarrist seine Verdienste bezweifelte, obschon die wenigsten klare Vorstellungen

hatten, worin sie bestanden.“14

Was aber ist die Ausgangssituation für Tárrega im Spanien des ausgehenden 19.

Jahrhunderts? Auf welche gitarristische Schule und welche Lehrwerke stützt sich seine

erste Ausbildung als Kind und Jugendlicher?

Den ersten nachweislichen Unterricht in Gitarre erhält Tárrega von Manuel Gonzáles,

einem blinden, regional bekannten, Straßenmusiker. Dieser erste Unterricht erfolgte 1860,

also im Alter von 8 Jahren. Schon zwei Jahre später, im Februar oder März 1862, bietet sich

für Tárrega die Möglichkeit Julián Arcas (Gitarrist, Komponist und Lehrer geb. 25.

Oktober 1832 in Almaira, gest. 16. Februar 1882 in Antequera) in einem Konzert zu hören.

Im Anschluss an dieses Konzert in Castellón erhält der junge Tárrega die Möglichkeit

Arcas vorzuspielen. Arcas erklärt sich bereit, den 10-jähringen Tárrega als Schüler

aufzunehmen. Daraufhin wird Tárrega zu Arcas nach Barcelona geschickt, wo er nach

kurzer Zeit ausreißt und sich als Gitarrist in Barcelona durchschlägt. Als ihn sein Vater

wieder findet, muss Tárrega nach Hause zurückkehren und erhält von nun an Unterricht

am Klavier bei Eugenio Ruiz (örtlicher Musiker und Musikpädagoge).15

Seine abschließende Musikausbildung findet am königlichen Konservatorium in Madrid

statt. Dort besucht Tárrega ab 1874 Kurse in Solfegio (bei José Gainza), etwas später wird

dies mit einer Ausbildung als Pianist sowie mit Unterricht in Harmonielehre (beides bei

Rafael Hernando) ergänzt. Seine Ausbildung am Konservatorium endet 1878. Als Lehrer

tritt Tárrega in Madrid ab 1877 in Erscheinung. Ab diesem Jahr ist verbürgt, dass Tárrega

14 Moser, Wolf: Francisco Tarrega. Werden und Wirkung. Die Gitarre in Spanien zwischen 1830 und 1960, Charly 1996, S. 9.

15 Ebenda, S. 15.

32

in der Calle Jésus y María 27 lebt und Gitarrenunterricht gab.16

Auf welchem gitarristischen Wissen der Unterricht des jungen Tárrega aufbaut ist nicht

überliefert. Anzunehmen ist jedoch, dass seine Lehrer vor allem nach den Vorgaben der

beiden prägendsten Gitarrenpädagogen des ausgehenden 18. bzw. beginnenden 19.

Jahrhunderts, Fernando Sor (1778 Barcelona - 1839 Paris) sowie Dionisio Aguado (1784

Madrid - 1849 Madrid), unterrichteten. Die beiden in Spanien geborenen Gitarristen

haben sich aller Voraussicht 1801 in Madrid erstmalig getroffen.17 Beide kehrten Spanien

den Rücken um im Ausland ihre Studien weiter voranzutreiben und als Lehrer tätig zu

sein. Sor, ebenso Aguado, lassen sich in Paris nieder, der Stadt neben Wien, welche als

Hochburg der damaligen Gitarristenszene galt. Beide veröffentlichten vielbeachtete

Gitarrenschulen. Den Anfang macht Aguado 1825 mit seiner „Método par guitarre“ in

Madrid. Sor folgte fünf Jahre später (1830) mit seiner „Methode pour la Guitarre“.18

Aguado ergänzte seine pädagogischen Publikationen 1834 mit einer revidierten

Neuauflage seiner „Methodo par guitarre“ unter dem Titel „Nuevo Methodo par

guitarre“19

Beide Schulen etablierten eine grundlegende Haltungsvorstellung der Gitarre und

plädierten für eine steilere Haltung (im Bereich des Hochachsenwinkels), sowie die

Befreiung der linken Hand (Greifhand) von Fixierungsaufgaben. Das Problem welches

beide Gitarristen beim Finden einer passenden Haltung hatten war, dass sich das

Instrument nicht ohne Hilfsmittel in einem passendem Winkel zum Körper positionieren

ließ. Dies führte dazu, dass Sor eine Tischkante zur Hilfe nahm.20 (Abbildung 33) Aguado

ging mit seinem Tripodium sogar noch einen Schritt weiter. Er entwickelte ein eigenes

Stativ, welches die Gitarre aufnimmt und somit das Instrument frei zum Körper des

Instrumentalisten positioniert werden kann, ohne auf körperliche Voraussetzungen

Rücksicht nehmen zu müssen. (Abbildung 34)

16 Ebenda, S. 17.17 Ebenda, S. 215.18 Ragossnig, Konrad: Handbuch der Gitarre und Laute, Mainz 1978, S. 78f.19 Moser, Wolf: Ich, Fernando Sor. Versuch einer Autobiographie und gitarristische Schriften, 2. Auflage, Lyon 2005,

S. 180.20 Ebenda: S.45.

33

Als Tárrega seine gitarristische Laufbahn begann, waren grundlegende Neuerungen in der

Haltung zwar bereits auf den Weg gebracht, diese aber aufgrund der Formgebung und

Größe des Instruments wenig praktikabel. Schon Aguado weist zwar in seiner „Método

par guitarre“ darauf hin, dass man bei Fehlen eines Tripodiums (Stativ) am besten eine

Fußbank zur Positionierung der Gitarre verwendet. Die Haltung mit Fußbank stell die

einzige Alternative zum Stativ in den Augen Aguados dar.21

Und hier unterstützt das neu entstandene Gitarrenmodell von Torres die Entwicklung im

Bereich der Haltung des Instrumentes. Die größere Dimensionierung der Decke wird

hauptsächlich durch eine Verbreiterung im Bereich des Unter- und Oberbus erreicht.

Dadurch ist es ist nun möglich mit einem moderat erhöhten linke Bein die Gitarre auf dem

linken Oberschenkel abzulegen, und sie trotzdem so zu positionieren, dass der Hals der

Gitarre in einem Winkel nach oben zeigt. Es entstand die sogenannte Schulhaltung nach

Tárrega. (Abbildung 35)

21 Aguado, Dionisio, Methodo para guitarre, Madrid 1843, S. 14.

34

Abbildung 33: Schulhaltung nach Sor, mit Tischkante als Haltungshilfe

Abbildung 34: Haltung Aguados mit der Verwendung des Tripodium

Dies ermöglicht erst die grundlegenden Erneuerung, Vertiefungen und Verknüpfung von

spieltechnischen Ansätzen von Sor und Aguado zu dem, was wir heute als Schulhaltung

bezeichnen. Tárrega gelingt, in Verbindung mit dem neuen Gitarrentyp, die Schaffung

einer einheitlichen Haltungsgrundlage, wie man sie zu der Zeit noch nicht kannte.

Konrad Ragossnig schreibt dazu:

„Das Schaffen und Wirken Francisco Tárregas (1852-1909) bedeutet einen Markstein

für die Entwicklung der Gitarrentechnik. Als der profilierteste Gitarrist und Lehrer

seiner Epoche wird er zum Begründer einer neuen Schule, deren verfeinerte

Technik die Kunstfertigkeit von Sor […] weiterentwickelt und über diese

hinausführt. In mühevoller Kleinarbeit hat er mit seinen Kompositionen und

didaktischen Werken Richtlinien geschaffen, die heute noch Gültigkeit haben, wie

der Apoyando-Anschlag und die Stellung der Anschlagfinger zu den Saiten. Das

Auflegen des Instruments auf den linken Oberschenkel wird seit Tárrega zur

35

Abbildung 35: Tárrega in Schulhaltung mit Fußbank

Standardhaltung, als Folge des von Antonio de Torres Jurado neu geschaffenen

größeren Gitarrentypus, der zum Vorbild für den modernen Instrumentenbau

wird.“22

Die Neuerungen der Haltung und Spieltechnik Tárregas, wie sie der Tárregaschüler Pujol

in seiner Schule zusammenfasst, nochmals im Überblick:23

– Erhöhung des linken Beines durch die Fußbank

– Auflegen der Gitarre mit der Tailleeinbuchtung auf dem linken Oberschenkel

– Der Unterbug der Gitarre wandert zwischen die Beine in unterschied zu Sor

und ,Aguado wo dieser noch rechts vom rechten Oberschenkel ist (Abbildungen

33 und 34)

– Eine leicht schräge Haltung der Gitarre, mit dem Gitarrenkopf als höchstem

Punkt im Bereich der linken Schulter (steilerer Hochachsenwinkel)

– Unterarm der Zupfhand, was der rechten Hand des Gitarristen (bei

Rechtshändern) entspricht, liegt kurz vor dem Ellenbogengelenk auf dem

Übergang der Decke zur Zarge auf

– Fixierung des Instrumentes an nur vier Punkten am Körper – rechter und linker

Oberschenkel, Brustbein sowie rechter Unterarm

– Handfläche der Zupfhand ruht über dem Schallloch des Instrumentes mit

vertikal zu den Saiten ausgerichteten Fingern (durch abwinkeln der Hand im

Handwurzelgelenk und gedrehtem Handgelenk)

– Hängen lassen des Greifarmes – kein grundlegendes Abspreizen des Oberarmes

vom Oberkörper

– Der Daumen verschwindet endgültig hinter dem Gitarrenhals und wird nur

noch zur Fixierung und Positionierung der Greifhand verwendet – kein Greifen

von Saiten oder Halten der Gitarre

– Anschlag der Saiten mit Daumen sowie Zeige-, Mittel- und Ringfinger –

appoynado/angelegt (der Finger kommt nach dem anzupfen auf der nächst

tieferliegenden Saite zur Ruhe) als auch tirando/frei (der Finger kommt nach

22 Ragossnig: Handbuch der Gitarre und Laute, S. 84.23 Pujol, Emilio: Theoretisch Praktische Gitarrenschule in 4 Bänden, Band 1, München 1981, S. 53.

36

dem anzupfen nicht auf der benachbarten Saite zur Ruhe, sonder bewegt sich in

Richtung der Handinnenfläche)

All diese Punkte bilden die Grundlage auf welche sich die Haltung und Spieltechnik der

modernen Konzertgitarre stützt. Manches kann wohl direkt Tárrega zugeschrieben

werden, manches ist eine Weiterentwicklung oder Adaption der bereits vorhandenen

Spielkultur. Einige Einflüsse wurden wohl stillschweigend von Zeitgenossen

übernommen und in die Spielhaltung Tárregas implementiert. Es ist nicht alles, was die

Haltung des Instruments sowie die Spieltechnik von Tárrega ausmacht, auch von ihm

entwickelt oder gar erfunden worden. Mit Sicherheit kann man aber sagen, dass Tárrega

all diese Entwicklungen zusammenführte und erstmals in einer eigenständigen

Spielhaltung und Instrumentaltechnik vereinte. Somit gilt Tárrega in vielen Augen zu

Recht als Begründer der heutigen Schulhaltung und Spieltechnik der klassischen Gitarre.

2.3 Auftretende Körperirritationen durch die „Schulhaltung“ 2.3.1 körperliche und instrumentale Haltungsvoraussetzungen nach Ekard Lind

Auch wenn die grundlegende Haltung, und die damit einhergehende Spieltechnik, seit

Tárrega schon lange besteht, ist ihre Gültigkeit noch immer gegeben. Jedoch haben sich im

laufe der letzten Jahre gewisse Änderungen in den Bereichen der Haltung, und der daraus

resultierenden Spielhaltung, entwickelt. Diese Änderungen haben meist ihren Ursprung in

den Körperirritationen, welche die sogenannte „Schul- oder auch Tárregahaltung“

hervorrufen kann. Bevor wir jedoch in dieser Arbeit unser Augenmerk auf diesen Aspekt

der Haltungsentwicklung legen, wird in folgenden Kapitel näher erörtert was derzeit als

Voraussetzung für eine Körperschonende Haltung angesehen wird. Das Hauptaugenmerk

wird hierbei auf folgender Fragestellung liegen:

Wie kann eine gute bzw. gesunde Haltung aussehen, und wie lässt sich diese in der

Praxis realisieren?

Erst grundlegende Forschungen zu diesem Thema betrieb Ekard Lind bereits zu beginn

der 80er Jahre des vergangenen Jahrhunderts. Seine Ergebnisse publizierte er 1984 unter

dem Titel „Die Haltung des Gitarristen“. Diese fundamentalen Überlegungen und

37

wissenschaftlichen Analysen der Haltung haben noch heute einen großen Einfluss darauf

wie wir Haltungsweiterentwicklungen betrachten, betreiben und auch bewerten. So

finden die Forschungsergebnisse von Lind Eingang in die Technikkompendien von

Thomas Offermann (Moderne Gitarrentechnik, 2015) als auch Ivar Ibanez (Klassische

Gitarre und körpergerechte Haltung, 2015). Die Problemstellungen bzw. der

Ausgangspunkt für seine Forschungen bildete die Überlegung Linds, warum die

Schulhaltung ab Tárrega bis in die 70er des vergangenen Jahrhunderts nicht überdacht

oder weiterentwickelt wurden. Sie wurde nahezu unverändert weitergegeben. Lind

schreibt dazu:

„Bedenkt man, welche Anstrengungen in den letzten Jahren unternommen wurden,

um auf unseren Körper einwirkende Belastungen in der Arbeit und im täglichen

Leben zu entschärfen, so müßte man sich fragen, weshalb auf dem Gebiet der

Musikausübung wenig Vergleichbares zu erkennen ist. Liegt es daran, daß

hierzu keine Notwendigkeit zu bestehen scheint, weil nämlich die Körperhaltung

am Instrument über Generationen hinweg heute einen nicht mehr zu verbessernden

Stand erreicht hätte? Liegt es daran, daß man Verbesserungen entweder für

unmöglich oder in keinem gesunden Verhältnis zum hierzu nötigen Aufwand

stehend hält? Oder sieht man vielleicht – aus welchen Gründen auch immer – in

anderen als den augenblicklich praktizierten Haltungen eine Verletzung der

Tradition?“24

Diese Fragestellung eröffnet einen neuen Blickwinkel auf die Haltung der Gitarre ab

Tárrega. Waren Musiker und Musikpädagogen vor der romantischen Periode immer auf

der Suche nach Neuerungen, Änderungen und Anpassungen der instrumentalen Haltung

und Spielweise. So nahm dies in der Romantik spätestens aber zu beginn des 20.

Jahrhunderts ab. Der stetige Drang die Entwicklung am Instrument voranzutreiben nahm

rapide ab. Vielfach dürfte die Entwicklung der Spieltechnik, und der

instrumentenbaulichen Möglichkeiten, als abgeschlossen betrachtet worden sein. Auch im

weiteren Verlauf der Geschichte der Gitarre wurde an der Weitergabe dieses tradierten

Wissens durch die Galionsfiguren der Zwischen- und Nachkriegszeit (zum Beispiel

24 Lind, Ekard: Die Haltung des Gitarristen, Salzburg 1984, S.5.

38

Miguel Llobet und Andres Segovia) festgehalten. Auch wenn diese den Weg für eine

universitäre Ausbildung für das Gitarrenspiel ebneten, fand keine Forschung im Bereich

der Haltung oder eine grundlegende Weiterentwicklung der Technik statt. Erst mit der

darauf folgenden Generation von Lehrenden an den Universitäten finden wir ein

Umdenken in diesem Bereich. Es wird ab diesem Zeitpunkt intensiver nach

Verbesserungen und Änderungen in den Bereichen der Positionierung des Instrumentes,

als auch der instrumentalen Spieltechnik gesucht. Das Wissen wurde nicht mehr nur

weitergegeben, sondern bewusst reflektiert und auch kritisch analysiert. Auch erfolgte der

Blick über den Tellerrand zu anderen wissenschaftliche Disziplinen. Instrumentalspiel

und deren Technik wurde nicht mehr losgelöst von physiologischen oder auch

psychologischen Gesichtspunkten betrachtet.25

Lind schreibt dazu im Vorwort zu seinem Werk „Die Haltung des Gitarristen“:

„Bevor wir uns jedoch mit der Geschichte der Gitarrenhaltung beschäftigen,

müssen zum besseren Verständnis der umfassenden Problematik einige aus der

allgemeinen Lehre von Haltung und Bewegung stammende Phänomene

angedeutet werden: Ebenso wie Handschrift oder Sprache so sind auch Haltung

und Bewegungen Ausdruck des Individuellen (denken wir nur an den, wie wir

sagen, „Typischen Gang“, an Gestik oder Mimik). Darüber hinaus spiegelt sich

auch die augenblickliche körperlich seelische Verfassung des Einzelnen in seiner

Haltung und Bewegung wider. […] Man hat diese Zusammenhänge lange – unter

dem Einfluß der Reflexlehre – kausal, das heißt, als Aktion und Reaktion gesehen,

bis man erkannte, daß sich Organismus und Umwelt gegenseitig und gleichzeitig

beeinflussen. […] Was hat die Gestalttheorie mit der Gitarrenhaltung zu tun? Nun,

sie trifft den Kern der instrumentalen Haltungsproblematik, denn das

instrumentale Spiel ist ebenfalls ein funktioneller Kreisprozeß. Die eine

Wirkungsrichtung, nämlich die der Musik auf unser Ohr und damit auf unsere

Psyche ist bekannt und bedarf daher keines besonderen Hinweises. Was jedoch zu

wenig betrachtet wird, ist der Wirkungskreis, der die Haltung zum Ausgangspunkt

hat. Hier müßte man entsprechend erkennen, daß Haltung und Bewegung

ihrerseits die Funktionen, in unserem Fall das Gitarrenspiel, beeinflussen, und zwar

25 Ebenda, S. 5.

39

nicht nur im rein technischer Hinsicht. Je freier der motorisch-manuelle

Umsetzungsprozeß geschehen kann, desto freier ist der Spieler für seine eigentliche

Zielsetzung, das Musizieren“26

Ziel der Überlegungen und Forschungen von Lind ist die Entwicklung einer Idealhaltung

und von darauf aufbauende Modellhaltungen für die Gitarre. Dabei wird im ersten Schritt

ein theoretischer Idealentwurf (Idealhaltung) erarbeitet, ohne darauf zu achten ob dieser

am Instrument realisierbar ist. Diese Idealhaltung dient als Ausgangspunkt für die nun

folgende Suche nach Haltungsmodellen. Diese sollten dem Idealentwurf so nahe wie

möglich kommen. Diese Haltungsmodelle werden ohne Beachtung einer praktischen

Realisierbarkeit entwickelt. Ziel ist das Finden einer möglichst großen Anzahl von

Haltungsalternativen. Aus diesen Modellentwürfen leitet Lind dann haltungstechnische

„Prototypen“ ab, die in einem praxisbezogenen Test überprüft und betrachtet werden. Das

Ergebnis bringt praktisch durchführbare Lösungsvorschläge zur Haltung und

Positionierung der Gitarre.27

Eine Idealhaltung muss nach Lind dabei zwei grundlegende Parameter beachten:28

1. Konzeption im Hinblick auf Bequemlichkeit

a) Forderung nach minimaler Anstrengung

b) Forderung den Körper möglichst wenig der Schwerkraft auszusetzen

(aufrechte Haltung)

c) Beachtung der wichtigen Winke der Arme

– Abduktionswinkel = 45

– Armbeugewink =120°-130°

d) Möglichkeit der Gelöstheit und Bequemlichkeit trotz geringer Abweichung

von den Idealwerten

Einfluss der funktionellen Einstellung des Individuums auf die

Bequemlichkeit

2. Konzeption im Hinblick auf die Haltung des Instruments

26 Ebenda, S. 5.27 Ebenda, S. 33.28 Ebenda, S. 33.

40

a) Drang nach Stabilität und der damit verbundenen Suche nach Stützpunkten

b) asymmetrische Haltungen kommen der kurzzeitig bevorzugten

Muskelbelastung entgegen und werden daher vom Menschen naturgegeben

gesucht

c) der Wechsel von Haltungen wird vom Menschen naturgegeben gesucht

Aus diesen Punkten leitet Lind eine sogenannte „Modellhaltung“ ab.29 Dabei setzt sich die

von Lind entwickelten Modellhaltung aus drei Bereichen zusammen:

1. Musizierhaltung

2. Spielhaltung

3. Körperhaltung

Diese drei Eckpunkte bilden den Rahmen, in welchem sich der Instrumentalist bewegt.

