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dung von Röntgenstrahlen in der zahnärztlichen Praxis mit einer Häufigkeit von 33 % aller Röntgen- untersuchungen auf medizinischem Gebiet – nach den Skelettaufnahmen der Unfall- und Orthopädi- schen Chirurgie mit 35 % – die zweithäufigste ist. Im Vergleich dazu werden aber lediglich 0,2% der auf die Gesamtbevölkerung einwirkenden effektiven Strahlenbelastung durch die zahnärztliche Radio- logie erzeugt [11]. Da im Rahmen einer zahnärzt- lichen Behandlung, besonders bei der Wurzelkanal- behandlung, mehrmals geröntgt werden muss, oder etwa auch die Implantattherapie Verlaufskontrol- len benötigt, wurden für die Zahnheilkunde spe- zielle Verfahren zur Verringerung der Strahlenbelas- tung entwickelt. Dies sind zum Beispiel die Bildver- stärkerfolien oder digitale Aufnahmetechniken, die mit einer geringen Strahlenexposition eine hohe Informationsdichte ermöglichen (Abb. 1). So wurden die intraoralen Röntgenfilme durch ver- schiedene Sensorgenerationen der digitalen Aufnah- metechnik abgelöst, wobei die Sensoren heute nur noch wenig Platz einnehmen. Zudem enthalten die Geräte für digitale Orthopantomogramme unter- schiedliche Steuerungsmöglichkeiten, um gezielt Aufnahmen für Kinder, Erwachsene, aber auch im Rahmen spezieller Untersuchungsmethoden herzu- stellen. Zudem stehen spezielle Programme zur Ver- fügung, welche zusätzlich transversale Schichten ab- Dreidimensionale Bildgebende Verfahren in der zahnärztlichen Röntgendiagnostik Zum aktuellen Stand der zahnärztlichen Radiologie Ein Beitrag von Dr.Jörg Neugebauer, Dr.Lutz Ritter, Dr.Dr.Martin Scheer, Priv.-Doz.Dr.Dr.Robert A.Mischkowski und Univ.Prof.Dr.Dr.Joachim E.Zöller, Köln Die dreidimensionale Röntgendiagnostik wird zur- zeit aus therapeutischer, wirtschaftlicher und strahlenhygienischer Sicht intensiv diskutiert. Die Schnittstellenproblematik und die relativ hohe Strahlenbelastung schränken die Durchführung der weit verbreiteten Computertomographie für zahnärztliche Fragestellungen ein. Geräte zur digi- talen Volumentomographie (DVT), auch Cone-Beam CT genannt, werden in zahlreichen Typen ange- boten. Sie unterscheiden sich bezüglich der Auf- lösung, der Größe des darstellbaren Volumens und der Strahlenbelastung. Diese Parameter können, je nach Gerät, den Einsatz für einzelne Fragestel- lungen begrenzen. Zudem unterscheiden sich die Geräte in der Software zur Bildanalyse, was die Effektivität der zahnärztlichen Befundung oder die Weiterverarbeitung der Daten in speziellen Planungsprogrammen limitieren kann. Radiologische Diagnostik Die Entdeckung der Röntgenstrahlen vor über 100 Jahren hat zu deren mannigfachen Anwendung in der Medizin geführt. Die Radiologie stellt heute für den Zahnarzt das wesentliche Bildgebende Verfah- ren zur Diagnostik und zur Verlaufskontrolle von Befunden dar. Die Spezialisierung des Zahnarztes auf eine relativ kleine Region des menschlichen Kör- pers erfordert die genaue Kenntnis der räumlichen Anordnung der Strukturen in diesem Areal. Nur dann kann er pathologische Prozesse frühzeitig er- kennen und bei Interventionen die anatomischen Strukturen weitgehend schützen. Die Anatomie des Gesichtsschädels beschreibt nicht nur detailliert die Zähne, sondern die komplexen Knochenstrukturen erzeugen im Röntgenbild ver- schieden stark ausgeprägte Konturen unterschied- licher Dichte und Lumina. Dies gilt auch für die Aus- und Eintrittsöffnungen der sensiblen und mo- torischen Nerven, sowie deren Verlauf im Knochen. Daher ist es nicht verwunderlich, dass die Anwen- BZB Januar/Februar 08 Wissenschaft und Fortbildung 50 Abb. 1: Postoperatives konventionelles OPG nach implantatprothe- tischer Versorgung

