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Nr. 2 2002 Info-Magazin für junge Journalisten Hanns-Seidel-Stiftung eV Schwerpunkt Musik

Die Werkstatt: 2 / 2002: Schwerpunkt Musik · 2009-05-14 · Star Wars (John Williams), Conan The Barbarian (Basil Poledouris), Krull (James Horner), Henry V (Patrick Doyle), Once

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Nr. 2 2002

Info-Magazinfür junge Journalisten Hanns-Seidel-Stiftung eV

SchwerpunktMusik

2 Werkstatt/Musik

Filmharmonien in Gold und SilberErinnerungen an eine vernächlässigte Kunst 4

Musik in Buchform25 Jahre Augsburger Domsingknaben 9

Ausgetretene Pfade verlassenSendestart Radio Galaxy 10

Musikalische OrientierungshilfeInterview mit Musikberater Olaf Weitzl 12Hip Hop als LebenselexierVom unabhängigen Untergrund zum kommerziellen Mainstream 14

Von disco bis VivaEin Abriss von Musiksendungen im Fernsehen 16

Ich bin so schön, ich bin so tollDas Phänomen der Wies’n Hits 19

Revolution in der HosentascheMP3-Player finden reißenden Absatz 20

Mit Tontrauben ins NirgendwoMusik von György Ligeti in Stanley Kubricks 2001 22

Edelhölzer, Chrome, Charme und etwas BluesKleiner Gitarrenladen mit internationaler Kundschaft 26Musik aus dem NetzMP3 und die Kopierwut der Anwender 30

Schwerpunktthema

Werkstatt/Musik 3

Alle Schönheit muss in einer Geige steckenWillibald Buchner gilt als Perfektionist 32Von der Muse geküsstPfeifen auf Schaufelraddampfer 34Hit Music Only – von Tahiti bis zum TegernseeInteressen zusammenbringen 36

Eigentlich eine KriegswaffeDudelsäcke aus Schottland 38

Musik gegen das VergessenSiegertsbrunner helfen Tschernobyl-Opfern 39

Nachwuchs großzügig fördernLfA Förderbank unterstützt Musikereignisse 40Musik vom ReißbrettErfolg herangecasteter Gruppen 42Talentschmiede für junge LiedermacherInterview mit Prof. Hans-Peter Niedermeier 44Die coolste Boygroup der WeltDer Windsbacher Knabenchor 47

Musik aus dem Computer Software von Steinberg 48

Zielgruppe abdeckenMusikformate im Radio 50

Impressum

Herausgeber:Hanns-Seidel-Stiftung e.V.Prof. Hans-Peter Niedermeier (verantwortlich)Redaktionsassistenz: Roswitha WeißInternet: www.hss.de

Redaktionsanschrift:Postfach 1908 4680608 München

Layout und Satz: Matthias J. LangeTitelfoto: BR/SessnerAuflage: 4000

Textvervielfältigungen gegen Belegex-emplar erlaubt. Vor Übernahme von Fo-tos zur Abklärung des Urheberrechtesbitte auf jeden Fall Rücksprache mit derWerkstatt-Redaktion (Telefon 089/1258-272) nehmen.

Mit Namen des Verfassers gekennzeich-nete Artikel geben nicht unbedingt dieMeinung der Redaktion wieder.

Druck:Stiehl Druck GmbHKolpingring 882041 Oberhaching

„Der Umwelt zuliebe“ -Die Werkstatt wird aufsäure- und chlorfreiem Pa-pier gedruckt (Infoteil:Recyclingpapier).

In der nächstenWerkstatt lautetdas Schwer-punktthema

„Osteuropa“...............52

Ausblick

Zur 74. Verleihung der Aca-demy Awards, im VolksmundOscars genannt, geben sich

heute wie jedes Jahr große Namenin Hollywood ein Stelldichein.Schauspieler, Regisseure und Pro-duzenten, die die ganze Weltkennt. Bereits einer Traditionfolgend vergisst das Publi-kum dabei abermals jene, diedurch ihr Schaffen den Filmzum tief empfundenen Erleb-nis machen: die Filmkompo-nisten.

Ohne Musik, die untermalt, in-terpretiert, strukturiert undverbindet, bleibt Film nur eineFolge von tausenden von Ein-zelbildern. Erst durch das mu-sikalische Medium vermag dieBilderflut ihre Wirkung im Zu-schauer zu entfalten. Zumeistgeht dies so subtil vor sich, dassdie Original-Filmmusik alsForm des musikalischen Aus-drucks vom Großteil der Kino-besucher unbemerkt bleibt. Dasist kein Widerspruch, denn ambesten wirkt Filmmusik, wennsie vom Publikum nicht bewusstwahrgenommen wird. Unddarin erfüllt sich zugleich ihrSchicksal als eine oft unbe-merkte Kunst.

Es gibt allerdings Ausnahmen: Istein Film an der Kinokasse sehr erfolg-reich, finden sich auch die passendenCDs in großer Stückzahl in denShops. Das trifft ebenso auf alle fünffür den diesjährigen Oscar nominier-

ten Kompositionen zu. Ein anerkann-ter Meister seines Fachs ist John Wil-liams. Mit insgesamt 41 Oscar-Nomi-nierungen ist er die am meisten füreine Auszeichnung vorgeschlagenenoch lebende Person. In diesem Jahr

4 Werkstatt/Musik

FFilmharmonien ilmharmonien in Gold und Silberin Gold und Silber

Erinnerungen an eine vernachlässigte Kunst

von Heiko Mergard

Vier zeitgenössische Filmkomponisten und drei Komponistengenerationen (v.l.n.r.):Jerry Goldsmith, Mark Isham, David Newman und Marco Beltrami. Bilder mitfreundlicher Genehmigung von GNP Crescendo und MFTM; Collage: Mergard

ist Williams gleich zweimal in derAuswahl vertreten, mit seiner Musikfür A.I. – Artificial Intelligence undfür Harry Potter and the Philoso-pher's Stone. Ebenfalls nominiert sindHoward Shore für den ersten Teil desFantasy-Epos The Lord of the Rings:Fellowship of the Ring sowie JamesHorner für den ÜberraschungserfolgA Beautiful Mind und Randy New-man für den digitalen Spaß rund umdie Monster AG. Enttäuschend ist je-

doch, dass Elliot Gol-denthal mit seinerKomposition zu FinalFantasy: The SpiritsWithin unberücksich-tigt blieb. Ob diese Ent-scheidung damit zu-sammenhängt, dass derFilm an der Kinokasse floppte, sei ein-mal dahingestellt.

Im Falle eines wenig erfolgreichenoder gar unbekannten Films kommt

es nicht selten vor, dass die entspre-chende Musik – und sei sie auch nochso hochwertig – gar nicht veröffent-licht wird. Und finden sich eines Ta-

ges Liebhaber, die das finanzi-elle Risiko nicht scheuen undsich die Rechte für eine Veröf-fentlichung sichern konnten,dann erscheinen die CDs meistnur in limitierten Auflagenzwischen 500 und 3000 Stück.Zu diesen Liebhabern gehörenbeispielsweise auch die Produ-zenten des Fachmagazins FilmScore Monthly (www.filmscoremonthly.com) um LukasKendall. Unter ihrem eigenenLabel veröffentlichen sie meistältere und verschollen ge-glaubte Filmmusiken. Gleichesgilt für den Belgier Luc Van deVen und dessen MagazinSoundtrack! sowie sein LabelPrometheus Records.

Auch Promo-CDs sind nichtselten. Dabei handelt es sichmeist um von den Komponis-ten selbst produzierte Aufla-gen, die nur direkt oder überden Fachhandel, wie etwa denSoundtrack Club (www.soundtrack-club.de), vertrie-

Werkstatt/Musik 5

Drei der wichtigsten Fachmagazine zur Filmmusik:Music from the Movies, Film Score Monthly und Soundtrack! – naturgemäß in englischer Sprache.

Auch Elmer Bernstein, Komponist zum Beispiel von Die Glor-reichen Sieben, ist im World Wide Web vertreten (www.elmer-bernstein.com).

Das Team von Film Score Monthly rund um den Verleger und Produzenten LukasKendall informiert über die Filmmusikszene und macht verschollene Kompositio-nen wieder zugänglich (www.filmscoremonthly.com).

ben werden. Einige Komponisten wieder Engländer John Scott (JOS Re-cords) haben sogar ihr eigenes kleinesLabel gegründet. Bei seltenen Film-musiken blüht natürlich auch derHandel mit Bootlegs, minderwerti-gen Raubkopien, die für horrendeSummen unter der Hand ver-trieben werden undzugleich

die Marktchancen für offizielle High-Quality-CDs verringern und das fi-nanzielle Risiko vergößern.

Das Faszinosum Filmmusik um-fasst prinzipiell jedwede Form vonMusik, die der Menschheit bekanntist. Denn im Film findet sich auch fastjedwede Form menschlichen Zusam-menlebens porträtiert – und demträgt die Filmmusik Rechnung. Dabeihandelt es sich jedoch nicht um einenGenre-, sondern um einen Funkti-onsbegriff. Filmmusik steht alsozugleich für etwa Jazziges, Sym-phonisches, Elektro-nisches oder Ge-sangliches. Ent-scheidend ist, dassdie Musik eigensfür einen spezifi-schen Film kom-poniert wirdund mit Be-dacht auf ihreWirkkraftzum Einsatzkommt.Spricht manjedochnicht vonFilmmu-sik imengerenSinne,

sondern erweitert den Fokus,dann kann jede Musik zur Film-musik werden, sofern sie inKombination mit einer Filmse-quenz funktioniert. Eines derbekanntesten Beispiele ist derFilm 2001 – A Space Odysseyvon Stanley Kubrick. Zunächstsah der Regisseur den versier-ten Alex North für die musika-lische Ausgestaltung des Filmsvor. Dessen ausgefeilte Kom-position erschien Kubrick amEnde jedoch nicht mehr pas-send für seine ästhetische Spa-ce-Opera. Und so entschied ersich, klassische Stücke von Jo-hann und Richard Strauss so-wie von Györgi Ligeti zu ver-wenden. Komponistenkolle-gen von North wie Jerry Gold-smith bezeichneten das Verfah-ren zwar als glatte Fehlent-scheidung, doch bleiben jedemKinobesucher gerade die Szenenunvergesslich, in denen LigetisA-capella-Tonalitäten demaußerirdischen Monolithen eingeheimnisvoll-bedrohliches Le-

ben einhauchen. Späte Ehre für North:Erst mehr als 30 Jahre nach 2001 –Odyssee im Weltraum veröffentlichtVarèse Sarabande unter dem Dirigatvon Goldsmith die ursprüngliche Ori-ginalkomposition auf CD.

Dabei ist die Geschichte der Film-musik ebenso alt wie der Film selbst.In Stummfilmen übertönte die Musiknicht nur den Projektorenlärm, son-dern bewirkte zugleich die Verleben-digung der geisterhaften Bilder.Außerdem schaffte sie den Zusam-menhang einzelner Sequenzen,

6 Werkstatt/Musik

Eigentlich auf Musiken für Science-Fiction-Serien spezialisiert, gelang GNP Cres-cendo mit Bless the Child die erfolgreiche Veröffentlichung eines kraftvoll-sakra-len Werkes (www.gnpcrescendo.com).

Zahlreiche Informationen über einen der einfluss-reichsten Filmkomponisten bietet die BernardHerrmann Society im Internet (www.uib.no/herr-mann).

erzeugte mehr Tiefe und eröff-nete die dritte Dimension deszweidimensionalen Bildes imZuschauer selbst, im Gefühl.Die erste Filmmusik überhauptwurde am 28. November 1895im Rahmen einer Aufführungder Brüder Lumiére in Pariseingespielt. Es handelte sichzunächst um eine simple Kla-vierbegleitung, die später, imLondon des Jahres 1896, zumvollen Orchestereinsatz führte.Bei der Musik des ersten kom-merziellen Kinos handelt essich jedoch meist um Standardsder klassischen und derCaféhausmusik. Erstmals schufein Komponist 1908 eine spezi-elle Partitur für einen Film, undzwar Camille Saint-Saëns zuL'Assassinat du Duc de Guise.Dieses Opus 128 blieb jedochweiterhin eine Ausnahme.Großer Popularität erfreutensich Kinothek-Musiken, die et-wa Giuseppe Becce, Komponistvon Das Cabinet des Dr. Cali-gari (1920), zusammenstellte. DieseKataloge beinhalteten Einzelthemenfür bestimmte Gefühle und Szenen,die klassischen Kompositionen ent-lehnt waren. Eine der bedeutendstenfrühen Originalkompositionen für ei-nen Stummfilm ist hingegen EdmundMeisels Musik zu Panzerkreuzer Po-

temkin (1925). Sie ist keine bloße Be-gleitung, sondern fester Bestandteildes filmischen Geschehens und spie-gelt auf kraftvoll-perkussionistischeArt die militaristische Struktur desFilmstreifens wider.

Der Tonfilm bedient sich in derzweiten Hälfte der 20-er Jahre vor al-

lem Musical-Nummern. Als Beispielmag der Film The Jazz Singer mit AlJolson dienen. Ton und Musik sindhier meist bloße Effekthascherei in ei-nem Film ohne überzeugende Dra-maturgie. Die Rolle der Musik imFilm ist zu dieser Zeit kaum einheit-lich definiert, ihre funktionellen Mög-lichkeiten werden kaum erkannt. Inden 30-er Jahren betreten einigeklassische Komponisten die Filmmu-sik-Bühne. Zu ihnen zählen etwaPaul Hindemith, Friedrich Hollän-der, Arthur Bliss, Sergej Prokofiev,Dimitri Schostakovich, William Wal-ton, Arnold Schönberg, Georges Au-ric und Maurice Jaubert. Die Film-musik verlangt ihnen jedoch zu sehrdie Selbstbescheidung im Dienst desFilmes ab. Denn Musik im Film erfor-dert vom Komponisten, sich knappund präzise auszudrücken. Damit istsie durchaus mit dem Journalismusvergleichbar. Das künstlerische Egodarf nicht zwischen Werk und Wir-kung, Arbeit und Zweck treten.

Die bekanntesten Filmkomponis-ten haben meist eine klassisch-musi-kalische Ausbildung genossen, zuderen Fächern neben Kompositionund Orchestrierung auch individuel-le Instrumente gehörten. Max Stei-ner, Erich Wolfgang Korngold, Al-fred Newman, Bernard Herrmann,Elmer Bernstein, Jerry Goldsmith,

Werkstatt/Musik 7

Der diesjährige Oscar für die beste Originalkomposition geht an Howard Shore. Der Filmkomponist ist bereits für die nächsten beiden Teile der Tolkien-Trilogie verpflichtet. Collagen: Mergard

Zum 20-jährigen Jubiläum des Films Tron veröffentlicht Disney die restaurierte Ori-ginalmusik der Elektronikvirtuosin Wendy Carlos erstmals auf CD.

John Williams, James Horner und El-liot Goldenthal sind zwar nur weni-ge, aber umso wichtigere Beispiele.Doch auch Quereinsteiger gibt es, diesich zunächst etwa Popmusik, Jazzoder elektronischer Musik widmeten,bevor sie zur Filmmusik kamen. Alsanschauliche Exempel mögen MarkIsham, Christopher Franke und Stewart Copeland dienen.

Musikkritiker äußern sich – wennüberhaupt – nicht selten geringschät-zend über die Musik im Film und be-werten die deutlich freier agierendeKonzertmusik höher. Auch Film-komponisten sind allerdings zu

Höchstleistun-gen in der Lage,und das unterextremschwierigenBedingun-gen, diesich zumBeispielauf-grundfinan-ziel-ler

und zeitli-cher Einschrän-kungen sowie ausder Diktatur derBilder ergeben. Sogebührt besonde-re Ehre Komposi-tionen, die zu-gleich eine film-dramatische undeigenständigeQualität aufwei-sen.

Die folgendeAuswahl mag zu-gleich als Empfeh-lung für Filmmu-sik-Interessiertedienen: North ByNorthwest (Ber-nard Herrmann),Land Of The Pha-raohs (DimitriTiomkin), Ivan-hoe (MiklosRozsa), The Omen(Jerry Goldsmith),

Star Wars (John Williams), Conan TheBarbarian (Basil Poledouris), Krull(James Horner), Henry V (PatrickDoyle), Once Upon A Time In TheWest (Ennio Morricone), The Lion InWinter (John Barry), The Man WithThe Golden Arm (Elmer Bernstein),Altered States (John Corigliano), Nos-feratu (Hans Erdmann), The Piano(Michael Nyman), Exodus (ErnestGold), King Kong (Max Steiner), Cut-throat Island (John Debney).

Filmmusik hat sich inzwischen soweit durchgesetzt, dass kaum ein Me-dium der Bewegtbilder ohne sie aus-kommt. Musik wird regelmäßig ein-gesetzt für TV-Serien, Reportagenund Dokumentationen, Werbeclipsund sogar auf Wahlverantaltungen.Selbst Computerspiele und Romaneerhalten heute ihre eigenen Sound-tracks. Mit Filmmusik im engerenSinne hat das freilich nichts mehr zutun, doch das Bedürfnis des Men-schen nach einer musikalischen Um-mantelung sowie zugleich die mani-pulative Suggestivkraft der Musikwerden hier deutlich.

Krankte der Filmmusikeinsatzfrüher nicht zuletzt auch daran, dassFilme zu sehr in Musik schwammen,entwickeln wir uns heute gesell-schaftlich zu diesem Punkt zurück.Kaum betreten wir die Straße, einRestaurant, ein Kino – überall dröh-nen uns Musik und Sounddesign ent-gegen. Große Komponisten der Film-musik legen mehr Wert auf Wirkungdenn auf akustische Omnipräsenz.Und oftmals erzielt der Gebrauch vonStille durchaus eine lautere Wirkungals tönende Orchester. Und so findensich auch im Film The Lord of theRings mit der Oscar-honorierten Mu-sik von Howard Shore zuweilen Mo-mente der Ruhe.

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Erich Wolfgang Korngold war einerder großen Komponisten aus Holly-woods Goldener Ära.

Foto: Courtesy of Film Score Monthly

Eine Auswahl von empfehlenswerten Filmmusiken: Die Omen-Trilogie, Ben Hur, The Lion inWinter, Prospero´s Books.

Wer glaubt, dass ein Vier-teljahrhundert nicht wertist, gebührend gefeiert zu

werden, der wird von den Augs-burger Domsingknaben eines Bes-seren belehrt. In den zurückliegen-den 25 Jahren haben die Goldkehl-chen Erfolgsgeschichte geschrieben.Zuletzt wurde der Spitzenchor voninternationalem Rang mit demHauptpreis der Bayerischen Volks-stiftung 2001 ausgezeichnet. Einabwechslungsreicher Bildband er-zählt die interessante Geschichtedes Knaben- und Männerchores. Erist im Auer Verlag erschienen.

Eine Chronik will in Bildern er-zählt werden. Und so ließenVerlag und Verfasser vorallem das zurückliegendeVierteljahrhundert invielen gelungenen Fo-tos Revue passieren.Zahlreiche Aufnah-men stammen von An-ton Fuchs. Im Vorder-grund stehen, wie soll-te es auch anders sein,die Augsburger Dom-singknaben und Dom-kapellmeister ReinhardKammler. Die Burschensind in ihrer Alltagsklei-dung, im Chorgewand (Al-

tardienern gleich) oder in schwäbi-scher Tracht zu sehen. Das Haus St.Ambrosius, wo der Domchor einefeste Bleibe hat, darf ebenso wenigfehlen, wie die zahllosen Auftritte der„musikalischen Sonntagskinder“ aufder ganzen Welt. Bekannte Gesichterfallen auf: Papst Johannes Paul II., dieAugsburger Oberhirten oder auchEx-Bundesfinanzminister TheoWaigel. Die entsprechenden Textegeben Einblick in die AugsburgerDommusikgeschichte, in das Le-ben eines Domsingknaben, ver-binden Vergangenheit und Ge-genwart und fügen sich harmonischin den gut aufgegliederten Ju-

biläumsband ein. Es handeltsich nun wirklich nicht um ei-

ne Festschrift im eigent-lichen Sinne.

