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von Christian Dubiel und Torsten Linnenbrügger, VNG Kraftwerke stehen vor Wandel Mit dem Energiekonzept hat die Bun- desregierung im September 2010 ihren Fahrplan festgelegt, um die ambitionier- ten Klimaschutzziele zu erreichen. Der Ausbau der erneuerbaren Energien und Energieeffizienzthemen stehen im Vorder- grund. Damit wird sich auch die Struktur des deutschen Kraftwerksparks in den kommenden Jahren grundlegend ändern. Zukünftige Kraftwerke werden zu großen Teilen aus Erzeugungskapazitäten beste- hen, die im Jahresverlauf eine niedrigere jährliche Auslastung aufweisen. Sie müs- sen damit die volatile Stromeinspeisung durch Wind und Sonne überbrücken, die nicht vorhersehbar zur Verfügung stehen. Zum Ausgleich der verstärkten stochas- tischen Stromerzeugung sind flexible Erzeugungskapazitäten notwendig, die entsprechend schnell als Reserve ein- springen können. Erdgas kann sich dabei ökologisch als Brückentechnologie und als Ergänzung für das steigende Aufkommen an Strom aus erneuerbaren Energien positionieren. Gaskraftwerke zeichnen sich durch ihre flexible Fahrweise mit kurzen An- und Abfahrzeiten als ideale Ergänzung zur Spitzenlaststromerzeugung und zum Aus- gleich der volatilen Stromeinspeisung aus. Zwei erfolgreiche Geschäftsmodelle Im Kraftwerksmarkt mit Erdgas werden grundsätzlich zwei Geschäftsmodelle unterschieden. Zum einen können Kraft- werke allein auf den Strommarkt aus- gerichtet werden. Diese so genannten Gas- und Dampfturbinenkraftwerke (GuD- Kraftwerke) zur reinen Stromerzeugung sind hocheffizient und flexibel. Durch die kurzen Anfahrtszeiten des Kraftwerks und den hohen Wirkungsgrad von bis zu 60 % sind die Anlagen die ideale Ergänzung als Ausgleichs- und Reservekapazität für er- neuerbare Energien. Das Portfolio ist wei- testgehend auf den Strommarkt begrenzt. Zum anderen kann das Geschäftsmodell auf den Strom- und Wärmemarkt ausge- richtet sein. Dann wird nicht nur Strom produziert, sondern im Kraft-Wärme- Kopplungsprozess (KWK) auch Wärme in Form von Prozesswärme, Prozessdampf oder Fernwärme zur Verfügung gestellt. Durch die gleichzeitige Nutzung von Strom und Wärme haben KWK-Anlagen sehr hohe Nutzungsgrade von bis zu 90 %. Allerdings können KWK-Kraftwerke nur dort gebaut werden, wo es Endabnehmer für die anfal- lende Wärmeenergie gibt. Das ist oftmals im innerstädtischen Bereich der Fall. Richtige Projektentwicklung entscheidet über Bau Bis zu sechs Jahre vergehen in der Regel, bevor ein neues Kraftwerk an den Start Projektierung Ein langer Weg Bevor der erste Strom oder die erste Wärme aus einem Kraftwerk ins Netz gelangt, kann eine lange Zeit vergehen. Bis zu sechs Jahre dauert es in der Regel, bis ein neues Gaskraftwerk betriebsbereit ist. medium gas zeigt, dass gerade die Projektentwicklungsphase in den ersten ein bis zwei Jahren die entscheidende Größe für den späteren Betrieb ist. SCHWERPUNKT 28

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SCHWERpUNKT entsprechend schnell als Reserve ein- springen können. Erdgas kann sich dabei ökologisch als Brückentechnologie und als Ergänzung für das steigende Aufkommen an Strom aus erneuerbaren Energien positionieren. Gaskraftwerke zeichnen sich durch ihre flexible Fahrweise mit kurzen An- und Abfahrzeiten als ideale Ergänzung zur Spitzenlaststromerzeugung und zum Aus- gleich der volatilen Stromeinspeisung aus. von Christian Dubiel und Torsten Linnenbrügger, VNG 28

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von Christian Dubiel undTorsten Linnenbrügger, VNG

Kraftwerke stehen vor WandelMit dem Energiekonzept hat die Bun-desregierung im September 2010 ihren Fahrplan festgelegt, um die ambitionier-ten Klimaschutzziele zu erreichen. Der Ausbau der erneuerbaren Energien und Energieeffizienzthemen stehen im Vorder-grund. Damit wird sich auch die Struktur des deutschen Kraftwerksparks in den kommenden Jahren grundlegend ändern.