Dreidimensionale Bildgebende Verfahren in der ... · PDF filedung von Röntgenstrahlen in der zahnärztlichen Praxis mit einer Häufigkeit von 33% aller Röntgen-untersuchungen auf

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dung von Röntgenstrahlen in der zahnärztlichenPraxis mit einer Häufigkeit von 33 % aller Röntgen-untersuchungen auf medizinischem Gebiet – nachden Skelettaufnahmen der Unfall- und Orthopädi-schen Chirurgie mit 35 % – die zweithäufigste ist. ImVergleich dazu werden aber lediglich 0,2% der aufdie Gesamtbevölkerung einwirkenden effektivenStrahlenbelastung durch die zahnärztliche Radio-logie erzeugt [11]. Da im Rahmen einer zahnärzt-lichen Behandlung, besonders bei der Wurzelkanal-behandlung, mehrmals geröntgt werden muss, oderetwa auch die Implantattherapie Verlaufskontrol-len benötigt, wurden für die Zahnheilkunde spe-zielle Verfahren zur Verringerung der Strahlenbelas-tung entwickelt. Dies sind zum Beispiel die Bildver-stärkerfolien oder digitale Aufnahmetechniken, diemit einer geringen Strahlenexposition eine hoheInformationsdichte ermöglichen (Abb. 1).So wurden die intraoralen Röntgenfilme durch ver-schiedene Sensorgenerationen der digitalen Aufnah-metechnik abgelöst, wobei die Sensoren heute nurnoch wenig Platz einnehmen. Zudem enthalten dieGeräte für digitale Orthopantomogramme unter-schiedliche Steuerungsmöglichkeiten, um gezieltAufnahmen für Kinder, Erwachsene, aber auch imRahmen spezieller Untersuchungsmethoden herzu-stellen. Zudem stehen spezielle Programme zur Ver-fügung, welche zusätzlich transversale Schichten ab-

Dreidimensionale BildgebendeVerfahren in der zahnärztlichenRöntgendiagnostikZum aktuellen Stand der zahnärztlichen Radiologie

Ein Be i t rag von Dr. Jörg Neugebauer, Dr. Lutz R i t ter, Dr. Dr. Mart in Scheer,Pr iv. -Doz. Dr. Dr. Robert A . Mischkowsk i und Univ. Prof . Dr. Dr. Joachim E. Zöl le r, Kö ln

Die dreidimensionale Röntgendiagnostik wird zur-zeit aus therapeutischer, wirtschaftlicher undstrahlenhygienischer Sicht intensiv diskutiert. DieSchnittstellenproblematik und die relativ hoheStrahlenbelastung schränken die Durchführungder weit verbreiteten Computertomographie fürzahnärztliche Fragestellungen ein. Geräte zur digi-talen Volumentomographie (DVT), auch Cone-BeamCT genannt, werden in zahlreichen Typen ange-boten. Sie unterscheiden sich bezüglich der Auf-lösung, der Größe des darstellbaren Volumens undder Strahlenbelastung. Diese Parameter können, jenach Gerät, den Einsatz für einzelne Fragestel-lungen begrenzen. Zudem unterscheiden sich dieGeräte in der Software zur Bildanalyse, was dieEffektivität der zahnärztlichen Befundung oder dieWeiterverarbeitung der Daten in speziellenPlanungsprogrammen limitieren kann.