Freilich ist die Ge-schichte skizziert. Dochist es dem Verfasser ge-lungen, pfiffig, kurzund prägnant Essaysfür Liebhaber der Mu-sik, Freunde und För-derer der AugsburgerDomsingknaben, Bis-

tumsangehörige undInteressenten gleicher-

maßen zu erstellen. DerBand eignet sich als Werbe-

material genauso gut wie als

Mitbringsel von ei-nem Konzert des Spitzen-chors. Es ist eine wahre Freude, denSängern zuzuhören. Es ist eine wah-re Freude, dieses umfangreiche Buchdurchzublättern.

Eine Auflistung der Engagementsdes Spitzenchores, der Tonproduk-tionen und der CD-Produktionenrundet das Werk ab. Ein Stück Augs-burger Geschichte ist auf originelleWeise in Buchform erhältlich.

Miller, Franz R.: Musikalische Sonn-tagskinder. Die Augsburger Dom-singknaben. Auer Verlag. Donau-wörth, 2001. 128 Seiten. ISBN 3-403-03562-X

Werkstatt/Musik 9

Musik in BucMusik in Buchformhform

25 Jahre Augsburger Domsingknaben

von Wolfgang Rotzsche

Aus dem Zimmer seines Teen-agersohnes dröhnt lautePopmusik, da fragt der BR-

Hörfunkdirektor Thomas Gruberdann doch nach, welchen Senderder Sohn denn gerade hört. „Ichhöre VIVA“, lautet dessen Ant-wort. Das hat den radiomachendenVater so erschreckt, dass er diesesErlebnis auf den Medientagen1999 im Rahmen eines Workshopszu Jugendradios schilderte. Undsein Sohn ist keine Ausnahme: dieJugend hört immer weniger Radiound auch weniger als der Bevölke-rungsdurchschnitt.

Das zeigen verschiedene Studien wiebeispielsweise die Media Analyse.Seit 1993 ist demnach die Einschalt-quote bei den 14 bis 19-Jährigen um 2,3 Prozent zurückgegangen und siehören auch nur 144 Minuten lang täg-lich Radio im Gegensatz zu 220 Mi-nuten im Bevölkerungsdurchschnitt.Das beunruhigt natürlich viele Ra-diomacher. Aber noch beunruhigen-der ist für sie, dass die jungen Leuteauch im fortgeschrittenen Alter nichtmehr zum Radio finden. Nach demMotto: Was Hänschen nicht lernt,lernt Hans nimmermehr.

Dagegen soll jetzt Radio Galaxy ab-helfen. Zumindest erhofft sich das derMedienrat der Bayerischen Landes-

zentrale für neue Medien, der dasneue Jugendradio im Dezember 1997genehmigt hat. Lange Zeit war Ga-laxy vorwiegend in den bayerischenKabelnetzen, im Internet und viaDAB zu empfangen. Das Jugendradiosoll nun aber zunehmend als UKW-

Programm an Einfrequenzstandor-ten, also an Orten mit nur einem lo-kalen Sender, zur Alternative für dieJugendlichen werden.

Den UKW-Auftakt machte Galaxyim Dezember 2000 in Aschaffenburgauf der Frequenz 91,6. Am 11. Sep-tember 2001 sind dann weitere Sen-der an den Start gegangen und zwarin Kempten (88,1), Landshut (99,8),Bamberg (104,7) und Rosenheim(106,6). Langfristig soll das Pro-gramm in 15 bis 19 bayerischen Ort-schaften ausgestrahlt werden.

Dabei liefert die Redaktion von Ra-dio Galaxy in Regensburg das Man-telprogramm an die einzelnen Stand-orte und diese senden in der Zeit von15 bis 19 Uhr ein eigenes lokales Pro-gramm. Diese lokalen Sendestundenlaufen dann unter „Galaxy p.m.“.Dass Radio Galaxy bei der angestreb-ten 14 bis 26-jährigen Zielgruppe Er-folg haben wird, davon geht der As-sistent der Geschäftsführung, TillCoenen, aus. Er sieht die VideosenderVIVA und MTV nicht als Konkur-renz, „Radio Galaxy ist eine Alterna-tive dazu“. Die ersten Zahlen spre-chen auch durchaus dafür. Bei derFunkanalyse 2001, die nur wenigeWochen nach dem Sendestart inAschaffenburg durchgeführt wurde,konnte Radio Galaxy auf Anhieb 4,1 Prozent Reichweite erzielen.

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AAusgetrusgetretene Pfade etene Pfade vverlassenerlassen

Sendestart Radio Galaxy

von Manuela Olhausen

Damit das auchan den anderen Standortenklappt, hat Galaxy lange am Konzeptgefeilt. „Jung und frech“ soll das Pro-gramm klingen. Dafür wurden dieModeratoren, allesamt mit 16 bis 20Jahren mitten im Alter der Zielgrup-pe, ein halbes Jahr lang geschult. De-ren junges Alter sei immens wichtig,denn sie würden „mit dem Publikumleben“ oder wie es bei den Galaxy-Machern heißt: „Live with the audi-ence“. Dadurch könnten sie Ideenund Themen aus ihrem direkten Um-feld einbringen und würden den Ka-pitalfehler, die falsche „Kid-Sprache“ zu verwenden, nichtbegehen, klärt Coenen auf. Beiden Nachrichten greift der Jugendsender aber auf Altbe-währtes zurück. Diese über-nimmt er von der BLR in Mün-chen, die auch schon zahlreichealteingesessene Sender in Bay-ern beliefert.

Das Herzstück des Pro-gramms aber ist die Musik. Des-halb gilt die Faustregel: „Nietrockene Wortbeiträge“. AlsoMusik während der Nachrich-ten, Musik während der Beiträ-ge und Musik während der Mo-deration. Dementsprechendwichtig ist auch das Musikfor-mat für Radio Galaxy. Das istjetzt ein young CHR geworden– dancelastige Musiktitel, diestark an den Hitparaden orien-tiert sind. Beim Hören solle mandas Gefühl bekommen, mittan-zen zu wollen, beschreibt Coe-nen das Musikprogramm. Ei-

gentlich hatten sie vor, Techno-Musikzu spielen, doch das haben

die Galaxy-Ma-cher auf-

gege-ben. Da-

mit lässtsich nicht

die breiteMasse der

jungen Leu-te erreichen,

war ihreFeststellung:

„In Landshutgibt es eben

keinen Marktfür Techno“. Ge-

nerell ist es aberdas Ziel von Radio

Galaxy, die ausge-tretenen Pfade zu

verlassen und neueWege in der Pro-

grammgestaltung zugehen.

Deshalb wollen sie auch nicht vonanderen Jugendsendern wie „XXL“vom HR oder „bigfm“ in Baden-Württemberg abkupfern, sondern ei-ne „Marke, die aus sich selbst rausentsteht“ kreieren, erläutert Coenen.Ob sie damit auch wirklich die Kidsvom Fernsehen weglocken können,das werden aber erst die nächstenUmfragen zeigen.

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Im Funkhaus Regensburg geht Galaxy auf Sendung. Foto: Funkhaus Regensburg

radio-galaxy.deRadio Galaxy im Internet

Auch im Web tanzt das Galaxy-Babe: Unter www.radio-galaxy.de treffen sich die Galaxy-Hörer zum Flirt in den regionalenChat-Räumen, schicken sich „ab-gespacte“ virtuelle Grußkarten,diskutieren im Feedback-Forumoder voten für ihre persönlichenLieblingssongs in den Galaxy-Webcharts. Die Galaxy-Modera-toren beantworten außerdem jedeE-Mail persönlich, die sie über dieWebsite erreicht.

Radio Galaxy technische Reichweite

Mit seinen derzeit 6 UKW-Fre-quenzen kann Radio Galaxy inBayern über 800 000 Personen er-reichen. Mit den geplanten weite-ren sechs Standorten steigt dietechnische Reichweite auf über 1,2Mio. Rund 1,5 Mio. können RadioGalaxy bereits in zahlreichenbayerischen Ballungsgebietenüber eine der rund 170 Kabelfre-quenzen empfangen. Aufgrundder noch geringen Verbreitungvon DAB-Endgeräten liegen hiernoch keine Reichweiten vor.

Werkstatt/Musik

Man kann nichts verkaufen,was nicht gut aussieht ... undwas nicht gut klingt. Früher

reichte oft eine nette Verpackung in denknalligen Modefarben aus, um einenKaufanreiz bei dem Kunden auszulösen.Heute genügt das allein nicht mehr. Soversuchen die Unternehmen jetzt alleSinne des potenziellen Kunden für ihrProdukt zu sensibilisieren. Neben derOptik ist die akustische Verpackungmaßgeblich am Erfolg eines Produktesbeteiligt. Damit das gelingt, holen sichdie Firmen Verstärkung von so genann-ten Musikberatern, wie Olaf Weitzl.Die Werkstatt sprach mit dem 48jähri-gen Head Of Music und Gesellschafterim Hastings Audio Network. Weitzl istKomponist und Musikregisseur von di-versen ADC preisgekrönten Werbespots(Telekom, Miele etc.) Zu seinen Kundengehören renommierte Werbeagenturenwie Springer&Jacoby, Jung von Matt,Scholz&Friends u.v.a. Das Interviewführte Bettina Busch.

Als Musikberater ist man ja ständig aufder Suche nach dem perfekten Sound.Sicherlich besitzen Sie eine riesigeSchallplattensammlung, in der Sie denganzen Tag lang nach tollen Aufnah-men stöbern. Sieht so Ihr aufreiben-der Arbeitsalltag aus?Nein. Dafür gibt es Repertoire-Fach-leute, die wir in Beratungsprozesse

mit einbeziehen. Ichsehe meine Aufgabeeher in der Diagnoseeines Kundenpro-blems, und der Syste-matisierung des wei-teren Vorgehens.

Wofür braucht manMenschen wie Sie?Und was können Mu-sikberater besser alsandere?Stellen Sie sich eine Jeanswerbung vor.Mit der falschen Mu-sik – so schön sie einEntscheider auch finden mag – kannman kostbares Markenimage rampo-nieren. Funktionale Musik ist einemotionalisierendes Tool. Eigentlichselbstverständlich, dass Art und Do-sierung dieses Tools sorgfältiger undkompetenter Auseinandersetzungbedarf. Bei der Vielfalt an parallelenSzenen innerhalb der Jugendkultur,kann man schließlich leicht denÜberblick verlieren, und seinSteckenpferd in gutem Glauben ander Zielgruppe vorbeireiten. Je fun-dierter die getroffenen Entscheidun-gen sind, umso besser. Wir bieten Orientierungshilfe, indem wir helfen,das Objektivierbare klar vom Ge-schmacklichen zu trennen. Das rela-

tiviert Wunschdenken und hilft klü-ger zu entscheiden.

Wer nimmt Ihre Hilfe in Anspruch?Wer sind Ihre Kunden beziehungs-weise Auftraggeber?Wir arbeiten im Hastings Audio Net-work als full service AudioDienstleister mit den meisten großenWerbeagenturen Deutschlands undder Schweiz zusammen. Vor allemdie großen Agenturen nutzen immerhäufiger externen Sachverstand, umsich im Spannungsfeld Musikpro-duktion, -konzeption und -lizensie-rung kompetenter ihren Kunden gegenüber zu positionieren. Im Mu-sikrechte-Dschungel warten viele

Fallgruben auf denjenigen, derunbeschwert gegen Urheber-und Leistungsschutzrechteverstößt. Das kann richtig teuerwerden. Trotz allgemeinerKonjunkturflaute konnten wirunser Geschäftsfeld Music-Re-search&Consulting ausbauen.Möglicherweise hängt das mitder Notwendigkeit zusammen,in Zeiten knappen Geldes ver-meidbare Kosten gar nicht erstentstehen zu lassen.

Woher nehmen Sie Ihre Ideen?Gibt es ein Patentrezept für diepassende Musik? Gibt es zum Glück nicht. Sonstwäre die Nachfrage nach unse-rer Dienstleistung geringer. ImErnst: Die jahrelange Erfahrungim dramaturgischen Bereich alsFilmmusik-Komponist hilftenorm, konzeptionelle Alter-nativen zu entwickeln. Manch-

12 Werkstatt/Musik

„Wir arbeiten im Hastings Audio Network als full service Audio Dienstleister mitden meisten großen Werbeagenturen in Deutschland und der Schweiz.“

MusikaliscMusikalische Orientierungshilfehe Orientierungshilfe

In terIn ter v iev ie ww

mal geht es aber auch um profaneAufgabenstellungen wie: Welche Lie-der gibt es zum Thema Geburtstagund wie klingen die? Wir haben dannimmerhin 62 Lieder gefunden, die ur-heberrechtlich frei benutzbar waren.Auf solchem Repertoire-Fundamentkönnen dann vielfältigere Ideen füreine Jubiläumskampagne wachsen,als wenn man sich auf „Happy Birth-day“ und „Hoch soll er leben“ be-schränkt.

Herr Weitzl, der Musikberater an sichist zugegebenermaßen kein klassi-scher Ausbildungsberuf. Aber wiewird man nun Musikberater? Beginntalles mit jahrelangem Klavierunter-richt oder einem Radiovolontariat?Wie war Ihr Werdegang? In Kurzform: ein Start als autodidak-tischer Gitarrist bei den Pfadfindern,Vertiefung im bildungsbürgerlichenElternhaus, musik-orientiertes Gym-nasium, Banderfahrungen, Studiumvon Komposition und Arrangementan der Musikhochschule Graz, zwan-zig Jahre Erfahrung als freiberuflicherAuftragskomponist in Musikstilenmit vielenCopyrights für alle Medien.

Welche anderen Wege gibt es? Schwer zu sagen. Beraten kann mannur auf einem soliden Fundament.Berufserfahrung in der Musikindus-trie ist sicherlich sehr nützlich. Dazumuss aber noch die Fähigkeit kom-men, fehlende Information schnell zubeschaffen. Ob im Musikantiquariatoder im Internet. Man sollte die Me-chanismen in den Verwertungskettenkennen, und man braucht jede Men-ge Kontakte.

Ein gutes musikali-sches Gehör ist si-cherlich das A undO. Aber welcheFähigkeiten sindaußerdem noch ge-fragt in Ihrem Beruf? Liebe zur Musik al-lein reicht sichernicht. Entscheidendfür den Erfolg sindvor allem Grundtu-genden wie dieFähigkeit zu zu-hören, Erfahrungund Toleranz in derEinschätzung derBedürfnisse des Rat-suchenden, detail-lierte Kenntnis von

Musikproduktion – ob mit live spie-lenden Musikern oder am Rechner.Darüber hinaus sind gute Allgemein-bildung und umfassende musikali-sche Bildung, soziale Kompetenz, far-bige Sprache, Assoziationsvermögenund Mehrsprachigkeit hilfreich.Wenn man darüber hinaus die Wün-sche der Kunden begreift, sie präzisein die Sprache der Komponistenübersetzen kann und außerdem dieKostenkonsequenzen für den Auf-traggeber permanent im Blick hat,hätte man in einem Bewerbungsge-spräch bei uns schon gute Karten.

Mal abgesehen von einigen Ausnah-men, ist für die meisten Musik einebrotlose Kunst. Trifft das auch für denMusikberater zu?Nein. Wenn wir das Mystische in derMusik mal außen vor lassen, könnteman es auch so sehen: Musik ist kei-ne brotlose Kunst, sondern Produkteiner Industrie imStrukturwandel. Eswurde noch nie so vielMusik produziert wieheute. Dass entspre-chend viel Akustik-Müll dabei ist, ist wohlunvermeidlich. Wo ge-hobelt wird, falleneben Späne. Aber gera-de die wachsendeUnübersichtlichkeitim Bereich Musikge-staltung erfordert Na-vigationshilfe für Ent-scheider. ExzellenteRahmenbedingungenalso für diesen neuarti-gen Beruf.

Das fertige Produkt kennt jeder. DieMacher dagegen bleiben meist imHintergrund. Wie erklären Sie sich,dass in der Öffentlichkeit so wenigüber diese Branche bekannt ist? Gute Beratung stellt die Sache in denMittelpunkt, nicht das Ego des Bera-ters. Wir begreifen Musikberatung alsein strategisches Mittel zur Kunden-bindung und Markenentwicklungdes Hastings Audio Networks. So-lang unsere Beratungskompetenz eingutes Image in der Branche hat, ist mirder Bekanntheitsgrad in der Öffent-lichkeit relativ egal.

Wie sehen Sie die Zukunft? WelchePerspektiven zeichnen sich in IhrerBranche künftig ab? Musik als digitalisierbare, über dasInternet vertreibbare Ware ist einemdramatischen Strukturwandel in Pro-duktion und Vertrieb unterworfen.Es ist unübersehbar, dass Musik-Auf-tragsproduktion mittelfristig welt-weit angeboten und nachgefragtwird. Wir bauen jetzt die Strukturenauf, um diesen Wandel aktiv mitge-stalten zu können. Spannende Zeitenhaben wir aber allemal. Und enormeChancen, wenn wir beweglich sind.

Nachdem Sie nun beruflich so viel mitMusik zu tun haben, hören Sie dannüberhaupt noch privat Musik, oder ha-ben Sie Ihr Radio schon längst aus demHaus verbannt? Nein. Ich wähle bewusst aus, denndas Mich-Berieseln-Lassen, habe ichdurch meinen Beruf als Musikberaterverlernt. Meine derzeitige Lieblings-musik spielen übrigens meine Töch-ter und ich auf dem Klavier – vier-händig.

Werkstatt/Musik 13

„Spannende Zeiten haben wir aber allemal. Und enor-me Chancen, wenn wir beweglich sind.“

„Meine derzeitige Lieblingsmusik spielen meineTöchter und ich auf dem Klavier.“

Hip Hop – Ende der 80erJahre noch Subkultur, dau-erte es nur wenige Jahre, bis

die Musikindustrie das Potenzial,das in diesem Genre steckte, fürsich entdeckte. Inzwischen hat sichHip Hop zu einem lukrativen Ge-schäft sowohl für die aktivenKünstler als auch für die Platten-bosse und sonstigen Mitarbeiter imHintergrund entwickelt. Da-bei ist jedoch der eigentlicheSinn Hip Hops, nämlich eineAusdrucksform der sozialenProbleme und ein Mittel, umAnerkennung zu gewinnen,hauptsächlich verloren ge-gangen.

Hip Hop ist die „Bezeichnungfür eine im New Yorker Stadt-teil Bronx entstandene afro-amerikanische Straßenkultur,die vorwiegend von den Ju-gendlichen der hier lebendenfarbigen Bevölkerungsminder-heiten [...] entwickelt wurdeund ihren Ausdruck in Musikebenso wie in entsprechendenTanzformen, in Graffiti und ei-nem charakteristischen Klei-dungsstil fand“ (Der Brockhausmultimedial 2001).

Die farbigen Jugendlichen,die Ende der 60er Jahre in New

York City damit begonnen hatten,dieses heutige Musikgenre als Alter-native zu den vorherrschenden Ban-denkriegen zu nutzen, dachten ver-mutlich nie daran, dass sich der„Hüftschwung“ später zu einer lu-krativen Einnahmequelle entwickelnkönnte. Die Erfinder des Hip Hops,für den es anfangs noch nicht einmaleine Bezeichnung gab, sahen in den

vier Elementen Rap (Sprechgesang),Djing (Musik), Break Dance (Tanz)und Graffiti (Sprühkunst), aus denender Hip Hop seit jeher besteht, dieMöglichkeit, sich ohne Waffen zubekämpfen. Anstatt sich also beiStraßenkämpfen gegenseitig zu ver-letzen, fingen die Gangmitglieder an,ihre Konkurrenten bei so genanntenBattles (Kampf, Schlacht) in den ver-

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Hip Hop als LebenseleHip Hop als Lebenselexierxier

Vom unabhängigen Untergrund zum kommerziellenMainstream

von Alexander Wurst

Der Aufstieg von Rap-Stars wurde auch verfilmt. Hier eine Szene aus Black andWhite. Oli „Power“ Grant (rechts) und sein Freund Corey „Reakwon“ Woods tref-fen auf einer Party Mike Tyson (Mitte). Foto: Columbia

schiedenen Disziplinen zu besiegen.Diese frühe Form des Wettbewerbsuntereinander wird bis heute nochunter den Mitgliedern der Hip-Hop-Szene gerne praktiziert, da, genauwie damals, ein derartiges Turnierden Akteuren die Gelegenheit bietet,ihr Können anderen zu beweisen, eszu perfektionieren und dadurch An-erkennung zu erlangen.

