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© Alle Rechte vorbehalten - Axel Springer Schweiz SE, - Jede Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.as-infopool.de/lizenzierung HANDELSZEITUNG-2015-11-26-tui- 1b33639fa9de000040427b7a5c0fbf9d HANDELSZEITUNG | Nr. 48 | 26. November 2015 | 23 HZ Nr. 47 19.11.2015 «Die Terror-Firma» Der Terror ist nach Lon- don, Madrid nun definitiv in Paris angekommen und es ist sehr wahrscheinlich, dass weitere Staaten in Eu- ropa dazukommen wer- den. Diese Taten lassen uns fassungslos und ungläubig zurück, und doch sind es Vorkommnisse, die in an- deren Ländern an der bit- teren Tagesordnung sind. Dass Frankreich nun han- deln muss, ist nachvoll- ziehbar. Letztlich muss es jedoch darum gehen, den Terrorismus in allen Facet- ten zu bekämpfen, und dies heisst nicht nur militä- risch. Dass dies nicht mög- lich ist, haben die Amerika- ner in Afghanistan wie auch im Irak gezeigt. Auch ist es wenig zielführend, alle demokratisch freiheit- lichen Grundrechte einzu- schränken und einen ufer- losen Überwachungsstaat zu implementieren – oder, treffender zitiert: «Wer Freiheit für Sicherheit auf- gibt, wird beides verlieren.» Dies nämlich wäre die Ka- pitulation vor dem Terror. Pascal Merz HZ Nr. 47 19.11.2015 «Mindestlohn bei Aldi» Aldi-Mindestlohn steigt auf 4275 Franken. Damit zahlt #Aldi CH deutl. mehr als #Migros und #Coop Volker Votsmeier @VolkerVotsmeier HZ Nr. 47 19.11.2015 «Superbatterie bei Swatch» Da wünsch ich Hayek viel Erfolg und drück ihm die Daumen! Solche Unterneh- mer brauchen wir! Adrian von Büren @AdrianvonBueren HZ Nr. 47 19.11.2015 «Steuervogt bringt Startups unter Druck» Schweizer #startups schaf- fen langfristig die Zukunft – Politik und Steuerverwal- tung denken leider kurz- fristig! Christina Kehl @extrablatt Sehr guter Artikel @Han- delszeitung über katastro- phale Steuerlasten für #startups. Urs Haeusler @UrsGossip HZ Nr. 47 19.11.2015 «Über die Rolle des Journalismus in Debatten» Zuletzt muss aber auch ge- sagt werden, dass die meis- ten Journalisten aus Staats- gläubigkeit und dem peku- niären inneren Drang, «Gutes zu tun», jahrelang das Treiben in der Bundes- verwaltung zum heiligen Akt erklärt haben. Wer auch immer Opposition ergriffen hat, wurde zum Nationalisten erklärt. Es ist meiner Ansicht nach so- wieso nur noch die alte Garde der Journalisten, die verfassungsrechtliche und politische Dimensio- nen abbilden kann. Der ganze Rest der akkredi- tierten Journalisten tum- melt sich lieber in Blogs und, wie jüngst bei der Rücktrittserklärung von Widmer-Schlumpf, in selbstgerechten Lifestyle- Storys. Armin Koellner @ DIALOG Schreiben Sie uns IhreMeinungistunswichtig WirfreuenunsüberKritik LobundAnregungenüber folgendeKanäle E-Mailredaktion@ handelszeitungch Twittertwittercom handelszeitung facebook facebookcom handelszeitung OnlinePostenSie IhreMeinungauf wwwhandelszeitungch untereinenArtikel Digital Talent Gratiskaffee ist nicht genug Lohnpolizei Weit übers Ziel hinaus geschossen V ergessen Sie Öl, Gold oder Sili- zium: Der wahre Rohstoff der Zukunft lautet «Digital Talent». Zumindest ist es das, wonach Unternehmen in sämtlichen Branchen momentan lechzen. Doch was ist Digital Talent? Als Talent bezeichnet man ge- mäss Duden eine Begabung, die jemanden zu überdurchschnittlichen Leistungen auf einem bestimmten Gebiet befähigt. Ausserdem war Talent auch eine altgriechische Münzeinheit. Das passt ins Bild. Denn digitales Talent ist das Kapital von morgen. Wer es besitzt, bewegt sich geschickt in der Welt von Social Media, Mobile, Analytics und Big Data. Er oder sie ist anpassungsfähig, flexibel, hat eine «Can-do- Einstellung», fühlt sich wohl in der Unsicher- heit, die der digitalen Transformation inhärent ist. Ein Digital Talent ist vernetzt, weiss das Wis- sen der Crowd zu nutzen, denkt innovativ, schreckt nicht davor zurück, Fehler zu machen. Arianna Huffington ist ein Digital Talent, Ben- drit Bajra ebenso. Und, natürlich, auch