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Die therapeutische Beziehung aus verhaltenstherapeutischer Sicht Ein Plädoyer für eine integrative Perspektive Hansjörg Znoj, Universität Bern 1

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Die therapeutische Beziehung aus verhaltenstherapeutischer Sicht!

Ein Plädoyer für eine integrative Perspektive!

Hansjörg Znoj, Universität Bern!

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Gliederung und Aufbau!

>  Beziehungsgestaltung in der VT

>  Wie wichtig ist „Beziehung“ allgemein?

>  Fakten und Ergebnisse der Forschung

>  Etwas Biologie

>  Konsistenztheorie als Brückenschlag

>  Die motivorientierte Beziehungsgestaltung

>  Weshalb soll das besser sein? Nochmals Fakten

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Was versteht man in der VT unter therapeutischer Beziehung?

„Die aus der Gesprächspsychotherapie bekannten therapeutischen Basisvariablen wie Echtheit, Empathie und uneingeschränktes Akzeptieren des Patienten sind Basisvariablen einer Verhaltenstherapie, ohne aber auch nur für die therapeutische Beziehungsgestaltung zu genügen“ (Quelle: Wikipedia).

Was meint der Satz genau?

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Alles Rogers oder was?

„Jede Untersuchung der Natur der therapeutischen Beziehung führt früher oder später zu dem Diktum von Carl Rogers: Es ist die Beziehung, die heilt.

Andere Überlegungen sind dem gegenüber durchaus zweitrangig

•  beispielsweise die ideologische Schule, die der Therapeut vertritt,

•  der tatsächliche Inhalt der Stunde oder

•  die verwendeten Techniken, etwa die freie Assoziation, die Rekonstruktion der Kindheit oder das Psychodrama“.

Aus Irvin D. Yalom (2003) „Was Hemingway von Freud hätte lernen können“. Goldmann (btb): München, S. 237-238.

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Oder doch Lernen?! Die Interpretation des Verstärkens in der therapeutischen Beziehung in Analogie zur Erziehung: Die Erziehungspersonen können angenehme Handlungsweisen beim Kind durch Belohnung unterstützen und so "verstärken" (S.22):

1. soziale "Verstärker": Loben, Streicheln, aufmerksames Zuhören, Beifall klatschen, ermunternd zurufen

2. materielle Verstärker: Geld, Süßigkeiten, Spielsachen, Blumen, Schallplatten 3. Handlungsverstärker: Spielen, TV, Lesen, Kinobesuch, Musik hören (S.11).

Dabei sollen die Maßnahmen unbedingt mit den Kindern abgesprochen werden, welche Verstärker eingesetzt werden sollen (S.14). [Die Kinder sind nicht faul, da "mitzumachen“, wenn es etwas für sie attraktives zu gewinnen gibt].

Gleichzeitig soll das noch vorhandene negative Verhalten ignoriert werden (S.22).

aus: Arbeitsbücher zur psychologischen Schulung: M. Perrez / B. Minsel / H. Wimmer: Eltern- Verhaltenstraining. Für Eltern, Erzieher und Erwachsenenbildner; Theoretische Einführung; Otto Müller Verlag, Salzburg, 1974

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Operante Konditionierung!

Die Skinner Box!

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Erwartungseffekte15%

Erfahrungen ausserhalb der

Therapie40%

Techniken15% Allgemeine

Wirkfaktoren 30%

Therapieerfolg hängt stärker ab von der Therapiebeziehung und dem Therapeuten als von der Methode oder Technik (Norcross, 2001)

Welchen Anteil haben „unspezifische Faktoren“ am Therapieerfolg?!

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Therapiebeziehung und -ergebnis!

Geschätzte Anteile am Therapieergebnis!

40% Faktoren ausserhalb der Therapie!30% unspezifische Faktoren!! einschliesslich der therapeutische Beziehung!

15% Erwartungen (Placebo-Effekt)!

15% spezifische therapeutische Techniken !(Lambert & Barley, 2002)!

Norcross, J.C. (2002) Psychotherapy relationships that work. New York: Oxford. !Castonguay, L.G. & Beutler, L.E. (2006). Principles of therapeutic change that work. New York: Oxford.!

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Therapiebeziehung und –ergebnis

Empirische Befunde zum Arbeitsbündnis!-  konsistent positiver Zusammenhang mit dem Therapieergebnis!-  Metaanalyse: 26% der Varianz (Horvath & Symond, 1991)!

