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Diese Madonna hat viele Bittgebete erhört WANDERN FÜR WISSBEGIERIGE (4): Unterwegs im Basler Grenzland zur Burg Landskron und zur Abtei Mariastein / Von Peter Gürth G renzen haben immer etwas Faszinierendes. Vor allem, wenn man sie überschreiten kann. Unsere heutige Wan- derung über die grüne Grenze verläuft al- lerdings nicht zwischen der Schweiz und Deutschland (wie im Buch „Wandern für Wissbegierige“ auf Seite 30), sondern westlich von Basel zwischen Frankreich und der Schweiz. Wir starten an der Mairie von Ley- men. Von dort laufen wir hoch bis zur Bahn und, jenseits der Gleise, mit der Wegmarkierung blaues Rechteck auf der Teerstraße aufwärts in Richtung Tann- wald. Links steht eine Kapelle mit einer Pietà-Statue. Dann geht es halb links ab, auf einem unbefestigten Weg, an einem Steinbruch und der Rückfront einiger Häuser vorbei. Auf dem weiteren Marsch am Waldrand entlang sehen wir schon die Ruine Landskron vor uns. Dann tauchen wieder ei- nige Häuser des Ortsteils Tannwald auf. Beim Weg- weiser halten wir uns links in Richtung Landskron. Durch den Wald steigen wir hinauf zur Burg Landskron. Vor dem ersten Tor informiert uns ei- ne große Tafel über die wechselhafte Ge- schichte der Burg, die sich auf einem Kalkrücken (Crête) in 559 Meter Höhe über dem Meer erhebt. Von hier aus konnten ihre Herren einst den ganzen südlichen Sundgau kontrollieren. Die Burg wurde 1297 durch die Familie Münch von Basel erbaut. Sie lagen im Streit mit der Familie Viztum, ebenfalls von Basel, die den Platz der Burg für sich beanspruchte. Jede dieser beiden Famili- en hatte ihren eigenen Lehnsherren, dem sie verpflichtet waren: die Viztum die Grafen von Ferrette, die Münch die Frei- herren von Rötteln (bei Lörrach). 1299 entschieden die Münchs den Zwist zu ih- ren Gunsten. Das verheerende Erdbeben von 1356 hat nicht nur Basel zerstört, sondern auch diese Burg beschädigt. 1456 folg- ten als Besitzer die Basler Herren Reich von Reichenstein auf die ausgestorbene Familie Münch. 70 Jahre später wurde die Burg unter Kaiser Maximilian, dessen Vasal- len die Reichensteiner waren, zu einer Festung ausgebaut. Im Dreißigjährigen Krieg fiel Landskron zuerst an die Schwe- den und dann an die Franzosen. Dem Markgrafen von Baden als Nachfolger der Herren von Röt- teln wurde die Burg zwar 1648 im Frieden von Münster zugespro- chen, aber die Franzosen weigerten sich, sie zu räumen. Um 1690 wurde die Burg unter Vauban erweitert. Sie war nun mit einer Garnison belegt, diente als Ableger der Bastille zugleich als Staatsgefängnis und um 1790 als Lazarett. Im Befreiungs- krieg gegen Napoleon eroberten und zer- störten sie die Österreicher 1813. Die Ruine wurde 1857 von den Baronen von Reinach gekauft. 1984 erwarb sie der Ver- ein „Pro Landskron“, der sich vorbildlich um die Konservierung und Sanierung der Gemäuer bemüht. Wir besichtigen die Ruine und steigen auf den mächtigen Turm, von dem aus man weit ins Land sehen kann. Danach gehen wir zurück nach Tannwald, bis zum Wegweiser bei den Häusern, und laufen von dort in Gegenrichtung auf dem GR (Grand Route, wie die französi- schen Fernwanderwege hei- ßen) 531 nach Maria- stein. Zuerst führt der Weg an der Grenze ent- lang, und erst auf dem Kamm überschreiten wir die Grenze in die Schweiz. Unter uns liegt Mariastein mit seiner Klosterkirche. Anstatt direkt hinunter nach dem Ort zu gehen, wäh- len wir den Weg links am Kamm entlang, um die schöne