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Chancen für neue Arbeitsformen, mehr Beschäftigung, flexible Arbeitszeiten EIN RATGEBER FÜR ARBEITNEHMER UND UNTERNEHMEN Telearbeit

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Chancen für neue Arbeitsformen, mehr Beschäftigung, flexible Arbeitszeiten

EIN RATGEBER FÜR ARBEITNEHMER UND UNTERNEHMEN

Telearbeit

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Chancen für neue Arbeitsformen, mehr Beschäftigung, flexible Arbeitszeiten

EIN RATGEBER FÜR ARBEITNEHMER UND UNTERNEHMEN

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Liebe Leserinnen, liebe Leser,unsere Arbeitswelt erlebt einen tiefgreifenden Wandel.

Ein Kennzeichen dieses Wandels ist es, daß dank der Infor-

mations- und Kommunikationstechnologien Raum und Zeit

nicht mehr trennen, sondern leichter überbrückt werden

können – in der industriellen Produktion und in den Dienst-

leistungen ebenso wie in der Arbeitsorganisation.

Die vor uns liegende Informationsgesellschaft eröffnet

Chancen für jeden von uns, für Arbeitnehmer und Arbeit-

geber, für Verbraucher und Nutzer der neuen Informations-

und Kommunikationsdienste. Die Entwicklung schafft Spiel-

räume für mehr Produktivität und mehr Beschäftigung.

Sie verringert die räumliche Distanz zwischen Wohnen und

Arbeit, verbessert die Vereinbarkeit von Beruf und Familie

und trägt zur Entlastung von Verkehr und Umwelt bei.

Doch auch Risiken können entstehen, die durch eine sinn-

volle Ausgestaltung begrenzt werden sollten.

Die Bundesregierung will die Entwicklung der Informati-

onsgesellschaft aktiv unterstützen. Dazu gehören auch Mo-

dellversuche zur Anwendung und rechtlichen Sicherung der

Telearbeit. Es ist das Ziel, die in unserer Gesellschaft und in

der Wirtschaft rasch wachsende Zustimmung zur Telearbeit

zu unterstützen – zum Vorteil von Beschäftigten, aber auch

zur Ermunterung für viele Unternehmen.

Mit dieser Broschüre wollen wir über Telearbeit informie-

ren. Schon in wenigen Jahren kann Telearbeit eine alltägli-

che Form des Arbeitens für viele geworden sein – zu Hause

oder unterwegs, in einem „Telecenter“ oder einem „virtuel-

len Büro“. Diese neue Form der Arbeitsorganisation und der

Arbeitsteilung wird schon bald eine große wirtschaftliche,

soziale und ökologische Bedeutung erlangen.

Möglichst viele Menschen in unserem Land sollen

sich auf diese Entwicklung rechtzeitig einstellen können.

Dazu soll diese Broschüre einen Beitrag leisten.

Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie

Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung

Telearbeit 3

Einleitung

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Herausgeber: Bundesministerium fr Wirtschaft und TechnologieReferat –ffentlichkeitsarbeit Villemombler Stra§e 7653123 Bonn

Bundesministerium fr Arbeit und Sozialordnung Referat –ffentlichkeitsarbeit Rochusstra§e 153123 Bonn

Fachbeirat: Prof. Carl Boehret, Hochschule fr Verwaltungswissenschaften SpeyerProf. Wilhelm R. Glaser, Universit−t TbingenProf. Herbert Kubicek, Universit−t BremenProf. Ludwig Nastansky, Universit−t PaderbornProf. Thilo Ramm, Fernuniversit−t HagenProf. Ralf Reichwald, Technische Universit−t Mnchen Prof. Bernd Rttinger, Technische Hochschule DarmstadtProf. Peter Wedde, Fachhochschule Frankfurt

Konzept und Realisierung: Dr. Piel Medienservice-Gruppe, Ettenhausener Stra§e 27, 53229 Bonn

Redaktion: Dr. Dieter Piel, Jrgen Sinn

Produktion: Rainer Rossbach, Bonn

Lithos: Dr. M−nken GmbH, Bonn

Druck: Bonifatius GmbH, Paderborn

Stand: Dezember 1998

Fotonachweis: Grafoline Ð T.B.I.S., Hewlett-Packard, IBM, Toshiba, StarDivision, Wrttembergische Versicherung, RhŽne-Poulenc-Rorer, Deutsche Telekom, Fernmeldetechnik Nordhausen, PictureTel, Judith Eickler, Bundesbildstelle, Adworks Werbeagentur, Bosch Telekom, BinTec, OSITRON, ELSA, e-plus, PARAT, Citibank, Vobis, Presse- und Informationsamt der Bundesregierung,Mago Luftbild, Jens Hetzel, Michael Jostmeier, Atelier Bathe

4 Telearbeit

Impressum

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Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 3

Kapitel 1:Was ist Telearbeit? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 6

Kapitel 2:Die Telearbeits-Initiative der Bundesregierung . . . . . . . Seite 10

Kapitel 3:Die unterschiedlichen Formen der Telearbeit . . . . . . . . Seite 14

Kapitel 4:Technik der Telearbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 22

Kapitel 5:Kosten und Nutzen der Telearbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 30

Kapitel 6:Mehr Beschäftigung, neue Arbeitsplätze – die Herausforderungen der Telearbeit . . . . . . . . . . . . . . Seite 36

Kapitel 7:Die rechtlichen Rahmenbedingungen . . . . . . . . . . . . . . Seite 40

Kapitel 8:Positive Folgen für die Umwelt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 46

Kapitel 9:Vorbehalte abbauen, Schwierigkeiten umschiffen . . . . Seite 50

Kapitel 10:Die Zukunft der Telearbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 52

Anhang:Wichtige Begriffe der Telearbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 56Literaturhinweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 63

Impressum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 4

Telearbeit 5

Inhaltsverzeichnis

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Vor wenigen Monaten schreckte Günther Beckerjedesmal hoch, wenn am Samstag- oder Sonn-tagabend das Telefon läutete. Für den Service-Techniker des Genossenschafts-Rechenzentrumsim niedersächsischen Lehrte war dies meist dasEnde der Gemütlichkeit. Irgendwo bei einem der200 angeschlossenen Unternehmen gab es Pro-

bleme in der DV-Anlage. Becker fuhr durch dieNacht und kam oft erst gegen Morgen zurück.Heute geht er in sein Arbeitszimmer im Kellerdes Einfamilienhauses, klinkt sich via Telefon-leitung in den entsprechenden Rechner ein undlöst zwischen Sportstudio und Spätfilm die Pro-bleme.

6 Telearbeit

Auf dem Weg in die digitale Arbeitswelt

Visionen werden Alltag

In einem für viele kaum mehr nachvollziehbaren Tempo ändert sich unsere Arbeitswelt. Dank moderner Computer- und

Kommunikationstechnik ist es oft nicht mehr nötig, acht Stundenpro Tag im Büro zu sitzen. Via Datenleitung kann die Arbeit

auch von zu Hause, vom Auto, praktisch von jedem beliebigen Ortaus erledigt werden – zur Freude von Arbeitnehmern und Unter-

nehmen, denen Telearbeit gleichermaßen Vorteile bringt.

❞Die Telearbeit wird

überall dort zunehmen,wo sich die techni-

schen Möglichkeitenanbieten und der Auf-

gabentyp Telarbeitzuläßt bzw. erst nötigmacht (z. B. im EDV-Bereich, bei Bereit-

schaftsdiensten).Ebenfalls wird die

Telearbeit bei teilzeit-beschäftigten Mitarbei-tern im Erziehungsur-

laub ansteigen. Die Telearbeit bietet hier

eine gute Möglichkeit,dem Unternehmen dasWissen dieser Mitar-

beiter zu erhalten.

Prof. Bernhard Rüttinger, Institut für Psychologie, Technische

Hochschule Darmstadt

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❞Telearbeit ist eine innovative Arbeits-

form, die bei Hewlett-Packard zunehmend an

Bedeutung gewinnt.Inzwischen haben wir

bei uns rund 300 Teleworker. Mit dieser

Arbeitsgestaltung wollen wir zwischen

unseren Kunden, Mitarbeitern und demUnternehmen für alle

Beteiligte einen Mehrwert schaffen und

dadurch unsere Wettbewerbsfähigkeit

erhöhen.

Fritz Schuller, Geschäftsführer Personal- und Sozialwesen,

Hewlett Packard GmbH

Telearbeit ist ● jede auf Informations- und Kommunikations-

techniken gestützte Tätigkeit,● die ausschließlich oder alternierend (zumin-

dest teilweise – vgl. Kapitel 3 und Glossar) aneinem außerhalb des Betriebs liegenden Ar-beitsplatz verrichtet wird (z. B. Privatwoh-nung, Nachbarschaftsbüro, Satellitenbüro, Te-lehaus, mobiler Arbeitsplatz),

● der mit der zentralen Betriebsstätte durchelektronische Kommunikationsmittel verbun-den ist.

Andere Institutionen modifizieren ihre Defi-nitionen von Telearbeit. So versteht die Europäi-sche Kommission unter Telearbeit ein extrem wei-tes Spektrum von Tätigkeiten und Arbeitsformen,wobei jeweils die Telekommunikation als Werk-zeug genutzt wird und die Arbeit zumindest teil-weise außerhalb der traditionellen Büroumgebungpraktiziert wird. Die Bonner Forschungsgesell-schaft empirica wiederum nennt Telearbeit „diewohnortnahe Arbeit unabhängig vom Fir-menstandort an mindestens einem Arbeitstag proWoche, wobei die Zusammenarbeit über räumli-che Entfernungen hinweg unter primärer Nut-zung von Informations- und Kommunikations-technologien erfolgt und eine Telekommunikati-

Karl-Heinz Sussen, Außendienstler beimSüßwaren-Konzern Mars, verbringt normalerwei-se ruhige Feierabende. Dafür hatte er früher jedenTag die Hetze, kurz vor Briefkastenschluß seineTagesberichte inklusive der Bestellungen an dieZentrale nach Viersen zu schicken. Heute setzt ersich nach einem Supermarkt-Besuch in seinenWagen, stöpselt sein Funktelefon mit seinem trag-baren Computer zusammen und versendet vomSupermarkt-Parkplatz aus die Daten.

Martina Holl-Droste stand noch vor wenigenJahren täglich mehr als eine Stunde pro Tag im Be-rufsverkehr. Heute macht sie sich nur noch einmalpro Woche auf den Weg zur Allianz-Versicherungin der Stuttgarter Innenstadt. Die restlichen Tageder Woche wickelt sie Schadensbegleichung vomheimischen Arbeitszimmer in Weil der Stadt ab.

Telearbeit 7

DAS VIRTUELLE UNTERNEHMEN

Computerspiele begeistern nicht nur Kinder, sondernauch die Erwachsenen. Doch kaum jemand weiß, wiedie phantastischen Spiele eigentlich entstehen. Rau-ser Advertainment in Reutlingen gilt als einer derMarktführer weltweit in diesem Segment. 70 Mitar-beiter hat das Unternehmen – Programmierer, Grafi-ker, Musiker, Redakteure, Außendienstler und natür-lich Buchhalter, usw. Doch von den 70 Mitarbeiternarbeiten nur ganze fünf in der Reutlinger Zentrale.Die restlichen Vollzeit- und Teilzeitmitarbeiter sindüber die ganze Welt verteilt – von Florida bis Güters-loh. Die einzelnen Teile, die zusammenkommenmüssen, werden in einer Mailbox (Zentralrechner) inKöln deponiert, von dort holen sich Grafiker oder dieProgrammierer via Telefonleitung die Einzelteile, diesie jeweils brauchen. Die Projektleitung in Reutlin-gen kontrolliert ebenfalls digital den Projektverlauf.Rauser Advertainment gilt als Prototyp des virtuellenUnternehmens. Und daß diese auf den ersten Blickvielleicht umständlich wirkende ProduktionsmethodeErfolg hat, beweist die Unternehmensentwicklung –innerhalb von nur sieben Jahren hat es der Betriebzu einem weltweit guten Renommee gebracht und istständig auf der Suche nach neuen Mitarbeitern –überall auf der Welt, versteht sich.

Und schließlich Norbert Fischer: Wenn er ge-gen Abend seinen Schreibtisch im BMW-Entwick-lungszentrum in Regensburg aufräumt und sei-nen PC abschaltet, sendet er noch kurz seine Pro-jektskizzen an seinen Kollegen bei BMW in einemanderen Werk, der daran eventuell weiterarbeitet.

Dies alles sind keine verrückten Zukunftsvi-sionen, sondern bereits praktizierter Alltag vonheute. „Telearbeit stellt alles in Frage, was in denvergangenen 150 Jahren in der Arbeitswelt ge-wachsen ist“, prophezeit beispielsweise ProfessorJohann Welsch von der Fachhochschule Wiesba-den, und der Münchner Verleger und Geschäfts-führer der Burda-Holding, Hubert Burda, schätzt,daß „Telearbeit in wenigen Jahren die Arbeitsweltrevolutionieren wird, da die strikte Trennung vonBerufs- und Privatleben, von Arbeit und Freizeitnicht mehr besteht“.

Doch was ist überhaupt Telearbeit? Die Bun-desregierung definiert es in ihrem Bericht „Info2000“ wie folgt:

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onsverbindung zum Arbeitgeber bzw. Auftragge-ber zur Übertragung von Arbeitsergebnissen ge-nutzt wird.“

Verkürzt bedeuten all diese Definitionen: EinArbeitnehmer verrichtet seine Arbeit – zumindestzeitweise außerhalb des Betriebs – auf elektroni-schem Weg via Datenaustausch. Der eigentlicheArbeitsort ist dabei zweitrangig.

Nach einer Untersuchung des Fraunhofer-In-situts Arbeitswissenschaft und Organisation gibtes gegenwärtig in der Bundesrepublik Deutsch-land 350 000 altenierende Telearbeiter. Bis zumJahr 2000 könnten es bereits 1,2 Millionen sein,und Studien etwa des National Research Councilin den USA belegen, daß sogar zwischen 40 und60 Prozent aller Arbeitsplätze gut bis sehr gut „te-learbeitstauglich“ sind – das wären allein inDeutschland etwa 15 Millionen. Auch wenn dieseine überaus optimistische Prognose ist, haltenselbst hartnäckige Kritiker der Telearbeit 10 bis 15Prozent aller Arbeitsplätze für Telearbeit-geeignet.Immerhin beschäftigt sich gegenwärtig ein Drit-tel aller Unternehmen in Deutschland mit der Ein-führung von Telearbeit – so jedenfalls Umfrageer-gebnisse des Bonner Instituts empirica und derAachener Beratungsfirma TA Telearbeit. „Die inden letzten Jahren erheblich gesunkenen Tele-kommunikationskosten und die nach wie vor, be-sonders in Ballungsgebieten, hohen Bürokostenwerden die Nachfrage nach Telearbeit vor allemwegen der Kosten vorteile beflügeln.“

Doch Telearbeit ist nicht gleich Telearbeit, unddie Unwissenheit ist groß. Da ist es wichtig, dieverschiedenen Arten der Telearbeit zu erläutern(siehe dazu vor allem Kapitel 3), anhand konkre-ter Beispiele Telearbeitsplätze zu beschreiben, Ko-sten und Nutzen sowohl für Unternehmen als auchfür Arbeitnehmer gegenüberzustellen, die recht-lichen Rahmenbedingungen zu erläutern sowieVorbehalte und Schwierigkeiten im Zusammen-hang mit Telearbeit abzubauen – so, wie dies inder vorliegenden Broschüre unternommen wird.

Denn nach Abwägung von Vorteilen und Nachtei-len überwiegen für Unternehmen wie auch für Ar-beitnehmer die individuellen Pluspunkte. Nicht zuvergessen die vielen positiven Impulse, die ein ver-mehrter Einsatz von Telearbeit unserer gesamtenGesellschaft (Sicherung bestehender und Schaf-fung neuer Arbeitsplätze) und der Umwelt (deut-lich weniger Berufsverkehr und geringererFlächenbedarf für Bürobauten) gibt.

Ihre Ausbreitung verdankt die Telearbeit denFortschritten in der Informations- und Kommu-nikationstechnologie bei gleichzeitig extrememPreisverfall der daraus entstandenen Techniken. Sosind äußerst leistungsfähige Computeranlagenselbst für den Hausgebrauch erschwinglich ge-worden, während parallel dazu die Kommunikati-ons-Infrastruktur (digitale Telefonleitungen, ISDN,firmeneigene Datennetze, Internet, etc.) ausgebautund zugleich für Privatmenschen zugänglich wur-de. Mehr noch: Die digitalen Funknetze ermögli-chen erstmals Datentransfer unabhängig von einertatsächlichen Leitung oder Steckdose von jedembeliebigen Ort aus. Damit war der Startschuß fürdie Telearbeit gegeben – die Trennung von Ar-beitsstätte und Aufenthaltsort.