Lambert & Barley (2002) Praktische Konsequenzen:!-  Nicht vergessen: Die Beziehung ist wichtiger für das Ergebnis als

die neuesten Techniken!-  Therapeutentraining in Beziehungsgestaltung!-  Kontinuierliche Weiterbildung!-  Supervision!-  Eigene psychische Gesundheit pflegen

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Welchen Anteil haben „unspezifische Faktoren“ am Therapieerfolg?!

>  Therapeutische Beziehung ist einer der robustesten Prädiktoren des Therapieergebnisses (Martin, Garske, & Davis, 2000)

>  “impact of the alliance across studies … is far in excess of the outcome variance that can be accounted for by techniques” (Horvath & Bedi, 2002; p. 61)

>  Der Einfluss der therapeutischen Beziehung auf den Therapieerfolg ist der am besten empirisch bestätigte Wirkfaktor in der Psychotherapieforschung (Orlinsky, 2004).

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Definition Therapiebeziehung!

Aber: Keine einheitliche Konzeptualisierung!

Therapiebeziehung nach Bordin (1979)!-  Übereinstimmung zwischen Patient/in und Therapierendem

bezüglich Therapieziele und -vorgehen!-  Entwicklung einer emotionalen Bindung!

Collaboration (Orlinsky, Ronnestad & Willuzki, 2004)!-  Kooperationsprozess zwischen Patient/in und Therapeut/in im

Verlauf der Therapie!

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Klassisches Strukturmodell der therapeutischen Beziehung (Bordin, 1976)

TASKS

Übereinstimmung Patient-Therapeut

bezüglich Vorgehen, Rollen, Aufgaben

GOALS

Übereinstimmung Patient-Therapeut

bezüglich Ziele

BOND

Affektive Beziehung

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Merkmale einer guten Therapiebeziehung!

Emotionale Bindung auch für Übereinstimmung in Zielen und Verfahren zentral: -  Patient sollte sich emotional angenommen, verstanden und akzeptiert

fühlen

-  Basis für das Einlassen auf Veränderungsprozesse

-  Entwicklung basiert auf unspezifischen Faktoren (Persönlichkeit, Bindungsstil etc.)

-  Therapeut sollte die wesentlichen Bedürfnisse des Patienten erkennen und diese angemessen befriedigen

-  Ressourcenaktiverung: Erfolgserlebnisse, Kompetenz und Akzeptanz (Grawe & Grawe-Gerber, 1999)

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14!

Merkmale einer guten Therapiebeziehung in der VT!

Ziel einer guten Therapiebeziehung: therapeutisches Basisverhalten (Schulte, 1996) -  Therapienachfrage

-  Mitarbeit

-  Selbstöffnung

-  Erprobung neuer Verhaltensweisen

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Weitere Aspekte!

Therapie-Setting (Lammers & Schneider, 2009)

-  Störungsbilder/Psychopathologie

-  Therapiephasen

-  Individualität des Patienten Bsp. Bindungsstil

-  Charakteristika des Therapeuten Bsp. Wahrnehmungsbias (Stucki & Grawe, 2007)

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Therapiebeziehung und -erfolg!

Ergebnisse:

>  Moderate Korrelation r = .22 zwischen Therapiebeziehung und Erfolg (Metaanalyse, Martin, Garake & Davis, 2000)

>  Durchschnittlicher Effekt von r = .21 (Horvath & Bedi, 2002) bzw. r = .27 (Wampold, 2001)

>  Effektstärke von r = .34 bzw. r = .33 Therapieerfolg und Übereinstimmung über Therapieziele rsp. Collaboration (Shick & Winograd, 2010)

>  Effektstärken sind über verschiedene Behandlungsarten stabil und ähnlich (Horvath et al., 2011)

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Neuere Forschungsergebnisse zur Therapiebeziehung!

Patienteneigenschaften und wahrgenommene Veränderung der Therapiebeziehung in Langzeit-Therapien (Hersoug et al., 2010)

Mehrheit der Patienten empfanden die Therapiebeziehung als stabil (70%, n=142), 24% (n=48) gaben eine Verbesserung an, 6% (n=11) eine Verschlechterung

>  Prädiktoren (für Verschlechterung) - signifikant höhere Bewertung der Beziehung in der ersten Therapiephase

- keine hohen Erwartungen oder unrealistisch hohe Erwartungen

- tiefere Werte auf der Global Assessment Scale (GAS)

>  Initiale Symptomschwere hat keinen Einfluss (auf Verschlechterung)

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Therapeuteneigenschaften und wahrgenommene Qualität der Therapiebeziehung in Langzeit- Therapien (Hersoug et al., 2010)!