Einige Jahre lang entwickelte sichso diese Subkultur und wurde vonder Gesellschaft nur als Modeer-scheinung belächelt, was sich aller-dings im Jahre 1979 mit der Veröf-fentlichung der ersten kommerziel-len Hip-Hop-Scheibe „Rapper’s Delight“ der Sugarhill Gang schlag-artig änderte. Diese Platte wurde zumRiesenhit, obwohl die Gruppe sämt-liche Texte bei den Battles zusam-mengeklaut hatte, und wurde inner-halb von sechs Wochen mit Doppel-Platin ausgezeichnet. Dadurch ent-deckte die Musikindustrie die bis da-to Randerscheinung „Ghettomusik“für sich und stellte schnell fest, wie vielGeld damit verdient werden konnte.

Besonders in den Vereinigten Staa-ten, dem Mutterland des Hip Hops,hat sich diese Musikart vom Freizeit-vergnügen der Ghetto-Kids zu einemMultimillionen-Dollar-Geschäft ent-wickelt. Große Plattenfirmen inves-tieren etliche Millionen Dollar, umdie neue CD ihres Künstlersausreichend zu promoten.Schließlich soll eine vordereChartposition gesichert wer-den, um aus den Verkaufszah-len wieder einen beträchtlichenGewinn einzufahren. Mittler-weile verdienen sich aber nichtnur Plattenbosse goldene Na-sen, sondern beispielsweiseauch Modedesigner, welchepassende Kleidung für die HipHop-Konsumenten kreieren.Denn die Zielgruppe hat sichinzwischen auch geändert: Wa-ren es anfangs noch farbigeKids, so sind es jetzt in den Staa-ten reiche, weiße Vorstadtkin-der, die sich die neuesten Ver-öffentlichungen kaufen.

Bis Hip Hop über den großenTeich bis nach Europa kam,dauerte es etwa zehn Jahre. Mit-te der 80er entwickelte sich dieerste deutsche Hip-Hop-Szenehauptsächlich wegen der Filme„Wild Style“ und „Beat Street“,in denen sämtliche Elemente

des Hip Hops dar-gestellt wordensind. Allerdingserlangten die er-sten deutschenHip Hopper nurlokalen Bekannt-heitsgrad. Dochmit der Veröffent-lichung von „DieDa!?“ legten dieFantastischenVier den Grund-stein für die Ge-sellschaftsfähig-keit der Jugend-kultur. Daraufhinfolgte die gleicheEntwicklung wiein den USA: DieMusikindustrienahm vielversprechende Rapper un-ter ihre Fittiche, um sie für den kom-merziellen Erfolg zu benutzen.

Wie Jazz, Rock’n’Roll, Soul etc. warHip Hop zu seiner Entstehungszeiteine Reaktion. Sobald aber die Musik-industrie erkannt hatte, dass damitviel Geld zu machen war, verändertesich der Status der „Rebellenmusik“und sie wurde salonfähig gemacht.

Abgesehen davon, dass Hip Hop zueinem Mittel des Kommerzes ver-kommen ist, ist er der Gesellschaft ei-nen Schritt voraus und das ist Tole-

ranz. Denn der Großteil der Hip Hop-per kommt aus den unteren sozialenSchichten, in denen der Äusländer-anteil sehr hoch ist.

Die einzige Chance, dem alltägli-chen Trott oder der Hoffnungslosig-keit zu entfliehen, bietet der Hip Hop,der seit seinem Bestehen als Sprach-rohr für Leid und Misszustände dien-te. Beim gemeinsamen Musizierentreffen die verschiedensten Kultur-kreise aufeinander mit der gleichenLebenseinstellung: Hip Hop als Le-benselexier.

Werkstatt/Musik 15

So sieht es der Film: Eine Gruppe weißer Upperclass-Teenager sind fasziniert vomcoolen Lifestyle der schwarzen Urban Culture. Foto: Columbia

Der Rap-Sänger Ice Cube gab in dem Film Boyz´n theHood sein Debüt als Schauspieler. Foto: Columbia

Wenn Stars wie Peter Alex-ander, Vicco Torriani oderKarel Gott ihre Lieder

klingen ließen, traf sich vomSchulkind bis zur Großmutter al-les, was Ohren hatte, zu hören, vordem heimischen Pantoffelkino.Musiksendungen waren von An-fang an ein zentraler Bestandteildes Mediums Fernsehen – selbst alsdie Kästen noch schwarz-weiß undausschließlich mono ausstrahlten.

Doch spätestens Anfang der 70er Jah-re setzte eine Trennung ein, die bisheute anhält und sich eher noch ver-stärkt: Alt und Jung kämpfte darum,disco oder den Musikantenstadl glot-zen zu können. So war es auch in mei-ner Familie ein harter Kampf, bis ichendlich „disco“ mit Ilja Richter all-wöchentlich ansehen durfte, um halbacht, direkt nach dem gemeinsamenAbendessen. Wie regten sich die El-tern auf, wenn Alice Cooper grell undtotenkopfweiß geschminkt über dieBühne rockte oder Ilja wieder einenseiner harmlosen, selbst getextetenSketche vorführte. Dabei war IljaRichter, immerhin mit den Theater-weihen von Peter Zadek ausgerüstet,ein geradezu idealer Schwiegersohn:ordentliche Locken, weder kurz nochwirklich lang, und immer tadellos ge-kleidet, oft im Smoking und mit Flie-

ge. Brav saß das junge Publikum imStudio, wiegte mit der Föhnwelle imTakt und beklatschte vom deutschenSchlager bis zu Pop aus England undden Staaten alles, was sich auf derBühne regte. Das Ambiente gab sichbetont zeitgemäß mit Plexiglas undPlastik in Orange, was diedamals noch gebräuchli-chen Schwarz-Weiß-Fern-seher als warmen Grautonreflektierten. Die überall imStudio angebrachten Fern-seher erinnerten stark anRaumschiff Orion – viel-leicht war es die gleiche De-ko. Für meine Eltern undviele ihrer Generation wardisco ähnlich weit weg wieRaumschiff Orion, wobeisie besonders beunruhigte,dass es sich eben nicht umSF, sondern die Realität ei-ner eigenen, unverstande-nen Musik-Kultur der Ju-gend handelte.

Später sahen wir dann,weniger behelligt, Formel 1– wer konnte damals schonwissen, was aus Ingolf Lückeinmal werden würde – undverfolgten mit, wie die Live-Auftritte der Stars undSternchen immer seltenerund die Videoclips immer

professioneller wurden. Diese Clipsbestanden anfangs noch aus schlichtabgefilmten Bühnenauftritten derBands. Nach und nach entwickeltensie eigene Stories und vermitteltenmit ihren schnellen Schwenks undkurzen Schnitten eine ganz eigene

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VVon disco bis on disco bis VViivvaa

Ein Abriss von Musiksendungen im Fernsehen

von Lasse Boekholt

Moderatoren sind heute so berühmt wie die mu-sikalischen Stars. Musiksendungen sind derStart für eine Karriere.

Kunstform – die näher an derdamaligen Medienkunst als dereigentlichen Filmkunst war.Diese Innovation in Musik undFilm, die überhaupt zum erstenMal die Mittel des MediumsFernsehen voll ausschöpfte, hatunsere Sehgewohnheiten nach-haltig beeinflusst. Die Bilderpassten sich der Geschwindig-keit der Musik an und – wenigs-tens bei den besten ihrer Art –visualisierten sie die Musik fastvollkommen. Seitdem reicht esnicht mehr aus, einfach nur ei-nen guten Song zu schreibenund zu komponieren, auch derVideoclip muss stimmen. Fürdie Kommerzialisierung derMusikkultur bedeutete dies ei-nen weiteren Schritt, den Kon-sumenten zum Kauf zu reizenund den Vermarktungsprozesszu professionalisieren. Die Ver-fügbarkeit von Musik war jetztweltweit total, auf Livekonzerte kon-nte fast verzichtet werden. Ein letztes,bis heute überlebendes, vielleichtauch schon überlebtes, Refugium anaktueller Musik war der Rockpalastim WDR. Anfangs mussten in der seit1976 ausgestrahlten Sendung nochmeine Eltern Ausgang haben, damitich die lange Nacht mit Chips und Co-la vor der Glotze verbringen durfte,später zogen sie sich nur noch ver-wundert ins Bett zurück. Peter Rüchelund Christian Wagner hatten mitdem Rockpalast ein Format geschaf-

fen, das Livemusik und -atmosphäredirekt ins Wohnzimmer brachte undKünstler zeigte, die nicht oder nochnicht in den Charts zu sehen waren.

Die ganz jungen, die Mittelaltenund die Alten versammelten sich vorder Hitparade im ZDF. Der quirligeSchnellredner Dieter-Thomas Heckkonnte die lange Reihe der ewig glei-chen Schlagerstars mit der Ge-schwindigkeit ankündigen, die ihnengebührte. Augenzwinkernd bedeute-te er so, dass es vollkommen egal war,wer am Schluss auf Platz eins lag und

sein Lied noch einmal in voller Län-ge trällern konnte – denn wer es heu-te nicht schaffte, wurde eine Wochespäter hochgelobt. Mit Uwe Hübnerunterstrich die Hitparade ihre bieder-brave Ernsthaftigkeit und saugte denletzten Schwung aus dem deutschenSchlager – und die Sendung wurdeabgesetzt. Die Zielgruppe wird heu-te kaum mehr bedient, allenfalls kannsie sich noch auf den Grand Prix d’Eu-rovision de la Chansons freuen unddes mühseligen nationalen Auswahl-prozesses. Immerhin konnte der

Schlager noch einmal kurzfris-tig aufholen und wurde samtSchlaghosen aus der Mot-tenkiste der deutschen Fernse-hunterhaltung gezogen. Alssich die Interpreten offen zudem bekannten, was ihre Vor-gänger längst waren, nämlichKarikaturen des Genres, mit Fi-guren wie Guildo Horn undStefan Raab, fand der Schlagerplötzlich wieder neue Zuhörer.Doch er brauchte da schon dietotale Unterstützung der Pri-vatsender mit ihren Dauerwer-bekampagnen.

Der älteren Generation bleibtim Fernsehen, sieht man einmalvon der klassischen Musik amSonntagvormittag ab, nur dieso genannte Volksmusik. Dierichtige, echte, innovativeVolksmusik ist im FernsehenMangelware. Sendungen wie

Werkstatt/Musik 17

Corinna May schaffte nur den 22. Platz beim Grand Prix.

Für die Jugend gibt es zahlreiche Sendungen, sogar eigene TV-Musiksender, doch dieältere Generation hat oftmals das Nachsehen. Foto: Sony

der vom ORF ausgerichtete Musi-kantenstadl mit Karl Moik, der in-zwischen allerdings nur noch imdeutschsprachigen Raum aufzeich-nen und nicht mehr bis Dubai fliegendarf, die Lustigen Musikanten imZDF von Marianne und Michael oderdie inzwischen abgesetzte Volkstüm-liche Hitparade, die durch das ZDF-Wunschkonzert mit Caroline Reiberersetzt wurde, sind im Prinzip aus-tauschbar. Sie sind weder in der De-koration, die zwischen Almjodlerstilund Barbiepuppenhaus changiert,von den Interpreten noch von denModeratoren wirklich zu unterschei-den. Gleich ist ihnen die Penetranz,mit der eine heile Welt transportiert

wird, und insofern erfüllen sie denZweck und liegen auf dem Niveauvon Groschenromanen.

Mit der Gründung der Privatenwurde die Kommerzialisierung imMusikbereich noch einmal verstärktund es liefen auf allen Kanälen Sen-dungen mit Videoclips. Da war derSchritt, eigene Musikkanäle zu star-ten, nur folgerichtig und so erfreut sei1998 Viva und seit neuestem Vivaplus die sehr, sehr jungen Zuschauermit Musiksendungen. Hier wirdvolle Konzentration gefordert, umüberhaupt zu merken, wann eine Sen-dung endet und die nächste beginnt.Der letzte Trend geht in Richtung In-teraktivität, so bei Viva mit der Sen-dung interaktiv, bei der die Zuhörermit SMS oder per E-Mail oder AnrufInterviewwünsche weitergeben kön-nen. Bei Viva plus läuft permanent einTextband mit, das einesteils in Erin-nerung an n-tv Nachrichten aus derMusikszene einspielt, andererseitsüberwiegend sinnbefreite SMS-Mel-dungen der Zuschauer. Mit 18 giltman als Viva-entwachsen und dieModeratorinnen und Moderatorengeben alles, damit man sich als Älte-rer ausgesprochen deplatziert vor-kommt. Trotzdem kreiert der Senderimmer wieder erstaunliche Begabun-gen, nicht zuletzt kommen auch Hei-ke Makatsch und Stefan Raab aus die-sem Stall. Moderatorinnen wie Char-lotte Roche sind eigentlich auch vielzu intelligent, um dauerhaft bei Vivableiben zu können. Die Talent-

schmiede des Fernsehens findet heu-te längst nicht mehr bei den Öffent-lich-Rechtlichen statt, bei den DrittenProgrammen etwa, wo heute nurnoch landet, wer schon als Hundert-jähriger auf die Welt kam, sonderneben bei Viva.

Das Fernsehen spaltet also die Na-tion, in Viva und Musikantenstadl, inKommerzpop und Kommerzmusi.Doch wo bleibt die Musik? Wo blei-ben die Dreißiger und Vierziger? Wassoll sich diese Zielgruppe, die übergenügend Geld verfügt, um sich CDsauch zu kaufen und nicht nur selbstzu brennen, im Fernsehen ansehen?Wo erhält man wirkliche Informatio-nen rund um die Musik und Künstler,die nicht nur den neuesten Klatschunterhalb der Gürtellinie betreffen?Etwa in The Dome, diesem Abklatschvom Rockpalast? Der von RTL 2 aus-getragene Event brachte es bei derletzten Ausstrahlung auf die inzwi-schen 21. Sendung. The Dome be-weist die totale Selbstreferenzialitätdes Fernsehens.

In eigenen Sendungen werden Pop-stars kreiert und dann wiederum inden eigenen Formaten vermarktet.No Angels und Bro’sis: Engelchenund Brüderchen und Schwesterchenzeigen, dass Musikbands heute pro-fessionell aus der Retorte gestampftund zum Erfolg geführt werden kön-nen, wobei man Erfolg ruhig mit Pro-fit vertauschen kann. Es mag sein,dass es sie irgendwo gibt, die niveau-volle Musiksendung mit inhaltsrei-

chen Interviews und wirkli-chen Informationen, irgendwoauf einem Dritten Programmvielleicht zu später Stunde. DerVerfasser hat sie nicht gefun-den und lädt zum eifrigen Su-chen ein.

„Erst in der Ära des Tonfilms,des Radios und der gesungenenReklamesprüche ist die Musikgerade in ihrer Irrationalitätvon der geschäftlichen Ver-nunft ganz beschlagnahmtworden“ schreibt Theodor W.Adorno. Und weiter: „Es zeich-net ein musikalischer Typussich ab, der, bei unverzagterPrätention des Modernen undSeriösen, durch kalkuliertenSchwachsinn der Massenkultursich angleicht“. Dem bleibt, mitAbstrichen beim Modernenund Seriösen, leider nichts hin-zuzufügen.

18 Werkstatt/Musik

Gudio Horn brachte den Humor in den Schlager zurück. Nussecken und der Ruf nachdem „Meister“ sind Höhepunkte in seinen Konzerten.

Charlotte Roche ist der neue Mode-ratorenstar.

O’zapft is” - mit dem letztenHammerschlag vom Münch-ner Oberbürgermeister wird

jedes Jahr Punkt zwölf das größteVolksfest der Welt eröffnet. Dasbedeutet ab Ende September denAusnahmezustand in der bayeri-schen Landeshauptstadt. Doch erstdurch die richtige Musik kommt inden 14 verschiedenen Festzeltendie echte Wies´n Stimmung auf.Zu diesem Thema hat Werkstatt-Redakteur Nina Dietl mit Dr.Michael Möller, Direktor desStaatlichen Hofbräuhauses inMünchen gesprochen.

„Im Großen und Ganzen hängt dasgesamte Geschehen im Bierzelt vonder Musik ab” so Möller. Die Gesel-ligkeit der Besucher wird zu 100 Pro-zent davon beeinflusst. Die Kapelle inder Hofbräufesthalle muss das imGriff haben. Bei ununterbrochenerguter Stimmung kann das Zelt schnellüberkochen. Um Aggressivität undAuseinandersetzungen zu vermei-den legt die Kapelle im richtigen Mo-ment eine kleine Pause ein. „Doch diePlattlinger Isarspatzen haben das seitüber 20 Jahren im Griff”, stellt Möl-ler zufrieden fest.

Das Musikprogramm auf dem Ok-toberfest wird vor jedem Wiesnstartmit der Stadt München besprochen.

Neben neuen Wiesn-Hits wie „Antonaus Tirol” und „Hey Baby” dürfen le-gendäre Songs wie „Fürstenfeld” aneinem stimmungsvollen Wies´n-abend nicht fehlen.

Die Frage, ob das Oktoberfest einewesentliche Rolle bei der Bekannt-machung der Hits spielt, quittiertMöller mit einem Achselzucken. „Oftwerden die Lieder bereits im Sommerim Radio rauf und runter gespielt, be-vor sie dann auf dem Oktoberfest zueinem richtigen Wiesn-Hit werden.Die Songs müssen einen einfachenText haben und der Refrain muss einOhrwurm sein, dann klappts auchauf der Wies´n.” Der Titel „In Mün-chen steht ein Hofbräuhaus” darfnatürlich zumindest im HB-Zelt nichtfehlen. „Obwohl unser Hofbräuliedmit DJ Ötzi nicht ganz von der Stim-mung mithalten kann, wird es immerwieder oft gewünscht.” Auf der Listeder in Deutschland meist gespieltenTop 1000 Lieder steht „In Münchensteht ein Hofbräuhaus” derzeit aufPlatz 185.

Michael Möller hat seinen eigenenWies´n-Hit und der heißt „We are thechampions”. Das kann das Wiesn-Team auch von sich behaupten. Rund6,5 Millionen Besucher kommen jedesJahr auf das Münchner Oktoberfestund trinken dabei 65 Millionen MassBier. Knapp 10 000 Besucher haben al-

leine im HB-Zelt Platz. Im Zelt rund7000 Besucher und noch einmal 3000im Biergarten. Sogar die Musikindus-trie hat jetzt das Oktoberfest für sichentdeckt. Zur nächsten Wiesn wird eseine CD mit den beliebtesten Hitsvom Münchner Oktoberfest geben.

Zum Abschluss eines Oktoberfest-Besuches sind es dann auch wiederdie Wiesn-Hits, die die U-Bahn-Fahrtnach Hause zu einem unvergess-lichen Erlebnis machen. „Hey, heyBaby, uh ah...”

Werkstatt/Musik 19

IcIch bin so sch bin so schön,hön,icich bin so tollh bin so toll

Das Phänomen der Wies’n Hits

von Nina Dietl

Blasmusik ist wichtig für ein bayeri-sches Festzelt. Fotos: HB

Das Format MP3hat die Musiksze-ne revolutioniert.

Noch in den 50er Jahrenhatte die Jugend für denmobilen MusikgenussSchallplattenspieler, die wieAktenkoffer wirkten. Danngab es das Taschenradio, beidem der Lieblingssender dieMusik dudelte. In den 80er Jah-ren schaffte der Walkman seinenDurchbruch. Die 90er Jahre stan-den im Zeichen der CD und desDiscmans. Zur Jahrtausendwendegab es ein neues mobiles Abspiel-gerät, den MP3-Player.

