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Evaluation I 1.1
Veranstaltungsevaluation
NHHL 2 00 06 01 1
Eigenanalyse – Weg zum Lehrerfolg
Ein Fragenkatalog zur Evaluation und Verbesserungdes persönlichen Lehrverhaltens
Hans-Peter Voss
Das Bedürfnis nach Selbstevaluierung und eigener Reflexion der Lehre ist unter Hochschullehrernweit verbreitet. Auch steigt die Einsicht, dass es hierzu des Rüstzeugs bedarf. Der Beitrag enthälteinen umfangreichen, praktisch erprobten Fragenkatalog zur Verbesserung des Lehrverhaltens. Ihmliegen die Erkenntnisse der modernen Kognitions- und Lernpsychologie zugrunde.
Gliederung Seite
1. Entstehung des Fragenkatalogs 2
2. Lerntheoretische Grundlage 2
3. Didaktischer Anspruch 4
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1. Entstehung des Fragenkatalogs
Diese Handreichung ist im Rahmen der praktischen hochschuldidakti-schen Arbeit für die Fachhochschulen des Landes Baden-Württembergentstanden. Sie baut inhaltlich auf früheren Handreichungen auf, dieunter der Regie von Herrn Prof. Dr. Gert Böhme (Furtwangen) erstelltund von der Studienkommission für Hochschuldidaktik herausgege-ben wurden.
Seit mehr als zehn Jahren ist der Autor an der Leitung aller hoch-schuldidaktischen Lehrverhaltenstrainings für die Professorenschaftan den Fachhochschulen im Land Baden-Württemberg beteiligt. Hier-bei und auf vielen Seminarveranstaltungen bot sich reichlich Gelegen-heit, Probleme der Lehre praxisnah zu diskutieren und nach unter-schiedlichen Gesichtspunkten zu strukturieren.
2. Lerntheoretische Grundlage
Auch wenn sie auf den ersten Blick diesen Eindruck erwecken mag,versteht sich die vorliegende Zusammenstellung nicht als ein zusam-menhangloses Sammelsurium von Tipps zur Verbesserung der Lehre.Es gibt vielmehr eine gemeinsame theoretische Grundlage, eineinendes Band für die Mehrzahl der gegebenen Empfehlungen. Diesesbesteht darin, dass hier ein auf den Erkenntnissen der modernen Ko-gnitions- und Lernpsychologie beruhendes Konzept des Wissenser-werbs durch den Studenten zugrundegelegt wird. Lernen wird als einmehrstufiger Prozess der „Wissenskonstruktion“ aufgefasst, der, soller wirklich nachhaltig erfolgen, von einem hohen Maß an Eigenakti-vität des Lernenden bestimmt sein muss.
Damit Lernen wirkungsvoll geschieht, muss es nach der Phase derInformationsaufnahme auch eine Phase der individuellen Informati-onsverarbeitung und schließlich eine Phase der Anwendung der soverarbeiteten Information auf neue Kontexte geben. Erst hier erweistsich, ob die aufgebauten Wissensstrukturen so stabil sind, dass sie sichauch im Transfer auf unbekannte Aufgabentypen bewähren und nichtzerfallen.
In Analogie zur Nahrungsaufnahme könnte man sagen, dass ein vomDozenten vorgestelltes Wissenselement zunächst „geschluckt“ werdenmuss (Schritt 1, im Idealfall wird es noch ein wenig in Form einerstrukturierten Mitschrift „gekaut“), bevor sich dann ein sehr individu-eller „Verdauungsprozess“ anschließt, in welchem das Wissen an dieindividuell vorhandenen Wissensstrukturen des Studenten „andockt“(Schritt 2) und auf diese Weise assimiliert wird. Die Brücken zwi-schen dem Vorwissen und den neuen Inhalten werden insbesondere
Kognitions- undlernpsychologischesKonzept desWissenserwerbs
Phasen des Lernens
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durch das Stellen von Fragen und ihre Beantwortung geschlagen. Dieskann in Verbindung mit einem realen Dialogpartner geschehen, oderaber in einem inneren Prozess. Wie die Nahrungsaufnahme letztlichder Umsetzung der gewonnenen Energie in aktives Handeln dient, soerfüllt sich der Sinn der Aneignung von Wissen im Allgemeinen aucherst, wenn dieses in Tätigkeit umgesetzt wird. Zunächst geht es oft umdas Lösen von Übungsaufgaben mit Standardverfahren. Später trittdann die Bearbeitung realer Projekte hinzu, für die es keine Patentlö-sungen gibt und bei denen gleichzeitig auf Wissen unterschiedlicherBereiche zurückgegriffen werden muss. Die aufgebauten Wissens-strukturen müssen nun beweisen, ob sie auch unter zuvor unbekanntenAufgabenstellungen stabil bleiben (Schritt 3).