>  Therapeutenbewertungen der Therapiebeziehung signifikant tiefer als Patientenbewertungen

>  Alle vier Subskalen der IIP-64 korrelieren negativ mit Therapiebeziehung (Patient und Therapeut) höchste Korrelation mit IIP-cold/detatched

>  Keine Zusammenhänge zwischen Qualität und Veränderung der Therapiebeziehung mit Therapieerfahrung des Therapeuten (weder bei Patienten noch bei Therapeuten)

>  Negativer(!) Zusammenhang zwischen Therapeutentraining und Qualität bei Beurteilung durch Patienten, nicht aber bei Beurteilung durch Therapeuten

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Zusammenhang zwischen Therapieabbrüchen und Therapiebeziehung (Metaanalyse, N = 11 Studien, 1301 Patienten. Sharf, Primavera & Diener, 2010)

Patienten in einer schlechteren Therapiebeziehung brechen die Therapie eher ab Effektstärke von d = .55

Einflüsse (Exploratorische Moderatoranalyse): 1. Bildungslevel des Patienten

(bei höherer Bildung des Patienten hat die Therapiebeziehung weniger Einfluss auf den Abbruch)

2. Therapielänge (bei längeren Therapien hat die Therapiebeziehung mehr Einfluss auf den Abbruch)

3. Setting Inpatients Therapiebeziehung hat mehr Einfluss auf den Abbruch (im Vergleich zu Beratungs- und Forschungszentren)

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Therapiebeziehung bei Interventionen für Patienten mit Depression (De Bolle, Johnson & de Fruyt, 2010)!

>  Wahrgenommene Qualität der Therapiebeziehung von Patient/in und Therapeut/in sagt Verbesserung auf Symptomlevel voraus unabhängig von der jeweiligen Interventionsart

>  Zusammenhang von Therapiebeziehung und Therapieerfolg scheint durch verschiedene Patientencharakteristika moderiert zu sein (Bsp. Komorbidität, Zivilstand, Beschäftigungsgrad)

>  getrennt lebende/geschiedene, komorbide und unbeschäftigte Patienten/Patientinnen scheinen empfänglicher für den positiven Effekt der Therapiebeziehung zu sein

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Therapiebeziehung bei Interventionen für Patienten mit Krebs (Review, Schnur & Mongmomery, 2009)

>  Wenig Studien vorhanden die direkt Therapiebeziehung messen

>  Therapiebeziehung hat Einfluss auf gesundheitsbezogene Outcomes

>  Therapiebeziehung steht in Zusammenhang mit Schmerzabnahme

>  Kooperative Verhaltensweisen des Patienten stehen im Zusammenhang mit weniger Schlafschwierigkeiten, weniger Stress, weniger Gefühlsschwankungen und besserer psychologischer Anpassung

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Therapiebeziehung bei Interventionen für Patienten mit psychotischen Störungen (Review, Priebe et al., 2011)

>  Gemischte Ergebnisse in diversen Studien über Zusammenhang zwischen Therapiebeziehung und Therapieerfolg bei Patienten mit psychotischen Störungen

>  Einige Studien weisen einen Zusammenhang zwischen einer guten Therapiebeziehung und weniger Hospitalisierungen und Verbesserungen auf Symptom- und Funktionsebene nach jedoch Korrelationen oft nicht signifikant

>  Im Moment sind noch keine sicheren Aussagen über die positiven Auswirkungen einer guten Therapiebeziehung in dieser Patientengruppe möglich

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Therapiebeziehung und Emotionale Intelligenz (EI) des Therapeuten (Pilotstudie; Kaplowitz, Safran & Muran, 2011)

>  Therapeuten mit höheren EI-Werten erreichten bessere Therapie-ergebnisse (vom Therapeuten beurteilt) und hatten eine geringere Anzahl von Ausfällen (drop-outs) als solche mit einem niedrigeren EI-Wert

>  Assessment Compliance korrelierte mit EI des Therapeuten

>  Verständnis von Emotionen (Teil des EI) korreliert mit der Beurteilung der Veränderung durch die Therapie

>  Emotionsregulation (Teil des EI) korreliert mit Compliance; Tendenz zum Zusammenhang mit Therapieerfolg beurteilt durch Patient (SCL-Symptomcheckliste)

>  Aber: keine Beziehung zwischen Working Alliance und EI gefunden

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Zusammenfassung!

