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265 19. Jahrgang (1993), Heft 3 Wirtschaft und Gesellschaft Die Löhne und Gehälter nach Wirtschaftsklassen 1980-91 Einige Beobachtungen zur Lohnentwicklung und -verteilung anhand der Sozialversicherungsstatistik Michael Mesch 1. Einleitung Aufgrund der nachträglichen Aufarbeitung der Daten aus dem Jahr 1980 sind nun anhand der Einkommensstatistik aus der Sozialversiche- rung einige Aussagen zur Lohnentwicklung, zu den Branchenlohnunter- schieden und zur Lohnstreuung 1980-91 möglich. Das von dieser Statistik ausgewiesene, bereinigte (Brutto-)Monatsein- kommen ergibt sich aus der Summe der in einem Kalenderjahr erzielten beitragspflichtigen Einkommen (laufende Bezüge, Sonderzahlungen, weitere beitragspflichtige Einkommensbestandteile), dividiert durch die Zahl der Kalendertage mit einer pensionsversicherungspflichtigen Be- schäftigung, multipliziert mit 30. Die Statistik ist personenbezogen, d. h. ist eine Person innerhalb eines bestimmten Jahres bei zwei oder mehre- ren Dienstgebern beschäftigt, so werden diese Einkommen zusammen- gefaßt und der betreffenden Person zugeordnet. Ist eine Person während des Auswertungsjahres in mehreren Wirt- schaftsklassen beschäftigt, so wird sie in allen diesen Wirtschaftsklassen mit dem jeweils erzielten Einkommen und den Beschäftigungstagen er- faßt. Bei der Auswertung für die Gesamtwirtschaft wird diese Person je- doch mit dem gesamten Einkommen und der gesamten Anzahl der Versi- cherungstage berücksichtigt.

Die Löhne und Gehälter nach Wirtschaftsklassen 1980-91

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Page 1: Die Löhne und Gehälter nach Wirtschaftsklassen 1980-91

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19. Jahrgang (1993), Heft 3 Wirtschaft und Gesellschaft

Die Löhne und Gehälter nachWirtschaftsklassen 1980-91

Einige Beobachtungen zur Lohnentwicklung und -verteilunganhand der Sozialversicherungsstatistik

Michael Mesch

1. Einleitung

Aufgrund der nachträglichen Aufarbeitung der Daten aus dem Jahr1980 sind nun anhand der Einkommensstatistik aus der Sozialversiche-rung einige Aussagen zur Lohnentwicklung, zu den Branchenlohnunter-schieden und zur Lohnstreuung 1980-91 möglich.

Das von dieser Statistik ausgewiesene, bereinigte (Brutto-)Monatsein-kommen ergibt sich aus der Summe der in einem Kalenderjahr erzieltenbeitragspflichtigen Einkommen (laufende Bezüge, Sonderzahlungen,weitere beitragspflichtige Einkommensbestandteile), dividiert durch dieZahl der Kalendertage mit einer pensionsversicherungspflichtigen Be-schäftigung, multipliziert mit 30. Die Statistik ist personenbezogen, d. h.ist eine Person innerhalb eines bestimmten Jahres bei zwei oder mehre-ren Dienstgebern beschäftigt, so werden diese Einkommen zusammen-gefaßt und der betreffenden Person zugeordnet.

Ist eine Person während des Auswertungsjahres in mehreren Wirt-schaftsklassen beschäftigt, so wird sie in allen diesen Wirtschaftsklassenmit dem jeweils erzielten Einkommen und den Beschäftigungstagen er-faßt. Bei der Auswertung für die Gesamtwirtschaft wird diese Person je-doch mit dem gesamten Einkommen und der gesamten Anzahl der Versi-cherungstage berücksichtigt.

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Wirtschaft und Gesellschaft 19. Jahrgang (1993), Heft 3

Der erfaßte Personenkreis besteht aus Arbeitern, Angestellten undVertragsbediensteten im öffentlichen Dienst. Nicht erfaßt werden prag-matisierte Dienstnehmer des Bundes, der Länder und Gemeinden, Lehr-linge sowie Dienstnehmer, die geringfügig beschäftigt sind. Aufgrundder Existenz der Höchstbeitragsgrundlage (einschließlich der anteiligenSonderzahlungen 1980 S 22.750 und 1991 S 35.000) können über die Ver-teilung der höheren und höchsten Einkommen aus unselbständiger Be-schäftigung keine Aussagen getroffen werden. Über die wöchentlicheArbeitszeit liegen keine Angaben vor, auch das Ausmaß der Überstun-denleistung ist nicht bekannt (1).

Im Hinblick auf die Ausschaltung zyklischer Einflüsse erweist sich einlohnbezogener Vergleich der Jahre 1980 und 1991 als günstig. In beidenJahren befand sich die österreichische Wirtschaft am Ende einer Hoch-konjunkturphase. 1979 stieg das reale BIP um 4,7%, 1980 um 3,0%, undim folgenden Jahr geriet Österreich in die vor allem durch den zweitenÖlpreisschock ausgelöste Rezession (BIP -0,1 %). Die Hochkonjunktur-phase Ende der achtziger Jahre dauerte länger, erstreckte sich über rundvier Jahre. Die reale Wachstumsrate des BIP betrug 1988 4,1 %, 19893,8%, 19904,6% und 1991 3,0%. Im Jahr 1992 schwächte sich die Kon-junktur bereits deutlich ab (BIP + 1,5%), und im laufenden Jahr gerät dieösterreichische Wirtschaft erstmals nach zwölf Jahren in eine Rezession.

Die Arbeitsmarktlage im Jahre 1991 wich allerdings erheblich von je-ner im Jahre 1980 ab. Gegenüber 1979 erhöhte sich die Zahl der un-selbständig Beschäftigten 1980 um 19.200 bzw. 0,7%. Die Arbeitslosen-rate (gemessen an der Zahl der unselbständig Beschäftigten) belief sichauf 1,9%. Es herrschte somit Vollbeschäftigung, der Beschäftigtenstandließ sich nur wenig erhöhen. Von 1990 auf 1991 hingegen stieg die Be-schäftigung um 58.700 Personen bzw. 2,0%. Von diesem kräftigen Zu-wachs entfiel freilich ein Großteil, nämlich 45.600 Personen, auf auslän-dische Arbeitskräfte. Gleichzeitig nahm die Arbeitslosenrate zu und be-trug 1991 5,2% (nationale Definition). 1991 markierte somit den Höhe-punkt im Zuwachs ausländischer Arbeitskräfte bei fortgesetzt steigen-der Arbeitslosigkeit.

2. Die Branchenlohn- und Gehaltsstrukturen 1980 und 1991

Das monatliche (Brutto-)Medianeinkommen aller erfaßten Beschäf-tigten betrug im Jahr 1991 S 19.044 (Tabelle 1). Im Idealfall bezieht sicheine empirische Analyse von Branchenlohnstrukturen auf die Arbeits-einkommen möglichst homogener Beschäftigtengruppen, d. h. auf Ar-beitnehmer gleichen Geschlechts, gleicher Qualifikation und gleicherArbeitszeit mit ähnlichen Arbeitsbedingungen in Betrieben einer be-stimmten Größenklasse innerhalb einer Region. Die vorliegende Ein-kommensstatistik erlaubt allerdings nur die Ausschaltung geschlechts-bedingter Einkommensunterschiede und die Differenzierung nach demsozialrechtlichen Status (Arbeiter/Angestellte) (2).