Radiologische DiagnostikDie Entdeckung der Röntgenstrahlen vor über 100Jahren hat zu deren mannigfachen Anwendung inder Medizin geführt. Die Radiologie stellt heute fürden Zahnarzt das wesentliche Bildgebende Verfah-ren zur Diagnostik und zur Verlaufskontrolle vonBefunden dar. Die Spezialisierung des Zahnarztesauf eine relativ kleine Region des menschlichen Kör-pers erfordert die genaue Kenntnis der räumlichenAnordnung der Strukturen in diesem Areal. Nurdann kann er pathologische Prozesse frühzeitig er-kennen und bei Interventionen die anatomischenStrukturen weitgehend schützen.Die Anatomie des Gesichtsschädels beschreibt nichtnur detailliert die Zähne, sondern die komplexenKnochenstrukturen erzeugen im Röntgenbild ver-schieden stark ausgeprägte Konturen unterschied-licher Dichte und Lumina. Dies gilt auch für dieAus- und Eintrittsöffnungen der sensiblen und mo-torischen Nerven, sowie deren Verlauf im Knochen.Daher ist es nicht verwunderlich, dass die Anwen-

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Abb. 1: Postoperatives konventionelles OPG nach implantatprothe-tischer Versorgung

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bilden, die senkrecht zur klassischen Panoramakur-ve ausgerichtet sind. Derartige Aufnahmen lieferneine dreidimensionale Information, die besondersfür die Implantatplanung genutzt werden kann.

ComputertomographieIn der Allgemeinmedizin wird die Computertomo-graphie mit einer Häufigkeit von 6 % aller Rönt-genuntersuchungen angewendet. Bei der effekti-ven Dosis werden hierbei in Deutschland 48,2 %der kollektiven Strahlenbelastung erzeugt. Dabeihat sich seit Einführung der Computertomographiedie Aufnahmetechnik kontinuierlich verbessert, sodass heute Geräte mit 128 Zeilen eine hohe Auflö-sung bei geringer Strahlenexposition ermöglichen.Infolge der zeilenförmigen Aufnahme der Informa-tion muss der Patient mit der zu untersuchendenRegion durch den Strahlengang bewegt werden.Durch einen kontinuierlichen Vorschub wird danndas so genannte Spiral-CT erzeugt (Abb. 2).Die Computertomographie steht dem Zahnarzt inspeziellen radiologischen Zentren zur Verfügung.Dort ist jedoch auch die jeweils individuelle Erfah-rung mit zahnärztlichen Fragestellungen für diediagnostische Aussagekraft der CT-Aufnahmen ent-scheidend. Damit aufgrund der systembedingt ho-hen Strahlenbelastung beim CT die Patienten nichteiner unnötigen Strahlenexposition ausgesetzt wer-den, ist es wichtig, dass das Untersuchungsfensterentsprechend eingeschränkt wird. Dies kann aberbedeuten, dass relevante Detailinformationen nichtdargestellt werden. Durch die Schnittstelle Zahnarzt-praxis – Radiologe entsteht so durchaus das Risiko,dass Aufnahmen wiederholt oder ergänzt werdenmüssen. Ferner ist bei der Computertomographieauf einen adäquaten Schichtabstand zu achten. Die-ser liegt standardmäßig zwischen einem und zwei

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Abb. 2: Vergleich der Funktionsweise der Cone-Beam bzw. DVT-Technologie (links) mit kegelförmigem Strahlengang und zeilen-förmiger Abbildung beim Spiral-CT (rechts)

Abb. 3: Funktionsweise der Cone-Beam-Technologie mit radiär um-laufendem Röntgenstrahler und gegenläufig positioniertem Detektor

Millimetern [6]. Besonders die feinen Strukturen imBereich des Gesichtsschädels mit zahnärztlichenBefunden, wie etwa ein erweiterter Parodontal-spalt, können bei diesen Schichtabständen, trotzhoher Ortsauflösung der einzelnen Schicht, nichtsuffizient diagnostiziert werden.

