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FVS Themen 2002Doerte Laing • Dish-Stirling-Systeme

Einleitung

Dish-Stirling-Systeme sind Anlagen zur dezen-tralen solarthermischen Stromerzeugung, diedirekte Sonnenstrahlung nutzen. Ihre elektri-sche Leistung liegt typischerweise zwischen5 und 50 kW. Durch diesen Leistungsbereichund die Möglichkeit, mehrere Systeme zu einer„Farm“ zusammenzuschalten, sind die Dish-Stirling-Systeme für einen weiten Einsatzbereichgeeignet. Leistungen von 5 kW bis in den MW-Bereich können damit abgedeckt werden undbieten damit einen Ersatz für die heute weit verbreiteten Diesel-Aggregate.

Die wesentlichen Komponenten eines Dish-Stirling-Systems sind in Abb.1 dargestellt. Einerotationssymmetrisch parabolisch gekrümmteKonzentratorschale mit kurzer Brennweite bün-delt Solarstrahlung auf den nahe seines Brenn-punktes angeordneten Receiver mit der Stirling-einheit. Da gerichtete (direkte) Solarstrahlungkonzentriert wird, müssen Konzentrator undStirlingeinheit kontinuierlich zweiachsig der Son-ne nachgeführt werden. Der Receiver absorbiertdie Strahlung und führt sie als Hochtemperatur-wärme dem Stirlingmotor zu, der sie über den

Stirling-Kreisprozess in mechanische Energiewandelt. Ein direkt an die Kurbelwelle desStirlingmotors gekoppelter Generator formtdiese dann in elektrische Energie um.

Bisher ausgeführte Systeme

Anfang und Mitte der 80er Jahre wurden in denUSA in mehreren Projekten (JPL, Vanguard,McDonnel Douglas) die ersten modernen Dish-Stirling-Anlagen mit 25 kW elektrischer Leistunggebaut [1]. Heute arbeiten in den USA dreiKonsortien an der Markteinführung der Dish-Stirling-Technologie. Stirling Engine Systems(SES) ist dabei, zusammen mit Boeing und derschwedischen Firma Kokums, das 25 kW-Modul von McDonnel Douglas zu überarbei-ten. Science Applications International Corpo-ration (SAIC) und Stirling Thermal Motors(STM) entwickeln ein 22 kW-Modul. SandiaNational Laboratories entwickelt ein 10 kW-System für netzunabhängigen Betrieb. EineÜbersicht über die internationale Entwicklungvon Dish-Stirling-Systemen findet sich in[2 und 3]. In Deutschland arbeitet seit 1984 Schlaich Ber-germann und Partner (SBP) an der Entwicklungvon Dish-Stirling Systemen. In Saudi-Arabienwurden zwei Einheiten mit Konzentratoren von17m Durchmesser und 50-kWel-Stirlingmotorenerrichtet. Die weitere Entwicklung bei SBP kon-zentrierte sich auf erheblich vereinfachte undkostengünstigere Anlagen (V 160), mit der nacheinem Prototypen in Stuttgart (1988) [4] fünfEinheiten mit einem 7,5m Durchmesser-Kon-zentrator und 9 kW elektrischer Leistung ver-wirklicht wurden. Drei dieser Systeme wurden1992 im Rahmen des Projektes Distal I auf derPlataforma Solar de Almería in Südspaniengebaut und im Dauerbetrieb getestet [5]. DieseAnlagen markieren mit über 30.000 kumulier-ten Betriebsstunden die weltweit umfangreich-sten Betriebserfahrungen mit solchen Systemen.30

Dish-Stirling-SystemeEine Technologie zur dezentralen solarenStromerzeugung

Abbildung 1Dish-Stirling-Prinzip

Dipl.-Ing. Doerte Laing

DLR

[email protected]

Dipl.-Phys. Wolfgang Schiel

Schlaich Bergermannund Partner (SBP)

[email protected]

Dr.-Ing. Peter Heller

DLR

[email protected]

Konzentrator Schale

Elevations Lager

Ringträger

AntriebsschieneElevation

Schaltschrank

Azimuthantrieb

Stirling Einheit

Stirling Tragwerk

Drehstand

AntriebsschieneAzimut

Fundament

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1996 wurde im Rahmen des Projektes Distal IIin Almería mit dem Aufbau von drei weiterenEinheiten der nächste Entwicklungsschritt ver-wirklicht [6]. Diese Anlagen sind mit Konzentra-toren von 8,5 m Durchmesser, Stirlingmotorenvon 9 kW elektrischer Leistung und einer vollau-tomatischen Steuerung ausgestattet (Abb.2)und werden seither kontinuierlich betrieben.