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19. Jahrgang (1993), Heft 3

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Wirtschaft und Gesellschaft

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19. Jahrgang (1993), Heft 3 Wirtschaft und Gesellschaft

Die Einkommenshierarchie bei den männlichen Arbeitern wurde 1991von der Energie- und Wasserversorgung (128,9% des Medianeinkom-mens aller Arbeiter), der Papierbranche (126,3%), dem Bergbau(126,1%) sowie dem Druckerei- und Verlagswesen (124,7%) angeführt(Tabelle 2). Schlußlichter bildeten (abgesehen von den Häuslichen Dien-sten mit vielen Teilzeitbeschäftigten) die Wirtschaftsklassen Kunst-Un-terhaltung-Sport (63,2%), Bekleidungserzeugung (70,8%), Körperpfle-ge-Reinigung (70,9%) und Fremdenverkehr (72,3%). Inwieweit dieLohnunterschiede in der Sachgüterproduktion auf die Abgeltung vonSonderformen der Arbeitszeit wie Schicht- und Nachtarbeit zurückge-hen, ist nicht quantifizierbar. In den obersten neun Positionen der Rang-ordnung befanden sich ausschließlich Branchen aus dem sekundärenSektor.

Die letzte Aussage traf bemerkenswert erweise auch auf die Rangord-nung der Einkommen männlicher Angestellter zu. Die höchsten Median-gehälter (3) verzeichneten die Papierbranche (126,6%), der Bergbau(125,8%), die Energie- und Wasserversorgung (121,1%), die Chemiebran-che (119,7%) und das Druckerei- und Verlagswesen (118,1%). Die ge-ringsten Werte wiesen das Gaststätten- und Beherbergungswesen(68,8%) und das Verkehrswesen (70,9%) auf. Die ungünstige Position desUnterrichtswesens (73,6%) dürfte abgesehen von der Tatsache, daßpragmatisierte Dienstnehmer nicht erfaßt sind, auch auf Teilzeit- undNebenbeschäftigte zurückgehen.

Arbeiterinnen erzielten die höchsten Einkommen in der Metallbran-che (124,4%) und in der Erzeugung von Stein- und Glaswaren (118,0%).Hier ist darauf hinzuweisen, daß die Teilzeitquote in der Metallbrancheund anderen Branchen der Sachgüterproduktion weniger als die Hälftedes entsprechenden Durchschnittswertes erreichte (Tabelle 8). Auch imunteren Bereich der Rangordnung wurden die Einkommenspositionenwesentlich von den Anteilen der Teilzeitbeschäftigten beeinflußt. DieWirtschaftsklassen auf den drei letzten Plätzen (Häusliche Dienste49,2%; Banken und Versicherungen 54,6%; Wirtschaftsdienste 77,4%)waren durch die höchsten Teilzeitquoten charakterisiert. Auffallend istferner die günstige Position der Arbeiterinnen in den öffentlichen Ein-richtungen (114,8%) trotz einer sehr hohen Teilzeitquote.

Die obersten Positionen in der Hierarchie der Gehälter weiblicher An-gestellter besetzten (außer der sehr kleinen Gruppe der im Bergbau Be-schäftigten) die Energie- und Wasserversorgung (134,6%), die Chemie-branche (124,5%), das Bank- und Versicherungswesen (122,1%) sowiedie Papierbranche (121,6%). Den letzten Rang nahm die Wirtschafts-klasse Haushaltung-Hauswartung (72,1%) ein, die sich durch die beiweitem höchste Teilzeitquote auszeichnete. In weiteren sieben Branchenlag das Mediangehalt zwischen 80 und 90% des Mediangehalts allerweiblichen Angestellten.

Wie die Matrix der Spearman'schen Rangkorrelationskoeffizienten(Tabelle 3) zeigt, bestand zwischen diesen vier Einkommenshierarchienein hohes Maß an Übereinstimmung.

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Tabelle 3:Rangkorrelationskoeffizienten der branchenmäßigen Monatseinkom-

menshierarchien der vier Beschäftigtengruppen 1991

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Männl. ArbeiterMännl. AngestellteWeibl. Arbeiter

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0,7380,7200,548

So betrug der Koeffizient der Rangkorrelation zwischen den Einkom-mensskaIen der männlichen Angestellten und der weiblichen Arbeiterimmerhin noch 0,55. Der höchste Grad an Analogie existierte zwischenden Hierarchien der männlichen und der weiblichen Arbeiter. Bei einerBereinigung um die Unterschiede in der tatsächlich geleisteten Arbeits-zeit wären die Maßzahlen der rangmäßigen Übereinstimmung nochhöher: Beispielsweise ging die ungünstigere Position der männlichen Ar-beiter in der Bekleidungsbranche (Rang 23) im Vergleich zu jener der Ar-beiterinnen dieser Branche (Rang 18) zu einem erheblichen Teil auf dierelativ zum jeweiligen Durchschnittswert höhere Teilzeitquote unter denmännlichen Arbeitern zurück. Ähnliches galt für die Arbeiter des Gast-gewerbes (Rang 20 bzw. 15).

Im Jahr 1980 belief sich das bereinigte Medianeinkommen aller erfaß-ten unselbständig Beschäftigten auf S 11.492 monatlich (Tabelle 5). DieTabelle 6 zeigt die Brancheneinkommensstruktur der vier Beschäftig-tengruppen in jenem Jahre, Tabelle 4 den Grad der Übereinstimmungzwischen den Einkommenshierarchien.

Tabelle 4:Rangkorrelationskoeffizienten der branchenmäßigen Monatseinkom-

menshierarchien der vier Beschäftigtengruppen 1980

Männl.Angestellte

Weibl.Arbeiter

Weibl.Angestellte

Männl. ArbeiterMännl. AngestellteWeibl. Arbeiter

0,746 0,8120,563

0,7040,6580,598

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19. Jahrgang (1993), Heft 3

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19. Jahrgang (1993), Heft 3 Wirtschaft und Gesellschaft

Bei den männlichen Arbeitern sind zwischen 1980 und 1991 zweiRangveränderungen auffallend. Die Arbeiter in der Textilbranche ver-besserten ihre Position von Rang 16 auf Rang 12, der Rückstand auf dasMedianeinkommen aller männlichen Arbeiter verringerte sich von 16auf 10 Prozent. Das Gesundheitswesen hingegen verlor fünf Ränge (von11 auf 16).

Unter den männlichen Angestellten stiegen die Bank- und Versiche-rungsangestellten einkommensmäßig von Rang 16 auf Rang 10 auf, derRückstand auf das Mediangehalt aller männlichen Angestellten im Aus-maß von 6% verwandelte sich in einen Vorsprung von 5%. Die Positionder Wirtschaftsdienste verschlechterte sich von Rang 11 auf Rang 15.. Bemerkenswert beim Vergleich der Lohnstrukturen der Arbeiterinnen

ist besonders der rangmäßige Aufstieg der Handelsarbeiterinnen (vonRang 21 auf 16).

Zwischen 1980 und 1991 verloren die weiblichen Angestellten der Be-kleidungsbranche vier Ränge (von Rang 17 auf 21), ebenso jene in derWirtschaftsklasse Kunst-Unterhaltung-Sport (von Rang 5 auf 9), hinge-gen verbesserten sich die Angestellten im Unterrichtswesen gehalts-mäßig von Rang 22 auf Rang 17.

Mögliche Ursachen dieser Rangverschiebungen werden unten im Ab-schnitt 3 angesprochen.