Die Gewichtung ist von Musiker zu Musiker, aber auch von Situation zu Situation,

unterschiedlich. Lind unterscheidet bei der Modellhaltung drei Phasen oder Bereiche:30

1. Ausgangsphase – unterteilt in:

a) Körper

- aufrechte Körperhaltung

- entspannter Schulterbereich

- Abduktionswinkel der Arme: ca. 45°

b) Körper und Instrument

- geometrische Mittenangleichung

- Schalllochwinkel 35°-45°

- Zargentiefe

- Hochachsenwinkel des Instruments – 10°-20° nach rechts

- stabile Körper-Korpus-Verbindung: Stabilität

- Instrumentenverbundenheit: Konjunktion

2. Spiel- und Situationsphasen

- variable Mittenabstimmung

- variable Konjunktion

- dynamisch variable Stabilität

29 Ebenda, S. 35.30 Ebenda, S. 46.

41

3. aus Sicht der Musizierhaltung

- Höchstmöglicher Freiheitsgrad für den persönlichen Ausdruck

- Möglichkeit aller Dominanzkonstellationen innerhalb der drei

Aspekte Körper-, Spiel- und Musizierhaltung

Alle in dieser Arbeit weiter erklärten Haltungsentwicklung, den Problemen bei der

Haltung und deren Lösungsansätze beziehen sich auf diesen Kreisprozess der

Modellhaltung.

2.3.2 Körperirritationen und deren Ursachen sowie Ansätze zu deren Lösung

Jede Haltung beim Musizieren, und sei sie noch so körperbewusst, birgt die Gefahr von

Haltungsschäden und gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Oft ist das Problem bei

Haltungsschäden, dass das erste Auftreten von Symptomen nicht unmittelbar mit einer

Fehlhaltung einher geht. Das heißt, eine Haltung, die die körperlichen Voraussetzungen

und Rahmenbedingungen missachtet, oftmals erst Jahre oder sogar Jahrzehnte später zu

körperlichen Problemen und Erkrankungen führen kann. Daher haben die Lehrenden an

den Musikschulen und Universitäten eine besonders große Verantwortung, kontinuierlich

und frühzeitig bei der Ausbildung der jungen Instrumentalisten auf eine gesunde Haltung

zu achten. Im nun folgenden Teil gehe ich auf die am häufigsten auftretenden

Haltungsschäden bei Gitarristen mit einer Schulhaltung ein, immer unter

Berücksichtigung der jeweiligen Auslöser und möglichen Maßnahmen zum

Entgegenwirken.

2.3.2.1 Das Gitarrenkantensyndrom

Hierbei handelt es sich um eine der wenigen, nur Gitarristen betreffenden

Haltungsschäden. Beim Gitarrenkantensyndrom ist der Auslöser das Auflegen des rechten

Unterarms auf der Kante, welche Decke und Zarge verbindet.

„Die meisten „klassischen“ Gitarristen legen den rechten Unterarm auf die

Gitarrenkante, wobei die Auflagestelle individuell unterschiedlich ist, beim

42

Einzelnen aber häufig relativ konstant bleibt. An der Auflagestelle auf der Kante

kann nicht nur eine sichtbare Eindellung am Arm entstehen, sondern in der Folge

können auch Schmerzen und Beeinträchtigungen der Fingerbewegung auftreten.

Man spricht bei derartigen Beschwerden von einem Gitarrenkantensyndrom. Bei

mehreren Gitarristen wurden auch Bewegungsstörungen, wie die Tendenz

einzelner Finger, beim Spielen in eine Streckbewegung abzuweichen, oder

Schwierigkeiten beim schnellen Wechselspiel von zwei Fingern beobachtet und auf

ein Gitarrenkantensyndrom und nicht auf eine Störung im Zentralnervensystem

zurückgeführt (z.B. fokale Dystonie). Gelegentlich tritt auch eine leichte

Kraftminderung der Beugemuskeln auf. […] Der Schädigungsmechanismus beim

Gitarrenkantensyndrom ist nicht vollständig geklärt. Wahrscheinlich betrifft der

Druckschaden zumeist die Muskulatur und die Muskelhüllen (Fascien) der

oberflächlich am Unterarm verlaufenden Fingerbeuger. Insbesondere der obere

Fingerbeuger ist gefährdet. […] Auch Schädigungen im Sehnengleitgewebe der

Fingerbeuger, ähnlich wie bei der sogenannten Sehnenscheidenentzündung, sind

denkbar.31

Die Ursache des Gitarrenkantensyndroms lässt sich nicht durch die Haltung des

Instruments beheben, da der Fixierungspunkt am rechten Unterarm des Musikers

unabdingbar für die Stabilität des Instrumentes ist. Es gibt hierbei jedoch drei

unterschiedliche Lösungsansätze:

1. Tragen eines gepolsterten und/oder versteiften Unterarmschutzes. Dadurch

wird ein Einschneiden der Kante in den Unterarm abgeschwächt oder ganz

verhindert. Hierzu werden zum Beispiel von der Firma LUVA folgende

Armauflagen angeboten:

– LUVA-Armauflage Soft – Dieser wird einfach wie ein Ärmel über den

Unterarm gezogen und ist mit Schaumstoff im Armauflagebereich

gepolstert. Damit wird ein zu tiefes Einschneiden der Zargen-

Deckenkante in den Unterarm verhindert. (Abbildung 36)

– LUVA-Armauflage Hard – Ist in seiner Handhabung wie die

Softvariante und weist optisch keinen Unterschied auf. Der

31 Klöppel, Renate: Das Gesundheitsbuch für Musiker, Anatomie, berufsspezifische Erkrankungen, Kassel, 2003, S.105

43

Unterschied ist vielmehr, dass im Bereich des Auflagepunktes eine

Versteifung in den Ärmel eingearbeitet ist, welcher einen feste

Barriere zwischen Unterarm und Zargen-Deckenkante bildet.

Problem: Viele Gitarristen haben das Gefühl den Kontakt zum

Instrument und dadurch Stabilität zu verlieren. (Abbildung 36)

2. Anbringen eines sogenannten „Armrest“. Dadurch wird die Auflagefläche des

Unterarms vergrößert und der Kantenwinkel von fast 90° bei einer „normalen“

klassischen Gitarre abgerundet. Der punktuell entstehende Druck wird dadurch

flächig reduziert. Dieser „Armrest“ wird auf die Zarge der Gitarre geklebt.

Mögliche Hilfsmittel wären das GEWA Armpad Classical Guitar oder die Abel

Armauflage. (Abbildung 37 und 38)

44

Abbildung 36: LUVA Armauflage

Abbildung 37: GEWA Armpad Abbildung 38: ABEL Armrest

3. Änderungen bei der Konstruktion der Gitarre. Dabei gibt es zwei grundlegende

Möglichkeiten. Die erste Variante ist, dass im Bereich des aufliegenden Armes

der Übergang der Decke zur Zarge abgeschrägt wird und so ein Einschneiden

unterbunden wird. (Abbildung 39)

Die zweite bauliche Veränderung ähnelt dem des vorher beschriebenen

Armrest. Dabei wird die Zarge des Instruments über die Decke hinausführend

verlängert und dann abgerundet. Dadurch steht die Zarge leicht über die Decke

hinaus und kann in einem frei gewählten Rundungswinkel ausgeführt werden.

(Abbildung 40)

2.3.2.2 Erkrankungen von Sehnen und Sehnenscheiden im Unterarm, Handgelenk und

der Hand

Einige der am häufigsten auftretenden Erkrankung von Tasten-, Streich- und

Zupfinstrumentalisten betreffen den Bereich der Sehnen und Sehnenscheiden. Wobei

Arme und Hände öfter betroffen sind als Beine und Füße. Was mit deren vermehrter

Beanspruchung zu tun hat. Eine Ausnahme können hierbei Schlagzeuger und Orgelspieler

gesehen werden. Im Prinzip birgt nahezu jedes Instrument die Gefahr von Erkrankungen

des Bewegungsapparates.

Gehäuft treten Erkrankungen bei Gitarristen auf.

1. Sehnenscheidenentzündung (eigentlich: Sehnengleitgewebsentzündung)

45

Abbildung 39: Abgeschrägte Korpuskante

Abbildung 40: Verlängerte Zarge

„Häufig treten bei Musikern bewegungsabhängige Schmerzen am Unterarm und

dort bevorzugt an der Streckseite auf, die mit einem Gefühl von Reibung aber

auch mit tastbaren Reiben, seltener mit hörbarem Knirschen (sogenanntem

Schneeballknirschen) verbunden sein können. Oft besteht auch eine

Druckempfindlichkeit. Solche Überlastungsbeschwerden an Muskeln, Sehnen und

dem umgebenden Gleitgewebe werden üblicherweise im deutschen Sprachraum

[…] als Sehnenscheidenentzündung bezeichnet, obwohl sich in diesem Bereich gar

keine Sehnenscheiden befinden. Eher werden die Beschwerden durch

Veränderungen der Gewebe, die bei den Bewegungen aneinander

vorbeigleiten,ausgelöst. Oft läßt sich nicht feststellen, ob Sehne oder Muskel oder

andere Strukturen des Bewegungsapparates betroffen sind. Entzündungen der

Sehnenscheiden selbst zum Beispiel an der Hand hingegen sind wesentlich seltene

als die häufigen sogenannten Sehnenscheidenentzündungen. Bei den ersten handelt

es sich um in der Regel um klar definiere Krankheiten. Bei der sogenannten

Sehnenscheidenentzündung sind die Schmerzen häufig nicht genau lokalisierbar.

Sie treten meist zunächst nur für kurze Zeit beim Üben, dann auch länger

anhaltend und im fortgeschrittenen Stadium auch bei alltäglichen Verrichtungen

auf. Neben dem Bewegungsschmerz besteht meist eine Druckschmerzhaftigkeit in

einem umschriebenen Bereich am Unterarm.“32

Hierbei handelt es sich um eine Erkrankung, welche durch Überbelastung der

entsprechenden Körperregion entsteht, auf mögliche Ursachen und Lösungen gehe ich am

Ende dieses Punktes ein.

2. Schnellender Finger:

„Während die meisten Erkrankungen des Bewegungsapparates vor allem

Schmerzen verursacht, steht beim „schnellenden Finger“ der erhöhte

Kraftaufwand bei Fingerbewegungen im Vordergrund der Beschwerden. Beim

Versuch, den Finger zu beugen oder zu strecken entsteht plötzlich ein Widerstand,

der nur durch verstärkte Muskelaktivität überwunden werden kann. Die Bewegung

32 Ebenda, S. 36.

46

erfolgt dann plötzlich ruckartig mit einem deutlichen Schnappen oder Schnellen

des Fingers. Im fortgeschrittenen Stadium blockiert der Finger in Beuge- oder

Streckstellung. […] Auch eine vollständige Fixierung ist möglich. Bei

Instrumentalisten kann der Finger häufig normal gebeugt aber nicht wieder ohne

weiters gestreckt werden.33

Beim „schnellenden Finger“, als auch bei der sogenannten Sehnengleitgewebsent-

zündung, handelt es sich um eine Überlastungserkrankung. Beide haben in einem Großteil

der Fälle ihre Ursache in einer plötzlichen Steigerung von:34

1. Übedauer – plötzlicher Anstieg aufgrund von Konzert- oder

Prüfungsvorbereitung oder auch nach einem Lehrerwechsel

2. Erhöhung der motorischen Anforderungen – sprunghafter Anstieg der

Anforderungen in der Literatur

3. Änderung der instrumentalen Voraussetzungen – z.B. zu großes Griffbrett mit

zu weiter Mensur im Verhältnis zur Hand

4. Änderung der Haltung des Instruments und der Spieltechnik, oder falsch

antrainierte Haltungsweisen

Die erwähnten Punkte 1 und 2 sind für diese Arbeit nicht von Interesse, da sie ihren

Ursprung entweder im Bereich des Übens, als Folge eines unstrukturierten Übeplans, oder

auf eine falsche Literaturauswahl zurückzuführen sind. Für diese Arbeit relevant sind die

Punkte 3 und 4, da sie ihren Ursprung in den Voraussetzungen des Instruments im Bezug

auf seine Größe (Mensurlänge) haben oder in der Positionierung der rechten Hand zu den

Saiten.

Zur Instrumentengröße bzw. der Mensurlänge von 65cm als industrieller Standard:

Wie schon ab Seite 31 beschrieben, legte Torres im Laufe seiner (Weiter-)Entwicklung des

neuen Gitarrentypus eine Mensurlänge von 65cm fest. Jedoch verfügt nicht jeder Musiker

die für diese Mensur notwendige Handgröße und Fingerlänge. Vor allem bei

Gitarristinnen stellt sich oft das Problem einer unpassenden Handgröße zur verwendeten

33 Ebenda, S. 33.34 Ebenda, S. 38.

47

Mensurlänge. Durch diese Differenz zwischen der körperlichen Voraussetzung und den

instrumentalen Gegebenheiten ergibt sich die Problemstellung, dass im Bereich der ersten

fünf Bünde die betroffenen Gitarristen nicht ohne ein überdurchschnittliches Maß an

Anstrengung die grifftechnischen Erfordernisse erfüllen können. Daraus resultieren

oftmals Anspannungen im Unterarm, welche eine freies Arbeiten der Sehen und Muskeln

einschränken und dadurch zu den oben genannten Problemen führen. Ein hier oftmals

beschrittener Lösungsansatz ist die Reduzierung der Mensur von 65cm auf 63cm. Diese

Reduzierung der Mensurlänge hat bei annähernd gleicher Korpusgröße kaum klangliche

Auswirkungen, ermöglicht jedoch durch die Reduzierung der Abstände der einzelnen

Bünde zueinander ein Greifen der Saiten mit verminderter muskulärer Vorspannung im

Handrücken und Unterarm.

Im Bereich des Anfängerunterrichts haben sich mittlerweile Instrumente in

entsprechenden Kindergrößen etabliert. Hier hat vor allem die EGTA (European Guitar

Teacher Association) großartige Grundlagenarbeit geleistet und enormen Einfluss auf die

industriellen Gitarrenhersteller genommen. 2016 veröffentlichte die EGTA einen

Leitfaden, welcher die Körpergröße in Relation zu einer passenden Mensur für Kinder

stellt. Mittels dieser Tabelle ist eine grundlegende Orientierung möglich, welche

Mensurlänge für welche Körpergröße passend ist. (Abbildung 41) Erstaunlich ist hierbei,

dass selbst eine Reduzierung der Mensurlänge auf die bereits erwähnten 63 cm für

Gitarristen ideal ist, welche eine Körpergröße von ca. 175 cm aufweisen. Die Statistik

Austria gibt für das Jahr 2015 eine Durchschnittsgröße der 18-Jähringen männlichen

Bevölkerung von 177,9 cm an.35 Dadurch ist eine standardisierte Mensurlänge von 65,cm,

welche erst ab einer Körpergröße von 180 cm vorgeschlagen wird, sehr kritisch zu

betrachten. Vielmehr wäre eine Verkürzung der Mensur für den Großteil der Gitarristen,

und vor allem der Gitarristinnen, von Vorteil.

35 Statistik Austria: Statistische Nachrichten – Kurzzusammenfassung Jänner 2015. Wien 2015.

48

Abbildung 41: Größentabelle EGTA

Die EGTA rät in ihrem Leitfaden:

„Die Körpergrößen in der Tabelle sind „Zirka-Angaben“. Für den Gitarrenkauf

wird man die Körpergröße aber immer genau ermitteln – und dann oft so zwischen

zwei Gitarrengrößen „landen“, dass sich die Frage stellt: Lieber die größere oder

doch lieber die kleinere Gitarre? Erste Antwort darauf: Lieber die kleinere! Die

Erschwernisse sind bei einer zu kleinen Gitarre generell deutlich geringer als bei

einer zu großen.“36

Durch ein auf die Körpergröße des Spielers abgestimmtes Instrument kann einer

Überbelastung der Sehnen und Muskeln der Unterarme und der Hand vorgebeugt

werden. Durch eine Mensurlänge, die der Körpergröße des Musikers angepasst ist, kann

das Greifen der Töne auf den Saiten in den Bundräumen, präzisiert der Vorgang der

Fingerpositionierung, auf dem Griffbrett durch Spreizen der Finger körperschonender

ausgeführt werden.