Selbst in sehr gut kontrollierten Studien (Manualisierung, Therapeutentraining, Kontrollen etc.) spielt die therapeuti-sche Beziehung und der Therapeut eine entscheidende Rolle für den Therapieerfolg

(z.B. NIMH-Depressionsstudie, Krupnick et al. 1996)

Es gibt bessere Therapeuten, die konstant positivere Effekte erzielen, und schlechtere Therapeuten, die konstant negativere Effekte erzielen (Norcross, 2001; Wampold, 2001)

Therapeuten unterscheiden sich in ihrer Fähigkeit, empathisch, echt und akzeptierend, aber auch kompetent zu wirken (Norcross, 2001)

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Zur neurobiologische Fundierung!

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Wo wirken therapeutische Interventionen?!

Psychische Prozesse und Veränderungen

(z.B. Beziehungsverhalten)

Funktionelle und strukturelle Veränderungen des Gehirns

Psychotherapie

Psychopharmakotherapie

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Über welche neurobiologischen Prozesse bewirkt Psychotherapie funktionelle und strukturelle Veränderungen im Gehirn?

Neuronale Plastizität

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Synaptische Plastizitä!

„Cells that fire together, wire together.“ ! Donald Hebb, 1949

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Aktivierung der cAMP-abhängigen Proteinkinase A (PKA)

PKA phosphoriliert CREB (cAMP- response - binding Protein)

CREB aktivierte Transkriptionsfaktoren (z.B. BDNF)

Erhöhter Ca2+-Einstrom aktiviert Second Messenger - Kaskade

Anstieg von cAMP (Cyklisches Adenosinmonophosphat)

Transkriptionsfaktoren aktivieren Gentranskription im Zellkern

=> Proteinbiosynthese

Strukturelle Veränderungen => Wachstum neuer Synapsen

LeDoux, 1998

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Grundlage des Lernens = Strukturänderungen im Gehirn!

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Synaptische Plastizität braucht „Hilfe“

Neuromodulatoren

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Dopamin - ein Booster für Lernen und den Erwerb von neuem Verhaltens!

Das Dopaminerge System...

>  wird aktiviert wenn starke motivationale Ziele aktiviert sind, insbesondere wenn etwas überraschend Positives eintritt

>  aktiviert bei motivationalem Anreiz und Belohnung >  auch Belohnungssystem genannt

Hippocampus, Präfrontaler Kortex (PFC) und limbisches System haben besonders viele dopaminerge Neurone. Hier wird die neuronale Plastizität und damit auch die Gedächtnisbildung besonders gut verstärkt.

Hippocampus Ventrales tegmentales Areal

Nucleus accumbens

Frontalcortex

Mesolimbisches und mesocorticales

System

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Brückenschlag zwischen Neurowissenschaften und klinischer Psychologie

-  Erweiterung unseres Verständnisses der Entstehungs- bedingungen psychischer Störungen -  Optimierung diagnostischer Verfahren -  besseres Verständnis über die Wirkweise von Interventionen -  Verbesserung der Wirksamkeit der Interventionen

Möglicher Nutzen der „neuropsychotherapeutischen“ Perspektive:

Einführung Fakten Biologie Konsistenztheorie Schluss

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Wie bzw. wodurch lassen sich neuronale Aktivierungs- und Verschaltungsmuster besonders gut verändern?!

Bahnung neuen Erlebens und Verhaltens

+

Grundbedürfnisse

Motivationale Ziele/ Schemata

Bedürfnis nach Orientierung und Kontrolle

Lustgewinn/ Unlust-

vermeidung Bindungs- bedürfnis

Selbstwert- erhöhung

durch Erfahrungen, die für die motivationalen Ziele der Person relevant sind und so

Inkongruenz reduzieren

Aktivierung emotionaler Zentren (Belohnungszentrum)

Einführung Fakten Biologie Konsistenztheorie Schluss

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Erste Implikationen für die Psychotherapie!