Steve Jobs war eines. Wir können nicht alle Steve Jobs sein Aber wir können nun einmal nicht alle Steve Jobs sein. Was also passiert mit all jenen, die kein digitales Talent haben? Eine Begabung kann man zwar nicht erlernen, aber was man immer kann, ist, sich heraufarbeiten. «Harte Arbeit schlägt das Talent, wenn das Talent nicht hart arbeitet», sagte einmal der US-Basketball- star Kevin Durant. Eine digital durchschnittlich talentierte Person wird zwar nie zu einem Cy- berspace-Genie werden, aber sie wird zumin- dest sehr gut mitreden können, wenn sie den entsprechenden Effort dafür leistet. Wenn sie sich also weiterbildet, dazulernt und Neues ausprobiert. Die richtige Unternehmenskultur kann nicht verordnet werden So viel zu den Mitarbeitenden. Was aber tun Unternehmen, um solch digitales Talent anzu- locken? Wollen Firmen digitale Experten lang- fristig an sich binden, müssen sie ihnen die per- fekten Arbeitsbedingungen liefern, damit diese ihr Talent optimal zugunsten des Unterneh- mens einsetzen können. Spricht man von die- sen Pull-Faktoren, ist der Aspekt der Unterneh- menskultur kaum zu überschätzen. Dies weiss auch Brian Chesky, Chef von Airbnb. In einem offenen Brief an seine Mitarbeitenden be- schreibt er Kultur als «eine gemeinsame Art und Weise, etwas mit Passion zu tun». Kultur, so Chesky weiter, kreiere das Fundament für sämt- liche zukünftigen Innovationen: «Wenn du die Kultur tötest, tötest du die Maschine, die deine Produkte kreiert.» Eine solche Kultur kann nicht verordnet und schon gar nicht vorgeschrieben werden, son- dern sie muss vorgelebt werden, vor allem von den Führungspersonen. Denn so sehr eine gute Unternehmenskultur auch bottom-up funktio- niert: Solange sie nicht in der Chefetage ange- kommen ist, ist sie nicht authentisch. Sehr ba- nal, aber leider wahr. Da kann man im Haupt- quartier noch so viel Gratiskaffee ausschenken, putzige Haustiere organisieren oder Masseure auf Firmenkosten engagieren – das Digital Ta- lent zieht schnell weiter, wenn es keine Denk- räume für Innovationen und Experimente vor- findet. Man verstehe mich nicht falsch: Farben- frohe Open Offices sind eine tolle Sache. Aber sie bringen gar nichts, wenn die gelebte Unter- nehmensphilosophie so grau daherkommt wie ein typischer Zürcher Novembertag. Zu viele Schweizer Unternehmen haben das meiner Meinung nach noch nicht verstanden. Man wäre zwar gerne cool und trendy, aber das «Bünzlitum» ist noch immer allgegenwärtig. Bürokratie, wohin das Auge blickt: Für jeden Facebook-Post schreibt man am besten zuerst ein Konzept, welches von der PR-Abteilung abgesegnet werden muss. Die Angestellten verbringen die Hälfte ihrer Arbeitszeit damit, Mails zu beantworten oder an Meetings teilzu- nehmen, die an Effizienz und Konstruktivität kaum zu unterbieten sind. Die Führungspositi- onen sind besetzt von älteren Herren, die noch nicht so recht daran glauben, dass sich Social Media wirklich durchsetzt. Ernsthaft: Könnten Sie in einem solchen Umfeld kreativ und inno- vativ sein? Die Ansprüche an die Firmen sind mit Risiken verbunden Natürlich sind die Ansprüche, die hier an Unternehmen gestellt werden – Neues auspro- bieren, Experimente wagen, verrückten Ideen eine Chance geben, anders sein – stets auch mit Risiken verbunden. Scheitern ist ein Teil des Geschäfts, und wir Schweizer sind nicht gerade Weltmeister darin, die eigenen Fehler einzuge- stehen. Dabei kann Scheitern produktiv sein, ganz nach dem Motto: «Wenn du scheiterst, scheitere vorwärts!» Deswegen gehört eine starke Fehlerkultur zu einer starken Unterneh- mung wie der Like-Button zu Facebook. D er Bundesrat will Unternehmen ab 50 Mitarbeitenden vorschreiben, regelmässige Lohnanalysen durch- zuführen und diese durch Dritte kontrollieren zu lassen. Vor Wochenfrist be- gründete Bundesrätin Simonetta Sommaruga die Vorlage mit der vermeintlichen «Lohndis- kriminierung» der Frauen in der Höhe von 8,7 Prozent. Zeitgleich pflichtete der