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(Gekürzte Fassung eines Beitrags im “HeizungsJournal” 7/8 2012. Der Verfas- ser dankt B.Eng. Thorsten Loth für seine Mitarbeit.) In den letzten Jahren haben mehrere Unternehmen intensiv daran gearbeitet, den Stirlingmotor zur Serienreife zu entwickeln und als Bestandteil einer stromerzeugenden Heizung marktfähig zu machen. Für einen Einsatz bei der Wärmeversorgung von Wohngebäuden - etwa von bestehenden Ein- und Zwei- familienhäusern sowie älteren und neu- en Mehrfamilienhäusern - könnten ins- besondere kleine Stirling-Aggregate in- teressant sein, deren elektrische Leis- tung bei etwa 1 kW und deren Wärme- leistung bei etwa 5 bis 8 kW liegt. Diese Baugröße eignet sich dafür, in die Hei- zungsanlage einbezogen zu werden und die Grundlast des Heizwärmebedarfs ein- schließlich der Trinkwassererwärmung zu übernehmen. Stromseitig könnte ein Teil des häuslichen Strombedarfs mit dem Stirling-Gerät abgedeckt werden. Der Stirlingmotor im Überblick Der Stirlingmotor, der auch als Heißgas- motor bekannt ist, ist eine Wärmekraft- maschine, bei der thermische Energie teilweise in mechanische Energie umge- wandelt wird. In einem hermetisch geschlossenen System wird ein unter Druck stehendes Arbeitsgas - in der Re- gel Wasserstoff, Stickstoff oder Helium - im Wechsel durch eine externe Wärme- quelle bei hoher Temperatur erwärmt und durch eine externe Wärmesenke bei nie- derer Temperatur abgekühlt. Die dabei auftretenden Druckverhältnisse ermögli- chen es, einen Überschuss an mechani- scher Arbeit zu erzeugen, die im ablau- fenden Kreisprozess über eine zyklische Kolbenbewegung als mechanische En- ergie zur Stromerzeugung genutzt wird. Bereits im Jahr 1816 wurde der erste Stirlingmotor auf seinen schottischen Er- finder Robert Stirling patentiert. Damals begann sich England - und zeitverscho- ben auch andere Länder wie z. B. Frank- reich und Deutschland - zu einem Indus- trieland zu entwickeln, wobei die von James Watt verbesserte Dampfmaschi- ne eine wichtige Rolle spielte. Allerdings waren die damaligen Dampfmaschinen sicherheitstechnisch noch nicht sehr ausgereift: Um die Wirkungsgrade zu er- höhen, ging man auf höhere Betriebs- drücke und -temperaturen über, wobei es häufiger zu Kesselexplosionen und zu tödlichen Unfällen kam. Daher war es ein Ziel, mit Hilfe des Stirlingmotors als An- triebsquelle die Arbeiten in Steinbrüchen und Kohlegruben sicherer zu gestalten. Ursprünglich vor allem als Entwässe- rungspumpe in Kohlegruben eingesetzt, konnte sich der Stirlingmotor rasch neue Anwendungsgebiete erschließen. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts waren weltweit rund 250.000 Stirlingmotoren in Betrieb. Sie wurden beispielsweise als Antrieb für Wasserpumpen, Tischventila- toren und Nähmaschinen eingesetzt. Daneben wurde vereinzelt versucht, den Stirlingmotor auch als Schiffs- und Kraft- fahrzeugantrieb sowie für weitere, sta- tionäre Anwendungen zu nutzen. Dabei konnte er sich jedoch nicht gegen die Hubkolben-Verbrennungsmotoren durchsetzen, die als Benzin-, Gas- und Dieselmotoren auf dem Prinzip der in- neren Verbrennung beruhen und da- durch die Vorteile einer leichten Bauwei- se und einer guten Regelbarkeit aufwei- sen: Leichtbau und die Fähigkeit zum Teillastbetrieb sind die Voraussetzungen von Otto- und Dieselmotoren für die au- tomobile Anwendung. Auch bei stationä- ren Anwendungen wurde der Stirling- motor in der Frühzeit des 20. Jahrhun- derts mehr und mehr durch den Hubkol- benmotor - sowie durch den Elektromo- tor in Verbindung mit der Stromerzeu- gung in Großkraftwerken - verdrängt. Die Ingenieure verloren jedoch den Stirlingmotor wegen seiner grundsätzlich sehr guten thermodynamischen Eigen- schaften nicht aus dem Blickfeld: Sein theoretischer Vergleichsprozess hat ei- nen Wirkungsgrad (gewinnbare mecha- nische Energie bzw. Strom geteilt durch die eingesetzte Hochtemperaturwärme), der wie der Carnot-Prozess den höchst- möglichen Wert erreicht [10]. Sein höhe- res Gewicht und seine begrenzte Regel- barkeit stören vor allem bei stationären Anwendungen nicht; die - im Vergleich zum Hubkolbenmotor - längere Lebens- dauer, der gleichmäßigere, leisere Lauf und der geringe Wartungsbedarf sind von Vorteil. Deshalb hat der Stirlingmotor Stromerzeugende Heizung mit S tromerzeugende Heizung mit Stirlingmotor tirlingmotor 14 Die Markterschließung hat begonnen: Stromerzeugende Heizung mit Stirlingmotor Martin Dehli Schnitt durch einen Freikolben-Stirlingmotor mit einer elektrischen Leistung von 1 kWel und einer Wärmeleis- tung von 5 bis 8 kWth [1], [12]

Die Markterschließung hat begonnen - hs-esslingen.de · als Kleinmotor genutzt, kann der Stirling-motor leichter als ein Hubkolbenmotor in die klassische Heizungstechnik integriert

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(Gekürzte Fassung eines Beitrags im“HeizungsJournal” 7/8 2012. Der Verfas-ser dankt B.Eng. Thorsten Loth für seineMitarbeit.)

In den letzten Jahren haben mehrereUnternehmen intensiv daran gearbeitet,den Stirlingmotor zur Serienreife zuentwickeln und als Bestandteil einerstromerzeugenden Heizung marktfähigzu machen. Für einen Einsatz bei derWärmeversorgung von Wohngebäuden -etwa von bestehenden Ein- und Zwei-familienhäusern sowie älteren und neu-en Mehrfamilienhäusern - könnten ins-besondere kleine Stirling-Aggregate in-teressant sein, deren elektrische Leis-tung bei etwa 1 kW und deren Wärme-leistung bei etwa 5 bis 8 kW liegt. DieseBaugröße eignet sich dafür, in die Hei-zungsanlage einbezogen zu werden unddie Grundlast des Heizwärmebedarfs ein-schließlich der Trinkwassererwärmungzu übernehmen. Stromseitig könnte einTeil des häuslichen Strombedarfs mitdem Stirling-Gerät abgedeckt werden.