Doch Telearbeit stellt nur den Anfang der Ent-wicklungen dar. Die Globalisierung der Wirtschaft

8 Telearbeit

Auf dem Weg in die digitale ArbeitsweltZEITSOUVERÄNITÄT UND EIGENVERANTWORTUNG

In der Frankfurter Zentrale der Dresdner Bank sindderzeit etwa 30 Mitarbeiterinnen aus unterschied-lichsten Organisationseinheiten in alternierender Te-learbeit beschäftigt. Sie leisten durchschnittlich et-wa 30% ihrer Arbeitszeit in der Bank und haben dar-über hinaus häufig feste Ansprechzeiten für Vorge-setzte, Kollegen und Kunden vereinbart. Besondersgeschätzte Vorteile der Telearbeit seien das hoheMaß an Zeitsouveränität und Eigenverantwortung,der Wegfall von Fahrzeiten und die bessere Verein-barkeit von Beruf und Familie, berichten die Befrag-ten. Die Zusammenarbeit mit Vorgesetzten und Kol-legen verändert sich durch die Telearbeit nachhaltig,was bei einigen MitarbeiterInnen noch als Heraus-forderung erlebt wird. Besonders die Kommunikati-on und Führung bedürfen klarer Absprachen undZielvereinbarungen. Der persönliche Kontakt und einausführlicher fachlicher Austausch kommen imRahmen von Telearbeit bisweilen zu kurz. Gleich-wohl überwiegen für TelemitarbeiterInnen die positi-ven Aspekte. Alle befragten MitarbeiterInnen würdensich wieder für Telearbeit entscheiden. Telearbeit imweitesten Sinne (mobiles Büro vor allem im Ver-trieb) entwickelt sich in der Dresdner Bank deutlichrascher als alternierende Telearbeit. Ob beim Kun-den, unterwegs im Hotel oder ICE, der Wettbewerbverlangt eine intensive Nutzung heutiger Kommuni-kations- und Informationstechnologien.

Telearbeit in deutschen Unternehmen

Telearbeit generellvorhanden 21

Telearbeit-Einführunggeplant 9

Telearbeit nichtvorhanden 70

Alle Angaben in Prozent

Quelle: „Der Status Quo der Telearbeit in der Bundesrepublik Deutschland”, Institut für Psychologie, Lehrstuhl Prof. Rüttinger,

Forschungsgruppe Telearbeit, Technische Hochschule Darmstadt, 1996

Warum T elearbeiteingeführt wird

Produktivitätssteigerung 17

ErweiterteArbeitsplatzgarantie 11

Wunsch der Mitarbeiter 10

FlexiblererPersonaleinsatz 8

Höhere Arbeitsqualität 7

Arbeitsmarktvorteile 5

Alle Angaben in Prozent

Quelle: „Der Status Quo der Telear-beit in der Bundesrepublik Deutsch-land”, Institut für Psychologie, Lehr-

stuhl Prof. Rüttinger, Forschungsgruppe Telearbeit, Techni-

sche Hochschule Darmstadt, 1996

Interesse an Telearbeitin Deutschland

1985 8,5

1994 31,4

Alle Angaben in Prozent

Quelle: empirica: Umfrage unter Erwerbstätigen, 1996

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beitswelt verändern. Überall dort, wo ein intensi-ver Austausch zwischen Menschen nötig ist, wopersönliche Kontakte unerläßlich sind, werden diegelegentlich befürchteten Negativfolgen der Tele-arbeit gering bleiben. In vielen Bereichen etwa beiBanken und Versicherungen, bei unternehmens-nahen Dienstleistungen, im Service und bei derÜberwachung von Anlagen, bei Schulung und Be-ratung, im Verkauf und Vertrieb sowie natürlichüberall, wo mit Computern intensiv gearbeitetwird, werden positive Veränderungen durch Tele-arbeit nicht ausbleiben. ●

und der Produktionsstätten führt zum Beispielauch zu einer Globalisierung der Kooperations-möglichkeiten von Einzelpersonen, Unternehmenund Verwaltungen. Dank weltweiter Datennetzekönnen Mitarbeiter eines Unternehmens an ver-schiedenen Orten der Welt an einem gemeinsa-men Projekt arbeiten. Schon geistert die Visiondurch die Köpfe vieler Unternehmensführer, Auf-gaben entsprechend den unterschiedlichen Zeit-zonen auf der Erde nach Arbeitsende weiterzurei-chen, bis die Arbeiten am Tagesbeginn wieder amAusgangspunkt angelangt sind. Das wäre ver-gleichbar dem weltweiten Geld- und Wertpapier-handel – wenn in Fernost die Börsen schließen,öffnen die europäischen, und wenn die Feierabendmachen, beginnen die amerikanischen den Tag.

Bestimmte Arten von Arbeit werden – quasilosgelöst – in den virtuellen Raum übertragen.Schon haben sich virtuelle Unternehmen gegrün-det, die nur auf dem Papier existieren: Mitarbeiterrund um den Globus arbeiten zusammen, obwohlsie sich nur sporadisch sehen – wenn überhaupt.Arbeitserledigung und Zusammenarbeit gesche-hen via PC, Modem und Datentransfer. Teleko-operation lautet das übergeordnete Schlagwort,das letztlich eine neue Art der Arbeitsteilung dar-stellt. Professor Ralf Reichwald von der Techni-schen Universität München ordnet der Telekoope-ration drei gleichbedeutende Elemente zu:● die Telearbeit, also die tatsächliche Arbeitsbe-

wältigung;● das Telemanagement, also die Aufgabenkoor-

dination;● und Teleservices, also Dienstleistungen wie

Teleberatung, Teleübersetzung, Telesekretari-at, aber auch zum Beispiel die Fernwartungvon Anlagen oder Rechenzentren.Die genannten Komponenten der Telekoope-

ration lassen sich aber nicht nur stationär, also voneinem bestimmten Ort aus erledigen, sondernkönnen auch mobil erfüllt werden, zum Beispielin Form mobiler Telearbeit (Versand der Datenüber Funknetze).

Aus alledem ergibt sich, daß Raum und Zeitbei der Erledigung von Arbeit eine immer gerin-gere Rolle spielen werden. Die Antworten auf die-se Veränderungen müssen durch Unternehmenund Gewerkschaften und auch durch die Politik inForm von Orientierungshilfen gegeben werden.Die Bundesregierung stellt sich dieser Aufgabe.

Dabei wird die zunehmende Verbreitung vonTelearbeit nicht alle bisherigen Strukturen der Ar-

Telearbeit 9

Vor- und Nachteile der Telearbeitaus Sicht der Unternehmen

V O RT E I L EBessere Vereinbarkeit

von Berufund Familie

76

Erfüllung individuellerMitarbeiterwünsche 58

Arbeitsplätze ininfrastrukturschwachen

Gebieten51

Neue Arbeitsplätzefür Behinderte 49

ErhöhteMitarbeitermotivation 44

Erhöhte Produktivitätder Mitarbeiter 39

NiedrigereMiet- und Raumkosten 38

Höhere Attraktivitätals Arbeitgeber 34

Verbesserte Qualitätder Arbeit 29

N A C H T E I L E

Soziale Isolation 68

Probleme beiFührung / Kontrolle 63

Datenschutz 55

OrganisatorischerAufwand 48

T echnischer Aufwand 45

Arbeitsrecht 43

Betriebs-verfassungsrecht 38

Fehlendestechnisches Know-how 28

Fehlendestechnisches Angebot 22

❞Telearbeit bringt

für den einzelnen Ar-beitnehmer mehr

Eigenverantwortungund erhöhte Selbstän-digkeit. Arbeitsaufga-

ben können in Ruhe und ohne Ablen-

kung durch den Büroalltag mit einemhohen Grad an Kon-zentration erledigt

werden. Diese erhöhteProduktivität hängt

eng zusammen mit dermöglichen Anpassung

der Arbeitszeit an individuelle Arbeits- /Tagesrhythmen und

Leistungskurven.

Frank Deges, Kienbaum Unternehmensberatung

Alle Angaben in Prozent

Quelle: Umfrage der TA Telearbeit bei 272 zufällig ausgewählten Unternehmen, 1996

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„Initiative Telearbeit“ der Bundesregierung

Ein Signal aus BonnDas alles bietet Telearbeit: neue Möglichkeiten der Arbeitsorgani-

sation, zusätzliche Beschäftigungsfelder und Kostensenkung. Deshalb hat die Bundesregierung eine Inititiative gestartet – und

zugleich ein Zeichen für andere gesetzt.

Noch mögen es etwa 870 000 Menschen sein,die in der Bundesrepublik Deutschland Telear-beit leisten – so jedenfalls der Befund desFraunhofer-Instituts Arbeitswirtschaft und Or-ganisation. Das wäre demnach mehr als zweiProzent der rund 35 Millionen Arbeitsplätze inunserem Land. Und doch ist es ein vielverspre-chender Start – der Beginn eines grundlegen-den Wandels. Denn tatsächlich ruht in den mo-dernen Informations- und Kommunikations-techniken wie PC, Fax, e-mail, Mobiltelefonoder Bildtelefon sowie in der weltweiten Ver-knüpfung von Datennetzen ein gewaltiges Po-tential.

Dieses Potential ist, so die Bundesministe-rien für Wirtschaft sowie für Arbeit und Sozial-ordnung in einem gemeinsamen Papier, geeig-net, „heute existierende Organisations- und Ar-beitsstrukturen in Wirtschaft und Verwaltung

grundlegend zu verändern.“ EntscheidendesKennzeichen dieser Veränderungen: „eine na-tionale wie internationale Neustrukturierungder Arbeitsteilung innerhalb und zwischen Un-ternehmen, Organisationen und Verwaltungenin Raum und Zeit.“ Mit einem Wort: Teleko-operation. Vor allem die Telearbeit gilt dabei alsein zukunftsträchtiges Modell der Telekoopera-tion.

Die Initiative Telearbeit

Für den breiten Erfolg dieses Modells setzte dieBundesregierung ein Zeichen: Ja zur Telearbeitin Deutschland, Ja zu den sich daraus ergeben-den Produktivitätsfortschritten. So entstand dievom Bundeskabinett im Herbst 1996 beschlos-sene Initiative Telearbeit:

10 Telearbeit

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ZUNEHMENDER BEIFALL

Auf jeden Fall mehr als ein Viertel,nach anderen Befragungen sogarein gutes Drittel der potentiell be-troffenen Arbeitgeber, Arbeitneh-mer und Selbständigen inDeutschland ist zur Telearbeit be-reit – 26 Prozent nach einer Re-präsentativumfrage des Institutsfür Demoskopie Allensbach, 36Prozent gar nach Ermittlungen desBonner Instituts empirica. DiesesErgebnis sei, so heißt es in einemBericht der Bonner Ministerien fürWirtschaft sowie für Arbeit undSozialordnung, „durchaus ermuti-gend, zumal der Trend nach obengeht.” Doch auch die Bundesmini-sterien verweisen auf Beschrän-kungen: Ungenügende Zustim-mung des mittleren Managementszur Telearbeit, welches dadurch anEinfluß zu verlieren fürchtet, undvielfach fehlendes Wissen der Ma-nager darüber, wie Telearbeit indie betrieblichen Abläufe zu inte-grieren sei.

Eine Perspektive für Bonn/Berlin?

Diese eigenen Telearbeit-Ansätze könnten dieVerwaltung des Bundes schon in wenigen Jah-ren ähnlich verändern wie vermutlich die Ar-beitsprozesse in vielen Unternehmen. Denn dieModelle haben weit mehr als nur demonstrati-ven Charakter – auch Teile der öffentlichen Ver-waltung einschließlich der des Bundes stehenvor dem schon beschriebenen grundlegendenStrukturwandel. Nicht zuletzt der Umzug vonParlament und Regierung nach Berlin wirdneue Formen der Telekooperation entstehenlassen – schließlich sollen nach dem Willen derBundesregierung einige Ministerien – und da-mit zahlreiche Arbeitsplätze – auch danachnoch in Bonn verbleiben.

Wie werden dann die zwei sechshundert Ki-lometer voneinander entfernten Teile der glei-chen Bundesverwaltung miteinander kommu-nizieren? Was wird diese künftige Zusammen-arbeit kosten? Wird Telearbeit dann womöglichdie Arbeit der Ministerien im gleichen Umfan-ge kostengünstiger und effizienter machen, wiesie in Unternehmen Produktivitätsgewinne er-möglichen wird? Sichere Antworten sind heutenoch nicht möglich, doch gibt es bereits inter-essante Ansätze. Dazu gehört der vom Bun-desinnenministerium gesteuerte „Informations-verbund Bonn-Berlin“ (IVBB), ein Glasfaser-verbund, der die Einrichtung von Telearbeits-plätzen sowohl in Bonn als auch in Berlinerheblich voranbringen könnte. Schließlichmachen ja auch andere Hauptstädte auf diesemGebiet Fortschritte, und die amerikanischeBundeshauptstadt Washington geht gar bei-spielhaft voran – 30 Prozent der Arbeitsplätzein der US-Bundesverwaltung sollen bis zumJahr 2000 Telearbeitsplätze sein.

Zu den Bereichen, in denen auch die Bun-desregierung zunächst einmal Erfahrungensammeln muß – für ihre eigene Arbeit wie auchfür Unternehmen, Organisationen und Verwal-tungen, bei denen Telearbeit bedeutsam werdenwird, gehört beispielsweise die Feststellungeventuell bestehender Rechtsunsicherheiten.Zwar teilt die Bundesregierung die Auffassungverschiedener Fachleute, daß Telearbeit nurzurückhaltend geregelt werden sollte, damitdiese besonders rasch und leicht zu verlagern-de Arbeit nicht in Länder mit geringerer Rege-lungsdichte abwandert. Das bedeutet aber nicht,

● Alle Beteiligten in Wirtschaft, Gesellschaftund Staat werden mit dieser Initiative derBundesregierung ermuntert, die Vorteileund Chancen der Telearbeit in Deutschlandverstärkt zu nutzen, um mögliche Beschäf-tigungspotentiale umfassend auszuschöp-fen.

● Die betroffenen Arbeitgeber, Arbeitnehmerund Selbständigen sollen die größtmögli-che Information erhalten, damit die Akzep-tanz der Telearbeit wächst.

Inzwischen praktizieren mehrere Ministeri-en Telearbeit – zunächst in bereits abgeschlos-senen Modellversuchen, die dafür aber dieChance der Kontrolle und möglicher Verbesse-rungen boten. Solche Versuche liefen seit Au-gust 1996 im Bundesministerium für Wirtschaftund im Bundesministerium für Bildung undForschung – in der Praxis des letzteren Mini-steriums sind jetzt bis zu 30 Frauen aus sozial-und familienpolitischen Gründen in Telearbeiteingebunden, die so verstanden wird, daß dieMitarbeiter mindestens 40 Prozent ihrer Ar-beitszeit an ihrem häuslichen Arbeitsplatz ver-bringen. Alle diese Mitarbeiter sind online – al-so über eine Computerverbindung via Telefon-leitung – mit ihren jeweiligen Ministerien ver-bunden.

Im Bundesministerium für Arbeit und So-zialordnung wird Telearbeit seit Mitte 1997 an-geboten. Im Herbst 1998 waren darin 17 Mitar-beiter eingebunden – mit steigender Tendenz.Entsprechend der Aufgabenstellung dieses Mi-nisteriums werden – anders als in den beidenzuvor genannten Ministerien – die Telearbeiterunter einem wichtigen sozialen Aspekt ausge-wählt – Mitarbeiter, die aus individuell sehr un-terschiedlichen Gründen auf besondere Hilfenangewiesen sind, um familiäre und dienstlicheAufgaben unter einen Hut zu bringen.

Telearbeit 11

„PRAXISLEITFADEN” AUS BONN

Die Bonner Ressorts BMA, BMWi und BMBF haben einen „Praxisleitfaden Telearbeit“ erar-beitet – er soll allen Interessenten, vor allem auch kleinenund mittleren Unternehmen, helfen und den Aufwand für die Entwicklung eigener Telearbeit-Kon-zepte verringern. Mit einer Fülle praktischer Hinweise werden darin die technischen, betriebswirtschaft-lichen und organisatorischen Fragen der Telearbeit sowieAspekte der Arbeitsgestaltung behandelt. Bestellmöglichkeit s.S. 64. „Praxisleitfaden Te-learbeit“.

