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22 AFRICA POSITIVE NR.76/20 WIRTSCHAFT Vom 27. bis 29. Oktober 2019 war Djibouti das Ziel einer deutschen Wirtschaftsdelega- tion, geleitet von Aden Moha- med Dileita, Botschafter der Republik Djibouti in Berlin. Dank der pro- fessionellen Organisation durch die Bot- schaft standen der Delegation alle Türen offen: von Häfen über Freizonen bis zum Bahnhof - alles neu seit meinem letzten Be- such in 2014. Wirtschaftshandbuch Djibouti Ein wichtiger Programmpunkt der Reise war die Vorstellung des neuen Wirtschafts- handbuchs Djibouti der Ghorfa, die in der Person ihres Generalsekretärs Abduzaiz Al Mikhlafi ebenfalls Mitglied der Delegation war. Dieser „Djibouti Business Guide“ wurde auch dem Präsidenten des Landes im Rahmen einer offiziellen Präsentation mit VIP Gästen überreicht. Die nationale Presse berichtete darüber am Folgetag. Die ge- samte Delegationsreise wurde von den Me- dien inkl. Fernsehen begleitet. Der Teil über Politik und Wirtschaft des sehr informati- ven Inhalts des Wirtschaftshandbuchs (in dem es auch um den Rechtsbereich geht) stammt aus der Feder von Dr. Andreas Wet- ter, einem ausgewiesenen Afrika-Kenner und Djibouti-Spezialisten, der u. a. als Bera- ter der djiboutischen Botschaft fungiert und vor Ort anwesend war. Deutsche Investoren stehen an erster Stelle auf der Wunschliste der Investitionsbehörde. National Investment Promo- tion Agency Im Anschluss an das offizielle Programm in der Handelskammer ergab sich ein Ge- spräch mit Amina Houssein Guireh. Sie stellt sich vor als „Head of Promotion De- partment der National Investment Promo- tion Agency (NIPA). „NIPA bietet einen One-Stop-Shop, die Prozedur dauert maxi- mal drei Tage für investitionsfreudige Un- ternehmen. Der Privatsektor ist herzlich willkommen, besonders kleine und mittlere Unternehmen (KMU). Es gibt seit vielen Jahren vielfältige Möglichkeiten, in Djibouti zu investieren“, meint sie. „In den letzten drei Monaten haben sich die beiden Berei- che Tourismus und Erneuerbare Energien herauskristallisiert. Wir wollen von Äthio- pien unabhängig werden, denn derzeit kommt unsere Energie hauptsächlich aus dem Nachbarland via zwei Stromleitungen. Unter der Leitung unseres Premierministers gibt es zwei sogenannte „Labs“, eines für den Bereich Energie und eines für Touris- mus. Im Tourismussektor streben wir Öko- Tourismus und Nischen-Tourismus an“. Häfen, Freizonen und die alles verbindende Eisenbahn Die Architektur in Djibouti Stadt ist vielfäl- tig. Im modernen Baustil präsentieren sich verschiedene Banken und die Nationalver- sammlung. Neue Restaurants am Meer be- stechen durch große Veranden, auf denen man im Schatten die Meeresbrise genießt, und in der Altstadt ist das traditionelle „Mai- son du Tabac“ immer noch das schönste Haus. Djibouti kann man als Hafen von Äthiopien bezeichnen. Es gibt sogar meh- rere Häfen, der Containerhafen von Dora- leh ist der größte der Gegend und meist er- stes Ziel aller Wirtschaftsdelegationen. Die gesamte Infrastruktur mit angeschlossener Bahnlinie, neuem Bahnhof, inzwischen zwei Freizonen präsentiert sich deutlich erweitert und verbessert im Vergleich zu meinem er- sten Besuch in Djibouti im Jahr 2014. Da- mals wie heute ist leider keine einzige deut- sche Firma in den Freizonen zu sehen. Die Chinesen beherrschen nicht nur die Ent- wicklungen im neuen Hafen und in der neuen Freizone, sie haben auch die Bahnli- nie von Addis Abeba in Äthiopien bis nach Djibouti gebaut - mit Anschluss an die Häfen und inklusive eines riesigen Bahnhofs (Nagad Train Station) mit neuester Techno- logie, der noch völlig leer steht. Leider ist die Strecke bisher nur eingleisig und es gibt nur einen Zug, sodass nach wie vor die Contai- nerlaster Tag und Nacht ununterbrochen die Nationalstraße 1 von und nach Äthiopien befahren. Jeder Besucher des neuen Doraleh Multi- purpose Port (DMP), der im Mai 2017 er- öffnet wurde, steht beeindruckt vor den rie- sigen Krananlagen und bewundert die In- frastruktur, die zur besten und effektivsten in Afrika gehört. Die größten Schiffe kön- nen im DMP anlegen und Be- und Entla- dung erfolgen schnell - schließlich ist man auch ISO 28000 zertifiziert. Sicherheit hat oberste Priorität. DMP ist der risikoärmste Hafen der gesamten Region. Die Zukunfts- Perspektive von DMP als Transshipment Drehscheibe könnte besser nicht sein. Dabei hilft die neue, ebenfalls von den Chinesen gebaute, nahe gelegene Djibouti Internatio- nal Free Trade Zone (DIFTZ) mit Eisen- bahnanschluss - schon von weitem durch ein Verwaltungshochhaus erkennbar - die in nicht allzu ferner Zukunft die größte Afri- kas sein wird. Besucher können vor der Rundfahrt über das weitläufige Gelände das Modell bestaunen, die Freizone wurde am 5. Djibouti - Kleines Land mit großen Ambitionen > > Containerhafen Fortsetzung auf Seite 23