>  Therapeutische Gespräche in den gewohnten Bahnen des Patienten führen nicht zu langfristigen Veränderungen neuronaler Prozesse

>  Analyse von Problemen ist nur insoweit produktiv wie sie der Vorbereitung verändernder Interventionen dient (also diagnostisch)

>  Veränderungen werden möglich bei gleichzeitiger Bearbeitung von Problemen und Aktivierung von Annäherungszielen

>  Das annähernde Verhalten muss systematisch, anhaltend und wiederholt aktiviert werden, wenn das neu zu etablierende neuronale Erregungsmuster später leicht aktivierbar sein soll

Einführung Fakten Biologie Konsistenztheorie Schluss

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Fazit und Implikationen für die Psychotherapie!

>  Positive (korrektive) Erfahrungen bzgl. der motivationalen Ziele des Patienten stärken und stabilisieren die gebahnten Aktivierungsmuster.

>  Das in der Therapie verfolgte Ziel muss eine positive Bedeutung für ein wichtiges motivationales Ziel des Patienten haben, damit die neuronale Bahnung durch Neuromodulatoren (z.B. Dopamin) verstärkt wird.

>  Das motivationale Ziel muss möglichst stark aktiviert sein, wenn das neue Verhalten auftritt. Es ist die Aktivierung des positiven Ziels, von der die Verstärkung ausgeht sowie die Feststellung der Annäherung an das Ziel durch den Patienten, durch die dopaminerge Neurone aktiviert werden.

Einführung Fakten Biologie Konsistenztheorie Schluss

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Def. motivationale Schemata!Der Mensch strebt nach Befriedigung und Schutz seiner Grundbedürfnisse

Unter dem Einfluss seiner konkreten Lebensbedingungen entwickelt er der

Befriedigung dienende Annäherungsziele und dem Schutz dienende

Vermeidungsziele

Sowie Mittel zur Realisierung dieser Ziele

Ziele + Mittel zu ihrer Realisierung

=

Motivationale Schemata 36 Einführung Fakten Biologie Konsistenztheorie Schluss

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Vier Grundbedürfnisse: (Grawe, 1998, 2004; Epstein, 1990, 1993: Cognitive-Experiental Self-Theory) Selbstwerterhöhung/Selbstwert Das Bedürfnis, sich selber als gut, kompetent, wertvoll und von anderen geliebt zu fühlen. Zur Bildung eines guten Selbstwertgefühls braucht es eine entsprechende Umgebung, die wertschätzend ist und dem anderen etwas zutraut, ihn unterstützt.

Bindung Das Angewiesen-Sein des Menschen auf Mitmenschen; das Bedürfnis nach Nähe zu einer Bezugsperson. Je nach Erfahrungen mit sog. Primären Bezugspersonen (Verfügbarkeit, Einfühlungsvermögen) entwickelt ein Mensch ein bestimmtes Bindungsmuster. In einer ‚guten‘ Bindung sind die Bezugspersonen ein immer erreichbarer Zufluchtsort, bieten Schutz, Sicherheit, Trost, es entwickelt sich ein ‚Urvertrauen‘.

Lustbedürfnis/Unlustvermeidung Das Bestreben, erfreuliche, lustvolle Erfahrungen herbeizuführen und schmerzhafte, unangenehme Erfahrungen zu vermeiden (positive Lust-/Unlustbilanz). Je nach Erfahrungen in der Kindheit wird ein Mensch die Umgebung eher als Quelle von positiven oder von negativen Erfahrungen sehen, es entwickelt sich eher eine optimistische oder eher eine pessimistische Lebenseinstellung.

Orientierung und Kontrolle Je nach individueller Erfahrung (v.a. in der frühen Kindheit) entwickelt der Mensch Grundüberzeugungen darüber, inwieweit das Leben Sinn macht, ob Voraussehbarkeit und Kontrollmöglichkeiten bestehen, ob es sich lohnt, sich einzusetzen und zu engagieren u.ä. Das Kontrollbedürfnis wird befriedigt durch möglichst viele Handlungsalternativen (grosser Handlungsspielraum).

37 Einführung Fakten Biologie Konsistenztheorie Schluss

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Motivationale Attraktoren!

Annäherungs-attraktoren!

Vermeidungs-attraktoren!

Systemebene!

Kontroll-bedürfnis!

Selbstwert-erhöhung!

Lustgewinn/Unlustvermeidung!

Bindungs-bedürfnis!

Grundbedürfnisse!

Erleben und Verhalten!

Aktivierung motivationaler

Attraktoren!

Rückmeldung über Realisierung!