Der Stirlingmotor im Überblick

Der Stirlingmotor, der auch als Heißgas-motor bekannt ist, ist eine Wärmekraft-maschine, bei der thermische Energieteilweise in mechanische Energie umge-wandelt wird. In einem hermetisch

geschlossenen System wird ein unterDruck stehendes Arbeitsgas - in der Re-gel Wasserstoff, Stickstoff oder Helium -im Wechsel durch eine externe Wärme-quelle bei hoher Temperatur erwärmt unddurch eine externe Wärmesenke bei nie-derer Temperatur abgekühlt. Die dabeiauftretenden Druckverhältnisse ermögli-chen es, einen Überschuss an mechani-scher Arbeit zu erzeugen, die im ablau-fenden Kreisprozess über eine zyklischeKolbenbewegung als mechanische En-ergie zur Stromerzeugung genutzt wird.

Bereits im Jahr 1816 wurde der ersteStirlingmotor auf seinen schottischen Er-finder Robert Stirling patentiert. Damalsbegann sich England - und zeitverscho-ben auch andere Länder wie z. B. Frank-reich und Deutschland - zu einem Indus-trieland zu entwickeln, wobei die vonJames Watt verbesserte Dampfmaschi-ne eine wichtige Rolle spielte. Allerdingswaren die damaligen Dampfmaschinensicherheitstechnisch noch nicht sehrausgereift: Um die Wirkungsgrade zu er-höhen, ging man auf höhere Betriebs-drücke und -temperaturen über, wobei eshäufiger zu Kesselexplosionen und zutödlichen Unfällen kam. Daher war es einZiel, mit Hilfe des Stirlingmotors als An-triebsquelle die Arbeiten in Steinbrüchenund Kohlegruben sicherer zu gestalten.

Ursprünglich vor allem als Entwässe-rungspumpe in Kohlegruben eingesetzt,konnte sich der Stirlingmotor rasch neueAnwendungsgebiete erschließen.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts warenweltweit rund 250.000 Stirlingmotoren inBetrieb. Sie wurden beispielsweise alsAntrieb für Wasserpumpen, Tischventila-toren und Nähmaschinen eingesetzt.Daneben wurde vereinzelt versucht, denStirlingmotor auch als Schiffs- und Kraft-fahrzeugantrieb sowie für weitere, sta-tionäre Anwendungen zu nutzen. Dabeikonnte er sich jedoch nicht gegen dieHubkolben-Verbrennungsmotorendurchsetzen, die als Benzin-, Gas- undDieselmotoren auf dem Prinzip der in-neren Verbrennung beruhen und da-durch die Vorteile einer leichten Bauwei-se und einer guten Regelbarkeit aufwei-sen: Leichtbau und die Fähigkeit zumTeillastbetrieb sind die Voraussetzungenvon Otto- und Dieselmotoren für die au-tomobile Anwendung. Auch bei stationä-ren Anwendungen wurde der Stirling-motor in der Frühzeit des 20. Jahrhun-derts mehr und mehr durch den Hubkol-benmotor - sowie durch den Elektromo-tor in Verbindung mit der Stromerzeu-gung in Großkraftwerken - verdrängt.

Die Ingenieure verloren jedoch denStirlingmotor wegen seiner grundsätzlichsehr guten thermodynamischen Eigen-schaften nicht aus dem Blickfeld: Seintheoretischer Vergleichsprozess hat ei-nen Wirkungsgrad (gewinnbare mecha-nische Energie bzw. Strom geteilt durchdie eingesetzte Hochtemperaturwärme),der wie der Carnot-Prozess den höchst-möglichen Wert erreicht [10]. Sein höhe-res Gewicht und seine begrenzte Regel-barkeit stören vor allem bei stationärenAnwendungen nicht; die - im Vergleichzum Hubkolbenmotor - längere Lebens-dauer, der gleichmäßigere, leisere Laufund der geringe Wartungsbedarf sindvon Vorteil. Deshalb hat der Stirlingmotor

SStromerzeugende Heizung mit Stromerzeugende Heizung mit Stirlingmotortirlingmotor

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Die Markterschließung hat begonnen:

Stromerzeugende Heizung mit Stirlingmotor

Martin Dehli

Schnitt durch einen Freikolben-Stirlingmotor mit einerelektrischen Leistung von 1 kWel und einer Wärmeleis-tung von 5 bis 8 kWth [1], [12]

für die energiesparende, gekoppelte Be-reitstellung von Strom und Wärme (Kraft-Wärme-Kopplung (KWK)) in Haushaltenund im Gewerbe gute Voraussetzungen.

Experten erwarten, dass er in dem sichallmählich entwickelnden Marktsegmentder "Stromerzeugenden Heizung" bzw.der "Mikro-Kraft-Wärme-Kopplung" (alsoder Klein-Blockheizkraftwerke (BHKW))gute Marktchancen haben wird. Wird erals Kleinmotor genutzt, kann der Stirling-motor leichter als ein Hubkolbenmotor indie klassische Heizungstechnik integriertwerden und z. B. parallel zu einemwandhängenden Erdgas-Brennwertgerätbetrieben werden. Im Vergleich mit klei-nen Hubkolbenmotoren - soweit dieseals umgerüstete Fahrzeugmotoren ausder Großserie stammen - muss er aberden Kostennachteil kleinerer Stückzah-len wettmachen und den hohen Groß-serien-Reifegrad von Hubkolbenmotorenerst noch erreichen.

Das Funktionsprinzip

Bei jedem Kreisprozess einer Kraft- oderArbeitsmaschine wird zwischen dem ide-alen und dem realen Prozess unter-schieden. Ideale Prozesse beschreibendie theoretischen Bestfälle, weisen diehöchstmögliche Effizienz aus und zeigendie theoretisch maximal erreichbaren

Wirkungsgrade bzw. Leistungszahlenauf. Unter realen Bedingungen lassensich diese theoretischen Werte nichterreichen. Der ideale Prozess dient da-her als Vergleichsprozess, um zu beur-teilen, welches Verbesserungspotenzialbeim realen Prozess vorhanden ist.