MP3 heißt das Zauberwort. DiesesKürzel hat nichts mit irgendeinemominösen dritten Ministerpräsiden-ten zu tun, sondern bezeichnet einenneuen Standard zum Komprimierenvon Audio-Dateien. Musikstückewerden auf ein Zwölftel ihrer ur-sprünglichen Größe zusammenge-schmolzen. Dabei geht keine hörbareQualität verloren. Enormer Vorteil:Jetzt können die Musikdateienschnell und problemlos durchs Inter-net geschickt werden.

MP3 im OhrNeuester Trend sind Player, bei de-nen die Musikstücke direkt in einen

Speicher gespieltwerden. Künftigwerden Musikhö-rer nicht mehr mitVerschleißteilenzu tun haben,wie es nochbeimher-kömm-

lichenWalkman für

Cassetten oder hüpfen-den Lasern beim Discman fürCDs der Fall war. Die Musikläuft beim Joggen und Rad-fahren ungestört weiter. Eineneue Art von Musikgenuss istgeboren und hat sich sofortdurchgesetzt.

Grammy für iPodDie National Academy of Re-cording Arts and Sciences hatApple mit dem Technologie-Grammy 2002 ausgezeichnet.Somit wird zum ersten Mal derTechnologie-Grammy an ein IT-Unternehmen verliehen. Applehat die Auszeichnung „füraußergewöhnliche technischeInnovationen für die Musikin-dustrie“ erhalten.

Seit der Einführung des Mac-intosh, dem ersten Personal

Computer der eingebaute Audio-Funktionalitäten hatte, hat Apple ge-holfen, die Art und Weise wie Musikkomponiert, aufgenommen, ge-mischt und letztendlich vom Hörergenossen werden kann, zu verän-dern. Heutzutage sind die leistungs-

20 Werkstatt/Musik

ReRevvolution olution in der Hosentascin der Hosentaschehe

von Matthias J. Lange

Apple legt großen Wert auf durchdachtesDesign. Der MP3-Player iPod arbeitet her-vorragend mit dem neuen iMac zusammen.

MP3-Player finden reißenden Absatz

starken PowerMacintoshund PowerBooks die ersteWahl professioneller Musik-produzenten. Für den End-kunden spiegeln innovativeLösungen wie die Software-lösung iTunes im Zusam-menspiel mit dem MP3-Player iPod von Apple diedigitale Revolution im Mu-sikbereich wider.

„Wir lieben Musik undumso mehr begeistert unsunsere Rolle, die wir beimKomponieren und Hörenvon Musik einnehmen“, sagtSteve Jobs, Chef von Apple.„Wir sind sehr stolz mit un-serem ersten Technologie-Grammy ausgezeichnetworden zu sein – und freuenuns schon auf weitere Inno-vationen in den nächstenJahren.“

Der große WurfMit dem iPod gelang Apple der großeWurf. Der neuartige MP3-Player, mitdem man bis zu 2000 seiner Lieblings-Songs in CD-Qualität mit sich führenkann. Der ultraportable, 185 Grammleichte MP3-Player vereint die vonApple bekannten Eigenschaften: ein-fache Bedienbarkeit im modernenDesign mit herausragenden techni-schen Leistungsmerkmalen. Mit derneuen Auto-Sync-Funktion werdenalle in der Musik-Software iTunesfestgelegten Lieder oder Abspielli-sten auf den iPod übertragen – sobaldman den iPod mit dem Macintosh-Rechner verbindet, werden diese au-

tomatisch auf den aktuellen Standsynchronisiert. Seit kurzem gibt esden iPod auch für Windows-Rechner.„Mit dem iPod hat Apple einen Digi-tal Music-Player vorge-stellt, der es jedem er-möglicht, seine gesamteMusiksammlung blitz-schnell und unkompli-ziert in die Tasche zustecken –um diese jeder-zeit und an jedem Ortanzuhören," sagt SteveJobs weiter. Der iPod re-präsentiert bereits heutedie nächste Generationvon MP3-Playern, die

die Musikdaten auf eine 20 GByteFestplatte speichern. Der aufladbareLithium-Polymer-Akku garantiert ei-ne Laufzeit von zehn Stunden.

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Der iPod spielt MP3-Musikstücke in verschiedenen Kompressionsraten bis 320KBit/Sek ab - auch AIFF und WAV-Dateien sind kein Problem. Die upgrade-fähigeFirmware gewährleistet eine Unterstützung von zukünftigen Audio-Formaten.

Beim iPod zeigt sich die von Apple bekannte, intuitive Benut-zerführung. Das mit einer Hand zu bedienende Scrollrad er-möglicht es dem Anwender auf seine Musiksammlung, geord-net nach Abspielliste, Lied oder Interpret zuzugreifen.

Selbst der deutsche Pressesprecher von Apple, Georg Albrecht, will sich von der Leistungsfähig-keit des iPods persönlich überzeugen. Hier probiertAlbrecht den Player aus. Fotos: Lange

Die Geschichte des Kinoskönnte man in zwei Epocheneinteilen: Die vor Stanley

Kubrick und die danach. Denn Ku-brick hat den Spielfilm in vielerleiHinsicht revolutioniert. Besondersgilt das für die Musik in seinenFilmen. Er zählt zu den ersten, diedie Filmmusik aus ihrem illustrati-ven Dasein herausgeholt und zumtragenden erzählerischen Elementerhoben haben.

Besonders deutlich wird dies an Stanley Kubricks Zukunfts-Trilogie.Deren Auftakt war der Kassenschla-ger von 1964: Dr. Seltsam oder wieich lernte die Bombe zu lieben. Ihrenprovokanten Abschluss fand die Tri-logie 1972 mit Uhrweg Orange. Da-zwischen stand der vom Publikumzunächst verhalten aufgenommene,von der Filmkritik vernichtend re-zensierte Film 2001: Odyssee imWeltraum. Der Film geht auf ArthurC. Clarkes Kurzgeschichte „The Sen-tinel“ zurück. Stanley Kubrick löstedurch die Verwendung bedeutenderMusikwerke in 2001 großes Erstau-nen aus. Er setzte folgende Kompo-nisten ein: Richard Strauss, JohannStrauß, Aram Chatschaturjan undGyörgy Ligeti.

Die Eröffnungstakte von Alsosprach Zarathustra von Richard

Strauss geraten während der An-fangstitel von 2001 zur perfekten Pa-raphrase der grandiosen Bildper-spektive Erde-Mond-Sonne. Die zuAnfang fixierte Verbindung zwi-schen der Majestät des Weltraumsund der Majestät der straußischenTondichtung nutzt Ku-brick dann im weiterenVerlauf des Films, umbestimmte Phasen imGang der Menschheits-geschichte als entschei-dende zu akzentuieren,beispielsweise die Erfin-dung des Werkzeugs.

Das strahlende Gipfel-werk allen Walzerschaf-fens, An der schönenblauen Donau von Jo-hann Strauß, dient Ku-brick dazu, in seinenTrickaufnahmen die tän-zerische Anmut zu illus-trieren, die die Bewe-gungsabläufe von An-flug und Landung derRaumschiffe und dersich drehenden, rad-förmigen Orbitalstationkennzeichnet. Das aufder Erde schwere Metalldreht sich im All leichtund mühelos. Kubrickselbst äußert sich dazu in

einem Interview: „Unterschätzen sienicht den Charme des Donauwalzers.Die meisten Leute unter 35 hören ihnganz objektiv, einfach als wunder-hübsches Stück. Ältere Semester as-soziieren wohl Kaffeehaus-Ensem-bles, Palmengarten und ähnlich

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Mit Mit TTontrontrauben ins auben ins NirgendwNirgendwoo

Musik von György Ligeti in Stanley Kubricks „2001“

von Alexander Seibold

Die Originalpartitur von Ligeti. Wer den Film2001: Odyssee im Weltraum gesehen hat, wird sichauch an die Musik erinnern.

unglückliche Vorstellungen und nei-gen deswegen dazu, seine Verwen-dung im Film zu kritisieren. Doch fälltes schwer, eine Musik zu finden, dieGrazie und Schönheit von Drehbe-wegungen besser illustrieren würde.Ganz abgesehen davon, dass der Do-nauwalzer sich vom Klischee vonWeltraummusik so weit entfernt wienur irgend möglich.“ In deutlichemKontrast zu der Klangfülle des Wal-zers, gespielt von den Berliner Phil-harmonikern unter Karajanspompös-kontrastschärfen-der Leitung, steht die traurigwirkende Gayane Ballet Sui-te von Aram Chatschaturjan.Sie kommentiert in elegisch-verlorenem Ton den sterilenAlltag an Bord des Raum-schiffs.

Von Ligeti werden dreiWerke eingesetzt: Erstensdas Kyrie aus dem Requiem,gespielt vom Orchester desBayerischen Rundfunks un-ter Francis Travis, zweitensLux aeterna für sechzehn-stimmigen gemischten Chor,gesungen von der ScholaCantorum Stuttgart unterClytus Gottwald und drit-tens Atmosphères, gespieltvom Südwestfunk-Sinfonie-orchester unter Ernest Bour.

Aufsehen erregte GyörgyLigeti, der nach dem Un-garnaufstand im Jahre 1956in den Westen flüchtete, erst-mals mit Atmosphères.Durch die Bekanntschaft mit

der westlichen Avantgarde und dieVerarbeitung der seriellen Musikschuf er seine eigene Technik, mit derer eine völlig neue Klanglichkeit her-vorbrachte, die wohl am ehesten mit„Raummusik“ umschrieben werdenkönnte. Diese musste Kubrick für diefünfmalige Verwendung im Zusam-menhang mit einem rätselhaften Mo-nolithen geradezu prädestiniert er-scheinen. Dieser schwarze, aufrechtstehende, völlig regelmäßige Mono-lith taucht in prähistorischer Zeit vor

der Schlafhöhle einer Homi-nidengruppe auf. Die Vor-Menschen staunen über diesesObjekt und erleben nach derBegegnung einen qualitativenSprung in ihrer Entwicklungs-geschichte. Sie entdecken, wieKnochen als Werkzeuge bzw.als Waffe gegen Tiere und Fein-de eingesetzt werden können.

Gewisse unbestimmtesphärische Vorgänge, die beiLigeti durch eine besondereKompositionstechnik anklin-gen, überträgt Kubrick auf denMonolithen, der nun wie dieMusik selbst aus weiter Fernevon Zeit und Raum zu kom-men scheint und unmerklichwieder dort verschwindet. Da-bei gewinnt er ebensowenigwie Ligetis Musik diesseitige

Realität in dem Sinne, dass er kaummehr bietet als stofflich greifbare Prä-senz bei seinem Auftauchen vor derHominidengruppe in der Vergan-genheit oder einen schattenhaften Re-flex bei seinem späteren erneuten Er-scheinen in der Zukunft.

Die allgemeine Wertschätzung, dieLigeti heute genießt, leitet sich zu ei-nem beträchtlichen Teil von dem kur-zen Orchesterstück Atmosphères her,dessen frappante Wirkung sich stetsaufs Neue bestätigt. Sämtliche Einzel-

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Hier dreht sich der Raum und die Frau läuft einfach weiter. Verblüffende Tricks, diesehr teuer waren, um sie zu realisieren. Foto: Sammlung Lange

Der Film von Stanley Kubrick zeigte Tricks, die bis dato nicht im Kino zu sehen wa-ren. Hier eine Zeichnung des Raumschiffs. Foto: Seibold

instrumente des Bläser- und Strei-cherorchesters spielen gesonderteStimmen, die sich freilich derart mi-nuziös überlagern, dass sie zu einemeinheitlichen, farbig schillernden undoszillierenden Klang zusammen-schießen. Dieser scheinbar ste-hende Clusterklang „gerät all-mählich in Bewegung, variiertschrittweise seine Klangbreiteund verlagert sich bis in extre-me Höhen und Tiefen. Dabeigewinnen Dynamik undKlangfarbe als Folge der Clus-terintensität eine in diesemAusmaß bisher nicht bekannteformbildende Kraft. Nichtmehr individuelle Stimmenund isolierte Instrumentalfar-ben lassen sich unterscheiden,sondern nur noch kompakteStimmbündel. Eine Vielzahlvon Einzelelementen summiertsich zu flimmernden und chan-gierenden Klangflächen, diedem Hörer Assoziationen zusphärischen Vorgängen gera-dezu aufdrängen.“

Atmosphères ist, wie auchdas Kyrie und Lux aeterna, in

traditioneller Kanontech-nik komponiert. DieStimmen sind jeweils po-lyphon, was aber nichtwahrgenommen werdenkann. Aus dem Kanonentsteht durch Ungleich-zeitigkeiten in den Stim-men ein Cluster, auchTontraube genannt. Dar-unter versteht man Zu-sammenballungen be-nachbarter Halbtöne, diesich aus Stimmüberlage-rung ergeben. „Was eingleichzeitiger Vorgangsein könnte, wird in einehöchst komplizierte, viel-gestaltige und fein ausge-stufte Ungleichzeitigkeitverschoben.“

Ligetis Cluster verfü-gen über mehrere kris-tallartige Schichten, denn„im Inneren der Harmo-nien sind Unterharmoni-en eingeschlossen, in die-sen wiederum Unterhar-monien, und so weiter. Esgibt nicht einen einzigenharmonischen Wand-lungsverlauf, sondernmehrere simultane Ver-

läufe mit verschiedenen Geschwin-digkeiten, die durchschimmern, ein-ander überlagern und durch mannig-faltige Brechungen und Spiegelun-gen eine imaginäre Perspektive her-vorbringen. Sie entfaltet sich dem Hö-

rer allmählich, wie wenn man ausgrellem Sonnenlicht in ein dunklesZimmer tritt und die Farben und Kon-turen nach und nach wahrnimmt.“Auf die Frage, warum Ligeti eine Po-lyphonie schreibt, die man nichthören kann, gibt er eine Antwort, dieauch von Kubrick hätte stammenkönnen: „Ich will die separate Steue-rung jeder einzelnen Stimme in derHand haben. Wir hören nicht die Po-lyphonie selbst, wir hören ihr Ergeb-nis. Wenn ich das global notierenwürde, wäre das Ergebnis nicht das-selbe. Meine Kompositions- und Not-ationsweise ist unökonomisch, sie istetwas verschwenderisch. Ich bestim-me viele Details, die an sich nicht hör-bar sind. Aber die Tatsache, dass die-se Details bestimmt worden sind, istwesentlich für das Gesamtergebnis,so hoffe ich jedenfalls. Ich denke jetztan eine große Architektur, wo vieleDetails nie sichtbar sind. Für das Ge-samtergebnis, für das Formniveauder gesamten Erscheinung spielen siedoch eine Rolle.“

Die Wirkung der MikropolyphonieLigetis Clusterklänge ist besondersdeutlich am Kyrie aus dem Requiemzu sehen, welches bei den ersten dreivon insgesamt vier Begegnungen mitdem Monolithen seinen leitmotivi-schen Einsatz findet. Dem Mono-lithen wird so eine Art musikalischerStempel aufgeprägt. Die ungewohn-te Klanglichkeit des Kyrie ist im Kinoden Zuschauern so rätselhaft wie derdunkle Monolith im Film den Vor-

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Weltweit war der Film und die Musik erfolgreich.Hier ein französisches Plakat. Foto: Seibold

Zu Walzermusik setzt dieses Raumschiff auf der Raumbasis auf. Langsam und be-dächtig vollzieht sich die Landung. Foto: Sammlung Lange

Menschen, später den Wissen-schaftlern rätselhaft ist. Hierdeutet sich Kubricks meister-hafte Beherrschung des Zu-schauers an. Denn Ligetis be-sondere Technik zeitigt einenbestimmten Eindruck beimZuhörer: Die psychische Wir-kung ist die von Nachhall undFerne, man glaubt, über weiteDistanz einen merkwürdig insich verschlungenen liturgi-schen Gesang wahrzunehmen.Dieser Eindruck wird beim Ky-rie sogar noch dadurch ver-stärkt, dass die Orchesterin-strumente einzelne Haupttöneherausgreifen und fast wie ei-nen Cantus firmus lange, do-minierend und das andere zu-sammenschließend aushalten.Dabei ist für diese Haltetöne ei-ne konturaufweichende Un-schärfe charakteristisch. Sie summie-ren sich eben nicht zum Cantus fir-mus, erhalten keine präzise undschlüssige Gestalt. Nur der Hörer mitseiner Ferneinstellung vermutet im-mer wieder, es schäle sich da etwasheraus, was ihm jedoch wegen desweiten Abstands zum realen Auf-führungsort dieser Musik entgleite.Er glaubt, es bei genauerem Hinhörenschon noch richtig wahrnehmen zukönnen, und sieht im Angedeutetenbereits das Ganze. Deshalb ist LigetisMusik – und speziell ein Satz wie dasKyrie – so reich an Assoziationen. Li-getis Kompositionen sind zwarsicher nicht von expliziten reli-giösen Absichten geprägt, dochdürfte es einem typischen Kri-tikerklischee entsprechen,wenn behauptet wird, er steheder Totenmesse objektiv undtraditionslos gegenüber. Bio-grafisch ist jedenfalls kaum be-gründbar, dass Ligeti im Re-quiem keinerlei Bezug zu eige-nen Erfahrungen intendiert ha-ben soll, beispielsweise zu de-nen während der Zeit des Na-tionalsozialismus, als naheVerwandte in Konzentrations-lagern den Tod fanden.

Ligeti komponiert Klänge,die aus dem Nichts zu kommenund im Nichts zu verschwin-den scheinen – eine Musik ver-loren in Zeit und Raum. Wenner zudem menschliche Stim-men erklingen lässt, begreift erden Raum als eine Dimension,

die ohne Anfang und ohne Ende ist,in der der Mensch nicht nur nicht ge-borgen ist, sondern sich verliert odersich zu verlieren droht. Dies korre-spondiert freilich nicht mit dem Film-schluss von Kubrick, obwohl der letz-te Abschnitt von 2001 mit der Kapi-telüberschrift „Jupiter and beyondthe infinite“ angetitelt wird. DerMensch verliert sich nämlich bei Ku-brick keineswegs in einer unend-lichen Odyssee im Weltraum, son-dern landet in einem weißen Zimmer,das seine literarischen Vorbilder inHerman Melvilles Moby Dick und

Mary Shelleys Frankenstein findet. Indiesem Entscheidungsraum kommtes zu einer Metamorphose, in der sichder Mensch wie eine Schmetterlings-puppe seiner alten Hülle entledigtund als kosmisches Wesen wiederge-boren wird.

Er flieht mithilfe der Kamera ausdem weißen Raum ohne Türen undFenster in die Schwärze des Mono-lithen, durch sie hindurch und überihn hinaus, vom Zarathustra-Themabegleitet, das Richard Strauß einstdem Betreten der Welt durch denÜbermenschen widmete.

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Reparatur im Weltraum. Gleich beginnt die Technik sich gegen den Menschen zu er-heben. Foto: Sammlung Lange

Viele interpretierten Kubricks Film als religiöse Methapher. Hier eine Tuschezeich-nung von 1996 von Nikolaus Kugelmann. Foto: Seibold

Auf knapp 70 QuadratmeterLadenfläche mehrere hun-dert Edel-Gitarren – das

BTM-Guitars in Nürnberg lässtseit 19 Jahren das Musikerherzhöher schlagen. InternationaleGrößen kennen den kleinen Ladenin Nürnberg. Ein Interview mitThomas Gedon und MatthiasKleiß, bei Cafe und Blues im BTM-Guitars.

An einem Samstagmorgen trifft manhier schon mal einen Günther Stösseloder Klaus Brandl beim Saitenkauf.Aber nicht nur die fränkische Mu-sikszene gibt sich die Klinke in dieHand. „Der Bassist von The Knack hatseinen Urlaub in Paris kurz unterbro-chen und bei uns vorbei gesehen, umeinen Beatles-Bass zu kaufen,“ soThomas Gedon, einer der beiden In-haber vom BTM-Guitars.