Digitale VolumentomographieDaher hat sich in der Zahnheilkunde seit etwa zehnJahren die digitale Volumentomographie etabliert[8]. Bei der DVT wird ein konischer Strahlengangverwendet, was eine volumetrische Darstellung desuntersuchten Areals ermöglicht. Das Verfahrenwird seit Jahren auch in der Unfallchirurgie ver-wendet, um intraoperativ die Lage von Instrumen-ten oder von Osteosynthesematerial zu überprüfen.Bei der digitalen Volumentomographie wird derGesichtsschädel mit dem Röntgenstrahler und demSensor auf einer Kreisbahn umfahren. Dabei wer-den in der Regel zwischen 100 und 400 Aufnahmenerzeugt (Abb. 2 und 3). Aus diesen Rohaufnahmenkönnen dann durch entsprechende Algorithmenklassische Schichtaufnahmen rekonstruiert wer-den, wie sie aus der Computertomographie be-kannt sind, oder auch die dem Zahnarzt vertrautenPanoramaaufnahmen mit entsprechenden sagitta-len und transversalen Schnitten (Abb. 4).Im Gegensatz zu den auch für Ganzkörperaufnah-men konzipierten Computertomographen, werdendie digitalen Volumentomographen der neuestenGenerationen aufgrund des relativ kleinen Darstel-lungsvolumens im Design klassischer Panorama-röntgengeräte angeboten. Sie unterscheiden sichzum einen in der Technologie des Detektors und inder Möglichkeit neben der dreidimensionalen Auf-nahme auch zweidimensionale Aufnahmen an-zufertigen.

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Technologie der DVTBei den Geräten mit Bildverstärkertechnologie wirddurch eine entsprechende Fokussierung und Um-wandlung der Röntgenstrahlen die Bildinformationvon einer großen Aufnahmematrix auf einen rela-tiv kleinen CCD-Sensor fokussiert. Dies ermöglichtdie Darstellung eines relativ großen Volumens, sodass die für die zahnärztliche Befundung notwendi-gen anatomischen Strukturen von der Kinnspitze biszu den Condylen oder von der Glabella bis zur Sellaals kieferorthopädisch relevante Strukturen abgebil-det werden können. Die Technologie ist seit vielenJahren im Bereich der chirurgisch ausgerichtetenMedizin etabliert und als robuste und erprobte Tech-nologie mit geringer Ausfallquote bekannt.Ein innovativer Ansatz arbeitet mit der so genann-ten Flatpanel-Technologie, wobei die auf die Auf-nahmematrix einfallenden Röntgenstrahlen nichtfokussiert werden und damit die Größe und Auf-lösung des Aufnahmechips auch die Größe des Auf-nahmevolumens bestimmt. Da für die Ansteue-rung des einzelnen Pixels auf dem Aufnahmechipeine ausreichende Energie erforderlich ist, benöti-gen diese Geräte für eine ausreichende Informa-tionswiedergabe aufgrund des Fehlens der Verstär-kertechnologie eine höhere radiologische Strah-lung. Dies wird in der Regel dadurch kompensiert,dass lediglich kleinere Volumina abgebildet werden(Abb. 5). Dies ergibt Einschränkungen zum Beispielbei der vergleichenden Seitendiagnostik zwischenpathologischen und nicht veränderten Befunden,aber auch bei der Nutzung der radiologischen Da-ten in implantologischen Planungsprogrammen.Flatpanel-Geräte mit ihrer großen oder einstell-baren Volumendarstellung haben bei der Nutzungdes gesamten Volumens aufgrund der beschränk-ten Pixelanzahl eine geringere Auflösung. Diemaximale Auflösung kann daher dann nur in denkleineren Volumina erzeugt werden.