Aufgrund der geringen Anzahl der erheblichen Rangänderungen inden vier beobachteten Einkommenshierarchien zwischen 1980 und 1991ist es nicht verwunderlich, daß jede dieser Rangordnungen ein sehrhohes Maß an intertemporaler Übereinstimmung aufwies. Der Spear-man'sche Koeffizient der Rangkorrelation zwischen den LohnskaIen dermännlichen Arbeiter 1980 und 1991 betrug 0,974, zwischen jenen derArbeiterinnen ebenfalls 0,974, zwischen den Gehaltshierarchien dermännlichen Angestellten 0,965 und zwischen jenen der weiblichen An-gestellten 0,954.

3. Die Lohn- und Gehaltszuwächse in den Wirtschaftsklassen 1980-91

Bei der Interpretation der Einkommenszuwächse ist zu beachten, daßdiese nicht Einkommenslängsschnitten für dieselben Personen entstam-men, sondern dem Vergleich von Einkommensquerschnitten zu zweiZeitpunkten. Daher gehen die ausgewiesenen Einkommenssteigerungenteilweise auch auf Verschiebungen in der Beschäftigungsstruktur zurückund sind nicht individuellen Einkommenserhöhungen gleichzusetzen.

In diesen elf Jahren stiegen die nominellen Bruttoeinkommen der er-faßten Arbeiter und Angestellten, gemessen am Median der bereinigtenMonatseinkommen, um 65,7%. Die Einkommen der weiblichen Ange-stellten erhöhten sich am stärksten, nämlich um 70,3%. Die Gehältermännlicher Angestellter (67,4%) und die Löhne der Arbeiterinnen(67,1%) entwickelten sich leicht überdurchschnittlich. Die mittlereLohnsteigerungsrate männlicher Arbeiter blieb um rund sechs Prozent-

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Das Aufholen der Fraueneinkommen im untersuchten Zeitraum dürf-te eine Folge der gewerkschaftlichen Lohnpolitik sein. Folgende Rege-lungen in den Kollektivverträgen unterstützten eine leichte Nivellie-rung: Erstens wurden für die Mindestlöhne regelmäßig stärkere Er-höhungen als für die Ist-Löhne vereinbart. Zweitens wies ein Teil derKollektivvertragsabschlüsse abgestufte prozentuelle Mindestlohner-höhungen auf, welche die Niedriglohngruppen leicht begünstigten.Gemäß der Untersuchung von Tomandl und Mitarbeitern (4) war dies imZeitraum 1985-90 bei 18% der ausgewerteten Abschlüsse mit Entgeltre-gelungen der Fall. Drittens sahen 12% der erfaßten Kollektivvertragsab-schlüsse mit Entgeltregelungen Anhebungen der Mindestlöhne um füralle Arbeitnehmer gleiche Absolutbeträge vor, wobei diese teilweise er-gänzend zu einer prozentuellen Erhöhung hinzutraten (5).

Die aus diesen Bestimmungen resultierende leichte Nivellierungsten-denz bei den kollektivvertraglich festgelegten Löhnen und Gehälternwirkte sich vor allem zugunsten weiblicher Beschäftigter aus.

Ein vierter Aspekt der gewerkschaftlichen Lohnpolitik ist in diesemZusammenhang von besonderer Bedeutung. Seit der Lohnrunde 1989/90versuchen die Fachgewerkschaften, die Forderung nach einem Mindest-lohn von S 10.000,- auf dem Wege der Kollektivvertragsverhandlungendurchzusetzen. Bis Ende 1991 war dieses Ziel in der Mehrzahl der Indu-striebranchen und in einigen wichtigen Bereichen des Dienstleistungs-sektors, z. B. im Handel, bereits verwirklicht. (Die Textil- und die Be-kleidungsindustrie sowie der Fremdenverkehr folgten 1992, also erstnach Ablauf des Beobachtungszeitraums). Auch diese überproportiona-le Anhebung der untersten Lohngruppen bzw. die Abschaffung dersel-ben begünstigte in erster Linie weibliche Arbeitnehmer.

Der Effekt, der von den genannten kollektivvertraglichen Bestimmun-gen ausging, war offensichtlich so stark, daß er die entnivellierendenWirkungen, welche von den Verhandlungen über zusätzliche (übertarif-liche) Lohnzuschläge in den Betrieben vermutlich ausgingen, überkom-pensierte und sich in den Zuwachsraten der mittleren Effektivverdiensteniederschlug.

Beim Vergleich der Einkommenszuwächse von Frauen und Männernist auch zu berücksichtigen, daß sich die Teilzeitquoten der weiblichenBeschäftigten zwischen 1980 und 1991 erhöhten, und zwar bei den Ar-beiterinnen um 4,5 Prozentpunkte (von 20,8 auf 25,3%) und bei denweiblichen Angestellten um 2,3 Prozentpunkte (von 17,9 auf 20,2%; Ta-belle 8) (6). Welche Auswirkungen hatte dies auf die jeweiligen Median-einkommen? Bezüglich der Arbeiterinnen ist zu vermuten, daß unter-durchschnittlich entlohnte Vollzeitbeschäftigte zur Teilzeit übergingen,so daß das Medianeinkommen von der Zunahme der Teilzeitquote un-berührt blieb.

Weiters ist bei den Arbeiterinnen in Rechnung zu stellen, daß derenZahl von 1980 bis 1991 um 3,7% abnahm. Geht man davon aus, daß die-

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ser Beschäftigungsabbau vor allem niedrig entlohnte Arbeiterinnen be-traf, so resultierte daraus ein positiver Struktureffekt auf das mittlereEinkommensniveau der Arbeiterinnen.

Die Zahl der weiblichen Angestellten hingegen nahm während der Be-obachtungsperiode stark zu, nämlich um 26,4%. In diesem Fall ist somitdavon auszugehen, daß ein überproportional hoher Teil der zusätzlichbeschäftigten Angestellten eine Teilzeitstelle annahm, woraus sich derregistrierte Anstieg der Teilzeitquote ergab. Eine auf diese Weise zustan-dekommende Zunahme der Teilzeitquote aber führt zur Abnahme desMedianeinkommens.

Es besteht also Anlaß zur Vermutung, daß der Anstieg der Teilzeitquo-te bei den Arbeiterinnen keinen Einfluß auf den' Medianlohn hatte,während dies bei den weiblichen Angestellten eine Abnahme desMediangehalts zur Folge hatte. Bei unveränderter Teilzeitquote wäredas Mediangehalt der weiblichen Angestellten somit noch stärker ge-stiegen.

