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Erkenntnis durch Vernunft oder Erfahrung? Vier erkenntnistheoretische Ansätze Gesamtschule Porta Westfalica Verfasser: Anne-Jasmin Häser Fachlehrer: Herr Papke-Oldenburg Philosophiekurs Jahrgang 12 Schuljahr 2010/2011 Abgabe: 21.06.2011

durch Vernunft oder Erfahrung? - philosophische-welt.de Anne-Jasmin Häser.pdf · 6 Descartes meinte, dass man an allem zweifeln kann, denn alles kann eine Täuschung sein. Er zweifelte

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Erkenntnis

durch Vernunft oder Erfahrung?

Vier erkenntnistheoretische Ansätze

Gesamtschule Porta Westfalica

Verfasser: Anne-Jasmin Häser

Fachlehrer: Herr Papke-Oldenburg

Philosophiekurs Jahrgang 12

Schuljahr 2010/2011

Abgabe: 21.06.2011

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Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Vorstellung der Erkenntnistheorien von Philosophen aus Antike

und Neuzeit

2.1 Vertreter: Erkenntnis mithilfe von Vernunft

2.1.1 Platon

2.1.2 Rene´ Descartes

2.2 Vertreter: Erkenntnis durch Erfahrung

2.2.1 Aristoteles

2.2.2 John Locke

3 Geschichtliche Einordnung der Philosophen

3.1 Platon und Aristoteles

3.2 Rene´ Descartes und John Locke

3.2.1 17.Jahrhundert

3.2.1.1 Frankreich

3.2.1.2 England

4 Vorstellung von Empirismus und Rationalismus

5 Stellungnahme

6 Quellenverzeichnis

7 Einverständniserklärung

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1. Einleitung

In meiner Facharbeit werde ich mich mit der Frage beschäftigen, ob unsere Erkenntnis auf der Vernunft oder der Erfahrung beruht. Zuerst werde ich die Erkenntnistheorien von vier Philosophen vorstellen, wobei ich erst über den Lebensweg jedes Philosophen informieren werde und dann auf die Erkenntnistheorie eingehen werde. Da ich geplant hatte Ansichten aus geschichtlich unterschiedlichen Zeiten vorzustellen, hab ich mich für die Philosophen Platon und Aristoteles aus der Antike und Rene´ Descartes und John Locke aus dem 17. Jahrhundert entschieden. Deswegen werde ich auch die zeitliche Einordnung der Philosophen skizzieren. Hiernach werde ich erklären, was unter den philosophischen Richtungen Empirismus und Rationalismus zu verstehen ist. Meiner Meinung passt dies gut zu meinem Thema, da Descartes und Locke jeweils einer Richtung zuzuordnen sind. Außerdem beschäftigen sich diese Richtungen genau mit der Fragestellung, wovon unsere Erkenntnis abhängig ist. Wobei der Rationalismus die Position, dass die Erkenntnis von der Vernunft kommt vertritt, und der Empirismus davon ausgeht, dass alle Erkenntnis auf Erfahrung beruht. Zum Schluss werde ich in meiner Stellungnahme vorstellen, welche Ansicht ich während der Erarbeitung meiner Facharbeit entwickelt habe. Mich interessiert besonders an dem Thema, dass ich die Möglichkeit habe, die Ansichten mehrerer Philosophen zu untersuchen. Außerdem ist es interessant, dass viele Philosophen in unterschiedlichen Epochen lebten, und dennoch ähnliche Ansichten hatten. Dabei muss man bedenken, dass sie sich schon damals Gedanken über Themen machten, die uns heute noch beschäftigen. Zuerst wollte ich die Erkenntnistheorien der Philosophen auf die psychologische Diskussion, ob der Mensch von der Umwelt oder den Genen dominiert wird, anwenden. Jedoch wurde mir das Thema in der Erarbeitung zu biologisch und ich merkte, dass Platon und Descartes die vernunftbezogene Erkenntnis meinten und nicht unsere Erbanlagen. Daher empfand ich das Thema nicht mehr passend. Ich finde es interessant über Erkenntnistheorien zu schreiben, da mich fasziniert, welche Gedanken sich Philosophen zu dem Thema gemacht haben, was eigentlich der Ursprung ist, aus welchem all unsere Erkenntnis entspringt.

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2. Vorstellung philosophischer Ansichten

2.1 Vertreter: Erkenntnis durch Vernunft 2.1.1 Platon (428/427-348/347 v. Chr.) Platon entstammte einem alten, athenischen Adel. Als junger Mann wandte er sich der Politik zu. Im Jahr 404 v. Chr. wurde die demokratische Regierung Athens von einigen Adligen gestürzt. Die mit Terror regierende „Herrschaft der Dreißig“1 lehnte er ab. Er war sehr gebildet und wurde mit zwanzig Jahren ein Schüler Sokrates. Sokrates wurde durch die wieder eingesetzte demokratische Regierung Athens hingerichtet. Platon verurteilte die Hinrichtung seines Lehrers (399 v. Chr.), der auch ein guter Freund gewesen war. Platon war immer bemüht seine philosophischen Ansichten in die Praxis umzusetzen. Er gelang an eine Beraterstelle bei dem Herrscher von Syrakus, um diesen zur Realisierung der platonischen Staatstheorie zu bewegen. Durch den Befehl des Herrschers Platon auf einem Schiff zum feindlichen Sparta zu setzen, kam Platon auf einen Sklavenmarkt und wurde dort zum Verkauf angeboten. Ein Anhänger des Sokrates kaufte ihn frei. Nach seiner Wiederkehr nach Athen gründete er seine berühmte Akademie, „(…) die als Urform der Schule überhaupt gilt.“2 An dieser wurden Philosophie, Mathematik und Gymnastik unterrichtet. Von den 36 erhaltenen Werken Platons ist die Mehrzahl in Dialogform geschrieben. Als Begründer der objektiv- idealistischen Philosophie hat Platon auf die gesamte Entwicklung der Philosophie einen großen Einfluss ausgeübt. Zu den frühen Schriften gehören z.B. Apologie und Kriton. In den Dialogen Protagoras und Gorgias beschäftigt er sich mit den Sophisten, die bereits die Ideenlehre vorbereiten. In den Dialogen Phaidon und Politeia wendet er die ausgebildete Ideenlehre auf alle philosophischen Bereiche an. In der Politeia zum Beispiel entwickelt er eine Staatstheorie, die auf seiner Ideenlehre aufbaut.

1 Zugänge zur Philosophie 1, Cornlesen Verlag, Berlin 2004, S. 369

2 vgl. Meyers Jugendlexikon, Meyers Lexikonverlag, 5. Auflage 2003, S. 483

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Die Grundlage von Platons Philosophie ist die Ideenlehre. Laut Platon gibt es Urideen. Diese sind unveränderliche, ewige Urbilder, welche außerhalb der sichtbaren, sinnlich erfassbaren Welt existieren.

