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Naunyn-Schmiedebergs Archly, Bd. 207, S. 99---108 (1949). Aus der Medizinischen Klinik Kiel. Die Reduktion des Hiimiglobins % VI. Mitteilung. Die yon reversibel reduzierbaren Farbstoffen katalysierte Reduktion. Von MANFRED KIESE. ( Eingegangen am 2. Dezember 1948.) In friiheren Untersuchungen 1, ~ ist nachgewiesen worden, dal~ reversibel reduzierbare Farbstoffe die Reduktion des H~miglobins in roten (braunen) Zellen dureh Milchs~ure und Phosphoglyzerin- aldehyd nur wenig beschleunigen und da$ die BeschleunSgung der tt~miglobinreduktion dureh Farbstoffe in den braunen Zellen der katalytischen Wirkung auf ein anderes System zuzuschreiben ist. Als dieses System wurde WARB•RGs Zwischenferment mit Triphospho- pyridinnukleotid, und H/~miglobinreduktase und Glukose-6-phosphat (RoBIso~c-Ester) als Substrat angenommen, ein System, das Farb- stoffe sehnell reduziert, wie WARBURG, KUBOWITZ und CrmISTIA~ a, 4 gezeigt haben. Allein reduziert es Hiimiglobin nur langsam, in Gegenwart yon Farbstoffen aber sehr schnell. Wir haben den Stoff- wechsel in braunen Zellen bei Reduktion von H/imiglobin durch Glukose in Gegenwart yon Farbstoffen und im H~molysat bei Reduk- tion durch RoBIsoN-Ester in Gegenwart yon Farbstoffen verglichen und dabei ~bereinstimmungen gefunden, die die friihere A~r~ahme best~tigen. Inzwischen hat GIBSON 5 Untersuchungen verfffentlich$, dutch die ebenfalls gezeigt wird. daft die Farbstoffe die Reduktion des Hamiglobins durch Milchsaure und durch Phosphoglyzerinaldehyd nur wenig beschleunigen. Auch GIBSO~ findet, dab im Hamolysat Hamiglobin durch Glukose-6-phosphat bei Gegenwart yon Methylenblau schnell reduziert wird und betrachtet das Zwischenferment- H~,miglobinreduktase-System als dasjenige, dessen Reduktionsgeschwindigkeit durch die Farbstoffe am sti~rksten beschleunigt wird. A. Methoden. Die Untersuchungen wurden an roten Zellen yon Menschen durchgefiihrt. H~miglobin wurde in ihnen durch Nitrit gebildet und dieses danach dureh 4- bis 5maliges Waschen auf der Zentrifuge entfernt. Die Zellen wurden in Phos- phat-RingerlSsung suspendiert, die aus 1 Tell isotoner Natrium-PhosphatlSsung und 19 Teilen Ringer15sung (90 g NaC1, 0,42 g KC1, 0,24 g CaC12, 0,025 g MgC12 und Wasser ad 1000 ml) bestand. Die Wasserstoffionenkonzentrationwar pH ~ 7,1. Als Farbstoff wurde Toludinblau benutzt. * V. Mitteilung; Arch. expel Path. (D.) 204, 451 (1947). Naunyn-Schmiedebergs Archly. Bd. 207. 7a

Die Reduktion des Hämiglobins

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Page 1: Die Reduktion des Hämiglobins

Naunyn-Schmiedebergs Archly, Bd. 207, S. 99---108 (1949).

Aus der Medizinischen Klinik Kiel.

Die Reduktion des Hiimiglobins % VI. Mitteilung.

Die yon reversibel reduzierbaren Farbstoffen katalysierte Reduktion.

Von MANFRED KIESE.

( Eingegangen am 2. Dezember 1948.)