Der oben als vierter Punkt angeführte Bereich hat mit der Positionierung der

Anschlagshand zu den Saiten zu tun. Betrachtet man die Haltung Tárregas auf

Abbildungen seiner letzten Lebensjahre, so fällt das fast rechtwinkelige drehen des

rechten Handgelenks auf. (Abbildung 42)

36 Koch, Michael: Ratgeber Gitarrenkauf Teil 1 – Körpergröße Gitarrengröße, Mainz 2016, S. 1.

49

Abbildung 42: Haltung der rechten Hand bei Tárrega

Durch dieses drehen im Handwurzelgelenk wird die Muskulatur des Unterarms in einen

dauerhaften Spannungszustand versetzt. Dadurch können sich die Sehnen und Muskeln

aufgrund dieser (negativen) Grundspannung nicht frei im sie umgebenden

Sehnengleitgewebe bewegen. Bei einer dauerhaften Beanspruchung durch das Musizieren

ist eine Reizung der entsprechenden Körperregionen gegeben, welche sich dann meist in

einer Überlastungsschädigung der Sehnenscheiden zeigt.37

Ein möglicher Ansatz zur Vermeidung dieser Erkrankung ist eine neue Stellung des

Handgelenks. Dazu schreibt Thomas Offermann:

„Grundsätzlich sollte das Handgelenk bei Aktivität der Finger nach Möglichkeit

weder gebeugt noch zu einer Seite abgewinkelt werden. Die langen Fingermuskeln

beugen und strecken nicht nur die Finger selbst, sondern auch das Handgelenk. Da

sie mit ihren Sehnen zu kurz sind, um Beugung oder Streckung effektiv sowohl der

Finger als auch des Handgelenks zur gleichen Zeit zu ermöglichen (aktive und

passive Muskelinsuffizienz), bringt die Beugung der Finger (Faust) das Handgelenk

in die Überstreckung, während gestreckte Finger das Handgelenk eher in die

Beugerichtung bringen. Bei Flexion (Beugung) der Finger und des Handgelenks zur

gleichen Zeit erschöpft sich also die Wirkung der Flexoren (aktive

Muskelinsuffizienz). Ferner sind die Finger in ihrer Beweglichkeit stark

eingeschränkt. Die Extensoren und ihre Sehnen werden gedehnt, was an der

Oberseite des Handgelenks deutlich spürbar ist: Die Sehnenscheiden geraten „unter

Druck“. Ein Spiel mit gebeugtem Handgelenk ist daher problematisch. In der

Ruhelage der Hand sind die Finger gebeugt und das Handgelenk leicht überstreckt.

Diese Stellung ist die „Normal-Null-Stellung“ der entspannten Hand: Sie steht für

die Stellung der Hand nach dem Anschlag“38

Dieser Ansatz zur Haltung wird unter anderem auch in den später in dieser Arbeit

behandelten Lehrwerken von Scott Tennant (Pumping Nylon) sowie Hubert Käppel (Die

Technik der modernen Konzertgitarre) aufgegriffen. Die Hand soll laut Offermann in

einer, was die Muskeltension betrifft, Nullstellung gehalten werden, um ihr eine

grundsätzlich entspannte Ausgangslage zu gewähren. Damit kann die Belastung für

37 Klöppel: Das Gesundheitsbuch für Musiker, S. 38.38 Offermann, Thomas: Moderne Gitarrentechnik – Integrative Bewegungslehre für Gitarristen. Mainz 2015, S. 109.

50

Sehnen und Muskeln auf ein nötiges Minimum reduzieren werden. (Abbildung 43 und 44)

2.3.2.3 Erkrankungen im Bereich des Schultergürtels - Rotatorenmanschettensyndrom

Grund für Schmerzen im Bereich des Schultergürtels und der umliegenden Muskel und

Bänder ist eine einseitige Belastung beim Heben des Armes. Daher betrifft dies meist die

Greifhand des Gitarristen. Hervorgerufen wird dies durch:

„[...] chronische Überlastung und mechanische Schädigung der Sehnen und des

Gleitgewebes zwischen dem Schultereck, dem Rabenschnabelfortsatz und dem

Band zwischen beiden einerseits und dem Knochenvorsprung des Oberarms, an

dem die hinteren Rotatoren ansetzen andererseits. Vor allem beim Heben des Arms

und seiner Drehung nach innen werden die Rotatorenmanschette und der

Schleimbeutel zwischen dem großen Knochenvorsprung am oberen Ende des

Oberarmknochens und der darüberliegenden Spitze des Schulterecks eingeklemmt.

Man bezeichnet die hierdurch ausgelöste Funktionsbeeinträchtigung auch als

Impingement (engl. Inpingement = Zusammenstoß, Aufprall)39

39 Klöppel: Das Gesundheitsbuch für Musiker, S. 57.

51

Abbildung 43: Haltung der rechten Hand bei Tennant

Abbildung 44: Haltung der rechten Hand bei Offermann

Bei einer genauen Betrachtung der Haltung Tárregas ist auf Abbildung 35 zu sehen, dass

sich seine linke Schulter unterhalb der Niveaus seiner rechten Schulter befindet. Dies

erfolgt durch ein „nach unten fallen“ des linken Teils des Schultergürtels. Dadurch wird

wiederum ein nach vorne kippen des rechten Schultergelenks unausweichlich, was die

negativen Folgen der Haltung der linken Schulter noch weiter verstärkt. Diese

Schulterhaltung wird durch die Haltung der Gitarre nach den Vorgaben von Tárrega

unausweichlich. Durch den flacheren Winkel des Halses (flacher Hochachsenwinkel) wird

der Gitarrist genötigt mit der linken Schulter dem Hals der Gitarre entgegen zu kommen,

um die Greifhand über dem Griffbrett positionieren zu können. Bei dem bereits

beschriebenen absenken der linken Schulter kommt es zu einem Abknicken des

Oberkörpers nach links im Bereich der Becken- u. Lendenwirbel, was Erkrankungen in

der unteren Wirbelsäule zur Folge hat.

Die Körperirritationen im Schultergürtel lassen sich vermeiden, oder zumindest

entschärfen, wenn die Gitarre etwas steiler zum Körper positioniert wird (steiler

Hochachsenwinkel). Durch das Anheben des Gitarrenkopfes auf mindestens Schulterhöhe

(besser sogar Augenhöhe), kann der Gitarrist ohne eine Kompensation in der Stellung des

Schultergürtels eine entspannte Greifhaltung einnehmen. Als Faustregel gibt Offermann

folgende Kriterien vor:

„Es gibt mehrere grobe Regeln, die bei der Orientierung helfen können:

– Die linke Hand sollte in der VII. Lage etwa in Höhe des Herzens arbeiten [...]

– Die Mechanik sollte etwa auf Höhe der Augen liegen

– Das Greifen der linken Hand sollte von der Oberarm- und

Schultermuskulatur unterstützt werden.

Die Frage nach der Spielhaltung mit dem Instrument kann abschließend nur

individuell beantwortet werden. […] Das bedeutet aber zuerst, dass sich Ihre

Haltung stabil und unverkrampft anfühlen muss. Doch es gibt oft Gewohnheiten,

die die klare Wahrnehmung trüben.“40

40 Offermann: Moderne Gitarrentechnik. S. 61.

52

2.3.2.4 Muskelverkürzungen/Myofasziales Schmerzsyndrom

Durch eine fehlerhafte Haltung und häufige Wiederholung von Bewegungen verspannt,

und in weiterer Folge verkürzt sich ein Muskel, sodass sein Tonus (Spannungszustand)

einseitig wird. Dies macht sich durch druckempfindliche Punkte (Triggerpunkte) am

Muskelbauch bemerkbar. Diese strahlen in den weiteren Muskel aus und führen, bei

starker Ausprägung, zu unkontrollierten Zuckungen des betroffenen Muskels.41

Welche Muskelgruppen neigen beim Gitarristen zu Verkürzungen und wodurch wird dies

hervorgerufen?42

1. Frontseite:

– Oberer Anteil des Trapezmuskels → hochziehen der Schultern

– Großer Brustmuskel → nach vorn kippende Schultern

– Kleiner Brustmuskel → nach vorn kippende Schultern

– Bizeps → nach vorne Kippen des rechten Schultergelenks, anspannen des

Oberarm zur Armfixierung oder zu viel Druck der Greifhand auf das

Griffbrett

– Unterarmmuskel

– Großer Schenkelanzieher

2. Rückseite:

– Rückenstrecker der Halswirbelsäule → hochziehen der Schultern

– Oberer Anteil des Kapuzenmuskels → hochziehen der Schultern

– Rückenstrecker der Lendenwirbelsäule → übertriebenes zurückziehen

der Schultern → Bildung eines Hohlkreuzes

– Hamstrings → Becken nach hinten Kippen → „Katzenbuckel“ - geht

meist mit nach vorne kippenden Schultern einher

– Wadenmuskeln → anheben der Ferse vom Boden oder Fußbank,

Positionierung des rechten Beines hinter der Körpermitte

Nicht alle diese Muskelverkürzungen sind auf die Schulhaltung nach Tárrega

zurückzuführen. Nicht durch die Schulhaltung hervorgerufene mögliche Auslöser für

41 Klöppel: Das Gesundheitsbuch für Musiker. S. 29.42 Traitteur, Hermann: Bewegungsapparat – Allgemeine und spezielle Anatomie. Anatomie und Physiologie für

Iyengar Yogalehrer/innen. 7. Aufl., Berlin, 2009, S. 14.

53

Muskelverkürzungen sind:

– Das Hochziehen der Schultern

– Die Anspannung im Bizeps

– Anheben der Ferse vom Boden und in Teilen auch von der Fußbank

– Anspannen der Oberschenkelmuskulatur

– Verspannungen im Bereich der Bauchmuskulatur

Wie man anhand der Aufzählung der von Muskelverkürzung betroffenen Muskelgruppen

erkennen kann, ist die Muskelverkürzung eine der Erkrankungen welche sich nicht nur

auf eine Körperregion beschränkt. Vielmehr ist dieses Erkrankungsbild in

unterschiedlichen Regionen zu finden. Dabei ist dieses Haltungsproblemen meist nicht

singulär anzutreffen, vielmehr wird durch einen Haltungsfehler eine Kette von möglichen

Körperirritationen ausgelöst. Meist wird dann noch durch den Versuch diese körperlichen

Einschränkungen zu kompensieren nur die Problempunkte auf andere Körperregionen

verlagert. Einige der Auslöser von Muskelverkürzungen sind in der Schulhaltung zu

finden. So wird durch das absenken der linken Schulter eine Schrägstellung im

Schultergürtel erwirkt, was ein Abknicken im Bereich der Hüfte zur Folge hat. Dadurch

werden die Muskeln im Schultergürtel belastet und in weiterer Folge die Muskulatur des

Lendenwirbelbereichs. Wird dann, um um einen besseren Blickwinkel auf das Griffbrettes

zu haben, die rechte Schulter nach vorn gedrückt, finden wir auch noch eine Belastung im

Bereich der Brust- und Brustwirbelsäulenmuskulatur.

Jedoch sind diese Haltungsschäden auch dann anzutreffen, wenn ein Gitarrist prinzipiell

eine möglichst vorspannungsarme Grundhaltung einnimmt. Mögliche Ursachen sind

dann vielmehr Stress (Konzerte oder Prüfungen) oder auch mentale Überlastung (zu lange

Übeeinheiten) ohne immanente Kontrolle über die eigene Körperhaltung. Das Erlernen

einer einer alternativen Haltungsform keine hier jedoch keine Abhilfe schaffen, da wieder

die gewissenhafte Ausführung der gewählten Haltungsform notwendig ist.

2.3.2.5 Körperirritationen im Bereich der Wirbelsäule

Erkrankungen der Wirbelsäule zählen zu den häufigsten Körperirritationen unserer

Gesellschaft. Auch im Bereich der Musiker stellen sie die häufigsten,

54

Instrumentengruppen übergreifenden, Erkrankung dar.

„Erkrankungen der Wirbelsäule sind sehr häufig. Sie stehen bei Männern der

Durchschnittsbevölkerung an erster Stelle hinsichtlich der Arbeitsunfähigkeitstage

und führen oft zur vorzeitigen Berentung. Nicht alle Abschnitte der Wirbelsäule

sind gleich häufig und in gleicher Weise betroffen. Zwei Drittel der Erkrankungen

entfallen bei der Durchschnittsbevölkerung auf die Lendenwirbelsäule, etwa ein

Drittel auf die Halswirbelsäule und nur ein geringer Anteil von etwas zwei Prozent

betrifft die Brustwirbelsäule. Die Beschwerden können auf die betroffene

Wirbelsäulenregion beschränkt bleiben oder in die Extremitäten ausstrahlen. […]

Die meisten Rückenschmerzen beruhen auf Verschleißerscheinungen der

Wirbelsäule und Über- oder Fehlbelastung der Muskeln.“43

Die häufigsten Erkrankungen der Wirbelsäule wären:44

1. Erkrankungen der Bandscheiben – Bandscheibenvorfall

2. Erkrankung der Halswirbelsäule mit einhergehenden Nackenbeschwerden

3. Erkrankung der Lendenwirbelsäule

Zu 1.:

Erkrankungen bzw. die Abnutzungserscheinungen an den Bandscheiben sind ein

normaler Vorgang im Alterungsprozess des menschlichen Körpers. Die ersten

Verschleißerscheinung treten in der Regel zwischen dem 20. und 30. Lebensjahr auf und

sind durch die aufrechte Haltung und dem aufrechten Gang des Menschen bedingt.

Jedoch werden die Bandscheiben beim Gitarrenspiel, aufgrund der sitzenden

Spielhaltung, stärker beansprucht.45 Daran ist mitunter auch der Aufbau der Bandscheibe,

als auch die Funktionsweise der Versorgung der Bandscheibe mit Flüssigkeit und

Nährstoffen, verantwortlich. Durch das ausführen von unterschiedlichen Bewegungen wir

die Bandscheibe in unterschiedlichem Ausmaß gequetscht. Durch diesen Vorgang wird

Flüssigkeit in das innere der Bandscheibe transportiert und so eine ausreichende

Versorgung mit Flüssigkeit und Nährstoffen aufrecht erhalten. Bei zu wenig oder zu

43 Klöppel: Das Gesundheitsbuch für Musiker. S. 123.44 Ebenda, S. 123.45 Ebenda, S. 124.

55

monotoner Bewegung versagt dieser Mechanismus und eine allmähliche Schädigung der

Bandscheibe ist der Fall.46

„Eine Bandscheibe besteht aus Bindegewebe mit einem relativ festen, elastischen

äußeren Faserring und einem weichen, wasserhaltigen, […] Gallertkern, der wie ein

Wasserkissen wirkt. Die tagtäglichen Bewegungen des Rumpfes bewirken Druck

auf die Bandscheiben, es einsteht ein Dämpfmechanismus.“47

Eine Erkrankung der Bandscheiben ist nicht prinzipiell auf die Schulhaltung nach Tárrega

zurückzuführen. Vielmehr ist es die grundlegende Spielhaltung im Sitzen, gepaart mit

zum wenig Ausgleichsbewegung, die Ursache für Degenerationen im Bereich der

Bandscheiben. Eine der wenigen Möglichkeiten zur Einflussnahme ist die sitzende

Spielposition gegen eine stehende einzutauschen. Hierzu gab es den Versuch eines

Lösungsansatzes durch Lind, welcher ab Seite 72 dieser Arbeit näher betrachtet werden.

Zu 2.:

Nackenbeschwerden zählen wohl zum am häufigsten auftretenden Erkrankungsbild bei

Musikern. Die Ursache dafür liegt oft in einer gewohnheitsmäßig schlechten Haltung und

der daraus resultierenden verstärkten Muskelanspannung. Bei Gitarristen ist hier weniger

das Hochziehen der Schultern, als vielmehr das Bilden eines „Katzenbuckels“ als Auslöser

von Nackenbeschwerden zu sehen. (Abbildung 45)

46 Ibanez, Ivar: Klassische Gitarre und körpergrerechte Haltung? Voraussetzungen und Konsequenzen. Augsburg 2015,S. 90.

47 Ebenda: S. 89.

56

Dieser entsteht, wenn die Schultern nach vorne kippen und gleichzeitig das Becken nach

hinten rollt. Problematisch ist auch ein nach vorne Kippen des Kopfe sowie starkes

seitliches Neigen oder dauerhaftes Verdrehen.

„Vor allem groß gewachsene Gitarristen neigen dazu den Kopf nach vorne kippen

zu lassen. Bei einer Studie, die Haltungsauffälligkeiten bei Musikstudenten mit

denen bei Medizinstudenten verglich, zeigten in beiden Gruppen etwa 30 Prozent

der untersuchten Personen Abweichungen von der Norm. Auffällig war bei den

Musikstudenten eine abnorme Neigung des Kopfes nach vorn […] diese war bei 18

Prozent der Holzbläser, Pianisten und Gitarristen zu beobachten, und verstärke sich

bei den meisten mit Instrument.“48

Hierfür kann in einem Gewissen maß auch die Schulhaltung als Ursache gesehen werden.

Aufgrund einer Haltung der klassischen Gitarre, bei der das Zentrum der Gitarrendecke

in etwa auf Höhe des Bauchnabels ist, verschiebt sich der Hals außerhalb des

Körperzentrums (bei Rechtshändern nach rechts). Dies wird vor allem im direkten

48 van Eijsden-Besseling, Marjon: Differences in posture and postural disorders between music and medical students. Naberth 1993, S. 110.

57

Abbildung 45: Schulhaltung mit "Katzenbuckel"

Vergleich mit den Haltungen von Sor und Aguado ersichtlich. Beide propagieren eine

Zentrierung der Gitarre am Hals-Korpus-Übergang, dadurch wird der Rechtsversatz des

Gitarrenhalses deutlich geringer. (Vergleiche dazu die Abbildungen von Sor (Abbildung

33) und Aguado (Abbildung 34) mit der Abbildung Tárregas (Abbildung 35))Dadurch

diesen nach rechts der Körpermitte rücken des Halses entsteht ein ungünstiger

Blickwinkel zur Greifhand das Gitarristen. Dies wird oft durch ein nach vorne Kippen des

Kopfes „korrigiert“. Der bessere Ansatz diese Haltungsvoraussetzungen zu korrigieren,

wäre jedoch die Änderung des Winkels in dem die Gitarre zum Körper steht. Also eine

Anpassung im Hochachsenwinkel. Ein beheben dieser „verschobenen“ Körperzentrierung

ist nur dann möglich, wenn die Fixierung des Instruments, bzw. einzelner

Fixierungspunkte, vom Körper des Gitarristen unabhängig werden. Dies ist jedoch nur

dann Möglich, wenn die Haltungshilfen nicht in direktem Körperkontakt mit dem

Gitarristen stehen, oder durch eine bauliche Veränderung des Instrumentes. Auf diese

Möglichkeiten wird im Verlauf der Arbeit im Kapitel „Alternatriven zur Fußbank“ (ab

Seite 62) dezidierter eingegangen.

Zu 3.:

Die Lendenwirbel weisen die mit Abstand höchsten Erkrankungszahlen auf, jedoch

unabhängig davon ob es sich um die Gruppe der Musiker oder Nichtmusiker handelt.

Dies ist, wenn man die Position der Lendenwirbelsäule betrachtet, sehr einleuchtend. Die

Lendenwirbelsäule stellt die Verbindung des Oberkörpers mit den Beinen dar.