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daß bestehende Schutzstandards abgebaut wer-den.

Kein Telearbeitsgesetz notwendig

Arbeitsrecht und Arbeitsschutzrecht bietenschon heute genügend Regelungen für den In-teressensausgleich zwischen Arbeitgebern undArbeitnehmern. Es bedarf nach einhelliger Auf-fassung keines „Telearbeitsgesetzes“. Der der-zeitige rechtliche Rahmen kann durch tarifli-che und betriebliche Vereinbarungen ausgefülltwerden, die auf die jeweiligen Strukturen undAbläufe zugeschnitten sind.

Dienstvertragsrecht und Gesellschaftsrechtkommen immer dann zur Anwendung, wennTelearbeit von Selbständigen geleistet wird.Auch hier zeigt sich bislang kein Regelungsbe-darf.

Datenschutz entsprechend dem Bundesda-tenschutzgesetz gilt bei Telearbeitsplätzen ingleicher Weise wie bei Arbeitsplätzen im Be-trieb. Eigene datenschutzrechtliche Vorschrif-ten für die Telearbeit sind mithin nicht erfor-derlich. In vielen Unternehmen werden jedochzusätzlich Verfahrensrichtlinien erarbeitet, diedie Besonderheiten von Telearbeitsplätzen ab-decken sollen.

12 Telearbeit

„Initiative Telearbeit“ der Bundesregierung

KOSTEN DER KOMMUNIKATION

Das Bundesministerium für Wirt-schaft und Technologie beziffertdie Kosten für die Errichtung einesTelearbeitsplatzes im Rahmen sei-nes Modellversuchs mit knapp10 000 Mark. Bestätigt wird dieseSchätzung vom Zentralverband derElektrotechnik- und Elektronikin-dustrie (ZVEI) und vom Verbanddeutscher Maschinen- und Anla-genbauer (VDMA). Bei den laufenden Kosten fallen,auch aus Sicht der beteiligtenBundesministerien, vor allem dieTelekommunikationspreise ins Ge-wicht. Für einen geschäftlichenNutzer mit 100 Anschlüssen warenzunächst die Telefondienste inGroßbritannien um 50–70 Prozentund in Italien um 75–80 Prozentbilliger als in Deutschland – seitder Liberalisierung der Telekom-munikationsmärkte aber gehen diePreisdifferenzen rapide zurück.Auch die Kosten der Kommunika-tion machen dank ihres wettbe-werbsbedingten Rückgangs inzwi-schen die Telearbeit lohnend.

Modellversuch Telearbeit des Bundesarbeitsministeriums

„ZEIT UND RUHE” FÜR BERUF UND KIND

Wenn Frau D., 33, mittags gegen viertelnacheins ihrenArbeitsplatz im Bundesministerium für Arbeit und Sozial-ordnung verläßt, ist für sie noch keineswegs Feierabend– obwohl es zunächst so aussieht. Sie holt ihr kleinesKind von der Tagesmutter ab, fährt in ihr Haus am RandeBonns, versorgt erst einmal ihren Haushalt und kümmertsich um ihr Kind. Gegen Abend aber kehrt sie in denDienst zurück – nun freilich nicht mehr im Bonner Stadt-teil Duisdorf, wo sie etliche Stunden vorher ihr Ministeri-um verlassen hat, sondern in ihr privates Arbeitszimmer.Ihr Arbeitsplatz sieht aus wie Tausende anderer Arbeits-plätze – Schreibtisch mit Bürostuhl, PC und Akten-schrank, dazu Telefon und Fax. Und er ist, ebenfalls wieTausende anderer Bonner Arbeitsplätze, von ihremDienstherrn eingerichtet worden – Stuhl und Tisch ergo-nomisch passend, die Arbeitsfläche unter dem richtigenLichteinfallswinkel beleuchtet. In dieser Weise bürogerecht ausgestattet, kann Frau D. abends zu Hause ihr zweites tägliches Arbeits-pensum erledigen. Sie arbeitet an der Vorbereitung vonGesetzentwürfen mit, soweit sich daraus finanzielle Aus-wirkungen auf die Sozialversicherung ergeben. Die Ver-waltungsangestellte nahm an dem von ihrem Ministerium 1995 gestartetenModellversuch „Verbesserung der Vereinbarkeit von Fa-milie und Beruf” teil. Sie leistet seither, alternierend mitihrer vormittäglichen Präsenz im Ministerium, Telearbeit– mindestens 40 Prozent ihrer Zeit verbringt sie dabei zuHause. Als Diplom-Kauffrau und Angehörige des höherenDienstes wurde Frau D. frühzeitig in Telearbeit eingebun-den, weil sich ihr dienstlicher Aufgabenbereich dafür be-sonders eignet. Aufgrund ihrer besonderen Tätigkeit wareine Online-Verbindung zwischen Telearbeitsplatz undMinisterium nicht erforderlich – das spart in ihrem FallKosten. Andere Mitarbeiterinnen des Ministeriums,durchwegs Schreibkräfte, sind indes online mit ihrerDienststelle verbunden.Dabei findet Frau D. die alternierende Telearbeit mit Zeit-kontingenten zu Hause und im Ministerium „richtig”.Denn so, betont sie, könne sie die „sozialen Bindungen”zu den Kolleginnen und Kollegen ihres Ministeriums er-halten – sie sind ihr wichtig.

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Da aber nicht nur das Interesse, sondernauch die Machbarkeit von Belang ist – nicht al-le Arbeitsplätze eignen sich für diese neue Formder Arbeitsorganisation –, reduziert sich das Te-learbeitspotential nach Kortes Untersuchungenauf 6,6 bis 8,2 Prozent. Der Zentralverband derElektrotechnik- und Elektronikindustrieschätzt fünf bis zehn Prozent. Bleiben wir beiKortes Schätzung, so sind das immer noch zehnMillionen Telearbeitsplätze in Europa und 2,5Millionen in Deutschland.

25 Millionen Mark Investitions-Schub

Rechnet man für jeden dieser Arbeitsplätze In-vestitionen in Höhe von rund 10 000 Mark, soergibt sich daraus allein für die BundesrepublikDeutschland ein Investitionsvolumen von 25Milliarden Mark, von dem ein erheblicher Teilauf die „modernen“ Branchen der Datenverar-beitung und der Telekommunikation entfällt.Dieses Volumen übertrifft zum Teil sogar frühe-re Erwartungen, wie sie zum Beispiel von Wer-ner Dostal, einem führenden deutschen Exper-ten vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufs-forschung in Nürnberg bereits Mitte der 80erJahre geäußert wurden – 30 Milliarden Dollarfür Telekommunikations-Einrichtungen alleinin den USA, was einem vergleichbaren deut-schen Volumen von etwa zehn Milliarden Dollarbzw. 15 Mrd. DM entspräche.

Dies sind langfristige Schätzungen. Dochschon auf kurze Sicht werden von der Telear-beit erhebliche Impulse für Beschäftigung undWachstum ausgehen. So hofft die Bundesregie-rung – in Anlehnung an Projektionen der Eu-ropäischen Kommission für das Jahr 2000 – imgleichen Zeitraum auf rund 1,2 Millionen Tele-arbeitsplätze in der Bundesrepublik Deutsch-land. Sie werden mit zunehmender Unterneh-mensgröße und vor allem im Dienstleistungs-bereich entstehen, nach Schätzungen derFraunhofer-Gesellschaft begleitet von Produk-tivitätssteigerungen von bis zu 20 Prozent so-wie einer erheblichen Zeit- und Kostenerspar-nis.

Die Folge: Viele Unternehmen werden wettbewerbsfähiger. Der Standort Deutschland,dem so große Aufwendungen der Bonner Regierungspolitik gelten, wird dadurch gefe-stigt. ●

Sinkende Telekommunikationskosten

Waren die Telekommunikationskosten bis vorwenigen Jahren noch ein ernstzunehmenderEinwand gegen die Einführung der Telearbeit, sohat sich die Situation seit der Liberalisierung desTelekommunikationsmarktes deutlich verbes-sert. Neue Wettbewerber haben zu drastisch ge-sunkenen Telefongebühren geführt. Heute lie-gen die günstigsten Minutenpreise etwa fünfmalniedriger als noch vor zwei Jahren. Und wer alsTelearbeiter die preiswerten Abend - oder Nacht-tarife wählt, um Daten zu übertragen, bezahltnur noch wenige Pfennige pro Minute. Derenorm harte Wettbewerb zwischen einigen Dut-zend Telefongesellschaften wird dazu führen, daßdie Telekommunikationspreise zukünftig nochweiter sinken werden. Damit ist dieser Vorbehaltgegen Telearbeit endgültig ausgeräumt.

Die Folge wird sein, daß noch sehr viel mehrUnternehmen sich mit der Einführung von Te-learbeit beschäftigen werden. Neue Service- undArbeitsfelder werden dadurch entstehen. Sosieht empirica-Geschäftsführer Werner B. Kor-te ein Potential von einem Fünftel aller 140 Mil-lionen Arbeitsplätze in der Europäischen Uni-on: „Zwischen 17 Prozent und 21 Prozent derArbeitsplätze in den von empirica untersuchtenLändern sind potentielle Telearbeitsplätze, in-sofern sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitneh-mer an Telearbeit interessiert sind.“

Telearbeit 13

PRICE-CAP: REGULIERUNG IMSINNE DER VERBRAUCHER

Das in diesem Kapitel kurz be-schriebene Price-Cap-Verfahrenzur Regulierung der Telekommunikationspreise erfreutsich international einer zunehmen-den Verbreitung – angewendetwird es bereits in Großbritannien,den Niederlanden, den USA undFrankreich, geplant unter anderemin Belgien, Dänemark, Schweden,Spanien – und Deutschland. Esnimmt besondere Rücksicht aufdie Verbraucher. Die Vorteile die-ses Verfahrens aus der Sicht derBundesregierung:● Es erhöht die Flexibilität derUnternehmen bei der Anpassungder Preisstruktur;● es bietet einen starken Anreiz zueffizienter Produktion bzw. zur Ko-stensenkung;● es ist zumindest mittel- undlangfristig mit einem geringerenRegulierungsaufwand verbunden,und● es gewährleistet, daß die Preiseim Durchschnitt relativ zur allge-meinen Kaufkraft sinken.

AUSGEWÄHLTE ECKDATEN DER TELEARBEIT

● Beschäftigungspotential:5–10 % der rund 35 Mio. Arbeitsplätze in Deutschland (=1,75–3,5 Mio.). Investitionen durch Telearbeit:bei 10 000 DM je Telearbeitsplatz und Ausschöpfung desGesamtpotentials von 3,5 Mio. Investitionen von 35 Mrd.DM.● Netzgebühren durch Telearbeit:bei durchschnittlich ca. 300 DM/Monat und 1,75 bzw. 3,5Mio. Telearbeitsplätzen zwischen 4,25 und 8,5 Mrd. DM.● Entlastung von Verkehr und Umwelt durch

Telearbeit:bei durchschnittlicher Entfernung zum Betrieb von 15 km(und drei Telearbeitstagen in der Woche) können pro Mitar-beiter(in) pro Jahr rund 4000 km an Fahrleistung gespartwerden; bei 1 Mio. Telearbeitsplätzen würde dies eine Ge-samtersparnis von 4 Mrd. km pro Jahr bedeuten.Quellen: Informationsgesellschaft – Herausforderungen für Poli-tik, Wirtschaft und Gesellschaft. Ergebnisse der ZVEI-VDMA-Plattform, Projektgruppen-Bericht „Telearbeit”, Frankfurt 1995.Fachverband Informationstechnik im VDMA und ZVEI: Wege indie Informationsgesellschaft. Status quo und PerspektivenDeutschlands im internationalen Vergleich, Heft 65, Frankfurt1996.

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Für jeden die richtige Form der Telearbeit

Breite Auswahl

Knapp die Hälfte aller Arbeitnehmer in der Bun-desrepublik interessiert sich für Telearbeit. DochTelearbeit ist nicht gleich Telearbeit. Nahezu je-des Unternehmen, das Telearbeit praktiziert, hatsein eigenes Modell entwickelt. Und das ist auchgut so. Denn Telearbeit bietet, wie kaum eine an-dere Form der Zusammenarbeit, die Möglich-keit, Arbeitsinhalte und Arbeitszeit den Wün-schen und Bedürfnissen von Arbeitnehmern undUnternehmen anzupassen. Mehr noch: Selbst in-nerhalb eines Betriebs läßt sich Telearbeit miterheblichen Unterschieden anwenden. Gleich-wohl gibt es einige grundsätzliche Unterschei-dungsformen – und besonders beliebte Gestal-tungsweisen.

Telearbeit zu Hause

Telearbeit zu Hause beschreibt eine Arbeitsform,bei der ausschließlich in der Privatwohnung „te-legearbeitet“ wird und ein Arbeitsplatz im Be-trieb nicht mehr besteht. Telearbeit zu Hausekann im Arbeitsverhältnis, in Heimarbeit nachdem Heimarbeitsgesetz oder auch in beruflicherSelbständigkeit geleistet werden. Der Telearbei-ter übt seine Tätigkeit zu Hause aus, weil dieseinerseits für seinen Arbeitgeber oder Dienst-herrn – etwa wegen Platzmangels im Betrieboder in der Verwaltung – vorteilhaft ist, und weilandererseits er selbst – etwa aus gesundheitli-chen oder familiären Gründen – darauf ange-wiesen ist. Solche Telearbeit zu Hause nimmt zu– beispielweise bei Forschungseinrichtungenoder bei Software-Unternehmen. Neben der al-ternierenden Telearbeit ist sie ebenfalls für denberuflichen Wiedereinstieg geeignet.

14 Telearbeit

Es gibt nicht nur eine Art der Telearbeit. Jedes Unternehmen und jeder Arbeitnehmer definieren diese neue Form der Zusam-

menarbeit jeweils individuell – ein jeder nach seinen Bedürfnissen. Wir erläutern Ihnen die häufigsten Formen der Telearbeit.

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renden Telearbeit wird vor allem von höher qua-lifizierten Mitarbeitern gewünscht und ge-schätzt, die sich dann zum Beispiel für konzep-tionelle Arbeiten in Ruhe an ihren Arbeitsplatzin der eigenen Wohnung zurückziehen können.Die „Abwesenheit“ vom Betrieb kann sich dann,je nach Aufgabenstellung, teilweise auf Wochenerstrecken. Während dieser Zeit trifft sich derMitarbeiter höchstens für Besprechungen mitKollegen oder Vorgesetzten im Unternehmen.Und überall dort, wo Telearbeit so weitreichendpraktiziert wird, sind auch die Führungskräftebegeisterte Telearbeiter. Bestes Beispiel ist dasBeratungs- und Schulungsunternehmen Inte-grata in Tübingen. Nahezu alle Mitarbeiter ar-beiten immer wieder von zu Hause aus – vom

Alternierende Telearbeit

Diese Form der Telearbeit ist sicherlich die häu-figste. Denn das Wesen der alternierenden Tele-arbeit ist, daß ein außerbetrieblicher Arbeits-platz besteht, zum Beispiel in der Wohnung desArbeitnehmers, gleichzeitig aber auch weiterhinein Arbeitsplatz im Betrieb benutzt wird. DieAufteilung zwischen betrieblicher und außer-betrieblicher Arbeit ist entweder starr festgelegt– zum Beispiel zwei Tage pro Woche Arbeit zuHause – oder fließend, wobei dann der Arbeit-nehmer selbständig entscheidet, wann er amheimischen Schreibtisch arbeitet und wannnicht. Entscheidungskriterium ist jeweils derArbeitsinhalt. Diese freiere Form der alternie-

Telearbeit 15

DIE UNTERSCHIED-LICHEN FORMENDER TELEARBEIT

● Telearbeit zu Hause: Ausschließliche Arbeit zu Hause unter Nutzung von Informations- und Kommunikati-onstechniken

● Alternierende Telearbeit: Kombination aus Büroarbeit imUnternehmen und regelmäßigeroder gelegentlicher Telearbeit zuHause oder von einem beliebigenanderen Ort aus.

● Satellitenbüro: Mit der entsprechenden Informati-ons- und Kommunikationstechnikausgestattete „Zweigstelle” desUnternehmens – zumeist inWohnortnähe oder am Stadtrand.

● Nachbarschaftsbüro: Büros in Wohngebieten oder amStadtrand, in denen Telearbeiterunterschiedlicher Arbeitgeber zusammen tätig sind.

● Telezentrum/Telehaus: Einrichtungen, die häufig vonKommunen ins Leben gerufenwerden, und in denen einerseitsTelearbeit im Sinne eines Nach-barschaftsbüros möglich ist, dieaber auch Kultur- oder Freizeitan-gebote für die unmittelbare Umge-bung anbieten.