In friiheren Untersuchungen 1, ~ ist nachgewiesen worden, dal~ reversibel reduzierbare Farbstoffe die Reduktion des H~miglobins in roten (braunen) Zellen dureh Milchs~ure und Phosphoglyzerin- aldehyd nur wenig beschleunigen und da$ die BeschleunSgung der tt~miglobinreduktion dureh Farbstoffe in den braunen Zellen der katalytischen Wirkung auf ein anderes System zuzuschreiben ist. Als dieses System wurde WARB•RGs Zwischenferment mit Triphospho- pyridinnukleotid, und H/~miglobinreduktase und Glukose-6-phosphat (RoBIso~c-Ester) als Substrat angenommen, ein System, das Farb- stoffe sehnell reduziert, wie WARBURG, KUBOWITZ und CrmISTIA~ a, 4 gezeigt haben. Allein reduziert es Hiimiglobin nur langsam, in Gegenwart yon Farbstoffen aber sehr schnell. Wir haben den Stoff- wechsel in braunen Zellen bei Reduktion von H/imiglobin durch Glukose in Gegenwart yon Farbstoffen und im H~molysat bei Reduk- tion durch RoBIsoN-Ester in Gegenwart yon Farbstoffen verglichen und dabei ~bereinstimmungen gefunden, die die friihere A~r~ahme best~tigen.

Inzwischen hat GIBSON 5 Untersuchungen verfffentlich$, dutch die ebenfalls gezeigt wird. daft die Farbstoffe die Reduktion des Hamiglobins durch Milchsaure und durch Phosphoglyzerinaldehyd nur wenig beschleunigen. Auch GIBSO~ findet, dab im Hamolysat Hamiglobin durch Glukose-6-phosphat bei Gegenwart yon Methylenblau schnell reduziert wird und betrachtet das Zwischenferment- H~,miglobinreduktase-System als dasjenige, dessen Reduktionsgeschwindigkeit durch die Farbstoffe am sti~rksten beschleunigt wird.

A. Methoden. Die Untersuchungen wurden an roten Zellen yon Menschen durchgefiihrt.

H~miglobin wurde in ihnen durch Nitrit gebildet und dieses danach dureh 4- bis 5maliges Waschen auf der Zentrifuge entfernt. Die Zellen wurden in Phos- phat-RingerlSsung suspendiert, die aus 1 Tell isotoner Natrium-PhosphatlSsung und 19 Teilen Ringer15sung (90 g NaC1, 0,42 g KC1, 0,24 g CaC12, 0,025 g MgC12 und Wasser ad 1000 ml) bestand. Die Wasserstoffionenkonzentrationwar pH ~ 7,1. Als Farbstoff wurde Toludinblau benutzt.

* V. Mitteilung; Arch. expel Path. (D.) 204, 451 (1947).

Naunyn-Schmiedebergs Archly. Bd. 207. 7a

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I t 0 MA:NFRED KIESE :

Zur Herstellung mSglichst konzentrierter Hgmolysate wurden die Zellen nach dem Waschen 3real gefroren und danach die Stromata abzentrifugiert.

Glukose-6-phosphat war nach den Angaben yon WARBUI~G und C~RISTIAN ~ und I-[exosedlphosphat nach denen yon ~-NEUBERG und KOBEL 7 dargestellt worden, beide Ester warden als Natriumsalze verwendet.

Die Geschwindigkeit der Reduktion des I-Igmiglobins wurde unter AusschluB von Sauerstoff gemessen. Die Versuchsanshtze wurden zungchst in einem gr6Beren Gefgl~ bei Zimmertemperatur durch Uberleiten yon sauerstofffreiem Kohlenoxydand Schiitteln vom Sauerstoff befreit and mit Kohlenoxyd ges~ittigt. Dann wurden Proben fiir die einzelnen Bestimmungen entnommen and der Ansatz in ERLENMEYER-Kolben von 25 oder 50 ml Inhalt geffi|lt, 2 oder 3 gr6Bere Glasperlen hinzugegeben, und diese Kolben ohne Bildung eines Gasraumes mit einem durchbohrten und mit Hahn versehenen Stopfen lest verschlossen. Im Wasserbad yon 370 wurden die Kolben bestimmte Zeit geschiittelt, danach geSffnet und wiederum die gleichen Analysen durchgefiihrt.

H~miglobin wttrde photometrisch nach der Methode yon EvELY~ s u n d HAVEMA~N 9 gemessen, der Gesamtblutfarbstoff ebenfalls als Hgmiglobin nach Oxydation des Hgmoglobins mit Ferrizyanid. Der Gehalt an Kohlensgure wurde manometrisch nach va~ S~¥KE und N]~IL ~0, n, der Gehalt an Glukose jodometrisch nach HAGEDOI~N und JENSEN le, MSlchsgure teils jodometrisch nach Fff~TH und C~RN~SS ~, tells manometrisch nach AVeRt und HnST~CS ~a, Brenztraubens~ure photometrisch nach Lu ~a, freies Phosphat gravimet~isch als Strychninphosphor- molybdat nach EMBDEN 15 and das aus den leicht hydrolysierbaren Phosphaten durch Hydrolyse in normaler Sgure in 30 Min. abgespaltene Phosphat sowie das Gesamtphosphat gravimetrisch als Ammoniumphosphormolybdat nach v. LORENZ 16. Azetaldehyd wurde nach Destillation durch CL~vSEN-Titration ~ bestimmt.