„Die Lendenwirbelsäule muß das Gewicht aller höher gelegenen Abschnitte des

Körpers auf einer kleinen Fläche von wenigen Quadratzentimetern tragen. Dabei

vergrößert sich der Belastungsdruck bei Verlagerungen des Oberkörpers aus der

Mittellinie noch um ein Vielfaches. […] Häufiger als in anderen Abschnitten der

Wirbelsäule kommt es hier zu einem Bandscheibenvorfall.“49

Dies kann sogar soweit gehen dass, bei Schädigung des Ischiasnerv, die Schmerzen auch

in die Oberschenkel ausstrahlen. Es ist, wenn auch selten, das Auftreten von

Lähmungserscheinungen nicht auszuschließen.50 Die alleinige Ursache hier in der

49 Klöppel, Das Gesundheitsbuch für Musiker, S. 132. 50 Ebenda, S. 132.

58

Schulhaltung zu suchen wäre falsch, mehr ist hier das Zusammenspiel mehrerer

Fehlbelastung des Lendenwirbelbereichs bei Gitarristen als Auslöser zu sehen. Besonders

kritisch ist hier auch die Haltung der linken Schulter, wie sie Tárrega in seiner

Schulhaltung vorsieht, zu betrachten. Durch das Absinken der Schulter wird die

Wirbelsäule aus ihrer Mittellinie gebracht. Dieser Verlust der Mittenzentriertheit wird

durch ein drehen im Oberkörper ausgeglichen. Dadurch verstärken sich die negativen

Einflüsse.

Abhilfe leistet hier, wie schon in dieser Arbeit erwähnt, ein steilerer Neigungswinkel

(Hochachsenwinkel) des Halses, was ein ergonomisches Greifen ermöglicht.

2.3.2.6 Fehlhaltungen im Bereich des Beckens

Das Becken welches zusammen mit dem Kreuzbein den Übergang vom Oberkörper zu

den Beinen bildet, überträgt das gesamte Gewicht von Kopf, Rumpf und Armen auf die

unteren Gliedmaßen. Das Becken bzw. Hüftbein besteht aus drei Knochen. (siehe Aufbau

Hüfte ab Seite 21) Aufgrund der festen Verbindung von Kreuzbein und Beckenknochen

beeinflusst die Beckenstellung die Krümmung der Wirbelsäule. Diese

Wirbelsäulenkrümmung bestimmt in letzter Konsequenz die Sitzposition, welche im

Idealfall derart gestaltet ist, dass die Sitzhöcker das Körpergewicht aufnehmen und an die

Sitzgelegenheit ableiten.51 Um dies zu erreichen muss der Oberkörper aufrecht gehalten

werden und das Becken darf dabei nicht nach hinten oder seitlich gekippt werden. Die

Sitzgelegenheit soll so gewählt werden, dass die Oberschenkel in einem Winkel von 90°-

100° zur Sitzfläche stehen wodurch eine ausreichende Durchblutung der Beine

gewährleistet wird.52

Problematisch ist hierbei, dass das linke Bein, welches mittels Fußbank erhöht wird, oft

oberhalb dieses empfohlenen Winkel liegt, in den meisten Fällen sogar deutlich. Dies führt

zu den oben schon erwähnten Problemen der Durchblutung der Beine. Auch kann sich bei

langjähriger und dauernder Fehlbelastung eine Schiefstellung im Bereich des Beckens

ausprägen.

51 Ebenda, S. 141. 52 Clerch, Joaquin; Lahme, Albrecht: Zupfinstrumente: Gitarre; in: Klein-Vogelbach, Susanne (Hg.): Musikinstrument

und Körperhaltung. Berlin Heidelberg, 2000, S. 196.

59

3. Hilfsmittel zur Positionierung der Gitarre am Körper des Gitarristen

Auch heute noch benötigt der Gitarrist ein Hilfsmittel zur Positionierung, der Gitarre zum

Körper, um eine entsprechende Spielhaltung einnehmen zu können. Die wohl größten

Änderungen im Bereich der Instrumentenhaltung sind mit der Verwendung von

Fußbankalternativen verbunden.

3.1. Die Fußbank

Das am meisten verwendete Hilfsmittel, die Gitarre zum Körper des Gitarristen zu

positionieren ist die Fußbank. Diese wird auch von Tárrega vorgeschlagen. Da von

Tárrega keine gedruckte Schule vorliegt, muss man hierbei auf andere Quellen

zurückgreifen, die diese Aussage stützen. Hier sind Photographien von Tárrega (z.B.

Abbildung 35) eine Möglichkeit. Die zweite wäre, die veröffentlichten Schulen seiner

Schüler in diesem Punkt zu betrachten. Es gibt zwei Publikationen, welche einen

Überblick über die von Tárrega vermittelte Spielhaltung geben. Dabei handelt es sich um

die Schulen von Emilio Pujol (1886 La Granadella – 1980 Barcelona) und Pascual Roch

(1864-1921). Hierbei stellt wohl die „Escuela Razonada de la Guitarra (Riccordi, Buenos

Aires, 1934) von Pujol das am weitesten verbreitete Lehrwerk dar. Als Schüler von Tárrega

verfasste Pujol eine Gitarrenschule, welche auf der Haltung und Technik von Tárrega

basiert. Auch wenn die Fußbank von Aguado bereits als Haltungshilfe erwähnt wurde,

etabliert sie sich erst bei Tárrega zum Standardhilfsmittel. In der Gitarrenschule von Pujol,

welche die neu entwickelte Spielhaltung einem breiterem Publikum zugänglich machte,

wird im Bezug auf die Haltung mit Fußbank folgendes vermerkt:

„Das linke Bein bildet mit dem Körper einen leicht spitzen Winkel, wobei der Fuß

auf einer Fußbank ruht. Damit seine Stabilität vollkommen ist und um

Nervenkontraktionen zu vermeiden, die eine unbequeme Haltung hervorbringt, ist

es ratsam, daß die Fußbank im vorderen Teil (der der Fußspitze entspricht),

fünfzehn bis siebzehn Zentimeter hoch ist und zwölf bis vierzehn im hinteren Teil

(der dem Absatz als Stütze dient). Diese Abmessungen müssen je nach der

Stuhlhöhe und dem Körperbau des Spielers vergrößert oder verringert werden.“53

53 Pujol, Emilio/Moser, Wolf (Übers.): Theoretisch Praktische Gitarrenschule, aufgebaut auf den Grundsätzen der Technik Francisco Tárregas, München 1981.

60

Sowohl in den heute veröffentlichten Gitarrenschulen für den Anfängerunterricht, als

auch in vielen Technikkompendien für den fortgeschrittenen Gitarristen, wird die

Fußbank als Status Quo der Haltungsgrundlage betrachtet. (ab Seite 74) Die richtige

Verwendung und Konstruktion der Fußbank aus heutiger Sicht beschreibt Joaquín Clerch

wie folgt:

„Das Fußbänkchen sollte mindestens drei Verstellmöglichkeiten haben. […] Nun

stellen wir unseren linken Fuß auf die Fußbank. Die Höhe der Fußbank richtet sich

nach der Körpergröße und -proportion und nach der Höhe der Sitzbank. Wichtig

ist, daß die Fußbank nicht zu niedrig eingestellt wird, sonst müssen wir uns zu sehr

zur Gitarre hinunterbeugen, was den unerwünschten „Katzenbuckel“ verursacht.“54

Abschließend bleibt zu sagen, dass die Fußbank immer noch das am weitesten verbreitete

Hilfsmittel zur Positionierung der Gitarre zum Körper des Gitarristen ist.

Die Probleme bei der Schulhaltung mit Fußbank sind:

– Schiefstellung im Bereich des Beckens sowie der Lendenwirbelsäule

– Verlust der Mittendefinition, mit einer daraus resultierenden Verdrehung der

Wirbelsäule und des Hals- und Nackenbereiches

– Störung der Beindurchblutung aufgrund eines zu spitzen Haltungswinkels im

linken Bein

– Ungleichmäßige Gewichtsverteilung auf die Sitzhöcker des Gitarristen

Die Vorteile der Schulhaltung mit Fußbank:

– hohes Gefühl der (körperlichen) Verbindung mit dem Instrument

– geeignet für alle Körpergrößen und Sitzgelegenheiten

– Passend für Kinder als auch für Erwachsene

– Leichte Bedienbarkeit und Anpassbarkeit an den jeweiligen Spieler

– optischer Eindruck → wird oft als elegant bei Bühnenauftritten empfunden

– Hohes Stabilitätsvertrauen

54 Clerch, Joaquin; Lahme, Albrecht: Zupfinstrumente: Gitarre; in: Klein-Vogelbach, Susanne (Hg.): Musikinstrument und Körperhaltung. Berlin Heidelberg, 2000, S. 195.

61

Erstaunlich ist, dass sich trotz einer Vielzahl von körperlichen Nachteilen der

Schulhaltung mit Fußbank keine alternative Haltungsform ohne Fußbank als neuer

Standard im Verlauf der letzten 30-40 Jahre etablieren konnte. Dies bedeutet jedoch nicht,

dass es keine Bestrebungen in diese Richtung gab.

3.2 Alternativen zur Fußbank

Der Markt, welcher alternative Haltungshilfen zur Instrumentenpositionierung im Sinne

der Schulhaltung von Tárrega ermöglichen soll, wächst stetig. Fast jede dieser

Alternativen verspricht ein Eliminieren oder zumindest ein Reduzieren der körperlichen

Beeinträchtigungen, welche mit der Schulhaltung mit Fußbank verbunden sind. Das

Angebot von Modellen und Systemen, welche sich mittlerweile auf dem Markt befinden

ist unüberschaubar. Daher habe ich mich in dieser Arbeit dazu entschlossen, eine Auswahl

der angebotenen Haltungshilfen zu treffen und erhebe mit deren Besprechung keinen

Anspruch auf Vollständigkeit. Der Fokus liegt auf einem exemplarischen Aufzeigen von

alternativen zur Haltung mit Fußbank anhand der populärsten Ansätze. Auch basieren

viele Haltungshilfen auf einem ähnlichen Funktionsprinzip und unterscheiden sich nur in

Konstruktions- oder Befestigungsmerkmalen. Ein Beispiel dazu stellt die in dieser Arbeit

besprochene ErgoPlay-Reihe (ab Seite 62) dar, welche als Modell Tröster und als Modell

Tappert angeboten wird. Grundsätzlich lassen sich die Alternativen in drei Gruppen

einteilen:

1. am Instrument befestigte Haltungshilfen

2. frei stehende bzw. am Spieler befestigte Haltungshilfen

3. instrumentenbauliche Veränderungen zur Haltung des Instruments.

3.2.1 Durch am Instrument befestigte Hilfsmittel (Stützen)

3.2.1.1 Ergoplay von Johannes Tappert (Modell Tappert) und Michael Tröster (Modell

Tröster)

Mit der ErgoPlay-Reihe, Modell Tappert und Modell Tröster, bespreche ich in dieser

Arbeit zwei der ersten Gitarrenstützen am Markt. Ursprünglich von Johannes Tappert

entwickelt. erschien dieses Modell erstmals vor mehr als 20 Jahren. Die Stütze ist auch

heute noch erhältlich und wird durch die GEWA GmbH vertrieben. Dabei handelt es sich

62

um eine mittels Saugnäpfen an der unteren Zarge der Gitarre befestigte Stütze aus Metall.

Die eigentliche Stütze ist ein Mittelsteg zwischen zwei unterschiedlich hohen

Befestigungspunkten welcher leicht abgerundet ist und so am Oberschenkel aufliegt. An

beiden Enden des Mittelsteges befindet sich je eine der beiden unterschiedlich langen

Streben, wobei die halsseitige Strebe höher, zweigeteilt und verstellbar ist. Beim Modell

Tröster ist auch die kürzere Strebe, am unteren Ende der Stütze, zweigeteilt und

verstellbar. Mittels einer Flügelschraube sind die beiden Teile der Strebe miteinander

verbunden und können so in Winkel und Höhe an den Spieler angepasst werden. An den

Enden der Streben befinden sich Saugnäpfe um eine Befestigung am Instrument zu

ermöglichen. Die Stütze wird nun an der Gitarre befestigt und zwar die halsseitige Strebe

mittig am Oberbug und die kürze Strebe am Unterbug der Gitarrenzarge. Dadurch ist es

möglich, den Mittelsteg der Stütze auf dem linken Oberschenkel aufzulegen und die

Gitarre passend zum Spieler zu positionieren. Das Modell Tröster unterscheidet sich nur

geringfügig vom Modell Tappert. Ein Unterschied ist auch dass die Befestigung beim

Modell Tröster mit vier statt drei Saugnäpfen erfolgt.

Zu den Vorteilen von ErgoPlay schreibt Johannes Tappert:

„Grundsätzlich ist es möglich mit ErgoPlay eine Haltung zu erreichen, in der die

für GitarristInnen typische Wirbelsäulendrehung fast und der Schulterschiefstand

100%ig beseitigt sind. (Abbildung 46) Da jede neue Haltung anfangs

ungewohnt erscheint, gibt der Körper nicht sofort Rückmeldung „alles in

Ordnung“, sondern zunächst „fühlt sich anders – sprich seltsam – an“. Lassen Sie

ihre neue Haltung deshalb einmal von einer zweiten Person begutachten. Diese soll

folgende Kriterien kommentieren:

– Stehen die Schultern genau auf gleicher Höhe

– Ist die Wirbelsäule noch verdreht

– Bilden beide Oberarme den gleichen Winkel zum Körper, wenn sich die

Hände in mittleren Greif- bzw. Anschlagsposition befinden“

– Beide Beine könne den Idealwinkel von ca. 90° zur Sitzgelegenheit

einnehmen und am Boden aufgestellt werden55

55 Tappert, Johannes: Verwendung der ErgoPlay-Stützen. www.tappert.de/ergoplay/ergoplay-tipps.html, Stand: 19.01.2020

63

Problematisch bei dem Modell Tappert ist dass es trotz Verstellbarkeit nicht für alle

Körpergrößen verwendbar ist. Sehr große oder sehr kleine Gitarristen können mit diesem

Modell die Gitarre nicht passend zu ihrer Körpergröße positionieren. Lange Zeit war auch

die Verwendung für Kinder bzw. für Kinderinstrumente nicht möglich, da falsche Winkel

aufgrund der abweichenden Instrumentenabmessungen im Bereich der Haltung

entstanden. (Neigungswinkel des Halses und die grundlegende Höhe des Instruments

„vor“ dem Spieler). Für Kinder und für große Spieler, wird daher das ErgoPlay Modell

Tröster empfohlen, da dieses mit zwei Verstellmöglichkeiten besser eingestellt werden

kann. Von manchen Gitarristen wird auch die Befestigung mittels Saugnäpfen als störend

empfunden. Störend deshalb, weil der Stabilität der Befestigung misstraut wird. Auch

können die Modelle der ErgoPlay-Reihe nicht immer das Problem der fehlenden

Mittenzentrierung beheben. Die Gitarre ist immer noch nach links verschoben. Einzig die

gleichmäßige Gewichtsverteilung auf die Sitzhöcker wird deutlich verbessert, da beide

Beine auf gleicher Ebene am Boden gestellt werden.

3.2.1.2 Ponticello Gitarrenstütze von Volker Griese

Einen anderen Weg als die der oben genannten Modelle der ErgoPlay-Reihe beschreitet

die „Ponticello-Stütze Modell Concert ART central“ des deutschen Gitarristen und

Gitarrenpädagogen Volker Griese. Optisch orientiert sich diese Stütze an den Modellen

64

Abbildung 46: Tappertstütze und beeinflusste Körperregionen

der ErgoPlay-Reihe, und auch die grundlegende Konstruktion ist der der ErgoPlay-

Stützen nicht unähnlich. Auch hier erfolgt die Befestigung mittels Saugnäpfen an der

unteren Zarge. Jedoch wird diese Stütze nicht am Oberbug und dem Beginn der Taille der

Gitarre befestigt, sonder am beginn der Taille und am Unterbug befestigt. Dadurch ist

diese Stütze eine der wenigen, welche eine mittendefinierte Instrumentalhaltung

ermöglicht. Somit wird die Gitarre am Punkt des Hals-Korpus-Übergang im Bereich des

körperlichen Zentrums des Spielers platziert und die Wirbelsäulendrehung, und das nach

vorne Hängen und Drehen des Kopfes zur besseren Orientierung auf dem Griffbrett

vermieden . Da die Erhöhung des Halses über den Winkel der Stütze erfolgt, muss auch

das linke Bein nicht durch eine Fußbank erhöht werden, was die Beckenschiefstellung und

mögliche Durchblutungsstörungen verhindert und die gleichmäßige Gewichtsverteilung

auf die Sitzhöcker ermöglicht.56 (Abbildung 47) Eine weitere Stütze mit ähnlicher

Funktionsweise ist die in Japan erhältliche „GR2“ Stütze. Ivar Ibanez schreibt dazu:

„Die Kombination der Benutzung einer dieser Stützen plus eines ergonomisch

abgeschrägten Korpus (an der Konfliktstelle rechter Unterarm-Gitarrenkante)

ermöglicht eine physiologisch kompromisslose Mittendefinition der Gitarre. Wie

bei Sor und Aguado wird der Rumpf weder gedreht noch gebeugt.“57

56 Ibanez: Klassische Gitarre und körpergerechte Haltung?, S. 126.57 Ebenda: S. 127.

65

3.2.1.3 Efel- und Gitano-Stütze by GEWA

Ein anderer Konstruktionsansatz wurde für die Efel- (Abbildung 48) und Gitano-

Gitarrenstützen (Abbildung 49) des deutschen Musikaliengroßhändlers GEWA GmbH

gewählt. Die bisher erwähnten Stützen werden mittels 3-4 Saugnäpfen, aufgeteilt auf die

beiden Enden des Mittelsteges, an der Zarge befestigt. Bei den hier beschriebenen Stützen

von Efel und Gitano finden wir nur einen Saugnapf (Efel) bzw. zwei oder drei Saugnäpfe

(Gitano) an nur einem Befestigungspunkt am unteren Zargenbereich vor. Die Saugnäpfe

befinden sich auf einer Grundplatte zur Positionierung der Stütze an der Gitarre. Das

nicht einklappbare Efel-Modell und die Gitano-Stütze haben einen feststehenden

„Auflagedorn“, welcher an einer Seite mit der Grundplatte verbunden ist. Dieser

„Auflagedorn“ wird auf dem Oberschenkel des am Boden stehenden linken Beines

aufgestützt, womit die Gitarre zum Spieler positioniert wird. Das selbe Funktionsprinzip

finden wir bei dem mit einem aus- und einklappbaren Arm ausgestattetem Modell der

Efel-Stütze vor. Dieser Arm wird an seinem zum Boden weisenden Ende mittels eines

Leder- bzw. Textilgurtes an der unteren Kante befestigt. Die Stütze wird mit dem Gurt auf

den linken Oberschenkel gelegt. Der Vorteil dieser klappbaren Version ist dass sie am

Instrument verbleiben kann, auch wenn der Transport oder die Aufbewahrung des

66

Abbildung 47: Haltung mit Ponticello-Stütze

Instrumentes in einem Koffer erfolgt. Dadurch ist ihre Verwendbarkeit im Kinder- und

Jugendlichenunterricht besser geeignet, da der korrekte Befestigungspunkt am Instrument

auch beim Üben zu Hause gewährleistet ist.