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Programmierer über den Berater bis hin zu denGeschäftsleitern.

Die alternierende Telearbeit erfreut sich sogroßer Beliebtheit, weil sich sowohl Unterneh-men als auch Arbeitnehmer schrittweise und mitklar umgrenztem Rahmen dieser neuen Ar-beitsform nähern. Das Unternehmen bzw. dieVorgesetzten behalten zum Beispiel bei einerzweitägigen Telearbeit pro Woche noch relativleicht den Überblick über die Arbeitsfortschrit-te. Für den Arbeitnehmer bleiben vor allem diesozialen Bindungen im Unternehmen erhalten.

Hauptgrund für die Aufnahme von alternie-render Telearbeit sind die Mitarbeitermotivationund die Mitarbeiterproduktivität. Da vor allemjüngere, hochqualifizierte Mitarbeiter flexibleArbeitsbedingungen wünschen, kommt die al-ternierende Telearbeit gerade ihren Vorstellun-gen nahe. Daß dies wiederum die Produktivitäterhöht, leuchtet ein. Verschiedene Studien ge-hen davon aus, daß ein Telearbeiter zwischen 20und 25 Prozent produktiver arbeitet als ein nor-maler Arbeitnehmer. Alternierende Telearbeitwird oft aber auch auf Wunsch der Mitarbeitereingeführt. Vor allem Frauen wollen durch eine

Teilzeit-Telearbeit Kontakt zum Unternehmenund zu den Arbeitsinhalten behalten. Und dieErfahrungen – auch von Frauen im Erzie-hungsurlaub – zum Beispiel bei BMW, bei derContinentale Versicherung, der Dresdner Bank,der Nürnberger Allgemeinen oder der Würt-tembergischen Versicherung belegen dies.Während junge Mütter oft zeitliche Problemehaben, eine normale Teilzeitarbeit und die Be-treuung ihrer Kinder vereinbaren zu können,lassen sich die Schwierigkeiten durch Telearbeitweitgehend lösen. Vor allem, wenn die Telear-beit in Form der alternierenden Telearbeit prak-tiziert wird.

Unternehmen mit alternierender Telearbeitanbieten, sind u. a.: Burda, CompuServe, Deut-sche Telekom, Hewlett-Packard, IBM, LVM-Ver-sicherung, Siemens oder Volksfürsorge Versi-cherung.

Doch es ist nicht nur der Wunsch von Mit-arbeitern, via Telearbeit Beruf und Familie bes-ser vereinbaren zu können. Oft sind es gravie-rende Raumprobleme und die hohen Mietkostenin den Innenstädten, die Unternehmen dazuzwingen, Arbeit anders zu organisieren und aus-zulagern. Beispiel Rugenberger Backwaren inMoers: Dort arbeiten inzwischen gut 20 Daten-verarbeitungs-Spezialisten teilweise zu Hause.

16 Telearbeit

Für jeden die richtige Form der Telearbeit

Die jetzigen Formen der Telearbeit

Isolierte Telearbeit 19

Alternierende Telearbeit 26

Satellitenbüro 10

Nachbarschaftsbüro 10

Befragt wurden 272 zufällig ausgewählte Unternehmennach der Art der angebotenen Telearbeit.

Die geplanten Formen der Telearbeit

Isolierte Telearbeit 11

Alternierende Telearbeit 21

Satellitenbüro 8

Nachbarschaftsbüro 3

Befragt wurden 272 zufällig ausgewählte Unternehmennach der Art der zukünftig geplanten Telearbeit.

Alle Angaben in Prozent

Quelle: Studie der TA Telearbeit, 1996

Alle Angaben in Prozent

Quelle: Studie der TA Telearbeit, 1996

Auch am heimischen Herderreichbar dank Mobil-

telefon, mit dem sich bei-spielsweise auch Daten ausdem PC übertragen lassen.

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der Regel handelt es sich dann um einfache,gleichbleibende Tätigkeiten. So beschäftigt bei-spielsweise AZ Direct Marketing Bertelsmann ei-nige hundert Frauen als Heimarbeiterinnen zurDatenerfassung und Abrechnung – Heimarbei-terinnen im Sinne des Gesetzes, zugleich aberauch Telearbeiterinnen, weil sie dank elektroni-scher Kommunikationsmedien, seien es Disket-ten oder sei es Datenaustausch mittels PC undTelefonleitung, ihrem Betrieb verbunden sind.Im Gegensatz zur Telearbeit im Rahmen einesnormalen Arbeitsverhältnisses, bei der immereine enge Kooperation zwischen Auftraggeberund Telearbeiter besteht, sind diese Heimarbei-terinnen relativ frei in der Erledigung ihrer Ar-beit, insbesondere in der Einteilung ihrer Ar-beitszeit. Dem auftraggebenden Unternehmengeht es in erster Linie um eine pünktliche undzuverlässige Auftragsabwicklung. Mitarbeiter-motivation oder Produktivität sind selten Moti-ve bei der Einführung der Telearbeit in Formvon Heimarbeit. Vielmehr steht die Kostenein-

sparung im Vordergrund, da es oft billiger ist,einfache, gleichbleibende Tätigkeiten pauschalan Heimarbeiter zu geben als die Arbeiten fir-menintern abwickeln zu lassen. Gleichwohlkann auch diese Form ein Schritt zur Wieder-eingliederung ins Berufsleben und zum inten-siven Kontakt mit moderner Informations- undKommunikationstechnik sein – gerade zum Bei-

Telearbeit 17

❞Kooperationen

zwischen Finanz-dienstleistern setzen

den Einsatz von Infor-mations- und Kommu-nikationstechnologienvoraus. Die Telematik

macht es möglich, organisatorische, zeit-liche, geografische und

systemtechnischeGrenzen zu überwin-den. Sie ist damit ein

„enabling factor“. Deren rasche Weiter-

entwicklung – bei-spielsweise durch Inte-

gration von Daten,Sprache, stillem undbewegtem Bild – wird

uns dazu bringen,auch an der Kunden-

schnittstelle neue Pro-zesse, Produkte und

Marktleistungen bereitzustellen.

Sie wird damit zumAuslöser und

damit zum „driven factor“.

Hannes A. Meyer, Generaldirektor Schweizerische

Rentenanstalt, Swiss life Corporation

Was per Telearbeit bereits erledigt wird

Textbearbeitung 45

Fachaufgaben 44

Management 31

Software-Entwicklung 31

Kunden- / Außendienst 28

Datenerfassung 24

Service / Hotline 19

Konstruktion / CAD 10

Sonstige 15

Alle Angaben in Prozent

Quelle: Studie der TA Telearbeit bei 78 Unternehmen, 1996

BESSERE CHANCEN FÜR STRUK-TURSCHWACHE REGIONEN

Ostfriesland zählt zu jenen Regionen, die oft als struktur-schwach abgestempelt werden - wenig Industrie und relativhohe Arbeitslosigkeit. Viele Menschen haben in den ver-gangenen Jahrzehnten den Landstrich im Nordwesten des-halb verlassen. Viele andere aber, die arbeiten wollen, kön-nen nicht wegziehen, zum Beispiel Frauen. Dies waren dieMotive, warum 1995 mit kräftiger Unterstützung des Ar-beitsamts die Gemeinnützige Ausbildungs- und Entwick-lungsgesellschaft Norden (GAG) mit einem Telematikzen-trum gegründet wurde. „Wir wollten einerseits etwas gegenArbeitslosigkeit tun”, so der Initiator Reinhard Veldschol-ten, „auf der anderen Seite wollten wir zeigen, daß auch inländlichen Räumen dank moderner Telekommunikationwettbewerbsfähige Arbeitsplätze möglich sind.” So ist dieGAG zwar gemeinnützig, operiert aber mit ihren Dienstlei-stungen wie ein normales Unternehmen am Markt. Die An-gebotspalette reicht vom BüroTeleService über Marketing,Grafik, Programmierung bis zu Datenbankrecherchen. Kun-den sind überwiegend die örtlichen Betriebe. Aufgrund deranspruchsvollen Angebote wurden nur solche Frauen ein-gestellt, die bereits über Fachqualifikationen verfügten undbereit waren, sich auf „das Abenteuer Telearbeit” (Veld-scholten) einzulassen. Sechs Frauen sind bei der GAG in-zwischen beschäftigt - ein starres Korsett der Telearbeitgibt es aber nicht. „Wir bieten sämtliche Telearbeitsmög-lichkeiten an”, so Veldscholten, „manche arbeiten zuhause,manche tageweise in der GAG.“ Sogar eine „Außenstelleauf Baltrum” habe man. Von der positiven Resonanz warendie Initiatoren selbst überrascht - deshalb wird überlegt,die Zahl der Telearbeitsplätze zu erhöhen.

Und da sie nur noch alternierend im Büro zu fin-den sind, kommen die DV-Experten jetzt mitdeutlich weniger Bürofläche aus. Ähnliche Pro-bleme trieben den Netz-Provider CompuServein München um. Aufgrund der starken Nach-frage nach der CompuServe-Dienstleistung istdas Unternehmen ständig gezwungen, neueBüroräume zu schaffen. Daß dies gerade in Bal-lungszentren wie München schwierig ist, weißjeder. Ein Ausweg: Mitarbeiter der Kunden-dienstabteilung teilen sich einen Büroarbeits-platz und arbeiten zeitweise zu Hause.

Telearbeit in Form von Heimarbeit

Auch wer zu Hause Telearbeit betreibt, ist nichtautomatisch ein Heimarbeiter. Heimarbeit istdurch das Heimarbeitsgesetz sehr genau defi-niert (siehe dazu auch „Die rechtlichen Rah-menbedingungen der Telearbeit“ ab Seite 40).Nur in sehr seltenen Fällen praktizieren Unter-nehmen Telearbeit in Form der Heimarbeit. In

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spiel für Frauen nach einer längeren Familien-pause.

Freiberufler und Selbständige

Telearbeit bietet natürlich auch große Chancen,sich selbständig zu machen – allerdings vor al-lem für hochqualifizierte Spezialisten (Pro-grammierer, Ingenieure, Konstrukteure oderÜbersetzer), die sicher sein können, daß ihr Wis-

sen und ihre Fähigkeiten am Markt gefragt sind.Abgeraten werden muß allerdings, wenn Un-

ternehmen ihren Mitarbeitern anbieten, sichselbständig zu machen, um diese dann die glei-chen Tätigkeiten, die sie bisher als Angestellteerledigt haben, als „freie Unternehmer“ erbrin-gen zu lassen. Hier stellt sich nämlich die Fra-ge der „Scheinselbständigkeit“.

Anders sieht dies natürlich aus, wenn Mitar-beiter und Arbeitgeber im Zuge der Auslagerung(Outsourcing) von Dienstleistungen eine neueKooperationsform beschließen. Wichtig ist indiesem Zusammenhang aber, daß der Mitarbei-ter, der demnächst Unternehmer sein soll, ver-traglich nicht gehindert wird, weitere Auftrag-geber neben seinem bisherigen Arbeitgeber zuakquirieren und von dieser Möglichkeit auchwirklich Gebrauch macht. Diese Form der Fir-mengründung – vor allem dann, wenn der alteArbeitgeber eine Anschubfinanzierung durch fi-xierte Aufträge gibt – kann durchaus erfolgreichsein. Zahlreiche Beispiele beweisen es.

Mobile Telearbeit

Im Gegensatz zu den bisher beschriebenen Tele-arbeitsformen mit immer noch festen Arbeits-plätzen im Büro oder zu Hause arbeitet der mo-bile Telearbeiter dort, wo er sich gerade befindet.Via Laptop und Funktelefon kann er von jedembeliebigen Ort aus mit seinem Arbeitgeber/Auf-traggeber kommunizieren – ideale Arbeitsbedin-gungen zum Beispiel für alle Außendienstler undVertriebsmitarbeiter. Während der Außendienst-

18 Telearbeit

Für jeden die richtige Form der Telearbeit

Vor allem für Tausende vonAußendienstlern verbessern

sich dank Telearbeit die Arbeitsbedingungen: Daten

aus dem PC bzw. Laptop wer-den via Handy an die Firmen-

zentrale gesendet.

INTERESSE AN TELEARBEIT

Die Unternehmensberatung empirica ermittelte in mehreren europäischen Ländern ein realistisches Szenario für Telearbeit. Er-staunliches Ergebnis: Obwohl jeweils etwa die Hälfte der Arbeitnehmer Interesse an Telearbeit hat, verbleibt im Durchschnitt einrealistisches Telearbeitspotential von sieben bis acht Prozent der Erwerbstätigen. Der Rest hat zwar Interesse, arbeitet aber bei ei-nem nicht interessierten Arbeitgeber oder will – im Ernstfall – doch lieber normal arbeiten.

Deutschland Frankreich Großbritannien Italien Spanien

Interesse bei Erwerbstätigen in % 42,4 52,6 48,4 48,1 61,4

Interesse bei Entscheidern in % 40,4 39,3 34,4 41,8 29,6

Interessenpotential1) in % 17,1 20,6 16,6 20,1 18,2

realistisches Telearbeitspotential in % 6,8 8,2 6,6 8,0 7,3

realistische Zahl der potentiellenTelearbeiter (in Mio.) 2,48 1,81 1,69 1,68 0,91

1) übereinstimmendes Interesse von Arbeitnehmer und jeweiligem Arbeitgeber.Quelle: empirica, 1994

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Heilit + Woerner hat seine Baustellenleiter inDresden und Rostock im Rahmen eines vomBundesministerium für Bildung, Wissenschaftund Forschung unterstützten Modellversuchs„Telebau“ mit mobilen Arbeitsmöglichkeiten aus-gestattet. Da die Baustellenleiter in der Regel fürmehrere Baustellen zuständig sind, aber niemalsalle Unterlagen der einzelnen Baustellen beisich haben, können alle relevanten Da-ten und Pläne mit netzunabhängigenLaptops abgerufen werden. Die Erfah-rungen sind so gut, daß Heilit + Woerner

ler bereits einen neuen Kunden aufsucht, kannder Innendienst-Kollege den vorigen Auftrag ab-wickeln. Vorteil für das Unternehmen: DerAußendienstler hat mehr Zeit für seine Kunden(„Time to market“). Vorteil für Kunden und Ver-braucher: Lange Warte- und Lieferzeiten gehörender Vergangenheit an.