In einigen Versuchen wurden auBerdem Zitronensgure, Oxalessigsgure und ~pfelsaure bestimmt.

Photometrische Messungen wurden mit dem Photometer yon HAVEYIANN und manometrische mit dem Ger~t yon VA~ SLYK~ durchgefiihrt.

B. Ergebnisse.

1. Reduktion von Hgimiglobin in braunen Zellen durch Glukose.

Braune Zellen, in Phospha t -Ringer l5sung suspendier t , vergoren zugesetzte Glukose zum grSBten Teil zu Milchsgure, zum geringeren Tell oxydier ten sie zu Brenztraubensi~ure und Kohlensgure. Die Summe dieser 3 Sguren machte fiber 80% der ve rb rauch ten Glukose aus. Milchsgure war 80% der Summe, Brenz t raubensgure 17,5% und Koh lend ioxyd 2,5%. Wghrend dieser Umse tzungen wurde langsam Hgmiglobin reduziert , und zwar voa einer Zeltsuspension, die 15 g Blu t fa rbs tof f je 100 ml enthiel t , im Mittel 0,6 Mil l igquivalent Hgmi- globin je Li ter u n d Stunde. Brenz t raubensgure und Kohlend ioxyd e n t s t a n d e n mi t einer Geschwindigkeit yon 0,29 bzw. 0,15 Millimol je Li ter u n d Stunde. Ffir jedes reduzierte ~ q u i v a l e n t Hgmiglobin wurden also 0,5 Mole Brenz t raubensgure und 0,25 Mole Kohlendioxyd gebildet.

I n al len Ansgtzen, auch in Kont ro l lve r suchen mi t ro ten hgmi- globinfreien Zellen, n a h m das freie Phospha t zu, wghrend die leicht

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Die Reduktion des ~I~miglobins. VI. i01

hydrolysierbaren Phosphate (Hydrolyse 30 Min. in 1 n S~ure) konstant blieben.

Durch Zusatz von Toluidinblau in einer Konzentration von 6.10 -5 Mol/1 wurde die Reduktionsgeschwindigkeit auf den 12fachen Wert, 7,1 Milli~quivalent je Liter und Stunde, erhSht. Gleiehzeitig wurde der Zuckerverbrauch um 70% erhSht, w~hrend die Milchs~ure- bildung gleichblieb. Die Brenztraubens~urebildung wurde nur wenig besehleunigt, die Kohlendioxydbildung aber auf den 14fachen Wert erhSht. Der Mehrverbrauch der Glukose entsprach ungef~hr der Zunahme der Kohlendioxyd- und Brenztraubensaurebildung. Bei der l~eduktion eines ~quivalents H~miglobin wurden in Gegenwart von Toluidinblau 0,3 Mole Kohlendioxyd und 0,055Mole Brenztrauben- si~ure gebildet (Tabelle 1). Die Freisetzung von Phosphat war ein wenig langsamer als ohne Zusatz yon Toluidinblau.

2. ReduIction yon Hgmiglobin in braunen Hdmolysaten dutch Glu]cose-6-phosphat.

In braunen H~molysaten, denen Glukose-6-phosphat als Substrat zugesetzt war, verlief die Reduktiou des H£miglobins langsamer als in braunen Zellen mit Glukose als Substrat. Es wurden nur 0,35 ~qui- valente H~miglobin je Liter und Stunde reduziert. Auch die Bildung yon Brenztraubensi~ure und Kohlendioxyd war geringer. Je redu- ziertem ~quivalent H~miglobin traten 0,3 Mole Brenztraubens~ure und 0,17 Mole Kohlendioxyd auf (Tabelle 2).