Auffallend ist weiters die bei den Männern weit größere Differenz zwi-schen den Zuwachsraten der Gehälter und jener der Löhne (7,9 Prozent-punkte). Diese beobachtete Diskrepanz ist konsistent mit der These derArbeitsmarktsegmentierung. Gemäß dieser These sind die Einkommender Arbeitnehmer des primären Segments, dem Angestellte und Fachar-beiter zuzurechnen sind, in geringerem Maße den Schwankungen derMarktlage ausgesetzt als die Einkommen der weniger qualifizierten Ar-beitnehmer, welche das sekundäre Segment bilden. Die innerbetriebli-chen Ausbildungskosten sind in der Regel für qualifizierte Angestellterelativ hoch, daher sind die Unternehmungen an einer langfristigen Bin-dung dieser Angestellten an den jeweiligen Betrieb interessiert. Die An-gestellten werden durch ein System des internen Aufstiegs zur Loyalitätgegenüber dem Unternehmen und vermehrter Anstrengung motiviert.Die Existenz dieser "internen Arbeitsmärkte" in Großunternehmungenwirkt sich stabilisierend auf die Angestelltengehälter aus. Die Zunahmeder Arbeitslosigkeit während der achtziger Jahre und der starke Zu-strom ausländischer Arbeitskräfte mit geringer Qualifikation am Endedes Jahrzehnts führten somit zu einer Vergrößerung des Einkommensun-terschieds zwischen männlichen Angestellten und Arbeitern. Währenddie traditionell die Lohnrunde eröffnende Metallarbeitergewerkschaftinsbesondere in der Mitte der achtziger Jahre neben den gesamtwirt-schaftlichen Entwicklungen auch die Krise in der verstaatlichten Indu-strie berücksichtigte und sich die übrigen Fachgewerkschaften weiter-hin am Kollektivvertragsabschluß für die Arbeiter der Metallindustrieorientierten, blieb den ertragreicheren Unternehmungen ein Spielraumfür innerbetriebliche Lohnanpassungen (positive Lohndrift), die stärkerden Angestellten zugute kam.

Bei den männlichen Arbeitern fielen die meisten Zuwachsraten dermittleren Brancheneinkommen in das Intervall von 57 bis 67%. HöhereLohnzuwächse verzeichneten (abgesehen von den Häuslichen Dienstenund vom Unterrichtswesen mit jeweils nur sehr geringen Beschäftigten-

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zahlen) die Arbeiter im Druckerei- und Verlagswesen, das 1980 bereitszu den Hochlohnbranchen gezählt hatte, in der Textilindustrie und inden öffentlichen Einrichtungen. Zur weit überdurchschnittlichen Stei-gerungsrate des Medianlohnes in der Textilbranche ist zu bemerken, daßdort ein Struktureffekt zum Tragen kam: Man kann davon ausgehen, daßvom erheblichen Beschäftigtenabbau in dieser Branche in erster Linieunterdurchschnittlich Entlohnte betroffen waren. Weiters ist hier zuberücksichtigen, daß der Anteil der verbliebenen männlichen Textilar-beiter, die in der Nachtschicht tätig sind, sehr hoch ist (besonders unterden Ausländern).

Die geringsten Lohnsteigerungsraten wiesen die männlichen Arbeiterin der Bekleidungsbranche, im Gesundheitswesen und im Fremdenver-kehr auf. Die Bekleidungserzeugung und der Fremdenverkehr zähltenzu jenen Niedriglohnbranchen, auf die sich der Zustrom billiger Ar-beitskräfte aus dem Osten am Ende der Beobachtungsperiode stark aus-wirkte. Der Ausländeranteil unter den männlichen Arbeitern der beidenBranchen war 1991 sehr hoch.

Die Konzentration von ausländischen Arbeitskräften in wenigen Wirt-schaftsklassen wird vor allem durch die branchenweise unterschiedlichhohen Fluktuationskosten bestimmt. Zu den Fluktuationskosten (bzw.Mobilitäts- oder Anpassungskosten, turnover-costs) zählen Informati-onskosten, d. h. die Kosten der Suche, möglicherweise zusätzliche Ko-sten der Anwerbung (Abwerbung von anderen Unternehmungen),Kosten der Ausbildung und der Einschulung. In Branchen mit hohenFluktuationskosten, wo mithin die Mitarbeiter nach einer gewissenDauer der Betriebszugehörigkeit ein hohes Maß an betriebsspezifischenQualifikationen erworben haben, kommen ausländische Arbeitskräftekaum zum Zug, da ihre Anpassungskosten höher sind als diejenigen voninländischen Bewerbern mit ähnlichen meßbaren Fähigkeiten und glei-cher Ausbildung. Und selbst im Falle gleich hoher Anpassungskostengeben Unternehmungen Inländern den Vorzug, wenn für Ausländer we-gen deren höherer Fluktuationsrate oder der ungewissen Dauer der Ar-beitsgenehmigung eine kürzere Beschäftigungsdauer zu erwarten ist.Daher treten ausländische Arbeitskräfte in erster Linie in Branchen mitgeringen Anpassungskosten in Konkurrenz zu inländischen Arbeits-pla tzbewerbern.

In diesen Branchen, wo Arbeitskräfte ohne hohe Ausbildungs- undEinschulungskosten in den Produktionsprozeß eingegliedert werdenkönnen, besteht für die Unternehmungen kein großes Interesse, dieFluktuation der Arbeitskräfte zu verringern, denn abgehende Arbeits-kräfte können problemlos, d. h. zu geringen Such- und Anlernkosten,durch neu angeworbene ersetzt werden. Die Einkommen in diesen Bran-chen entsprechen daher am ehesten markträumenden Löhnen. Schwan-kungen im Angebot von und/oder in der Nachfrage nach Arbeitskräftenschlagen rasch auf die Löhne durch.

Der Zustrom an ausländischen Arbeitskräften bedeutete aus den ge-nannten Gründen eine Erhöhung des Arbeitsangebots gerade in jenen

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Branchen, die sich durch geringe Fluktuationskosten auszeichnen. Die-ses zusätzliche Angebot dämpfte dort den Lohnanstieg. Im begrifflichenRahmen der "Insider-Outsider-Lohntheorie" zählen die ausländischenArbeitskräfte zu den "Außenseitern". Die Löhne in Branchen mit nied-rigen Fluktuationskosten erwiesen sich somit als sensibel gegenüber"Außenseiter" -Einflüssen.

Unter den männlichen Angestellten lag der Großteil der Steigerungs-raten der mittleren Branchengehälter zwischen 61 und 73%. Den mitAbstand höchsten Zuwachs wiesen die Gehälter der Bank- und Versi-cherungsangestellten auf. Auch die prozentuellen Zunahmen der Gehäl-ter der Vertrags bediensteten und Angestellten in den öffentlichen Ein-richtungen und im Verkehrswesen, die 1980 zu den unterdurchschnitt-lich entlohnten Gruppen gezählt hatten, lagen oberhalb des angeführtenIntervalls. Deutlich unterdurchschnittlich stiegen die erfaßten Gehälterim Gesundheitswesen und in den Wirtschaftsdiensten. Die Wirtschafts-klasse "Realitätenwesen, Rechts- und Wirtschaftsdienste" zeichnet sichallerdings durch besondere Heterogenität sowohl im Hinblick auf Tätig-keiten und Berufe als auch auf die Qualifikation der Beschäftigten aus,so daß dem Medianeinkommen nur geringe Aussagekraft zukommt. Vie-le der Bereiche dieser Branche weisen einen überdurchschnittlichen An-teil von Beschäftigten mit hoher Qualifikation auf, andererseits sinddort auch zahlreiche Personen tätig, die Hilfs- und Anlerntätigkeitenausüben. Weiters bestehen mehrere Betriebsgruppen (z. B. Bewachungs-institute, Personalbereitstellungsfirmen), in denen die Mehrzahl der Be-schäftigten deutlich unterdurchschnittliche Einkommen beziehen. Inden letzten Jahren nahm die Beschäftigung gerade im letztgenanntenBereich besonders stark zu, was in der Zuwachsrate des Mediangehaltsder gesamten Wirtschaftsklasse zum Ausdruck kam.