Das EuroDish-Projekt

1998 folgte der Startschuss für die nächsteGeneration von Dish-Stirling-Anlagen bei SBP.Zusammen mit sechs weiteren deutschen undspanischen Partnern und unter Förderung derEuropäischen Kommission wurde ein fortge-schrittenes System entwickelt, der EuroDish.Hauptziel dieses Projekts war die Verringerungder hohen Anlagenkosten. Zwei Prototypenwurden bis 2001 auf der Plataforma Solar deAlmería errichtet und befinden sich inzwischenim Erprobungsbetrieb (Abb.3).

Dies sind die wesentlichen Komponenten desSystems:

KonzentratorDie Konzentratoren der vorangegangenenSysteme wurden in Metallmembran-Technikausgeführt. Dabei werden dünne Edelstahlble-che (0,2 bis 0,5 mm) in einem formgebendenLastfall plastisch in die gewünschte Geometrieverformt und im Betrieb durch einen geringenUnterdruck im Konzentratorgehäuse stabilisiert.Mit dieser Technologie können sehr präzise undsteife Konzentratoren gebaut werden, doch derMontageaufwand vor Ort ist beim Bau von ein-zelnen Anlagen sehr hoch. Die damit verbunde-nen Kosten können erst durch Errichtung einergrößeren Anzahl von Systemen an einem Auf-stellort entscheidend verringert werden.Da im Zuge der Markteinführung jedoch dieAufstellung einzelner Anlagen oder kleinererCluster im Vordergrund stehen, wurde beimKonzentrator des EuroDish ein ganz neuer Wegbeschritten. Der Konzentrator mit 8,5 m Durch-messer wird nunmehr als dünnwandige Sand-wichschale aus faserverstärktem Epoxidharzausgeführt. Die Konzentratorschale besteht auszwölf gleichen Segmenten, die auf einem sehr

präzisen Formwerkzeug laminiert, wärmebe-handelt und zur Versteifung rückseitig mit einerRippe versehen werden. Die Vorderseite wirdmit Dünnglasspiegeln (0,9 mm) beklebt, dieeine dauerhaft hohe Reflektivität von rund 94%gewährleisten.

Bei der Montage wird zunächst ein Fachwerk-Ringträger aufgebaut. Die Schalensegmentewerden in einem Container angeliefert und ineiner Drei-Punkt-Lagerung auf dem Ringträgersowie mittig auf einem einfachen Zentrierwerk-zeug montiert, wobei zur Justierung lediglichein optisches Nivellier benötigt wird (Abb.4).Sind alle Segmente montiert, so werden dieseentlang ihrer radialen Kanten verklebt. Durchdie formschlüssige Verbindung entfaltet sich dievorteilhafte Schalentragwirkung und bildet soein sehr steifes und leichtes Bauteil mit hoherFormtreue. 31

Abbildung 2Dish-Stirling SystemDistal II in Almería

Abbildung 3EuroDish-Prototypenauf der PlataformaSolar de Almería,Spanien

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NachführungDa der Konzentrator im Betrieb stets exakt aufdie Sonne ausgerichtet sein muss, wird er in zweiAchsen beweglich montiert. Neben der in denVorgängeranlagen Distal I realisierten polarenAufhängung, bei der eine Achse parallel zur Erd-achse verläuft, die andere senkrecht dazu, kanndiese Bewegung auch mit einer azimuthalenMontierung erfolgen. Beim EuroDish verläufthierbei die Azimuthachse senkrecht und dieElevationsachse parallel zur Erdoberfläche. Einals Rohrkonstruktion ausgeführter sogenannterDrehstand sorgt für die azimuthale Bewegung,indem er auf sechs Rädern auf einem ringförmi-gen Fundament mit dem zentralen Azimuthla-ger abrollt. In 5,7 m Höhe sind auf dem Dreh-stand die Elevationslager angeordnet, in denender Konzentrator aufgehängt ist.