Gegeniiber diesen langsamen Reaktionen verlief die Milchs~ure- bildung fast ebenso schnell wie in Zellen und die Freisetzung von Phosphat sogar schneller. Die Konzentration an leicht hydrolisier- baren Phosphaten nahm i n d e n Versuchen teils ein wenig zu, teils ein wenig ab und blieb im Mittel gleich.

Toluidinblau in der Konzentration von 6 .10 -~ ~ol/1 beschleu- nigte die Geschwindigkeit der Hamiglobinreduktion auf den 6fachen Wert. W~hrend die Milchs~urebildung und Phosphatabspaltung mit unver~nderter Geschwindigkeit weiterliefen und die Brenztraubensi~ure- bildung nur wenig zunahm, stieg die Kohlendioxydbildung auf den

10fachen Wert, so d~l~ je reduziertem ~quivalent Hi~miglobin 0,28 Mole Kohlendioxyd gebildet wurden; die Brenztraubens~urebildung betrug nur 0,08 Mole je :(quivalent H~miglobin (Tabelle 3).

3. Redu]ction von H~imiglobin in braunen H~imolysaten dutch Hexosediphosphat.

Die Bildung von Milehs~ure und Brenztraubens~ure sowie die Phosphatabspaltung verlief schnelter in braunen H~molysaten, wenn statt Glukose-6-phosphat Hexosediphosphat als Substrat zugesetzt

N a u n y u - S c h m i e d e b e r g s A r c h l y . B d . 207. 7 b

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wurde. Andererseits verlief die Bildung yon Kohlendioxyd langsamer und die Reduktion des H~miglobins ein wenig schneller (Tabelle 3). W~hrend der Reduktion eines ~quivalents H~miglobin entstanden 0,45 Mole Brenztraubensi~ure und 0,08 Mole Kohlendioxyd.

Toluidinblau beschleunigte die Reduktion des H~miglobins nur bis zur doppelten Geschwindigkeit und erh6hte die Geschwindigkeit der Bildung yon Brenztraubens~ure und Kohlendioxyd um die H~lfte, so dab bei Reduktion eines ~quivalentGs H~miglobin 0,3 Mole Brenz- traubens~ure und 0,06 Mole Kohlendioxyd gebildet wurden. AuBer- dem verlief auch die Milchsi~urebildung schneller.

4. Bildung von Milchsiiure, Brenztraubens~ure und /reiem Phosphat in Zellen und Hdmolysaten ohne Hiimiglobin bzw. ohne Zusatz von Substrat.

]Die in den vorigen Abschnitten beschriebenen Messungsergebnisse zeigen, dab ffir (lie Beantwortung der eingangs gestellten Frage die Bildung yon Kohlendioxyd ein entscheidendes Kri ter ium ist, um so mehr, als rote Zellen und H~molysate ohne H~miglobin Koh lend ioxyd- - wGnn fiberhaupt - - nur mit Geschwindigkeiten bilden, deren Bestim- mung mit den angewandtGn Methoden nicht sicher m6glich ist, die also sehr gering sind. Demgegenfiber ist die Bewertung des anderen Oxydationsproduktes, der Brenztraubens~ure, schon nach den Wertea der Tabellen 1--3 weit schwieriger und wird noch unsicherer bei Be- rficksichtigung der Brenztraubensi~urebildung in roten Zellen und H~molysaten mit Glukose bzw. Glukose-6-phosphat als Substrat und in roten und braunen Zellen sowie braunen H~molysaten ohne Zusatz yon Substrat. Eatsprechende Daten sind zusammen mit solchen fiber Bildung von Milchs~ure und Abspaltung yon Phosphat in Tabelle 4 wiedergegeben. Aus dieser ist zu ersehen, dal~ in roten Zellea auch ohne Zusatz yon Glukosc Milchs~ure gebildet wurde. Die Bildungs- geschwindigkeit war geriager als bei Gegenwart yon Glukose und sank mit der Zeit ab. Die angegebenen WGrte beziehen sich auf die erste Stunde. In braunen Zellen ohne Zusatz von Glukose war die Milch- s~urebildung etwa ebenso grol~ wig in roten, dagegen im roten H~mo- lysat mit Glukose-6-phosphat geringer als im braunen, und noch geringer im braunen H~molysat ohne Zusatz yon Substrat.