Seiner Ansicht nach sind „alle sichtbaren Dinge nur unvollkommene und vergängliche Abbilder dieser Ideen.“1 Dadurch haben die sichtbaren Dinge Anteil an der Welt des Ewigen und Vollkommenen. Ein guter Mensch hat damit zum Beispiel einen Anteil an der Idee des Guten. Für Platon ist „Gott“ diese Idee des Guten. Gott ist damit die ewige, unveränderliche Idee, die der Mensch mit seiner vergänglichen Idee nachahmen kann.

„Die Fähigkeit logisch zu denken kann nach Platon nicht aus der Wahrnehmung oder der Erfahrung stammen, sondern sie ist dem Prinzip nach Wiedererinnerung.“2 Die Erkenntnis mathematischen Wissens kann laut Platon nicht von äußeren Umständen und durch Erfahrung bestätigt werden. Für Platon zeigt dies, „dass die Seele dieses Wissen immer schon hat und sich nur wieder erinnert.“3 Er demonstriert dies im „Menon“, indem Menon einem Sklaven eine geometrische Aufgabe stellt. Obwohl dieser einer anderen Bildungsschicht angehört und sich vorher noch nie mit Geometrie beschäftigt hat, kann der Sklave die Aufgabe lösen. Damit zeigt Platon auf, dass dieses Wissen bereits in jedem Menschen, egal welcher Abstammung, vorhanden sein muss. Durch die Fragen, die Menon ihm stellt, gelangt er zu seinem Wissen. Das Gespräch zwischen Menon und dem Sklaven zeigt, dass Geometrie nicht von der Wahrnehmung und der Erfahrung abhängig ist. Nun stellt sich natürlich die Frage, woher dieses Wissen kommt, an welches wir uns wiedererinnern. Platon beantwortet dies, indem er annimmt, dass unsere Seele dieses Wissen schon vor unserem Leben gewonnen hat. Demnach muss es für Platon eine Existenz der Seele vor unserem Leben geben. In Platons Menon lässt er auch Sokrates mit Menon ein Gespräch führen. Sokrates sagt zu ihm: „ Wenn nun die Wahrheit über das Sein der Dinge unserer Seele jederzeit innewohnt, muss dann die Seele nicht unsterblich sein? (…) musst du den Versuch machen, dem, (…) nachzuforschen und die Erinnerung daran wiederaufzufrischen.“4

1

vgl. Meyers Jugendlexikon, Meyers Lexikonverlag, 5. Auflage 2003, S.46 2 Zugänge zur Philosophie 1, Cornelsen Verlag, Berlin 2004, S. 36

3 ebenda

4 Zugänge zur Philosophie, Platon: Menon, , Cornelsen Verlag, Berlin 2004,

S. 35

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2.1.2 René Descartes (1596-1650)

René Descartes wurde als Sohn einer Adelsfamilie am 31. März 1596 im französischen La Haye (Touraine) geboren. 1616 erwarb er an der Universität Poitiers seinen Abschluss in Jura. Jedoch schlug er keine juristische Karriere ein, sondern hielt sich in den Niederlanden auf. Dort lernte er den Mediziner und Naturforscher Isaak Beeckman kennen, welcher „vor allem sein Interesse an den mathematischen Grundlagen der Naturwissenschaften und an methodologischen Problemen weckte.“1 Ihm widmete er sein erstes Werk Musicae compendium (1618). Danach schloss er sich den Streitkräften Maximilians von Bayern an und im Dreißigjährigen Krieg diente er dem Feldherrn Johann Tserclaes Graf von Tilly in Deutschland. 1621 beendete Descartes seinen Militärdienst und begab sich auf wissenschaftliche Forschungsreisen. 1625 zog er nach Paris. Hier verkehrte er mit Intellektuellen und bewegte sich in den Kreisen der gehobenen Gesellschaft. Im Jahre 1629 ließ er sich in den Niederlanden nieder und befasste sich intensiv mit seinen philosophischen und naturwissenschaftlichen Arbeiten. Sein erstes, fast abgeschlossenes Werk zerstörte er nachdem er gehört hatte, dass Galileo Galilei 1633 wegen seiner wissenschaftlichen Überzeugung gestorben war. 1637 publizierte Descartes anonym sein Werk mit dem Titel: Abhandlung über die Methode des richtigen Vernunftgebrauchs und der wissenschaftlichen Wahrheitsforschung. Die Kernthemen sind seine Erkenntnistheorie, Ethik, Metaphysik und Physik. Im Herbst 1649 berief ihn die junge Königin Christine von Schweden nach Stockholm, mit welcher er bereits seit 1645 Briefe wechselte. René Descartes starb am 11. Februar 1650 in Stockholm an einer Lungenentzündung. Er war Philosoph, Naturwissenschaftler und Mathematiker. Als Mathematiker war er zum Beispiel in der „analytischen Geometrie wegweisend, indem er zur Lösung von Gleichungen mit mehreren Unbekannten die Kurven im Koordinatensystem einführte.“2 Descartes gilt als Begründer des modernen frühneuzeitlichen Rationalismus. Von ihm stammt der berühmte Ausspruch „Ich denke, also bin ich“ (cogito ergo sum). Seine Philosophie hat heute noch Auswirkungen auf das moderne Zeitalter.