Bei der Anwendung von Kombinationsgeräten istdarauf abzuheben, ob die baulichen Eigenschaftenzum Beispiel für die Ansteuerung einer typischenparaboloiden Panoramakurve im Gerät vorhan-den sind, so dass bei Veränderung des Detektorsoder der Strahlenquelle auch eine Panoramakurveentsprechend der Anatomie des Kiefers erzeugt wer-den kann. Einige der Kombinationsgeräte erfordernfür die Erstellung von konventionellen Panorama-oder Fernröntgenseitenaufnahmen den Wechseldes Detektors. Der Detektor stellt besonders bei derFlatpanel-Technologie das Herzstück des Gerätesdar, da die darin enthaltenen Siliziumkristalle ho-her Reinheit nur unter hohem Kostenaufwand her-gestellt werden können. Bei täglicher Anwendungund bei häufigem Wechsel des Detektors kann voneinem gewissen Risiko der Schädigung des Detek-tors ausgegangen werden.Ein neuer Ansatz wird unter dem SchlagwortNarrow Beam Volumetric Tomography vorgestellt.Hierbei wird von einem klassischen OPG-Geräteine Serie von transversalen Schichtaufnahmenerzeugt. Diese werden dann verwendet, um Schich-ten für eine dreidimensionale Darstellung zu re-konstruieren. Die zusätzliche Investition ist gering,jedoch muss berücksichtigt werden, dass diese Artder Detailrekonstruktion aufgrund der nicht um-laufend dargestellten Bildaufnahme und Summa-tion der transversalen Schichtaufnahmen keinedetailgetreue Rekonstruktion des untersuchtenAreals zulässt, wie dies bei einer klassischen CT-Aufnahme oder auch bei einer DVT-Aufnahmemöglich ist. Die Bilder zeigen entsprechende Ver-waschungen und Sprünge.

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Abb. 4: Bezeichnung der Ebenen bei der dreidimensionalen radio-logischen Diagnostik

Abb. 5: Darstellung eines Mesiodens (bei fehlender Darstellung der Kiefergelenkeund der Unterkieferbasis) bei Anwendung der Flatpanel-Technologie

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DiagnosesoftwareFür die klinische Anwendbarkeit der verschiedenenAufnahmetechnologien ist es daher wichtig, dasseine Befundung entsprechend den klassischen zahn-ärztlichen radiologischen Aufnahmen wie etwa FRSund OPG möglich ist [7]. Hierbei unterscheiden sichdie Geräte und die zum Gerät angebotene Software,da nicht alle Hersteller bei ihrer Produktentwicklungdie entsprechenden zahnärztlichen Fragestellungenberücksichtigt haben. Je nach Konzeption des Gerä-tes ist auch die Strahlenbelastung zu berücksichti-gen. Hier ist nicht nur die effektive Dosis pro Aufnah-me, sondern auch pro untersuchte Region zu beden-ken. Besonders bei komplexer Befundung könnenmehrere Aufnahmen zu einer nicht mehr vertretba-ren Strahlenbelastung des Patienten führen (Abb. 6).

Chirurgische klinische FragestellungenDie Domäne der digitalen Volumentomographie sindchirurgische Interventionen in unmittelbarer Nähezu verletzlichen anatomischen Strukturen, wie etwabei der Osteotomie von retinierten Weisheitszähnen.