Die Bildung yon Brenztr~ubens~ure war nicht an die Reduktion yon H~miglobin gebunden, vielmehr wurden auch in roten Zellen bei Gegenwart yon Glukose Brenztraubens~uremengen gebildet, die denen in braunen Zellen nur wenig nachstehen. Ohne Zusatz yon Glukose bildeten rote Zellen sogar schneller Brenztraubens~ure und braune wiederum mehr. Auch braunes H~molysat bildete schaeller Brenz- traubens~ure ohne Zusatz yon Substrat als mit Zusatz yon Glukose- 6-phosphat.

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:Die Abspaltung yon Phosphat verlief in roten Zellen ohne Glukose schneller als mit Glukose, im roten H~molysat mit Glukose-6-phosphat schneller als im braunen.

C. Besprechung. W~hrend der durch Toluidinblau beschleunigten l~eduktion von

H~miglobin durch Glukose werden verh~ltnismi~$ig grol3e Mengen Kohlendioxyd gebildet, in braunen Zellen 0,3 Mole je Xquivalent reduzierten Hi~miglobins, d .h . es werden nur 31/3 ~quivalente Hi~mi- globin benStigt, um 1 Mol Kohlendioxyd freizusetzen. Das gleiche Verhiiltrds yon H~miglobin zu Kohlendioxyd wird bei der vom Toluidin- blau beschleunigten Reduktion im braunen H~molysat gefunden, wenn Glukose-6-phosphat als Substrat dient. Andererseits werden im braunen H~molysat nur 0,06 Mole Kohlendioxyd je Aquivalent I-I/~miglobin (1 Kohlendioxyd auf 17Xquivalente Hi~miglobin) ge- bildet, wenn Hexosediphosphat Substrat ist. Es ist demnach anzu- nehmen, da$ die katalytische Wirkung der Farbstoffe weit mehr als andere Fermentsysteme dasjenige betrifft, das Glukose-6-phosphat oxydiert. Dean die l~eduktion yon H~miglobin im braunen H~molysat durch Hexosediphosphat liefert nur minimale Mengen Kohlendioxyd (0,06 Mole je Xquivalent H~miglobin) und start dessert Brenztrauben- s~ure auf dem Wege fiber Phosphoglyzerinaldehyd.

Wir hatten schon frfiher auf Grund von Stoffwechseluntersuehungen und ttemmungen sowie wegen der die anderen H/~miglobin reduzie- renden Systeme weir fibertreffenden Empfindlichkeit dieses System als das wichtigste ffir die katalytische Wirkung der Farbstoffe auf die Reduktion des H~miglobins bezeichnet und auch darauf hingewiesen, dab es bei mehreren Tierarterl in Abwesenheit von katalytischen Farbstoffen an der Reduktion des H/~miglobins nur wenig beteiligt ist 2. In den roten Zellen des Menschen ist seine Mitwirkung jedoch dureh die Kohlendioxydbildung auch in Abwesenheit yon Farbstoffen nachweisbar.

Nunmehr liegen mehrere widerspruchslose, beweiskr~ftige Beob- achtungen vor, die die Identit~t des Systems Triphosphopyridim nukleotid-H~miglobinreduktase mit dem fiir die katalytische Wirkung der Farbstoffe empfindlichsten System identifizieren: die starke Wirkung der Farbstoffe, die Bildung yon Kohlendioxyd, die sehr geringe Bildung von Brenztraubensiiure, die praktisch fehlende Bil- dung yon Kohlendioxyd bei der l~eduktion von H~miglobin durch Hexosediphosphat und Milchsi~ure und start dessen Bildung /iqui- valenter oder fast ~quivalenter Mengen yon Brenztraubens~ure. Damit ist der Wirkungsmechanismus der Farbstoffe bei der Reduktion des H~miglobins aufgekl~rt und ffir eine Gruppe von Giften die

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106 MAn'FRED KIESE:

Besehreibur~g wenigstens eiaer wesentliehen ihrer Wirkungen mit chemischen Formelm m5glich. Ungekl~rt bleiben noch einige Reak- tionen dieses Systems mit anderen Fermenten und Substraten als dem ,,Zwischenferment" und Glukose-6-phosphat.

Die Farbstoffe werden yon hydrierter H~miglobinreduktase redu- ziert. Diese wird wiederum vow1 Triphospho-dihydro-pyridinnukleotid reduziert.