Die Streuung der meisten Steigerungsraten der Branchenmediane vonmännlichen Arbeitern und männlichen Angestellten in dem relativenbreiten Intervall zwischen 57 und 73% ging nur zu einem geringen Teilauf die kollektivvertraglich festgelegten Lohn- und Gehaltserhöhungenzurück. Der Abschluß für die Arbeiter der Metallindustrie bildete nichtnur in zeitlicher, sondern auch in inhaltlicher Hinsicht den Orientie-rungspunkt für die übrigen Branchenverhandlungen. An den für die Me-tallarbeiter ausgehandelten Erhöhungen der Mindestlöhne und der Ist-Löhne orientierten sich innerhalb einer gewissen Bandbreite die folgen-den Abschlüsse für Arbeiter und Angestellte, wobei diese Bandbreite al-lerdings in der zweiten Hälfte der achtziger Jahre etwas zunahm (7).

Viel uneinheitlicher noch entwickelte sich die Lohndrift, die aus denim Anschluß an den jeweiligen Kollektivvertragsabschluß zwischen Be-triebsrat und Unternehmensleitung geführten Verhandlungen über zu-sätzliche Lohn- und Gehaltserhöhungen sowie aus ergänzenden Einzel-verhandlungen resultierte. Das Ausmaß der Lohndrift beruhte dabei aufden jeweils unterschiedlichen wirtschaftlichen Bedingungen der einzel-nen Unternehmungen. Die Lohndrift überlagerte die solidarische Tarif-politik der Gewerkschaften, welche in erster Linie gleiche prozentuelle

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Wirtschaft und Gesellschaft 19. Jahrgang (1993), Heft 3

Zuwachsraten der Einkommen aller Arbeitnehmergruppen zum Zielhat, und trug zu der Streuung der Effektivverdiensterhöhungen zwi-schen den Branchen sowie zwischen Arbeitern und Angestellten bei.

Hinzu traten ferner die bereits erwähnten strukturellen Effekte auf diemittleren Einkommen der männlichen Arbeiter und Angestellten in deneinzelnen Wirtschaftsklassen: Effekte des Abbaus oder der Zunahme derBeschäftigung unterdurchschnittlich entlohnter Arbeitskräfte, insbe-sondere des verstärkten Einsatzes unqualifizierter ausländischer Arbei-ter, Wirkungen der Anteilsverschiebungen von Berufen, Tätigkeitsfel-dern und Qualifikationsstufen innerhalb der Branchen.

Der Großteil der branchenweisen Zuwachsraten der Arbeiterinnen-löhne fiel in den Bereich zwischen 65 und 76%, jene der weiblichen An-gestellten zwischen 66 und 77%. Bei den Arbeiterinnen verzeichnetendie Wirtschaftsdienste die höchste Steigerungsrate, wobei hier aller-dings die deutliche Abnahme der Teilzeitquote (minus 24 Prozentpunk-te) zwischen 1980 und 1991 in Rechnung zu stellen ist (Tabelle 8). Er-heblich unterdurchschnittliche Zuwächse erzielten die Arbeiterinnen imUnterrichtswesen, in den Banken und Versicherungen, in der Wirt-schaftsklasse Kunst-Unterhaltung-Sport und in der Lederbranche. DieBeschäftigtenanteile dieser vier Branchen lagen aber jeweils nur bei ei-nem Prozent oder darunter.

Unter den weiblichen Angestellten waren im Bank- und Versiche-rungswesen, im Unterrichtswesen und in der Wirtschaftsklasse Körper-pflege-Reinigung die höchsten Gehaltszuwächse festzustellen. Im Falledes Unterrichtswesens resultierte der Anstieg des Mediangehalts aller-dings auch aus dem starken Rückgang der Teilzeitquote (minus 22,8 Pro-zentpunkte). Unterhalb des oben genannten Intervalls von 66 bis 77%Zuwachs blieben die Bekleidungsbranche, das Verkehrswesen und dieWirtschaftsklasse Kunst- Unterhaltung-Sport.

4. Die Streuung der Branchenmedianeinkommen 1980-91

Im folgenden wird der gewichtete Variationskoeffizient als Maßzahlder interindustriellen Streuung der bereinigten Monatseinkommen her-angezogen, wobei die Anteile der Wirtschaftsklassen an den Versiche-rungstagen der jeweiligen Gesamtheit als Gewichte dienen.

Die interindustrielle Streuung der Männerlöhne war 1991 geringer alsjene der Männergehälter (Tabelle 9). Auf die Niedriglohnbranchen imDienstleistungssektor entfielen mit Ausnahme der Fremdenverkehrs-wirtschaft nur geringe Anteile der Gesamtheit männlicher Arbeiter. Beiden männlichen Angestellten lag die gewichtsmäßig zweitbedeutendsteWirtschaftsklasse, die Metallbranche (15,2% der männlichen Angestell-ten), auf Rang 6 der Einkommenshierarchie. Auch einige Wirtschafts-klassen mit weit unterdurchschnittlichem Gehaltsniveau waren stark

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19. Jahrgang (1993), Heft 3 Wirtschaft und Gesellschaft

Tabelle 9:Streuung der Branchenmedianeinkommen(gewichtete Variationskoeffizienten in %)

1991 bereinigt1980 1987 1991 um Struktur-

effekte *

MännlicheArbeiter 13,84 14,38 14,80 14,10MännlicheAngestellte 16,56 16,36 15,57 15,63Männerinsgesamt 13,94 15,51 16,32 15,79WeiblicheArbeiter 20,85 20,17 19,21 20,04WeiblicheAngestellte 12,00 14,18 13,60 13,85Fraueninsgesamt 17,54 17,95 17,23 18,39

Gesamt 19,81 19,86 19,82 20,21

* Brancheneinkommen von 1991 gewichtet mit den Beschäftigtenanteilen von 1980.

besetzt: das Verkehrswesen und die Einrichtungen der Gebietskörper-schaften (12,1% Beschäftigtenanteil, Rang 20 der Gehaltsskala).

Unter den vier analysierten Beschäftigtenkategorien war die interin-dustrielle Streuung der Einkommen bei den Arbeiterinnen am höchsten,bei den weiblichen Angestellten am geringsten. Die Metallbranche, inder jede zehnte Arbeiterin beschäftigt war (9,8%), stand an der Spitzeder Rangordnung der Frauenlöhne, die öffentlichen Einrichtungen (Be-schäftigtenanteil 12,4%) befanden sich auf Rang 3. Zudem wiesen dreiNiedriglohnbranchen hohe Beschäftigungsanteile auf: Die Wirtschafts-klasse Haushaltung-Hauswartung mit infolge hoher Teilzeitquoteaußergewöhnlich niedrigem mittleren Lohnniveau (49,2% des entspre-chenden Gesamtmedians) beschäftigte 6,7% der Arbeiterinnen, dieWirtschaftsklasse Körperpflege-Reinigung 7,9% und die Bekleidungser-zeugung 5,7%. Bei den weiblichen Angestellten hingegen lag nur eineanteilsmäßig wichtige Branche, nämlich das Bank- und Versicherungs-wesen (7,2% der Beschäftigten), außerhalb des Bereichs von plus/minus20% des entsprechenden Gesamtmediangehalts.

Die Streuung der Branchenlöhne der männlichen Arbeiter nahm imZeitraum 1980-91 zu, wobei der Anstieg allerdings zum größten Teil aufden Beschäftigungsstruktureffekt, d. h. auf die Verschiebung der Be-

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schäftigtenanteile, zurückging (siehe Tabelle 9, rechte Spalte). UnterBeibehaltung der Beschäftigtenstruktur des Jahres 1980 wäre der ge-wichtete Variationskoeffizient nur auf 14,10% gestiegen.