Bundesrat einer Studie des Bundes bei, wonach die Stan- dard-Analysemethode, welche für betriebliche Lohnkontrollen angewendet wird, angeblich für den Nachweis der Gleichstellung von Mann und Frau geeignet sein soll. Diese staatliche Intervention ist ungerecht- fertigt und schädlich. Zunächst ist der im Schnitt um 8,7 Prozent tiefere Lohn für Frauen deshalb nicht diskriminierend, weil wichtige Lohnkomponenten – etwa die effektive Berufs- erfahrung, detaillierte Angaben zur Ausbildung und auch das konkrete Anforderungsprofil der Arbeitsstelle – in den Erhebungen des Bundes- amts für Statistik nicht erhoben werden. Diesen Fehler haben inzwischen auch die Statistiker eingesehen. Sie bezeichnen die Lohndifferenz nur noch als «nicht erklärbar» und nicht mehr als «Diskriminierung». Darüber hinaus ist auch das sogenannte Standard-Analysemodell des Bundes ungeeig- net, eine Lohndiskriminierung zu messen, da es dieselben Mängel aufweist wie die Erhe- bungen des Bundesamtes für Statistik. Werden auf dem Schweizer Arbeitsmarkt zur Lohnfest- legung namentlich effektive Berufserfahrung, Ausbildungsgang, Weiterbildungen oder Ver- fügbarkeit ausgeklammert, bleiben zentrale Lohnkomponenten unberücksichtigt. Zwar er- achtet die Studie des Bundes diese zentralen leistungsorientierten Faktoren als potenziell diskriminierend. Diese Ansicht zielt jedoch völlig an der wirtschaftlichen Realität vorbei. Die Studie des Bundes geht indirekt davon aus, dass sich der «richtige Lohn» aufgrund mathematischer Berechnungen zweifelsfrei berechnen lasse. Doch das ist so unmöglich, wie den «richtigen Preis» für einen Haarschnitt festzulegen. Ein solch vereinfachtes Abbild der Wirtschaft ist eine Fingerübung im Elfenbein- turm. Ebenfalls irritierend ist, dass sich gemäss Studie die Mehrheit der Unternehmen für das Standard-Analysemodell aussprechen. Diese Behauptung ist insofern falsch, als sie aufgrund eines missverständlichen Fragekatalogs der Studie des Bundes zustande kommt. Hingegen lehnen die von uns befragten Arbeitgeber das Standard-Analysemodell des Bundes für die Feststellung einer Lohndiskriminierung prak- tisch unisono als untauglich ab. Enormer bürokratischer Aufwand ist programmiert Staatlich verordnete Lohnkontrollen sind weder legitimiert noch wirksam. Wenn die private Lohnpolizei mit solch untauglichen Instrumentarien die Lohndiskriminierung feststellen soll, ist der enorme bürokratische Aufwand bereits programmiert. Auch eine schwarze Liste, auf der ohne effektiven Nach- weis eine Lohndiskriminierung angeprangert wird, ist absurd. Vorverurteilungen in unserem Rechtssystem sind verpönt, zumal zur Be- kämpfung von Lohndiskriminierung ausrei- chende Instrumentarien bestehen. So können bereits heute Einzelpersonen und ihre Arbeit- nehmerverbände durch gerichtliche Klagen wirksam gegen Lohndiskriminierung vorgehen. Die staatliche Intervention lenkt zudem von den eigentlichen Schlüsselthemen ab. Arbeit- geber haben ein ureigenes Interesse an einer verstärkten Nutzung von weiblichen Fachkräf- ten. So muss es gelingen, die Arbeitspensen der Frauen zu erhöhen sowie gesetzliche und steuerliche Abhalteeffekte für Zweitverdiener- Ehepaare zu beseitigen. Das sind Ansatzpunkte, mit denen sich die statistisch festgestellte Lohnungleichheit wirksam beheben lässt. Der Bundesrat sollte sich nicht mit Scheu- klappen auf die Unternehmensüberwachung fokussieren, sondern sich für die Verbesserung der Rahmenbedingungen einsetzen. Nur ein liberaler Arbeitsmarkt mit den optimalen Rah- menbedingungen setzt die richtigen Anreize und garantiert eine effektive Gleichstellung. Zwangsmassnahmen mit einer Lohnpolizei schiessen hingegen am Ziel vorbei. «Viele Schweizer Unternehmen wären gern cool und trendy. Aber das ‹Bünzlitum› ist noch immer allgegenwärtig.» «Verordnete Lohnkontrollen sind weder legitimiert noch wirksam.» Manuel Nappo Leiter MAS Digital Business, HWZ Zürich Roland Müller Direktor Schweizerischer Arbeitgeberverband