1 Dominik Perler: Rene´ Descartes. Beck, München 1998

2 http://www.arndt-bruenner.de/mathe/Allgemein/bios.htm ; Arndt

Brünner, aufgerufen am 20.06.2011

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Descartes meinte, dass man an allem zweifeln kann, denn alles kann eine Täuschung sein. Er zweifelte an der Theorie des Empirismus, da er die wissenschaftliche Erkenntnis aus der Wahrnehmung hinterfragte. Als Begründung nannte er, dass unsere Sinne uns oft täuschen, da wir nicht einfach wahrnehmen, sondern frühere Wahrnehmungen unsere aktuellen Wahrnehmungen bedingen. Das bedeutet, dass wir zu sehr von unseren bekannten Wahrnehmungen beeinflusst werden, um mit Hilfe von sinnlicher Erkenntnis an ein wissenschaftliches Ergebnis zu gelangen. Es ist nämlich möglich, dass durch Sinnestäuschungen, Träume oder andere Irrtümer anzunehmen ist, dass alles was wir kennen und für wahr erklären, selbst die ganze Außenwelt, eine Art Traum oder Ansammlung von Vorstellungen ist. In seiner ersten Meditation macht sich Descartes Gedanken über den Traum. Er kommt zu dem Schluss, dass Träume Einbildungen sind, auch wenn die Grundlage für diese Einbildung die Realität sein mag. Träume scheinen bis zum Erwachen oft ganz real. Sinneswahrnehmungen sind wandelbar und relativ, deshalb ergibt sich aus ihnen kein Ergebnis, welches frei von Urteilen ist. Descartes sagte aber, dass auch wenn alles anzweifelbar und unwirklich ist, die Tatsache wahr ist, dass ich denken und zweifeln kann. Dies ist der Ausgangspunkt der Erkenntnis. Denn wer denkt, der kann nicht bezweifeln, dass er denkt. Für Descartes war dies der Beweis, dass er existieren muss, weil nicht anzuzweifeln ist, dass er denkt. Trotzdem bezweifelte Descartes nicht die Existenz Gottes. Denn Gott könne nicht hinterfragt werden. Die Beweisgrundlage für die Existenz Gottes lieferte er in seiner Ideenlehre. Er ging von „angeborenen Ideen“ aus, die nur von Gott stammen können. Angeboren bedeutet hier, dass jeder Mensch diese Ideen von Geburt an in sich trägt. Dabei ist er dazu fähig, diese ohne Hilfe von Erfahrung zu erkennen. „Wenn Descartes von den angeborenen Ideen spricht, geht er jedoch nicht davon aus, dass diese gleich immer als aktual präsente Vorstellungen angeboren sind. Vielmehr versteht er sie als potentielle Ideen (…).“1 Die Ursache für die Ideen sei Gott. In seinem Werk Meditationes de Prima Philosophia (1641) erklärte er: „Ich erkenne es als unmöglich, dass ein Wesen wie ich, mit der Idee Gottes in mir, existiert, ohne das Gott existiert." Ein weiteres Argument, welches Descartes gab, war die Begrenztheit der

1 http://www.stud.fernuni-

hagen.de/q5413273/DescartesGottesbeweise.pdf ; Norbert Puschmann,

Kamen, 06.05.2007, aufgerufen am 20.06.2011

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Erkenntnisfähigkeit der Menschen. „Es gibt Grenzen der Erkenntnis, die Vernunft ist nicht allmächtig.“1 Gott jedoch ist vollkommen.

2.2 Vertreter : Erkenntnis durch Erfahrung

2.2.1 Aristoteles (384-322 v. Chr.)

Aristoteles wurde in Stagira in Makedonien als Sohn eines angesehenen Leibarztes des makedonischen Königs geboren. Er zog im Alter von 17 Jahren nach Athen, um an Platons Akademie zu studieren. Dort blieb er etwa 20 Jahre lang, anfangs als Student und dann als Dozent und „entwickelte zunehmend auch eigene, von Platon abweichende Gedanken.“2 Weil er nicht Platons Nachfolger wurde und weil in Athen eine antimakedonische Stimmung herrschte, begannen nach Platons Tod 347 v. Chr. Aristoteles' Wanderjahre. Er zog nach Assos, einer Stadt in Kleinasien. Dort herrschte Hermias, der sein Freund war. Auf Hermias’ Rat hin heiratete er dessen Nichte und Adoptivtochter Pythias. 345 v. Chr. wurde Hermias von den Persern gefangen genommen und getötet. Daraufhin zog Aristoteles nach Pella, der Hauptstadt Makedoniens. Dort war er Erzieher des Thronfolgers, des späteren Alexanders des Großen. Als Alexander 335 v. Chr. König wurde, kehrte Aristoteles nach Athen zurück und gründete seine eigene Schule, das Lykeion. Da die Gespräche zwischen Schülern und Lehrern häufig während Spaziergängen auf dem Schulgelände des Lykeion stattfanden, wurde Aristoteles’ Schule als die der Peripatetiker (Wandelschule) bekannt. Nach Alexanders Tod 323 v. Chr. verbreitete sich in Athen eine starke anti-makedonische Gesinnung, und Aristoteles zog sich auf sein Landgut auf Euböa zurück. Hier starb er im darauf folgenden Jahr.

Aristoteles befasste sich mit verschiedenen Bereichen wie der Natur, den Gestirnen, der Politik, der Dichtkunst, der Rhetorik und besonders mit den Menschen. Sein Grundgedanke war: „Die ganze Natur, mithin der Mensch, besitzt den Drang zur Selbstverwirklichung

1 www.descartes-cogito-ergo-sum.de/seite-5.html ; Simon Hollendung,

aufgerufen am 20.06.2011 2 Zugänge zur Philosophie, Cornelsen Verlag, Berlin 2004, S.254

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und Selbstvervollkommnung. Deshalb ist es die Aufgabe des Menschen sein ihm eigentümliches Wesen (…) zu realisieren“1

Laut Aristoteles ist es die Seele, durch welche wir denken, leben und wahrnehmen. Jedes Lebewesen hat eine Seele, wobei Aristoteles damit nur Tier und Mensch meinte. In seiner empiristisch orientierten Erkenntnistheorie stützte sich Aristoteles auf Kategorien. Es gibt zehn Kategorien, welche auf der Erfahrung aufbauen. Die erste Kategorie ist die „Substanz“, das selbstständige Individuum. „Die anderen neun Kategorien werden Akzidenzien genannt. Dies sind Quantität, Qualität, Relation, Ort, Zeit, Lage, Haben, Wirken und Leiden. Die Akzidenzien können niemals unabhängig von der Substanz auftreten, (…).“2 Der Ausgang der Erkenntnis ist bei Aristoteles die Erfahrung, auf die alle Erkenntnis aufbaut, da jede Erkenntnis mit Erfahrung begonnen hat. „Gleichwohl ist festzuhalten, dass Aristoteles mit der Begründung seiner Kategorien, die nicht auf dem reinen Verstand fußen, in diesem Fall als schwacher Empirist eingeordnet werden muss.“3 Aristoteles kann nicht als ganzer Empirist gesehen werden, da auch die Vernunft in seiner Erkenntnistheorie eine Aufgabe hat. Sie muss die Sinneswahrnehmungen verarbeiten. „Den Weg vom Einzelnen zum Allgemeinen beziehungsweise vom Sinnlichen zum Intelligiblen bezeichnet Aristoteles als Induktion. Zugrunde liegt die Leistung der Vernunft, das Intelligible aus dem Sinnlichen zu »abstrahieren«.“4 Das bedeutet, dass die Erfahrung von der Vernunft aufgearbeitet wird. Sie dient demnach als Beginn der Erkenntnis. Aristoteles ist der Begründer einer naturwissenschaftlichen Denkweise. Später erfolgte daraus die Aufteilung in die einzelnen Disziplinen wie zum Beispiel Biologie und Physik. Die Art der Durchführung eines biologisch oder chemischen Versuches kann auf die Erkenntnistheorie Aristoteles´ zurückgeführt werden. Zuerst wird sinnlich wahrgenommen. Es wird zum Beispiel beobachtet wie sich etwas verändert, wie ein Gegenstand vergrößert aussieht, oder wie Stoffe aufeinander reagieren. Daraufhin werden anhand des Verstandes, und in Aristoteles´ Theorie anhand der Vernunft, die Gründe für das vorliegende Verhalten oder die Reaktion erarbeitet. Die Wahrnehmung durch die Erfahrung allein könne nicht den Beweis für wissenschaftliche Schlussfolgerungen geben. Aristoteles betont „die Grenzen der Wahrnehmung hinsichtlich des