Annenkapelle zu besichti- gen mit ihren sehenswerten barocken Malereien in der Kuppel. Dann laufen wir den Stationenweg hinunter zur Kloster- kirche. Die Benediktinerabtei wurde zu- nächst um 1100 in Beinwil (das wir auf ei- ner späteren Wanderung besuchen) ge- gründet und 1648 nach Mariastein ver- legt. 1798 wurde das Kloster in der Fran- zösischen Revolution verwüstet, doch schon im Jahr 1804 kehrten die Mönche zurück. Im Zuge des Kulturkampfes wurde das Kloster 1874 aufgegeben. Die Mönche gingen ins Exil nach Delle, dann nach Dürrnberg und schließlich nach Bregenz, wo sie 1941 von der Gestapo vertrieben wurden. Sie fanden in ihrer alten Heimat Mariastein zunächst Asyl. 1971 wurde die Abtei auch staatsrechtlich wieder ge- gründet. Die hochgotische Kirche erhielt Anfang des 18. Jahrhundert eine barocke Innenausstattung. Nach der Französi- schen Revolution wurde sie mit klassizis- tischen Elementen wiederhergestellt und Ende des 19. Jahrhunderts im neobaro- cken Stil neu ausgestattet. Wir steigen hinunter zur Gnadenkapelle, die in einer Grotte im hohen Felsen eingerichtet wur- de. Auf dem Weg dorthin berichten viele Votivtafeln, wie die Muttergottes mit ih- rem Kind in Notfällen geholfen hatte. Wir gehen nun über den Klosterplatz zum Wegweiser beim Hotel Jura. Unser Weg mit der gelben Raute führt uns nach Rodersdorf. An einem Sanatori- um vorbei kommen wir, kurz be- vor der Weg wieder zum Kamm ansteigt, zum Ortsteil Heulen. Hier müssen wir bei dem etwas verdeckten Wegweiser links durch die Villen gehen. Wo die Straße „Im Rebberg“ endet, geht es gerade durch den Wald hoch und wieder an der Landesgrenze entlang. An einem Stationenweg ent- lang steigen wir später hinunter ins schweizerische Rodersdorf. Hier könnte man die Basler Stra- ßenbahn zurück nach Leymen nehmen. Allerdings geht nur jeder dritte Kurs bis Rodersdorf. Da können wir auch nach Leymen zu- rückwandern. Dazu gehen wir beim Denkmal für die Güterzusammenlegung von 1954/58 ohne Wegmarkierung rechts in den Wald und immer am Wald- rand entlang, bis wir auf die Markierung blaues Dreieck stoßen. Dieser Weg führt aufwärts zur Ruine Waldeck. Wir gehen aber abwärts nach Leymen und durch die Rue de l’Eglise zurück zur Mairie. DIE TOUR Halbtagswanderung, etwa 8 Kilometer: Rundweg, mäßig steil; lange Anfahrt. Anfahrt: Mit dem Auto über St. Louis auf die D 496 nach Hegenheim und auf der D 12-bis nach Hagenthal-le-Bas, Hagenthal-le-Haut und Leymen. Park- platz hinter der Mairie. Oder mit der Bahn bis Basel SBB, Tramlinie 17 nach Leymen. Literatur: Führer über die Burg Lands- kron und ihre Geschichte für 7 Euro in der Mairie Leymen oder beim Verein „Pro Landskron“ (CH 4118, Roders- dorf). Führungen über Eduard Spiel- mann, t0041/61/7312437. Führer für Mariastein im Ort erhältlich. Einkehr: Unterwegs in Leymen-Tann- wald Restaurant Au Chasseur (RT: Mo und Di, t 0033/389/685038). In Mariastein Hotel Post, Hotel Jura, Lin- denhof. In Rodersdorf: Restaurant Rösmatt-Stüble und Bahnhöfli. Zurück in Leymen Gasthaus Couronne d’Or und Restaurant-Café L’Ange. Alle bisher erschienenen Teile der BZ-Wanderserie finden Sie unter: www.badische-zeitung.de/ wandern 500 m 300 m 0 8 km Rodersdorf Mariastein Leymen Flüh Tannenwald Landskron- ruine 500 m ein Flüh 500 m Mar 8 km START ZIEL n on ZIEL e ymen enwald dskro ruine e Ley Land Lan Lan i ZIEL Die Grenzwanderung führt zur Burgruine Landskron und zum Gnadenbild der Madonna von Mariastein. FOTOS: GÜRTH/SCHULTE-KELLINGHAUS