- Der ideale Kreisprozess

Der thermodynamisch ideale Stirling-Prozess besteht aus den folgenden vierZustandsänderungen [10]:

- Isotherme Verdichtung des Arbeits-gases bei einer gleich bleibend niedrigenTemperatur unter Arbeitszufuhr sowiegleichzeitiger, in der Regel etwa gleichgroßer Wärmeabfuhr über einen Kühler

- Isochchore Erhitzung des Arbeitsgasesbei gleich bleibendem Volumen, wobeidas Arbeitsgas die nötige Wärme auseinem regenerativen thermischen Spei-cher - dem Regenerator - erhält

- Isotherme Entspannung des Arbeitsga-ses bei einer gleich bleibend hohen Tem-peratur unter Arbeitsabgabe und gleich-zeitiger, in der Regel etwa gleich großerWärmezufuhr (Hochtemperaturwärme)über einen Erhitzer

- Isochchore Abkühlung des Arbeitsga-ses bei gleich bleibendem Volumen, wo-bei das Arbeitsgas Wärme an denselbenregenerativen thermischen Speicher(Regenerator) abgibt, aus dem zuvor dieisochore Erhitzung erfolgte

Bei allen vier Zustandsänderungen mussWärme übertragen werden. Mechani-sche Energie wird dem Arbeitsgas beider isothermen Verdichtung zugeführtund bei der isothermen Entspannungvom Arbeitsgas abgegeben. Der Unter-schied von abgegebener und zuge-führter mechanischer Arbeit stellt die

nach außen abzuführende - und damitnutzbare - mechanische Energie dar, diezur Stromerzeugung dient. Wird die beider isothermen Verdichtung des Arbeits-gases frei werdende Wärme im Kühlerauf einem Temperaturniveau von etwa50 bis 70 °C abgeführt, das beispiels-weise zum Heizen und zur Trinkwasser-erwärmung ausreicht, dann ist dieseWärme keine wertlose Abwärme, son-dern eine Nutzwärme.

- Die Verwirklichung des Kreisprozesses

Die folgende Prozessbeschreibung be-zieht sich auf einen bei der stromerzeu-genden Heizung verwendeten Freikol-ben-Stirlingmotor. Im Zylinder bewegensich zwei Kolben auf und ab: der Arbeits-kolben, über den die mechanischenArbeiten zu- und abgeführt werden, undder Verdrängerkolben, der nur zum Auf-und Abschieben des Arbeitsmittelsbeiträgt. Arbeitskolben und Verdränger-kolben bewegen sich um einen Winkelvon 90 Grad phasenverschoben; anderePhasenverschiebungen sind je nachBauweise und Motortyp möglich. Dabeieilt der Arbeitskolben dem Verdränger-kolben voraus.

Vor dem ersten Teilschritt (I) stehen derArbeitskolben im unteren Totpunkt undder Verdrängerkolben oben im heißenBereich. Das Arbeitsgas ist unten im kal-ten Bereich und hat den größtmöglichenRaum eingenommen. Bei der im erstenTeilschritt zwischen den Zuständen 1und 2 ablaufenden isothermen Verdich-tung des Arbeitsmittels fährt der Arbeits-kolben vom unteren in den oberen Tot-punkt. Der verfügbare Raum wird ver-ringert und dabei das Arbeitsgas unterDruckzunahme verdichtet. Damit dieTemperatur nicht ansteigt, muss dasArbeitsgas gekühlt werden. Die durch dieVerdichtung entstehende Wärme wird

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SStromerzeugende Heizung mit Stromerzeugende Heizung mit Stirlingmotortirlingmotor

Stirling-Prozessschritte im p,V-Diagramm und im T,S-Diagramm [10]

Wandhängendes Stirling-System [12]Oben: Erdgas-BrennwertgerätUnten: Stirlingmotor

deshalb vollständig an den Kühler über-tragen. Der Verdrängerkolben verbleibtwährenddessen im heißen Bereich.

Beim zweiten Teilschritt (II) zwischen denZuständen 2 und 3 bewegt sich derVerdrängerkolben nach unten in den kal-ten Bereich, während der Arbeitskolbenpraktisch unbeweglich in seiner Positionim oberen Totpunkt verharrt. Das Arbeits-gas wird durch die Abwärtsbewegungdes Verdrängerkolbens aus dem kaltenBereich verdrängt und in den heißen Be-reich geschoben. Dabei wird ein thermi-scher Speicher - der Regenerator - durch-strömt, der beispielsweise ein Metallge-spinst als thermische Speichermasseaufweist. Beim Strömen des Arbeitsga-ses vom kalten in den heißen Bereichgibt der Regenerator die in ihm gespei-cherte Wärme an das Arbeitsgas ab; diesbewirkt eine Temperatur- und Druck-erhöhung bei gleich bleibendem Volu-men (isochore Erwärmung).

Beim dritten Teilschritt (III) zwischen denZuständen 3 und 4 wird - bedingt durchden jetzt hohen Druck des Arbeitsgases- der Arbeitskolben nach unten in denunteren Totpunkt gedrückt, wobei derDruck abnimmt. Gleichzeitig wird außer-halb des Zylinders in einem Brenner - z.B. durch die Verbrennung von Erdgasoder von Holzpellets - Hochtemperatur-wärme erzeugt, die über einen Wärme-übertrager (den Erhitzer) in den Zylinderhinein an das sich ausdehnende Arbeits-gas übertragen wird. Damit wird einTemperaturabfall verhindert, der sich beider gleichzeitigen Arbeitsabgabe ohneeine Wärmezufuhr einstellen würde. So-mit ergibt sich eine Expansion des Ar-beitsgases, die isotherm (also bei gleichbleibender hoher Temperatur) abläuft.Der Verdrängerkolben bewegt sich wäh-rend der Ausdehnung des Arbeitsgasespraktisch nicht.

Beim vierten Teilschritt (IV) zwischen denZuständen 4 und 1 - nach der Abwärts-bewegung des Arbeitskolbens und we-

gen der Phasenverschiebung um eineviertel Umdrehung - bewegt sich nun derVerdrängerkolben wieder nach oben inden heißen Bereich hinein. Gleichzeitigverharrt der Arbeitskolben im unterenTotpunkt; damit bleibt das verfügbareVolumen des Arbeitsmittels unverändert(isochore Zustandsänderung). Das imoberen heißen Bereich befindlicheArbeitsgas wird verdrängt und strömtdurch den thermischen Speicher (Rege-nerator) hindurch nach unten in denkalten Bereich. Dabei gibt das heißeArbeitsgas die Wärmemenge an die ther-mische Speichermasse des Regenera-tors wieder ab, die zuvor beim zweitenTeilschritt (II) zwischen den Zuständen 2und 3 aufgenommen worden war. Mit derTemperatur fällt auch der Druck weiterab; wegen dieser Druckabnahme wirdder Arbeitskolben später nach oben"gesaugt". Damit ist der Anfangszustand1 wieder erreicht und der Kreisprozessgeschlossen. Die einzelnen Teilschrittekönnen wieder von Neuem beginnen.