1 Ebenda

2 Ist die aristotelische Erkenntnistheorie empiristisch? , Markus Andreas

Mayer, Studienarbeit, GRIN- Verlag, S.7 3 Ist die aristotelische Erkenntnistheorie empiristisch? , Markus Andreas

Mayer, Studienarbeit, GRIN- Verlag, S.10 4 http://www.geist-oder-

materie.de/Philosophie/griechische_Phil_/Aristoteles/aristoteles.html,

aufgerufen am 20.06.2011

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Wissenserwerbs. (…) und er sagt, dass wir durch Wahrnehmung nicht wissen können.“1

2.2.2 John Locke (1632-1704)

John Locke war Philosoph, Psychologe und Pädagoge und einer der wichtigsten Vertreter der Aufklärung. Seine Hauptinteressen galten der Staatsphilosophie und der Erkenntnistheorie. In der Erkenntnistheorie vertrat er die Position des Empirismus. Er entstammte als der Sohn eines Rechtsanwalts einer relativ wohlhabenden Familie. Er studierte in der Universität Oxford die scholastische Philosophie, Medizin und lehrte als Dozent. Von 1667-1675 war er Sekretär und Leibarzt des späteren Earl of Shaftesbury.

Durch die enge Verbindung zur regierenden Klasse in der Zeit des Konflikts zwischen Parlament und Monarchie lernte Locke vieles über die damalige praktische Politik, was er dann in seine späten Werke einfließen lassen konnte. Im Jahre 1668 wurde er Mitglied in der Royal Society in London. Zur selben Zeit lernte er Isaac Newton und den bekannten Physiker und Chemiker Robert Boyle kennen. „Die grundlegenden Prinzipien seiner Philosophie erschienen in seinem philosophischen Hauptwerk An Essay Concerning Human Understanding.“2 Sein Werk wurde 1690 veröffentlicht. In der Zeit von 1675 bis 1679 ließ er sich in Frankreich nieder, da der Earl in zahlreiche politische Intrigen verwickelt war. Dort beschäftigte er sich mit der rationalistischen Philosophie des Rene´ Descartes. Bei einem Aufenthalt in Holland hatte Locke Kontakt mit der Lehre von der liberalen Theologie, die sich nicht zur Dreieinigkeit bekannte. Diese veranlasste ihn dazu im Jahr 1689 sein Werk "Epistola de tolerantia" anonym zu veröffentlichen. Im selben Jahr kehrte er nach England zurück. Dort wurde er in den Staatsdienst übernommen und war als Beamter für Wirtschaft und Handel tätig. 1693 wurde sein Werk "Einige Gedanken über Erziehung" veröffentlicht. Diesem folgte 1695 das Werk "Über die Vernunftmäßigkeit des Titels". Zu

1 Vgl. Stephan Herzberg, Wahrnehmung und Wissen bei Aristoteles: zur

epistemologischen Funktion der Wahrnehmung, 2008, S.5

2 http://www.philosophypages.com/ph/lock.htm,

Garth Kemerling, aufgerufen am 05.05.2011

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seinen Arbeiten über den Geldwert zählt die Schrift "Betrachtungen über die Folgen der Herabsetzung des Zinses und der Erhöhung des Münzwertes" (1692). Zu seinen weiteren Hauptwerken zählen unter anderem die beiden Titel "Two Treatises of Government" (1690) und "The Reasonableness Of Christianity" (1695). Er befasste sich in seinen Schriften mit Themen aus den Fachgebieten der Erkenntnistheorie, Rechts- und Staatsphilosophie, Ökonomie, Finanzwissenschaften, Mathematik, Medizin, Pädagogik, Theologie und Kirchenpolitik. Besonders seine religiösen und politischen Schriften hatten großen Einfluss auf seine Zeitgenossen. Locke vertrat die Ansicht, dass „der Mensch nicht mit bestimmten Vorstellungen geboren werde, sondern sich diese erst im Laufe seines Lebens durch Erfahrung erwerbe.1 In seinem Hauptwerk An Essay concerning Humane Understanding von 1690 (Ein Versuch über den menschlichen Verstand) untersuchte Locke den Ursprung der Ideen. Mit seinen Argumenten wollte er aufzeigen, dass die Ideen ihre Existenz nicht in den Genen haben können. Locke meinte: „Grundsätze sind nicht angeboren, wenn ihre Begriffe es nicht auch sind“2. Er erklärt dies, indem er sagt, dass Kinder keine angeborenen Vorstellungen mitbringen würden. Ausnahmen wären nur schwache Vorstellungen wie Hunger, Durst, Wärme und Schmerzen. Aber die eigentlichen Vorstellungen entständen erst später durch Erfahrung und Beobachtung. Wenn es angeborene Grundsätze gäbe, müssten diese allgemeingültig und sichtlich erkennbar sein. Da Kinder von Geburt an keine Begriffe mitbringen, um etwas ersichtlich ausdrücken zu können, wäre es nicht möglich angeborene Merkmale zu erkennen. Es könnte daher keine angeborenen Grundsätze geben. Um seine These, dass keine angeborenen Prinzipien existieren weiter zu stabilisieren, erklärt Locke, dass die Vernunft eine unnötige Gabe sei, wenn alle Prinzipien angeboren wären. Denn warum sollte die Vernunft entdecken, was der Mensch schon besitzt. Locke meint hierzu: „(…) sicherlich kann etwas, zu dessen Entdeckung wir der Vernunft bedürfen niemals für angeboren gelten“.3 Er unterscheidet nämlich die inneren Wahrnehmungen (sensations) und äußeren Wahrnehmungen (reflexions). Diese