"Digital Talent: Gratiskaffee ist nicht genug"

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Handelszeitung | 26.11.2015

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HANDELSZEITUNG | Nr. 48 | 26. November 2015 | 23

HZ Nr. 47 19.11.2015 «Die Terror-Firma»Der Terror ist nach Lon-don, Madrid nun definitiv in Paris angekommen und es ist sehr wahrscheinlich, dass weitere Staaten in Eu-ropa dazukommen wer-den. Diese Taten lassen uns fassungslos und ungläubig zurück, und doch sind es Vorkommnisse, die in an-deren Ländern an der bit-teren Tagesordnung sind. Dass Frankreich nun han-deln muss, ist nachvoll-ziehbar. Letztlich muss es

jedoch darum gehen, den Terrorismus in allen Facet-ten zu bekämpfen, und dies heisst nicht nur militä-risch. Dass dies nicht mög-lich ist, haben die Amerika-ner in Afghanistan wie auch im Irak gezeigt. Auch ist es wenig zielführend, alle demokratisch freiheit-lichen Grundrechte einzu-schränken und einen ufer-losen Überwachungsstaat zu implementieren – oder, treffender zitiert: «Wer Frei heit für Sicherheit auf-gibt, wird beides verlieren.» Dies nämlich wäre die Ka-pitulation vor dem Terror. Pascal Merz

HZ Nr. 47 19.11.2015 «Mindestlohn bei Aldi»Aldi-Mindestlohn steigt auf 4275 Franken. Damit zahlt #Aldi CH deutl. mehr als #Migros und #Coop Volker Votsmeier@VolkerVotsmeier

HZ Nr. 47 19.11.2015 «Superbatterie bei Swatch»Da wünsch ich Hayek viel Erfolg und drück ihm die Daumen! Solche Unterneh-mer brauchen wir! Adrian von Büren@AdrianvonBueren