Doch nicht nur für die Außendienstler undVertriebsmitarbeiter bringt die mobile TelearbeitVorteile. Auch für viele weitere Berufe, in denenes zum Alltag gehört, viel unterwegs zu sein,bringt Telearbeit Entlastung und mehr Produk-tivität. Beispiel Bauindustrie: Der Baukonzern

Telearbeit 19

Je jünger, desto mehr Interessean Telearbeit

bis 19 Jahre 68,5

20 bis 29 Jahre 59,2

30 bis 39 Jahre 56,9

40 bis 49 Jahre 39,8

50 bis 59 Jahre 27,5

60 bis 69 Jahre 20,7

70 bis 79 Jahre 15,7

über 80 Jahre 3,8

Alle Angaben in Prozent

Quelle: empirica, 1996

WIRKUNGEN DER TELEARBEIT

● Ausgangsbasis

Beschäftigungsvolumen Deutschland 1994: 40 Millionen

Telearbeitsplätze 1994: 30 000

Investitionskosten je Telearbeitsplatz: 15 000 DM

Netzgebühren je Telearbeitsplatz: 300 DM/Monat

● Szenario 1

Telearbeitsplätze: Schätzung für das Jahr 2000: 1,2 Millionen (3,5% der Erwerbstätigen)

Investitionen in Systeme für Telearbeit, 1995–2000: mehr als 12 Milliarden DM

Netzgebühren Telearbeit: 2,88 Milliarden DM/Jahr

● Szenario 2

Telearbeitsplätze: mittelfristiges Gesamtpotential: 4 Millionen (11% der Erwerbstätigen)

Investitionen in Systeme für Telearbeit: 60 Milliarden DM

Netzgebühren Telearbeit: 14,4 Milliarden DM/Jahr

Quelle: Fachverband Informationstechnik im VDMA und ZVEI 1996, BMWi 1998

VERSICHERUNGSVERTRÄGE MANA-GEN VON ZU HAUSE AUS

Jeden zweiten Tag läßt Dirk Thiemann sein Büro Büro seinund bleibt einfach zu Hause. Nicht, daß ihm die Arbeit beiden LVM-Versicherungen in Münster nicht mehr gefallenwürde. Ganz im Gegenteil. Thiemann bearbeitet höchst ef-fektiv Kraftfahrtversicherungsverträge vom heimischenSchreibtisch aus. Und wenn ein Kunde seine Büronummerwählt, dann klingelt das Telefon in Thiemanns Wohnung.Seit zweieinhalb Jahren arbeitet er nun schon einen Tag imBüro und den anderen Tag zu Hause und möchte diesentäglichen Wechsel nicht mehr missen. „Man arbeitet pro-duktiver und auch eigenverantwortlicher, wenn man zuHause sitzt.“ Natürlich schätzt er auch die größeren indivi-duellen Freiheiten. „Wenn überraschend Besuch kommt,dann melde ich mich telefonisch kurz ab, stelle den Appa-rat um - und habe Zeit.“Thiemann ist einer von mittlerweile etwa 460 Angestelltender LVM-Versicherungen, die einen ‚ABAp’ - einen außer-betrieblichen Arbeitsplatz - haben. Bei etwa 2.300 Ange-stellten nutzt damit schon jeder fünfte Mitarbeiter Telear-beit. Damit gehört das Münsteraner Versicherungsunter-nehmen zu den telearbeitsfreundlichsten Unternehmen inDeutschland. Anders als bei vielen anderen Unternehmenbetreiben hier nicht nur Frauen mit einfachen TätigkeitenTelearbeit; vielmehr tut das ein breiter Querschnitt der Be-schäftigten - vom Sachbearbeiter bis zum Bereichsleiter,Männer in gleichem Maße wie Frauen. Die LVM-Versiche-rungen sparen dabei auch. Die große Resonanz auf die Te-learbeit führte dazu, daß ein geplanter zweiter Standort füreinen Verwaltungsneubau nicht mehr gebraucht, sondernder alte Standort aufgestockt wird, da sich zwei Telearbeitereinen Büro-Arbeitsplatz teilen. Hinzu kommen nicht meß-bare Vorteile. „Die Telearbeiter arbeiten sehr effektiv,selbständig und häufig auch länger“, so das LVM-Vor-standsmitglied Werner Schmidt. Wie dies dann in der Pra-xis aussieht, weiß Thiemann. „Wir bieten seit einiger Zeitlängere Service-Zeiten, so daß Kunden auch später anrufenkönnen.“ Und wenn ein Kunde spezielle Fragen hat: Via Te-lefonleitung ist Thiemann mit dem Zentralrechner verbun-den und kann sich alle Vorgänge am heimischen Bild-schirm aufrufen.

Das Mobilbüro für unterwegs: Laptop, Fax und Handy im handlichenKoffer.

❞Mit dem Außerbetrieb-lichen Arbeitsplatz re-duzieren wir die Ar-beitsplatzkosten und

sichern damit Arbeits-plätze. Auch können

sich unsere Mitarbeiterihre Arbeitszeit bessereinteilen. Und drittensverbessern wir unserenKundenservice, da dieMitarbeiter noch effi-

zienter sind.

Werner Schmidt, Vorstandsmitglied

LVM-Versicherungen

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das Projekt auf andere Niederlassungen auswei-ten will.

Telearbeitszentren/ Nachbarschaftsbüros

Um einerseits einer möglichen Isolation vonTelearbeitern entgegenzuwirken, andererseitsaber auch die Investitionskosten für Telear-beitsplätze gering zu halten, werden immermehr Telearbeitszentren gegründet. Je nachGröße des Unternehmens wird ein solches Zen-trum allein betrieben, oder Mitarbeiter mehre-rer Unternehmen arbeiten darin gemeinsam.Der Startschuß zu solchen Telehäusern oderTelezentren kommt oft von Kommunen – zu-meist in ländlichen Regionen, um neue Ar-beitsplätze zu schaffen. So wurden im Rahmendes Programms „Bayern Online“ in zahlreichenGemeinden Niederbayerns und Oberfrankens Telezentren gegründet.

Weitere Telearbeits-Formen

Neben den bisher geschilderten Formen ent-wickeln sich sehr schnell weitere Arten der Tele-arbeit. Die wichtigsten Weiterentwicklungen:

Virtuelle Unternehmen – mehrere Mitarbei-ter arbeiten unter einem Firmennamen zusam-men, obwohl sie an völlig unterschiedlichenStandorten residieren. Dank ISDN-Telefonlei-tungen ist das Unternehmen unter einer ein-

20 Telearbeit

Für jeden die richtige Form der Telearbeit

„Telebau” hieß ein bereits1995 abgeschlossener

Modellversuch des Bundesministeriums für

Bildung und Forschung, indem untersucht wurde,

wie die Arbeitsbedingungenzum Beispiel für Baustellen-

leiter verbessert werden kön-nen. Das Ergebnis,

inzwischen oft schon Praxis:Via Laptop und Handy können alle wichtigen

Baudaten an Ort und Stelleabgefragt werden.

Je größer das Unternehmen, desto mehrInteresse der Chefs an Telearbeit

1 bis 9 Mitarbeiter 25,6

10 bis 49 Mitarbeiter 33,3

50 bis 99 Mitarbeiter 39,6

100 bis 499 Mitarbeiter 38,4

500 bis 999 Mitarbeiter 58,1

über 1000 Mitarbeiter 56,4

Dienstleistungs-Branchenmit hohem Interesse an Telearbeit

Landwirtschaftund Energie 22,9

ProduzierendesGewerbe 36,8

Bauwesen 38,9

Öffentliche Verwaltung 40

SonstigeDienstleistungen 44,8

Handel und Verkehr 47,1

Kreditinstitute 76,4

Alle Angaben in Prozent

Quelle: empirica-Umfrage unter Entscheidungsträgern in Deutschland, 1996

Alle Angaben in Prozent

Quelle: empirica, 1996

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bus arbeiten am gleichen Projekt rund um dieUhr. Wenn ein Mitarbeiter in einem Land Feier-abend macht, wird die Arbeit per Datenleitungan einen Mitarbeiter in einem Land geschickt,der gerade erst mit der Arbeit beginnt.

Doch ganz gleich, welche Telearbeits-Formgewählt wird – die Vorteile dieser modernen Artder Arbeit überwiegen. ●

Telearbeit 21

WENN DER CHEF KILOMETERWEITENTFERNT IST

Wenn das Telefon auf Sonja Trischbergers Tisch klingelt,sieht sie genau, für wen der Anruf bestimmt ist: „LoeweOpta Kundendienst – Guten Tag” hört man sie antworten.Doch Sonja Trischberger gehört gar nicht zu den Beschäf-tigten des Elektro-Unternehmens, sondern sie arbeitet alsSekretärin bei der TeleService Kronach, einem Dienstlei-stungs-Unternehmen, das die Volkshochschule im ober-fränkischen Kronach ins Leben gerufen hat. Sonja Trisch-berger wurde auf ihre Tätigkeit in ihrem virtuellen Sekreta-riat durch einen mehrmonatigen Kurs vorbereitet undwickelt inzwischen die üblichen Sekretariatsarbeiten fürKunden ab, die gar nicht in ihrer Nähe sind. So gehörtenzunächst das örtliche Landrats-amt, das Krankenhaus unddie Bibliothek zu den Kunden der TeleService Kronach, wo-bei die zu erledigenden Arbeiten von der Telefonannahmebis zu Werbeaktionen reichten. Inzwischen aber ist aus demzu 80 Prozent von der Europäischen Union und den Ar-beitsämtern geförderte Pilotptojekt weiter gediehen - dieTeleService Kronach ist ein selbständiges Unternehmengeworden und behauptet sich am Markt. Die ursprünglichzwölf Mitarbeiter - darunter auch Sonja Trischberger - unddrei weitere, später hinzugekommene Mitarbeiter sind festangestellt, dazu kommen noch fünf geringfügig Beschäftig-te. “Wir haben eine Erfolgsgeschichte geschrieben”, freutsich Paul Stephan, Geschäftsführer des Unternehmens. Zu-sammen mit seinem Team konnte er neue Geschäftszweigeaufbauen, darunter ein Call Center für verschiedene Fir-men.

STARKES INTERESSE

Interesse an Telearbeit hatten 1985in Deutschland gerade 8,5 Prozentder Erwerbstätigen. 1994 war dasInteresse fast fünfmal so groß:40,4 Prozent.

Quelle: empirica

Interessen an den jeweiligenTelearbeitsformen

Telearbeit in Formvon Heimarbeit 28,7

Alternierende Telearbeit 39,9

Telehaus 31,3

Je höher die Bildung, desto größerdas Interesse

Grundschule 26,6

Realschule 45,8

Abitur / Uni 48,5

Grundschule 23,5

Realschule 41,5

Abitur / Uni 32,5

Das Interesse an Telearbeit hängt sehr eng von der jeweiligenBildung des Telearbeiters ab. Generell gilt: Je höher die Bildung,desto größer das Interesse an Telearbeit. Dennoch gibt esUnterschiede. So haben Arbeitnehmer mit Abitur oder Universitäts-abschluß das größte Interesse an alternierender Telearbeit, währendsie gleichzeitig deutlich weniger Interesse an Telearbeit in Formvon Heimarbeit oder Telearbeitszentren haben.

Abitur / Uni 33,8

Realschule 37,6

Grundschule 23,1

Telearbeit in Form von Heimarbeit

Alternierende Telearbeit

Telearbeitszentrum

Alle Angaben in Prozent

Quelle: Institut für Demoskopie Allensbach, Repräsentativ-Umfrageunter Erwerbstätigen, 1996

Alle Angaben in Prozent

Quelle: empirica-Studie, 1996

heitlichen Rufnummer erreichbar, auch wenndas Telefon gar nicht an dem Ort klingelt, derangewählt wurde. Virtuelle Unternehmen kön-nen einerseits aus festangestellten Mitarbeitern,andererseits aber auch aus ausschließlich frei-en Unternehmern bestehen, die sich aufgrundeines bestimmten Projekts zu einem Unterneh-men zusammengeschlossen haben, ohne aller-dings ihre angestammten Standorte aufzugeben.

Offshore Tele-Arbeit: Bestimmte Tätigkeitenwerden – meist aus Kostengründen – via Da-tenleitung in „Billiglohn-Länder“ transferiert,dort bearbeitet und kommen auf gleichem We-ge wieder zurück. So beschäftigt beispielsweiseSiemens einige hundert Software-Entwickler inIndien. Teilweise findet sogar eine kontinuierli-che Zusammenarbeit statt. Bestimmte Projekt-aufgaben werden in Deutschland, andere in In-dien erledigt – die Kommunikation findet aus-schließlich auf elektronischem Wege statt. Ähn-liche Telekooperationen haben inzwischen eineganze Reihe großer oder hochspezialisierter Un-ternehmen eingerichtet. Die Vision vielerFührungskräfte: Mitarbeiter rund um den Glo-

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22 Telearbeit

Technik, Know-how, Richtlinien – was Sie über Telearbeit wissen sollten

Gut gerüstet fürden Start

Bei der technischen Ausstattung von Telearbeitsplätzen gibt esgroße Unterschiede. Zu vielfältig sind die individuellen Berufsinhalte

und Arbeitsformen von Telearbeitern, zu unterschiedlich die technischen Ansprüche. Bestimmte Komponenten gehören

aber zu jedem Telearbeitsplatz.

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❞Die Entwicklung

leistungsfähiger PC-Systeme zu multifunk-tionalen Arbeitsplatz-

systemen hat einewichtige Bedeutung

für die Verbreitung derTelearbeit. Ein breitesAngebot von integrier-ter Anwendungssoft-ware bietet heute die

Möglichkeit, dezentralam Arbeitsplatz

Informationen zu generieren, zu verar-beiten, zu speichernund zu übermitteln.

Birgit Godehardt, TA Telearbeit GmbH

Jahren kontinuierlich zum Kernstück der Da-tenverarbeitung entwickelt, ist heute ein Mas-senprodukt und entsprechend preiswert. Einzigdie tragbare Variante, Laptop, Notebook oderThinkpad genannt, bewegt sich noch immer inhöheren Kostenregionen. Personalcomputerwerden beurteilt nach ● Größe des Arbeitsspeichers; ● Größe des Festplattenspeichers;● Prozessorleistung;● Betriebssystem und● Ausstattung (Bildschirmgröße, CD-ROM-

Laufwerk, Modem, Steckplätze, Größe desGehäuses).

Moderne Personalcomputer sind für Telear-beit vielseitig verwendbar. Neben der Text- oderGrafikbearbeitung sorgen sie für einen schnel-len Datentransport per Fax oder e-mail. Am häu-figsten angewandt werden PCs mit einem Pen-tium-Prozessor und den Betriebssystemen MS-DOS, IBM-OS/2 oder Windows. Die Alternativedazu sind Macintosh-PCs der Firma Apple sowieeinige UNIX-Systeme. Die Festplattenkapazitäteines PCs liegt gewöhnlich zwischen 850 Mega-byte und 4,3 Gigabyte. Ein CD-ROM-Laufwerkgehört zur Grundausstattung. Telearbeiter soll-ten auf einen guten Monitor Wert legen – nurQualitätsprodukte mit mindestens 17 Zoll Größeschonen die Augen. Mobile Telearbeiter ver-wenden einen tragbaren PC – in einer soge-nannten Dockingstation kann er mit dem sta-tionären PC zum Datenaustausch verbundenwerden. Für rechenintensive Telearbeit etwa ei-nes CAD-Konstrukteurs wird eine leistungs-fähige Workstation notwendig sein.

Telefon und Telefax gehören zur Standard-ausrüstung eines Telearbeitsplatzes. Obwohl dieFaxübertragung auch mit dem PC möglich ist,sollte auf ein Telefaxgerät nicht verzichtet wer-den – die meisten Dokumente gibt es noch im-mer in Papierform. Ein Anrufbeantworter kanndiese Kombination ergänzen. Mobile Telearbei-ter nutzen ein Funktelefon. Für Faxversand undDatenaustausch mit dem Unternehmen oder an-deren Telearbeitsplätzen wird ein Modembenötigt. Es kann im PC eingebaut sein oder ex-tern angeschlossen werden. Ist ein ISDN-An-schluß vorhanden, übernimmt eine ISDN-Kom-munikationskarte die Modemfunktion.

Drucker gehören noch immer zur Grund-ausstattung des Telearbeiters. Lange nicht alle

Für die schnelle und effektive Arbeit im Telebürosind heute alle technischen Voraussetzungen ge-schaffen. National und international produzie-ren unzählige Anbieter Computer, Software undviele Zusatzgeräte beispielsweise für eine rasche Datenübertragung. Das moderne Kommunika-tionsnetz der Telekom ist weltweit Spitzenklas-se. Flächendeckend wird in Deutschland Mobil-funk angeboten. Obwohl manche der techni-schen Komponenten noch erhebliche Schwach-stellen aufweisen, hat Birgit Godehardt von derTA Telearbeit GmbH recht, wenn sie behauptet:„Ungelöste technische Probleme gibt es bei derEinführung der Telearbeit grundsätzlich nichtmehr“.

Exakte Planung ist dennoch wichtig, und dietätigkeitsbezogenen Forderungen und Bedürf-nisse des Telearbeiters müssen berücksichtigtwerden. Alle technischen Komponenten bedür-fen sorgsamer Abstimmung, denn bei der Fülleder angebotenen Produkte gibt es keine Stan-dardlösungen. Zwar lassen sich heute Geräteverschiedener Hersteller durchaus verknüpfen,aber nicht immer passen sie harmonisch zu-sammen. So kann beispielsweise, befindet Wer-ner B. Korte von empirica Technologieforschungin Bonn, „die notwendige Hardware erst anhandder Mindestanforderungen der zu benutzendenSoftwareapplikationen ermittelt werden“. Un-ternehmen, die neue Telearbeitsplätze einrich-ten, sollten somit frühzeitig Arbeitsinhalte undDatenmengen feststellen, um auf die richtigeTechnik zu setzen. Nachträgliches Umrüsten,z. B. von analoger Telefontechnik auf ISDN, kannsie teuer zu stehen kommen.

Kein Telearbeitsplatz gleicht dem anderen.Doch bestehen – nach der allgemeinen Defini-tion der Telearbeit, wie sie der Zentralverbandder Elektroindustrie vertritt – alle Arbeitsplät-ze aus● Hardware, ● Software sowie ● Übertragungstechnik und Telekommunika-

tionsanschluß.