1vergl. Meyers Jugendlexikon, John Locke Meyers Lexikonverlag, 5. Auflage

2003

2 John Locke: Versuch über den menschlichen

Verstand, Buch 1 ,S. 79, gefunden auf

www.zeno.org/philosophie 3 ,4

ebenda Buch 1

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müssten erst im Verstand zu Ideen geformt werden. Für Locke ist es also nur logisch, dass wir die Vernunft gebrauchen müssen, um neue Ideen zu erhalten. Seine Grundthese ist „Nichts ist im Verstand, was nicht vorher in den Sinnen gewesen wäre“4. Dieser Ausspruch erklärt Lockes Theorie, dass das menschliche Bewusstsein bei der Geburt wie ein unbeschriebenes Blatt (tabula rasa) ist, auf das die Erfahrung erst schreibt. Der Ausgangspunkt ist die sinnliche Wahrnehmung. 3. Geschichtliche Einordnung der Philosophen 3.1 Platon und Aristoteles 3.1.1 Antikes Griechenland (im Zeitraum 500-330 v. Chr.) Der Zeitraum von 500- 336 wird auch als klassische Zeit bezeichnet. Bereits zu Beginn des 6. Jahrhunderts entwickelte Solon eine Verfassung, durch die das Machtmonopol des Adels gebrochen wurde. Er teilte die Bürger in Einkommensklassen auf, wobei jeder Bürger nun Rechte und Pflichten hatte. Sogar der ärmste Bauer besaß ein Mitspracherecht, da er in der Volksversammlung mitbestimmen konnte und Einfluss auf die Besetzung der Ämter hatte. Nach der Überwindung der Tyrannis (510 v. Chr.), die es geschafft hatte die Vorherrschaft Athens zu erringen und gleichzeitig den Schein zu wahren, die Verfassung Solons sei noch in Kraft, wurden durch Kleisthenes weitere wichtige Reformen getroffen. „Diese Inhalte sollten ihn zum Architekten der Demokratie Athens machen“1 Er unterteilte Athen in Bezirke (Demen) und fasste diese zu Phylen zusammen. Jede Phyle entsandte pro Jahr 50 Ratsherren, welche in den Demen gewählt wurden. Zusammen bildeten sie den „Rat der 500“. Zwar bekleideten Adlige noch immer Positionen der obersten Ämter, jedoch zählte ihre Stimme in der Volksversammlung nicht mehr als die eines armen Bauern. Diese Gleichheitsordnung wurde Isonomie genannt. „Die Integration des Adels und des gemeinen Mannes in einer Polis gleichberechtigter und freier Bürger hatte ein ganz neues politisches System entstehen lassen.“2 Von nun an wurde sie als Demokratie bezeichnet. Den Zusammenhang von Demokratie und der Freiheit des Individuums betonte auch Platon. Jedoch war er kein Anhänger der Demokratie. „Er beklagte häufig die

1 Zeiten und Menschen, Schöningh Verlag 2007, S. 21

2 Ebenda S. 22

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negativen Auswirkungen, die dieses Denken seiner Meinung nach sowohl für den politischen Bereich als auch für den Alltag hatte.“1 Als Vollender der Volksherrschaft gilt allerdings Perikles, welcher das Los als Wahlmittel und die Befristung der Ämter einführte. Außerdem konnte ein Einzelner eine Machtposition nur erringen, wenn er von der Mehrheit gewählt wurde. Die Philosophen blieben mit ihrer Meinung eher auf Distanz zur Demokratie. Ein Grund war die theoretische Überlegung zur besten Form des Staates. Beispiele sind „Platons Bekenntnis zum ´Philosophenstaat´ oder die empirisch angelegte Untersuchung über das Wesen der Politik des Aristoteles.“2 Es stellt sich nun die Frage, warum sich die Demokratie ausgerechnet in der Polis Athen durchsetzte. Die Antwort lässt sich in der Geschichte Athens finden. Geschichtswissenschaftler nennen zwei mögliche Gründe: die Perserkriege und den attischen Imperialismus. Persien hatte seit Mitte des 16. Jahrhunderts ein Weltreich aufgebaut. Den abhängigen Völkern wurde zwar von dem persischen König ein hohes Maß an Autonomie gestattet, er verlangte jedoch auch Steuern und die Stellung von Soldaten. Im Jahre 499 v. Chr. lehnten sich mehrere griechische Städte, unter anderem auch Athen, gegen Persiens Herrschaft auf. Sie schlossen sich zusammen und errangen einen Sieg. Für die Athener war diese nicht nur ein militärischer Sieg, sondern auch ein Sieg des überlegenden politischen Systems. Die Demokratie hatte den Tyrannen bezwungen und freie Bürger hatten sich gegen das persische Unterdrückungssystem zur Wehr gesetzt. Dies festigte die Demokratie in Athen. Der Zweite Persische Krieg folgte als Vergeltungsangriff zehn Jahre später. Der letzten Schlacht gegen Persien wird dabei eine hohe Bedeutung beigemessen, da sich aufbauend auf den ersten Krieg das Gemeinschafsgefühl enorm stärkte und der einfache Bürger mehr und mehr aufgewertet wurde. Ein weiterer Grund, warum die Perserkriege Anschub für die attische Demokratie waren, ist der Ausbau einer großen Flotte und das Schließen von Verträgen. Die Bündnispartner waren damit verpflichtet, Schiffe zu stellen oder Geldbeiträge zu zahlen, welche auf der Insel Delos bei Athen aufbewahrt wurden. Dieser Defensivbund erhielt den Namen Attisch-Delischer Seebund. Jedoch nutzte Athen dies für die Förderung von Macht und Reichtum aus. Die Athener griffen zu ihren Nutzen immer mehr auf die Ersparnisse zurück. Um das Hegemoniestreben Athens zu beenden erklärte Sparta Athen den Krieg. „ Der Peloponnesische Krieg (431-404)

1 Ebenda S.23

2 Geschichte Basiswissen für die Schule, Corvus Verlag, S. 48

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führte zu großen Verlusten auf beiden Seiten; Athen musste kapitulieren und Spartas militärischen Sieg anerkennen.“1 Sparta richtete in Athen für einen kurzen Zeitraum eine Oligarchie (Herrschaft von wenigen) ein, welche aber später von einer gemäßigten Demokratie abgelöst wurde. Diese wurde unter Alexander dem Großen (336-323 v. Chr.) erneut verändert. Seitdem war die politische Bedeutung Athens viel geringer geworden.

3.2 René Descartes und John Locke

3.2.1 17. Jahrhundert

Im 17. Jahrhundert wurden in Europa ungefähr 22 Kriege geführt. Die dynastischen und religiösen Spannungen erreichten im Dreißigjährigen Krieg ihren Höhepunkt. Dieser betraf nahezu den gesamten Kontinent, wobei ganze Landstriche verwüstet und entvölkert wurden. Der „Westfälische Friede“ hatte eine Glaubensspaltung zur Folge und es löste sich die mittelalterliche Feudalordnung immer mehr auf. Weiterhin wurden die Nationalstaaten souverän und in Deutschland entwickelte sich die Kleinstaaterei. Der Lebensstil und die absolutistische Politik des „Sonnenkönig“ Ludwig XIV. wurden stark in Europa verbreitet. Außerdem entwickelten sich in dem letzten Viertel des 17. Jahrhunderts ausgehend von der Philosophie und den neuen Naturwissenschaften die ersten Strömungen der Aufklärung. „Gemeinsam waren den verschiedenen Strömungen in den westeuropäischen Ländern in Weiterführung des Humanismus der Renaissance die Idee, (…) des Rationalismus und (…) Empirismus, um den Menschen eine selbstbestimmte Lebensweise zu ermöglichen“2 Erfindungen und Entdeckungen durch Galilei, Newton, Descartes und Leibniz konnten Veränderungen bewirken. Des Weiteren verschärften sich die sozialen Gegensätze von Klerus, Adel und dem dritten Stand.