Etwas blauäugig....„Nach einer längeren Nacht habenwir uns morgens in Nürnberg amPlärrer getroffen und sind die FürtherStraße Richtung Fürth gelaufen, umuns nach leerstehenden Läden um-zusehen. Die Wahl fiel dann auf die-sen Laden, eine ehemalige Bäckerei.Der Vermieter hat uns verständnislosangesehen, weil wir ein Gitarrenge-schäft eröffnen wollten. Aber er mein-

te, für ein Jahr könne man es ja malzusammen versuchen.“ So beschreibtMatthias Kleiß, der Partner von Tho-mas Gedon, die allerersten Schrittezum eigenen Gitarrenladen in Nürn-berg vor rund 19 Jahren.

Völlig blauäugig hätten sie damalseine Kalkulation erstellt. Sie warender Ansicht, dass 5000 Mark ausrei-chend seien, um den Laden mit Ins-trumenten zu bestücken. Dies war al-lerdings ein kapitaler Trugschluss. Es

reichte bei weitem nicht. Zur Ergän-zung mussten die Neu-Unternehmerdas Sortiment mit eigenen Instru-menten aufstocken, die mit Schilder„unverkäuflich“ ausgestattet wur-den. „Gott sei Dank war in diesen Ta-gen der Laden noch auf die zwei vor-deren Räume beschränkt. Die Räume,die heute zur Verfügung stehen, sinderst im Laufe der Jahre nach und nachausgebaut worden,“ ergänzt Mat-thias Kleiß.

26 Werkstatt/Musik

EdelhölzerEdelhölzer, Chr, Chrome, Charmeome, Charmeund etwund etwas Bluesas Blues

Kleiner Gitarrenladen mit internationaler Kundschaft

von Bertold Brackemeier

Im Laden-eigenen Verstärkerraumkönnen Gitarren und Amps auspro-biert werden.

Matthias Kleiß führt Servicearbeitenan einer defekten Elektro-Gitarredurch.

Vor zwei Jahren stand für die beidenGeschäftspartner dann die Fragenach einem Umzug im Raum, nach-dem der Laden aus den Nähten zuplatzen drohte. Aber ein Umzug istauch mit einem neuen Standort, Kos-ten und der Suche nach entsprechen-den Räumlichkeiten, verbunden. „ImHinterhof stand der Anbau der ehe-maligen Bäckerei mit Backofen undGesellenwohnung leer. Die Hausge-meinschaft hatte sich entschlossen,uns den Anbau zu verkaufen, und sohaben wir nach einem Umbau wiederPlatz gewonnen“, so Kleiß. „Abermittlerweile ist schon wieder alles

voll gestellt“,meint Thomas Ge-don nachdenk-lich.

Musik verbindetdie zwei Partner

Aber es hätte fürdie beiden Partnerauch anders kom-men können. DieMusik verbindetsie nicht nur überden gemeinsamenInstrumentela-den. Thomas Ge-don und MatthiasKleiß sind seit vie-len Jahren selbstVollblutmusiker.Zusammen spiel-ten sie jahrelangim mittlerweile schon legendären„Ungummi Orchäster“, mit dem sieweit über die Grenzen von NürnbergErfolge feierten. Selbst Alfred Biolekhat die Band zu sich in die Sendung„Showbühne“ eingeladen. Der großeSprung in die Top-Ten war damalszum Greifen nahe.

Aber das ist schon einige Jahre her.Allerdings sind sich Thomas Gedonund Matthias Kleiß treu gebliebenund nach wie vor begeisterte Musi-ker. Matthias Kleiß spielt mit seinerBand „no drums“ (unter anderem aufdem Nürnberger Bardentreffen) undThomas Gedon ist gern gesehenerGast hochkarätiger Blues-Sessions.Im Moment arbeitet er zudem an ei-

nem neuen Band-projekt.

Fränkische Bässefür Amerika

Auf die Fragenach dem ei-gentümlichen Na-men für den Gi-tarrenladen ant-wortet ThomasGedon: „Der Na-me war taktischunklug gewählt.Alle Welt dachtewir sind ein Gitar-renhersteller undkein Gitarrenla-den.“ So fanden inder ersten Zeit nurwenige Kunden indas kleine Ge-schäft in Nürn-

berg. Die Idee zu dem Namen hatteder ehemalige britische Partner BarryDenyer. Denyer kannte in England ei-nen Laden, der einen ähnlichen Na-men trug. Barry Denyer ist heute nochals Servicetechniker in der BTM-eige-nen Werkstatt tätig.

Aber die Startschwierigkeiten sindschon beinahe vergessen. Auf dieFrage, wie es möglich ist, heutzutagemit einem Gitarrenladen bestehen zukönnen, antworten die Zwei, dassdies nur mit Spezialisierung und Ser-vice möglich sei. In den ersten fünfJahren hatten sie kein Geld mit dem

Werkstatt/Musik 27

In der BTM-Guitars eigenen Gitarrenwerkstatt werdensogar Halsbrüche repariert. Hier sieht man einige akus-tische und elektrische Gitarren aufgereiht.

Auf der Werkbank lag schon der eine oder andere „Gi-tarren-Oldie“ und wurde wieder auf die Beine gestellt.

Das Angebot amerikanischer Edelgi-tarren ist in dem Laden groß.

Thomas Gedon im Verstärkerraumtestet einen Klassiker.

Laden verdient. Das sei eine harteZeit gewesen. Das hat sich mittler-weile geändert. Heute findet man imLaden überwiegend hochwertige In-strumente und keine „Ausstellungs-stücke“ aus der Privatsammlungmehr. Mit Massenware hätte man kei-ne Chance gehabt. Qualität ist dasMaß der Dinge, so die beiden Ge-schäftsleute. „Ja ja, hier kann ein Kaf-fee schon mal ein paar Euro kosten“,so ein Kunde mit einem Lächeln imGesicht.

Der Kaffee ist hier für Kunden um-sonst – eine der vielen Kleinigkeitenund Serviceleistungen, die den Ladenausmachen. Selbst legendäre Instru-mente wie „National Gitarren“, derenKorpus aus Metall besteht, bekommtman exklusiv im BTM-Guitarsin Nürnberg. Einzig ein Ge-schäft in Hamburg kann dieseGitarren in Europa noch bestel-len und liefern. Zu diesen Kult-Gitarren weiß Thomas Gedonauch eine kleine Geschichte:„Letztes Jahr kam jemand extraaus Le Havre angereist, um ei-ne „Tri-Cone-National“ bei unszu kaufen, die sonst in ganz Eu-ropa nicht aufzutreiben war.“

Aber nicht nur Europäer wis-sen das Geschäft zu schätzen.Aus den USA reiste ein Musikereigens nach Nürnberg, umneun Beatles-Bässe von der Fir-ma Höfner zu bestellen. „Daserste Mal kam er, um den Ladenzu inspizieren und sich mit unsdie Höfner Fabrik im nahen Er-langen (Bubenreuth) anzuse-hen. Dann bestellte er die Ins-trumente und einige Wochenspäter hat er schließlich die Bäs-

se abgeholt.“ Mitdiesem Kundenverbindet ThomasGedon mittlerweileeine Freundschaft.Als er das letzte Malzur Namm-Show(größte Gitarren-Ausstellung derUSA) reiste, trafensie sich und sind ge-meinsam mit einemMercedes-Cabrio,das sich der Kundeextra von einemFreund geliehenhat, durch Hol-lywood gefahren.

Nicht nur Musiker schätzen den kleinen Laden

„Der Bezug zu unseren Kunden istuns enorm wichtig. Viele der Leutedie zu uns kommen kennen wir jetztseit 19 Jahren. Der bekannte Jazz-Gi-tarrist Frank Möbus ist einer, den wirschon als Jugendlichen kannten. Es istschön mit anzusehen, wenn die Leu-te sich entwickeln und Erfolg haben,“erzählt Thomas Gedon und ergänzt,„wir sind die Generation, die mitRockmusik groß geworden ist.Außerdem sind Matthias und ichnach wie vor Musiker und kennenauch die Probleme der Leute. Wirkennen das Gefühl, wenn dir bei dei-nem Lieblingssolo drei Mal hinter-einander die hohe E-Saite reißt.“

Aber nicht nur der Kontakt zu denKunden ist eng. Selbst Herstellerschätzen das Know-How der Nürn-berger. Der Geschäftsführer von Gi-tarrenhersteller Ibanez ist in das Ge-schäft nach Nürnberg gekommen,um mit den beiden Gitarrenhändlernzu fachsimpeln. Einige Wochen spä-ter legte der Firmenchef Prototypenvon Gitarren vor und fragte, ob diedenn so geworden seien, wie sie sichdie Gitarren vorgestellt hätten. Ver-gangenes Jahr lud der Hersteller Gib-son nach Nashville in das Herz derGitarrenbaukunst der USA. „Hier

28 Werkstatt/Musik

Thomas Gedon (links) und Matthias Kleiß.

Carlos Santana spielt Gitarren vonPaul Ried Smith, wie sie hier an derWand hängen.

Eine Telecaster ist defekt. Matthias Kleiß repariert und wartet die defekte Gitarrein der Werkstatt.

wird tatsächlich noch fast alles perHand hergestellt“ meint Thomas Ge-don sichtlich beeindruckt. „Das er-klärt vor allem die Qualität und denPreis der Instrumente.“

Noch Platz für Visionen?Das Konzept ist stimmig. Die Paletteumfasst die Beratung der Kunden,den Verkauf, den Service unddie Reparatur der Instrumentebis hin zur Vermittlung von Gi-tarrenunterricht in der ange-gliederten Musikschule. In dereigenen Werkstatt steht derServicetechniker Barry Denyerund managt alles, vom Hals-bruch einer alten Gibson LesPaul bis zur neuen Gitarre, de-ren Tonabnehmer defekt ist.Ein Lager mit mehreren hun-dert Edel-Gitarren aus denUSA bietet eine enorme Aus-wahl, die in Bayern seinesglei-chen sucht. Einmal im Jahr or-ganisieren die beiden Ge-schäftsmänner eine Gitarren-Ausstellung im Schloss Almos-hof in Nürnberg und mehrmalsim Jahr finden Workshopsstatt. Zu diesen kommenGrößen der Musik-Szene wieMichael Sagmeister, BobBrozman, Diana Ponzio oderHersteller wie C.F. Martin,

dern Chef vonMartin Guitars(USA) in vierterGeneration.Thomas Gedonund MatthiasKleiß machensich aber auchGedanken umdie Zukunft. „Inden vergange-nen Jahren hatder Stellenwertvon handge-machter Musiknachgelassen.Viele unsererKunden sind mituns alt gewor-den und derNachwuchskommt erstlangsam nach.Sich mit einemInstrument zuquälen bis manes beherrscht istschwieriger als

am PC Musik zu kon-struieren,“ sagt MatthiasKleiß nachdenklich.Thomas Gedon hinge-gen meint, „Vielleichtfehlt eine Art Bob Dylan,der den Kids als Vorbildund Idol dient. Einer, der mit dreiGriffen einen Song spielt, den jeder

am Lagerfeuer mit etwas Üben nach-spielen kann.“ Und Recht hat er!

Werkstatt/Musik 29

Auch wenn die Gitarre bereits repariert ist,muss sie nochmals getestet werden bevor siewieder an den Kunden geht.

Profession und Leidenschaft – Thomas Gedon beieiner seiner Lieblingsbeschäftigungen.

„Vielleicht fehlt eine Art Bob Dylan, der den Kids als Vorbild und Idol dient. Einerder mit drei Griffen einen Song spielt (...)“

Das Fraunhofer Institut wirdkaum vermutet haben, wel-che Lawine es mit der Ent-

wicklung des „MP3“-Formats los-treten wird. Entwickelt als Datei-enformat, das eine extreme Datei-komprimierung ermöglicht, soll vorallem das MP3-Format dafür ver-antwortlich sein, dass die Tonträ-gerindustrie immer weniger CDsverkauft. Eines ist sicher: DerTausch von Musikstückenüber das Internet ist mitMP3 denkbar einfach gewor-den. Die Daten sind starkkomprimiert, die Übertra-gungszeit erheblich reduziert.In wenigen Minuten sind dieaktuellen Hits aus dem In-ternet auf die eigene Fest-platte gebannt.

Bekannt geworden ist MP3 vorallem durch die Musik-Tauschbörse Napster. Nach-dem Napster in den USA derGaraus gemacht wurde, wirdnun wohl Bertelsmann Naps-ter kaufen und versuchen, einekostenpflichtige Tauschbörsezu etablieren. Doch der Me-dienriese hinkt damit derWirklichkeit hinterher: Es gibteine Reihe weiterer Internet-Tauschbörsen, die „geschick-

ter“ gestrickt sind als Napster: EinBeispiel ist Gnutella: Gnutella ist einNetz, dem sich jeder mit der entspre-chenden Software anschließen kann.Wer eine Musikdatei sucht, schickt ei-ne Anfrage über das Netz. Gibt es fürdie Anfrage ein Angebot, erfolgt derDatenaustausch unmittelbar zwi-schen den Teilnehmern. Bei Napsterwar das noch anders: Dort gab es ei-nen Zentralserver, der die Verbin-

dung zwischen Angebot und Nach-frage hergestellt und die Datenüber-tragung vermittelt hat. Eine zentraleInstitution, die für den Datenaus-tausch verant-wortlich ist,gibt es mitGnutella nichtmehr. Dasmacht es auchfür die Musik-

30 Werkstatt/Musik

Musik aus Musik aus dem Netzdem Netz

MP3 und die Kopierwut der Anwender

von Dr. Gero Himmelsbach

Um eine CD zu kopieren, muss nicht so ein Aufwand betrieben werden. Foto: Teac

industrie kaum möglich, dem Daten-austausch via Gnutella und Co. Ein-halt zu gebieten.

Was viele Internet-Surfer allerdingsgerne übersehen: Der Austausch vonMP3-Musikdateien verstößt in derRegel gegen das Urheberrecht. Dennnur der Urheber bzw. der Berechtig-te (also z. B. der Produzent oder Ton-trägerhersteller) kann darüber be-stimmen, ob Musikstücke über dasInternet verbreitet werden dürfen.Ganz sicher ist: Aktuelle Hits, Stückebekannter Interpreten sind nicht „ge-meinfrei“. Sie dürfen deshalb auchnicht über das Internet angeboten

und aus dem In-ternet vonTauschbörsenheruntergeladenwerden. DieseTauschbörsensind durchweg il-legal. Die Urhe-berrechte verletztdeshalb nicht nurderjenige, derMusikstücke imInternet zumDownload anbie-tet. Rechtswidrighandelt auch, wer

solche Musik-stücke herunter-lädt und auf seinerFestplatte abspei-chert.

Dabei handelt essich nicht um einKavaliersdelikt:Die Verletzungvon Urheberrech-ten hat nicht nurzivilrechtliche Fol-gen – wie zum Bei-spiel auf Unterlas-sung oder Scha-densersatz. DieVerletzung von

Urheberrechten ist auch strafbar undkann mit Freiheitsstrafe bis zu dreiJahren oder mit Geldstrafe bestraftwerden. Wer illegal aus dem Internetgeladene Musikstücke sogar noch aufCD vervielfältigt und diese verkauft,handelt gewerbsmäßig und muss mitFreiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oderGeldstrafe rechnen. Man sollte auchnicht meinen, dass man bestimmtnicht erwischt wird. Viele Urheber-rechtsverstöße werden dadurch be-kannt, dass man angeschwärzt wird.Und: Es ist kein Argument, dass es„alle so machen“. Ganz im Gegenteilwird man erwischt, lässt sich ganzprima ein Exempel statuieren.

Werkstatt/Musik 31

Darf man seine Lieblings-CDs ko-pieren? Oder macht man sich straf-bar, wenn man für den CD-Player imAuto eine „Sicherungskopie“brennt? Eine Antwort auf die Fra-ge gibt § 53 Urheberrechts-gesetz (UrhG). Demnachdarf man CDs kopieren,wenn es „unentgelt-lich“ und „zum priva-ten Gebrauch“ ge-schieht. Das gilt aller-dings nur für Musik-CDs, Schallplattenoder Videos und DVDs.Für Software-CDs gilt dasnicht: Hier darf man nur Si-cherungskopien herstellen, wennes wirklich erforderlich ist. Ob dasbei CD-ROMs der Fall ist, beurteilendie Gerichte ganz unterschiedlich.Bei Musik-CDs ist die Rechtslage

schon übersichtlicher: Für einenFreund oder ein Familienmitgliedkann man jederzeit seine Lieblings-CD kopieren. Man darf allerdings

nur ganz wenige Kopien her-stellen. Nach einer Ent-

scheidung des Bundes-gerichtshofs sollen

maximal sieben Ko-pien zulässig sein.Das ist sicherlichschon die Ober-grenze. Die gesetz-

liche Regelung giltnicht nur für das

Überspielen ganzerCDs. Auch einzelne

Stücke darf man überspielen –aber eben nur einige Mal.

Die Hersteller von Musik-CDswollen das unerlaubte Mehrfach-Kopieren dadurch eindämmen, in-

dem sie die CD mit einem Kopier-schutz versehen. Man sollte deshalbauf jeder CD auch das Kleinge-druckte lesen, da dort auf einen Ko-pierschutz hingewiesen werdenmuss. Spannend dürfte es in diesemJahr werden, wenn der deutsche Ge-setzgeber die EG-Informations-Richtlinie umsetzt.

Denn danach soll künftig der Be-sitz von „Vorrichtungen, Erzeugnis-sen oder Gerätschaften“ zur Umge-hung von Schutzmaßnahmen verbo-ten sein – also auch Programme, umKopierschutzmechanismen zuknacken. Unklar ist allerdings noch,ob die Umgehung von technischenSchutzmaßnahmen dann erlaubtsein soll, wenn der Anwender Kopi-en für den privaten Gebrauch her-stellen möchte.

Dr. Gero Himmelsbach

CDs brCDs brennen: ennen: WWann wirann wirds rds recechtlichtlich brh brenzlig?enzlig?

Mit so genannten Filesharing-Tools, hier Limewire, las-sen sich Dateien aus dem Netz saugen.

Mit MP3-Programmen geht es einfach.

Behutsam und konzentriertsetzt Willibald Buchner denHobel an. Schon ein winziger

Handgriff kann die Struktur deswertvollen Griffbretts aus Ebenholzfür immer beschädigen. „Das darfnicht passieren“, sagt der Geigen-bauer, „die kleinsten Fehler sindoft nicht mehr auszumerzen.“ Ruheist deshalb in der Werkstatt imMünchner Stadtteil Schwabingoberstes Gebot. Maschinenlärmgibt es dort nicht. Schnitzmesser,Feilen und Hobel baumeln an denWänden, Holzmuster türmensich im Regal, der Lack riechtharzig.

Geigenbau ist für WillibaldBuchner, der als Gewinner desinternationalen Geigenbauwett-bewerbs 2001 in Mittenwald alseiner der Besten seines Fachs inEuropa gilt, mehr als ein Beruf.Mehr als ein Handwerk nachSchablonen und Maßstäben. Der53-Jährige pflegt seine Leiden-schaft für Musik: „Als Geiger ei-ne Geige bauen zu können, istder eigentliche Reiz.“ Der Sohneines Rundfunk-Geigers undEnkel eines Geigenbauers hatselbst elf Semester Violine stu-diert. Obwohl er von seiner heu-tigen Tätigkeit immer schon ge-

träumt hat, entschloss er sich erst imAlter von 47 Jahren zu einer Um-schulung und ging beim MünchnerGeigenbaumeister Peter Erben in diezweijährige Lehre.