Bei engem Bezug der Wurzelspitzen zum Nervkanalsteigt das Risiko einer intraoperativen Schädigungdes Nervus alveolaris inferior signifikant an, be-sonders ab einem Alter der Patienten von 25 Jahren[3]. Hier kann durch ein präoperatives DVT diegenaue dreidimensionale Bestimmung der Lage desZahnes zum Nerv erfolgen, was ein zielgerichtetes,schonendes operatives Vorgehen und eine kurzeOperationszeit bedingt [10] (Abb. 7a und b).Bei retinierten Zähnen kann durch eine DVT beur-teilt werden, ob das Platzangebot im Zahnbogen füreine kieferorthopädische Einstellung des Zahnes aus-reicht, oder ob zusätzliche chirurgische Maßnahmenwie etwa die Freilegung, die Mobilisation oder gar dieEntfernung des Zahnes notwendig sind. Die detailge-treue dreidimensionale Diagnostik ermöglicht einenTherapieplan, der ohne weitere Therapieumstellun-gen oder Abweichungen verfolgt werden kann. Beipathologischen Vorgängen mit Raumforderung imKieferknochen kann deren Ausdehnung und Formbestimmt werden. Wenn auch die Dignität letztlichnur durch eine Probeentnahme gesichert werdenkann, ergibt die radiologische Aufnahme, in Zu-sammenhang mit den klinischen Befunden, schondeutliche Hinweise auf die Art der Läsion (Abb. 8).Durch die geringere Strahlendosis ist die Weichteil-darstellung im DVT eingeschränkt. Jedoch eignet sichdiese sehr gut zur Beurteilung der Kieferhöhlen. Da-bei lassen sich chronische polypöse Veränderungenvon der Hypertrophie der akut entzündeten Schleim-haut gut differenzieren (Abb. 9). In der präimplanto-logischen Diagnostik ermöglicht die Simulation desangestrebten prothetischen Ergebnisses durch einemit Bariumsulfat dotierte Zahnaufstellung die ge-naue Abschätzung des augmentativen Aufwandeszur Rekonstruktion der atrophierten Kieferareale [9].Durch die noninvasive Visualisierung kann im Rah-men des Planungsgespräches mit dem Patienten dieNotwendigkeit entsprechender chirurgischer Vorbe-

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Abb. 6: Speichelstein im Ausführungsgang der Glandulasubmandibularis und Darstellung in der 3D-Rekonstruktion

Abb. 7a: Planung der Osteotomie des Zahnes 48 mit Transplanta-tion von Knochen zur Augmentation regio 044-046

Abb. 7b: Komplikationslose Entfernung des retinierten Zahns 48mit Erhalt der distalen Wurzel

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reitungen besprochen werden. Alternativ lässt sichdie Kompensation des Kieferdefektes durch protheti-sche Maßnahmen diskutieren (Abb. 10a bis c).Zur Umsetzung der Implantatplanung bieten dieGerätehersteller entweder systemgebunden die Her-stellung von Bohrschablonen an, oder es ist notwen-dig den Datensatz im DICOM-Format zu exportie-ren [2]. Dann muss in der Regel bei der Aufnahmeeine Referenz im Mund des Patienten positioniert

werden, so dass bei DICOM-Export die Daten in derFremdsoftware eingelesen werden können. Hier istes wichtig, dass zum Ausschluss von Schnittstellen-problemen die Transferparameter korrekt eingestelltsind, da die meisten Planungsprogramme für diekontrastreicheren, aber mit größeren Schichtabstän-den arbeitenden CT-Aufnahmen konzipiert sind.

Weiterführende FragestellungenGeräte mit der Möglichkeit zur Darstellung eines gro-ßen Volumens erlauben eine Beurteilung des gesam-ten Gesichtsschädels. Somit können durch spezielleRekonstruktionen auch laterale Gesichtsschädelauf-nahmen für die klassische kieferorthopädische Be-fundung erzeugt werden. Die Indikation zu einer drei-dimensionalen kieferorthopädischen Planung ist, imGegensatz zum CT, durch die bei der DVT geringeStrahlenbelastung gegeben und wird sicherlich die-sem Fachgebiet viele neue Optionen eröffnen.Die diagnostischen Maßnahmen auf dem Gebietder konservativen Zahnheilkunde werden durch dieDVT ebenfalls erweitert [4]. Besonders eine stan-dardmäßig oder zusätzlich rekonstruierbare hoheOrtsauflösung ermöglicht zum Beispiel die Beurtei-

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Abb. 8: Volumetrische Darstellung eines keratozystischen odonto-genen Tumors im Unterkiefer

Abb. 9: Planung einer Sinusbodenelevation bei Vorliegen einerPyocele ausgehend von dem zuletzt extrahierten Zahn 25