Rückmeldung über Bedürfnisbefriedigung! Streben nach Bedürfnisbefriedigung!

Streben nach Konsistenz! Rückmeldung über Inkonsistenz!Hierarchische Organisation!

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Komplementäre (= motivorientierte) Beziehungsgestaltung

Der Therapeut vermittelt dem Patienten in der therapeutischen Beziehung positive Wahrnehmungen im Hinblick auf seine wichtigsten Bedürfnisse.

Er verhält sich komplementär zu den wichtigsten Zielen und wunden Punkten des Patienten.

Konsistenztheorie im Hinblick auf die therapeutische Beziehung!

39 Einführung Fakten Biologie Konsistenztheorie Schluss

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Wie können Beziehungsgestaltung und störungs-spezifische Techniken zusammen wirken, um ein optimales Therapieergebnis zu erhalten?!

Th. Beziehung + Ressourcenaktivierung

Bedürfnisbefriedigende Erfahrungen

Symptomreduktion

Störungsspezifische Techniken

Besseres Wohlbefinden

Etablieren neuer Muster (Verhalten /

Erleben)

40 Einführung Fakten Biologie Konsistenztheorie Schluss

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= Ausrichtung therapeutischer Interventionen an motivationalen Zielen der Patienten

⇒  bedürfnisbefriedigende Erfahrungen a)  Umsetzung von Annäherungszielen unterstützen b)  Vermeidungsziele nur so weit aktivieren wie nötig

⇒  bessere therapeutische Beziehung, besseres Therapieergebnis

Motivorientierte Beziehungsgestaltung!

41 Einführung Fakten Biologie Konsistenztheorie Schluss

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Erfassung von Plänen und motivationalen Zielen!

>  Plananalyse (Caspar, 1996)!

>  Fragebogen zur Analyse Motivationaler Schemata!!(FAMOS , Grosse Holtforth, & Grawe, 2000; 2002)!

42 Einführung Fakten Biologie Konsistenztheorie Schluss

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>  Intimität/Bindung!>  Affiliation/Geselligkeit!>  Altruismus!>  Hilfe!>  Anerkennung/Bestätigung!>  Status!>  Autonomie!>  Leistung!>  Kontrolle!>  Bildung/Verstehen!>  Glauben/Sinn!>  Abwechslung!>  Selbstvertrauen!>  Selbstbelohnung!

>  Alleinsein/Trennung!>  Geringschätzung!>  Erniedrigung/Blamage!>  Vorwürfe/Kritik!>  Abhängigkeit/Autonomieverlust!>  Verletzungen/Spannungen!>  Schwäche/Kontrollverlust!>  Hilflosigkeit!>  Versagen!

Fragebogen zur Analyse Motivationaler Schemata (FAMOS)!

(Grosse Holtforth & Grawe, 2000, 2002)

Annäherungsziele Vermeidungsziele

43 Einführung Fakten Biologie Konsistenztheorie Schluss

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Komplementäre Beziehungsgestaltung!

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Aus Znoj, Regli, Ülsmann, 2004: Beziehungsgestaltung als gezielte Intervention bei narzisstischer Persönlichkeits-störung in der allgemeinen Psychotherapie!

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Aus Patientenperspektive: in 11-38% der Sitzungen

Aus Therapeutenperspektive: in 25-53% der Sitzungen

Safran & Muran, 2001

Beziehungsbrüche (Alliance Ruptures)!

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Beziehungsverhalten wird früh gelernt und in Form von Beziehungsschemata gespeichert, die zukünftiges Beziehungsverhalten bestimmen

Die Verhaltensmuster, die der Patient im Umgang mit anderen Personen zeigt, manifestieren sich auch in der Beziehung mit dem Therapeuten

(maladaptive) Beziehungsmuster und Beziehungs-erwartungen des Patienten werden von Patienten am Therapeuten getestet und können zu Beziehungs-brüchen während der Therapie führen

Hintergrund: Interpersonale Theorien (Sullivan, 1953; Beier, 1998)!

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Beziehungstests (Sampson & Weiss, 1986)

Übertragungstest

Patient veranlasst den Therapeuten ihn so zu

behandeln, wie er immer behandelt wurde

Opfer-Täter-Test

Patient behandelt den Therapeuten so, wie er

immer behandelt wurde

48 Einführung Fakten Biologie Konsistenztheorie Schluss

Ähnliches Konzept aus psychodynamischer Perspektive!