Der Mechanismus der Bildung yon Kohlendioxyd bei der l~eduktion des Hi~miglobins ist noch nicht sicher anzugeben. Zur Freisetzung eines Moles Kohlendioxyd werden nur 3,3_~quivalente H~miglobin benStigt, w~hrend 4 zur Oxydation eines Kohlenstoffs im Zucker zu Kohlendioxyd erforderlieh sind. Bereits WARBURG, KUBOWITZ und CHRISTIA-~-2, die das RoBIso~-Ester-System und seine Empfind- liehkeit ffir Farbstoffe entdeckten und seine Oxydation durch Sauer- stoff untersuchten, fanden in KaniIlchenzellen einen ~bersehuB voxl Oxydat ionsprodukten gegeniiber der Sauerstoffaufnahme, n~mlich die Bildung yon 0,8 Molen Kohlendioxyd und 1,76 Molen Brenztrauben- s~ure fiir ein aufgenommenes Mol Sauerstoff. Andererseits erhielten WARBCRG und CHRISTIAiN 18 bei der Oxydation des RoB~soN-Esters mit gereinigtem Zwisehenferment und Triphosphopyridinnukleotid fiir 1 Mol Sauerstoff 0,75 Mole Kohlendioxyd und 0,24 Mole Azetaldehyd. Sparer wiesen WARBUI~G, CHRISTIAn und GRIESE 19, NEGELEIN und HAAS 20, ~EGELEIN und GERISCHEI~ 21 sowie WAI%BURG und CHRISTIA~ 22 mit gereinigtem Zwischenferment aus Hefe Phosphohexons~ure als erstes Oxydat ionsprodukt des RoBIso~-Esters naeh, das durch Zusatz anderer Proteine weiter abgebaut werden konnte. Die Bildung von Kohlendioxyd aus dem RoBIso~-Ester beansprueht also mehrere Fermente, die sich mit Triphosphopyridinnukleotid verbinden kSnnen, um es mit versehiedenen Substraten reaktionsfi~hig zu maehen (s. auch DmKE~S23). Diese Fermente erhalten aber erst Substrat, nachdem Triphosphopyridinnukleotid-Zwischenferment ROBiSo~-Ester dehy- driert hat. Sie reagieren aber sehr schnell mit ihren Substraten, denn die schllelle Bildung yon Kohlendioxyd schlieSt eine Anreieherung yon Zwischenprodukten des Abbaus des ROBISON-Esters aus.

Brenztraubens~ure kommt in unseren Versuchen als Quelle des Kohlendioxyds kaum in Frage, da sie sich bei der Reduktion des Hgmi- globins anreichert. AuBerdem w~re dann auch bei der Reduktion des Hi~miglobins durch Hexosediphosphat eine noeh gr61~ere Menge Kohlendioxyd zu erwarten. Ebenso ist auszuschlie$en, dab neben dem H~miglobin noch Sauerstoff in nennenswerter Konzentrat ion vorhanden war und Glukose oxydierte.

Ob das iiberschiissige Kohlendioxyd aus dem Zerfall von Ver- bindungen aus dem Zitronensi~urezyklus s tammt, vermSgen wir noch

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Die l~eduktion des H~miglobins. VI. 107

nicht zu beurteilen. Unsere darauf gerichteten Untersuehungen haben die Bedeutung dieses Systems fiir die tti~miglobinreduktion noch nicht kl/~ren kSnnen. DaB Fumars/~ure und _~pfelsi~ure, aber nicht Bern- steins~ure tt/imiglobin reduzieren k6nnen, ist friiher schon mitgeteilt word en ~