Abb.10a: Unzureichend regenerierte Extraktionsalveolen im rechten Oberkiefer mit spezieller Implantatplanungsansicht in zwei Ebenen, Panoramaansicht und 3D-Darstellung

Abb.10b: Im CAD/CAM-Verfahren hergestellte Bohrschablone zur sicheren Implantatlagerpräparation bei ungünstiger Defekt-morphologie

Abb.10c: Gezielte Implantatinsertion (Templant, Medentis) mitsimultaner Sinusbodenelevation und vestibulärer Augmentation

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lung des horizontalen Knochenabbaus zirkulär anjedem Zahn. Aber auch die Beurteilung des Paro-dontalspaltes, von endodontischen Sachverhaltenoder einer Approximalkaries an diagnostisch nichtzugänglichen Stellen ist möglich (Abb. 11a bis c).

Alternative VerfahrenAlternative diagnostische Verfahren ohne die An-wendung ionisierender Strahlung, wie zum Bei-spiel die Magnetresonanztomographie, werden inder Zahnheilkunde nur für die Kiefergelenksdiag-nostik genutzt. Die Anwendung eines Magnetfel-des für die Beurteilung der feinen Weichgewebs-strukturen im Bereich des Gesichtsschädel wirdzurzeit noch durch die baulichen Limitationenzwischen Feldgröße und die Notwendigkeit derPositionierung des Magneten in unmittelbarerNähe zur untersuchten Region begrenzt. Die An-wendung von Ultraschall hat sich zur Beurteilungvon Weichteilbefunden besonders der Speichel-drüsen etabliert. Neue Forschungsergebnisse zei-gen zum Beispiel im Rahmen der Implantat-

therapie auch die Möglichkeit zur Beurteilung derKnochenqualität durch Ultraschall auf [1].

ZusammenfassungErkennt man die Vorteile der digitalen Volumento-mographie, lässt sich ihre Anwendung relativ leichtrechtfertigen. Durch eine Aufnahme mit einer Dosisvon 29 µSv [5] (dies entspricht der Strahlenbelastungbei einem Flug von Frankfurt nach Singapur) wirdder Patient nur einer geringen und im allgemeinenLeben akzeptierten Strahlenbelastung ausgesetzt.Diese steht in keiner Relation zum Risiko eines Zahn-verlustes, des Ausbleibens einer Therapie eines patho-logischen Befundes, oder bei einer implantologischenIntervention auch dem Risiko des Funktionsausfallseines Nervens mit intensiven Folgebehandlungenmit Beeinträchtigung der Lebensqualität. Die digitale Volumentomographie ist der zahnärzt-lichen Radiologie zugeordnet. Daher ist es sinnvoll,dass diese spezielle Aufnahmetechnik auch im Ver-antwortungsbereich des Zahnarztes angewendetwird. Da die Informationsdichte einer DVT das Viel-fache einer normalen Röntgenaufnahme beträgt,ist eine Erfassung aller eventuell in der dargestelltenRegion vorhandenen pathologischen Prozesse mög-lich. Dies erfordert zwar einen höheren Aufwand beider Befundung, ermöglicht aber das frühzeitige Er-kennen von pathologischen Veränderungen undist gerade im Sinne einer präventionsorientiertenZahnheilkunde von besonderer Bedeutung.

Korrespondenzadresse: Interdisziplinäre Poliklinik für Orale Chirurgie und Implantologie,

Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Plastische Gesichtschirurgie der Universität zu Köln

Kerpener Str. 32, 50931 Köln, [email protected]: 0221 4784700, Fax: 0221 4786721

Literatur bei den Verfassern

Abb.11a: DVT-Aufnahme nach Persistenz von Beschwerden anZahn 26 nach erfolgter Wurzelspitzenresektion

Abb.11b: Detailrekonstruktion mit Auflösung 0,15 mm zur Beurtei-lung der endodontischen Behandlung

Abb.11c: Der extrahierte Zahn 26 zeigt die im DVT diagnostiziertevia falsa.

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