Um die hohen Drehmomente aufzunehmen,die unter Windlast auf den Konzentrator wirken,werden die resultierenden Kräfte über Rollen-

ketten und Antriebsbögen (9,3 m Durchmesser)in die mit Servomotoren ausgestatteten Antrie-be eingeleitet, sodass recht kleine und preis-günstige Getriebe und Motoren verwendet wer-den können (Abb.5). Die aktuelle Position wirdüber hochgenaue Drehgeber an die Steuerungzurückgemeldet.

ReceiverDer Receiver ist das Bindeglied zwischen Kon-zentrator und Stirlingmotor und damit einhochbeanspruchtes Bauteil. Es muss einer Reihevon teilweise gegenläufigen Anforderungengenügen: Einerseits muss die Solarstrahlung zueinem hohen Anteil absorbiert und zugleich dieinfrarote Abstrahlung minimiert werden, zumanderen verlangt der Stirling-Kreisprozess hoheTemperaturen, hohe Arbeitsgasdrücke undeinen kompakten Wärmeaustauscher mit gerin-gem Schadvolumen.

Der eingesetzte Receiver besteht aus 78 Rohren,die über Sammler an den Arbeitsraum desMotors angeschlossen werden. Jedes einzelneRohr besteht aus einer hochtemperatur- undkorrosionsbeständigen Nickelbasislegierung,Außendurchmesser 3 mm, Wandstärke 0,6 mm.Auf der Rückseite sind Thermoelemente zurTemperaturüberwachung angebracht. Diemaximalen Temperaturen auf den bestrahltenRohrvorderseiten liegen bei etwa 900°C beieinem mittleren Arbeitsgasdruck von bis zu150 bar.

Der Receiver befindet sich etwa 15 cm hinterdem Brennpunkt des Konzentrators, wodurch erdeutlich geringeren Strahlungsflussdichten aus-gesetzt ist als im Brennpunkt. Ein wassergekühl-ter Aluminiumzylinder bildet einen Hohlraum32

Abbildung 4Konzentratorschaleund Segmenthandling

Abbildung 5Drehstand undAntriebseinheit mitServomotor undGetriebe

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vor dem Receiver (Cavity), dessen Öffnung inder Brennebene liegt. Dadurch werden die Wär-meverluste durch Konvektion und infraroteAbstrahlung deutlich verringert. Rückseitig istder Receiver mit einer keramischen Isolierungversehen, die vollständig in Edelstahlblechgekapselt ist.

Beim EuroDish wird die Jahresenergieausbeuteder Anlage gesteigert, indem der Konzentratormit rund 25% größerer Fläche ausgelegt wurdeals für die Nennleistung des Stirlingmotors erfor-derlich (solares Vielfaches). Dadurch muss beiEinstrahlungen ab rund 850 W/m2 überschüssi-ge Wärme abgeführt werden, was durch einkleines auf die Receiverrohre gerichtetes Ge-bläse erfolgt. Durch diese Leistungsabregelungwird zwar bei hoher Einstrahlung Energie ver-schenkt. Der Vorteil ist aber, dass der Stirling-motor bei geringer und mittlerer Einstrahlungauch mit hohem Wirkungsgrad betrieben wer-den kann. In der Jahresenergiebilanz führt diesinsbesondere bei Standorten mit relativ weni-gen Stunden mit maximaler Einstrahlung zueinem Gewinn von fast 30% gegenüber einerDimensionierung ohne solares Vielfaches.

Stirling 161Der beim EuroDish eingesetzte Stirling 161 derSolo Kleinmotoren GmbH basiert auf derursprünglich von der schwedischen United Stir-ling AB entwickelten Anlage V 160 und wird seit

1990 von Solo weiterentwickelt und in Prototy-penstückzahlen gebaut [7]. Derzeit wird beiSolo eine Kleinserienfertigung dieser Maschineals gasbetriebenes BHKW aufgebaut.