Diese Madonna hat viele Bittgebete erhörtmedia.badische-zeitung.de/pdf/wandern/teil-4.pdf · Diese Madonna hat viele Bittgebete erhört W A N D E R N F Ü R W I S S B E G I E R I

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Diese Madonna hat viele Bittgebete erhörtW A N D E R N F Ü R W I S S B E G I E R I G E ( 4 ) : Unterwegs im Basler Grenzland zur Burg Landskron und zur Abtei Mariastein / Von Peter Gürth

Grenzen haben immer etwasFaszinierendes. Vor allem,wenn man sie überschreitenkann. Unsere heutige Wan-

derung über die grüne Grenze verläuft al-lerdings nicht zwischen der Schweiz undDeutschland (wie im Buch „Wandern fürWissbegierige“ auf Seite 30), sondernwestlich von Basel zwischen Frankreichund der Schweiz.

Wir starten an der Mairie von Ley-men. Von dort laufen wir hoch bis zurBahn und, jenseits der Gleise, mit derWegmarkierung blaues Rechteck auf derTeerstraße aufwärts in Richtung Tann-wald. Links steht eine Kapelle mit einerPietà-Statue. Dann geht es halb links ab,auf einem unbefestigten Weg, an einemSteinbruch und der Rückfront einigerHäuser vorbei. Auf dem weiteren Marscham Waldrand entlang sehen wirschon die Ruine Landskron voruns. Dann tauchen wieder ei-nige Häuser des OrtsteilsTannwald auf. Beim Weg-weiser halten wir uns linksin Richtung Landskron.Durch den Wald steigenwir hinauf zur BurgLandskron.

Vor dem ersten Tor informiert uns ei-ne große Tafel über die wechselhafte Ge-schichte der Burg, die sich auf einemKalkrücken (Crête) in 559 Meter Höheüber dem Meer erhebt. Von hier auskonnten ihre Herren einst den ganzensüdlichen Sundgau kontrollieren. DieBurg wurde 1297 durch die FamilieMünch von Basel erbaut. Sie lagen imStreit mit der Familie Viztum, ebenfallsvon Basel, die den Platz der Burg für sichbeanspruchte. Jede dieser beiden Famili-en hatte ihren eigenen Lehnsherren, demsie verpflichtet waren: die Viztum dieGrafen von Ferrette, die Münch die Frei-herren von Rötteln (bei Lörrach). 1299entschieden die Münchs den Zwist zu ih-ren Gunsten.

Das verheerende Erdbeben von 1356hat nicht nur Basel zerstört, sondern auchdiese Burg beschädigt. 1456 folg-ten als Besitzer die Basler HerrenReich von Reichenstein auf dieausgestorbene Familie Münch. 70Jahre später wurde die Burg unterKaiser Maximilian, dessen Vasal-len die Reichensteiner waren, zueiner Festung ausgebaut.

Im Dreißigjährigen Krieg fielLandskron zuerst an die Schwe-den und dann an die Franzosen.Dem Markgrafen von Baden alsNachfolger der Herren von Röt-teln wurde die Burg zwar 1648 imFrieden von Münster zugespro-

chen, aber die Franzosen weigerten sich,sie zu räumen. Um 1690 wurde die Burgunter Vauban erweitert. Sie war nun miteiner Garnison belegt, diente als Ablegerder Bastille zugleich als Staatsgefängnisund um 1790 als Lazarett. Im Befreiungs-krieg gegen Napoleon eroberten und zer-störten sie die Österreicher 1813. DieRuine wurde 1857 von den Baronen vonReinach gekauft. 1984 erwarb sie der Ver-ein „Pro Landskron“, der sich vorbildlichum die Konservierung und Sanierung derGemäuer bemüht.

Wir besichtigen die Ruine und steigenauf den mächtigen Turm, von dem ausman weit ins Land sehen kann. Danachgehen wir zurück nach Tannwald, biszum Wegweiser bei den Häusern, undlaufen von dort in Gegenrichtung auf dem

GR (Grand Route, wie die französi-schen Fernwanderwege hei-

ßen) 531 nach Maria-stein. Zuerst führt derWeg an der Grenze ent-

lang, und erst auf demKamm überschreiten wir

die Grenze in die Schweiz.Unter uns liegt Mariasteinmit seiner Klosterkirche.