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Der Therapeut besteht den Test, wenn er sich nicht so verhält wie alle anderen, sondern die Befürchtungen des Patienten entkräftet und so dem Patienten korrektive Erfahrungen ermöglicht

z.B. trotz Provokation nicht negativ reagieren

Wenn genügend Beziehungskredit vorhanden ist, ist Metakommunikation möglich

Umgang mit Beziehungstests!

49 Einführung Fakten Biologie Konsistenztheorie Schluss

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Therapie-beziehung

Arbeitsbeziehung

Rollendefinition Zielformulierung

Aufgaben

Basiskompetenzen

Empathie, Echtheit, Wertschätzung,

Kompetenz

Komplementäre Beziehungs-gestaltung

Bedürfnisorientierung

Beziehungs-bearbeitung

Beziehungstests, Beziehungsbrüche

Die vier Kernelemente der Beziehungsgestaltung!

50 Einführung Fakten Biologie Konsistenztheorie Schluss

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-  Der Beitrag des Patienten: Aufnahmebereitschaft des Patienten:

- Rollenübernahme - Arbeitskooperation - Offenheit -Passung und Zustimmung zum Therapeuten

-  Der Beitrag des Therapeuten: Geschick des Therapeuten:

- Empathie, Wertschätzung für Patienten - Engagement für Patienten - Kooperation -adäquate Anwendung wirksamer Interventionen

Merkmale der Therapiebeziehung, die zum Therapieerfolg beitragen!

51 Einführung Fakten Biologie Konsistenztheorie Schluss

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-1.5! -1.0! -0.5! 0.0! 0.5! 1.0! 1.5!

Fähigkeit zur Mitarbeit !Patientenmotivation!

Strukturierung der Sitzung!Therapeutenkompetenz!

Engagement des Therapeuten!Ansprechen der Therapiebeziehung als Ressource!

Therapiebeziehung allgemein!Therapiebeziehung!

Thematisierung interpersonaler Ressourcen!Erleben interpersonaler Ressourcen!

Thematisierung von Fähigkeiten!Aktivierung von Fähigkeiten!

Thematisierung wichtiger Motive!Aktivierung wichtiger Motive!

Ressourcenaktivierung!

Bewältigungserfahrungen!Klarheit über eigene Defizite!

neue Zielsetzungen!Klarheit über eigene Motive!

Probleme erlebt!Ressourcen erlebt!

Veränderung der Symptomatik!Veränderung des Befindens!

Veränderungen zwischen den Sitzungen!Problemveränderung!

Problemanalyse!Patientenbeitrag zur Problemarbeit!

Therapeutenbeitrag zur Problemarbeit!Problemaktualisierung!

Ausmass der Problemarbeit!Schwere des Problems!

Problembearbeitung!

d-Effektstärken!

Vergleich der Prozessmerkmale in der Anfangsphase von erfolgreichen (n=17) und wenig erfolgreichen (n=17) Therapien!

Einführung Fakten Biologie Konsistenztheorie Schluss 52

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-1.5! -1.0! -0.5! 0.0! 0.5! 1.0! 1.5!

d-Effektstärken!

Fähigkeit zur Mitarbeit !Patientenmotivation!

Strukturierung der Sitzung!Therapeutenkompetenz!

Engagement des Therapeuten!Ansprechen der Therapiebeziehung als Ressource!

Therapiebeziehung allgemein!Therapiebeziehung!

Thematisierung interpersonaler Ressourcen!Erleben interpersonaler Ressourcen!

Thematisierung von Fähigkeiten!Aktivierung von Fähigkeiten!

Thematisierung wichtiger Motive!Aktivierung wichtiger Motive!

Ressourcenaktivierung!

Problemveränderung!Problemanalyse!

Patientenbeitrag zur Problemarbeit!Therapeutenbeitrag zur Problemarbeit!

Problemaktualisierung!Ausmass der Problemarbeit!

Schwere des Problems! Problembearbeitung!

Bewältigungserfahrungen!Klarheit über eigene Defizite!

neue Zielsetzungen!Klarheit über eigene Motive!

Probleme erlebt!Ressourcen erlebt!

Veränderung der Symptomatik!Veränderung des Befindens!

Veränderungen zwischen den Sitzungen!

Vergleich der Prozessmerkmale in der Anfangsphase von erfolgreichen Therapien (n=17) und Therapieabbrüchen (n=11)!