Der Stirling 161 (Abb. 6) wird mit Helium alsArbeitsgas betrieben und erreicht bei einemmittleren Druck von 150 bar, eine Gastempera-tur von 650°C und mit 1.500 U/min eine elek-trische Leistung von 9 bis 10 kW. Das Kurbel-gehäuse ist drucklos, die Zylinder wassergekühlt.Die Rückkühlung des Kühlwassers erfolgt imgeschlossenen Kreislauf mittels einer Umwälz-pumpe durch einen Wasser/Luftkühler. An derKurbelwelle ist ein Asynchrongenerator ange-flanscht, der direkt ins Netz einspeist.

Die Hauptaufgabe der Mikroprozessor-Motorre-gelung besteht in der Steuerung des Arbeitsgas-druckes im Motor, der über Ventile, einen Kom-pressor und einen Hochdruck-Vorratsbehälterdem jeweiligen solaren Leistungsangebot ange-passt wird.

Testbetrieb und Ausblick

Zwei Prototypen des EuroDish-Systems wurdenim Dezember 2000 und Juni 2001 auf der Plata-forma Solar de Almería errichtet und in Betriebgenommen. Während des Testbetriebs wurdendie Steuerungssoftware verbessert und dieAntriebe weiterentwickelt. Inzwischen sind dieAnlagen im vollautomatischen Betrieb und wer-den vom Personal des DLR betreut.Gegenwärtig wird der nächste Entwicklungs-schritt in Angriff genommen. Mit finanziellerFörderung des Bundesumweltministeriums wer-den drei Arbeitspakete bearbeitet:

• Die beiden EuroDish Prototypen in Almeríawerden weiter betrieben, um Betriebserfahrun-gen zu sammeln. Zudem dienen sie auch dazu,weiterentwickelte Komponenten zu erprobenund zukünftige Anlagenbetreiber zu schulen.

• Weitere Leistungssteigerung der Anlagenund Maßnahmen zur Kostensenkung bei Kom-ponentenherstellung und Montage sollen denÜbergang in eine Kleinserienfertigung ermögli-chen und die bisher noch hohen Systemkostenverringern. 33

Abbildung 6Stirling V161 von SoloKleinmotoren GmbHmit Solarreceiver

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• Bei drei ausgewählten Nutzern (z.B. Energie-versorgungsunternehmen) werden so genannteLänderreferenzanlagen gebaut. Damit könnenMontage, Betrieb und Wartung unter marktna-hen Bedingungen erprobt werden. Außerdemwird die Technik für die Öffentlichkeit undpotenzielle Betreiber sichtbar.

Literatur

[1] Lopez, C. W.; Stone, K.W.:Design and Performance of the SouthernCalifornia Ediosn Stirling Dish. SolarEngineering Vol. 2 ASME, USA 1992.

[2] Stine, W. B.; Diver, R.B.: A Compendium of Solar Dish-Stirling Tech-nology. Sandia-Bericht Sand 93-7026 UC-236, USA 1994.

[3] Schiel, W.; Laing, D.: Survey on Solar-Electric Dish-Stirling Tech-nology. Proceedings of the VDI-GET 10thInternational Stirling Engine ConferenceOsnabrück, ISBN3-931384-38-1, 2001.

[4] Keck, T.; Benz, R.; Schiel, W.: Bau und Test eines 7,5-m-Dish-Stirling-Systems. Abschlussbericht zum Forschungs-vorhaben 0328925C (BMFT), Schlaich Ber-germann und Partner, Stuttgart (1990),unveröffentlicht.

[5] Schiel, W.; Schweizer, A.; Stine, W.: Evaluation of the 9-kW-Dish-Stirling-Systemof Schlaich Bergermann und Partner Usingthe Proposed IEA Dish-Stirling PerformanceAnalysis Guidelines, Proceedings of the29th IECEC, Monterey, CA, August 7-12,1994.

[6] Keck, T.; Schiel, W.; Schweitzer, A.: Auf den Punkt genau. Sonnenenergie(1998), Nr. 3. DGS-ISES, ISSN 0172-3278,München 1998.

[7] Baumüller, A.; Schiel, W.: Single Acting 10 kW (el) Stirling EngineApplication and Results. 8. ISEC, Universityof Ancona, Italien, 1997.

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