Die geradlinige Bewegung des Arbeits-kolbens wird dazu genutzt, in einemLineargenerator elektrischen Strom zuerzeugen. Durch die Federlagerung desArbeitskolbens wird eine netzkonformeStromerzeugung erreicht, d. h. Strom beieiner Wechselspannung von 230 Voltmit einer Frequenz von 50 Hertz; damit

kann auf einen Wechselrichter oder aufeinen Frequenzumformer verzichtet wer-den. Bei dem hier beschriebenen Frei-kolben-Stirlingmotor beträgt die elek-trische Nennleistung 1 kWel.

In der Realität können isotherme undisochore Zustandsänderungen nicht ge-nau erreicht werden; damit vermindertsich der Wirkungsgrad. Daneben tretendie folgenden Exergieverluste auf, dieden Wirkungsgrad weiter verringern:Reibungsverluste; allmähliche Druckab-nahme des Arbeitsgases infolge vonschleichendem Austritt aus dem System;unerwünschte Wärmeabgabe über dieMotoroberfläche wegen nicht vollständigmöglicher Wärmedämmung; Verschlech-terung der Wärmeübertragung zwischenArbeitsgas und Wärmeaggregaten (Küh-ler, Erhitzer und Regenerator) wegenhoher Prozessgeschwindigkeit; Totraum-bzw. Schadraumeffekt.

Der Totraum- bzw. Schadraumeffekt ent-steht durch die Art der Kolbenbewegun-gen. Ein unerwünscht großer Totraumentsteht durch eine kontinuierliche Be-wegung von Arbeits- und Verdrängerkol-ben, die, auf einer Zeitachse aufgetra-gen, einem sinusförmigen Verlauf ent-spricht. Durch eine diskontinuierlicheKolbenbewegung, bei der sich längereRuhephasen der Kolben ergeben, wirdder Totraum deutlich kleiner. Eine dis-kontinuierliche Kolbenbewegung lässtsich nur in Sonderfällen und nur nähe-rungsweise verwirklichen; dabei tretenhöhere Geräuschemissionen und grö-ßere mechanische Belastungen auf.

Bauarten

Der Stirling-Kreisprozess kann mit ver-schiedenen mechanischen Bauformenverwirklicht werden; am häufigsten wer-den Hubkolbenmotoren genutzt. Dabeiwerden drei Hauptbauarten angewandt:der Alpha-, Beta- und Gamma-Typ.

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SStromerzeugende Heizung mit Stromerzeugende Heizung mit Stirlingmotortirlingmotor

Im Vergleich: Kontinuierliche und diskontinuierliche Kolbenbewegung bei ei-ner Phasenverschiebung um 900 [1]

Prozessschritte im Freikolben-Stirlingmotor [1]

I II III IV

- Der Alpha-Typ besteht aus zwei ge-trennten Zylindern:einem heißen Arbeits-zylinder und einem kalten Verdichtungs-zylinder. Beide Zylinderkopfseiten sindüber einen Kanal miteinander verbun-den, in dem sich im Allgemeinen derRegenerator befindet. Anstelle des Ver-drängerkolbens gibt es einen zweitenArbeitskolben.

- Beim Beta-Typ bewegen sich Verdrän-ger- und Arbeitskolben in einem gemein-samen Zylinder, der vom Arbeitskolbenabgeschlossen wird. Der Regeneratorkann in einem Bypass angeordnet sein,lässt sich aber bei kleinen Leistungenauch unmittelbar in den Verdrängerkol-ben integrieren.

- Beim Gamma-Typ bewegen sich Ver-dränger- und Arbeitskolben in zwei unter-schiedlichen Zylindern, die miteinanderverbunden sind. Die Verbindungsstellekann dabei am kalten oder am heißenEnde liegen.

Eine Sonderform der Hubkolbenma-schine ist die Freikolbenmaschine. BeimFreikolben-Stirlingmotor sind Verdrän-ger- und Arbeitskolben mechanisch ent-koppelt und keine Kurbeltriebe vorhan-den. Daher führen die "freien" Bewegun-gen von Verdränger- und Arbeitskolbenkaum zu mechanischer Reibung, und dieKräfte sind wesentlich leichter zu be-herrschen.

- Vor- und Nachteile des Stirling-Motors

Vorteile:

+ Große Bandbreite von Energieträgernfür die Wärmeerzeugung möglich: festeBrennstoffe (z. B. Holzpellets), flüssigeBrennstoffe (z. B. Bioöle), gasförmigeBrennstoffe (z. B. Erdgas, Biogas); Son-nenenergie

+ Infolge gleichmäßiger äußerer Ver-brennung des verwendeten Energieträ-gers im Vergleich zu Hubkolben-Ver-brennungsmotoren wesentlich niedrigereSchadstoffemissionen

+ Wesentlich geringere Geräuschemis-sionen und Vibrationen

+ Wartungsarm und langlebig, da nurwenige mechanische Teile erforderlichsind (z. B. keine Ventile) und ein schad-stofffreier Motorinnenraum (hermetischgeschlossenes System) verwirklicht ist

+ Kein Nachfüllen von Getriebeöl nötig(Stirlingmotoren bestimmter Bauart ar-beiten ölfrei)

+ Für die energiesparende gekoppelteErzeugung von Strom und Wärme (Kraft-Wärme-Kopplung) gut geeignet

+ Gesamtwirkungsgrad (Summe vonStrom und Nutzwärme geteilt durch dieBrennstoffenergie) mit 90 bis 95 % hoch

Nachteile:

- Bei hoher Leistungsdichte - also kom-pakter Bauweise - sind hohe Betriebs-drücke und Drehzahlen nötig, die ggfs.zu Problemen bei Lagern und Dichtun-gen führen können

- Nur begrenzt geeignet zum Teillast-betrieb als Folge thermischer Trägheitwegen äußerer und nicht innerer Ver-brennung; dadurch für einen Teillast-betrieb hoher Regelungsaufwand nötig

- Werkstofftechnische Einschränkungenfür den Erhitzer: in der Regel nur bis et-wa 800 °C hitze- und druckbeständig

- Elektrischer Wirkungsgrad bei Klein-aggregaten (Strom geteilt durch dieeingesetzte Brennstoffenergie) mit 10 bis15 % bisher vergleichsweise niedrig

- Zwei- bis dreimal so teuer wie einOttomotor mit vergleichbarem Leistungs-gewicht