Die Grundgeräte

Hardware – das sind alle Geräte für die Erfas-sung, Bearbeitung und Speicherung von Datensowie die Übertragung von Sprache, Daten undneuerdings auch Bildern. Im Zentrum steht derPersonalcomputer (PC). Er hat sich seit den 80er

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Daten werden heutzutage elektronisch trans-portiert, das papierlose Büro gibt es (leider) im-mer noch nicht. Moderne Schwarzweiß- oderFarbdrucker passen problemlos zu jedem gän-gigen PC und der entsprechenden Anwendungs-Software. In Telecentern werden sich mehrereMitarbeiter einen Drucker teilen. Solche Netz-werkkonfigurationen werden durch leistungs-starke Druckmanager unterstützt. Gedrucktwerden kann auf Normal- und Recyclingpapier,Briefumschlägen, Postkarten, Folien und Eti-ketten. Für den mobilen Telearbeiter werdenhandliche tragbare Drucker an-geboten.

Zusatzgeräte

Verschiedene Zusatzgeräte kön-nen die Arbeit von Telearbeiternerleichtern. Für bestimmte Be-rufe wie Konstrukteure sind siesogar unentbehrlich. Dazugehören Scanner – sie arbeitennach dem Prinzip einer Videoka-mera und ersparen das Abschrei-ben von Textdokumenten oderdas Eingeben von Grafiken. Pa-piervorlagen, z. B. technischeZeichnungen, werden von einemoptischen Auge in digitale Signa-le umgewandelt und dann in denPC eingespeist. Dort können sieweiterverarbeitet, archiviert oderauf die Reise durch das Datennetzgeschickt werden.

Immer mehr Hersteller bieten sogenannteOffice-Imaging-Lösungen an – sie sollen si-cherstellen, daß alle von außen kommenden In-formationen ohne Zeitverlust in das Computer-system eingespeist werden. Im Grunde handeltes sich dabei um die Kette Scanner-PC-Drucker-Archivierung-Datentransfer im Netz. Alle Gerä-te sind aufeinander abgestimmt und für die An-wender einfach zu bedienen. Diese Lösung eig-net sich für größere Telearbeits-Center oderNachbarschaftsbüros.

Mit der wachsenden Informationsflut kommt

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Technik, Know-how, Richtlinien – was Sie über Telearbeit wissen solltenTechnik, Know-how, Richtlinien – was Sie über Telearbeit wissen sollten

TECHNIK BEI IBM: Seit 1991 haben Mitarbeiterinnen undMitarbeiter bei IBM die Möglichkeit, bei geeigneterTätigkeit und mit Zustimmung ihrer Vorgesetzten ihre Arbeit ganz oder teilweise zu Hause zu erledigen. Bereits 1986 hat der Kommunikationsgigant das Büro-kommunikationssystem „Office Version” eingeführt. Esermöglicht die weltweite elektronische Kommunikationvon über 200000 Mitarbeitern. Auf Daten und Unterla-gen aus aller Welt kann online zugegriffen werden. Ar-beitsmöglichkeiten des Systems: Bearbeitung des Postein- und -ausgangs, Terminplanung, elektronischabrufbare Telefonverzeichnisse, Organisationspläneund Mitarbeiterinformationen. Alle Daten sind ortsun-abhängig über jeden Terminal abrufbar. Bei IBM ist man der Meinung, daß die technische Aus-stattung eine entscheidende Voraussetzung für den Er-folg von Telearbeit ist. Ein PC mit Netzanschluß, einelektronisches Kommunikationssystem mit ausrei-chender Datenübertragungsgeschwindigkeit, ein Druk-ker und ein Telefon sind Mindestvoraussetzungen.

BUCHTIP:

„Telearbeit erfolgreich realisieren”ist inzwischen in einer zweiten ak-tualisierten Auflage im Vieweg Ver-lag erschienen. Ausführlich werdendie technische Ausstattung von Te-learbeitsplätzen, aber auch Praxis-erfahrungen geschildert. Checkli-sten erleichtern die Einführungvon Telearbeit. Im Anhang findetsich eine Fülle weiterführender In-formationen wie Modellbeschrei-bungen, Internet-Adressen, Con-sultants, Studien, usw.

DIE WICHTIGSTEN TELEARBEITSKOMPONENTEN AUF EINEN

Für Daten- und Textverar-beitung, die 80 Prozent derTelearbeit ausmachen,könnte ein PC folgendeCharakteristika aufweisen:Intelprozessor Pentium 300MHz, Hauptspeicher 32Megabyte, Festplatte 1 Gi-gabyte, Graphikkarte, PCI-Bus, CD-ROM mit vielfa-cher Geschwindigkeit, Be-triebssystem Windows 97oder neuer, 17-Zoll-Monitormit Black-Trinitron-Röhre, Tower.

Grundlage für den Betriebvon Computern ist das Be-triebssystem, die Basissoft-ware. Passend dazu gibt eseine Vielzahl von Anwen-dungsprogrammen für Text-verarbeitung, Tabellenkal-kulation oder Grafik-erstellung. Moderne Büro-kommunikations-Lösungenbeinhalten daneben Pro-gramme für den Transportvon Daten oder den Inter-netzugang bzw. -betrieb.

Modems wandeln analogeTelefondaten in digitaleComputersprache um. Sieübertragen sowohl Daten alsauch Faxnachrichten. DieÜbertragungsrate solltemindestens 28.800 Bits proSekunde betragen. Der An-schluß an das ISDN-Netz istsinnvoll um weit höhereÜbertragungsraten zu errei-chen. Neue PC’s werden in-zwischen schon serien-mäßig mit ISDN-Karten aus-gerüstet, ältere können ein-fach nachgerüstet werden.Drucker gibt es als Tintenstrahl- und Laser-

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den einzelnen Telearbeiter, der große Datenvo-lumina zu bewältigen hat, bietet sich die CD-ROM zum Selbstbeschreiben als Speichermedi-um an. Ein CD-Writer überträgt die Daten perMausklick auf die glänzende Scheibe, die bis zu650 Megabyte speichern kann – den Inhalt vonetwa 80 Aktenordnern.

Telekommunikationsanschluß

Für die Qualität der Telearbeit ist die Wahl desTelekommunikationsanschlusses entscheidend.Sprache und Daten werden in der Regel über diegewöhnliche Telefonleitung transportiert. Diemeisten Telefonanschlüsse sind analog. Mehrund mehr Unternehmen, aber auch Haushaltelassen sich aber ISDN-Anschlüsse legen. Diewichtigsten Vorteile: ● zwei Amtsleitungen pro Anschluß; ● ein Basisanschluß kann bis zu acht End-

geräte haben; ● pro Basisanschluß sind zehn Mehrfachruf-

nummern möglich; ● Anrufweiterschaltung, Gebührenanzeige,

Anklopfen eines neuen Gesprächs; ● durch Euro-ISDN sind die Vorteile europa-

weit nutzbar.

Nur mit ISDN kann ein Telearbeiter auf ei-ner Leitung telefonieren undzeitgleich ein Fax senden oderDaten übertragen. Durch die ho-he Übertragungsgeschwindigkeitfallen die Kosten für die Daten-übertragung geringer aus als beianalogen Telefonanschlüssen.Dafür sind die Einrichtungsko-sten und die monatliche Grund-gebühr höher. Außerdem müssenspezielle ISDN-Endgeräte ver-wendet bzw. die analogen Tele-fone oder Faxgeräte umgerüstetwerden. ISDN-Telekommunika-tionsanlagen – TK-Anlagen – bie-ten in größeren Unternehmenmehreren Nutzern die ISDN-Vor-teile.

Die Telekom hält für den Da-tentransfer weitere Möglichkei-ten bereit. Im Datex-P-Netz wer-den die Daten in „Paketform“ mitGeschwindigkeiten bis zu 1,92

der Speicherung und Archivierung von Datenbesondere Bedeutung zu. Gewöhnliche Disket-ten reichen für große Datenmengen, besondersGrafiken und Zeichnungen, nicht mehr aus. Für

DAS INTERNET

Dahinter verbirgt sich ein weltwei-ter Zusammenschluß von rund1.500.000 Computernetzen ausHochschulen, öffentlichen Einrich-tungen, Unternehmen sowie priva-ten Netzen. Weltweit haben derzeit et-wa 200 Millionen Nutzer Zugangzum Internet, darunter etwa 2 Mil-lionen Deutsche.

Telearbeit 25

MOBILE TELEARBEIT: Die meisten Telearbeiter inDeutschland sind mobil. Viele tausend Service-techniker und Vertriebsmitarbeiter arbeiten unabhän-gig von festen Büros vor Ort – bei Firmenkunden und Auftraggebern. Mobile Büros passen heute inhandliche Tragekoffer. In ihnen kann ein Laptop genauso untergebracht werden wie ein Minidrucker,das Funktelefon und eine zentrale Stromquelle.

N BLICK

drucker. Die letztgenanntenbieten die beste Druckqua-lität – meist mit einer Auf-lösung von 300 bis 600 dpi(Punkte pro Zoll). Die mo-natliche Druckerleistungreicht von 4000 bis 100 000Seiten. Alle häufig verwen-deten Schriften sind beimKauf bereits geladen.

Moderne Telefone bietenausgefeilte Funktionen wieautomatischen Rückruf beibesetztem Teilnehmer, Tele-fonkonferenz mit bis zuzehn Teilnehmern, Anklop-fen eines neuen Gesprächsund Warteposition. Gute Te-lefaxgeräte arbeiten mitNormalpapier und faxen biszu sechs Seiten pro Minute.

Vier Netze stehen inDeutschland zur Verfügung:C, D 1, D 2, e-plus. Die An-bieter DeTeMobil, Mannes-mann Mobilfunk und e-plushaben mittlerweile mehr als6 Millionen Teilnehmer.Moderne Funktelefoneübertragen neben dem ge-sprochenen Wort Fax-nachrichten, können Daten in das Internet ein-speisen und ermöglichenKonferenzschaltungen mitmehreren Teilnehmern.

ISDN-Software unterstützt diegesamte Nutzungsvielfalt derdigitalen Datenübertragung.Vom PC aus werden Fa-xnachrichten versandt, überDatex-J und EURO-Filetransfer Daten transpor-tiert, es kann auf Mailboxenzugegriffen werden.

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Mbits/s übertragen. Die Gebühren werden nachder Datenmenge berechnet, nicht nach Zeit oderEntfernung wie bei gewöhnlichen Telefonan-schlüssen. Datex-J ist auch als Btx bekannt, dasheute wiederum als T-Online firmiert. Nebenden Bildschirmanwendungen sind Datenüber-tragungen im Datex-J möglich – im analogenNetz allerdings nur mit einer Geschwindigkeitvon 2400 bits/s. Für größere Unternehmen mitDauer-Telearbeitsplätzen kommen Fest- oder Di-rektleitungen in Frage. Diese Leitungen werdendauerhaft zwischen zwei Teilnehmern einge-richtet, z. B. für den täglichen Datentransfer. Eswerden Übertragungsgeschwindigkeiten bis zu1,92 Megabit pro Sekunde erreicht. Auf Wunschrichtet die Telekom auch internationale Miet-leitungen ein. Für den Transfer von Informatio-nen und Dateien immer wichtiger geworden istElektronik-Mail (e-mail) – die Kommunikationzweier Personalcomputer, die beide eine e-mail-Adresse haben, über Internet oder lokale Com-puternetze. Nachrichten, Texte und Grafikenwerden von einem PC auf den anderen kopiert.Das Internet ist ein weltweiter Zusammenschluß

von Computernetzen. Es ist jedem Computer aufder Erde zugänglich – den technischen An-schluß und die passende Software vorausgesetzt.

Übertragungstechnik

Telearbeitsplätze existieren heute kaum noch fürsich. Der individuelle PC des Telearbeiters ist inden meisten Fällen über Modem oder ISDN-Kar-

te an ein firmeninternes oder an das öffentlicheKommunikationsnetz angebunden. So könnenalle Betriebsmitarbeiter auf den gemeinsamenDatenbestand zugreifen, Daten empfangen undversenden. „In der Regel werden Arbeitsergeb-nisse als Dokumente digital in die Zentrale über-tragen“, so Norbert Korday von der empiricaTechnologieforschung Bonn.

In vielen Unternehmen sind die einzelnenPCs bereits untereinander vernetzt. In diese in-ternen Lokal Area Networks (LAN) können pro-blemlos Telearbeitsplätze eingebunden werden,z. B. über eine ISDN-Wählleitung. Birgit Gode-hardt von TA Telearbeit weist darauf hin, daßzwei oder mehr miteinander vernetzte LANs anverschiedenen Standorten eines Unternehmenszu einem Wide Area Network (WAN) gekoppeltwerden können . Auch hier sind Telearbeits-plätze integrierbar. In LANssind Übertragungsge-schwindigkeiten von biszu 10 Megabytes/s mög-lich. Werden mehrereISDN-TK-Anlagen gekop-pelt, entsteht ein sogenann-tes Corporate Network desUnternehmens. VerschiedeneTelearbeitsplätze werden in ei-nem firmeninternen Netz ver-bunden. Jeder einzelne Platz istmit einer Mietleitung an die Un-

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Technik, Know-how, Richtlinien – was Sie über Telearbeit wissen sollten

Handscanner für Schwarzweißvorlagen arbeiten mit 200 bis 400 dpi Auflösung. Hochwertige

Flachbettscanner lösen Farbdokumente in bis zu 2000Punkte pro Zoll auf. Profi-Scanner

können im Einzelblatteinzug bis zu 50 Papierseiten automatisch einziehen.

❞Die Entwicklungen der letzten Jahre im

Notebookbereich habenbewirkt, daß ein mo-biler PC mittlerweile

als vollwertiger Ersatzfür einen Desktop PC

einsetzbar ist. Dazu gehören immerhöhere Speicherkapa-

zität und Prozessorlei-stung, innovative Bild-schirmtechnologie undMultimediafähigkeit.

Christoph Selig,Toshiba Europe

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Megabits pro Sekunde nicht mehr den heutigenAnforderungen. Für die Teleworking-Anwen-dungen von morgen – Videoconferencing undMultimediaanwendung – werden Durchsätzevon 100 Mbits/s benötigt. Dazu bieten verschie-dene Anbieter das Hochgeschwindigkeitsnetz100VG-AnyLAN an.

Software

Der Betrieb der technischen Geräte (Hardware)wird durch entsprechende Software unterstützt.Der Verband der Elektroindustrie unterteiltSoftware in drei Kategorien: ● Basissoftware oder Betriebssystem, ● Anwendungssoftware, ● Kommunikationssoftware.

Grundlage für den Betrieb von Personal-computern ist das Betriebssystem (siehe Hard-ware). Am häufigsten werden Windows 95 oder98 von Microsoft sowie OS/2 Warp von IBM ver-wendet. Die Wahl der Anwendungssoftware füreinen Telearbeitsplatz richtet sich nach dem Auf-gabengebiet des Telearbeiters. Es gibt unzähli-ge Programme für Textverarbeitung, Grafiker-stellung, Tabellenkalkulation oder technischeKonstruktion. Wichtig ist, daß bei alternieren-der Telearbeit beide Arbeitsplätze mit kompa-tibler, möglichst sogar identischer Software aus-gestattet sind. Kommunikationssoftware orga-nisiert die Datenkommunikation zwischen Telearbeitsplatz und Unternehmen, z. B. beim: ● Filetransfer oder● e-mail;● PC-HOST-Kommunikation ermöglicht den

PC-Zugriff auf Daten, die in einem Zentralrechner (HOST) gespeichert sind.

● Remote-Access-Software ermöglicht die Anbindung eines PCs an ein unternehmens-internes lokales Netzwerk (LAN).

● Remote-Controll-Software unterstützt dieFernsteuerung eines PCs. Damit wird bei-spielsweise die Fernwartung von Rechnernmöglich.

● Internet-Software schafft den Zugang zumweltweiten Computernetz.

Datensicherheit

Mit der wachsenden Informationsverarbeitungwerden Telearbeits-Unternehmen der Datensi-

ternehmenszentrale angebunden. Die Telear-beitsplätze sind so vollständiger Bestandteil derfirmeneigenen Kommunikationsstruktur – bei-spielsweise durch die Zuweisung von unterneh-menseigenen Rufnummern. Eingehende Rufe indas Unternehmen werden – für den Anrufer un-bemerkt – an den Telearbeitsplatz weiterge-schaltet. In Corporate Networks sind auch Tele-konferenzen möglich. In jüngster Zeit wurde derBegriff des Intranets geprägt. Dahinter verbirgtsich eine firmeninterne Variante des Internetsfür geschlossene Benutzergruppen.