Auf den Ablauf noch anderer Reakt ionen im Kohlenhydra tabbau der roten Zellen mit und ohne H/imiglobinreduktion weist aueh das Auftreten der Brenztraubens/iure hin. Wir ha t ten bei friiheren Mes- sungen beobachtet , dab in den roten Zellen der H/~miglobin langsam reduzierenden Tierarten bei der H~miglobinreduktion fast /~quivalente Mengen Brenztraubens/~ure gebildet werden. In de** wenigen Unter- suchungen der Brenztraubens/~urebildung in h~miglobinfreien Zellen vom Menschen unter AussehluB yon Sauerstoff (CO ÷ 5% COs) fanden wit nur geringe Brenztraubens~urebildung, 0,06 und 0,08 Milli- tool ]e Liter und Stunde. In den neuen Untersuehungen, allerdings ohne Kohlendioxyd, fanden wir 0,25 Millimol je Liter und Stunde und ohne Zusatz yon Substrat noeh hShere Werte, 0,4 Millimol je Liter und Stunde. Aueh in braunen Zellen und braunen H~molysaten wurde ohne Zusatz yon Substrat mehr Brenztraubens/~ure gebildet als mit Substrat . GIBSO~ ~ land ebenfalls in roten Zellen ohne Zusatz yon Glukose eine sehnellere Brenztraubens~urebildung als in braunen Zellen mit Glukose und l~eduktion yon H~miglobin. Dadureh wird die Bewertung der Brenztraubens/~urebildung bei der H/imiglobin- reduktion, insbesondere in den langsam reduzierenden Zellarten, er- schwert, denn man kann nieht mit Sicherheit annehmen, dab die Hemmung der Brenztraubens~urebildung durch Glukose in roten und braunen Zellen gwnz gleieh ist.

Parallel mi t der sehnelleren Brenztraubens/~urebildung in Zellen und I-I/imolysaten ohne Zusatz yon Substra t geht eine sehnellere Abspal tung yon Phosphat . Die beiden Vorg/inge sind naeh Unter- suehungen yon JosT 2~ als zusammenhEngend anzunehmen, da er bei Phospha taufaahme der roten Zellen in Gegenwart yon Glukose eine Zunahme von Diphosphoglyzerins~ure Jn den roten Zellen land und bei Phosphatfreisetzung eine Abnahme der Diphospho- glyzerins/~ure. Dureh den Ausfall anderer energieliefernder G/irungs- reaktionen k o m m t es zum Zerfall der Phosphoglyzerins/iure. Der Mechanismus der Hemmung des Zerfalls durch Glukose ist noch nieht v611ig klar.

Bei der Bestimmung yon Azetaldehyd durch ~berfiihren mit dem Luftstrom aus dem Trichloressigs/~urefiltrat in Bisulfit fknden wir kleine Mengen eines fliichtigen Aldehyds oder Ketons, die sich w/~hrend der tt/imiglobinreduktion nur wenig/~nderten und weder bei der Reduktion in Zellen noch in tt/~molysaten regelm/~Big zunahmen.

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108 MANYRED KIESE: Die Reduktion des tt/~miglobins. VI.

Zusammenlassung. Bei der durch revers ibel reduzierbare Farbs tof fe beschleunigten

R e d u k t i o n des H~miglobins in b raunen Zellen werden je ] (qu iva len t

reduz ie r ten H/~miglobins 0,3 Mole Koh lend ioxyd gebildet . Die gleiche K o h l e n d i o x y d b i l d u n g wird bei der R e d u k t i o n von H~mig lob ia in

b raunen H/~molysaten in Gegenwar t von Farbs to f fen und Glukose- 6-phosphat als Subs t ra t gefunden. Aadererse i t s wird die R e d u k t i o n

des Hi~miglobins in braunen H/ imolysa ten durch Hexosed iphospha t yon

Fa rbs to f fen weniger beschleuaig t als die durch Glukose-6-phosphat und es werden bei dieser Reak t ion nur sehr geringe Melxgen Kohlen-

d ioxyd gebi ldet , ni~mlieh 0 ,06Mole K o h l e a d i o x y d je _~quivalent

reduz ie r ten H~miglobins . Dadurch wird z u s a m m e n mi t f r i iheren Untersuchungsergebnissen

bewiesen, dab die Farbs to f fe welt mehr als andere Reak t i onen die R e d u k t i o n des H~mig lob ias du rch das Sys tem t t~mig lob in reduk tase

Tr iphosphopyr id innuk leo t id - , ,T r~gerp ro te in" beschleunigen. ,,Tr/iger-

p ro t e in" sin4 n ich t nur das , ,Zwischenferment" , sondern auch noch andere Kolloide, da der Abbau des Glukose-6-phosphats bis zum

K o h l e n d i o x y d verli~uft.

Fraulein EDITH DOtagE habe ich fiir ihre ttilfe bei der Durchfiihrung der Untersuchungen zu danken.

L i t e ra tu r . 1 KIESE, M. : Biochem. Z. 316, 264 (1944). - - ~ KIESE, M. : Arch. exper. Path.

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Prof. Dr. M. KIEsE, (24b) Kiel, Feldstr. 12.