Dieses Modell des Wissenserwerbs steht im krassen Gegensatz zum„Trichtermodell“ des Lernens, das viele Dozenten, aber auch vieleStudenten, zu favorisieren scheinen, wie die starke Verbreitung auto-kratischen Lehrverhaltens und passiven Lernverhaltens zeigen. Indeszeigt ein Blick in die Geschichte der Didaktik, dass das Wissen um dieNotwendigkeit von „aktivem Lernen“ schon vor hunderten von Jahrenbekannt war. Hier stellvertretend einige Zitate:
„Studium ohne Hingabe schädigt das Gedächtnis.“(Leonardo da Vinci, 1452–1519),
„Man wird im allgemeinen durch die Gründe, welche man selbst ge-funden hat, besser überzeugt, als durch die, welche im Geiste ande-rer entstanden sind.“(Blaise Pascal, 1623–1662),
„Was man sich selbst erfinden muss, lässt im Verstand die Bahn zu-rück, die auch bei anderer Gelegenheit gebraucht werden kann.“(Georg Christoph Lichtenberg, 1742–1799).
Gegensatz zum„Trichtermodell“
des Lernens
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3. Didaktischer Anspruch
Die vorliegende Arbeit steht in engem Zusammenhang mit der hoch-schuldidaktischen Professorenfortbildung. Hieraus ergibt sich, dasseinige der angegebenen Problemstellungen bzw. Lösungsvorschlägestärker auf den Bereich der Fachhochschulen zutreffen als auf denBereich der Lehre an den Universitäten. Die Mehrzahl der Hinweiseist jedoch weitgehend unabhängig vom Hochschultyp.
Eine für die Fachhochschulen typische Lehrform ist die seminaristi-sche Unterrichtsform – jedenfalls dort, wo kleine Studentenzahlen dieszulassen. Diese Lehrform besitzt, bezogen auf die Stoffpräsentation,Merkmale der traditionellen Vorlesung, erlaubt jedoch zugleich auf-grund der kleinen Gruppengrößen eine intensive Interaktion mit denHörern und in ausgewählten Bereichen auch eine gemeinsame Erar-beitung des Stoffes.
Viele der gegebenen Hinweise orientieren sich eher an den Anforderun-gen naturwissenschaftlicher, technischer und wirtschaftswissenschaftli-cher Fächer, als an denen der Geistes- und Sozialwissenschaften.
Ziel der hier vorgelegten Zusammenstellung von Aspekten, die in derVorbereitung und Optimierung von Lehrveranstaltungen von Bedeu-tung sind, ist nicht die Aufstellung eines „Expertensystems zur Hoch-schuldidaktik“ mit Patentlösungen für alle auftretenden Fälle. Schondie Vorstellung, man könne zu einer bestimmten Problemlage stetseindeutig eine bestimmte Vorgehensweise empfehlen, wird der Viel-schichtigkeit realer Lehrsituationen nicht gerecht.
Mancher Leser mag sich an der scheinbaren Trivialität der einen oderanderen Empfehlung stören. Er sollte bedenken, dass im Bereich desLehrverhaltens vieles nur schwer zu beherzigen ist, was in der Theorieselbstverständlich oder gar banal erscheint.