Die in den 80er Jahren entstandenen Ether-nets entsprechen mit einem Durchsatz von 10

Telearbeit 27

DER TELEARBEITS-PLATZ VON MORGEN: Im Mittelpunkt derKommunikation stehtneben der Datenüber-tragung die in Echtzeitverlaufende Bild-übertragung in Formder Videokonferenz.Sich sehen, macht ausder technischen Kom-munikation eine sehr menschliche An-gelegenheit. Zeitgleichkönnen beliebige Dokumente interaktivbearbeitet werden, dajeder auf das DesktopMultimedia System sei-nes GesprächspartnersZugriff hat.

DAS VIRTUELLEBÜRO

Die TA Telearbeit GmbH realisiertim Auftrag der MEDIA NRW Initia-tive derzeit das Projekt „Telearbeitin NRW – das virtuelle Büro”.1000 Telearbeitsplätze sollen indem größten Bundesland geplantund eingerichtet werden. Allewichtigen Telearbeitsformen – al-ternierende Telearbeit, Telecenterund Teleservicecenter – werdeneinbezogen. Unternehmen, die Te-learbeit einführen, werden aus-führlich beraten und betreut. Zielist der Aufbau von vielen Praxis-beispielen und multimediagestütz-ten Modellarbeitsplätzen. Infos: TA Telearbeit, Birgit Godehardt,Tel.: 024 51/718-171.

Die Technik, ob Laptops,Funktelefone oder Faxgeräte, wird immer perfekter undpreiswerter.

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cherheit verstärkt Aufmerksamkeit widmenmüssen. Betriebs- und Produktschutz gebieten,daß der unbefugte Zugriff auf Daten und Infor-mationen verhindert wird. Für den individuel-len Telearbeitsplatz werden verschiedene me-chanische und elektronische Schutzsysteme an-

geboten. Dazu gehören ein PC-Schloß und dieVerwendung eines PC-Passworts. Mit Codier-Software können Daten für die Übertragung inöffentlichen Netzen verschlüsselt werden.

Zur Datensicherheit gehört auch, daß vonwichtigen Dateien Sicherungskopien auf Dis-ketten oder Bänder gezogen werden – inDeutschland selten, aber immerhin möglich istein Stromausfall, bei dem nicht gesicherte Da-ten sonst unwiederbringlich verloren gingen.Der Handel bietet Geräte für unterbrechungs-freie Stromversorgung an. Nicht zu vergessenist der Virenschutz durch entsprechende Anti-Viren-Programme.

Gesunde Telearbeit

Auch bei der Ausgestaltung von Telearbeitsplät-zen sind in der gegenwärtigen Diskussion wich-tige Fragen des Arbeits- und Gesundheits-schutzes zu beantworten. „Gerade die Gesichts-punkte von Gesundheit und Sicherheit bei derArbeit haben in der Diskussion über Telearbeitbisher wenig Beachtung gefunden“, bestätigt Dr.Peter Ullsperger von der Bundesanstalt für Ar-beitsschutz und Arbeitsmedizin. Die fehlerhaf-te Ausstattung von Telearbeitsplätzen etwa mitunzweckmäßigen Büromöbeln kann auf Dauergesundheitsgefährdend sein. Die Einrichtungvon Telearbeitsplätzen sollte sich deshalb strengan den Forderungen orientieren, die für inner-betriebliche Bildschirmarbeitsplätze gelten.Dafür ist der Arbeitgeber in die Verantwortungzu nehmen.

Neben bestehenden Regeln ist auch die Bild-schirmrichtlinie der Europäischen Union von

28 Telearbeit

Technik, Know-how, Richtlinien – was Sie über Telearbeit wissen sollten

Personalcomputer, die an ISDN angeschlossen sind, benötigen eine PC-Karte. Sie übernimmt die

Funktion des Modems und verbindet den PC mit dem öffentlichen Kommunikationsnetz der

Telekom. Im ISDN-Betrieb werden 64000 bits pro Sekunde übertragen.

TECHNIK BEI HEWLETT-PACKARD: Hewlett-Packard (HP)ist weltweit einer der größten Hersteller für Informati-onstechnologie. HP ist auch eines der führenden An-wenderunternehmen von Telearbeit. Werner Pfander,Arbeitszeitreferent von HP, hat allerdings keine Stan-dardlösung für die rund 250 Telearbeitsplätze parat. „Esist den einzelnen Betriebsbereichen überlassen, wel-che Konfiguration sie zusammenstellen”, so der Per-sonalfachmann. Der mobile Außendienst von Hewlett-Packard – Ver-triebsbeauftragte, Kundendiensttechniker – verfügt übertechnisches Equipment, das ihn mobil macht: tragbarePCs, tragbare Drucker, Mobiltelefone. In den Heimbüros der Sachbearbeiter und Softwareent-wickler stehen Personalcomputer, Faxgeräte, Druckerin der entsprechenden Büroeinrichtung. Selbstver-ständlich nutzen HP-Mitarbeiter die Möglichkeiten derDatenfernübertragung. Die meisten Telearbeiter inHeimbüros haben einen ISDN-Anschluß, nur vereinzeltfinden sich noch analoge Telefonanschlüsse.

TECHNIK FÜR BEHINDERTE

Dank moderner Technik bietet Telearbeit erhebliche Chan-cen für körperbehinderte Men-schen. Sie können durch techni-sche Arbeitshilfen wieder ganz amArbeitsprozeß teilnehmen. Die In-dustrie bietet ein großes Arsenalan unterstützender Technik: PCs und Telefone können durchSprachsteuerungssysteme bedientwerden, die Nutzung des Compu-ters ohne eine Handbewegungmacht die infrarotgesteuerte Kopf-maus möglich. Seit längerem gibtes für blinde MenschenComputertastaturen mit Braille-Eingabe sowie Brailledrucker.

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Bonn: „Bei der Technikbeschaffung werden teu-re Lösungen aufgrund von arbeitserleichterndenFeatures, größerer Zuverlässigkeit, geringerenWartungskosten oder längerer Lebensdauer imEndeffekt Lösungen vorzuziehen sein, die nur inder Anschaffung günstiger sind“.

Die Experten um Werner B. Korte setzen vor-aus, daß Telearbeiter einfache Fehler selbst er-kennen und beheben können. Ist dies nicht mög-lich, sollten sie bei der Fehlersuche schnell Un-terstützung durch einen Hilfsdienst anfordernkönnen. Ansprechpartner sind hier die Hard-ware- oder Softwarehersteller. Auch die Unter-nehmen selbst sind gefragt: „Ergänzend solltemöglichst eine zentrale Stelle für die Betreuungder Telearbeiter eingerichtet werden“, ergänztWerner B. Korte. Freiberufliche Telearbeitersollten mit ihrem Geräteausrüster eine War-tungsvereinbarung treffen und im Reparaturfallauf ein Ersatzgerät zurückgreifen können. Beider regelmäßigen Wartung werden auch funk-tionsfähige Bauteile ausgetauscht, wenn ihreNutzungsfrist abgelaufen ist. „Je höher die Fol-gekosten bei unerwartetem Ausfall, desto ehersind vorbeugende Ersatzlösungen langfristigwirtschaftlich“, so die empirica-Fachleute.

Technik der Zukunft

Für die Telearbeit bedeutet technischer Fort-schritt zweierlei: Zum einen wird Bildschirm-arbeit einfacher, da bessere Technik auch ver-besserte Gesundheitsvorsorge bedeutet; zum an-deren werden Personalcomputer immer preis-werter, leistungsfähiger, schneller und wenigerstöranfällig.

Schon nicht mehr neu ist der Begriff des„virtuellen Büros“ (siehe dazu auch Kapitel 1und 3). „Aus vorhandenen technischen Werk-zeugen, die heute in vielfältiger Form verfügbarsind (z. B. Personalcomputer-Systeme, Videoka-meras, Sprachübertragungssysteme) und mitder Verfügbarkeit von Breitband-ISDN läßt sichein Büro konstruieren, das ausschließlich in ei-nem Rechner existiert und dessen ‚Bewohner‘an häuslichen Arbeitsplätzen ihre Aufgaben ver-richten, vergleichbar mit virtual reality“, be-schreibt der Zentralverband der Elektroindustriedie Zukunft der Telearbeit. Schon heute könnenmit Hilfe von Videosystemen und schnellen Da-tenleitungen rund 200 Arbeitsplätze zu einemvirtuellen Büro vernetzt werden. ●

Bedeutung. Die Mindestanforderungen an Bild-schirmarbeit: ● Arbeitgeber müssen eine Sicherheits- und

Gesundheitsanalyse von Bildschirmarbeits-plätzen durchführen.

● Bildschirmarbeit und „bildschirmfreie“ Arbeiten müssen sich in „Mischtätigkeit“abwechseln.

● Arbeitnehmer haben vor der Aufnahme vonBildschirmarbeit das Recht auf eine Unter-suchung der Augen und des Sehvermögens.

● Flimmerfreier Bildschirm, ergonomische Arbeitsmittel.

● Keine Direktblendung durch Lichtquellenoder Reflexionen.

Schulung der Mitarbeiter

Telearbeit erfordert spezielle Schulung. Dr. Au-gust Ortmeyer vom Deutschen Industrie- undHandelstag fordert deshalb: „Die Unternehmenmüssen ihre Mitarbeiter auf die elektronisch ge-stützte Zusammenarbeit vorbereiten.“

Entsprechendes gilt bei jeder wesentlichenVeränderung der Organisation des Arbeits-platzes.

Wartung

Eine funktionsfähige Ausrüstung ist für Telear-beiter besonders wichtig. Neben der Zuverläs-sigkeit der Technik spielen die Wartungsfreund-lichkeit und die Reaktionsschnelligkeit des War-tungsdienstes eine entscheidende Rolle. Da Qua-lität auch hier ihren Preis hat, empfehlen dieMitarbeiter der empirica Technologieforschung

Telearbeit 29

ISDN-Router verknüpfen einzelne Telearbeitsrechnermit Unternehmensnetzwerken. Telearbeit ist durch die Remote Access Funktion möglich

(remote=entfernt). Über einen ISDN-Adapter wird derPC an das Lokal Area Network (LAN) des

Unternehmens angeschlossen.

❞Desktop-Videokommu-nikation erlaubt denschnellen Datenaus-tausch, die gleichzei-tige und gemeinsame

Bearbeitung von Doku-menten über großeEntfernungen, als

auch echte Diskussi-ons- und Entschei-

dungsfindungen vonAngesicht zu Ange-sicht. Gerade Video-

kommunikation erhöhtdurch die emotionale

Anbindung der virtuellArbeitenden ihre Pro-duktivität und sozialeKommunikation mit

den Kollegen.

Werner E. Kuhnert,Geschäftsführer PictureTel

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Kosten und Nutzen der Telearbeit

Ein Plusfür

jedenTelearbeit wird sich in den Unternehmen durch-setzen und den Nachweis der Wirtschaftlichkeit

erbringen. Zwar lassen sich Kosten und Nutzen vonTelearbeit nur bedingt in Mark und Pfennig

ausdrücken. Viele Unternehmensbeispiele zeigenaber: gerade die Produktivitätssteigerung

der Mitarbeiter ist, wenngleich schwer meßbar, das große Plus der Telearbeit.

Die Württembergische Versicherungsgruppehatte Anfang der 90er Jahre dringenden Perso-nalbedarf. Da bot das Stuttgarter Unternehmen15 jungen Müttern Telearbeit zu Hause an. Siesagten gerne zu, behielten sie doch so den An-schluß an das Berufsleben. Auch für den Versi-cherungskonzern war dieser Weg ein voller Er-folg – vor allem in wirtschaftlicher Hinsicht.„Die Ausstattungs- und Datenübertragungsko-sten sind im Vergleich zu Aufwendungen für diePersonaleinstellung sehr günstig. Die Einrich-tung von Telearbeitsplätzen war die bei weitemwirtschaftlichste Lösung“, erläutert Dörte Loch-ner von der Württembergischen Versicherungdie Einsparungseffekte.

Doch nicht in allen Firmen lassen sich dieEinsparungsmöglichkeiten durch Telearbeit soklar bestimmen. Bei dem Kommunikationsrie-sen Hewlett-Packard (HP) hatte man in der Ver-gangenheit diese Erfahrung gemacht. „Wir ha-ben 1995 eine Befragung unter Telemitarbeiternund ihren Vorgesetzten durchgeführt. Bei Fra-

30 Telearbeit

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dienstzuschlägen zu erwarten.Büroraumkosten stellen einen großen Ko-

stenblock in jedem Betrieb dar, besonders in Bal-lungsgebieten mit hohen Mieten. Sie könnendurch Telearbeit erheblich gesenkt werden –vorausgesetzt, die Telearbeiter geben ihre in-nerbetrieblichen Arbeitsplätze tatsächlich auf

gen zum Kosten-Nutzen-Verhältnis der Telear-beit haben sie einen Produktivitätszuwachs voncirca 10 Prozent angegeben. Allerdings hat sichherausgestellt, daß wir angesichts der sehr kom-plexen Thematik nicht in der Lage sind zu sa-gen: es rechnet sich auf Mark und Pfennig oderwir erreichen x Prozent Kosteneinsparung“, er-klärt Werner Pfander, Arbeitszeitreferent. Hew-lett-Packard beschäftigt derzeit 270 mobile Te-learbeiter und 30 Mitarbeiter in Heimbüros. Esgibt dort eine Betriebsvereinbarung zu außer-betrieblichen Arbeitsstätten.

Telearbeit muß sich rechnen, wenn sie vieleNachahmer finden soll. Um dies herauszufinden,sollten Unternehmen alle Kostenfaktoren genauermitteln und die Kostenunterschiede zu denherkömmlichen Büroarbeitsplätzen errechnen.Schnell zeigt sich dabei, daß viele Kostenein-sparungen zugleich Vorteile für die Mitarbeitersind.

Kosten der Telearbeit

Die einzelnen Kostenfaktoren haben für die Ein-führung von Telearbeit unterschiedliche Be-deutung. Nicht wesentlich verändern dürftensich die Personalkosten, da in einem fortbeste-henden Arbeitsverhältnis die bisherige Vergü-tung beibehalten wird. Einsparungen sind je-doch bei Überstunden-, Fahrt- und Nacht-

Telearbeit 31

Großer Nutzen, kleine Kosten

BEISPIEL IBM DEUTSCHLAND

IBM ist der Vorreiter in Sachen Telearbeit in Deutschland.1991 erhielt das Unternehmen dafür den Innovationspreisder Deutschen Wirtschaft. Etwa 2600 Mitarbeiter habenheute einen Telearbeitsplatz und arbeiten im Durchschnittmindestens die Hälfte der Arbeitszeit außerhalb der Unter-nehmensbüros. Derzeit haben 4000 IBM-Mitarbeiter einenTelearbeitsplatz. Schon heute nutzt der Kommunikationsrie-se IBM die Vorteile der Telearbeit kräftig aus. „Untersu-chungen über Telearbeit zu Hause zeigen, daß sie erheblichproduktiver ist als normale Büroarbeit. Die IBM USA gehtvon einer 12 bis 20 Prozent höheren Produktivität aus”, be-richtet Werner Zorn, verantwortlich für Telearbeit bei IBM.Im Vergleich dazu fallen die zusätzlichen Kosten nicht insGewicht. Für jeden außerbetrieblichen Telearbeitsplatz stelltIBM die Technik zur Verfügung und übernimmt die Kostenfür die Einrichtung eines Leitungsanschlusses zu Hausesowie alle Übertragungskosten. Im Gegenzug spart IBMDeutschland erhebliche Bürokosten. Werner Zorn: „DieEinsparung von Kosten für Büroflächen liegt pro Mitarbei-ter bei 2000 bis 2500 DM im Jahr”.

Ich wohne 75 Kilo-meter von meinem Arbeitsort entfernt.

Dank Telearbeit fahreich die Strecke nur

noch zweimal die Wo-che. Da ich an meinenWohnort gebunden bin

und nicht umziehenkann, ist Telearbeit für

mich eine enorme Erleichterung. Meine

Kunden erreichen michüber ISDN genauso

wie im Unternehmen –sie merken den Unter-schied nicht einmal.

Finanzielle Mehrbela-stungen habe ich

durch Telearbeit keine.Im Gegenteil, die

hohen Benzinkostenfallen nun weg.

Eve Maria Riedel, Kundenberaterin, Deutsche

Telekom

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oder legen sie zu Gruppenbüros zusammen.Einsparungen sind in diesen Fällen auch dannmöglich, wenn das Unternehmen einen Zuschußfür das häusliche Arbeitszimmer zahlt.