Djibouti - Kleines Land mit großen Ambitionen

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Page 1: Djibouti - Kleines Land mit großen Ambitionen

22 AFRICA POSITIVE NR.76/20

WIRTSCHAFT

Vom 27. bis 29. Oktober 2019war Djibouti das Ziel einerdeutschen Wirtschaftsdelega-tion, geleitet von Aden Moha-med Dileita, Botschafter der

Republik Djibouti in Berlin. Dank der pro-fessionellen Organisation durch die Bot-schaft standen der Delegation alle Türenoffen: von Häfen über Freizonen bis zumBahnhof - alles neu seit meinem letzten Be-such in 2014.

Wirtschaftshandbuch DjiboutiEin wichtiger Programmpunkt der Reisewar die Vorstellung des neuen Wirtschafts-handbuchs Djibouti der Ghorfa, die in derPerson ihres Generalsekretärs Abduzaiz AlMikhlafi ebenfalls Mitglied der Delegationwar. Dieser „Djibouti Business Guide“wurde auch dem Präsidenten des Landes imRahmen einer offiziellen Präsentation mitVIP Gästen überreicht. Die nationale Presseberichtete darüber am Folgetag. Die ge-samte Delegationsreise wurde von den Me-dien inkl. Fernsehen begleitet. Der Teil überPolitik und Wirtschaft des sehr informati-ven Inhalts des Wirtschaftshandbuchs (indem es auch um den Rechtsbereich geht)stammt aus der Feder von Dr. Andreas Wet-ter, einem ausgewiesenen Afrika-Kennerund Djibouti-Spezialisten, der u. a. als Bera-ter der djiboutischen Botschaft fungiert undvor Ort anwesend war. Deutsche Investoren

stehen an erster Stelle auf der Wunschlisteder Investitionsbehörde.

National Investment Promo-tion Agency Im Anschluss an das offizielle Programm inder Handelskammer ergab sich ein Ge-spräch mit Amina Houssein Guireh. Siestellt sich vor als „Head of Promotion De-partment der National Investment Promo-tion Agency (NIPA). „NIPA bietet einenOne-Stop-Shop, die Prozedur dauert maxi-mal drei Tage für investitionsfreudige Un-ternehmen. Der Privatsektor ist herzlichwillkommen, besonders kleine und mittlereUnternehmen (KMU). Es gibt seit vielenJahren vielfältige Möglichkeiten, in Djiboutizu investieren“, meint sie. „In den letztendrei Monaten haben sich die beiden Berei-che Tourismus und Erneuerbare Energienherauskristallisiert. Wir wollen von Äthio-pien unabhängig werden, denn derzeitkommt unsere Energie hauptsächlich ausdem Nachbarland via zwei Stromleitungen.Unter der Leitung unseres Premierministersgibt es zwei sogenannte „Labs“, eines fürden Bereich Energie und eines für Touris-mus. Im Tourismussektor streben wir Öko-Tourismus und Nischen-Tourismus an“.

