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Literatzir. 205 schaft bcstehcnden Lesevereins. I)) Metcorologischcs, vom Stadt- yhysicus, Medicinalratli Dr. von Moller. Drei Tabcllen enthalten regclmiissig angcstellte Beobachtungen des Barometcr- und Thernio- metcrstandes, der Windrichtung, der Witterung und Niederschliige uiid darauf gegriindete Berechiiungen aus den Jahren 1951, 52 und 63. Dr. H. Bley. Die Therapie unserer Zeit, von L)r. W. Stens, prakti- schem homoopathischen Arzte, Wundnrzte und Ge- burtshelfer in Bonn. Sondershauseii 1854. F. A. Eupel. Das Buch zeifillt in eincn ,ncgativen" ails acht, und einen ,,positivenu Theil aus zwolf Uricfcn bestchend, wclehc, wenn auch mehr Fir das iirztlichc als das pharmaceutische Publicum bestimmt, doch auch die vollste Beaclitung des letxtercn vcrdienen. Freilich wird, jc iiach der verschicdcncn Auffassung, der Titel der beiden Theile umgesetzt werden Iriiiinen, und tiuscht sich der Verf. auch keineswegs iiber die Opposition, melche scin Werk errcgcn diirfte. Athmung, Verdauung, An- und Riickbildung der Gewcbe, Stag wechsellelue, Nerveill Krankheitslehrc, Arzneimittellehre und The- rapie gehandclt und in geistvoller, von bedeutcndem Quellenstudium zeugender Sprache, gestiitzt auf die neuesten physiologisch - chemi- schen Untersucliungen und die Entdeckungen vcrmittelst des Mikro- skops, nachzuweisen versucht, dass diese Unteiauchungen und Ent- deckungen, einmal weil sie nur die Abwiirfe dcs Organismus, dann weil sie nur das aus der lcbendigcn Circulatioii losgetrennte Blut zum Gcgenstande haben und in der Regcl nicht die Verjinderungen mit ins Auge fassen, welchen gleichzeitig das Nerven- und Bewebe- leben untcrliegt, wenn der Organismus jene Abwiirfe ausscheidet und das Blut verliert, einen nur bedingten Werth besitzcn konnen. Der Verf. behauptct fcrner, dass man bci den Blutanalysen noeh lange niclit hinreichend die Veriinderungen gewiirdigt habe, welche das Blut, nachdem cs dem Korpcr entnommen, durch Luft und Licht erleiden konnc, er geisselt die wunderlichen, oft widerspre- chenden Schliisse, xu denen die Lehre vom Stofhechsel gefiihrt hat, und zcigt, dass, wie diese Schliisse vielfach triigcrisch, das auf die- selben gebauete Hcilverfahren zum Nachthcil dcs Kranken aus- sclilagen miisse. Die Physiologie, die Lehre vom gesunden Leben, k6nne nicht unbedingt auf die kranken Zustande angewandt werden, weil der Bewcis der Gleichheit beider in ihrer Gesetzmiissigkeit bisher factisch noch fehle. Es fehle ferner die Bcrechtigung, bei Beurtheilung des organi- schen Lebensprocesses von den Versuchen an Thicren auf den Men- schen zu schliessen, da bei diesen Versuehen einmal die organische Einheit bei den Thieren aufgchohen wurde, dann auch der Unter- schied beider Organismen derart diffcrirc, dass es anniaassend sei, von jenem auf diesen zu schliessen. Thierversuclic konnten und sollten indcss recht wohl als Erliiuteriing benutzt wcrdcn, seien aber oft so angcstellt, dam ein Witzigcr auszuspreclicn wagte, dass die Physiologie die Grimassen sci, die cin Frosch schncidct, wen11 man ihn auf die Foltcrbank spannt. Die Ergebnisse allcr physiologischen Forscliungcn gingen griiss- tentheils in chemische und physikalische Formbesclireibung auf; von ciiier organischcn Lrbeiislchrc, die dassclbc ungetheilt, einhcit- In den ersten aeht Briefen wird iiber Physiologie, Zeugun