- Technischer Entwicklungsstand im Ver-gleich zu Verbrennungsmotoren ausKraftfahrzeug-Großserien noch verbes-serungsfähig

Das Prinzip der Kraft-Wärme-Kopplung

Die konventionelle Energieversorgungmit Strom und Warme ist durch eine ge-trennte Erzeugung dieser beiden Ener-giearten gekennzeichnet. Die bei derStromerzeugung nicht in mechanischeEnergie umgewandelte thermische Ener-gie wird als Abwärme der Umwelt zuge-führt. Deshalb liegt es nahe, neben derelektrischen dann auch die anfallende

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SStromerzeugende Heizung mit Stromerzeugende Heizung mit Stirlingmotortirlingmotor

Bodenstehendes Stirlingsystem mitStirlingmotor, Brennwertgerät undPufferspeicher (SenerTec Dachs) [13]

Verschiedene Bauarten des Stirlingmotors: Alpha-, Beta- und Gamma-Typ [6]

Erdgas-Stirlingmaschine im Feldtest(Bosch Thermotechnik) als Freikol-benmaschine [1]

thermische Energie zu nutzen, wenndiese verwendet werden kann (Kraft-Wärme-Kopplung, KWK). Dadurch kannder Gesamtwirkungsgrad wesentlich ver-bessert werden. Der mittlere Wirkungs-grad thermischer Kraftwerke liegt inDeutschland zurzeit bei etwa 41 %.

Exergetisch betrachtet wird durch dieKraft-Wärme-Kopplung die starke exer-getische Abwertung von Wärme in reinenHeizkesseln von bis zu 1200 °C auf nurnoch 40 bis 90 °C vermindert, weil dannin Haushalt und Gewerbe aus wertvollemBrennstoff nicht nur geringwertigeNiedertemperaturwärme, sondern auchhochwertiger Strom erzeugt wird.

Die Kraft-Wärme-Kopplung erfährt inzwi-schen eine erhöhte politische Aufmerk-samkeit. Dank des besseren Gesamt-wirkungsgrads (Strom und Nutzwärmegeteilt durch die eingesetzte Brennstoff-energie) lassen sich Brennstoff und Emis-sionen einsparen. Am Beispiel markt-gängiger Blockheizkraftwerke mit Ver-brennungsmotor zeigt sich, dass bei glei-cher Endenergiebereitstellung - 57,4 %Wärme und 23,4 % Strom - mit der Kraft-Wärme-Kopplung im Vergleich zur ge-trennten Erzeugung von Strom und Wär-me eine Primärenergieeinsparung von15,2 % erreichbar ist. Wird in beidenFällen vom Einsatz des gleichen Brenn-stoffs ausgegangen (z. B. Erdgas), sowird auch eine Verminderung der CO2-Emissionen um 15,2 % erreicht.

Für einen Einsatz in Mehrfamilienhäu-sern und kleineren Gewerbebetriebensollten die elektrische Leistung sowie dieNutzwärmeleistung - und damit die An-lage - klein sein. Elektrische Leistungenzwischen 1 und 5 kWel sind dabei vonInteresse. Stirlingmotoren decken diesen

Leistungsbereich ab, sind aber auch mitLeistungen bis zu 35 kWel im Markt ver-treten. Dabei stehen sie gegenwärtigbzw. künftig im Wettbewerb mit folgen-den weiteren technischen Systemen:Verbrennungsmotor (Ottomotor), Mikro-Gasturbine, Dampfmotor, ORC-Prozessund Brennstoffzelle

Da die Strompreise für Haushaltkundeninzwischen bei 22 bis 25 Ct/kWhel unddie Wärmepreise auf Basis Erdgas bei 8bis 10 Ct/kWhth liegen, erscheint aus wirt-schaftlicher Sicht nicht nur die Wärme-erzeugung, sondern vor allem auch eineteilweise Substitution des Strombezugsdurch eigen erzeugten Strom interes-sant; deshalb kommt der Höhe des elek-trischen Wirkungsgrads Bedeutung zu.Der elektrische Wirkungsgrad (Stromgeteilt durch die Brennstoffenergie) istbei Stirling-Kleinanlagen der Leistungs-klasse von 1 kWel allerdings mit etwa 10bis 15 % noch vergleichsweise niedrig,während er bei Ottomotoren bei 23 bis25 % deutlich höher ist. Andererseits istder Gesamtwirkungsgrad (Summe vonStrom und Nutzwärme geteilt durch dieBrennstoffenergie) mit 90 bis 95 % hoch.Dezentrale Anlagen der Kraft-Wärme-

Kopplung könnten aber nicht nur nachden Erfordernissen der jeweiligen einzel-nen Betreiber, sondern mit Hilfe eines"intelligenten Stromnetzes" (so genann-tes "smart grid") auch im Sinne des ört-lichen Stromversorgungsunternehmenseingesetzt werden. Dabei würde durchdie Vernetzung und Zusammenschal-tung von vielen dezentralen Erzeuger-stationen ein "virtuelles Kraftwerk" ent-stehen. Die Regelung würde extern übereine Zentrale gesteuert, von der die ver-brauchsnahe sowie verbrauchsferne En-ergieversorgung sowie weitere energie-wirtschaftliche Aufgaben übernommenwerden würden. Dadurch könnten sichzusätzliche Vermarktungsmöglichkeitenim Rahmen des Stromhandels und beiSystemdienstleistungen ergeben.

Wirkungsgradverbesserung durchVerbrennungsluftvorwärmung

Eine Möglichkeit, den - beim Stirlingmo-tor noch deutlich verbesserungsfähigen -elektrischen Wirkungsgrad zu erhöhen,ist die Wärmerückgewinnung. Um die fürden Prozess nötige Hochtemperatur-wärme bereitzustellen, die dem Arbeits-mittel von außen über den Erhitzer mitetwa 600 bis 900 °C zugeführt wird, wirdErdgas - oder z. B. auch Holzpellets - mitLuft verbrannt. Nachdem das Verbren-nungsgas seine Wärme an den Prozessabgegeben hat, ist es immer noch etwa600 bis 900 °C heiß. Damit kann durcheinen Wärmeübertrager die Verbren-nungsluft auf etwa 500 °C vorgewärmtwerden [17].