Anstatt direkt hinunternach dem Ort zu gehen, wäh-

len wir den Weg links am Kamm entlang,um die schöne Annenkapelle zu besichti-gen mit ihren sehenswerten barockenMalereien in der Kuppel. Dann laufen wirden Stationenweg hinunter zur Kloster-kirche. Die Benediktinerabtei wurde zu-nächst um 1100 in Beinwil (das wir auf ei-ner späteren Wanderung besuchen) ge-gründet und 1648 nach Mariastein ver-legt. 1798 wurde das Kloster in der Fran-zösischen Revolution verwüstet, dochschon im Jahr 1804 kehrten die Mönchezurück.

Im Zuge des Kulturkampfes wurde dasKloster 1874 aufgegeben. Die Mönchegingen ins Exil nach Delle, dann nachDürrnberg und schließlich nach Bregenz,wo sie 1941 von der Gestapo vertriebenwurden. Sie fanden in ihrer alten Heimat

Mariastein zunächst Asyl. 1971 wurdedie Abtei auch staatsrechtlich wieder ge-gründet. Die hochgotische Kirche erhieltAnfang des 18. Jahrhundert eine barockeInnenausstattung. Nach der Französi-schen Revolution wurde sie mit klassizis-tischen Elementen wiederhergestellt undEnde des 19. Jahrhunderts im neobaro-cken Stil neu ausgestattet. Wir steigenhinunter zur Gnadenkapelle, die in einerGrotte im hohen Felsen eingerichtet wur-de. Auf dem Weg dorthin berichten vieleVotivtafeln, wie die Muttergottes mit ih-rem Kind in Notfällen geholfen hatte.

Wir gehen nun über den Klosterplatzzum Wegweiser beim Hotel Jura. UnserWeg mit der gelben Raute führt uns nach

Rodersdorf. An einem Sanatori-um vorbei kommen wir, kurz be-vor der Weg wieder zum Kammansteigt, zum Ortsteil Heulen.Hier müssen wir bei dem etwasverdeckten Wegweiser linksdurch die Villen gehen. Wo dieStraße „Im Rebberg“ endet, gehtes gerade durch den Wald hochund wieder an der Landesgrenzeentlang.

An einem Stationenweg ent-lang steigen wir später hinunterins schweizerische Rodersdorf.Hier könnte man die Basler Stra-

ßenbahn zurück nach Leymen nehmen.Allerdings geht nur jeder dritte Kurs bisRodersdorf.

Da können wir auch nach Leymen zu-rückwandern. Dazu gehen wir beimDenkmal für die Güterzusammenlegungvon 1954/58 ohne Wegmarkierungrechts in den Wald und immer am Wald-rand entlang, bis wir auf die Markierungblaues Dreieck stoßen. Dieser Weg führtaufwärts zur Ruine Waldeck. Wir gehenaber abwärts nach Leymen und durch dieRue de l’Eglise zurück zur Mairie.

D I E T O U RHalbtagswanderung, etwa8 Kilometer: Rundweg, mäßig steil;lange Anfahrt.

Anfahrt: Mit dem Auto über St. Louisauf die D 496 nach Hegenheim undauf der D 12-bis nach Hagenthal-le-Bas,Hagenthal-le-Haut und Leymen. Park-platz hinter der Mairie. Oder mit derBahn bis Basel SBB, Tramlinie 17 nachLeymen.Literatur: Führer über die Burg Lands-kron und ihre Geschichte für 7 Euroin der Mairie Leymen oder beim Verein

„Pro Landskron“ (CH 4118, Roders-dorf). Führungen über Eduard Spiel-mann, t0041/61/7312437. Führerfür Mariastein im Ort erhältlich.Einkehr: Unterwegs in Leymen-Tann-wald Restaurant Au Chasseur (RT: Mound Di, t0033/389/685038). InMariastein Hotel Post, Hotel Jura, Lin-denhof. In Rodersdorf: RestaurantRösmatt-Stüble und Bahnhöfli. Zurückin Leymen Gasthaus Couronne d’Orund Restaurant-Café L’Ange.Alle bisher erschienenen Teileder BZ-Wanderserie finden Sie unter:www.badische-zeitung.de/wandern

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Die Grenzwanderung führt zur Burgruine Landskron und zum Gnadenbildder Madonna von Mariastein. F O T O S : G Ü R T H / S C H U L T E - K E L L I N G H A U S