Die Therapie unserer Zeit, von Dr. W. Stens, praktischem homöopathischen Arzte, Wundarzte und Geburtshelfer in Bonn. Sondershausen 1854. F. A. Eupel

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Page 1: Die Therapie unserer Zeit, von Dr. W. Stens, praktischem homöopathischen Arzte, Wundarzte und Geburtshelfer in Bonn. Sondershausen 1854. F. A. Eupel

Literatzir. 205

schaft bcstehcnden Lesevereins. I)) Metcorologischcs, vom Stadt- yhysicus, Medicinalratli Dr. von Moller. Drei Tabcllen enthalten regclmiissig angcstellte Beobachtungen des Barometcr- und Thernio- metcrstandes, der Windrichtung, der Witterung und Niederschliige uiid darauf gegriindete Berechiiungen aus den Jahren 1951, 52 und 63.

Dr. H. Bley.

Die Therapie unserer Zeit, von L)r. W. Stens, prakti- schem homoopathischen Arzte, Wundnrzte und Ge- burtshelfer in Bonn. Sondershauseii 1854. F. A. Eupel.

Das Buch zeifillt in eincn ,ncgativen" ails acht , und einen ,,positivenu Theil aus zwolf Uricfcn bestchend, wclehc, wenn auch mehr Fir das iirztlichc als das pharmaceutische Publicum bestimmt, doch auch die vollste Beaclitung des letxtercn vcrdienen. Freilich wird, jc iiach der verschicdcncn Auffassung, der Titel der beiden Theile umgesetzt werden Iriiiinen, und tiuscht sich der Verf. auch keineswegs iiber die Opposition, melche scin Werk errcgcn diirfte.

Athmung, Verdauung, An- und Riickbildung der Gewcbe, Stag wechsellelue, Nerveill Krankheitslehrc, Arzneimittellehre und The- rapie gehandclt und in geistvoller, von bedeutcndem Quellenstudium zeugender Sprache, gestiitzt auf die neuesten physiologisch - chemi- schen Untersucliungen und die Entdeckungen vcrmittelst des Mikro- skops, nachzuweisen versucht, dass diese Unteiauchungen und Ent- deckungen, einmal weil sie nur die Abwiirfe dcs Organismus, dann weil sie nur das aus der lcbendigcn Circulatioii losgetrennte Blut zum Gcgenstande haben und in der Regcl nicht die Verjinderungen mit ins Auge fassen, welchen gleichzeitig das Nerven- und Bewebe- leben untcrliegt, wenn der Organismus jene Abwiirfe ausscheidet und das Blut verliert, einen nur bedingten Werth besitzcn konnen. Der Verf. behauptct fcrner, dass man bci den Blutanalysen noeh lange niclit hinreichend die Veriinderungen gewiirdigt habe, welche das Blut, nachdem cs dem Korpcr entnommen, durch Luft und Licht erleiden konnc, er geisselt die wunderlichen, oft widerspre- chenden Schliisse, xu denen die Lehre vom Stofhechsel gefiihrt hat, und zcigt, dass, wie diese Schliisse vielfach triigcrisch, das auf die- selben gebauete Hcilverfahren zum Nachthcil dcs Kranken aus- sclilagen miisse. Die Physiologie, die Lehre vom gesunden Leben, k6nne nicht unbedingt auf die kranken Zustande angewandt werden, weil der Bewcis der Gleichheit beider in ihrer Gesetzmiissigkeit bisher factisch noch fehle.

Es fehle ferner die Bcrechtigung, bei Beurtheilung des organi- schen Lebensprocesses von den Versuchen an Thicren auf den Men- schen zu schliessen, da bei diesen Versuehen einmal die organische Einheit bei den Thieren aufgchohen wurde, dann auch der Unter- schied beider Organismen derart diffcrirc, dass es anniaassend sei, von jenem auf diesen zu schliessen. Thierversuclic konnten und sollten indcss recht wohl als Erliiuteriing benutzt wcrdcn, seien aber oft so angcstellt, dam ein Witzigcr auszuspreclicn wagte, dass die Physiologie die Grimassen sci, die cin Frosch schncidct, wen11 man ihn auf die Foltcrbank spannt.