Zukünftige Kraftwerke werden zu großen Teilen aus Erzeugungskapazitäten beste-hen, die im Jahresverlauf eine niedrigere jährliche Auslastung aufweisen. Sie müs-sen damit die volatile Stromeinspeisung durch Wind und Sonne überbrücken, die nicht vorhersehbar zur Verfügung stehen. Zum Ausgleich der verstärkten stochas-tischen Stromerzeugung sind flexible Erzeugungskapazitäten notwendig, die

entsprechend schnell als Reserve ein-springen können.

Erdgas kann sich dabei ökologisch als Brückentechnologie und als Ergänzung für das steigende Aufkommen an Strom aus erneuerbaren Energien positionieren. Gaskraftwerke zeichnen sich durch ihre flexible Fahrweise mit kurzen An- und Ab fahrzeiten als ideale Ergänzung zur Spitzenlaststromerzeugung und zum Aus-gleich der volatilen Stromeinspeisung aus.

Zwei erfolgreiche GeschäftsmodelleIm Kraftwerksmarkt mit Erdgas werden grundsätzlich zwei Geschäftsmodelle unterschieden. Zum einen können Kraft-werke allein auf den Strommarkt aus-gerichtet werden. Diese so genannten Gas- und Dampfturbinenkraftwerke (GuD-Kraftwerke) zur reinen Stromerzeugung sind hocheffizient und flexibel. Durch die kurzen Anfahrtszeiten des Kraftwerks und den hohen Wirkungsgrad von bis zu 60 %

sind die Anlagen die ideale Ergänzung als Ausgleichs- und Reservekapazität für er-neuerbare Energien. Das portfolio ist wei-testgehend auf den Strommarkt begrenzt.

Zum anderen kann das Geschäftsmodell auf den Strom- und Wärmemarkt ausge-richtet sein. Dann wird nicht nur Strom produziert, sondern im Kraft-Wärme-Kopplungsprozess (KWK) auch Wärme in Form von prozesswärme, prozessdampf oder Fernwärme zur Verfügung gestellt. Durch die gleichzeitige Nutzung von Strom und Wärme haben KWK-Anlagen sehr hohe Nutzungsgrade von bis zu 90 %. Allerdings können KWK-Kraftwerke nur dort gebaut werden, wo es Endabnehmer für die anfal-lende Wärmeenergie gibt. Das ist oftmals im innerstädtischen Bereich der Fall.

Richtige Projektentwicklung entscheidet über Bau Bis zu sechs Jahre vergehen in der Regel, bevor ein neues Kraftwerk an den Start

Projektierung

Ein langer WegBevor der erste Strom oder die erste Wärme aus einem Kraftwerk ins Netz gelangt, kann eine lange Zeit vergehen. Bis zu sechs Jahre dauert es in der Regel, bis ein neues Gaskraftwerk betriebsbereit ist. medium gas zeigt, dass gerade die Projektentwicklungsphase in den ersten ein bis zwei Jahren die entscheidende Größe für den späteren Betrieb ist.

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gehen kann. Der gesamte Lebenszyklus einer Kraftwerksanlage umfasst einen noch sehr viel längeren Zeitraum von 25 bis 40 Jahren. Wenn man über einen Zeitraum von einem knappen halben Jahrhundert nachdenkt, wird besonders deutlich, wie wichtig die Vorarbeiten – quasi die projektentwicklung – im Vorfeld sind. Sie nimmt rund ein bis zwei Jahre in Anspruch. Die in dieser Zeit getroffenen Entscheidungen sind essentiell, sie wir-ken sich auf den gesamten Lebenszyklus aus und lassen sich im Nachhinein nur selten revidieren. Am Ende der projekt-entwicklung steht die Entscheidung, ob das Kraftwerk gebaut wird und wie hoch die Investitionen sein werden.

Wichtige faktoren in der ProjektentwicklungIm Rahmen der projektentwicklungsphase werden möglichst alle Randbedingungen für die Errichtung und den Betrieb eines

Kraftwerks analysiert. Dafür gibt es in der Regel eine Machbarkeitsstudie mit allen wirtschaftlichen, rechtlichen und techni-schen Faktoren.