1 Zeiten und Menschen, Schöningh Verlag 2007, S. 30

2 Vgl. Zeiten und Menschen, Schöningh Verlag 2007, S. 206/207

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3.2.2 Frankreich

Aufgrund der Bürgerkriege im 16. Jahrhundert zwischen Protestanten und Katholiken wurde die königliche Zentralgewalt in Frankreich geschwächt. Heinrich IV. gelang es zwar den Krieg zu beenden und die Zentralgewalt auszubauen, er wurde jedoch von einem katholischen Fanatiker ermordet (1553). Es war nun durch die Bürgerkriege das Bedürfnis nach einem Staatsoberhaupt, welches über allen anderen gesellschaftlichen Gruppen stehen sollte, aufgekommen. Dies sollte zu einer Lösung des Konfliktes führen und Ordnung bringen. „Diese Vorstellung wurde von einer politisch, nicht konfessionell denkenden Gruppe von Adeligen und Bürgerlichen entwickelt.“1 Es kam der Gedanke auf, dass der König unabhängig von den Gesetzen regieren müsse. Als Heinrich IV. 1553 starb, wurde sein Sohn zum König gekrönt. Ludwig XIII. war jedoch noch zu klein zum Regieren. Deshalb führte seine Mutter Maria von Medici die ersten sieben Jahre die Regentschaft. Sie wurde von einem Kabinett unterstützt, in dem auch Kardinal Richelieu Mitglied war. Als Ludwig XIII. seine Krone antrat, wurde dieser zu seinem Berater und ersten Minister. Kardinal Richelieu nutzte seinen Einfluss auf den König, um Frankreich nach seinen Vorstellungen umzugestalten. Er reformierte die Verwaltung, reduzierte den Einfluss des Adels, welcher sich vergeblich wehrte, und setzte sich für die Vernichtung der militärischen Kraft der Hugenotten ein. Diese wollten die reformatorischen Gedanken verbreiten und wurden durch den katholischen König und den Klerus stark unterdrückt. Besonders die Amtsträger der Kirche sahen ihre Ideen und ihre Macht durch die aufkommende Bewegung gefährdet.

Frankreich war durch den Französisch- Schwedischen Krieg (1635-1648) an dem Dreißigjährigen Krieg in seiner vierten Phase beteiligt. Genau genommen hatte Richelieu die Führung der französischen Politik übernommen. Eines seiner politischen Ziele bestand, darin die Macht der Habsburger einzuschränken. Durch das Schüren von Missgunst in Holland und Deutschland gegen die Habsburger beteiligte er sich schon früher am Krieg. 1635 trat er aktiv in das Kampfgeschehen ein. Obwohl der Kardinal zuvor die Protestanten bekämpft und verfolgt hatte, verbündete sich nun mit protestantischen deutschen Fürsten, den Schweden und dem calvinistischen Holland. „Das Eintreten für die ‘falsche’ konfessionelle Seite zeigt deutlich, dass es Frankreich nicht um Fragen der Religion, auch nicht um ideologische Unterstützung des

1 Vgl. Zeiten und Menschen, Schöningh Verlag 2007, S. 202

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niederländischen Freiheitskampfes“1 ging. Vielmehr wollte Richelieu Frankreich zu mehr Macht verhelfen und die Vormacht der Habsburger in Europa unterdrücken. Frankreich erklärte Spanien und dem habsburgischen, katholischen Kaiser den Krieg. Die letzten Kriegsjahre dienten nur Schweden und Frankreich, da diese auf eine gute Ausgangsposition für die Nachkriegsverhandlungen hinarbeiteten. In den Schlachten wurde sinnlos geplündert und gemordet, wobei es längst nicht mehr um den ursprünglichen Konfessionskrieg ging. Durch den Einfluss von Kardinal Richelieu und dem späteren Premierminister Kardinal Mazarin wurde Frankreich nach dem Westfälischen Frieden 1648 langsam zur politischen und militärischen Vormacht in Europa. Kardinal Richelieu und nach seinem Tode (1642) Kardinal Mazarin waren die entscheidenden Figuren im Aufbau der absolutistischen Monarchie in Frankreich. 1643 starb König Ludwig XIII. und sein Sohn wurde bereits mit vier Jahren am 14. Mai 1643 als Louis XIV. gekrönt. Bis zu seinem 13. Lebensjahr führte seine Mutter, Anna von Österreich, die Regierungsgeschäfte. Nachdem Ludwig XIV. 1651 für volljährig erklärt worden war, ging die Macht auf Kardinal Mazarin über, der den jungen König zum Staatsmann ausbildete. Nach dem Tod von Kardinal Mazarin (1661) erklärte König Ludwig XIV, dass er selbst regieren werde und übernahm die absolute Macht im Land. Er beschränkte das Parlament und den Adel in ihren politischen Kompetenzen, verstärkte gleichzeitig die königliche Verwaltung und Armee und griff in Wirtschaft und Wissenschaft ein. Auch die Künste gerieten nach und nach unter das Diktat des Königs und dienten der Verherrlichung der Persönlichkeit Ludwigs XIV. Er setzte eine neue Wirtschaftspolitik, den Merkantilismus, durch. Hierbei steigerte er sein Staatseinkommen durch ein Zollsystem. Außerdem entstanden unter seiner Leitung Manufakturen, welche die Produktivität steigerten. „Als oberster Kirchherr machte der König zur Vereinheitlichung seines Untertanenverbandes die katholische Konfession verbindlich, (…) und verbot damit 1685 den Protestantismus.“1 Bewusst stellte Ludwig XIV. seine Macht und seinen Reichtum zur Schau. Seine Residenz Versailles bei Paris verkörperte den Reichtum und die Pracht, mit welcher der König sich umgab. In seinem Hofstaat sammelte er viele Adelige um sich, um deren Gunst aber auch die Kontrolle zu behalten. Außerhalb Frankreichs galt die französische Sprache als die Sprache des Adels und der gebildeten Schicht, so wie auch die Kultur als Vorbild gesehen wurde. Ludwig XIV. bezeichnete sich selbst als Sonnenkönig, und erklärte „Der Staat bin ich“, was bedeutete, dass er die uneingeschränkte Macht besaß und sich an keine Richtlinien halten musste. Er führte vier Kriege, die seine Staatskassen und seine Armee sehr stark schwächten. „Ausgelaugt und finanziell zerrüttet wies die Überbeanspruchung der Kräfte in den vier großen

1http://www.stefanjacob.de/Geschichte/Unterseiten/Aufsaetze.php?Multi

=10 Stefan Jacob ; Stuttgart, Juli 2002

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Kriegen Ludwig XIV. auf die Unmöglichkeit einer Hegemonie in Europa hin.“1 Ludwig war zwar mächtig, konnte Frankreich allerdings nicht zur Vorherrschaft machen, da die anderen europäischen Länder die anwachsende Macht Frankreichs nicht duldeten.