Hiernach wird die noch vorhandeneAbgaswärme in einen Wasserkreislaufeingespeist. Dieser Wasserkreislaufnutzt auch die im Stirlingmotor vom Mo-torkühlwasser aufgenommene Abwär-me. Damit kann das Rücklaufwasser desHeizungskreislaufs auf die nötige Vor-lauftemperatur gebracht werden oderTrinkwasser erwärmt werden. Durch eineVerbrennungsluftvorwärmung kann bei

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SStromerzeugende Heizung mit Stromerzeugende Heizung mit Stirlingmotortirlingmotor

Beispiel für einen energetischen Vergleich der gekoppelten (links) sowie dergetrennten (rechts) Erzeugung von Strom und Wärme [7]

Vergleich von kinematischem [14] und Freikolben-Stirlingmotor [1]

Kleinanlagen mit 1 kWel der elektrischeWirkungsgrad von etwa 10 bis 12 % aufrund 12 bis 15 % gesteigert werden.

Sinnvoll ist die Einbindung eines zusätz-lichen Pufferspeichers in den Wasser-kreislauf, der die Taktfrequenz der strom-erzeugenden Heizung vermindert unddamit zur Verbesserung des Jahresnut-zungsgrades und zu einer längerenLebensdauer der Anlage beiträgt.

Bisher konzentrieren sich die techni-schen Lösungen für die stromerzeugen-de Heizung mit kleinen Stirlingmotorenvor allem auf einen Betrieb mit Erdgasund Flüssiggas, weil damit ein schad-stoffarmer und verlässlicher Betriebmöglich ist. Daneben sind Konzepte mitHolzpellets als Energieträger interessant(vgl. z. B. [17]). Allerdings werden solcheAnlagen in Deutschland zurzeit nicht imMarkt angeboten.

Marktaussichten und Systemefür die stromerzeugende Heizung Die Marktaussichten für die Stirlingtech-nik werden zurzeit "vorsichtig" bis "zu-rückhaltend positiv" eingeschätzt. In denletzten Jahren haben mehrere Unterneh-men intensiv daran gearbeitet, den Stir-lingmotor zur Serienreife zu entwickelnund als Bestandteil einer stromerzeu-genden Heizung marktfähig zu machen.

Für einen Einsatz bei der Wärmeversor-gung von Wohngebäuden können kleine,mit Erdgas oder Flüssiggas betriebeneStirling-Aggregate interessant werden,deren elektrische Leistung bei etwa 1kWel und deren Wärmeleistung bei etwa

5 bis 8 kWth liegt. Diese Größe ist dafürgeeignet, in die Heizungsanlage einbe-zogen zu werden und dort die Grundlastdes Heizwärmebedarfs - einschließlichder Trinkwassererwärmung - zu über-nehmen. Der Heizwärme-Spitzenbedarfwird - z. B. im Hochwinter - zusätzlichdurch ein Brennwertgerät gedeckt.Stromseitig kann ein nennenswerter Teildes häuslichen Strombedarfs mit demStirling-Gerät abgedeckt werden. Inzwi-schen bieten Firmen wie Viessmann,Remeha (Baxi DeDietrich Remeha),Brötje und SenerTec Dachs Anlagen dergenannten Größe an. Sie setzen dabeiFreikolben-Stirlingmotoren der FirmaMicrogen ein. Zusätzlich hat Whispergenein System mit etwa denselben Leis-tungswerten - als kinematischer Stirling-motor mit Getriebe - im Programm.

Da Stirling-Aggregate keine innere Ver-brennung aufweisen, sondern über eineäußere Wärmezufuhr verfügen, könnensie nicht sehr rasch von Volllast- aufTeillastbetrieb und umgekehrt gehen.Dieses träge Regelverhalten stellt einentechnischen Nachteil dar. Eine schnelleund flexible Anpassung an einenschwankenden Strom- bzw. Wärmebe-darf ist also nicht möglich. Dies bedeutet,dass Stirling-Systeme am Besten miteinem zusätzlichen Pufferspeicher be-trieben werden sollten, um bei steigen-dem Wärmebedarf einen Teil der Wär-meleistung aus dem Pufferspeicherdecken zu können. Umgekehrt kann beiStrombedarf, aber zeitweise geringemWärmebedarf Wärme in den Pufferspei-cher eingespeichert werden.

Während die Hersteller mit Blick auf denWärmebedarf nicht nur ältere und neueMehrfamilienhäuser, sondern auch be-stehende Ein- und Zweifamilienhäuser

als Anwendungsbereiche sehen, weisenFachleute aus der Stromwirtschaft da-rauf hin, dass in Einfamilienhäusern dieGrundlast des Strombedarfs im Mittel beietwa 0,3 kWel liegt - also für eine elek-trische Leistung von 1 kWel zu niedrig ist.

Nicht selbst benötigter Strom mussdeshalb häufig ins Netz eingespeist wer-den; eingespeister Strom ist aber nichtbedarfsgerecht und wird deshalb mit 10bis 12 Ct/kWhel geringer vergütet alsvom Netz bereitgestellter Haushaltstrom,der inzwischen 22 bis 25 Ct/kWhel kos-tet. Wenn ein Einfamilien-Haushalt dasStirlingsystem nur zur Deckung des Ei-genstromverbrauchs nutzt, erreicht mannicht die wirtschaftlich nötigen Volllast-Betriebsstunden, die bei mindestensetwa 3500 Betriebsstunden im Jahr oderbesser noch deutlich höher liegen soll-ten. Ohnehin kann nicht der gesamteEigenstrombedarf gedeckt werden. Nachwie vor muss das öffentliche Stromnetzzur Deckung des zusätzlichen Strombe-darfs sowie für weitere Netzfunktionenbereitstehen: zum Anfahren des Stirling-motors, zur Reserve bei Ausfällen sowiezur Spannungs- und Frequenzhaltung.Für ein sinnvolles Strom- und Wärme-management ist deshalb eine entspre-chende Regelstrategie erforderlich.

Systemlösungen- Viessmann:

Deshalb hat Viessmann für sein 1 kWelleistendes System "Vitotwin-300-W" einLade- und Regelungskonzept entwickelt,das zu jährlichen Volllast-Betriebsstun-den von 5500 h/a führen soll [11]. Dabeiwird der Stirlingmotor - abhängig vom La-dezustand des Pufferspeichers - mit Leis-tungen zwischen 30 % und 100 % mo-dulierend betrieben. Der tägliche Wär-

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SStromerzeugende Heizung mit Stromerzeugende Heizung mit Stirlingmotortirlingmotor

Viessmann-System “Vitotwin 300-W” mit peripheren Komponenten [11]

Brennwerttherme (oben) und Stirling-motor (unten) (Brötje EcoGen)

mebedarf des Gebäudes wird über eine"lernfähige" Regelung erfasst und damitder zu erwartende Wärmebedarf für denfolgenden Tag berechnet. Ziel des wär-megeführten Betriebs ist es dabei, einemöglichst lange Laufzeit des Stirlingmo-tors mit möglichst wenigen Betriebsun-terbrechungen - also möglichst wenig"Taktbetrieb" - zu erreichen; der Wärme-Pufferspeicher mit einer ausreichendgroßen Kapazität muss dabei strategischoptimal beladen und entladen werdenkönnen, damit der Stirlingmotor vielWärme und das zusätzliche Brennwert-gerät wenig Wärme für die gesamteWärmeversorgung beitragen.