HZ Nr. 47 19.11.2015 «Steuervogt bringt Startups unter Druck»Schweizer #startups schaf-fen langfristig die Zukunft – Politik und Steuerverwal-tung denken leider kurz-fristig!Christina Kehl@extrablatt

Sehr guter Artikel @Han-delszeitung über katastro-phale Steuerlasten für #startups.Urs Haeusler@UrsGossip

HZ Nr. 47 19.11.2015 «Über die Rolle des Journalismus in Debatten»Zuletzt muss aber auch ge-sagt werden, dass die meis-ten Journalisten aus Staats-gläubigkeit und dem peku-niären inneren Drang, «Gutes zu tun», jahrelang das Treiben in der Bundes-verwaltung zum heiligen Akt erklärt haben. Wer auch immer Opposition ergriffen hat, wurde zum Nationalisten erklärt. Es ist meiner Ansicht nach so-wieso nur noch die alte

Garde der Journalisten, die verfassungsrechtliche und politische Dimensio-nen abbilden kann. Der ganze Rest der akkredi-tierten Journalisten tum-melt sich lieber in Blogs und, wie jüngst bei der Rücktrittserklärung von Widmer-Schlumpf, in selbstgerechten Lifestyle- Storys.Armin Koellner

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Digital TalentGratiskaffee ist nicht genug

Lohnpolizei Weit übers Ziel hinaus geschossen

V ergessen Sie Öl, Gold oder Sili-zium: Der wahre Rohstoff der Zukunft lautet «Digital Talent». Zumindest ist es das, wonach Unternehmen in sämtlichen

Branchen momentan lechzen. Doch was ist Digital Talent? Als Talent bezeichnet man ge-mäss Duden eine Begabung, die jemanden zu überdurchschnittlichen Leistungen auf einem bestimmten Gebiet befähigt. Ausserdem war Talent auch eine altgriechische Münzeinheit.

Das passt ins Bild. Denn digitales Talent ist das Kapital von morgen. Wer es besitzt, bewegt sich geschickt in der Welt von Social Media, Mobile, Analytics und Big Data. Er oder sie ist anpassungsfähig, flexibel, hat eine «Can-do-Einstellung», fühlt sich wohl in der Unsicher-heit, die der digitalen Transformation inhärent ist. Ein Digital Talent ist vernetzt, weiss das Wis-sen der Crowd zu nutzen, denkt innovativ, schreckt nicht davor zurück, Fehler zu machen. Arianna Huffington ist ein Digital Talent, Ben-drit Bajra ebenso. Und, natürlich, auch Steve Jobs war eines.

Wir können nicht alle Steve Jobs sein

Aber wir können nun einmal nicht alle Steve Jobs sein. Was also passiert mit all jenen, die kein digitales Talent haben? Eine Begabung kann man zwar nicht erlernen, aber was man immer kann, ist, sich heraufarbeiten. «Harte Arbeit schlägt das Talent, wenn das Talent nicht hart arbeitet», sagte einmal der US-Basketball-star Kevin Durant. Eine digital durchschnittlich talentierte Person wird zwar nie zu einem Cy-berspace-Genie werden, aber sie wird zumin-

dest sehr gut mitreden können, wenn sie den entsprechenden Effort dafür leistet. Wenn sie sich also weiterbildet, dazulernt und Neues ausprobiert.

Die richtige Unternehmenskultur kann nicht verordnet werden

So viel zu den Mitarbeitenden. Was aber tun Unternehmen, um solch digitales Talent anzu-locken? Wollen Firmen digitale Experten lang-fristig an sich binden, müssen sie ihnen die per-fekten Arbeitsbedingungen liefern, damit diese ihr Talent optimal zugunsten des Unterneh-mens einsetzen können. Spricht man von die-sen Pull-Faktoren, ist der Aspekt der Unterneh-menskultur kaum zu überschätzen. Dies weiss auch Brian Chesky, Chef von Airbnb. In einem offenen Brief an seine Mitarbeitenden be-schreibt er Kultur als «eine gemeinsame Art und Weise, etwas mit Passion zu tun». Kultur, so Chesky weiter, kreiere das Fundament für sämt-liche zukünftigen Innovationen: «Wenn du die Kultur tötest, tötest du die Maschine, die deine Produkte kreiert.»