3.2.3 England

England wurde im „Eisernen Zeitalter“ oft von inneren Krisen und Kriegen erschüttert. 1603 begann die Dynastie der Stuarts, welche jedoch mehrere Grundprobleme hatte. Unter Elisabeth I. waren viele Kriege geführt worden, welche die Staatskasse sehr schwächten und Staatsschulden hervorbrachten. Außerdem gab es auch in England religiöse Konflikte zwischen Puritanern und Katholiken. Die Verfolgung der Puritaner hatte zur Folge, dass es zu Auswanderungsschüben kam. Ein beliebtes Ziel war Nordamerika. 1620 machte sich die „Mayflower“ von Plymouth mit 120 Puritanern nach Nordamerika auf. Dieser wurden später als „Pilgerväter“ bezeichnet. Um die Probleme lösen zu können, machten die Könige dem Parlament mehr Zugeständnisse, scheiterten jedoch. Schon Jakob I., der von 1603 bis 1625 regierte, versuchte durch Zugeständnisse an Mittel im Dreißigjährigen Krieg zu kommen. Sein Nachfolger Karl I. erweitere die Zugeständnisse und löste nach seinem Scheitern für einige Zeit das Parlament auf. Da er finanzielle Mittel für den Krieg mit Schottland benötigte, berief er das Parlament jedoch für 22 Tage wieder ein. Durch den Druck auf Seiten der puritanischen Opposition, welche Gleichstellung der Religionsvertreter, finanzielle Kontrolle durch das Parlament, die Abschaffung der königlichen Sondergerichte und die Gleichstellung von König und Parlament forderten, trat am 3. November 1640 das Parlament erneut zusammen. Karl I. versuchte daraufhin die radikalen Führer der Opposition verhaften zu lassen. Nach seinem Scheitern floh er jedoch 1642 nach London. Daraufhin begannen die Bürgerkriege. Hauptgründe für die Bürgerkriege kamen aus verschiedenen Bereichen. Einmal handelte es sich um den Konflikt zwischen der englischen Krone und dem Parlament. Zudem ging es um den religiösen Konflikt zwischen Puritanern und Anglikanern. Während die einen versuchten die anglikanische Staatskirche unter Karl I. zu verteidigen und den Kontakt mit der katholischen Papstkirche suchten, forderten die Puritaner eine religiöse Umgestaltung der Gesellschaft. Außerdem wollten sie eine aktiv protestantische Außenpolitik im Dreißigjährigen Krieg. „Weil der Wille

1 Geschichte Basiswissen für die Schule, Corvus Verlag, S.193

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Gottes in ihren Augen höher stand als die königliche Macht Karls I., verfügte die puritanische Revolution über einen die Monarchie transzendierenden Bezugspunkt.“1 Im Verlauf des Bürgerkrieges spalteten sich die Meinungen der Kriegsparteien immer mehr auf, sodass viele verschiedene Interessensgemeinschaften entstanden. Für die Radikalisierung des Bürgerkrieges setzten sich zudem auch die unteren Schichten ein, da deren Einfluss gewachsen war und sie sich von dem Parlament betrogen fühlten. Es folgte daraufhin der zweite Bürgerkrieg (1648/49). Im Parlament setzten sich die Gegner Karls I. durch, sodass dieser 1649 wegen Hochverrats hingerichtet wurde. Daraus ging ein Volksgefühl hervor, dass das Volk die Staatsgewalt habe und damit sogar befugt sei, seinen König zu richten. Religiös gesehen entstand die Vorstellung von einem Reich Gottes auf Erden. Das „Parlament der Heiligen“ wurde beauftragt die Ankunft Gottes vorzubereiten. In der Politik machte sich Oliver Cromwell einen Namen. Dieser führte in den nächsten Jahren mit seinem Parlamentheer eine Art Militärdiktatur. Allerdings dauerte diese Phase nur bis zu seinem Tod an. 1660 lebte die Herrschaft der Stuarts durch die Wiedereinberufung des „Langen Parlaments“ und das Einsetzen von Karl II. erneut auf. Damit war die alte herrschaftliche Ordnung von Parlament und Krone wieder hergestellt. „Diese unübersichtlichen Bürgerkriegswirren bildeten den Ausgangspunkt der Staatsphilosophie von Thomas Hobbes (1588-1679).“2 Bereits 1688 kam es zu der „Glorreichen Revolution“. Hierbei ging es hauptsächlich um die Absetzung Jakobs II., welcher durch Wilhelm III. von Oranien ersetzt werden sollte. Der Grund waren die Versuche Jakobs II., das Land zu rekatholisieren. Das Parlament stellte durch diesen Akt die alte Tradition wieder her. Daraus ergab sich, dass das Parlament nun befähigt war, den König selbst einzusetzen. Somit war das göttliche Recht des Königs, mit welchem dessen Macht immer begründet worden war, abgeschafft. Dies revolutionierte die englische Politik. Deshalb wird die „Glorreiche Revolution“ auch als eine Revolution angesehen, obwohl keine Revolution vom Volk gegen die Königsherrschaft bestand. Aus der „Glorreichen Revolution“ ging die „Bill of Rights“ hervor. Dieses Dokument bewirkte die eindeutigen Freiheiten des Parlamentes, die Regelung keine Gesetzesentscheidungen ohne die Zustimmung des Parlamentes verabschieden zu können und das Verbot für Katholiken den Thron zu besteigen. Außerpolitisch „bemühte sich die englische Politik im europäischen Mächtefeld den hegemonialen Tendenzen Ludwig XIV. entgegenzutreten.“3

1 Zeiten und Menschen, Schöningh Verlag 2007, S. 247

2 Zeiten und Menschen, Schöningh Verlag 2007, S. 247

3 Geschichte Basiswissen für die Schule, Corvus Verlag, S.197

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4. Vorstellung von Rationalismus und Empirismus

In der Philosophie der frühen Neuzeit kamen zwei gegensätzliche Denkrichtungen auf, die sich mit dem Ursprung der menschlichen Erkenntnis auseinandersetzten.