Im Gegensatz zu den Arbeitern sank bei den männlichen Angestelltendie interindustrielle Streuung. Wie aus dem Vergleich der beiden Wertefür das Jahr 1991 zu ersehen ist, spielte der Beschäftigungsstrukturef-fekt dabei keine Rolle. ,

Sowohl bei den Arbeiterinnen als auch bei den weiblichen Angestell-ten änderte sich die Streuung während des Beobachtungszeitraums stär-ker als bei den bereits behandelten Gruppen der männlichen Beschäftig-ten, und die Vorzeichen der Änderung wechselten jeweils. Die interindu-strielle Streuung der Löhne der Arbeiterinnen, die 1980 den bei weitemhöchsten Wert unter den vier Beschäftigungsgruppen aufwies, verrin-gerte sich um rund 1,6 Prozentpunkte. Der Einkommenseffekt und derBeschäftigungsstruktureffekt trugen etwa im gleichen Ausmaß zumRückgang des Streuungsmaßes bei. Auf die Bedeutung der gewerk-schaftlichen Tarif- und Mindestlohnpolitik für die Lohnentwicklungvieler weiblicher Beschäftigter in Niedriglohnbranchen wurde oben imAbschnitt 3 bereits hingewiesen.

Die Streuung der Branchenmediangehälter der weiblichen Angestell-ten erhöhte sich von 1980 bis 1987/88 deutlich (1988 betrug der Variati-onskoeffizient 14,16), nahm in den folgenden Jahren ab, lag aber 1991immer noch um 1,6 Prozentpunkte über dem Wert von 1980. Bei kon-stanter Beschäftigungsstruktur hätte die Streuung 1991 einen nochhöheren Wert erreicht.

Internationale Vergleichsstudien gelangen zu dem Ergebnis, daß dieBranchenlohnstrukturen in den westlichen Industrieländern einanderähnlich sind: Branchen, die sich in Österreich in bezug auf das mittlereEinkommensniveau der Beschäftigten in den obersten Rängen befinden,wie der Bergbau, die Energie- und Wasserversorgung, die Papierbrancheund das Druckerei- und Verlagswesen, zahlen auch in den anderen Indu-striestaaten überdurchschnittlich hohe Löhne und Gehälter (8). Die Tex-til- und die Bekleidungsbranche, das Gaststätten- und Beherbergungs-wesen, die Körperpflege- und Reinigungsdienste sowie die HäuslichenDienste zählen international zu den Niedriglohnbranchen.

Barth und Zweimüller verglichen die mit den Beschäftigtenanteilengewichtete Streuung der Brancheneinkommen in Österreich, Norwegenund den Vereinigten Staaten. Sie ermittelten dabei für Österreich (1983)einen Wert, der nur geringfügig über dem norwegischen, aber erheblichüber dem amerikanischen lag (9). Die interindustriellen Einkommens-disparitäten in Österreich werden vor allem auf die branchenweise ver-schiedenen Anteile weiblicher Beschäftigter (Einkommensgefälle zwi-schen Männern und Frauen) und die Unterschiede in der Qualifikationder Arbeitskräfte (hohe Rendite des Humankapitals, insbesondere steileAlters-Einkommens-Profile), zu einem geringeren Teil auch auf die un-terschiedlichen Beschäftigungsanteile der Berufsgruppen in den einzel-nen Branchen zurückgeführt.

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5. Ergebnisse anderer Studien, die auf Individualdatensätzen beruhen

Wie bereits eingangs festgestellt, haben Analysen anhand der Bran-chenlohndaten aus der Sozialversicherungsstatistik den wesentlichenNachteil, daß Effekte, die von individuellen Charakteristika der Arbeit-nehmer ausgehen, nicht isoliert werden können.

Bestehen signifikante Branchenlohnunterschiede auch für homogeneArbeitnehmer, also nach Bereinigung um Unterschiede im Geschlecht, inder Qualifikation (Schulbildung, Berufserfahrung), in der geleistetenArbeitszeit, in den Arbeitsbedingungen, im regionalen Standort und inder Betriebsgröße?

Hafer (10) untersuchte diese Frage auf der Grundlage von Individual-daten über die Nettoeinkommen von männlichen Arbeitnehmern (Arbei-tern und Angestellten) aus dem österreichischen Mikrozensus (1983 und1987). In bezug auf die Kontrollvariablen gelangte dieser Autor zu fol-genden Ergebnissen: Wie erwartet bestand ein positiver Zusammenhangzwischen Lohnhöhe und Humankapitalvariablen. Die These von Lohn-zuschlägen, welche ungünstige Arbeitsbedingungen kompensieren, fandkeine Bestätigung. Die Regionalvariablen erwiesen sich als signifikant.Mit steigender Beschäftigtenzahl des Betriebs nahm cet. par. das Ein-kommen zu.

Auch nach Kontrolle der genannten Faktoren bestanden für männli-che Arbeiter und Angestellte statistisch signifikante Branchenlohnun-terschiede. Zudem zeigte sich eine starke Ähnlichkeit der Branchen-lohnstrukturen von 1983 und 1987, so daß kurzfristige Immobilitätender Arbeitskräfte bzw. vorübergehende Nachfrageschocks keine plausi-blen Erklärungen für die beobachteten branchenweisen Lohndifferen-tiale liefern. An der Spitze der Branchenlohnhierarchie für 1987 standendas Druckerei- und Verlagswesen, die Banken und Versicherungen, dieEnergie- und Wasserversorgung, die Papierbranche und die Chemie-branche. Am ungünstigsten waren die Einkommensverhältnisse fürmännliche Arbeitnehmer mit gleichen meßbaren Charakteristika im Un-terrichtswesen, in der Land- und Forstwirtschaft, in der Holzverarbei-tung, in der Bekleidungserzeugung und in der Textilbranche. Barth undZweimüller gelangten anhand der Nettoeinkommensdaten aus dem Mi-krozensus (1983) für die Gesamtheit der männlichen und weiblichen Ar-beitnehmer zu einer sehr ähnlichen Branchenlohnstruktur (11).

Eine Gegenüberstellung der Branchenlohnstruktur aus den Rohdatender Sozialversicherungsstatistik für männliche Arbeitnehmer aus demJahre 1987 mit der um die Einflüsse der individuellen Charakteristikabereinigten Branchenlohnstruktur aus der Untersuchung von Hafer(ebenfalls 1987) zeigt erstens, daß die meisten Hochlohnbranchen dererstgenannten Skala auch Hochlohnbranchen in der letztgenannten wa-ren, und zweitens, daß die "kontrollierten" Lohndifferentiale deutlichniedriger waren. Auffallend sind Diskrepanzen in den Rängen folgenderBranchen: Während der Bergbau in der aus den aggregierten Daten ge-wonnenen Rangordnung den fünften Platz einnahm, schien er in der

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"kontrollierten" Hierarchie nicht unter den bestzahlenden Branchenauf. Der Fremdenverkehr lag auf Rang 23 gemäß den aggregierten Da-ten, zählte jedoch in der "kontrollierten" Skala nicht zu den schlechtest-zahlenden Branchen. Hingegen gehörten die Textilbranche (Rang 12gemäß aggregierten Daten) und das Unterrichtswesen (Rang 16) zu denfünf Branchen mit den niedrigsten Einkommen für männliche Arbeit-nehmer mit gleichen individuellen Charakteristika.