Die Ergebnisse allcr physiologischen Forscliungcn gingen griiss- tentheils in chemische und physikalische Formbesclireibung auf; von ciiier organischcn Lrbeiislchrc, die dassclbc ungetheilt, einhcit-

In den ersten aeht Briefen wird iiber Physiologie, Zeugun

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206 Literatur.

lich in Blnt-, Nerven- und Gewebeleben mit allen seinen Offen- barungen, werdenden und gewordenen, seinen Bedingungen, den nebenlaufenden chemischen und physikalisehen Processen und den Abwiirfen erfasst und dargestellt, ist bisher noch keine Spur vor- handen. Zu soleh' einem Baue ist noch nicht einmal der Brnnd gelegt, wenn Andere auch schon die Kuppel zu sehen glauben!

Wir wollen glauben, dass eine derartige Kritik der bisherigen Bestrebungen, die Lebenserscheinungen zu erkliiren, in ihrem refor- matorischen Eifer hin und wieder zu weit gehe, halten indcss eine solche Reaction, .gegeniiber mancher Einseitigkeit und der vulgaren Art, in welcher in neuester Zeit auch diescr Zweig der Naturwisscn- schaft hin und wieder behandelt wird, FLir heilsam.

Wir ubergehen hier den vorwiegend medicinischen Inhalt von vier Briefen und bemerken, dass der Verf. am Schlusse des achten Briefes den Begriff der ,wahren Wissenschaft" aus den Axiomen construirt, welche in dem bisher abgehandelten aufgestellt worden smd.

DeP zweite ,,positive" Theil giebt in zwolf Briefen eine Dar- stellung dcs homoopathischen Heilgesetzes und wenn es auch nicht direct ausgcsprochen wird, so geht doch aus den Gegensatzen, welche hier in Riickblick auf den ersten ,,negativexi' Theil hervorgehohen worden, doch unschwer hervor, dass der Verf. in dem homoopathi- schen Heilgesetz ,,die wahre Wissenschaft' gefunden zu haben glaubt. Wir mochten nicht gern als Kampe in der jetzt fast ein halbes Jahrhundcrt lang bereits gefuhrten Fehde dariiber, ob jenes Heil- gesetz ein wahres Gesetz oder nur ein Hirngespinnst sei, auftreten, zudcm scheint uns das Archiv des Apotheker-Vereins fur eine solche Polemik nicht geeignet, wir fuhlen uns jedoch bcwogen, hier den neunzehntcn Brief, welcher dem Selbstdispensircn der I-Iomoopathen unbedingt das Wort redet, der gewissenhafteu Aufmerksamkeit des pharmaceutischen Publicums zu empfehlen. Iler Verf. nennt das Selbstdispensiren der Homoopathen sehr bezeichnend ,den goldnen Apfel, den die Gottin bald nach dem Entstehen der Homoopathie in die Versammlung der Homoopathen, Alloopathen und Apotheker' geworfen" und meint, ,,class die Zeit gebiete, dass er nicht weiter rolle, dass cr vielmehr zu eincr Vertrauen erweckenden Miinze geprlgt wiirde, die uns die Wiedergeburt der leidenden Mcnsehheit verburgt.' Wir haben zwar in diesem Briefe keincn Gebichtspunct gefunden, welchen die Beforderer des Selbstdispensirens der Homoo- pathen nicht schon vorher wiederholt ins Auge gefasst und die Gegner desselben nicht mehr oder weniger siegreich widerlegt hiit- ten, aber wir sind der Meinung, dass dcm ilpothekerstande nicht oft uud eindringlich genug die Gefahr vor Augen gefuhrt werden konne, welche demselbcn von dieser Seite stets d i ~ h t und drohen wird, so lange es nicht gelungen ist, diesem Stande durchgehends die Stellung im Staate zu vindiciren, welche dcmselben seincr jetzi- gen Ehtwickelung nach gebiihrt und schliessen unser Referat mit dem Wunsehe, dass dies Ziel ein nicht mehr zu fernes sein moge.

H.