Das Anliegen der vorliegenden Handreichung liegt vor allem in zweiBereichen: Sie soll ein Instrument zur Sensibilisierung für möglicheProbleme im Bereich der Lehre sein, zugleich soll sie aber auch dazubeitragen, die Freiheitsgrade der Lehrenden in ihrem didaktischen Han-deln zu erweitern; sie ist eine Art Katalog von Verhaltensmöglichkeiten.Gerade für den Dozenten, der erstmals eine Lehrtätigkeit aufnimmt,kann es von Nutzen sein, sich gedanklich schon mit möglichen Proble-men und deren Vermeidung oder Bewältigung auseinander zu setzen.Im Einklang mit seiner individuellen Persönlichkeitsstruktur kann sichdurch diesen Bewusstwerdungsprozess allmählich die für ihn optimaleLehre herausbilden. In diesem Sinne ist auch ein spielerisches „Herum-streifen“ in der Übersicht sehr erwünscht, das noch nicht von der Suchenach der Lösung für ein bestimmtes didaktisches Problem geleitet wird.
Adressat des Beitrags
Die seminaristischeUnterrichtsform
Zielsetzung
Ein Instrument zurSensibilisierung fürmögliche Probleme imBereich der Lehre
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Ein weiteres muss hier festgestellt werden: Die Zusammenstellungvon Problemen und ihren Lösungen, die hier gegeben wird, will undkann nur aspekthaft, fragmentarisch und vorläu-fig sein. Der Vorgang des Lehrens ist so kom-plex, dass wesentliche Elemente verkürzt wer-den oder ganz ausgeklammert bleiben müssen.Zudem ist eine eindeutige Strukturierung diesesBereiches nicht möglich, da in jedem Lehrpro-blem eine Fülle unterschiedlicher Faktoren zu-sammenwirkt. Oft erfordern verschiedene Situa-tionen eine gleichartige Reaktion und anderer-seits gleichartige Situationen sehr unterschiedli-che Reaktionen – je nach den Bedingungen inder Lerngruppe oder der Art des Sachgebietes.Um die Vorläufigkeit und organische Vernetzt-heit der Probleme besser wiederzugeben, wärefür diese Handreichung vielleicht besser dieForm einer Mindmap gewählt worden. Aller-dings hätte eine solche Darstellung einen derar-tigen Umfang angenommen, dass sie schon auf-grund der hierfür benötigten Blattgröße nicht inFrage kam.
Auf die Angabe von Literaturhinweisen wurdeverzichtet, weil sich zum einen das hier vorge-stellte Spektrum an Hinweisen ganz überwie-gend auf Gespräche mit Lehrenden stützt und weil andererseits zu fastjedem Problemlösungsvorschlag mehrere parallele Literaturstellen zurVertiefung des Themas angegeben werden könnten.
Eine herzliche Bitte an die Leserinnen und Leser dieses Artikels:Wenn Sie aus Ihrem Erfahrungsschatz Kommentare oder Ergänzungeneinbringen möchten, ist der Autor hierfür außerordentlich dankbar.
Information zum Autor:
Dipl.-Phys. Hans-Peter Voss übernahm nach einer Forschungstätigkeit im Bereich derPhysikdidaktik im Jahr 1991 die Geschäftsführung der Studienkommission für Hochschuldidaktik anFachhochschulen in Baden-Württemberg und den Aufbau der zugehörigen Geschäftsstelle an derHochschule Karlsruhe – Technik und Wirtschaft. Er ist verantwortlich für die Konzipierung,Organisation und Durchführung hochschuldidaktischer Fortbildungsangebote für die Professo-renschaft und ist Geschäftsführer des Förderprogramms „Leistungsanreizsysteme in der Lehre“(LARS), das sich als Motor für die Entwicklung und Implementierung innovativer Lehransätze ver-steht. Er lehrt heute vor allem im Bereich der Vermittlung von Schlüsselqualifikationen und war vieleJahre lang Mitglied des Vorstandes der „Arbeitsgemeinschaft für Hochschuldidaktik“ (AHD).
Evaluation
Die zunehmende Bedeutung der Evaluati-on und ihrer Konsequenzen sind unbe-stritten – dagegen sind die rechtlichenRahmenbedingungen den Beteiligten oftunklar.
Was von rechtlicher Seite für Sie wichtigist, lesen Sie in unserem Newsletter „Lehreaktuell“ im Beitrag „Evaluation“.
Ein Blick in den Rechtsindex zeigt Ihnen,wo Sie den Artikel finden!
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