Häfen, Freizonen und die allesverbindende EisenbahnDie Architektur in Djibouti Stadt ist vielfäl-

tig. Im modernen Baustil präsentieren sichverschiedene Banken und die Nationalver-sammlung. Neue Restaurants am Meer be-stechen durch große Veranden, auf denenman im Schatten die Meeresbrise genießt,und in der Altstadt ist das traditionelle „Mai-son du Tabac“ immer noch das schönsteHaus. Djibouti kann man als Hafen vonÄthiopien bezeichnen. Es gibt sogar meh-rere Häfen, der Containerhafen von Dora-leh ist der größte der Gegend und meist er-stes Ziel aller Wirtschaftsdelegationen. Diegesamte Infrastruktur mit angeschlossenerBahnlinie, neuem Bahnhof, inzwischen zweiFreizonen präsentiert sich deutlich erweitertund verbessert im Vergleich zu meinem er-sten Besuch in Djibouti im Jahr 2014. Da-mals wie heute ist leider keine einzige deut-sche Firma in den Freizonen zu sehen. DieChinesen beherrschen nicht nur die Ent-wicklungen im neuen Hafen und in derneuen Freizone, sie haben auch die Bahnli-nie von Addis Abeba in Äthiopien bis nachDjibouti gebaut - mit Anschluss an dieHäfen und inklusive eines riesigen Bahnhofs(Nagad Train Station) mit neuester Techno-logie, der noch völlig leer steht. Leider ist dieStrecke bisher nur eingleisig und es gibt nureinen Zug, sodass nach wie vor die Contai-nerlaster Tag und Nacht ununterbrochen dieNationalstraße 1 von und nach Äthiopienbefahren.Jeder Besucher des neuen Doraleh Multi-purpose Port (DMP), der im Mai 2017 er-öffnet wurde, steht beeindruckt vor den rie-sigen Krananlagen und bewundert die In-frastruktur, die zur besten und effektivstenin Afrika gehört. Die größten Schiffe kön-nen im DMP anlegen und Be- und Entla-dung erfolgen schnell - schließlich ist manauch ISO 28000 zertifiziert. Sicherheit hatoberste Priorität. DMP ist der risikoärmsteHafen der gesamten Region. Die Zukunfts-Perspektive von DMP als TransshipmentDrehscheibe könnte besser nicht sein. Dabeihilft die neue, ebenfalls von den Chinesengebaute, nahe gelegene Djibouti Internatio-nal Free Trade Zone (DIFTZ) mit Eisen-bahnanschluss - schon von weitem durch einVerwaltungshochhaus erkennbar - die innicht allzu ferner Zukunft die größte Afri-kas sein wird. Besucher können vor derRundfahrt über das weitläufige Gelände dasModell bestaunen, die Freizone wurde am 5.

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In ihrer diesjährigen Neujahrs-ansprache ging BundeskanzlerinAngela Merkel mit dem nüch-tern klingenden Satz „Die Zu-sammenarbeit mit Afrika liegt

auch in unserem eigenen Interesse“ aufAfrika ein. Sie richtet damit den Focus aufdie Chance, ein friedliches und sicheres Leben der Menschen des Kontinents zu er-reichen, um Flucht und Migration überhauptaufzuhalten.Zu der von ihr angesprochenen Rolle derEU gegenüber dem NachbarkontinentAfrika erwarte ich von ihr eine revolutionäreStimme zum weiteren Aufbruch in den Län-dern, besonders im Blick auf den vorgese-henen Gipfel aller Mitgliedsstaaten und desAfrika-Gipfels 2020. Die Zusammenarbeitmit Afrika wurde mit der G20-Initiative „Compact with Africa“(CwA) auf eine neue Stufe gehoben, getra-gen von einem Entwicklungsinvestitions-fonds mit einer Milliarde EURO. Der von Bundeskanzlerin Merkel zum19.11.2019 einberufene zweite Gipfel mitden afrikanischen Reformstaaten zur Um-setzung des Programms der CwA erntete je-doch erhebliche Kritiken. Ein klares Bildvom gemeinsamen Austausch gab es nicht,außer den drei von Minister Dr. Müller ge-nannten Projektbeispielen. Was wurde vonafrikanischen Repräsentanten mittels Struk-turreformen in Bezug auf Investitionen an-geboten? Welche Anreize geben sie deut-schen Investoren für Projekte mit lokalenKooperationen? Sind qualitativ gut erarbei-tete Vorstellungen in Diskussion gekom-men? Wer spricht dazu?Hier frage ich mich neuerdings auch nachder Kompetenzlinie unserer Ministerien(BMZ-BMWI) zur InvestitionsoffensiveAfrika, zumal ich Dr. Müller als unserenAfrika-Minister sehe, als alleinigen Haupt-arrangeur des Entwicklungsfonds. ImBMWI –Portfolio steht doch „Technologie –