Einführung Fakten Biologie Konsistenztheorie Schluss 53

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Aktivierte Ressourcen auf seiten

des Patienten

Ressourcenaktivierende Interventionen des

Therapeuten

Zeitlicher Verlauf über die ganze Sitzung in Prozent

Zeitlicher Verlauf über die ganze Sitzung in Prozent

Mitt

elw

erte

(z-tr

ansf

orm

iert)

Mitt

elw

erte

(z-tr

ansf

orm

iert)

Sitzungs- und Therapieergebnis positiv

Sitzungs- und Therapieergebnis negativ

Einführung Fakten Biologie Konsistenztheorie Schluss 54

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Ressourcenaktivierung und Problemaktivierung beim

Patienten in wenig-erfolgreichen Therapiesitzungen

Ressourcenaktivierung und Problemaktivierung

beim Patienten in erfolgreichen

Therapiesitzungen

Mitt

elw

erte

(z-tr

ansf

orm

iert)

Mitt

elw

erte

(z-tr

ansf

orm

iert)

Problem- aktivierung

Ressourcen- aktivierung

Zeitlicher Verlauf über die ganze Sitzung in Prozent

Zeitlicher Verlauf über die ganze Sitzung in Prozent

55 Einführung Fakten Biologie Konsistenztheorie Schluss

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Bereiche mit besonders hilfreichen Fähigkeiten und Fertigkeiten werden „Ressourcenhotspots“ genannt. ...

„Ressourcenhotspots sind Quellen der Zufriedenheit und des Wohlbefindens.“ (Flückiger & Wüsten, 2008, S. 12)

Einführung Fakten Biologie Konsistenztheorie Schluss 56

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57

BIS und BAS - motivationale Antagonisten und entsprechende Emotionen (Gray, 1972; 1981)!

Annäherungssystem (BAS) Vermeidungssystem (BIS)

Erleichterung, Eifer, Ansporn

Traurigkeit, Depression

Erleichterung, Ruhe

Angst, Furcht

neutral

Positive Rückmeldung

Negative Rückmeldung

nach Carver & Scheier, 1998 „on the self-regulation of behavior“

+ +

- -

Einführung Fakten Biologie Konsistenztheorie Schluss

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Kann man den therapeutischen Erfolg durch Ressourcenpriming steigern?!

Einführung Fakten Biologie Konsistenztheorie Schluss

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Kann man den therapeutischen Erfolg durch Ressourcenpriming steigern?!

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Kann man den therapeutischen Erfolg durch Ressourcenpriming steigern?!

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Flückiger & Grosse Holtforth, JCLP, 2008

Einführung Fakten Biologie Konsistenztheorie Schluss

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Ressourcen-aktivierung!

Aktivierung bereits gebahnter,aber momentan desaktivierter Ordnungs-muster, die zur Bedürfnisbefriedigung führen!

Neulernen!

•  Herbeiführen einer aktuellen Inkongruenz, d.h. einer Diskrepanz zwischen Wahrnehmung und Ziel!

•  Fokussieren der Aufmerksamkeit auf diese Diskrepanz resp. Inkongruenz!

•  Herbeiführen neuer Ordnungsmuster, die die Inkongruenz reduzieren und Grundbedürfnisse befriedigen!

Zwei Arten von Veränderung, die unmittelbar mit der Therapiebeziehung zusammenhängen!

Einführung Fakten Biologie Konsistenztheorie Schluss 62

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Take home!

•  Aktive Beziehungsgestaltung ist ein bisher zu wenig berücksichtigter Wirkfaktor (vor allem in der VT)

•  Beziehung kann gestaltet werden

•  Die therapeutische Beziehung lässt sich in vier einzelne Faktoren aufbrechen a)  Arbeitsbeziehung

b)  Basiskompetenzen

c)  Komplementäre Beziehungsgestaltung d)  Beziehungsbearbeitung

•  Es gibt „Werkzeuge“, welche die Gestaltung der therapeutischen Beziehung erleichtern bzw. ermöglichen (Plananalyse & Motivationsfragebogen)

63 Einführung Fakten Biologie Konsistenztheorie Schluss

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Einführung Fakten Biologie Konsistenztheorie Schluss

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Schluss!!

Vielen Dank für Ihre geschätzte Aufmerksamkeit!!

Dank auch zahlreichen Mitarbeitern und Wegbegleitern, vor allem meinem verstorbenen Mentor Klaus Grawe!

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