Rationalismus

Der Rationalismus ist eine philosophische Strömung, welche die Vernunft für die menschliche Erkenntnis voraussetzt. Er vertritt die Ansicht, dass die Welt nach vernunftgemäßen Kriterien, das heißt logisch-gesetzmäßig beschaffen ist. Anders als der Empirismus geht der Rationalismus davon aus, dass es Vernunftwahrheiten gibt, die von der Erfahrung unabhängig sind. Des Weiteren nimmt der Rationalismus an, dass „das sittliche Handeln des Menschen von seiner Vernunft geleitet ist.“1 Um die Menschen mündig machen zu können und sie zu moralisch besserem Verhalten zu verhelfen, bedürfe es einer vernunftgemäßen Schulung. Der Rationalismus wurde im 17. und 18. Jahrhundert gelehrt. Zu den Hauptvertretern gehören Gottfried Wilhelm Leibniz (1646-1716), Christian Wolff (1679-1754) und René Descartes.

Empirismus

Der Empirismus wurde im 17./18. Jahrhundert in England begründet. Als Wegbereiter gilt Francis Bacon (1561-1626), Hauptvertreter waren Thomas Hobbes (1588-1679), David Hume (1711-76) und John Locke. Der Empirismus geht davon aus, dass alle Erkenntnis auf Erfahrung beruht. Bei allen Vorstellungen, die nicht aus der Erfahrung stammen, handelt es sich um Einbildung, da die auf Erfahrung beruhenden Vorstellungen zerlegt und neu kombiniert werden. Nur diejenigen Vorstellungen, die in der Erfahrung wieder gefunden werden, gelten im Empirismus als wahr. Die wahre Erkenntnis stamme daher aus dem Experiment, der Beobachtung

1 Meyers Jugendlexikon, Meyers Lexikonverlag, 5. Auflage, Berlin 2003, S.

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und der Sinneserfahrung. „Gelten die Sinne als einzige Quelle der Erfahrung spricht man von Sensualismus.“1

5. Stellungnahme

In meiner Facharbeit habe ich mich mit der Frage beschäftigt, ob unsere Erkenntnis auf Erfahrung beruht oder allein aus unserer Vernunft entspringt. Meiner Meinung nach ist es nicht möglich sich auf eine Richtung zu beschränken. Denn ich glaube nicht, dass die Erkenntnis entweder nur aus der Erfahrung, oder nur aus der Vernunft hervorgeht. Bei der Suche nach einem anderen Lösungsansatz bin ich auf das Gelingen Kants gestoßen, Rationalismus und Empirismus zu vereinen. Laut Kant fängt die Erkenntnis mit Erfahrung an. Allerdings sagt Kant, dass es eine andere Form gibt, die von der Erfahrung und der Erkenntnis nicht abhängig ist – A´priori. Aus dieser Form können analytische Urteile gebildet werden. Doch das eigentlich entstehende Problem ist, dass analytische Urteile die Erkenntnis nicht weiterführen. Synthetische Urteile hingegen bauen auf Erfahrung auf und können daher nicht wissenschaftlich sein. Der Ursprung des Wissens, der wissenschaftlich ist, ist dann A´priori. Diese Ansicht schließt jedoch nicht die Erkenntnis aus, die auf Erfahrung beruht. Damit hatte Kant das Ziel erreicht Rationalismus und Empirismus zu vereinen. Nach der Fertigstellung meiner Facharbeit habe ich mir persönlich die Frage gestellt, was ich nun eigentlich aus der Erarbeitung mitgenommen habe. Durch die Lebensläufe und den geschichtlichen Hintergrund, habe ich weitere Einblicke in die Geschichte erhalten. Außerdem fand ich es interessant, wie die Philosophen in ihrer Zeit für sich das Problem nach der Frage der Erkenntnis gelöst haben. Zudem habe ich dadurch einmal erlebt, wie zeitaufwendig und anstrengend das Verfassen einer wissenschaftlichen Arbeit ist.

1 Ebenda S. 156

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6. Quellenverzeichnis

1. Zugänge zur Philosophie 1, Cornlesen Verlag, Berlin 2004, S. 369

2. Meyers Jugendlexikon, Meyers Lexikonverlag, 5. Auflage 2003, S. 483

3. Meyers Jugendlexikon, Meyers Lexikonverlag, 5. Auflage 2003, S.46

4. Zugänge zur Philosophie 1, Cornelsen Verlag, Berlin 2004, S. 36

5. Zugänge zur Philosophie, Platon: Menon, , Cornelsen Verlag, Berlin 2004, S. 35

6. Dominik Perler: Rene´ Descartes. Beck, München 1998

7. http://www.arndt-bruenner.de/mathe/Allgemein/bios.htm ; Arndt Brünner,

aufgerufen am 20.06.2011

8. http://www.stud.fernuni-hagen.de/q5413273/DescartesGottesbeweise.pdf ; Norbert

Puschmann, Kamen, 06.05.2007, aufgerufen am 20.06.2011

9. www.descartes-cogito-ergo-sum.de/seite-5.html ; Simon Hollendung, aufgerufen am

20.06.2011

10. Zugänge zur Philosophie, Cornelsen Verlag, Berlin 2004, S.254

11. Ist die aristotelische Erkenntnistheorie empiristisch? , Markus Andreas Mayer,

Studienarbeit, GRIN- Verlag, S.7

12. Ist die aristotelische Erkenntnistheorie empiristisch? , Markus Andreas Mayer,

Studienarbeit, GRIN- Verlag, S.10

13. http://www.geist-oder-

materie.de/Philosophie/griechische_Phil_/Aristoteles/aristoteles.html, aufgerufen am

20.06.2011

14. Stephan Herzberg, Wahrnehmung und Wissen bei Aristoteles: zur epistemologischen

Funktion der Wahrnehmung, 2008, S.5

15. http://www.philosophypages.com/ph/lock.htm, Garth Kemerling, aufgerufen am

05.05.2011

16. Meyers Jugendlexikon, John Locke Meyers Lexikonverlag, 5. Auflage 2003

17. John Locke: Versuch über den menschlichen Verstand, Buch 1 ,S. 79

18. Zeiten und Menschen, Schöningh Verlag 2007, S. 21

19. Geschichte Basiswissen für die Schule, Corvus Verlag, S. 48

20. Zeiten und Menschen, Schöningh Verlag 2007, S. 30

21. Zeiten und Menschen, Schöningh Verlag 2007, S. 206/207

22. Geschichte Basiswissen für die Schule, Corvus Verlag, S.193

23. Zeiten und Menschen, Schöningh Verlag 2007, S. 247

24. Geschichte Basiswissen für die Schule, Corvus Verlag, S.197

25. Meyers Jugendlexikon, Meyers Lexikonverlag, 5. Auflage, Berlin 2003, S. 509

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7. Einverständniserklärung

Hiermit versichere ich, dass ich diese Facharbeit selbstständig verfasst, keine anderen Quellen und Hilfsmittel als die anderen benutzt und die Stellen, die anderen Werken dem Wortlaut oder dem Sinn nach entnommen sind, in jedem Fall unter Angabe der Quelle als Entlehnung kenntlich gemacht habe.

Porta Westfalica, 21.6.2011

Anne-Jasmin Häser