Er überlegt und ringt nach Worten,um seine Begeisterung zu beschrei-ben. „Den Klang muss man empfin-den“, sagt er dann. Farbenreichtum,Kraft und Süße sollen mit der Saitemitschwingen. „Alle Schönheit, dieman sich vorstellen kann, muss in ei-ner Geige stecken“, glaubt er. Wie einvollendetes Gericht braucht ein gutes

Instrument edelste „Zutaten“, diesich perfekt zu einer Gesamtkompo-sition zusammenfügen. Der nackteHolzkorpus, den er bearbeitet, ist fürihn „von Anfang an ein Musikinstru-ment, keine Kiste, die sich später Gei-ge nennt.“

Neben handwerklichem Geschicknennt er Gespür für die oftmals allesentscheidenden Details und Geduldals wichtigste Voraussetzungen fürseinen Beruf. 200 Arbeitsstunden,knappe zwei Monate, verstreichen,bis aus einem rohen Stück Holz ein

32 Werkstatt/Musik

„Alle Sc„Alle Schönheit muss inhönheit muss ineiner Geige steceiner Geige stecken“ken“

Willibald Buchner gilt als Perfektionist

von Annette Klüpfel

„Den Klang einer Geige muss man empfinden“, so Willibald Buchner.

klingendes Kunststück geworden ist.Schon die Materialsuche muss ge-lernt sein, das Holz – die Decke ist ausFichte, der übrige Teil des Instru-ments besteht aus Ahorn – darf we-der zu weich noch zu hart sein.Das Alter, später an den Jah-resringen auf dem Geigen-deckel erkennbar, spielt zu-dem eine Rolle. Mit einem„Formbrett“ zeichnet Buchnerdie Konturen der Violine aufdas Holz auf. Nachdem erDecke und Boden ausgesägtund mit dem Rahmen zu einemKorpus zusammengebaut hat,folgen das Griffbrett und dieSchnecke. Die verschiedenenLackschichten, gelöste Harze,müssen mehrere Wochentrocknen.

Die „Gewinner-Geige“, mitder er in Mittenwald die Gold-medaille für das beste der 144eingereichten Instrumente ein-heimste, hat Buchner in seinerFreizeit gebaut. Als Vorlagediente ein Instrument von An-tonio Stradivari aus dem Jahr

1724, dessen stilis-tische Merkmaleer mit Fachlitera-tur und Abbildun-gen genau studierthat. Experten er-kennen auf einenBlick die Hand-schrift des italieni-schen Geigenbau-Papstes, unter an-derem an dem ele-gant geschwunge-nen F-Loch undder Schnitztech-nik der Schnecke.

Darüber, wie das Instrument klingenmuss, hat Buchner „sehr genaue Vor-stellungen“. Er hat bereits auf einigender 2,5 Millionen Euro teuren Stradi-vari-Violinen gespielt. Schmuckstück

seiner eigenen Sammlung – bisweilenfinden sich in seinem Instrumenten-schrank bis zu 20 Geigen – ist eine„Tononi“ von 1736.

Der Erfolg beim Wettbewerb, andem im vergangenen Jahr 186 Gei-genbauer aus rund 30 Ländern teil-genommen haben, regt ihn nicht zumAusruhen an.

Buchner, der sich selbst auf gar kei-nen Fall als Künstler bezeichnen las-sen will, ist Perfektionist. Mit der Gei-ge, die die hochkarätig besetzte Jury,darunter der Konzertmeister derMünchner Philharmoniker JulianShevlin, auserkoren hat, war er „ei-gentlich gar nicht so zufrieden“, erin-nert er sich schmunzelnd. Buchnerselbstbewusst: „Ich bin überzeugt,dass ich irgendwann eine noch bes-sere Geige bauen werde.“

Werkstatt/Musik 33

Handwerk in höchster Vollendung. Beim Geigenbaumuss alles stimmen. Fotos: Klüpfel

Willibald Buchner: „Ich bin überzeugt, dass ich irgendwann eine noch bessere Gei-ge bauen werde.“

In der Werkstatt ist Maßarbeit gefragt.

Es ist schon seltsam, dassnach der griechischen Musefür „schönen Klang“ ein In-

strument benannt ist, zu dem vieleBeschreibungen passen – nur„schöner Klang“ kaum: Die Callio-pe. 1855, kurz vor dem amerika-nischen Bürgerkrieg ließ ein ame-rikanischer Kirchenmusiker diesedampfbetriebene Orgel patentieren.Als Kircheninstrument wurde dieCalliope kein Erfolg – sie war vielzu laut. Hervorragend eignete sichdas Instrument aus ein paar Mes-sing-Zylindern und jeder MengeDampf aber, um mit viel Getöseauf eine Zirkusparade aufmerksamzu machen, oder die An-kunft eines Dampf-bootes anzukündi-gen.

Schrill waren dieTöne der Callio-pe und sind es bisheute. Schrägsind die Klänge,weil eine wirklicheStimmung der Mes-sing-Zylinder kaum mög-lich ist: Wenn der heiße Dampf aufdas kalte Messing trifft, gibt das dieseltsamsten Töne – oder manchmalauch zunächst gar keinen Ton, wennzuvor Dampf kondensiert war und

sich so Wasser in denDampfpfeifen ange-sammelt hat.

Nur in einem Landwie den USA konnte einInstrument wie die Cal-liope sich durchsetzen.Showboats warben Zu-schauer mit der lauten,durchdringenden Mu-sik, die noch über meh-rere Meilen Entfernungzu hören ist. Showboats,das waren schwimmen-de Theater, die auf denamerikanischen Flüs-sen von Stadt zu Stadt

fuhren; meist oh-ne festen

Spielplan,sodassman dieZu-schau-er über-haupt

erst ein-mal darauf

aufmerksammachen musste,

dass man überhaupt dawar. Und was war dafürbesser geeignet, als einseltsam klingendes, lau-tes Musikinstrument.

34 Werkstatt/Musik

VVon der Muse geküsston der Muse geküsst

Pfeifen auf Schaufelraddampfer

von Franz Neumeier

In Reih und Glied stehen die Pfeifen, um auf denSchaufelraddampfern Signale zu geben. Sie locktendas Publikum an. Fotos: Neumeier

Wie klingt eine Callio-pe? Einige Audio-undVideo-Aufnahmen derDelta-Queen-Calliopegibts im Internet unterwww.steamboats.org/ecaliope.htm

Als Mitte der 1890er Jahre die Eisen-bahn den Raddampfern auf dem Mis-sissippi, Missouri und Nebenflüssenbeim Transport von Waren und Pas-sagieren den Rang ablief, begann ei-ne neue Ära für die Cal-liope: Die Zeit dergroßen Ausflugsboote.Raddampfer wurden lu-xuriös ausgebaut unddienten der mehr oderweniger feinen Gesell-schaft zum Amüsement.Und wieder half die Cal-liope-Musik, Passagierezu werben und auch fürUnterhaltung an Bordzu sorgen.

Heute sind noch eini-ge wenige Calliopes imEinsatz, beispielsweiseauf dem legendärenRaddampfer DeltaQueen und der ebenfallshistorischen Belle ofLouisville, aber auch aufneueren Booten wie derMississippi Queen undder American Queen.Außerdem gibt es nocheinige druckluftbetrie-bene „Dampf“-Orgelnauf kleineren Flussbotenin den USA. Eine beson-dere Ehre bieten die Boo-te der Delta QueenSteamboat Company,

die Delta Queen, Mississippi Queenund American Queen, ihren Passa-gieren: Wer Lust hat, kann dort selbstsein Geschick im Calliope-Spiel er-proben – eine nicht ganz leichte

Übung, denn das In-strument hat seine Ei-genheiten. Vor allembringt der Dampf diePfeifen nur mit etwasZeitverzögerungzum Klingen. Aberauch an die Finger-fertigkeit des Callio-pisten werden hoheAnforderungen ge-stellt, wenn die Mu-sik einigermaßenharmonisch klingensoll: Keine Dampfp-feife sollte länger alsein paar Sekundenlang ungespielt blei-ben, sonst konden-siert der Dampf in derPfeife und beim näch-sten Tastendruck iststatt eines Tons nurnoch ein Gurgeln zuhören. Wer dieseschwierige Prüfung

gemeistert hat, wir dafür mit einer Ur-kunde namens „vox calliope“ belohntund hat von da an vorgeblich dasRecht, auf jeder beliebigen Calliopeauf US-Flüssen zu spielen.

Werkstatt/Musik 35

Mächtig präsentieren sich die Pfeifen am Heck des Schaufelraddampfers, gleich über demgroßen Schaufelrad.

Mit etwas Geschick können Touristen das Calliope-Spiel auf den Schaufelraddampfern inden Vereinigten Staaten erlernen.

8,6 Millionen Hörer täglichversorgt Radio NRJ mit News,Infos und der richtigen Mu-

sik. Über die Strategie und dasProgramm von Radio NRJ spracheWerkstatt-Mitarbeiter ChristianChluspa mit Ingrid Katzenberger,der verantwortlichen Marketing-Leiterin bei RadioNRJ München.

Radio NRJ ist diegrößte Radio-marke Europas.Die Sendergrup-pe ist europaweitmit über 300 Sta-tionen vertreten.Außerhalb Euro-pas betreibt Ra-dio NRJ nochweitere Stationenin Tahiti, Martini-que, Neu Caledo-nien und LaRéunion. DieZentrale sitzt inParis.

Radio NRJ trittin allen Ländernund mit allen Sta-tionen gleich auf.Gleiches Logo,gleiche Werbe-kampagne, glei-che Sendeelemen-

te. Vorteil des Radioimperiums ist dieGröße. Radio NRJ hat aufgrund sei-ner Marktstellung ganz andere Mög-lichkeiten bei den Musikverlagenund Stars aufzutreten als dies einemnormalen Lokalsender möglich ist.

So veranstaltet das Radio-Networkregelmäßige Meet & Greats. Das heißt

die Hörer von Radio NRJtreffen ihre Stars. Sostand erst kürzlich einBesuch bei Jennifer Lo-pez in Paris oder einTrip zu den NRJ MusicAwards in Cannes aufdem Programm. An-gelehnt an den Oskarwerden dort einmal imJahr die Top-Stars derinternationalen Mu-sikszene eingela-den. In diesemJahr waren Ky-lie Minogue,Gerri Helli-well,Mick

Jagger und viele andere mit dabei. DieNRJ Music Awards wurden in diesemJahr sogar zum ersten Mal live aufRTL 2 übertragen.

Hit Music Only, nur die Hits, so lau-tet das Motto des NRJ-Teams. „Wirpushen keine Musiker oder Gruppensondern nehmen Trends auf.” so In-grid Katzenberger die Marketinglei-terin von NRJ-München.Auch die Modera-toren suchensich die Musikfür ihre Sen-dungnicht

36 Werkstatt/Musik

Hit Music OnlHit Music Only y vvon on TTahiti bis zum ahiti bis zum TTegernseeegernsee

Interessen zusammenbringen

von Christian Chlupsa

mehr selber heraus, wie dasfrüher üblich war. So wurdeneinige Songs immer und ande-re gar nicht gespielt. Bei NRJgibt es eine zentrale Musikre-daktion. Aber auch die Mitar-beiter der Musikredaktion ver-lassen sich nicht nur auf ihrBauchgefühl. Die Musikge-staltung im Radio beruht heu-te wie im Fernsehen und derWerbung auf Marktforschung.

Um sicher zu sein, dass es aufden NRJ-Stationen auch wirk-lich nur die Hits gibt, werdenin regelmäßigen AbständenMusik-Auditorien veranstal-tet, so genannte Researchs. Zudiesen Auditorien werden Hö-rer aus der Zielgruppe einge-laden. Die Hörer müssen in-nerhalb weniger Sekunden miteinem Schieberegler entschei-den, wie gut ihnen das Musik-stück gefällt. Dabei werdennicht nur die aktuellen Hits ge-testet, sondern es kommen auch eini-ge Kontrolltitel dazwischen. Generellstehen die männlichen Hörer mehrauf etwas rockigen Sound, wo-hin Frauen Titel wie „Män-ner sind Schweine” ganztoll finden. Dieserkommt seltsamerweisebei Männern nichtganz so gut weg.

Steht die aktuelleAuswertung des Mu-sik-Researches, wer-den die Titel in das Pro-gramm eingepflegt. ZumErstaunen der meisten Be-sucher sind in einem Radio-sender heute keine Platten oderCDs mehr zu finden. Die meisten Son-gs kommen gleich direkt von der Fest-platte aus dem Computer. Die Ein-

stufung der Musiktitel reicht vonHeavyrotation bis Burnout. Aktuelle

Hits werden öfter gespielt, nichtmehr aktuelle Songs werden

aus dem Programm ge-nommen. Vorstellen

kann man sich so eineMusikgestaltungwie einen Schuhkar-ton mit Karteikar-ten. Die Hits, die öf-ter laufen sollenwerden um 20 Pro-

zent nach hinten ge-stellt, die Titel die

nicht so häufig laufensollen, werden um 80 Pro-

zent nach hinten gestellt. Sokönnen die Musikchefs bei Radio NRJgarantieren, dass der Slogan Hit Mu-sic Only auch eingehalten wird.

Die Vermarktung der Werbezeitenbei NRJ läuft auf drei Ebenen. Die Stu-fe eins ist die lokale Vermarktung derWerbezeiten. Die Kunden vor Ortwerden dabei von einem lokalen Be-raterteam betreut. In der nächstenStufe kümmern sich nationale Kun-denberater um die Kunden, die aufvielen NRJ-Stationen in Deutschlandgleichzeitig buchen. Die dritte Stufekümmert sich um die europaweitagierenden Kunden.

„Wir müssen immer zwei Märkteim Auge behalten,” so Ingrid Katzen-berger. Auf der einen Seite gibt es denWerbekunden, dieser möchte amliebsten viele Spots und immer inter-viewt werden. Auf der anderen Seitesteht der Hörer, der möchte Musicnon stop und die Verkehrsmitteilungam liebsten nur wenn er gerade im

Auto sitzt. „Die In-teressen beider Ziel-gruppen zusam-menzubringen, dasist unser Job.” so Kat-zenberger. Damitdies auch klapptbraucht ein Senderneben vielen Markt-forschungen undTechnik auch Men-schen, die das richti-ge Gefühl für dieMusik haben. Unddann klappt es auchmit Hit Music Only.

Werkstatt/Musik 37

Ingrid Katzenberger von Energy. Foto: Chlupsa

Was verbinden Deutsche mitSchottland? Whisky,Schottenrock, Sparsamkeit

und Dudelsack? Dabei wissen diewenigsten, dass der Dudelsack ei-gentlich eine Kriegswaffe war.

Die Blüte hatten die Dudelsackpfeiferauf den Schlachtfeldern der High-land-Clans. Der durchdringendeKlang des Großen Hochland-Dudel-sacks mit seinen drei volltönendenBordunpfeifen wurde von den frühenschottischen Kämpfern schnell als

Waffe erkannt und noch heute ist dasMilitär mit Dudelsäcken ausgestattet.

Der Ursprung des Dudelsack (engl.Bagpipe = Sackpfeife) liegt weitzurück. Die Wurzeln findet man auchnicht im schottischen Hochland, son-dern im Mittleren Orient, etwa 2800vor Christus, in Form einer Hirten-flöte. Vom Zweistromland kamer via Kleinasien und Griechen-land entlang der alten Handels-routen ins antike Rom. Wie dielateinische Sprache fand auchdie Sackpfeife ihre Verbreitung

durch die römischen Le-gionen. In Helvetien wurderund hundert Jahre früherals in Schottland Dudel-sack gespielt.

Im Mittelalter und bis ins16. Jahrhundert war dieSackpfeife das typische Ins-trument der Landleute inallen Teilen Europas, auchin Schottland. Diese mittel-alterlichen Dudelsäckeverschwanden dann meis-tenorts und blieben aufrückständige Randregio-nen wie Sardinien, spa-nisch Galizien oder dieKarpaten beschränkt, wosie heute noch wie vor 500Jahren gespielt werden.Die Ausnahme bildeteSchottland, und hier in be-

sonderem Maße die Highlands. Dortbegann zu Anfang des 17. Jahrhun-derts die Geschichte der Great High-land Bagpipe von heute. Zurückzu-führen ist dies wohl auf die Abge-schiedenheit Schottlands und die Eigenart des Instruments, die denSchotten besonders zusagte.

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EigentlicEigentlich eine Kriegsh eine Kriegswwaffeaffe

Dudelsäcke aus Schottland

von Doris Ortlieb

Die eigene Kultur ist den Schotten wichtig.Dazu gehören Musik und Tanz.

Pipes and Drums sind in Schottland sehrpopulär. Fotos: Ortlieb

Wissen Sie noch, was imApril 1986 geschehen ist?Würde Ihnen bei dieser

Frage das Stichwort Tschernobylauf Anhieb in den Sinn kommen?Für die Tschernobyl-Opfer machensich aber auch heutzutage nochMenschen stark. Ihr Scherflein tra-gen dazu die Siegertsbrunner Dorf-musikanten bei.

Von den Auswirkungen des Reaktor-unfalls konnten sich die Siegerts-brunner Dorfmusikanten 1997 einBild machen. Auf Einladung vonProf. Dr. med. Edmund Lengfelderbesuchten sie Belarus, das besondersstark von der Katastrophe heimge-sucht worden ist. Lengfelder lehrt imMünchner Innenstadtklinikum amStrahlenbiologischen Institut. In Bel-arus hat er ein Zentrum aufgebaut, indem Menschen mit Schilddrüsen-krebs behandelt werden. Der Medizi-ner lernte die Dorfmusikanten bei einer Veranstaltung in München ken-nen und konnte die Musikanten ge-winnen, anlässlich eines Symposi-ums in Weißrußland beim Festakt zuspielen. Franz Nachbichler beschreibtseine Eindrücke, die so frisch erschei-nen, als wäre der Aufenthalt erst vorwenigen Tagen gewesen. In derSperrzone besuchten die Siegerts-brunner Dorfmusikanten ein verlas-senes Dorf. Kurz nach der Katastro-

phe hatte die Bevölkerung innerhalbweniger Minuten ihre Heimat zu er-lassen. Schuhe standen noch vor denHaustüren, sagt Nachbichler. DenReaktor sahen die bayerischen Gästeebenfalls: aus drei Kilometer Entfer-nung. Nachbichler beschreibt seinunangenehmes Gefühl: „Man riechtnichts, man hört nichts, aber der Gei-gerzähler hat immer angeschlagen.“Vor allem der Boden ist dort noch sehrstark belastet. Gesammelte Steinpilzewiesen 27 000 Becquerel auf. Für dieGäste aus Bayern bestand keine Ge-fahr. Sie wurden durch ihren Aufent-halt nicht mehr und nicht weniger be-lastet, als hätten sie für 75 Minuten ei-nen Transatlantikflug unternommenoder sich eineinhalb Tagelang auf dem Großen Arberaufgehalten. Mit nach Hau-se haben Franz Nachbich-ler, sein Sohn Andreas, Ste-fan Modl, Daniel Schmid,Christian Kaspar und EviMessner das Wissen ge-nommen, dass den Men-schen rund um Tscherno-byl geholfen werden muss.

Nur durch rechtzeitigesErkennen der Erkrankungund durch gezielte Behand-lung sind die Chancen gut,Menschenleben zu retten.Franz Nachbichler be-drückt es, dass diese Men-

schen beinahe in Vergessenheit gera-ten sind. „Nur die Krankheiten sindgeblieben“, so der Musiker.

Und was macht ein Musiker?Schnell war klar, dass durch eigeneMöglichkeiten Unterstützung fließensoll. Bereits zum zweiten Mal konn-ten die Siegertsbrunner Dorfmusi-kanten zu einem Benefizkonzert ein-laden. Dieses Mal waren die Siegerts-brunner Sängerinnen, Petra Hamber-ger aus Höhenkirchen (Zither) undals Sprecher Willi Fries, der Leiter derBlutenburger Konzerte in München,mit von der Partie. Alle Teilnehmen-den verzichteten auf ihr Honorar.Durch beide Veranstaltungen konn-ten 3900 Euro gesammelt werden.

Werkstatt/Musik 39

Musik gegen das Musik gegen das VVergessenergessen

Siegertsbrunner helfen Tschernobyl-Opfern

von Wolfgang J. Rotzsche

Franz Nachbichler spielt bei den Siegertsbrun-ner Dorfmusikanten die Tuba.

Wer die LfA FörderbankBayern kennt, verbindetmit ihr im Hinblick auf

ihre Gründung im Jahr 1951 fünfJahrzehnte Wirtschaftsförderung inBayern, insbesondere für kleinereund mittlere Unternehmen. AlsFörderer von Kunst und Kultur hatsie sich erst in den vergangenenJahren einen Namen gemacht.