Ein Vergleich der österreichischen mit der deutschen Branchenlohn-struktur unter Heranziehung der Studien von Hofer und Wagner (12),die sich der gleichen Untersuchungsmethode bedienten, bringt großeÄhnlichkeiten in den Branchenlohndifferentialen für männliche Arbeit-nehmer mit gleichen meßbaren Charakteristika zutage. Für viele Bran-chen stimmten die ermittelten Differentiale in hohem Maße überein. Re-lativ besser gestellt als die deutschen Kollegen waren die österreichi-schen männlichen Arbeiter und Angestellten im Druckerei- und Verlags-wesen sowie in der Erzeugung von Stein- und Glaswaren, relativschlechter gestellt hingegen in der Holzverarbeitung und im Verkehrs-wesen.

Welche lohntheoretischen Ansätze tragen zur Erklärung jener signifi-kanten Branchenlohnunterschiede bei, die nach Bereinigung um die ge-nannten individuellen Charakteristika der Arbeitnehmer bestehen?

Hofer stellte fest, daß die traditionellen, kompetitiven Ansätze derLohntheorie nicht ausreichen, die existierenden branchenweisen Ein-kommensunterschiede für männliche Arbeiter und Angestellte mit glei-chen meßbaren Merkmalen in Österreich zu erklären. Weder kurzfristigeÄnderungen in der Nachfrage nach Arbeitskräften noch kompensieren-de Lohndifferentiale für ungünstige Arbeitsbedigungen, erhöhte Lern-anstrengungen oder unterschiedliche Arbeitslosigkeitsrisken stellen dieUrsache für die Lohnstruktur dar (13). Wagner gelangte für die Bran-chenlohnstruktur männlicher Arbeitnehmer in Deutschland zu demgleichen Ergebnis (14). Schettkatuntersuchte die interindustriellenLohndifferentiale in den Vereinigten Staaten sowie in Deutschland undkonstatierte, daß im Widerspruch zur These der kompensierenden Lohn-unterschiede positive Arbeitsplatzmerkmale (hohe Löhne, stabile Be-schäftigung, günstige Arbeitsbedingungen etc.) tendenziell Hand inHand gingen und negative Charakteristika ebenfalls kumuliert auftra-ten (15).

Als Alternative zu den kompetitiven Ansätzen bieten sich die ver-schiedenen Varianten der Effizienzlohnhypothese an. Die Kernaussagedieser Ansätze ist, daß sich die Zahlung von höheren als den Marktlöh-nen aus dem gewinnmaximierenden Verhalten der Unternehmungen ab-leiten läßt. Eine Lohnerhöhung über das Marktniveau hinaus steigereden Gewinn, da sie positiv auf die Leistungsintensität der Arbeitskräftebzw. deren Produktivität wirke, womit sich die Kosten pro Effizienzein-heit Arbeit reduzieren. Zu den Beweggründen für die Zahlung von Effi-zienzlöhnen zählen erstens die Reduzierung von Kontrollkosten, zwei-tens die Senkung der Fluktuationskosten (Turnover-Kosten), drittens

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die Selektion besonders produktiver Arbeitskräfte und viertens diehöhere Loyalität der Arbeitskräfte gegenüber dem Unternehmen (16).

Die erstgenannte Variante, das sog. Shirking-Modell, geht von derTatsache aus, daß Arbeitsverträge im allgemeinen unvollständig spezifi-ziert sind. Hieraus leitet sich ein gewisser Spielraum der Arbeitskräftein bezug auf die Intensität ihrer Leistung im Betrieb ab. Da die Überwa-chung Kosten verursacht und daher nicht vollständig ist, haben die nut-zenmaximierenden Arbeitskräfte einen Anreiz zum "Bummeln" (shir-king). Dieses Drückeberger-Verhalten ist allerdings mit der Gefahr derEntdeckung und des Arbeitsplatzverlustes verbunden. Zahlt ein Unter-nehmen einen über dem Marktsatz liegenden Lohn, stellt dies für die Ar-beitskräfte einen Anreiz dar, weniger oder gar nicht zu "bummeln",denn der Verlust eines solchen Arbeitsplatzes ist mit der Einbuße derRente (d. h. des Aufschlags auf den üblichen Marktlohnsatz) verbunden.

Je höher die Gefahr einer langandauernden Arbeitslosigkeit bei einemVerlust des Arbeitsplatzes ist, desto stärker wirkt für die Arbeitskräfteder Anreiz, nicht zu "bummeln", und umso geringer ist auf der anderenSeite der Anreiz für die Unternehmungen, Effizienzlöhne zu zahlen. Da-her ist gemäß diesem Ansatz - und im Gegensatz zur Theorie kompensie-render Lohndifferentiale - ein negativer Zusammenhang zwischen Ar-beitslosigkeitsrisiko und Lohnhöhe zu erwarten. Wagner beobachtetefür Deutschland einen solchen Zusammenhang, Hofer erhielt keine sig-nifikanten Resultate.

Eine andere Möglichkeit, die Gültigkeit der Shirking-Variante empi-risch zu testen, beruht auf folgender Überlegung: Erhöhen sich die Ko-sten der Leistungsverweigerung mit steigender Kapitalintensität des Be-triebes, so nehmen dementsprechend auch die Lohndifferentiale zu. Dieösterreichischen Daten für männliche Arbeitnehmer "geben Hinweise,die es erlauben, die Lohndifferentiale als Anreize zur Vermeidung vonShirking zu interpretieren" (17).

Für die Fluktuationskosten-Variante und die sozial-normative Vari-ante (Fair-Wage-Hypothese, Gift-Exchange-These, Work-Group-These)der Effizienzlohn-These liegt hingegen anhand der österreichischen Da-ten keine empirische Evidenz vor.

Barth und Zweimüller weisen darauf hin, daß die starke Ähnlichkeitder "kontrollierten" Branchenlohnhierarchien in Ländern mit ganz un-terschiedlichen Arbeitsmarktinstitutionen (Österreich und Norwegenversus Vereinigte Staaten) nicht durch Verhandlungsmodelle oder dieRent-Extraction-These, die allesamt auf der Existenz von Gewerkschaf-ten beruhen, erklärbar ist. Hingegen stehen diese empirischen Beobach-tungen nicht im Widerspruch zu der Kontrollkosten- und der Fluktuati-onskosten- Variante der Effizienzlohnhypothese, da demgemäß die Zah-lung von Effizienzlöhnen von der technischen Ausstattung <;lerBetriebeabhängt, die international weitgehend übereinstimmt. Gleiches gilt fürdie Gift-Exchange-Variante, da davon ausgegangen werden kann, daßdie sozialen Normen in den westlichen Industrieländern einander weit-gehend gleichen.

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6. Zusammenfassung

In allen vier untersuchten Beschäftigungsgruppen zählten 1991 dieEnergie- und Wasserversorgung, der Bergbau, die Papierbranche, dasDruckerei- und Verlagswesen sowie die Chemiebranche zu den bestzah-lenden Branchen, die Bekleidungserzeugung, die Land- und Forstwirt-schaft, die Häuslichen Dienste, der Fremdenverkehr, die Wirtschafts-klasse Körperpflege-Reinigung und das Unterrichtswesen durchwegs zuden Branchen mit deutlich unterdurchschnittlicher Entlohnung.