Bei Bedarf kann der Stirlingmotor auchüber eine Stromanforderungsfunktionmittels Zeitschaltuhr oder Funkfernbedie-nung manuell zugeschaltet werden, umbei einem erhöhten Strombedarf (z. B.beim Waschen oder Kochen) möglichstviel Strom selbst erzeugen zu können.

Viessmann benennt als Markt vor allemden Modernisierungsmarkt - also dieHeizungssanierung bestehender Wohn-gebäude mit einem Bedarf an höchsterWärmeleistung von sinnvollerweise 34kWth oder mehr, einem jährlichen Erd-gas- oder Heizölbedarf von 25.000 kWhthoder mehr und einem jährlichen Strom-bedarf von 3.000 kWhel oder mehr.

Das System verfügt über Stromzähler,Gaszähler und Wärmemengenzähler.Der Stromzähler und der Wärmemen-genzähler sind nötig, um den Förder-betrag von 5,11 Ct/kWhel für den er-zeugten KWK-Strom entsprechend demKraft-Wärme-Kopplungs-Gesetz erhal-ten zu können. Der Gaszähler dientdazu, um die auf dem Erdgas lastendeEnergiesteuer rückerstattet zu bekom-men. Seit dem 1. April 2012 kann einestaatliche BAFA-Förderung im Umfangvon 1500 € für den 1-kWel-Stirlingmotorbeantragt werden. Viessmann gibt an,man habe im Vorfeld künftiger Konzeptefür ein "intelligentes Stromnetz" ("smartgrid") auch Vorkehrungen für einenstromgeführten Betrieb getroffen.

Das System kann wartungsarm betrie-ben werden. Die Geräuschemissionensind zwar deutlich niedriger als bei einerMikro-KWK-Anlage mit Verbrennungs-motor, jedoch höher als bei einem wand-hängenden Erdgas-Brennwertgerät; so-mit ist eine Unterbringung im Heizungs-keller oder auf dem Dachboden sinn-voller als im unmittelbaren Wohnbereich.

- Remeha

DeDietrich Remeha sieht für seinestromerzeugende Heizung mit Stirling-motor namens "eVita" - ähnlich wieViessmann - den Markt vor allem imBereich der Heizungsmodernisierung beibestehenden, älteren Wohngebäudenmit einem entsprechend großen Wärme-bedarf; daneben ist auch der Bereichneuer Mehrfamilienhäuser im Blickfeld[12]. Damit die Installation möglichst ein-fach ist und für den Stirlingmotor einGrundlastbetrieb mit geringem "Takten"erreicht werden kann, werden mehrerebedarfsgerecht zugeschnittene System-pakete offeriert. Eines dieser Systempa-kete enthält einen Kombispeicher für dieTrinkwassererwärmung und für die Wär-me-Pufferspeicherung.

- SenerTec

SenerTec hat - ähnlich wie Viessmann -als Markt hauptsächlich die Heizungs-sanierung von älteren Gebäuden miteinem jährlichen Wärmebedarf von28.000 kWhth oder mehr im Blick [13].Das SenerTec Dachs-System enthälteinen Stirlingmotor mit den Leistungs-werten 1 kWel und 5,8 kWth. Um ausrei-chend hohe jährliche Betriebsstunden zuerzielen und ein zu häufiges Takten zuvermeiden, wird das System nur zusam-men mit einem Pufferspeicher mit 530Litern Inhalt und als Standgerät ange-boten. Die Regelstrategie sieht einen

wärmegeführten Betrieb vor, wobei derStirlingmotor bei der Wärmeerzeugungso lange Vorrang hat, bis dessenLeistung heizungsseitig nicht mehr aus-reicht; erst dann wird der Zusatzbrennermit rund 18 kW Leistung Wärme-Spit-zenlast zugeschaltet. Dabei wird derStirlingmotor jedoch nicht modulierend,sondern nur in Volllast betrieben.

- Whispergen

Das neuseeländische UnternehmenWhispergen hat einen kinematisch arbei-tenden Vierzylinder-Stirlingmotor ent-wickelt, der in Spanien von EHE EfficientHome Energy S.L. gefertigt wird [14].Auch das Whispergen Stirling-System -in Deutschland vom Unternehmen sane-vo angeboten - wird sinnvollerweise miteinem Kombispeicher (mit Trinkwasser-und Pufferfunktion) kombiniert. DasSystem enthält einen Stirlingmotor mitden Leistungswerten 1 kWel und etwa 7kWth und ein Gas-Brennwertgerät füreinen modulierenden Betrieb zwischenetwa 7 und 22 kWth.

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SStromerzeugende Heizung mit Stromerzeugende Heizung mit Stirlingmotortirlingmotor

Remeha-System "eVita" mit Kombi-speicher [12]

Kinematischer Erdgas-Stirlingmotorim Schnitt (Whispergen) [14]

Wandhängendes System mit Erdgas-Stirlingmotor (unten) und Brennwert-therme (oben) (Viessmann) [11]

- Bosch Thermotechnik

Bosch Thermotechnik hat vor einigenJahren einen Kooperationsvertrag mitdem japanischen Heizungstechnik-Unternehmen Rinnai, der italienischenGruppe Merloni Termosanitari (MTS) unddem niederländischen UnternehmenEnatec micro-cogen geschlossen. Ziel istdabei die Entwicklung einer Mikro-KWK-Technik auf Basis eines Freikolben-Stirlingmotors, der u. a. von der FirmaInfinia auch für die solarthermischeStromerzeugung angeboten wird. Dererdgasbefeuerte Stirlingmotor mit denLeistungswerten 1 kWel und etwa 7 kWthwird zurzeit in umfangreichen Feldtestserprobt. Die Integration in ein wandhän-gendes Gerät mit einem zusätzlichenBrennwertkessel zur Wärme-Spitzen-deckung ist vorgesehen. Auch liegenErfahrungen mit der Verwendung vonHolzpellets als Energieträger vor.