Alle drei Varianten können frei entlang des Zargenbereichs der Gitarre angebracht

werden, wodurch sich unterschiedliche Anpassungen im Bereich des Hochachsenwinkels

erzielen lassen. Problematisch ist hierbei jedoch, das je steiler der Hochachsenwinkel wird,

desto weiter muss der Befestigungspunkt der Stütze in Richtung des Unterbugs der

Gitarre gewählt werden. Dadurch verschiebt sich die Mittendefinition des Instruments

zum Körper des Instrumentalisten nach links und ist zu dem eigentlichen Gedanken, die

Haltungsbeeinträchtigungen zu vermeiden, kontraproduktiv. Gelegentlich werden die

Modelle der Efel- und Gitano-Stütze auch auf dem rechten Bein aufgestützt. Dies

ermöglicht eine physiologisch kompromisslose mittendefinierte Schulhaltung. Jedoch

geschieht dies zu Lasten des rechten Armes bzw. der rechten Schulter. Durch das

Aufsetzen auf dem rechten Bein wird der Tiefpunkt des Unterbuges (welcher sich bei der

Schulhaltung auf der Höhe der linken Oberschenkelunterseite befindet) nach oben

verlagert und befindet sich auf Höhe der Oberschenkeloberseite oder knapp darüber.

Dadurch wird der Auflagepunk des rechten Unterarmes erhöht, was dazu führt, dass der

rechte Arm inklusive Schulter und Schultergelenk nach oben verlagert wird. Dies hat zur

Folge, dass ein Schulterschiefstand entsteht, aus welchem Schulter- und

Nackenverspannungen resultieren können. Dieser Schulterschiefstand hat eine seitliche

Neigung der Wirbelsäule nach links zur Folge, was zu den bereits beschriebenen

Haltungserkrankungen führen kann.

67

3.2.1.4 Guitarlift von Felix Justen

Der Guitarlift von Felix Justen ist das jüngste Modell einer Gitarrenstütze am Markt. Auch

hier wird wieder der Versuch unternommen, mögliche Körperirritationen durch die

Schulhaltung zu kompensieren. Die Idee, wie die Gitarre zum Körper des Gitarristen

positioniert wird, bleibt die selbe wie bei den vorherigen Stützen. Mittels der am

Instrument befestigten Stütze wird die Gitarre in die passende Spielhaltung gebracht.

Beide Beine können auf den Boden gestellt werden, was die bereits bekannten Vorteile

bietet. Wie schon die Modelle der ErgoPlay- als auch der Efel-Reihe beseitigt der Guitarlift

nicht das Problem der fehlenden konsequenten Mittendefinition, auch wenn bei dieser

Stütze dies etwas besser möglich ist. Eine Entlastung ist vor allem in den Bereichen der

Beine, der untere Lendenwirbelsäule und des Beckens zu finden. Die Vorteile dieser neuen

Art von Gitarrenstütze sind laut Hersteller und Entwickler:

„Sie suchen eine perfekt anpassungsfähige, stabile, zuverlässige und gutaussehende

Gitarrenstütze? Dann kommen Sie an Guitarlift nicht vorbei! Das absolute Novum

des patentierten Produktes ist die Anbringung der Stütze am Gitarrenboden. Das

ermöglicht Ihnen die präzise Einstellung des Winkels und der Höhe. Der

68

Abbildung 48: Efel Gitarrenstütze Abbildung 49: Gitano Gitarrenstütze

ausgeprägte Beinausschnitt gibt maximalen, rutschfesten Halt. Individuelle

Anforderungen an Positionierung, Stabilität und Zuverlässigkeit erfordern

vielfältige Lösungsansätze. Ihre spezielle Lösung finden Sie in der großen

Modellpalette unserer drei Produktlinien und im Zubehör-Shop.“58

Von Vorteil ist hier die schon genannte Befestigung der Stütze am Boden des Instruments.

(Abbildung 50)

Dadurch findet bei einer Anpassung der Höhe und des damit verbundenen

Hochachsenwinkels nicht mehr ein verstärktes Verschieben der Gitarre nach links statt. Es

wird aber dadurch nicht automatisch eine Mittendefinition wie sie von Lind beschrieben

wird erreicht. Jedoch eliminiert der Guitarlift den Konstruktionsfehler der Stützen von

ErgoPlay und Efel bzw. Gitano, welcher bei einer Zunahme des Hochachsenwinkels ein

noch weiteres Verschieben des Instruments nach links bewirkt. Großen Anklang findet bei

den Gitarristen auch die Tatsache dass diese Art von Stütze optisch sehr dezent in

Erscheinung tritt, was für eine Verwendung im Konzertbetrieb von Vorteil ist.

58 Justen, Felix: Guitarlift Werbetext auf der Homepage. https://guitarlift.info/ , Bietigheim-Bissingen, Stand: 20.01.2020

69

Abbildung 50: Befestigung Guitarlift

3.2.2 Frei stehende oder am Spieler befestigte Hilfsmittel

Einen anderen Ansatz zur Behebung von Körperirritationen finden wir in Haltungshilfen,

welche nicht am Instrument befestigt sind. Dazu zählen Haltungsmittel, die am Spieler

„befestigt“ werden, aufliegen oder gänzlich frei stehen. Lind hat in seiner Abhandlung

„Die Haltung des Gitarristen“ etliche Alternativen gesammelt. Auch hier werden in dieser

Arbeit nur exemplarische Möglichkeiten aufgezeigt, ohne Anspruch auf Vollständigkeit.

3.2.2.1 Dynarette und Matepis Gitarrenkissen

Den Gitarrenkissen von Dynarette und Matepis liegt das selbe Konstruktionsprinzip

zugrunde. Ausgelöst durch die Formulierung der Anforderungen an eine Haltungshilfe

von Abel Carlevaro ( 1916 Monteviedeo – 2001 Berlin) in seiner „Schule der Gitarre –

Darstellung der instrumentalen Theorie“ (Barry Insternational/1978) fand eine

Entwicklung dieser beiden Haltungshilfen statt. Wobei hier der Hersteller des Matepis

Gitarrenkissens für sich beanspruchen, gnau den Erfordernissen Carlevaros zu

entsprechen. Auf der Seite des Musikalienhändlers Schneidermusik ist dazu vermerkt:

„Das Konzertkissen beruht auf einer Idee des Uruguayischen Gitarristen Abel

Carlevaro, die in seiner "Escuela de la Guitarra" bekannt gegeben wurde. Das

Konzertkissen in der Größe 1, mit 3 cm Höhe, ist dabei das Modell, das der

Originalidee von Carlevaro am nächsten kommt.“59

Carlevaro definiert die Anforderungen wie folgt:

„Wegen der schrägen Stellung des Instruments, durch die seine Stabilität gestört

würde, bietet die Krümmung der unteren Zarge der Gitarre gewisse

Schwierigkeiten beim vollständigen Anpassen an die Form des linken Beines. Man

löst dieses Problem der Stabilität, indem man ein kleines Kissen benutzt, das zum

einen die Störung beheben sowie die Zarge und das Bein völlig einander anpassen

und zum anderen ein eventuell vorkommendes geringes Verrutschen der Gitarre

vermeiden soll. Das erste Ziel erreicht man dadurch, daß man das kleine Kissen aus

einem schwammigen und elastischen Material erstellt, und das zweite, indem man

auf der Oberseite, die Kontakt mit der Gitarre hat, ein rutschfestes Element

59 Schneidermusik GmbH: Werbetext Matepis Gitarrenkissen. Chemnitz, https://schneidermusik.de/shop1/product_info.php/products_id/21732 – Stand: 04.03.2020

70

verwendet...“60

Hierbei ist jedoch anzumerken, dass bei der Grundidee Carlevaros eine Kombination von

Fußbank und Gitarrenkissen vorgesehen war. Erst durch die Weiterentwicklung durch

Dynarette und Matepis entstanden Modelle mit einer Höhe, welche die Verwendung der

Fußbank unnötig machten. (Abbildung 51 und 52)

Dauerhaft konnte sich, obwohl jedem Gitarristen geläufig, keines der beiden

Gitarrenkissen am Markt etablieren. Zu instabil war seine Verwendung. Die Kissen

neigten zum Verrutschen bei Bewegungen des Gitarristen während des Musizierens.

Manche Gitarristen verwenden Bänder zur Befestigung am linken Oberschenkel, was

wieder zu optischen Beeinträchtigungen auf der Bühne führt.

Da sie in ihrer Funktionsweise den beschriebenen Stützen (ab Seite 62) folgen, sind ihre

Limitierungen im Bereich einer körperschonenderen Schulhaltung ähnlich gelagert. Eine

Haltung, welche eine physiologisch kompromisslose Mittendefinition erwirkt, ist mit

keiner der beiden Gitarrenkissen zu erzielen. Auch ist die Höhenanpassung limitiert – das

Dynarette-Kissen gibt es in zwei Höhen, das Matepis in sechs. Meist muss für eine feiner

abgestimmte Höhenanpassung wiederum auf die Fußbank zurückgegriffen werden, was

die Verwendung eines Gitarrenkissens ad absurdum führt. Einzig der Beinwinkel des

linken Beines wird, bei der Verwendung eines Gitarrenkissens mit zusätzlicher Fußbank,

flacher. Ohne die Fußbank wird die Beckenschiefstellung abgemildert und die

Blutzirkulation des linken Beines verbessert. Auch wird das Gewicht wieder gleichmäßig

60 Carlevaro, Abel: Schule der Gitarre. Darstellung der instrumentalen Theorie, deutsche Übertragung Rüdiger Scherping, Heidelberg 1998, S. 12.

71

Abbildung 51: Matepis Gitarrenkissen klein Abbildung 52: Matepis Gitarrenkissen groß

auf die Sitzhöcker verteilt.

3.2.2.2 Stativ von Ekard Lind (Lindstativ)

Einen nicht neuen Ansatz wählte Lind mit seinem Stativ – dem sogenannten Lind- oder

Ehingerstativ. Die Verwendung eines Stativs zur Positionierung des Instruments zum

Körper des Gitarristen beschreibt Aguado bereits 1825 in seiner Gitarrenschule. Hier wird

es als Tripodium bezeichnet. Dabei handelt es sich um einen Gitarrenständer, welcher

seitlich neben dem Gitarristen steht und die Gitarre durch Klemmen und

Verschraubungen aufnimmt. Dadurch muss die Gitarre nicht mehr am Körper fixiert

werden. Diese Idee greift Lind ca. 150 Jahre später mit dem „Lindstativ“ wieder auf. Lind

schreibt zur Entstehung des Stativs:

„1976 bat ich den Balinger Fabrikanten und Erfinder Adolf Ehinger, mir eine

Halterung für das Instrument zu bauen. Es entstand das Ehinger-Modell, welches

fest mit dem Stuhl verbunden war und die Lageveränderung um alle Achsen und

mehrere Ebenen ermöglichte. Der entscheidende Vorteil des Ehinger Modells

gegenüber Aguados Tripodium bestand darin, das von Anfang an das

Eigengewicht des Spielers für die stabile Körper-Korpus-Verbindung verwandt

wurde.“61

Der Erstentwurf des Stativs, welches als Forschungs- und Experimentierstativ entwickelt

wurde, wird als Ehinger-Modell bezeichnet. Zwei Jahre später greift Lind diese Idee wieder

auf und lässt sich sein erstes Stativ zum Spiel im Stehen bauen, welches Lindstativ genannt

wird. Der Auslöser für die Entwicklung dieser Spielhaltung im Stehen ging von Ärzten

und Chiropraktikern aus, welche Lind dafür sensibilisierten dass es wohl keine sitzende

Spielhaltung gäbe, die die Probleme der Schulhaltung gänzlich vermeidet.62 Bei der finalen

Version des Lindstativs wurde auf einer Trittplatte, auf welcher der Gitarrist beim Spielen

steht und somit für die nötige Stabilität zum „Anlehnen“ an das Instrument erzeugt, ein in

der Höhe verstellbares Stativ montiert. Dieses nimmt die Gitarre auf und ist im Bereich

des Schallloch-, Halsachsen- und Hochachsenwinkels einstellbar. Dadurch ist eine

passgenaue Positionierung zum Instrumentalisten möglich. (Abbildung 53) Mit dem

61 Lind: Die Haltung des Gitarristen. S. 53.62 Ebenda: S. 54.

72

Lindstativ ist eine dauerhafte konsequente Mittendefinierung möglich, da die Beine

aufgrund der Musizierhaltung im Stehen nicht mehr bei der Positionierung des

Instruments hinderlich sind und der Gitarrist sich beliebig hinter dem Instrument

positionieren kann.

3.3 Änderungen der Korpusform

Eine weitere Möglichkeit, welche Lind in seinem Buch beschreibt, ist die Anpassung der

Instrumentenform an die Schulhaltung. Er schreibt dazu:

„Spiel im Sitzen mit abgeänderter Korpusform – Die herkömmliche europäische

Sitzweise auf dem Stuhl kann unter den genannten Erwartungen nur dann

eingesetzt werden, wenn man die Instrumentenform ändert. Anders ist das

„Rechte-Bein-Problem“ im Sitzen nicht zufriedenstellend zu lösen. Abbildung 52,

[Abbildungen 54 in dieser Arbeit] eine der möglichen Korpusformen, wobei hier

von einer „modifizierten“ (geringfügig veränderten) Gitarrenform ausgegangen

wurde. [Abbildung 55 und 56] Es sind theoretisch und praktisch auch neue

Formschöpfungen möglich. Diese Haltungsform hat […] den Vorteil, daß das

73

Abbildung 53: Lindstativ - noch ohne Bodenplatte

Instrument im Spiel zusammen mit dem Oberkörper mitbewegt werden kann.“63

Durchsetzen konnten sich Gitarren mit angepasstem Korpus weder damals noch heute. Es

handelt sich also bei dieser Weiterentwicklung von Lind vielmehr um eine theoretische

Möglichkeit. Daher bleiben die exemplarisch für Lind gebauten Gitarren wohl auch weiter

Unikate.

4. Die Haltung in der Unterrichtsliteratur

Wie wird die Haltung in den didaktischen Lehrwerken vermittelt? Wird immer noch ein

Bild weitergegeben, welches durch die Schulhaltung von Tárrega geprägt ist, oder werden

auch alternative Haltungsformen aufgezeigt. Wie ist die didaktische Aufbereitung in den

Schulen, bzw. wie wird die Haltung in den Gitarrenschulen vermittelt?

Grundlegend muss man in diesem Bereich zwei sehr unterschiedliche Arten von

„Schulen“ unterscheiden. Erstens die didaktisch-pädagogischen Schulen, welche als Ziel

das Erlernen des Instruments Gitarre verfolgen. Meist konzipiert für den Unterricht mit

Kindern und Jugendlichen. Zweitens die Art von Instrumentalschulen die mehr ein

63 Ebenda, S. 58.

74

Abbildung 54: Alternative Korpusform 1

Abbildung 55: Alternative Korpusform 2

Abbildung 56: Alternative Korpusform 3

Technikkompendium darstellen. Deren Ziel ist es, dem erfahrenen Gitarristen eine

Weiterentwicklung in technischen sowie musikalischen Bereichen zu ermöglichen. Hierbei

soll zu einem tieferen Verständnis des Zusammenspiels von Haltung, Instrument und

Bewegung verholfen werden, meist mit dem Ziel einer motorischen Weiterentwicklung.

Diese Weiterentwicklung ermöglicht mehr spielerische und musikalische Möglichkeiten

bei der Werkinterpretation und Werkgestaltung.

4.1 Berücksichtigung der Haltungsvermittlung in ausgewählten Schulen des

Anfängerunterrichts

Der Großteil der publizierten Unterrichtsliteratur bilden Schulen, welche für den

Anfängerunterricht konzipiert sind. Dabei ist die überwältigende Mehrheit speziell für

den Unterricht mit Kindern und Jugendlichen konzipiert und abgestimmt. Wie wird

jedoch die Haltung in dieser Art von Schulen behandelt? Unter diesem Aspekt wird in

diesem Kapitel der Arbeit eine Auswahl an Anfängerschulen näher betrachtet und deren

Ansätze und Defizite erörtert.

Nach welchen Kriterien werden die Schulen verglichen:

1. Wird eine Haltung erklärt?

2. Welche Form der Haltung wird angesprochen?

3. Werden, sollte die Schulhaltung als prinzipielle Haltungsform erklärt werden,

Haltungsalternativen angesprochen oder erklärt?

4. Wie wird die Verwendung der Haltungshilfe erklärt?

5. Wird auf die Körperhaltung eingegangen?

6. Wie wird ist die Vermittlung der Körperhaltung in den Aufbau der Schule

integriert?

7. Gibt es Übungen zur Haltung?

4.1.1 Meine Gitarrenfibel und Neue Gitarrenschule – Heinz Teuchert

Heinz Teuchert (1914-1998) war ein deutscher Gitarrist, Herausgeber und Professor für

klassische Gitarre an der Hochschule für Musik Frankfurt a. Main, sowie dem

Konservatorium Dr. Hoch in Frankfurt a. Main. Teuchert veröffentlichte zwei, jeweils

75

zweibändige Gitarrenschulen. Die Schule „eine Gitarrenfibel Band 1 und 2“ für Kinder im

Volksschulalter, sowie die „Neue Gitarrenschule Band 1 und 2“ für Schüler ab der

Mittelschule oder älter. Beide Schulen erschienen bei Ricordi & Co, die „Meine

Gitarrenfibel“ erstmals 1979, die „Neue Gitarrenschule“ 1984. Die Gitarrenfibel liegt seit

2012 in einer revidierten Neufassung vor, die „neue Gitarrenschule“ wurde 1986 in einer

überarbeiteten Fassung neu publiziert. In dieser Arbeit wird immer auf die aktuellen

Versionen von 2012 und 1986 zurückgegriffen.

In beiden Schulen wird die Schulhaltung von Tárrega propagiert und als Norm

dargestellt. In „Meine Gitarrenfibel“ findet die Abhandlung und Erklärung der Haltung

auf einer Seite statt. Teuchert zeigt in fünf Zweizeilern die grundlegenden Eckpunkte der

Haltung auf. Ergänzt wird dies durch eine Abbildung, welche einen Schüler zeigt, der in

Schulhaltung Gitarre spielt. Die Haltung wird wie folgt erklärt:

„Der linke Fuß wird hochgestellt, dass die Gitarre richtig hält.

Setz die Gitarre hinter's Knie, auf diese Art verrutscht sie nie.

Der rechte Oberschenkel nützt, indem er die Gitarre stützt.

Der Unterarm liegt ganz entspannt am höchsten Punkt vom Zargenrand.