Eine solche Kultur kann nicht verordnet und schon gar nicht vorgeschrieben werden, son-dern sie muss vorgelebt werden, vor allem von den Führungspersonen. Denn so sehr eine gute Unternehmenskultur auch bottom-up funktio-niert: Solange sie nicht in der Chefetage ange-kommen ist, ist sie nicht authentisch. Sehr ba-nal, aber leider wahr. Da kann man im Haupt-quartier noch so viel Gratiskaffee ausschenken, putzige Haustiere organisieren oder Masseure auf Firmenkosten engagieren – das Digital Ta-lent zieht schnell weiter, wenn es keine Denk-räume für Innovationen und Experimente vor-

findet. Man verstehe mich nicht falsch: Farben-frohe Open Offices sind eine tolle Sache. Aber sie bringen gar nichts, wenn die gelebte Unter-nehmensphilosophie so grau daherkommt wie ein typischer Zürcher Novembertag.

Zu viele Schweizer Unternehmen haben das meiner Meinung nach noch nicht verstanden. Man wäre zwar gerne cool und trendy, aber das «Bünzlitum» ist noch immer allgegenwärtig. Bürokratie, wohin das Auge blickt: Für jeden Facebook-Post schreibt man am besten zuerst ein Konzept, welches von der PR-Abteilung abgesegnet werden muss. Die Angestellten verbringen die Hälfte ihrer Arbeitszeit damit, Mails zu beantworten oder an Meetings teilzu-nehmen, die an Effizienz und Konstruktivität kaum zu unterbieten sind. Die Führungspositi-onen sind besetzt von älteren Herren, die noch nicht so recht daran glauben, dass sich Social Media wirklich durchsetzt. Ernsthaft: Könnten Sie in einem solchen Umfeld kreativ und inno-vativ sein?

Die Ansprüche an die Firmen sind mit Risiken verbunden

Natürlich sind die Ansprüche, die hier an Unternehmen gestellt werden – Neues auspro-bieren, Experimente wagen, verrückten Ideen eine Chance geben, anders sein – stets auch mit Risiken verbunden. Scheitern ist ein Teil des Geschäfts, und wir Schweizer sind nicht gerade Weltmeister darin, die eigenen Fehler einzuge-stehen. Dabei kann Scheitern produktiv sein, ganz nach dem Motto: «Wenn du scheiterst, scheitere vorwärts!» Deswegen gehört eine starke Fehlerkultur zu einer starken Unterneh-mung wie der Like-Button zu Facebook.

Der Bundesrat will Unternehmen ab 50 Mitarbeitenden vorschreiben, regelmässige Lohnanalysen durch-zuführen und diese durch Dritte

kontrollieren zu lassen. Vor Wochenfrist be-gründete Bundesrätin Simonetta Sommaruga die Vorlage mit der vermeintlichen «Lohndis-kriminierung» der Frauen in der Höhe von 8,7 Prozent. Zeitgleich pflichtete der Bundesrat einer Studie des Bundes bei, wonach die Stan-dard-Analysemethode, welche für betriebliche Lohnkontrollen angewendet wird, angeblich für den Nachweis der Gleichstellung von Mann und Frau geeignet sein soll.

Diese staatliche Intervention ist ungerecht-fertigt und schädlich. Zunächst ist der im Schnitt um 8,7 Prozent tiefere Lohn für Frauen deshalb nicht diskriminierend, weil wichtige Lohnkomponenten – etwa die effektive Berufs-erfahrung, detaillierte Angaben zur Ausbildung und auch das konkrete Anforderungsprofil der Arbeitsstelle – in den Erhebungen des Bundes-amts für Statistik nicht erhoben werden. Diesen Fehler haben inzwischen auch die Statistiker eingesehen. Sie bezeichnen die Lohndifferenz nur noch als «nicht erklärbar» und nicht mehr als «Diskriminierung».