- CleanGen (vormals Solo-Stirlingmotor)

Das Unternehmen sanevo vertreibt mitdem CleanGen-Stirlingmotor (beimschwedischen Unternehmen Cleanergyauch unter dem Namen Cleanergy ver-fügbar) ein weiteres System, das eineWeiterentwicklung des bekannten Solo-

Stirlingmotors darstellt [15]. Dieser Motorkann modulierend betrieben werden undelektrische Leistungen von 2 bis 9 kWelsowie Wärmeleistungen von etwa 8 bis25 kWth bereitstellen. Er erreicht elek-trische Wirkungsgrade zwischen 23 und27 % sowie Gesamtwirkungsgrade vonbis zu 95 %. Sein Einsatzbereich ist nichtder Wohngebäudebereich, sondern eherder Markt für Gewerbebetriebe undIndustrieunternehmen [15].

- Stirling DK: Stirlingmotor für Biomasse Für gewerbliche und industrielle Anwen-dungen hat die dänische Firma StirlingDK einen Stirlingmotor für unterschied-liche Arten von Biomasse als Energie-träger entwickelt [16]. Der Motor hat eineelektrische Leistung von 35 kWel sowieeine Wärmeleistung von etwa 140 kWth.Werden mehrere Aggregate parallel ge-schaltet, können diese Werte verviel-facht werden. Um Biomassen unter-schiedlicher Beschaffenheit (z. B. auchHolzhackschnitzel) einsetzen zu können,werden diese wegen Verschmutzungs-problemen am Erhitzer und aus Emis-sionsgesichtspunkten nicht unmittelbarverbrannt, sondern in einem Gegen-stromvergaser in ein biomassebasiertesBrenngas umgewandelt, das darauf zurHochtemperatur-Wärmeerzeugung imStirlingmotor verbrannt wird.

Quellen:[1]: Wodraschka, T.: Der Stirling-Motor in derHeizungstechnik. Bosch ThermotechnikGmbH, Buderus Deutschland. Vortrag, Berlin2010.[2]: Deutsche Vereinigung des Gas- undWasserfaches e.V.: Eine Chance für denStirlingmotor? DVGW Technologie-Report Nr.2/2008.[3]:www.m-niggemann.com/fh_diplom_theo-rie.htm[4]: Dehli, M.: Möglichkeiten der dezentralenErzeugung von Strom und Warme. Fachvor-trag, Hochschule Esslingen, Esslingen 2005.

[5]: Was ist ein Stirlingmotor? http://www.stir-lingmotor.org[6]: Kühl, H.-D.: Ein neuartiger, bedarfsge-recht umschaltbarer Gaskreisprozeß für eineintegrierte, dezentrale Wärme-Kraft-Kälte-Kopplung. VDI-Berichte Nr. 1594 "Fortschritt-liche Energiewandlung und -anwendung.Schwerpunkt: Dezentrale Energiesysteme",S. 59/68. VDI-Gesellschaft Energietechnik,Tagung Bochum 13./14.3.2001. VDI-Verlag,Düsseldorf 2001.[7]: Energie der Zukunft - Mikro-KWK, Lang-fristige Szenarien der gesamtwirtschaftlichoptimalen Integration von Mikro-KWK-Anla-gen in das österreichische Energiesystem.Energy Economics Group, TU Wien, 2010.[7]: von Roon, S.; Steck, M.: DezentraleBereitstellung von Strom und Wärme mitMikro-KWK-Anlagen - Effizienzvorteile, Tech-niken, Potenziale und das Konzept des vir-tuellen Kraftwerks. Online veröffentlicht,Springer Verlag, 20.11.2009.[8]: Golbach, A.: Möglichkeiten der dezentra-len Energieversorgung in Kraft-Wärme-Kopp-lung. Arbeitskreis Zukunftsenergien: Energie& Haus - Das große Energieeffizienzpotenzial.Bundesverband Kraft-Wärme-Kopplung e.V.Berlin, 14.12.2005.[9]: Dehli, M.: Dezentrale Kraft-Wärme-Kopp-lung mit Stirling-Motoren - Wie weit ist die Ent-wicklung? www.energie-fakten.de, 5.2.2009.[10]: Doering, E.; Schedwill, H.; Dehli, M.:Grundlagen der Technischen Thermodyna-mik. 7. Auflage. Verlag Springer Vieweg,Wiesbaden 2012.[11]: Eitzenhofer, S.: Die Zeit ist reif für Mikro-KWK. Viessmann Werke Allendorf GmbH.Vortrag auf der CEP Landesmesse,29.3.2012, Stuttgart. www.cep-expo.de[12]: Jahn, J.: Remeha eVita - Technik undErfahrungen ein Jahr nach der Marktein-führung. DeDietrich Remeha GmbH. Vortragauf der CEP Landesmesse, 29.3.2012,Stuttgart. www.cep-expo.de[13]: Weisenberger, D.: Dachs Stirling SE -Erste Erfahrungen aus dem Betrieb im Ein-familienhaus. SenerTec Kraft-Wärme-Ener-giesysteme GmbH. Vortrag auf der CEPLandesmesse, 29.3.2012, Stuttgart. www.cep-expo.de[14]: Zimmermann, A.: Zwei Jahre Whisper-gen in Serie, 1.000 im Keller. Efficient HomeEnergyS.L. Vortrag auf der CEP Landesmes-se, 29.3.2012, Stuttgart. www.cep-expo.de[15]: Baumüller, A.: Weiterentwickelter Alpha-Stirlingmotor 9 - 10 kW für KWK und Solarbe-trieb. Neue und bewährte Komponenten derCleanergy V 161 aus schwedischer Serien-fertigung. Cleanergy AB. Vortrag auf der CEPLandesmesse, 29.3.2012, Stuttgart. www.cep-expo.de[16]: Jagd, L.: Biomass Stirling engine basedHP Plants; status of commercial installationsin Germany, Denmark, and United Kingdom.Vortrag auf der CEP Landesmesse,29.3.2012, Stuttgart. www.cep-expo.de[17]: Loth, T.: Auslegung und Untersuchungeines Verbrennungsgas-Wärmeübertragersfür eine Mikro-Kraft-Warme-Kopplungs-Anla-ge mit einem pelletbefeuerten Stirlingmotor.Bachelorarbeit Hochschule Esslingen / Bosch.Esslingen / Schwieberdingen 2012. O

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SStromerzeugende Heizung mit Stromerzeugende Heizung mit Stirlingmotortirlingmotor

Anlage von Stirling DK. Links: Stirlingmotor mit Kessel zur Wärmeerzeugung;rechts: vorgeschalteter Biomasse-Gegenstromvergaser [18]

CleanGen-Stirlingmotor (Cleanergy)