WirtschaftlichkeitDie Überprüfung der Wirtschaftlichkeit ist eine der wichtigsten Aufgaben im Rahmen der projektentwicklung und oft maßgebliches Kriterium für eine Ent-scheidung.

Dazu werden den erwarteten Erlösen (Strom- und Wärmeerlöse) die Aufwen-dungen für primärenergieträger und not-wendige CO2-Zertifikate, für den Betrieb des Kraftwerkes, für Steuern sowie ka-pitalgebundene Aufwendungen gegen-übergestellt. Da die Entscheidung für ein Kraftwerk eine Investition in die Zukunft darstellt und diese mit Unsicherheiten behaftet ist, werden prognosen erstellt und verschiedene Szenarioanalysen be-trachtet.

StandortwahlDie Wahl des Standortes ist eng verbun-den mit der Frage nach der technischen Ausrichtung des Kraftwerks. Liegt eine Wärmesenke vor, z. B. durch naheliegen-de Industriebetriebe oder innerstädtische Einzugsgebiete, so kann das Kraftwerk als KWK-Anlage ausgerichtet werden. Auch die bereits vorhandenen Medienan-schlüsse wie Gas- und Stromanbindung sowie Wasseranschlüsse spielen für die Wahl des Standortes eine große Rolle.

Technische AusrichtungMarktanalysen ermöglichen Rückschlüsse auf den zukünftigen Energiebedarf und so-mit auf den Leistungsbereich, in dem die Kraftwerksanlagen liegen müssen. Im Fall von KWK-Anlagen können die Versorgung des Leitungsnetzes mit Heißwasser oder Dampf konzeptioniert und gegebenenfalls planungen für einen Ausbau des Netzes in die Betrachtung einbezogen werden.

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Bei GuD-Anlagen ist der Leistungsbe-reich durch die verfügbaren Anlagen vor-gegeben und orientiert sich in der Regel an der Erzielung eines möglichst hohen elektrischen Wirkungsgrades.

NetzanschlussSofern der Standort näher eingegrenzt ist, kann ein Kraftwerksbetreiber mit der planung der Medienanschlüsse be-ginnen. Entsprechende Verträge für die Nutzung von Gas und Strom werden mit den Netzbetreibern geschlossen. So sind beispielsweise für die Stromeinspeisung drei Verträge notwendig: ein Anschlusser-richtungsvertrag (regelt die Errichtung der erforderlichen Komponenten), ein Netzan-schlussvertrag (regelt die Ausführung des Netzanschlusses, z. B. Spannungsebene und Netzanschlusskapazität) sowie ein Netznutzungsvertrag (regelt die Entgelte der Netznutzung).

Rechtlicher RahmenAuch wenn eine Anlage wirtschaftlich be-trieben werden kann, müssen die recht-lichen Rahmenbedingungen erfüllt sein. Deshalb ist die Genehmigungsfähigkeit der Anlage ein wichtiges Kriterium. Dazu ist u. a. ein Raumordnungs- und Betriebs-genehmigungsverfahren erforderlich. Letzteres Verfahren richtet sich nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) und beinhaltet die Beurteilung aller für den Betrieb relevanten gesetzli-chen Vorgaben, wie z. B. das Energierecht, das Wasserhaushaltsgesetz und das Ge-werberecht.

VNG unterstützt bei ProjektentwicklungVNG steht als Ansprechpartner in vielfäl-tiger Hinsicht zur Verfügung. In Bezug auf die Belieferung eines Kraftwerksstandor-tes mit Erdgas kann VNG auf langjährige Erfahrungen in der individuellen Erdgas-lieferung zurückgreifen.

Weiterhin kann VNG auf erste gemein -sam mit partnern entwickelte Kraftwerks-vorhaben verweisen. Diese umfangreichen Erfahrungen bringt VNG gern in weitere potenzielle Kraftwerksprojekte ein. Ge-rade vor dem Hintergrund des in naher Zukunft endenden Lebenszyklus von Kraftwerken in einigen Städten stehen nun Ertüchtigungen an, die VNG mit ihrem Know-how unterstützen kann.

Kraftwerksgaslieferungen Dr. Stephan Krein Direktor Industrie­ und Geschäftskunden Telefon: +49 341 443­2944E­Mail: [email protected] KraftwerksprojekteChristian DubielLeiter Konzernentwicklung – Infrastruktur und Neue EnergiegeschäftsfelderTelefon: +49 341 443­2827E­Mail: [email protected]

Ansprechpartner

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