die Hauptsäule im Investment“!Nun – für eine wirkungsvolle Neuausrich-tung der deutschen Wirtschaft und deut-scher privater Akteure zum Investment inden Reformländern mit einer Win-Win Si-tuation muß von beiden Seiten ernsthafteresBemühen erkennbar werden. Unsere Unter-nehmen müssen ihren Willen erkennen las-sen, ihr ernsthaftes Interesse, etwas fürAfrika zu tun und die Chancen zu nutzen.Wenn in Afrika auch Veränderungen wieUmbrüche Zeit brauchen, so sind das afri-kanische Zeitpolster. Die Risiken und die Si-cherheit der Märkte sind mit innovativer Ar-beit überwindbare Hürden.Entwicklungsfortschritte erfordern ein inte-gratives Wachstum, wofür die aufsteigendeMittelschicht die entscheidende Basis dar-stellt, in der potentielle Ansprechpartner fürunsere Firmen zu finden sind. Es wird näm-lich unterstellt, daß die Ziele einer dezentra-lisierten Industrialisierung, vornehmlich imManufacturing und der Agrarwirtschaft, aus-schließlich mit Großinvestitionen nicht er-reichbar sind. Lokale Produktion, lokalesUnternehmertum, also wirtschaftliche Ent-wicklung, wird befördert durch Partner-schaften auf Augenhöhe (Förderung mitTechnologie und Ausbildung).Eingehen möchte ich hier auf die neuesteErklärung von Minister Dr. Müller zur Zu-kunftstechnologie in Afrika, d.h. der Schwer-punkt der neuen EU –Politik muß eineKlima– und Energiepartnerschaft Europasmit Afrika sein. Damit stellt er eindeutig dieFörderung der Zukunftsinvestitionen heraus.Jedoch sind Klima und Agrarwirtschaft engverbunden, und so steht hier die nachhaltigeAgrarentwicklung im Vordergrund, wofürvon afrikanischer Seite mehr Kooperations-anreize gegeben werden müssen. UnserenPartnern fehlt nämlich mehr Eigeninitiative.Also: Nicht nur warten, was von außenkommt. Helfen wir also.Gerade in diesem Bereich muß auf Augen-

höhe mit dem riesigen Potential an Farmerngearbeitet werden, um die Nahrungproduk-tion zu sichern wie auch zu modernisieren.Und hier leite ich über zu meinem Projekt-vorschlag „Industriepark“, in dem ich nachwie vor eine für die lokale Region eine exi-stenzielle, nachhaltige Standortlösung sehe.Zum genannten Slogan „Förderung von Zu-kunftsinvestitionen“ sehe ich aber die Not-wendigkeit, den Sektor Agrar-Industrie vollim Blickfeld zu behalten. Ghana zielt imRahmen seiner nachhaltigen Industriealisie-rungsstrategie auf mehr Investitionen ab,dezentralisiert auf die Distrikte im Landeverteilt. Darin ist die Agrarwirtschaft inbe-griffen. U.a. stehen dafür die Errichtung vonIndustrieparks im Plan.Infolge meiner bisherigen Bemühungen er-warte ich gerade dazu von unseren Unter-nehmen die Bereitschaft, mitzuwirken andem von mir vorgeschlagenen Projekt „In-dustriepark“ – ausgelegt auf die agrarwirt-schaftliche Modernisierung, mit dem Ziel,meine Idee aufzunehmen und in einen ge-schäftsreifen Vorschlag für Ghana (an Re-gierung und lokale Partner) zu verwandeln. So arbeiten wir hin zu in einer sinnvollen In-itiative auf ein kohärentes Projektpaketund sehen uns auf Augenhöhe!Für die Initiative „CwA“ steht 2020 dendeutschen Unternehmen die wichtige Auf-gabe bevor, Konzepte für Investment zukreieren, und zwar projektkonkret, flexibel,konstruktiv, entlastend vom überzogenenBeratungswesen unserer Institutionen, undum damit das Vertrauen bei unseren afrika-nischen Partnern zu stärken.

Dipl.oec. Gerd Eckert

Mit einer „ Partnerschaft auf Augenhöhe „

Juli 2018 eröffnet, ein großer Teil der Infra-struktur ist fertig. Die Djibouti Ports andFree Zone Authority (DPFZA) ist sicher,dass der Kundenansturm nicht abreißenwird und das Personalbüro (Direction FreeZone Employment Office) hat viel zu tun:Qualifiziertes Personal muss gefunden und

ausgebildet werden - selbstverständlich unterNutzung modernster Technologien. DieZiele: Beschäftigung in Djibouti attraktiv ma-chen, Arbeitsplätze für die eigene Bevölke-rung schaffen und damit den Häfen undFreizonen dienen.

Text und Fotos: Barbara Schumacher

Zur Umsetzung der Initiative „ Compact with Africa“

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Gerd Eckert

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