Und was du noch beachten musst: lehn die Gitarre an die Brust“64

Eine weitere Auseinandersetzung im Verlauf der Schule findet nicht statt. Die Haltung

wird auch im Band 2 der Schule „Meine Gitarrenfibel“ nicht mehr weiter erörtert. Ein

Aufzeigen von Haltungsalternativen ist nicht gegeben. Die verwendete Haltungshilfe (bei

Teuchert die Fußbank) wird in „Meine Gitarrenfibel“ nicht erwähnt oder erklärt, einzig

auf der Abbildung ist der Schüler mit Fußbank zu sehen. Außer den „5 Haltungsreimen“

wird dem Schüler auch keine weitere Hilfestellung zur Haltung oder Positionierung der

Gitarre gegeben.

Ähnlich verhält es sich bei den beiden Bänden der „neuen Gitarrenschule“. Nur in zwei

Punkten unterscheiden sich diese Schulen von der Gitarrenfibel. Es wird die Verwendung

der Fußbank minimal ausführlicher beschrieben:

„Der linke Fuß wird auf ein Bänkchen gestellt, so daß der Oberschenkel zum Knie

64 Teuchert, Heinz: Meine Gitarrenfibel. Band 1, Revidierte Neuauflage, München 2012, S. 6.

76

hin etwas ansteigt. (Das Fußbänkchen läßt sich der Größe des Spielers entsprechend

einstellen.)“65

Zusätzlich wird auf eine alternative Haltungsform hingewiesen. Diese dient jedoch nicht

dazu, die Körperirritationen zu vermindern oder zu vermeiden sondern vielmehr um den

Damen das Spielen mit Rock zu ermöglichen.

4.1.2 Gitarrenschule – Dieter Kreidler

Dieter Kreidler (geboren 1943) ist ein deutscher Gitarrist und Herausgeber. Er wirkte als

Professor für klassische Gitarre an der Hochschule für Musik und Tanz Köln – Abteilung

Wuppertal und veröffentlichte 2009 sein dreibändiges Lehrwerk „Gitarrenschule Band 1-

3“ im Verlag Schott. Auch Kreidler erklärt im ersten Band der „Gitarrenschule“ die

Haltung der Gitarre. Da Kreidler in seinem Vorwort schreibt,

„... die Gitarrenschule hat drei Bände und eignet sich [...] aber auch zum

Selbststudium.“66

erwartet man eine ausführliche Anleitung zur Haltung und Positionierung des

Instrumentes. Mit diesem Anspruch, dass das Erlernen der Gitarre mittels vorliegender

Schule auch im Selbststudium erfolgen kann, ist die Haltung etwas ausführlicher

beschrieben. Jedoch sind, mit ca. einer halben Seite Text und drei Abbildungen, auch hier

die Informationen spärlich.

Beschrieben wird die traditionelle Schulhaltung nach Tárrega, mit der bekannten Haltung

der Gitarre. Dabei wird das linke Bein der abgebildeten Gitarristin mittels einer Fußbank

erhöht. Als Alternative wird eine Abbildung mit Stütze, bei der die Stütze auf dem linken

Oberschenkel ruht, gezeigt. Bei der Haltung mit Stütze ist das linke Bein am Boden

abgestellt. Als dritte Haltungsmöglichkeit wird eine Kombination von Stütze und

Fußbank vorgestellt. Dabei wird die Stütze auch auf dem linken Oberschenkel aufgelegt,

jedoch erfolgt ebenfalls eine Erhöhung des linken Fußes durch eine Fußbank. Dies soll

eine Verwendung der Stütze auch dann ermöglichen, wenn sich der Schüler in einer

„Zwischengröße“ befindet, bei der die Stütze alleine keine zufriedenstellende

Positionierung der Gitarre gewährleistet. Jedoch wird in dieser Schule darauf

hingewiesen, dass der Kopf der Gitarre höher zu halten ist als von Tárrega vorgegeben.

65 Teuchert, Heinz: Neue Gitarrenschule. Band 1, Revidierte Neuauflage, München 1986, S. 6.66 Kreidler, Dieter: Gitarrenschule, Gitarre spielen mit Spaß und Fantasie. Band 1, Mainz 2009, S. 4.

77

(auf Augenhöhe bei Kreidler – Schulterhoch bei Tárrega)67

Kreidler weist in seiner „Gitarrenschule“ also auf eine alternative Haltungshilfe hin. Diese

wird auch schon zu Beginn der Schule bei der Auflistung des benötigtem Zubehörs

aufgeführt. Dort findet sich, neben der altbewährten Fußbank, eine Abbildung einer

Stütze des Modells Efel. Auch wird bei der Haltungsbeschreibung wenige Seiten später

die Alternativhaltung mit Stütze erklärt.68

Was auch in dieser Schule fehlt, ist eine Auseinandersetzung im Bereich der

Körperhaltung während des musizierens. Durch das nicht Behandeln einer Körperhaltung

und der Risiken einer fehlerhaften Haltung wird der Musiker nicht für diese Gefahren

sensibilisiert. Problematisch ist dies vor allem vor dem bereits erwähnten Hintergrund,

dass die besprochene Gitarrenschule den Anspruch erhebt auch für ein Selbststudium

geeignet zu sein. Nach der Einführung in die Haltung der Gitarre mittels Fußbank oder

Gitarrenstütze wird auch in diesem Lehrwerk im weiteren Verlauf nicht mehr auf eine

vertiefende Vermittlung von Haltung eingegangen, so finden sich keine weiteren

Lehrinhalte, welche den Schüler im Bereich der Haltung schult. In keinem der beiden

folgenden Bänden finden sich Übungen für eine Haltungsschulung oder Hinweise auf

eine Haltungskontrolle. Der Schüler wird daher nicht weiter darauf hingewiesen, wie eine

Haltung des Instruments und die daraus resultierende Spielhaltung zu gestaltet ist.

4.1.3 Let's Play Guitar – Michael Langer und Ferdinand Neges

Die 2003 im Doblinger-Verlag erschienene Gitarrenschule „Let's Play Guitar“ umfasst

zwei Bände und wurde von dem österreichischen Gitarristen, Komponisten, Arrangeur

und Professor für klassische an der Anton Bruckner Privatuniversität Linz sowie am

Konservatorium Wien Privatuniversität Michael Langer, und dem Gitarristen,

Komponisten und Gitarrenpädagogen Ferdinand Neges verfasst.

In dieser Schule wird die Schulhaltung nach Tárrega als erste Haltung aufgezeigt und

auch die einzige Abbildung zur Haltung der Gitarre und der Körperhaltung zeigt einen

Schüler mit Fußbänkchen in Schulhaltung.69 Auch wenn sich die Erklärung und

67 Ebenda, S. 10. 68 Ebenda, S. 6.69 Langer, Michael und Neges, Ferdinand: Let's play Guitar. Band 1. Wien-München 2003. S. 8.

78

Beschreibung der Spielhaltung in dieser Schule auf ca. eine halbe Seite beschränkt, finden

wir in dieser Schule Hinweise auf die Körperhaltung:

„Mit aufrechtem Oberkörper […] achtet man darauf, dass der Rücken entspannt ist

und die Schultern völlig locker sind.“70

Auf der Abbildung ist eine Haltung zu erkennen, welche auch den Kopf der Gitarre auf

Höhe der Augen anstrebt.71 Zur Positionierung der Gitarre wird die Verwendung der

Fußbank beschrieben, welche durch die Erhöhung des linken Beines ein Ablegen der

Gitarre im Bereich ihrer Taille auf dem linken Oberschenkel ermöglicht. Jedoch wird

darauf verwiesen, dass es auch Alternativen zur Fußbank gibt:

„Der Fußschemel kann eventuell auch durch erprobte Alternativen wie ein

Schaumstoffkissen, eine Beinstütze oder eine Gitarrenstütze ersetzt werden. Diese

sind im Fachhandel erhältlich und ermöglichen eine Grundhaltung, bei der beide

Füße auf den Boden gestellt werden können.“72

Eine Abbildung dazu lässt sich leider in keinem der beiden Bände finden, auch wird die

korrekte Verwendung der erwähnten Alternativen nicht erläutert. Die Vermittlung

sowohl der Haltung des Instrumentes, als auch der Körperhaltung, findet auch in dieser

Schule nur im Zuge der Einführung statt. Im weiteren Verlauf wird nicht mehr weiter auf

eine Schulung der Haltung eingegangen. Auch fehlen mögliche Haltungsübungen für den

Schüler. Auf sämtlichen weiteren Abbildungen im ersten Band der Schule, welche 75

Seiten umfasst, ist kein Gitarrist abgebildet, welcher in der vollständigen Haltung gezeigt

wird. Es werden immer nur Ausschnitte der Hand oder der Finger gezeigt. Eine weitere

Sensibilisierung des Lernenden für Instrument- und Spielhaltung ist nicht gegeben.

4.1.4 Fridolin - Eine Schule für junge Gitarristen – Hans Joachim Teschner

Die 1986 erstmals publizierte, und 1990 revidierte Gitarrenschule „Fridolin“ ist im Verlag

Heinrichshofen's Verlag erschienen. In dieser Arbeit wird die überarbeitete Ausgabe von

70 Ebenda: S. 8.71 Ebenda: S. 8.72 Ebenda: S. 9.

79

1990 als Grundlage der Analyse verwendet. Verfasst wurde die Schule von dem deutschen

Komponisten und Gitarrenpädagogen Hans Joachim Teschner und umfasst drei Bände.

Hierbei ist zu beachten, dass nur Band 1 und 2 didaktisch aufbauend konzipiert sind. Der

dritte Band der Schule hat die Liedbegleitung zum Thema und ist laut Teschner ab Übung

Nr. 51 des ersten Bandes kombinierbar.73

Obwohl die Erklärung der Haltung des Instruments und der Körperhaltung über eine

Seite der Schule in Anspruch nimmt, ist die enthaltende Information sehr gering.

Erschwerend kommt hinzu, dass sich die Aussagen zum Hochachsenwinkel von Teschner

in seiner Schule nicht decken. So schreibt Teschner zur Haltung der Gitarre: „... Der

Gitarrenkopf befindet sich in Schulterhöhe.“74 Diese Haltungsangabe entspricht der

Schulhaltung nach Tárrega. Jedoch ist auf der ganzseitigen Abbildung, welche einen

Schüler in Spielhaltung mit Fußbank zeigt, der Kopf der Gitarre auf Augenhöhe

positioniert. Auch bei der auf der folgenden Seite abgebildeten Zeichnung wird erklärt:

„Der Gitarrenkopf soll über die Schulter gucken!“75. Wir haben hier also zwei

unterschiedliche Haltungsangaben, welche sich beide von der abgebildeten Haltung

unterscheiden.

Auf der Abbildung ist ebenso gut zu erkennen, dass der Schüler mit verdrehter

Wirbelsäule sitzt und den Kopf nach vorne neigt, um die fehlende Mittendefinition

auszugleichen. Somit ist die hier abgebildete Haltung die wohl ungünstigste, verglichen

mit dem Haltungsideal nach Lind, Ibanez und Offermann. Auch wird die Körperhaltung

beim Gitarrenspiel nicht erklärt. Einzig die Auflagepunkte der Gitarre am Körper des

Gitarristen werden definiert und sind in der Abbildung markiert.76

In der Gitarrenschule „Fridolin“ werden keine weiteren Haltungsalternativen zur

Positionierung des Instruments am Körper des Instrumentalisten erwähnt. In der Schule

wird auch im weiteren Verlauf auf Abbildungen verzichtet, abgesehen von zwei

Abbildungen auf Seite 11, welche die Zupfhand abbilden, und einer Abbildng auf Seite 16

zum Thema der Greifhandpositionierung. Alle drei Abbildungen zeigen jedoch nur im

Bildausschnitt die besprochene technische Ausführung und nicht den gesamten

73 Teschner, Hans Joachim: Fridolin – Eine Schule für junge Gitarristen. Band 1, revidierte Neuauflage, Wilhelmshafen1990. S. 4.

74 Ebenda: S. 10.75 Ebenda: S. 11. 76 Ebenda: S. 10.

80

Gitarristen.77 Dadurch erhält der Schüler keine weiteren Anreize, sich mit seiner

Instrumentenhaltung oder Körperhaltung auseinander zu setzen.

4.1.5 Gitarre spielen mit Lena und Tom – Andreas Schumann

Die 1996 erschiene Gitarrenschule „Gitarre spielen mit Lena und Tom“ wurde 2011 in

einer revidierten und erweiterten Ausgabe bei Bosworth Edition veröffentlicht. Verfasser

ist der deutsche Gitarrist, Komponist und Musikpädagoge Andreas Schumann. Schumann

bezieht sich in seiner Gitarrenschule auf die Schulhaltung nach Tárrega. Als Hilfsmittel

zur Positionierung der Gitarre zum Körper wird nur die Fußbank erwähnt. Der Kopf der

Gitarre soll laut Schumann auf Höhe der Schultern gehalten werden. Auf einer Abbildung

wird die Haltung durch einen Schüler demonstriert. Der Nachteil bei dieser Abbildung ist,

dass der Schüler nur ab dem Knie abgebildet ist. Dadurch kann keine Aussage über die

Stellung und Positionierung der Beine getroffen werden.78

Andere Haltungshilfen oder Haltungsalternativen werden weder zu Beginn noch im

weiteren Verlauf der Gitarrenschule beschrieben. Auch finden sich in der gesamten Schule

keine Haltungsübungen oder Anregungen bezüglich einer Haltungskontrolle. Sämtliche

Abbildungen in den drei Bänden der Schule zeigen nur Ausschnitte des Instrumentalisten

und ermöglichen es somit auch nicht, dass der Schüler zu einer korrekt ausgeführten

Haltung beim Üben angeleitet wird.

Auch auf die Körperhaltung während des musizierens wird nicht eingegangen. Es wird

nur zu Beginn der Schule darauf hingewiesen, dass der Ellbogen auf dem Zargenrand

aufliegt und die Anschlagshand dadurch locker über dem Schallloch hängt. Zur Haltung

des Oberkörpers und zu der Schulterhaltung wird nichts geschrieben. Auf der Abbildung

lässt sich eine leichte Schulterschiefstellung mit dem Tiefpunkt der linken Schulter

erkennen. Dies ist bedingt durch den relativ flachen Hochachsenwinkel der abgebildeten

Gitarrenhaltung. Auch erweckt die Abbildung den Eindruck, dass die rechte Schulter im

Schultergelenk leicht nach vorne gedreht ist, was auf einen hinter dem Oberkörper des

Spielers positionierten Gitarrenhals schließen lässt. Dies deutet auf eine Kompensation der

nicht gegebenen Mittendefinition hin.79

77 Ebenda: S. 11 und 16.78 Schumann, Andreas: Gitarre spielen mit Lena und Tom. Band 1-3, Berlin 2011, S. 6.79 Ebenda: S.6.

81

4.1.6 The Christopher Parkening Guitar Method – Christopher Parkening

Dieses Lehrwerk wurde 1972 erstmals bei Hal Leonard Corporation publiziert. Die Schule

erschien 1999 nochmals in einer revidierten und überarbeiteten Form ebenfalls bei Hal

Leonard Corporation. In dieser Arbeit beziehe ich mich auf diese revidierte Ausgabe. Die

Schule von Parkening ist relativ schwer einzuordnen. Einerseits ist sie kein reines

Technikkompendium für den fortgeschrittenen Gitarristen, andererseits auch keine

klassische Anfängerschule, da sie in der Didaktik des Lehrmaterials sehr schnell

voranschreitet. Ihr Verwendungsbereich ist kaum im Bereich des Unterrichts in

Musikschulen mit Kindern zu sehen, vielmehr eignet sie sich für den

Erwachsenenunterricht oder für Wiedereinsteiger. Parkening vermerkt zur

angesprochenen Zielgruppe im Vorwort seiner Schule:

„This book is desinged to present you with a logical and systematic method for

gradual and technical development toward the eventual mastery of this great and

noble instrument. It is not intended solely for the guitarist who aspires to be a

concert performer. It is also for the person unknowledgeable in music who wishes

to learn the correct fundamentals, with enjoyment during the learning process, and

regardless of age.“80

Parkening gilt als einer der prominentesten Vertreter der Schule von Segovia. Segovia

stand in seiner Jugend selbst in unregelmäßigem Kontakt zu Tárrega. Daher ist es nicht

verwunderlich, dass Segovia eine Haltung und Spieltechnik propagierte, welche deutlich

durch die Schulhaltung Tárregas geprägt war, wenngleich Segovia nie müde wurde, sich

selbst als Autodidakt zu bezeichnen. In der Schule von Parkening wird das Kapitel der

Haltung des Instruments zum Körper als auch die Körperhaltung selbst auf zwei Seiten

beschrieben. Dabei wird weitestgehend die Schulhaltung Tárregas wiedergegeben, einzig

in den Winkeln der Gitarre zum Körper weißt sie Unterschiede auf. Die Gitarre wird sehr

flach gehalten, in dem sie relativ weit vorne am Oberschenkel aufgesetzt wird und sich

zur Brust des Gitarristen neigt. Auch befindet sich der Hals der Gitarre hinter der Schulter

des Instrumentalisten, was zu einer Verdrehung des Oberkörpers führt. Die Schulter hält

80 Parkening, Christopher: Guitar Method. The art and technique of the classical guitar. Volume 1, revidierte Neuauflage, Bluemound RD 1999, S. 7.

82

Parkening auf den Abbildungen waagrecht, eine vertiefende Aussage dazu gibt es nicht.81

Parkening empfiehlt die Verwendung einer Fußbank zur Erhöhung des linken Beines.

Eine alternative Haltung der Gitarre wird wiederum nur für Frauen angegeben. Zum

Einen mit übereinander geschlagenen Beinen, zum Anderen mit Fußbank, aber ohne die

bekannte Spreizung der Beine, um die Gitarre platzieren zu können. Jedoch dienen diese

Haltungsalternativen nicht dazu, mögliche Körperirritationen zu beseitigen, sondern um

das Spiel mit Rock zu ermöglichen. Die Haltung mit geschlossenen Beinen ermöglicht

zwar eine mittenzentrierte Haltung des Instruments, jedoch auf Kosten der Wirbelsäule

(Drehung nach links) und der Schulter (Absinken der linken Schulter). Auch wandert der

Auflagepunkt des rechten Armes vom Unterarm in den Ellbogen, was die

Bewegungsfreiheit einschränkt. Eine Alternative zur Fußbank wird im Verlauf der Schule

nicht erwähnt. Positiv zu erwähnen ist, dass immer wieder Abbildungen zu sehen sind,

die entweder Parkening oder einen anderen Gitarristen (zum Beispiel: Segovia, Tárrega

oder Llobet) beim Spielen abbilden. Dadurch wird dem Schüler immer wieder die

propagierte Haltung in Erinnerung gerufen.