Die Branchenlohnstrukturen der vier Beschäftigungsgruppen wareneinander im Hinblick auf die Rangordnung ähnlich. Alle vier Hierarchi-en erwiesen sich als im Zeitablauf sehr stabil.

Zwischen 1980 und 1991 stiegen die nominellen Bruttoeinkommen dererfaßten Arbeiter und Angestellten, gemessen am Median der bereinig-ten Monatseinkommen, um 65,7%. Sowohl bei den Arbeitern als auchbei den Angestellten erhöhten sich die Einkommen der Frauen stärkerals jene der Männer. Der Aufholprozeß der Fraueneinkommen dürfte vorallem ein Ergebnis der gewerkschaftlichen Mindestlohnpolitik sein (18).

Die Gehälter der männlichen Angestellten nahmen während der Beob-achtungsperiode weit stärker zu als die Löhne der männlichen Arbeiter.Dieses Resultat entspricht der These der Segmentierung des Arbeits-marktes. Die geringsten Lohnzuwachsraten bei den männlichen Arbei-tern wiesen jene Branchen auf, wo der Zustrom an ausländischen Ar-beitskräften eine starke Erhöhung des Arbeitsangebots bedeutete.

Die meisten Zuwachsraten der mittleren Brancheneinkommen streu-ten zwar innerhalb der vier Beschäftigtengruppen jeweils in einer Band-breite von sechs bis dreizehn Prozentpunkten, aber diese Unterschiedein den Zuwachsraten führten zwischen 1980 und 1991 nur wenigeRangänderungen größeren Ausmaßes herbei. Die bei den männlichenArbeitnehmern weit stärkere Streuung der Steigerungsraten der Bran-chenmedianeinkommen ist als Folge der Lohndrift anzusehen, welchedie solidarische Kollektivvertragspolitik der Gewerkschaften (gleicheprozentuelle Zuwachsraten der Einkommen aller Arbeitnehmergrup-pen) überlagerte.

In bezug auf die interindustrielle Streuung der Medianeinkommen(gewichteter Variationskoeffizient) bestand in den vier Beschäftigten-gruppen keine einheitliche Entwicklungstendenz. Nur bei den männli-chen Arbeitern war von 1980 bis 1991 eine durchgehende Zunahme derStreuung festzustellen, wobei der Anstieg allerdings zum größten Teilauf den Beschäftigungsstruktureffekt, d. h. auf die Verschiebung der Be-schäftigtenanteile, zurückzuführen ist. Im Gegensatz zu den Arbeiternnahm bei den männlichen Angestellten die interindustrielle Streuungab. Jene der Löhne der Arbeiterinnen, die 1980 den bei weitem höchstenWert unter den vier Beschäftigtengruppen aufwies, verringerte sichdeutlich, wozu der Einkommenseffekt und der Beschäftigungsstruktur-effekt etwa im gleichen Ausmaß beitrugen. Die Streuung der Branchen-mediangehälter der weiblichen Angestellten erhöhte sich von 1980 bis

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1987/88 stark, nahm in den folgenden Jahren aber ab.Untersuchungen verschiedener Autoren auf der Grundlage von Indivi-

dualdatensätzen zeigen, daß die Branchenlohndisparitäten bei denmännlichen Arbeitern und Angestellten nicht allein durch Unterschiedein der Qualifikation der Arbeitskräfte, in den Arbeitsbedingungen, inder Betriebsgröße und im Betriebsstandort zu erklären sind. Auch nachAusschaltung der genannten Effekte bestehen signifikante Lohndiffe-rentiale zwischen den Branchen. Eine Gegenüberstellung mit der Bran-chenlohnhierarchie in Deutschland bringt keine großen Unterschiedezutage. Unter den lohntheoretischen Ansätzen liefert am ehesten dieKontrollkosten- Variante der Effizienzlohnhypothese einen Erklärungs-beitrag zu den Branchenlohnunterschieden in Österreich.

Aus strukturpolitischer Sicht ist das Bestehen von erheblichen bran-chenweisen Lohnunterschieden problematisch: Signifikante Lohndispa-ritäten auch für homogene Arbeitnehmer zwischen den Branchen habengesamtwirtschaftliche Effizienzverluste zur Folge. Die Beschäftigung istdann in Niedriglohnbranchen zu hoch und umgekehrt. Hohe Lohnunter-schiede reduzieren die Kapitalmobilität, da durch die billigen Arbeits-kräfte Kapital länger in Produktionen mit niedriger Arbeitsprodukti-vität profitabel eingesetzt werden kann. Soweit es sich dabei um Berei-che des exponierten Sektors handelt, haben diese Produktionen in Öster-reich infolge der Konkurrenz der Niedriglohnländer in Osteuropa undder Schwellenländer mittelfristig (oder sogar kurzfristig) keine Zukunft.

Der einzige für Österreich gangbare Weg besteht darin, die Abwen-dung von den einfachen Produktionsmethoden zu beschleunigen, dieProduktivität durch Investitionen in die Qualifikationen der Arbeits-kräfte und neue Produkte, Techniken sowie Organisationsformen zusteigern. In diesem Zusammenhang ist es gerade während einer Rezessi-on erforderlich, für betriebliche Investitionen in Forschung und Ent-wicklung, neue Produkte und Verfahren sowie die Weiterbildung bzw.Umschulung der Mitarbeiter staatliche Anreize zu bieten.

Anmerkungen

(1) Zu den Charakteristika der Einkommenstatistik aus der Sozialversicherung siehe imeinzelnen Juch, Wolf (1989).

(2) Hier muß einschränkend darauf verwiesen werden, daß die Unterscheidung zwischenArbeitern und Angestellten an Aussagekraft verliert, da in zunehmendem Maße Be-triebsangehörige, die (Fach-)Arbeitertätigkeiten ausüben, bei der Sozialversicherungals Angestellte gemeldet werden.

(3) 1991 lagen die Medianeinkommen der männlichen Angestellten in den Wirtschafts-klassen Papier und Bergbau bereits über dem Grenzwert von S 35.000. Ihre genaueHöhe ist daher unbekannt. Hier erfolgte die Schätzung dieser beiden Werte, indemdie Wachstumsrate des vierten Einkommensdezils zwischen 1980 und 1991 auch aufdie jeweiligen Mediangehälter aus dem Jahr 1980 angewandt wurden. Vgl. Grillitsch,Juch, Wolf (1992) 986.

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(4) Tomandl u. a. (1992) 38.(5) Ebd. 39.(6) Die Zunahme der Teilzeitquote der weiblichen Angestellten wird dadurch unter-

schätzt, daß der Mikrozensus für 1980 keine Trennung von Angestellten und Beamtenermöglicht.

(7) Vgl. für den Zeitraum 1985-90 Tomandl u. a. (1992) 22-26.(8) Barth, Zweimüller (1992;) Edin, Zetterberg (1992).(9) Barth, Zweimüller (1992) 195. Zu berücksichtigen ist allerdings, daß es sich bei den

österreichischen Mikrozensusdaten um Nettoeinkommen handelt.(10) Hofer (1991, 1992).(11) Barth, Zweimüller (1992) 193.(12) Hofer (1992), Wagner (1991). Wagners Studie beruht auf Bruttoeinkommensdaten,

Hofers auf Nettoeinkommensdaten.(13) Hofer (1992) 14-19.(14) Wagner (1991) 87f; vgl. Schmidt (1992).(15) Schettkat (1993).(16) Thaler (1989).(17) Hofer (1992) 29.(18) Vgl. Guger (1992) 82.

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