Bei der gewerblichen Förderung liegtein Schwerpunkt der Tätigkeit derLfA auf Existenzgründungen. Dem-entsprechend unterstützt die LfA imBereich der bildenden Künste undder Musik vornehmlich junge Leute,um ihnen den Start der eigenen Kar-riere zu erleichtern. Die För-derbank Bayern konzentriertsich aber auch hier auf regio-nale Musikereignisse mit ei-

nem besonderen Be-zug zu Bayern.

Systematisch be-gonnen haben dieAktivitäten der För-derbank im Jahr 1993mit Hauskonzertenim renovierten Ge-bäude Königinstraße17 in München. Seit-dem finden alljähr-lich drei bis vier Kon-zerte mit jungen Mu-sikern hauptsächlichdes klassischen Gen-res statt. Ihnen bietetdie LfA Gelegenheitzu einem öffentli-chen Auftritt vor ei-nem Publikum vonüber 100 musikbe-geisterten Zuhörern.

Als Mitglied derKonzertgesellschaftMünchen unterstützt

die LfA deren Förderpreiswettbe-werb, bei dem sich immer wieder her-vorragende Talente präsentieren undder heuer dem Fach Violine gilt.

Erfreulich entwickelt hat sich auchdie Kooperation mit der Jungen Mün-chner Philharmonie unter Leitung

40 Werkstatt/Musik

NacNachwuchwuchs grhs großzügig föroßzügig förderndern

LfA Förderbank unterstützt Musikereignisse

von Rolf Habermann

Jungen Künstler hilft die LfA.Engagement wird großgeschrieben.

von Mark Mast. Durch regelmäßigeAnzeigen in den Konzertprogram-men und einem wesentlichen Finan-zierungsbeitrag zum editierten Jahr-buch engagiert sich die FörderbankBayern für diese innovative, jungeMusikinstitution.

Eine Sonderstellung beim LfA-En-gagement für den Bereich Musiknimmt das Musical Ludwig II „Sehn-sucht nach dem Paradies“ ein, dasnun schon zwei Jahre lang bei Füssengespielt wird. Und das mit großemErfolg und spürbarer Wirkung für dieTourismusregion Ostallgäu. Bei derEntstehung des Musicals ist die LfAals maßgeblicher AnschubfinanzierPate gestanden.

Schon im vierten Jahr fördert dieLfA die renommierten Richard-Strauss-Tage in Garmisch-Partenkir-chen. Als wichtiger Sponsor trägt siedazu bei, das hohe Niveau des Festi-

vals zu gewährleisten. Indiesem Jahr stehen inder Zeit vom 9. bis 16.Juni die konzertanteOper „Daphne“ mitElisabeth Wa-chutka, FranciscoAraiza und demMünchnerRundfunkor-chester unterLeitung vonPinchasSteinberg,öffentlicheMeister-

kurse mitDietrich Fischer-

Dieskau und „Tod undVerklärung“ von Rich-

ard Strausssowie dieSinfonie Nr.5 cis-Mollvon GustavMahler mitdem Sym-phonieor-chester desBayerischenRundfunksunter JonMarin aufdem Pro-gramm.

Erstmalsbeteiligt sichdie LfA beim

ChiemgauerMusikfesti-

val auf Gut Immling bei Bad Endorf,dessen Intendanz Ludwig Baumanninne hat. Im Mittelpunkt der Auf-führungen im Juli stehen zwei Opern- Eigenproduktionen von Verdi’s„Otello“,und Nico-lai’s „Die lu-stigen Wei-ber vonWindsor“.Regie führenIsabel Oster-mann undVerena vonKerssen-brock, denOtello undFalstaff sin-gen die inter-national be-kannten JohnKeyes und

Franz Hawlata. Es spielen die Mün-chner Symphoniker unter dem Diri-gat von Heiko Mathias Förster undCornelia von Kerssenbrock.

Im vergangenen Jahr hat die Förderbank Bayern die Werner-Egk-Festwochen in Donauwörth anläss-lich des 100. Geburtstags des Kom-ponisten unterstützt. Die beiden Jahre davor war die LfA Hauptspon-sor des Sinfonischen Sommers Rie-denburg im Altmühltal mit InitiatorFranz Hummel, der es in einzigarti-ger Weise verstand, eine Brücke vonder klassischen zur zeitgenössischenMusik zu schlagen.

Dem Engagement der LfA für dieMusik liegen als wichtige Ziele zu-grunde, den künstlerischen Nach-wuchs zu fördern und durch dasSponsoring regionaler Musikereig-nisse positive wirtschaftliche Effektefür den Tourismus zu erzielen unddamit auf indirektem Wege die Wirt-schaft zu fördern.

Werkstatt/Musik 41

Neben Musik gibt es auch etwas fürs Auge. Die Musikerschhlüpfen in Originalkostüme.

Einsatz auf der Bühne.

Vielfältig unterstützt die LfA Musiker.

Ob O-Town, Hearsay, No An-gels oder Bro’Sis, das neues-te Produkt der Fernsehma-

cher, gecastete Bands über dasFernsehen, verpackt in einewöchentlich ausgestrahlte Sen-dung, sind in – und sehr lukrativ.Denn die Zuschauer der Seriegehören meist zu den zahlreichenCD-Käufern, die die Geldbeutel der

Plattenfirmen, Fernsehbosse undanderer füllen. Die Idee ist zwarschon einige Jahre alt, aber den-noch effektiv und was in Down-under funktioniert, das lässt sichauch in den deutschen Gefildenverwirklichen.

Australien machte es vor undDeutschland zog nach: Die künstlicheProduktion erfolgversprechender

Gruppen via Fernsehen vor den Au-gen der Zuschauer. Der Sender RTLII ließ bei der Sendung „Popstars“ dieZuschauer teilhaben an dem geplan-ten Erfolg herangecasteter Bands.

Dem Sender mit dem „Schmuddel-Image“ gelang es im vergangenenJahr in der ersten Staffel der „Pop-stars“, die höchste Einschaltquotenerzielte, den fünf Frauen Jessica, Van-essa, Lucy, Sandy und Nadja als

Gruppe „No Angels“ einensicheren Platz in der Musik-branche zu sichern. Dadurch,dass der Zuschauer seinespäteren Idole immer live aufdem Bildschirm beobachtenund so zu einzelnen Sänge-rinnen, die im ersten Jahr nurihr Glück versuchen durften,Sympathien aufbauen konn-te, erreichten die teilnehmen-den Mädchen allein durch ih-re Medienpräsenz bereits vorVeröffentlichung ihrer zahl-reichen Hits einen großen Be-kanntheitsgrad, was späterdie Verkaufszahlen nichtminder beeinflusste und indie Höhe schnellen ließ.

Die erste Single „DaylightIn Your Eyes“ schoss schließ-lich gleich in der ersten Wo-che von null auf eins in diedeutschen Single-Charts. DasAlbum der fünf jungen Frau-

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Musik vMusik vom Reißbrom Reißbrettett

Erfolg herangecasteter Gruppen

von Alexander Wurst

Musik aus der Retorte, gemischt mit souligen Stimmen. Destiny Child schwimmtaufder Erfolgswelle. Foto: Sony

en „Elle’ments“ verkauf-te sich innerhalb von vierWochen 600 000 Mal.Auch die anderen Aus-kopplungen aus dem De-bütalbum der Frauen vonnebenan „Rivers Of Joy“und „When The AngelsSing“ avancierten zumHit. Der Longplayer so-gar so erfolgreich, dass erals „Special Winter Editi-on“ von der Plattenfirmaerneut veröffentlichtworden ist. Die daraufenthaltenen Bonustrackshaben allesamt das Po-tential um genauso wie„There Must Be An An-gel“ ganz oben in denCharts mitmischen zukönnen. Auch bei Kola-borationen sind die fünfPowerfrauen extrem er-folgreich: Mit dem Kana-dier Donovan nahmen sie für den So-undtrack des Walt Disney Films „At-lantis“ noch einmal „When The An-gels Sing“ auf und landeten damitprompt erneut einen neuen Ver-kaufsschlager.

Bei der zweiten Staffel der Erfolgs-sendung durften dieses Mal auchMänner ihr Können unter Beweis stel-len, was am Ende aufgrund desgroßen Potenzials im starken Ge-schlecht führte, dass neben den zweiFrauen Indira und Hila vier Männerin der neuesten öffentlich gecastetenGruppe, Bro’Sis, sind: Shaham, Gio-vanni, Faiz und Ross.

Von der ersten Singleauskopplung

„I Believe“ aus ihrem 15 Track star-ken Debütalbum „Never Forget(Where You Come From)“ wurdengar in der ersten Woche 800 000 Ein-heiten verkauft, was vorher noch kei-ner einzigen Band gelungen war. Mu-siker, die sich hart nach oben kämp-fen mussten und öfters auch aufgrößeren Widerstand beispielsweisebei den Plattenfirmen wegen ihrer ge-sellschaftskritischen Texte gestoßensind, kritisierten an diesem Punkt diebedrohliche Entwicklung. Campino,der Sänger deutschen Punkband „DieToten Hosen“, bezeichnete dengroßen Erfolg von Bro’Sis gar als„pervers“. Neben dem Singleerfolg

landete aber auchihre LP auf Platzeins der Al-bumcharts. Auchdie zweite power-geladene Single„Do You“ hat dasZeug zum großenCharterfolg.

Ein Grund für dengroßen Erfolg sol-cher künstlichenBands, der ohneMithilfe RTL IIsnicht möglich gewe-sen wäre, liegt si-cherlich darin, dassbei der Auswahlder Künstler daraufgeachtet wird, dassjede hauptsächlich

junge Zielgruppe eine Orientierungs-figur findet. Auffällig ist nämlich,dass vor allem bei Bro’Sis anfangs nurein Rapper, und zwar Shaham, ge-plant war. Mittlerweile hat aber ne-ben Indira und Hila in dem aktuellen„Do You“ bereits Faiz in „I Believe“neben seiner tragenden Gesangsstim-me auch einen Rap-Part erhalten.

Neben Deutschland und Australienereignete sich das gleiche Phänomenauch in den Vereinigten Staaten undEngland. O-Town eroberte von Ame-rika aus die ganze Welt mit Songs wie„Liquid Dreams“, in dem über dasperfekte Mädchen gesungen wird,und der Ballade „All Or Nothing“.Ähnlich wie der australischen Pop-gruppe, die in Europa kaum bekanntgeworden ist, in Australien aber dasbeste Album des Jahres veröffentlichthatte, erging es der englischen For-mation Hearsay. Die beiden jungenMänner und Frauen beschränktensich vorerst auf den Erfolg in der Hei-mat, wo sie inzwischen zu regelrech-ten Superstars geworden sind.

Aber eine Insiderin übte in den ver-gangenen Wochen große Kritik an denAuswahlkriterien der Jury: die Sänge-rin, Songwriterin und Radiomoderato-rin Noah Sow. Sie verließ nochwährend der laufenden zweiten Staffelder „Popstars“ die Jury, weil angeblichschon vor der Bekanntgabe und demEinsatz der talentierten Nachwuchs-popstars feststand, wer es in die späte-re Hitfabrik schaffen sollte.

Werkstatt/Musik 43

Bro´Sis im Auftrag eines Getränkeunternehmens. Foto: Coca Cola

Die Toten Hosen, Deutschlands berühmteste Punkband,ist über die Auswahl und das Casting der Bands nichtgerade angetan. Sie finden den großen Erfolg der BandBro´Sis sogar „pervers”. Foto: Website

Die „Songs an einem Sommer-abend“, die die Hanns-Seidel-Stiftung am 5. und 6. Juli mit

dem Bayerischen Rundfunk und derStadt Bad Staffelstein in Kloster Banzveranstaltete, zählen zu den beliebtestenOpen-Air-Festivals in Süddeutschland.Preisträger eines Nachwuchswettbe-werbs und Profikünstler gestalten anzwei aufeinander folgenden Abendenein hochkarätiges Konzert auf der Klos-terwiese. Das Erfolgsrezept der Musi-kreihe verriet Prof. Hans-Peter Nieder-meier, Leiter des Förderungswerks derHanns-Seidel-Stiftung, im Gesprächmit „Werkstatt“-Mitarbeiterin AnnetteKlüpfel.

Herr Professor Niedermeier, seit 16Jahren folgen Liedermacher aus allerWelt der Einladung zu den „Songs aneinem Sommerabend“ nach KlosterBanz. Die Liste der Gäste, die bishernach Oberfranken gekommen sind,zeigt die Attraktivität des Festivals.Gruppen und Einzelinterpreten wie„Haindling“, „STS“, Hubert von Goi-sern, Esther Ofarim, Wolfgang Am-bros, Hannes Wader und Giora Feid-man finden sich darunter. Was machtden besonderen Reiz aus?Die „Songs an einem Sommerabend“sind aus mehreren Gründen einzig-artig. Zunächst bietet ein Open-Air-Festival grundsätzlich vielfältige Rei-ze. Diese kommen in der stimmungs-

vollen Umgebung imObermaintal beson-ders gut zur Geltung,vor dem romanti-schen Hintergrundvon Kloster Banz undder WallfahrtskircheVierzehnheiligen.Natürlich macht ne-ben dem Ambientedie große Bandbreiteder Darbietungen denCharakter des Festi-vals aus. Dazu kommtein beeindruckendesinternationales Flair.Die Liedermacherund Songpoeten, die auf der Kloster-wiese auftreten, sind aus aller HerrenLänder angereist. Eines haben jedochalle Künstler gemeinsam: Sie kompo-nieren „Musik von Hand gemacht“.Dies hat Reinhard Mey, der viele Jah-re bei den „Songs“ mitgearbeitet hat,einmal in einem seiner Lieder getex-tet. Das könnte auch gut als Motto derKonzertreihe gelten.

Die Hanns-Seidel-Stiftung ist einervon drei Veranstaltern. Welchen Bei-trag leisten die Kooperationspartnerim Einzelnen?Die hervorragende Zusammenarbeitist die Grundlage des Erfolgs. DieStadt Bad Staffelstein stellt die nötigeInfrastruktur zur Verfügung. Es be-

darf ungeheurer Vorbereitung aufder Klosterwiese, damit Absperrun-gen sowie Strom- und Wasserversor-

gung gewährleistet sind.Auch ohne die Unterstüt-zung der Feuerwehr, der Po-lizei und des Roten Kreuzeswäre das Festival nicht einsolcher Renner. Aufgabe desBayerischen Rundfunks (BR)ist es, in Zusammenarbeit mitder Stiftung ein ausgewoge-nes und hochklassiges Pro-gramm für das Konzert derProfikünstler zusammenzu-stellen. Weil das Konzert imHörfunk sowie zweimal imFernsehen gesendet wird,sorgt der BR für eine überre-gionale Verbreitung. Übri-gens strahlen auch ORF,MDR und RAI die „Songs“im Fernsehen bzw. Hörfunkaus. Das ist für die Künstlerund die Nachwuchsmusikerein noch größerer Anspornals die Gagen bzw. Förder-

44 Werkstatt/Musik

Kloster Banz: Kloster Banz: TTalentscalentschmiede für Liedermachmiede für Liedermacherher

Fantastisch ist die großartige Kulisse von Kloster Banz. Auf der Bühne gegenüber demBildungszentrum der Hanns-Seidel-Stiftung finden die „Songs an einem Sommer-abend“ statt. Foto: BR/Sessner

Prof. Hans-Peter Niedermeier, Leiterdes Förderungswerkes der Hanns-Sei-del-Stiftung. Foto: Lange

In terIn ter v iev ie ww

preise. Die Hanns-Seidel-Stif-tung schreibt den Nachwuchs-wettbewerb aus. Die Gewinnernehmen neben den Profikünst-lern am Konzert teil.

Woher stammen die Bewerberdes Nachwuchswettbewerbs?Rund ein Drittel der Kandidatenkommt aus Bayern, jeweils einweiteres Drittel entfällt auf dasrestliche Bundesgebiet sowieauf Österreich und Südtirol. Mitdieser geografischen Vielfaltsind wir sehr zufrieden.

Wer wählt die jungen Künstleraus?Welche Nachwuchskünstler ge-winnen, entscheidet eine 15-köpfige Jury. Diesem Gremiumgehören Vertreter der Hanns-Seidel-Stiftung, des BayerischenRundfunks, ehemalige Preisträ-ger, Musiker, Produzenten undMusikjournalisten an. Bisher ha-ben unter anderem Ralph Siegel undHans-Jürgen Buchner von der Grup-pe „Haindling“ mitgewirkt. Beson-dere Verdienste kommen dem Erfin-der der „Songs“ und langjährigen BR-Redakteur Ado Schlier zu, der dieJury als Vorsitzender leitet.

Nach welchen Kriterien entscheidetdie Jury?Hohes künstlerisches Niveau,Vielfalt des musikalischen Aus-drucks, Eigenständigkeit undnatürlich Freude an der Musik –diese Kriterien sind ausschlagge-bend. Darüber hinaus wollen wirvor allem deutschsprachige Son-gpoeten und Liedermacher för-dern, ohne den internationalenCharakter des Festivals gering zuschätzen. Deshalb legen wir Wertdarauf, dass den eingesandtenBändern und CDs deutsche Tex-te beiliegen, getreu der Maxime„Lieder, die auch Texte haben“.Wir haben besonders junge Son-gpoeten im Blick, die fernab vomMainstream der Popmusik ihrenWeg suchen. Weil diese Lieder-macher meist wenig Beachtungfinden, versteht sich der Preisauch als Ermutigung für diesejungen Talente, ihren Weg weiterzu gehen und nicht unbedingt ab-schwenken zu müssen auf eng-lisch- oder französischsprachigeTexte.

Wer zahlt die Gagen ?Die finanzielle Last entspricht der in-haltlichen Aufteilung: Der BayerischeRundfunk übernimmt die Gagen fürdie Profikünstler, die Stiftung zahltdie Preisgelder für die Nachwuchsta-lente. In diesem Sommer erhalten dieausgezeichneten Nachwuchsgrup-pen und Solisten jeweils 1500 Euro.

Die Songs finden seit 1987 statt. Wiehaben sie sich seit der Premiere ent-wickelt?Früher waren die „Songs“ ein kleinesFamilientreffen von handverlesenenLiedermachern und ein paar hundertZuhörern. Heute erwarten wir anbeiden Abenden jeweils rund 5000Zuhörer. Bemerkenswert finde ich

auch, dass die Konzerte inder Regel meist schon imFrühjahr ausverkauft sind.Das ist ein sehr gutes Zei-chen dafür, dass die Veran-staltung auf eine große Ak-zeptanz stößt. Besonders ausgedehnt hatsich der Bereich der Nach-wuchsförderung. Bei denersten beiden Ausschrei-bungen bewarben sich 30Künstler, während mittler-weile bis zu 250 Einsendun-gen eintreffen. Natürlich istdie Qualität stark gestiegen.Im Studio „Daheim“ mit ei-nem handelsüblichen Mi-krofon aufgenommene Ton-bandkassetten sind eine Sel-tenheit geworden. Inzwi-schen schicken fast 90 Pro-zent der Bewerber eine CDein, die in einem professio-nellen Tonstudio hergestelltwurde. Und die Professio-nalisierung nimmt weiterzu. Gleichzeitig wurde die

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Der langjährige Redakteur des Bayerischen Rundfunks, Ado Schlier, leitet die Jury,die die Nachwuchsliedermacher bewertet. Foto: BR/Sessner

Hans-Jürgen Buchner, Kopf von Haindling, war vor15 Jahren selbst unter den Preisträgern und wurdedurch die „Songs“ berühmt. Foto: BR/Sessner

Veranstaltung in den vergangenen 16Jahren ausgedehnt, unter anderemdurch zusätzliche Tribünen auf derKlosterwiese. Nun ist aber das Endeder Fahnenstange erreicht, da wirfeuerpolizeiliche und sonstige orga-nisatorische Auflagen nicht verletz-ten wollen. Schließlich geht Sicher-heit vor. Das gilt gerade vor dem Hin-tergrund von Unglücken bei Open-Air-Festivals wie im vergan-genen Jahr im Elsass.