Darüber hinaus ist auch das sogenannte Standard-Analysemodell des Bundes ungeeig-

net, eine Lohndiskriminierung zu messen, da es dieselben Mängel aufweist wie die Erhe-bungen des Bundesamtes für Statistik. Werden auf dem Schweizer Arbeitsmarkt zur Lohnfest-legung namentlich effektive Berufserfahrung, Ausbildungsgang, Weiterbildungen oder Ver-fügbarkeit ausgeklammert, bleiben zentrale Lohnkomponenten unberücksichtigt. Zwar er-achtet die Studie des Bundes diese zentralen leistungsorientierten Faktoren als potenziell diskriminierend. Diese Ansicht zielt jedoch völlig an der wirtschaftlichen Realität vorbei.

Die Studie des Bundes geht indirekt davon aus, dass sich der «richtige Lohn» aufgrund mathematischer Berechnungen zweifelsfrei berechnen lasse. Doch das ist so unmöglich, wie den «richtigen Preis» für einen Haarschnitt festzulegen. Ein solch vereinfachtes Abbild der Wirtschaft ist eine Fingerübung im Elfenbein-

turm. Ebenfalls irritierend ist, dass sich gemäss Studie die Mehrheit der Unternehmen für das Standard-Analysemodell aussprechen. Diese Behauptung ist insofern falsch, als sie aufgrund eines missverständlichen Fragekatalogs der Studie des Bundes zustande kommt. Hingegen lehnen die von uns befragten Arbeitgeber das Standard-Analysemodell des Bundes für die Feststellung einer Lohndiskriminierung prak-tisch unisono als untauglich ab.

Enormer bürokratischer Aufwand ist programmiert

Staatlich verordnete Lohnkontrollen sind weder legitimiert noch wirksam. Wenn die private Lohnpolizei mit solch untauglichen Instrumentarien die Lohndiskriminierung feststellen soll, ist der enorme bürokratische

Aufwand bereits programmiert. Auch eine schwarze Liste, auf der ohne effektiven Nach-weis eine Lohndiskriminierung angeprangert wird, ist absurd. Vorverurteilungen in unserem Rechtssystem sind verpönt, zumal zur Be-kämpfung von Lohndiskriminierung ausrei-chende Instrumentarien bestehen. So können bereits heute Einzelpersonen und ihre Arbeit-nehmerverbände durch gerichtliche Klagen wirksam gegen Lohndiskriminierung vorgehen.

Die staatliche Intervention lenkt zudem von den eigentlichen Schlüsselthemen ab. Arbeit-geber haben ein ureigenes Interesse an einer verstärkten Nutzung von weiblichen Fachkräf-ten. So muss es gelingen, die Arbeitspensen der Frauen zu erhöhen sowie gesetzliche und steuerliche Abhalteeffekte für Zweitverdiener-Ehepaare zu beseitigen. Das sind Ansatzpunkte, mit denen sich die statistisch festgestellte Lohn ungleichheit wirksam beheben lässt.

Der Bundesrat sollte sich nicht mit Scheu-klappen auf die Unternehmensüberwachung fokussieren, sondern sich für die Verbesserung der Rahmenbedingungen einsetzen. Nur ein liberaler Arbeitsmarkt mit den optimalen Rah-menbedingungen setzt die richtigen Anreize und garantiert eine effektive Gleichstellung. Zwangsmassnahmen mit einer Lohnpolizei schiessen hingegen am Ziel vorbei.

«Viele Schweizer Unternehmen wären gern cool und trendy. Aber das ‹Bünzlitum› ist noch immer allgegenwärtig.»

«Verordnete Lohnkontrollen sind weder legitimiert noch wirksam.»

Manuel Nappo Leiter MAS Digital Business, HWZ Zürich

Roland MüllerDirektor Schweizerischer Arbeitgeberverband