4.2. Die Haltung in Technikkompendien für den fortgeschrittenen Schüler/Studenten

4.2.1 Pumping Nylon – Scott Tennant

Das Technikkompendium „Pumping Nylon“ des aus den USA stammenden Gitarristen

und Gitarrenpädagogen Scott Tennant erschien 1998 bei Alfred Publishing. Dieses

Lehrwerk soll, nach Aussage des Autors, Lösungsvorschläge für die gängigen technischen

Probleme liefern. Dabei ist die Grundidee der Schule, eine Sammlung von Übungen,

Notenbeispielen und technischen Erörterungen zu erstellen, nach welchen ein Lehrbuch

gestaltet sein solle.82

Im Kapitel „Der Körper“ geht Tennant auf die Haltung des Instruments und des Körpers

des Spielers ein. Er erklärt zur Körperhaltung, dass der Gitarrist eine entspannte Haltung

einnehmen soll, bei der er den Nacken und die Wirbelsäule in Richtung der Zimmerdecke

streckt, ohne dabei die Schultern nach oben zu ziehen. Die Schultern sollen dabei leicht

zurückgezogen werden um ein nach vorne Fallen zu vermeiden.83

81 Ebenda: S. 10.82 Tennant, Scott: Pumping Nylon – Das Technik-Handbuch für Gitarristen. Neustadt/Wied 1998, S. 4.83 Ebenda: S. 7.

83

Zur Positionierung der Hände wird ausgeführt:

„Die Hände sollten sich ständig in einem Zustand dynamischer Entspannung

befinden. Das heißt, sie sollten immer frei von übermäßiger Spannung sein.

Gleichzeitig sollten sie immer in „Standby“-Position, d.h. zum sofortigen Spielen

bereit sein. Anschließend sollten sie sich genauso schnell wieder entspannen. […]

Um optimale Ergebnisse zu erzielen, sollten beide Handgelenke normal gerade

gehalten werden (im Verhältnis zum Arm), also nicht mit Gewalt gerade gemacht

werden.“84

Auch wird darauf hingewiesen, dass diese grundlegende Entspannung des Handgelenks

und der Hand dafür sorgt, dass die Sehnen im Karpaltunnel den nötigen Platz zur

Verfügung haben, um ungehindert arbeiten zu können. Bei erhöhter und vor allem

dauerhaft erhöhter Anspannung kann dies zu Körperirritationen führen.85

Die Positionierung der Gitarre zum Körper des Gitarristen ist hier wieder an die

Schulhaltung Tárregas angelehnt. Es gibt die drei bekannten Punkte (linker und rechter

Oberschenkel sowie Brustbein), an welchen die Gitarre am Körper des Musikers anliegt.

Der rechte Unterarm wird am höchsten Punkt des Unterbugs aufgelegt und in nahezu

gerader Linie zu den Saiten geführt. Das Handgelenk wird, wie oben beschrieben, nicht

abgewinkelt. Die Gitarre soll auf dem linken Oberschenkel positioniert werden, dass

zwischen dem Boden des Instruments und dem Brust- und Bauchbereich des Spielers ein

Dreieck entsteht.86 (Abbildung 57)

84 Ebenda: S. 6.85 Ebenda: S. 6.86 Ebenda: S. 8.

84

Zur Thematik, ob eine Fußbank oder doch alternative Haltungshilfen zur Positionierung

der Gitarre verwendet werden sollen, wird in diesem Lehrwerk nicht näher eingegangen.

Die schemenhafte Abbildung der Gitarrenpositionierung lässt die Vermutung zu, dass

hierbei die Verwendung einer Fußbank vorgesehen ist. (Abbildung 57) Der Autor selbst

hat eine sehr eigenwillige Haltung, welche dem Flamenco entlehnt ist. Dabei wird die

Gitarre ohne jegliches Hilfsmittel im Zargenbereich des Unterbugs auf dem rechten

Oberschenkel positioniert und nur durch das Gewicht des rechten Armes fixiert.

(Abbildung 58)

85

Abbildung 57: Haltung nach Tennant

Abbildung 58: Haltung Tennant

Tennant geht in seinem Lehrwerk nicht näher auf sonstige Fragen im Bereich der

Instrumentenpositionierung ein. Auch gibt er keine differenzierteren Angaben über

Beinpositionierung, Haltung des Oberkörper oder des Schulterbereichs. Die Angaben in

diesem Technikkompendium sind sehr vage und allgemeingültig gehalten. Darauf wird

aber auch zu Beginn der Schule hingewiesen, wo der Verfasser anmerkt, dass im Bereich

der Körperhaltung und Instrumentenpositionierung der Grundsatz gilt:

„Was nicht kaputt ist, braucht man nicht zu reparieren.“87

Diese Ansicht trifft wohl auf viele Musiker zu. Jedoch zeigt die Auseinandersetzung in

dieser Arbeit, dass dies der falsche Ansatz ist. Weist der Körper erste Anzeichen von

Erkrankungen oder Fehlfunktionen auf, ist es eigentlich schon zu spät.

4.2.2 Die Technik der modernen Konzertgitarre – Hubert Käppel

Hubert Käppel, Gitarrist und Professor für klassische Gitarre an der Hochschule für Musik

und Tanz Köln, veröffentlichte 2011 sein fast 250 Seiten umfassendes Lehrwerk „Die

Technik der modernen Konzertgitarre“. In diesem Kompendium finden wir wohl, neben

Carlevaro, die umfangreichsten Erläuterungen zur Haltung und zur Positionierung des

Instruments zum Körper.

Die Haltung, bei Käppel auch als Grundhaltung bezeichnet, ist eine Form der körperlichen

Position, bei dem das Spiel des Instrumentes und auch die Bewegung an und mit dem

Instrument jederzeit möglich ist. Um dies zu erreichen, ist ein entsprechendes

Gleichgewicht zwischen Entspannung und Fixierung nötig. Laut Käppel muss eine

Haltung bequem und entspannt sein, um Körper und Instrument zu einer Klangquelle zu

verschmelzen.88

Käppel führt bei der Positionierung der Gitarre zum Körper des Gitarristen vier

Kontaktpunkte an:

– Brustbereich

– rechter oberer Unterarm

– linker Oberschenkel

87 Ebenda: S. 6.88 Käppel, Hubert: Die Technik der modernen Konzertgitarre, Detailliertes Kompendium zu den Grundlagen und

Spieltechniken der Gitarre im 21. Jahrhundert mit umfassendem, progressiv aufgebautem Übungsteil. Brühl 2001, S.20.

86

– Innenseite des rechten Oberschenkels

Dabei weist Käppel darauf hin, dass bei der Haltung des Oberkörpers die Wirbelsäule

weder eine Links- noch eine Rechtsneigung aufweisen soll, und das Instrument zentral

zum Körper zu positionieren ist. Es ist darauf zu achten, dass das Instrument nicht zu tief

positioniert wird. Käppel empfiehlt einen Abstand der Zarge zum Kinn des Musikers von

circa 15-20 cm, wobei der Abstand je nach Spielsituation variiert werden soll.89

Als Hilfsmittel, um die Gitarre entsprechend der Haltungsvorstellungen anzuheben und

vor dem Oberkörper zu positionieren, verwendet Käppel eine Fußbank. Trotzdem wird

von Käppel auf die mögliche Verwendung von alternativen Haltungshilfen hingewiesen.

Bei Käppel sind das Kissen oder Gitarrenstützen. Auch erläutert Käppel, dass bei einer

Verwendung einer Haltungshilfe der Kontaktpunkt am linken Oberschenkel mit dem

Instrument nicht direkt gegeben ist. Vorteile der alternativen Haltungshilfen sind laut

Käppel die Entlastung des linken Beines und ein erhöhtes Stabilitätsempfinden im

Oberkörper. Käppel spricht auch die Möglichkeit des Musizierens im Stehen an. Anders

als bei Lind, kommt bei Käppel hier kein Stativ zum Einsatz. Käppel empfiehlt vielmehr

eine Haltung mit Trageband, welches an den beiden Enden der Gitarre befestigt wird.

Auch macht Käppel darauf aufmerksam, dass für ein körperschonendes Üben ein Wechsel

der Übehaltung alle 15-20 Minuten ideal wäre, um Verkrampfungen, Versteifungen und

Überlastungserscheinungen einzelner Muskelgruppen vorzubeugen.90

Die Gitarre soll in einem leichten Winkel zum Oberkörper gehalten werden. Wieder wird

ein Dreieck, gebildet durch den Boden der Gitarre, dem linken Oberschenkel und dem

Bauch- und unteren Brustbereich, als Orientierungshilfe angegeben.91

Zur Positionierung und Haltung der rechten Hand schreibt Käppel:

„Das Handgelenk befindet sich circa 6 bis 8 Zentimeter (eine Handbreit) von der

Gitarrendecke entfernt und ist leicht nach außen gebeugt. Es sollte, ohne extrem

gebeugt zu sein, die höchste Erhebung der Linie von Handrücken und Unterarm

darstellen. Unterarm und Handrücken bilden exakt eine Linie, die am besten vor

einem Spiegel zu kontrollieren ist. “92 (Abbildung 59 und 60)

89 Ebenda: S. 21.90 Ebenda: S. 22.91 Ebenda: S. 21.92 Ebenda: S. 35.

87

Auch weist Käppel darauf hin das übermäßiger Druck mit dem rechten Unterarm auf die

Kante von Decke und Zarge zu einer Irritation der dort liegenden Sehnen und Nerven

führen kann (siehe Seite 42). Diese Irritation kann, sollte zu viel Druck der Auslöser sein,

durch ein kontrollieren de Auflagedrucks vermieden werden. Sollte dies jedoch nicht die

Ursache sein, so empfiehlt sich laut Käppel die Verwendung einer Polsterung für den

Unterarm.93 (siehe Seite 43)

Im Allgemeinen greift Käppel in seiner „Die Technik der modernen Konzertgitarre“ auf

die Grundlagen der Schulhaltung von Tárrega zurück. Jedoch lässt er moderne

Strömungen in seine Instrumenten- wie auch Spielhaltung einfließen oder weist

zumindest auf mögliche Alternativen hin. Dem Bereich Haltung von Instrument und

Körper ist in diesem Lehrwerk viel Platz eingeräumt. Auch weist Käppel immer wieder

darauf hin, dass die Haltung (Instrument als auch Körper) regelmäßig, bestenfalls mit

einem Spielgel, durch den Instrumentalisten zu kontrollieren ist. Die Haltung der Gitarre

im Hochachsenwinkel ist steiler als bei Tárrega, um die Entlastung des Schultergürtels zu

gewährleisten.

93 Ebenda: S. 35.

88

Abbildung 59: Haltung der rechten Hand bei Käppel Nr. 1

Abbildung 60: Haltung der rechten Hand bei Käppel Nr. 2

4.2.3 Schule der Gitarre - Abel Carlevaro

Der bereits in dieser Arbeit erwähnte Gitarrist und Musikpädagoge Abel Carlevaro

veröffentlichte 1979 die Erstausgabe der „Escuela de la Guitarra: Exposición de la teoría

instrumental“ bei Barry International. In dieser Arbeit wird auf die 1998 erschienene, von

Rüdiger Scherping für Chantarelle übersetzte Ausgabe zurückgegriffen. Carlevaro hat

hierbei eine Abhandlung über das Gitarrenspiel in einem Umfang und einer Art und

Weise veröffentlicht, wie sie seit Pujol nicht mehr erschienen ist. Die Schule der Gitarre

von Carlevaro erörtert die theoretischen Ideen und Grundlagen des Gitarrenspiels.

Ergänzt wird diese theoretische Abhandlung durch die vier Bände der „Didaktischen

Reihe“, in denen Übungen zu den einzelnen Kapiteln der Schule zu finden sind.94

Zur Weiterentwicklung der Haltung und Spieltechnik der Gitarre seit Tárrega schreibt

Carlevaro im Vorwort:

„Die Geschichte der Gitarre zeigt uns ein weites Panorama sowie eine logische und

konstruktive Entwicklung. Wir haben es mit einer Vergangenheit zu tun, die uns

mit ihren Tugenden, aber auch mit ihren Fehlern immer noch beeinflußt. Sowohl

die einen als auch die anderen sind von entscheidender Bedeutung: Tugenden, um

beharrlich diesem eingeschlagenen Weg zu folgen, der sich schon als sicher

erwiesen hat, und Fehler, um innezuhalten und darüber nachzudenken, wie wir es

vermeiden können, denselben Irrtümern zu verfallen.

Dieses Buch versucht, eine Lösung für die komplexen Probleme zu finden, die mit

der instrumentalen Mechanik und dem lebendigen musikalischen Gestalten

verbunden sind. Ihre Verbindung muß so eng und subtil sein, daß nicht erkennbar

ist, wo das eine beginnt und das andere endet, denn beide streben zum gleichen

Ziel.“95

Die Haltung wird in dieser Schule sehr dezidiert behandelt. Kapitel 1 der Schule ist der

Haltung der Gitarre gewidmet. Auf sieben Seiten erklärt der Autor die Grundlagen der

Haltung des Instruments, des Körpers sowie der Hände. Für diese Arbeit sind vor allem

die beiden erstgenannten Punkte von Bedeutung. Für Carlevaro ist es von großer

Wichtigkeit, dass sich die Gitarre dem Körper anpassen muss, und nicht der Körper der

Gitarre. Damit meint Carlevaro jedoch nicht bauliche Veränderungen, sondern vielmehr

94 Carlevaro: Schule der Gitarre. S. 6.95 Ebenda: S. 7.

89

eine gesteigerte Sensibilität der Gitarristen bei der Positionierung der Gitarre zum Körper.

Carlevaro weist auch darauf hin, dass eine schlechte Position der Gitarre, sowie eine

fehlerhafte Sitzweise, unmittelbar negative Auswirkungen auf die motorischen

Fähigkeiten der Arme und Finger hat.96

Auch bei Carlevaro findet die Fußbank noch Verwendung. Die Fußbank dient, wie schon

bei Tárrega, zur Erhöhung des linken Beines, um die Gitarre auf dem Oberschenkel

ablegen zu können. Dadurch wird der Hochachsenwinkel des Halses bestimmt. Erstmals

finden wir bei Carlevaro den Hinweis, dass bei einer Sitzposition mit beiden Beinen auf

einer Ebene vor dem Körper des Gitarristen, ein ungleiches Einwirken von Kräften auf

den Körper erfolgt. Laut Carlevaro entsteht ein „instabiles Gleichgewicht“ da der Körper,

ohne willentliche Korrektur, nach hinten kippt. Ziel soll es jedoch sein, dass durch die

Positionierung des Körpers ein „stabiles Gleichgewicht“ entsteht, bei dem der

Instrumentalist nicht mehr bewusst korrigierend eingreifen muss. Dies ist laut Carlevaro

möglich, wenn das rechte Bein nach hinten versetzt wird. Auch ist es so leichter möglich,

den Hals der Gitarre etwas vom Spieler abstehend zu halten. Dadurch wird, auch ohne

eine mittenzentrierte Haltung die visuelle Kontrolle des Griffbrettes erleichtert und ein

nach vorne Kippen des Kopfes reduziert oder gar unnötig.97 (Abbildung 61)

Carlevaro weist im weiteren Verlauf der Schule auch darauf hin, dass die rechte Schulter

bzw. die rechte Hälfte des Schultergürtels nicht in eine erzwungene Stellung nach vorne

96 Ebenda: S. 8. 97 Ebenda: S. 9.

90

Abbildung 61: Beinhaltung und Instrumentenwinkel nach Carlevaro

gebracht werden darf. Ebenso ist von einem nach oben ziehen der rechten Schulter

abzusehen.98 (Abbildung 62 und 63)

Die Positionierung der Finger soll laut Carlevaro ohne Zwang, aber senkrecht zu den

Saiten erfolgen. Dies soll durch ein leichtes Abwinkeln der Hand im Bereich des

Handwurzelgelenks erfolgen.99

Carlevaro arbeitet bei seiner Haltung mit 5 Kontaktpunkte der Gitarre.

1. linkes Bein

2. rechtes Bein

3. rechter Arm

4. linke Hand

5. rechte Seite des Körpers (niemals die linke)

Die ersten vier Punkte werden als aktive Stützpunkte bezeichnet. Sie dienen dazu, das

Instrument am Körper zu fixieren. Auch wird darauf hingewiesen, dass drei dieser Punkte

ausreichen um das Instrument zu halten. Der fünfte Punkt ist als passiver Kontaktpunkt

definiert, er eignet sich nicht als Stützpunkt und kann keine Fixierungsaufgaben

übernehmen.100

Bei abschließender Betrachtung der Haltung von Carlevaro ist auch hier ihre

98 Ebenda: S. 10.99 Ebenda: S. 10. 100Ebenda: S. 11.

91

Abbildung 62: Fehlhaltung nach Carlevaro Nr. 1

Abbildung 63: Fehlhaltung bei Carlevaro Nr. 2

Verwurzelung in der Schulhaltung nach Tárrega deutlich zu erkennen. Carlevaro arbeitet

mit einer Fußbank und zusätzlich einem kleinen Kissen. (siehe Seite 70, Matepis

Gitarrenkissen) Die Anschlagshand wird durch ein variables Abwinkeln im Handgelenk

zu den Saiten positioniert. Neu ist die differenzierte Auseinandersetzung mit der

Positionierung der Beine, um ein Gleichgewicht der einwirkenden Kräfte auf den Rücken

zu ermöglichen. Auch weist Carlevaros Haltung des Instrumentes einen höheren Winkel

im Bereich des Hochachsenwinkels auf, was zusätzlich mit einer stärkeren Schrägstellung

des Instrumentes zum Oberkörper des Gitarristen einhergeht. Dadurch wird die nicht

gegebene Mittenzentrierung weitestgehend ausgeglichen.

92

5. Fazit

Die Haltung welche ein Instrumentalist zum spielen eines Instrumentes einnimmt wird

nie vollkommen ohne Auswirkungen auf den Körper des Musikers sein. Zu sehr greifen

die baulichen Vorgaben des Instruments in die Körperhaltung beim Musizieren ein,

unabhängig von Instrument. Ziel sollte es daher sein eine Spiel- und Instrumentenhaltung

zu suchen welche diese Körpereinflüsse auf ein nötiges Minimum reduziert. Sie sollte

dabei möglichst nahe an einer natürlichen und durch die Anatomie des menschlichen

Körpers vorgegebene Körperhaltung angelehnt sein. Auch hat sich im Verlauf der Arbeit

abgezeichnet, dass es keine Haltungshilfen gibt welche eine körperliche Erleichterung in

allen kritischen Bereichen ermöglicht. Dadurch ist jeder Musiker eigenverantwortlich

dafür zuständig die Haltungshilfsmittel nach dem persönlichen Bedarf auszuwählen und

in seinen Übe- und Konzertalltag zu integrieren. Auch stelle ich bei den Möglichkeiten der

alternativen Haltungsformen und alternativen Haltungshilfen fest, dass die größten

körperlichen Erleichterungen dann zu erzielen sind, wenn mehrere Haltungshilfen und

Haltungsformen beim regelmäßigen Üben abwechselnd zum Einsatz kommen. Nur damit

lässt sich die Belastungen für den Körper gezielt, wenn auch nur punktuell, reduzieren.