Welche Höhepunkte haben die16-jährige Geschichte ge-prägt?Jedes Konzert, das erfolgreichzu Ende geht, ist ein Höhe-punkt. Ein Unsicherheitsfak-tor ist natürlich das Wetter.Und wenn man aus Witte-rungsgründen absagen muss,ist das sehr bedauerlich. Be-sonders für die Zuschauer undKünstler hat mir das im vori-gen Jahr sehr leid getan. Aberwenn eine Veranstaltung zuEnde geht und die Gäste undKünstler zufrieden sind, wasglücklicherweise den Regel-fall darstellt, ist das sehr be-friedigend. Einzelne Glanz-punkte möchte ich nicht her-ausstellen, weil Musikge-schmack bekanntlich subjek-tiv ist. Für mich persönlich istes eine besondere Freude,wenn sich die von uns geför-derten Nachwuchskünstlerauch später durchsetzen. Vie-le der 1500 Künstler, die in denvergangenen 16 Jahren amWettbewerb teilgenommen

haben, konnten sich in-zwischen in der Mu-sikszene profilierenund fest etablieren.„Haindling“, WillyAstor, Michael Fitz,„Rosenstolz“ und„Schariwari“ sind nureinige Beispiele. Esfreut mich, wenn dieHanns-Seidel-Stiftungeinen Beitrag zur Ent-faltung junger Talentegeleistet hat.

Die Organisation undDurchführung von kul-turellen Veranstaltun-gen wie den „Songs aneinem Sommerabend“

ist kein traditioneller Schwerpunkt ei-ner politischen Stiftung. Warum hatsich die Hanns-Seidel-Stiftung derFörderung junger Musiktalente ver-schrieben?Selbstverständlich ist es nicht Haupt-aufgabe einer politischen Stiftung,Musikkonzerte zu organisieren oderNachwuchskünstler zu fördern. Auf-gabe ist in erster Linie politische Er-

wachsenenbildung, Politikberatung,entwicklungspolitische Arbeit sowiedie Förderung von jungen Studenten,Promovenden und ausländischenjungen Wissenschaftlern. Das kultu-relle Engagement steht einer politi-schen Stiftung dennoch gut zu Ge-sicht und ist ein Aushängeschild, aufdas wir stolz sind. Deshalb muss esneben der Bildungsarbeit weitere An-gebote geben, die die Kernarbeit sinn-voll ergänzen. Einer der Schwer-punkte ist neben der Förderung jun-ger Musiker die Unterstützung vonjungen Journalisten. Dies spiegeltsich auch in den Wettbewerben wi-der, die die Hanns-Seidel-Stiftungauslobt. Da gibt es zum Beispiel denPreis für Nachwuchsjournalisten undden Preis für wissenschaftliche Pu-blizistik. Zu den weiteren kulturellenAktivitäten gehört die Organisationvon Konzerten in Kloster Banz undWildbad Kreuth. Das Angebot um-fasst eine breite Palette für (fast) jedenGeschmack, von der Volksmusik biszur klassischen Musik und Jazz.

Viele junge Journalisten besuchen die„Songs“ im Rahmen von Seminarender Hanns-Seidel-Stiftung. Wird jour-nalistisches Know-how mit einem Be-richt über das Konzert oder einerBackstage-Reportage trainiert?Ja, das ist ein sehr gutes und bewähr-tes Modell. Die „Songs“ dienen imRahmen von parallel stattfindendenSeminaren für Fernseh- undHörfunkleute oder junge Bildjourna-listen als Spielwiese für unsere Nach-wuchsjournalisten. Auf diese Weisekönnen die Seminare im Bereich derjournalistischen Nachwuchsförde-rung besonders praxisnah gestaltetwerden. Voraussetzung ist freilich,dass der Ablauf des Konzerts und dieAufzeichnung des BayerischenRundfunks nicht gestört werden. Die Arbeit ist für die Nachwuchs-journalisten besonders anspruchs-voll, da bei einem Open-Air-Konzertnicht die Möglichkeit besteht, Ein-stellungen beliebig oft zu wiederho-len. Ein weiterer Vorteil für die jun-gen Journalisten ist der hautnaheKontakt zu den Künstlern. Diese sindbei den Proben und während der Pau-sen sehr auskunftsfreudig und ge-sprächsbereit. Auf diese Weise be-kommt der Nachwuchsredakteur einausführliches Interview mit demKünstler, was bei anderen Konzertenoft ausgeschlossen ist.

46 Werkstatt/Musik

„Es freut mich, wenn die HSS einen Beitragzur Ent-faltung junger Talente leisten kann.“

Die Bühne vor Kloster Banz ist Karrierestartfür viele Nachwuchskünstler.

Gesucht: Neue Mitglieder fürdie coolste Boygroup derWelt!“ – In frechen, bunten

Graffiti-Lettern prangt dieserSpruch auf einer roten Ziegelmau-er. Was ein bisschen klingt, wieein Aufruf der Backstreet-Boys, istin Wirklichkeit das Werbeplakatdes Windsbacher Knabenchors.

Der Chor aus dem fränkischen Städt-chen Windsbach zählt zu den bedeu-tensten Vokalensembles in der inter-nationalen Musikwelt. Mit Werkenvon Bach, Mozart, Händel und Stra-winsky haben sich die Sänger in die

Herzen tausender Zuhörer gesungen.„Musikalität ist das eine, die Lust aufGemeinschaft das andere“, erklärtChorleiter Karl Friedrich Beringer dieVoraussetzungen dafür, ein echterWindsbacher zu werden. „Undnatürlich die Begeisterung und derWille etwas durchzubringen.“

Grundsätzlich kann jeder Jungevon der dritten bis zur dreizehntenKlasse ein Sängerknabe werden – vor-ausgesetzt, er besteht die im Frühjahrstattfindenden Eignungsprüfungen.Doch keine Angst, um hier vorzusin-gen, muss man kein perfekter Sängersein. Einige einfache Lieder zu ken-

nen und vorzusingengenügt. Mit geschul-tem Ohr sucht sichKarl-Friedrich Berin-ger, der seit einemVierteljahrhundertden Chor führt, seineNachwuchstalente ausden Bewerbern aus.

Der „Beckenbauerder Musik“, wie Berin-ger schon betitelt wur-de, ist nicht nur alsChorleiter, sondernauch als Orchesterdiri-gent eine viel gefragteMusikpersönlichkeit.Aufbauend auf die 36-jährige Arbeit desChorgründers Hans

Thamm übernahm Beringer 1978 dasEnsemble. „Für mich war dies einegroße Herausforderung“ Mit un-glaublichem Enthusiasmus und schi-er grenzenloser Begeisterung hat dersympathische Franke den evangeli-schen Internatschor zu einem inter-nationalen Spitzenensemble ge-macht, das mit einer herausragendenPerfektion 70 bis 80 Konzerte im Jahrabsolviert. Bei Auslandsreisen nachSüdamerika, Japan, Israel, USA, Aus-tralien und zuletzt Taiwan begeisterndie Sänger Menschen auf der ganzenWelt.

Das Großprojekt Knabenchor stütztsich auf viele Säulen. „Das Ganze istmehr als die Summe seiner Teile“,erklärt der Chorleiter. Jeder einzelneSänger ist für den Chor wichtig. Dochleider ist es zunehmend schwerer ge-eigneten Nachwuchs zu finden. „Kin-der singen von sich aus unheimlichgerne, doch es gibt immer wenigerFörderung in der Kindheit.“ kritisiertBeringer. „Umweltschrott verschüt-tet Begabungen“. Hörschäden tau-chen heute schon in der Jugend auf.Dies bedeute mehr Aufbauarbeit,denn die Zeit bis zum Stimmbruchmit 13 oder 14 Jahren ist kurz.

Kinder aus dem gesamtenGroßraum Nürnberg, aber auch bisnach Lübeck kommen nach Winds-bach, um Mitzumachen – mit dabei zusein, bei einem Projekt der Extraklasse.

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Originell wirbt der Windsbacher Knabenchor umneue Mitglieder. Hier eine Broschüre über die cools-te Boygroup der Welt. Fotos: Gerauer

Die coolste BoDie coolste Boygrygroup der oup der WWeltelt

Der Windsbacher Knabenchor

von Elke Gerauer

Cubase VST 5 macht aus ei-nem Computer ein komplettesdigitales Tonstudio. Mit der

Version 5.0 verfügt der Anwenderüber das komfortabelste Werkzeugzum Komponieren und Arrangie-ren, Audio- und Midi-Recording,FX-Processing und Notenlayout al-ler Zeiten. Mit einer Digital-Recor-ding-Engine mit skalierbarerAuflösung von bis zu 32-Bit-Floating-Point und 128Kanälen Digital Audio inder Profiversion CubaseVST/32 setzt Cubase denMaßstab für computer-basiertes Produzieren imneuen Jahrtausend.

Cubase VST ist ein vollständi-ges, professionelles Musik-Aufnahmesystem für Midi-Aufnahmen in extrem hoherAuflösung sowie Audioauf-nahmen in 16 oder 24-Bit-Stu-dioqualität.

Mit der VST Schnittstelle bie-tet Cubase VST die weltweitumfangreichsten Möglichkei-ten zur perfekten Integrationvon Echtzeit-Audioeffekten.Durch die Unterstützung neu-ester ASIO-Audiokarten mitniedriger Latenzzeit wird Cu-base VST zur idealen Umge-bung für den Einsatz sample-

genauer VST Instrumente und virtu-eller Effektprozessoren. OptimierteProgramm-Codes für AMD Athlon,Pentium III, IV und AltiVec sowie ei-ne große Auswahl an bereits inte-grierten VST Instrumenten und vir-tuellen Effektprozessoren zeichnendie neue 5.1 Version aus.

Dabei lag den Erfindern der VST

Technologie vor allem eines am Her-zen: die Kreativität der Musiker. Cu-base VST bietet professionelle Funk-tionalitäten, mit denen die Musikervollkommen intuitiv arbeiten könnenund keine Probleme haben.

Basierend auf der gleichen offenenTechnologie unterstützt Cubase VSTnicht nur Effekt-Plug-ins, sondern er-

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Musik aus dem ComputerMusik aus dem Computer

Software von Steinberg

von Matthias J. Lange

Zum Programm Cubase gibt es ein umfangreiches Handbuch, aber auch genügend Se-kundärliteratur. Foto: Lange

laubt es auch, die Brücke zwi-schen Midi und Audio zu schla-gen. Diese PlugIns können Midi-Events sowohl live vomMidi-Eingang als auch vomPlayback einer Midi-Spur emp-fangen. Dabei wird das erzeug-te Audiosignal direkt in denVST Mixer geleitet. Dahernennt sie Steinberg Virtual Ins-truments. Ein sehr schöneSammlung von hervorragen-den Plug-ins ist „The Grand“.Hier kann am PC ein Konzert-flügel emuliert werden.

Die Vorteile dieser vollstän-digen Integration innerhalbCubase VST sind nicht von derHand zu weisen. Midi-Datenwerden samplegenau wieder-gegeben – um ein Vielfaches präziserals es externe Midi-Geräte können –und das komplette Setup inklusive al-ler Patches und Programs mit demSong gespeichert. So lässt es sich spä-ter jederzeit wieder aufrufen. Zudemkönnen alle Parame-teränderungen dervirtuellen Instrumen-te automatisiert wer-den – dynamische Sound-Veränderun-gen lassen sich so alsTeil der komplettenPerformance ganz ein-fach festhalten.

Die Steinberg Tech-nologie wird mittler-weile von mehr Musi-kern genutzt als jedesandere professionelleAufnahmesystem.Und das nicht ohneGrund: So bietet Cu-base VST umfangrei-che Möglichkeiten imProduktionsprozessund ist doch sehr ein-fach und intuitiv in derBedienung.

Steinbergs Bestre-ben war es immer, dieneuesten und innovativsten Techno-logien, die normalerweise uner-schwinglich sind, einer breiten Mehr-heit von Musikern zugänglich zu machen. „Dieses Ziel wird konse-quent weiterverfolgt“, so Steinberg.

Steinberg ist Vorreiter sowohl beimvisuellen Kompositionsprozess alsauch auf dem Gebiet des Hard-Disk-Recordings. Steinberg hat die Revo-lution bei der nativen Audiobearbei-

tung eingeläutet, welche die Existenzeines kompletten digitalen Audiostu-dios in einem PC erst ermöglichte –und das ohne die enormen Kosten derdamals zeitgemäßen DSP-gestütztenLösungen. Nun hat Steinberg ein neu-

es Kapitel aufgeschlagen: Die Inte-gration virtueller Instrumente. Mitder Einführung der VST 2.0 Schnitt-stelle ist Steinberg auch hier wiederführend bei der Entwicklung neuerTechnologien.

Cubase VST ist nicht nur ein Se-quenzer, sondern ein komplettes Au-diostudio. Die Kanalzüge des virtuel-len Mehrspur-Recorders verfügenüber Lautstärke- und Pan-Regler so-

wie Solo- und Mute-Schalter, Effekte,EQs und eine großzügig ausgestatte-te Dynamik-Sektion.

Pro Kanal stehen vier Insert-Effek-te zur Verfügung. Des Weiteren kön-nen im VST-Effekt-Rack bis zu acht

Send-Effekte mit Pre- undPost-Fader-Schaltung ver-waltet werden. Alle CubaseVersionen unterstützen nundie Aufnahme in 16- und 24-Bit-Auflösung. Cubase VST/32 enthält zusätzlich die Mög-lichkeit, Audio als 32-BitFloa-ting-Point-Dateien aufzuneh-men, zu mischen und zu ex-portieren. Übersteuerungensind somit beim Audio-Mix-down praktisch unmöglich.Jeder Kanal kann zu einer der8 Stereo-Gruppen geroutetwerden, die den Audio-kanälen in nichts nachstehen– komplette Effekteinbin-dung, EQs und Dynamik-Sek-tion stehen zur Verfügung.

Die vollständige Mixer-Umgebung wird innerhalb ei-nes Songs abgespeichert, in-klusive aller Effekt-Einstel-lungen und zuvor aufge-zeichneter Automationsda-

ten. Praktisch jeder Parameter kannim Mix durch Reglerbewegung auto-matisiert werden.

Sowohl Cubase VST Score als auchCubase VST/32 bieten professionel-len Notensatz und -druck. Cubasesprofessionelle Notation ist einmaligin seiner Fähigkeit, Live-Performan-ces exakt abzubilden. Diese äußerstpräzise Darstellung hebt es von Mit-bewerbern weit ab.

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Klavierspielen am Computer ist kein Problem. Auf die richtige Software kommt esbeim Produzieren an. Foto: Lange

The Grand ist eine Sammlung von Plug-ins. Sie emulieren ei-nen perfekten Konzertflügel am Computer. Die Software istfür PC und Mac geeignet. Foto: Steinberg

Mit der Einführung des Pri-vatradios Mitte der achtzi-ger Jahre begann auch der

Siegeszug des Formatradios. Nachder Definition der SWR-Medienfor-schung ist das ein „aufeinanderabgestimmtes, in allen Sendungenwiedererkennbares Erscheinungs-bild eines Radioprogramms. Prä-gende Formatmerkmale sind Mu-sikstile und Moderationen“. Um ei-ne möglichst zielgruppengerechteVermarktung zu erzielen, wurdendie Programme also regelrechtdurchgestylt. In der Regel de-finieren sich die Sender dabeiüber ihr Musikformat. Mode-ration, Nachrichten und Ver-packung werden dann daraufzugeschnitten.

Während sich aber in den USA,dem Mutterland des Formatra-dios, eine enorme Vielfalt mitüber 60 verschiedenen Musik-formaten entwickelt hat, be-herrscht in Deutschland Ein-heitsmusik die Radiolandschaft.Hier zu Lande haben nur gutzehn Formate Verbreitung imUKW-Netz gefunden. Und derweitaus größte Teil der Senderbeschränkt sich wiederum aufdas „Adult Contemporary-For-mat“ bzw. „AC-Format“. Mitdieser gefälligen Mischung aus

Charts, Titeln aus den 90er-Jahrenund einigen Oldies lässt sich einebreite Zielgruppe abdecken und zwardie besonders werberelevante Grup-pe der 14-49jährigen Hörer.

Das ist nach Frank Dostal, GEMA-Aufsichtsrat und Produzent, Musik,„die beim Bügeln nicht stört“. Daszwei wichtigste Format ist das „Con-temporary Hitradio“ bzw. „CHR“mit einer klaren Ausrichtung auf Hit-paraden-Songs und damit auch auf

Jugendliche oder junge Erwachsene.Eher auf mittlere und ältere Hörer zu-geschnitten sind „Melodie-Formate“und „Schlager/Oldie-Formate“. Einegeringere Rolle spielen dann „Midd-le of the Road/MOR“, „Album Ori-ented Rock/AOR“, Klassik, Jazz, Ea-sy Listening.

Der Kontrast zu diesen Musikfor-maten sind reine Wortprogrammewie „Talk“- und „News-Formate“.Während aber News-Formate zuneh-

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Zielgruppe abdecZielgruppe abdeckenken

Musikformate im Radio

von Manuela Olhausen

Technik von gestern: Mit dieser Bandmaschine wurden noch vor ein paar JahrenBeiträge geschnitten. Heute setzten die Redakteure den Computer ein. Foto: Lange

mend Verbreitung finden wie FAZ-Business zeigt, ist es um Talk-Radiosschlecht bestellt. Peter Laufer, Radio-macher aus Los Angeles kritisierteauf den Medientagen 2001in München, dass es inDeutschland kein einzigesTalkradio gebe. Daheim inden USA „gehören Talk-For-mate zu den erfolgreichstenRadioformaten überhaupt“.

Eine Alternative zu dengängigen Formaten könnteaber zukünftig das Internet-Radio bieten. Hier tummelnsich zahllose neue Musik-formate, die man sonst niezu hören bekäme, und siestoßen offensichtlich auchauf das Interesse der Hörer.Denn unter den 20 meist-gehörten Webradios findensich auch eine Reihe neuerAngebote wie „Electroni-ca“, „New Rock“, „Album

Adult Alternative“, „Country“ oder„Classic Rock“. Und wer doch lieberbeim altgedienten Radio bleiben will,aber trotzdem neue Musikmischun-

gen sucht, für den könnten die DAB-Sender das Richtige sein. Wer bereitist, sich das nötige Zusatzgerät anzu-schaffen, der kann sich eine ganz neue

Musikvielfalt ins Hausholen. Allein in Bayerngibt es jetzt schon 22DAB-Programme wieden Country-SenderRadio Riverside in In-golstadt, Vil Radio inNürnberg mit einemextravaganten Musik-mix aus Pop, Instru-mental, Jazz, Klassik,Soul und französischenChansons oder der lan-desweite RocksenderRock Antenne. DABhat dabei noch einenweiteren Vorteil: Überdas Display kann manauch gleich erfahren,welcher Musiktitel ge-rade gespielt wird.

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Radio aus dem Internet: Webradios werden immer populärer.Hier ein Ausschnitt aus dem amerikanischen Webradiopro-gramm, dargestellt von der Software iTunes. Die Auswahl derSongs ist riesig. Foto: Lange

Adult Album Alternative - AAA Adult Contemporary - AC Album Oriented Rock - AOR All Beatles All Elvis All Led Zeppelin All Money All News All Weather Alternative Jazz Alternative Rock Big Band Block Programming Blues Broker Children Christian Contemporary Christian News / Talk Christian Radio Classic Hits - 70's & 80’s (u.a. Varianten) Classic R&B Classic Rock Classical Collective Contemporary Country Contemporary Hit Radio - CHR Contemporary Rock Hits - CRH Contemporary Spanish - International Country Dance Digital Hits Easy - EZ

Electric Ethnic Full Service Gospel Interactive Rap International Music Jazz Korean Mexican Middle of the Road - MOR New Music News Adult Contemporary - NAC Nostalgia / Standards Oldie Based AC Oldies R & B Relaxed Adult Contemporary - RAC Religious Rock ´n' Roll Rythmic AC Salsa, Merengue & Pop Shockradio (Howard Stern & Co) Soft Rock Spanish Spanish Contemporary Tropical Sports Talk Radio Top 40 Urban Contemporary - UC Variety(Quelle: www.radioszene.de)

Übersicht über die Radioformate in den USA

Die nächste Werkstatt erscheint mit dem Titelthema „Osteuropa“

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