Auch sollte verstärkt ein körperbewusstes musizieren und üben für Musiker von

Bedeutung sein. Nur wer die ersten Signale des Körpers wahrnimmt und richtig deutet

kann diese in seinen Musiziergewohnheiten berücksichtigen und frühzeitig und gezielt

auftretenden Körperirritationen entgegenwirken.

Bei der Betrachtung von Lehrwerken für die Instrumentalausbildung konnte ich eine

große Diskrepanz bei der Vermittlung von Körper- und Instrumentenhaltung feststellen.

Dabei unterscheiden sich die Publikationen für den Anfängerunterricht deutlich zu den

Lehrwerken für fortgeschrittene Schüler. Wird in der Literatur für den Gebrauch in den

Musikschulen die Instrumentenhaltung nur sehr marginal behandelt, finden sich in den

Technikkompendien für fortgeschrittene Gitarristen überwiegend sehr ausführliche

Abhandlungen über die Haltung des Instruments.

Der Musikschulschüler wird in der für ihn gestalteten Unterrichtsliteratur oft nur mit der

Schulhaltung nach Tárrega konfrontiert. Alternative Haltungsformen oder Haltungshilfen

werden meist gar nicht erklärt. Dabei ist in einer Schule (Fridolin – siehe ab Seite 81) die

93

Erklärung der Schulhaltung nach Tárrega sogar mit widersprüchlichen Anweisungen zur

Instrumentalhaltung versehen. Werden alternativen Aufgezeigt, sind diese sehr kurz

gehalten. Die traditionelle Schulhaltung wird hier deutlich bevorzugt vermittelt. Als

Ausnahme kann hier die „Gitarrenschule“ von Dieter Kreidler (siehe ab Seite 77) erwähnt

werden. Sie verweist als einzige Anfängerschule in dieser Arbeit auf Alternativen im

Bereich von Haltung und Positionierung des Instruments. Dabei sind diese Erklärungen

der Haltungs- und Haltungshilfenalternativen auch mit Abbildungen versehen. Auch hier

ist die Erklärung der Haltung immer noch sehr kurz gehalten.

Diese sehr einseitige Darstellung der derzeitigen Möglichkeiten im Bereich der Haltung in

den Anfängerschulen ist äußerst kritisch zu betrachten. Hier finden neue Ansätze im

Bereich der Anpassung und Weiterentwicklung der Schulhaltung kaum Einfluss. Schüler

werden in den Instrumentalschulen für den Musikschulgebrauch mit einer Haltung

konfrontiert die scheinbar am Beginn des 20. Jahrhunderts stehen geblieben ist. Doch

gerade in den Musikschulen werden die Grundlagen für das Instrumentalspiel gelegt und

sollten sich viel stärker an den aktuellen Instrumentalhaltungs- und

Körperhaltungsentwicklungen orientieren. Auch wird in allen in der Arbeit besprochenen

Anfängerschulen die Haltung von Instrument und Körper nur am Anfang des Lehrwerks

besprochen. In fast allen Anfängerschulen wurde nach dieser „Einführung“ in die

(Schul-)Haltung im weiteren Verlauf des pädagogischen Lehrwerks keine Möglichkeit für

den Schüler geschaffen seine Haltung, sowohl des Instruments als auch des Körpers, zu

kontrollieren. Diesem Bereich in den Instrumentalschulen mehr Platz einzuräumen wäre

auch aufgrund der Tatsache sinnvoll das die Schüler die meiste Zeit ohne Lehrer üben, da

der Unterricht in der Regel nur ein mal in der Woche stattfindet. Der Schüler wird derzeit

beim heimischen üben nicht durch die ihm zur Verfügung stehenden Lehrmittel

unterstützt seine Fähigkeiten im Bereich der Haltung des Instruments und des Körpers

beim Spielen zu entwickeln.

Anders verhält es sich bei den Technikkompendien für den fortgeschritten Schüler oder

Musikstudenten. Hier wird größtenteils sehr ausführlich auf diesen Bereich des

Instrumentalspiels eingegangen. Meist werden mehrere Möglichkeiten von

Instrumentenhaltungen aufgezeigt und besprochen. Auf findet eine viel größere Anzahl

94

an Haltungshilfen Einzug in die Lehrwerke. Wissenschaftliche Erkenntnisse und

Forschungsergebnisse aus anderen Bereichen (z.B. Medizin) werden mit eingebunden und

in den für Musiker relevanten Kontext gestellt. Dem Schüler wird dadurch ein sehr tiefer

Einblick in die Funktionsweise des menschlichen Körpers beim Musizieren ermöglicht

und die Lehrwerke geben Anregungen zu einer intensiven Auseinandersetzung mit dieser

Problemstellung beim Instrumentalspiel.

Natürlich ist eine so detaillierte Vermittlung von Haltungsformen in einer Anfängerschule

nicht sinnvoll, sie aber gar nicht, oder in einem verschwindend geringem Ausmaß, zu

behandeln ist auch nicht ratsam. Hier gilt es die Entwicklung von kindgerechten

Instrumentalschulen voranzutreiben um diesen Bereich der Instrumentalausbildung auch

kindgerechten und praxisorientiert zu vermitteln. Schon kleine Abänderungen im Aufbau

der Schulen für den Musikschulgebrauch könnten hier in meinen Augen erste Anreize

schaffen. So wäre es durchaus möglich in den Schulen vermehrt Abbildungen

abzudrucken, welche den gesamten Körper des abgebildeten Musikers zeigen und nicht

nur Teilbereiche. Dadurch würde der Schüler regelmäßiger mit einer Haltung konfrontiert

werden, welche die Grundlagen einer den Körper schonenden Haltung vermittelt.

95

Literaturverzeichnis

– Aguado, Dionisio: Nuevo Methodo para Guitarra, Madrid 1843

– Carlevaro, Abel: Schule der Gitarre. Darstellung der instrumentalen Theorie,

deutsche Übertragung Rüdiger Scherping, Heidelberg 1998

– Clerch Joaquin; Lahme, Albrecht: Zupfinstrumente: Gitarre. In: Klein-

Vogelbach, Susanne (Hg.): Musikinstrument und Körperhaltung. Berlin

Heidelberg 2000

– Ibanez, Ivar: Klassische Gitarre und körpergerechte Haltung? Voraussetzungen

und Konsequenzen. Augsburg 2015

– Justen, Felix: Guitarlift Werbetext auf der Homepage. https://guitarlift.info/ -

Santd: 20.01.2020, Bietigheim-Bissingen

– Käppel, Hubert: Die Technik der modernen Konzertgitarre, Detailliertes

Kompendium zu den Grundlagen und Spieltechniken der Gitarre im 21.

Jahrhundert mit umfassendem, progressiv aufgebautem Übungsteil. Brühl 2011

– Klöppel, Renate: Das Gesundheitsbuch für Musiker, Anatomie,

berufsspezifische Erkrankungen, Prävention und Therapie. 2. Auflage, Kassel

2003

– Koch, Michael: Ratgeber Gitarrenkauf Teil 1, Körpergröße Gitarrengröße. Mainz

2016

– Kreidler, Dieter: Gitarrenschule, Gitarre spielen mit Spaß und Fantasie Band 1-3.

Mainz 2009

– Langer, Michael und Neges, Ferdinand: Play Guitar Band 1-2. Wien-München

2003

– Lind, Ekard: Die Haltung des Gitarristen. Salzburg ???

– Moser, Wolf: Ich, Fernando Sor, Versuch einer Autobiographie und

gitarristische Schriften. 2. Auflage, Lyon 2005

– Moser, Wolf: Francisco Tarrega, Werden und Wirkung - Die Gitarre in Spanien

zwischen 1830 und 1960, Charly 1996

– Offermann, Thomas: Moderne Gitarrentechnik - Integrative Bewegungslehre für

Gitarristen. Mainz 2015

96

– Parkening, Christopher: Guitar Method. The art and technique of the classical

guitar. Volume 1, Revidierte Neuauflage, Bluemound RD. 1999

– Päffgen, Peter: Die Gitarre. 2. überarbeitete und erweiterte Neuauflage, Mainz

2002

– Platzer, Werner: dtv-Atlas der Anatomie: für Studium und Praxis – Texte und

Tafeln. Band 1, 3. überarbeitete Auflage, Stuttgart 1979

– Pujol, Emilio/Moser, Wolf (Übers.): Theoretisch Praktische Gitarrenschule,

aufgebaut auf den Grundsätzen der Technik Francisco Tárregas, München 1981.

– Ragossnig, Konrad: Handbuch der Gitarre und Laute, Mainz 1978

– Romanillos, José L: Antonio de Torres, Ein Gitarrenbauer – Sein Leben und

Werk. Frankfurt am Main 1990

– von Rüden, Heidi: Modell Biedermeier in: Michel, Andreas (Hg.): Gitarren

Sammlung Weißgerber, Leipzig 2007, S. 69-73

– Schumann, Andreas: Gitarre spielen mit Lena und Tom Band 1-3, Berlin 2011

– Statistik Austria: Statistische Nachrichten – Kurzzusammenfassung Jänner 2015.

Wien 2015 www.statistik.at/web_de/services/stat_nachrichten/080462.html –

letzte Änderung 13.01.2016

– Tappert, Johannes: Verwendung der Ergoplay-Stützen.

www.tappert.de/ergoplay/ergoplay-tipps.html, Stand: 19.01.2020

– Tennant, Scott: Pumping Nylon, Das Technik-Handbuch für Klassik-Gitarristen.

Neustadt/Wied 1998

– Teschner, Joachim: Fridolin, Eine Schule für junge Gitarristen Band 1-2.

Revidierte Neuauflage, Wilhelmshafen 1990

– Teuchert, Heinz: Die neue Gitarrenschule Band 1. Revidierte Neuauflage,

München 1986

– Teuchert, Heinz: Meine Gitarrenfibel Band 1 und 2. Revidierte Neuauflage,

München 2012

– Traitteur, Hermann: Bewegungsapparat – Allgemeine und spezielle Anatomie.

Anatomie und Physiologie für Iyengar Yogalehrer/innen. 7. Aufl., Berlin 2009

– van Eijsden-Besseling, Marjon: Differences in posture and postural disorders

between music and medical students. Naberth 1993

97

Abbildungsverzeichnis:

Abbildung 01: Schädelkochen (Platzer, 1979, S. 277).................................................................09

Abbildung 02: Trapez- und Kopfwender – Rückenansicht (Platzer, 1979, S. 323)................10

Abbildung 03: Trapez- und Kopfwender – Halsansicht (Platzer, 1979, S. 323)......................10

Abbildung 04: Brustkorb Frontal- und Seitenansicht (Platzer, 1979, S. 71)............................11

Abbildung 05: Ober- und Untergrätenmuskel (Platzer, 1979, S. 137)......................................12

Abbildung 06: breitester Rückenmuskel (Platzer, 1979, S. 139)................................................12

Abbildung 07: gr. und kl. Brustmuskel (Platzer, 1979, S. 141)..................................................12

Abbildung 08: oberflächlich liegende Rückenmuskeln (Platzer, 1979, S. 73).........................13

Abbildung 09: tiefer liegende Rückenmuskeln (Platzer, 1979, S. 75).......................................13

Abbildung 10: Schulterblatt (Platzer, 1979, S. 109).....................................................................14

Abbildung 11: Schlüsselbein (Platzer, 1979, S. 111)....................................................................14

Abbildung 12: Übergang Schutergelenk und Oberarmknochen (Platzer, 1979, S. 115)........15

Abbildung 13: Oberarmmuskeln A (Platzer, 1979, S. 153)........................................................16

Abbildung 14: Oberarmmuskeln B (Platzer, 1979, S. 155).........................................................16

Abbildung 15: Ellenbogengelenk (Platzer, 1979, S. 119)...........................................................16

Abbildung 16: Unterarm (Platzer, 1979, S. 121)..........................................................................17

Abbildung 17: Unterarmmuskeln A (Platzer, 1979, S. 165).......................................................18

Abbildung 18: Unterarmmuskeln B (Platzer, 1979, S. 163)........................................................18

Abbildung 19: Unterarmmuskeln C (Platzer, 1979, S. 159).......................................................18

Abbildung 20: Handwurzelknochen (Platzer, 1979, S. 123)......................................................19

Abbildung 21: Schemata der Bänder des Handwurzelgelenks (Platzer, 1979, S. 129)..........19

Abbildung 22: Aufbau der Hand mit Fingergliedern (Platzer, 1979, S. 127)..........................20

Abbildung 23: Sehnenscheiden der Hand A (Platzer, 1979, S. 181).........................................21

Abbildung 24: Sehnenscheiden der Hand B (Platzer, 1979, S. 181)..........................................21

Abbildung 25: Hüftknochen (https://www.uni-regensburg.de/medizin/orthopaedie

profil/arthroplastik/ index.html – Stand: 22.02.2020).....................................22

Abbildung 26: Muskulatur der Hüfte A (Platzer, 1979, S. 231)................................................23

Abbildung 27: Muskulatur der Hüfte B (Platzer, 1979, S. 233).................................................23

Abbildung 28: Oberschenkelknochen (Platzer, 1979, S. 189)....................................................25

98

Abbildung 29: Oberschenkelmuskulatur A (Platzer, 1979, S. 237)..........................................26

Abbildung 30: Oberschenkelmuskulatur B (Platzer, 1979, S. 245)...........................................26

Abbildung 31: Oberschenkelmuskulatur C (Platzer, 1979, S. 247)...........................................26

Abbildung 32: Formel zur Berechnung der Deckenfläche (Romanillos, 1990, S. 251)..........32

Abbildung 33: Schulhaltung nach Sor, mit Tischkante als Haltungshilfe

(Moser, 2005, S.45)................................................................................................36

Abbildung 34: Haltung Aguados mit der Verwendung des Tripodium

(Moser, 2005, S. 123)..............................................................................................36

Abbildung 35: Tárrega in Schulhaltung mit Fußbank (Moser, 1996, S. 242)...........................37

Abbildung 36: LUVA Armauflage (https://schneidermusik.de/shop/productinfo.

phpsort/products sort_order/products_id/19679 - Stand 15.01.2020)........46

Abbildung 37: GEWA Armpad (https://www.thomann.de/at/

gewa_armpad_acoustic_guitar_an.htm – Stand 20.02.2020)...........................46

Abbildung 38: ABEL Armrest (https://abel-armauflage.com/abelarmauflage –

Stand 15.01.2020)...................................................................................................46

Abbildung 39: Abgeschrägte Korpuskante

www.stollguitars.de/de/files/Konzertgitarre_ClassicPro_fanned-

frets-armauflage-halsansatz-IMG_0636_2x.jpg - Stand 19.04.2020).................48

Abbildung 40: Verlängerte Zarge (https://www.siccasguitars.de/

shop/guitar/ greg-smallman-and-sons-2013 - Stand 15.01.2020)..................48

Abbildung 41: Größentabelle EGTA (Koch, 2016, S. 2)..............................................................52

Abbildung 42: Haltung der rechten Hand bei Tárrega (Moser, 1996, S. 292).........................53

Abbildung 43: Haltung der rechten Hand bei Tennant (Tennant, 1998, S. 8).........................54

Abbildung 44: Haltung der rechten Hand bei Offermann (Offermann, 2015, S. 60).............54

Abbildung 45: Schulhaltung mit "Katzenbuckel"(Klein-Vogelbach, 2000, S. 197).................61

Abbildung 46: Tappertstütze und beeinflusste Körperregionen

( www.tappert.de/ergoplay/ergoplay -tipps.html – Stand: 19.01.2020)........67

Abbildung 47: Haltung mit Ponticello-Stütze (Ibanez, 2015, S. 125)........................................69

Abbildung 48: Efel Gitarrenstütze

(https://www.gewamusic.com/product/2178/efelgitarrenstuetze-.html

- Stand 03.03.2020)..................................................................................................71

99

Abbildung 49: Gitano Gitarrenstütze

(https://www.gewamusic.com/product/2181/gitano-gitarrenstuetze-.html

– Stand 03.03.2020)..................................................................................................71

Abbildung 50: Befestigung Guitarlift (https://guitarlift.info/ - Stand: 04.03.2020).............72

Abbildung 51: Matepis Gitarrenkissen klein

(http://www.matepis.com.br/EN/ – Stand 04.03.2020)................................74

Abbildung 52: Matepis Gitarrenkissen groß

(http://www.matepis.com.br/EN/ - Stand: 04.03.2020)..........................................74

Abbildung 53: Lindstativ - noch ohne Bodenplatte (Lind, 1985, S. 70)...................................76

Abbildung 54: Alternative Korpusform 1 (Lind, 1985, S. 70)...................................................77

Abbildung 55: Alternative Korpusform 2 (Lind, 1985, S. 70)....................................................77

Abbildung 56: Alternative Korpusform 3 (Lind, 1985, S. 69)....................................................77

Abbildung 57: Haltung nach Tennant (Tennant, 1998, S. 8)......................................................88

Abbildung 58: Haltung Tennant

(https://music.usc.edu/scott-tennant-named-to-list-of-top-10-music-

professors-who-inspire-us/ - Stand 05.03.2020)..................................................88

Abbildung 59: Haltung der rechten Hand bei Käppel Nr. 1 (Käppel, 2011, S. 35)................91

Abbildung 60: Haltung der rechten Hand bei Käppel Nr. 2 (Käppel, 2011, S. 35)................91

Abbildung 61: Beinhaltung und Instrumentenwinkel nach Carlevaro

(Carlevaro, 1998, S.10)...........................................................................................93

Abbildung 62: Fehlhaltung nach Carlevaro Nr. 1 (Carlevaro, 1998, S. 10).............................94

Abbildung 63: Fehlhaltung bei Carlevaro Nr. 2 (Carlevaro, 1998, S.10).................................95

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Eidesstattliche Erklärung

„Hiermit erkläre ich eidesstattlich, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig und ohne

fremde Hilfe verfasst habe. Alle Stellen oder Passagen der vorliegenden Arbeit, die

anderen Quellen im Wortlaut oder dem Sinn nach entnommen wurden, sind durch

Angaben der Herkunft kenntlich gemacht. Dies gilt auch für die Reproduktion von Noten,

grafische Darstellungen und andere analoge oder digitale Materialien. Ich räume der

Anton Bruckner Privatuniversität das Recht ein, ein von mir verfasstes Abstract meiner

Arbeit auf der Homepage der ABPU zur Einsichtnahme zur Verfügung zu stellen.“

Ort, Datum Unterschrift

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