Reisekosten für Dienstreisen können durchTelearbeit gesenkt werden. Beispiel Siemens:Schon vor Jahren wurden Servicemitarbeitermit mobilen Telearbeitsbüros ausgerüstet. „DieSoftware dafür lebt, sie muß ständig aktualisiertwerden. Den Technikern entstehen Zeit- undFahrtkosten“, erklärt Günter Förster, Projekt-leiter Teleworking, die Situation. Jetzt ist Sie-mens in einem Feldversuch dazu übergegangen,die Laptops durch Datenfernübertragung viaISDN zu „tanken“. Sollte sich dieses Prinzipdurchsetzen, sind die Kosteneinsparungenenorm. „Bei fast 4000 Technikern würden wiretwa 5 Millionen Fahrtkilometer im Jahr sparen.Ein riesiges Potential“, rechnet Günter Förstervor.

Mit der Einführung von Telearbeit entstehenzunächst zusätzliche Schulungskosten. Dies be-trifft besonders die mobile Telearbeit, wenn z. B.Vertriebsmitarbeiter mit Notebooks vertraut ge-macht werden müssen. Nach Einführung der Telearbeit dürften die Schulungs- und Weiter-bildungskosten jenen konventioneller Tätigkeitgleichen.

Auch die Kosten für die Organisation der Telearbeit sind nach deren Einführung über-

schaubar. Nur in der Planungs- und Vorberei-tungsphase ist mit Mehraufwendungen – z. B.durch den Einsatz eines externen Pla-nungsteams – zu rechnen. Welche Organisati-

32 Telearbeit

Kosten und Nutzen der Telearbeit

Informationen für alle

BEISPIEL RHÔNE-POULENC RORERARZNEIMITTEL GMBH

Einem immer stärkeren Wettbewerb sind Pharma-Unter-nehmen ausgesetzt. Die Kölner Rhône-Poulenc RorerGmbH (RPR) vermarktet ihre Arzneimittel mit Hilfe ihresAußendienstes, der regelmäßig Ärzte und Apotheker mitden Medikamenten bekannt macht. Seit 1994 wurden über250 Außendienstler mit Laptops ausgestattet und so zumobilen Telearbeitern. Peter Koch, Projektleiter für dieEDV-Technik, schildert den Projektstart: „Nach anfänglichverhaltenem Auftakt ist das System sehr gut angenommenworden. Die meisten Mitarbeiter haben sich schnell mitden Feinheiten der Technik vertraut gemacht.” Das „Systemfür Außendienstmitarbeiter” (SAM) bedeutet für den Phar-mahersteller eine erhebliche Effizienzsteigerung. Die mobi-len Außendienstmitarbeiter haben über Modems Zugriff aufeine zentrale Datenbank, in der die Angaben aller Kollegeneingespeichert sind. Jeder Besuch wird genau protokolliert,jeder Mitarbeiter weiß, wie gut der zu besuchende Arzt in-formiert ist und welche Muster er erhalten hat. Mit SAM isteine einheitliche Terminplanung des Außendienstes mög-lich. Ein Abfragemanager gibt Auskunft über erreichte Ver-kaufszahlen. „Die Qualität der Außendienstbesuche ist ge-stiegen”, bestätigt Peter Koch. ❝

❞Exakte Wirtschaftlich-

keitsbetrachtungenkönnen immer nur un-ter Berücksichtigungder individuellen Un-ternehmenssituationdurchgeführt werden.

Faktoren wie die Arbeitsplatzkosten, dieMiet- und Raumkosten,das Lohnniveau vari-

ieren von Unternehmenzu Unternehmen.

Birgit Godehardt,TA Telearbeit GmbH

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onskosten entstehen, hängt nicht zuletzt vomUnternehmen selbst ab. Bei laufender Telearbeitist mit jenen Kosten zu rechnen, die durch dieKoordinierung von Projektgruppen entstehen.

Die Höhe der Technikkosten wird bestimmtvon den Arbeitsaufgaben des Telearbeiters. DieFrage ist, welche Endgeräte aus dem Betriebs-büro in das Telebüro übernommen werden kön-nen. In vielen Fällen ist dies nicht möglich, da– bei alternierender Telearbeit – beide Arbeits-plätze voll ausgestattet sein müssen. Auch dieEinführung mobiler Telearbeit ist zunächst mitAnschaffungskosten verbunden. Dank des rapi-den Preisverfalls der letzten Jahre bei Telekom-munikations- und Computertechnik ist die rei-ne Hardware-Ausstattung für häusliche Telear-beitsplätze heute schon für 3000 bis 10 000 DMkomplett zu haben. Ausnahmen sind CAD-Kon-struktionsplätze oder andere rechnerintensiveArbeitsplätze, die eine Workstation benötigen.

Während sich Endgerätekosten heute inGrenzen halten, sind die Telekommunikations-kosten eine nicht zu unterschätzende Größe.Die einmaligen Anschlußgebühren treten in die-sem Kostenblock in den Hintergrund. Zu Bucheschlagen vor allem die Verbindungsgebühren.Es gibt Unternehmen, die eine Ausweitung derTelearbeit außerhalb ihrer Region nicht zuletztvon der Entwicklung der Datenübertragungs-kosten abhängig machen. Für einen Modellar-

Telearbeit 33

Auf eigenen Füßen stehen

BEISPIEL TELEHAUS WETTER

„Wir mußten uns von Anfang an auf die eigenen Kräfte be-sinnen, Projekte akquirieren und Kunden kompetent betreu-en.“ Annedore Lutze, Marketingleiterin im Telehaus Wetter,erinnert an den Start des Teleservicecenters im Januar1994. Das „Weiberprojekt“ begann als öffentlich gefördertesPilotvorhaben verschiedener hessischer Institutionen, unteranderem des Wirtschaftsministeriums. Mit 1,3 Mio. DMwurde der Projektstart gefördert. Mehrere Telearbeiterinnensollten im ländlichen Raum einer neuen Arbeitsform zumDurchbruch verhelfen.Heute ist das Telehaus Wetter bei Marburg ein effizientesDienstleistungsunternehmen für Teledienste. Die Mitarbeite-rinnen bieten Service rund um das Thema Kommunikation:Telefonservice, Korrespondenz, Marketing, Grafik, Internet-Recherchen, Web-Design, Datenbankaufbau und -pflege so-wie Schulungen und Informationsvorträge für Teleservice-center im Aufbau. Davon profitieren besonders Kleinunter-nehmen und Freiberufler, die auf ein eigenes Sekretariatverzichten wollen oder müssen. Eine spezielle Zielgruppedes Serviceangebotes sind frauengeführte Unternehmens-beratungen. Ein Backoffice im Telehaus Wetter führt die Un-ternehmensberaterinnen an innovative Informations- undKommunikationstechnologien heran, schult sie in der An-wendung und bietet professionelle Unterstützung in den Be-reichen Telefon-, Büro- und Marketingservice. So schafftdas Telehaus neue Arbeitsplätze in der ländlichen Regionund stabilisiert gleichzeitig Frauenarbeitsplätze in einer zu-kunftsträchtigen Branche. Seit 1996 stehen die Frauen wirt-schaftlich auf eigenen Füßen, die öffentliche Förderung istausgelaufen. Mittlerweile sind zwei Satellitenbüros entstan-den, die Kundennähe garantieren und wohnortnahe Arbeits-plätze schaffen.

❞Telearbeit wird zu

einem wichtigen Wett-bewerbsfaktor werden.Nur wenige Unterneh-

men betrachten siederzeit auch in

wirtschaftlicher Hin-sicht, was aber

Voraussetzung für dieMeßbarkeit einerdurch Telearbeit

erreichten Effizienz-steigerung ist.

Michael Lerner,Roland Berger & Partner

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beitsplatz – zwei Tage Telearbeit zu Hause, täg-lich 45 Minuten Kommunikation – müssen der-zeit monatlich deutlich weniger als 100 DM anTelekommunikationskosten veranschlagt wer-den. Auch ist vielfach der Abschluß von Son-dertarifen mit den Anbietern von TK-Dienstlei-stungen möglich. Viele Unternehmen sehen Te-learbeit als Mittel, um wichtige unternehmeri-sche Ziele zu erreichen: schlankere Strukturen,größere Kundennähe, stärkere Mitarbeiterbin-dung. Auch auf der Nutzenseite können die Er-gebnisse durchaus verschieden sein: wie die Ko-sten lassen sich die Vorteile der Telearbeit nichtin Mark und Pfennig bestimmen.

Nutzen der Telearbeit

Günter Förster von Siemens ist denn auch nurzu einer vorsichtigen Nutzenprognose in derFrage der Bürokostensenkung bereit: „Wir sindmit organisatorischen Eingriffen zurückhal-tend, denn der Mensch hängt bekanntlich anseinem Schreibtisch. Deshalb haben bei demSiemens-Modell der alternierenden Telearbeitalle Mitarbeiter ihr Büro behalten. Bei größe-rer Durchdringung mit Telearbeit werden wiraber durchaus Flächenreduzierungen einkal-kulieren“.

Bürofläche einzusparen ist möglich, wennausschließlich Telearbeit zu Hause betriebenwird. Am Siemens-Standort München mit sei-nen 2500 Mitarbeitern sieht Günter Förster einPotential von etwa 40 Prozent Telearbeitern.„Unsere Hochrechnungen zeigen, daß schon bei20 Prozent, also 500 Telearbeitern, Bürokostenspürbar eingespart werden könnten. Das ist dieSchwelle, die erreicht werden muß, um dieFläche zu reduzieren – doch das ist noch Zu-kunftsmusik“.

Daß Telearbeit zumindest zeitweilig auch beifehlenden Büroflächen aushelfen kann, habendie Manager von Compuserve zu nutzen ver-standen – siehe dazu auch Kapitel 3. Der Online-Anbieter betreibt seine Netzdienstleistungen seit1991 in Deutschland. Da ein Bürogebäude erstgebaut werden sollte, konnte Compuserve denvielen neu eingestellten Mitarbeitern zunächstkeine Arbeitsplätze zur Verfügung stellen. Meh-rere Sachbearbeiter bekamen deshalb ihre PCsin die Wohnungen gestellt.

Die Steigerung der Mitarbeiterproduktivitätdurch Telearbeit wird in verschiedenen Studienzwischen 10 und 50 Prozent angegeben. Grün-de dafür sind: ● Telearbeiter bestimmen ihren optimalen Ar-

beitsrhythmus selbst; ● ein positives Arbeitsumfeld; ● dank flexiblerer Arbeit steigt die Leistungs-

bereitschaft;

34 Telearbeit

Kosten und Nutzen der Telearbeit

❞Seit 1993 bin ich

Telearbeiterin. MeinUnternehmen zahlt mir

monatlich eine Pau-schale von 150 DM für

Strom und Heizung.Damit sind alle Kostengedeckt. Die Fahrko-

steneinsparung beträgtbei mir etwa 100 DM.

Petra Burkhardt, Württembergische Versicherung

BEISPIELRECHNUNG FÜR TELEARBEITER

(alternierende Telearbeit, 2 Heimarbeitstage, mittlere bishohe Qualifikation, monatlich 10 000 DM Lohn- und Lohn-zusatzkosten; 3 Jahre Abschreibung)

Kosten pro Monat (DM)● Einrichtung des Telearbeitsplatzes,

einmalig 2500,– DM 70,00● laufende Kosten für anteilige Kaltmiete

(16 m2 à 12,– DM) 190,00● weniger zusätzliche Sozialleistungen 40,00● Gesamtkosten 300,00

Nutzen ● Einsparung von Fahrtkosten (einfache

Distanz 25 km, pro km 0,52 DM) 210,00● Kosteneinsparung für Verpflegung

(5,– DM pro Heimarbeitstag) 40,00● Kosteneinsparung für Kleidung

(600,– DM im Jahr) 50,00Gesamtnutzen 300,00

Kosten-Nutzen-Verhältnis +/– 0 © empirica Technologieforschung GmbH, 1996

KOSTEN EINES BÜROARBEITSPLATZES

DM pro Monat DM pro Jahr

Raumkosten 15m2 bei 35,– DM/m2 525,00 6300,00

sonstige Betriebskosten 15m2 bei 15,– DM/m2 225,00 2700,00(Reinigung, Parkplatz, Energie)

Büromöbel Anschaffungswert 5000,– DM (AfA 10 Jahre) 42,00 500,00

PC-Betreuung 25,– DM pro PC pro Monat 25,00 300,00

Hard- und Software Anschaffungswert 6000,– DM (AfA 3 Jahre) 167,00 2000,00

Telefon-/Telefaxkosten (fix) Kosten TK-Anlage pro Mitarbeiter 75,88 900,00

Telefon-/Telefaxkosten (variabel) durchschnittlich bei 20 Arbeitstagen 100,00 1200,00

Gesamt: 1159,00 13900,00

Quelle: TA Telearbeit, 1996

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● keine hektische Betriebsatmosphäre mit vie-len Störungen;

● bessere Kapazitätsauslastung der Technik.

Ebenso sind krankheitsbedingte Fehlzeitenbei Telearbeitern seltener als bei Büromitarbei-tern. Zu den Nutzenvorteilen für Unternehmengehört auch mehr Flexibilität. Bestimmte Ar-beiten, z. B. Telefondienste, können bis in dieAbendstunden ausgedehnt werden. Die Gewin-nung von neuem Personal ist weit über den Be-triebsstandort hinaus möglich. Viele Unterneh-men, so Michael Lerner von der Roland BergerUnternehmensberatung, versprechen sich vonTelearbeit zudem kürzere Entwicklungs- undMarkteinführungszeiten für ihre Produkte. Klei-nere Firmen haben verbesserten Kundenservicedurch Telekooperation zu erwarten. Das Tele-haus in Wetter bei Marburg bietet z. B. freien In-genieuren und kleineren HandwerksbetriebenTelefondienstleistungen für die Kundenbetreu-ung an, wenn deren Büros unbesetzt sind.

Kosten und Nutzen für Telearbeiter

Telearbeit hat neben der unternehmerischen vorallem auch eine individuelle Dimension. Eben-so wie die Firma muß der einzelne Telearbeitervon dieser Arbeitsform profitieren. Emil Kleyvon der Kommunalen Gemeinschaftsstelle inKöln (KGSt) ist davon überzeugt. Zwar kann derProjektentwickler keine Rechnung aufmachen,„aber ich spare sehr viel Benzin und verliere kei-ne Zeit im Stau“. Die KGSt, eine Unterneh-mensberatung für fast 1400 Städte, zahlt Kley

Telearbeit 35

KOSTEN EINES TELEARBEITSPLATZES

DM pro Monat DM pro Jahr

Raumkosten (einschließlich Zuschußpauschale 50,00 600,00sonstiger Betriebskosten)

Büromöbel Anschaffungswert 5000,– DM (AfA 10 Jahre) 42,00 500,00

PC-Betreuung 40,– DM pro PC pro Monat 40,00 480,00

Hard- und Software Anschaffungswert 6000,– DM (AfA 3 Jahre) 167,00 2000,00

Hard- und Software zur Daten- Anschaffungswert 1500,– DM (AfA 3 Jahre) 42,00 500,00übertragung mit Zentrale (z. B. ISDN-PC-Karte)

ISDN (fix) Basisanschluß für bis zu 8 Endgeräte 49,00 588,00

sonst. Telefon-/Telefaxkosten (fix) Anschaffungswert 1200,– DM (AfA 3 Jahre) 33,00 400,00

Telefon-/Telefaxkosten (variabel) durchschnittlich 45 Min./Tag bei 20 Arbeitstagen 180,00* 2448,00(einschl. Datenübertragung) Entfernung zum Unternehmen unter 50 km

Gesamt: 627,00 7516,00

*durch Abschluß von Sondertarifen mtl. auf ca 100,– DM absenkbar, abhängig vom Standort des Arbeitnehmers und des TK-Anbieters

Quelle: TA Telearbeit, 1996

die Technik- und Übertragungskosten. „Ich tra-ge die Energiekosten selbst, habe mein Büro miteigenen Mitteln ausgestattet und bezahle auchRaummiete und Büroreinigung aus der eigenenTasche“, rechnet der KGSt-Mitarbeiter dagegen.Unter dem Strich dürfte dies eine Plus-Minus-Null-Rechnung sein.

Wie zwischen Arbeitnehmer und Arbeitge-ber die Kosten verteilt werden, muß in jedemUnternehmen selbst festgelegt werden. DieWürttembergische Versicherung stellt ihrenMitarbeiterinnen neben der Technik das ergo-nomisch richtige Büromobiliar. Sie erhalten fürden häuslichen Arbeitsplatz zudem eine Ko-stenpauschale für anteilige Telefon- und Strom-kosten von 150,– DM im Monat.

Werner Zorn, Projektleiter für Telearbeit beiIBM, sieht den individuellen Nutzen der Telear-beit nicht nur im finanziellen Bereich. „Eszählen bei unseren Mitarbeiterinnen und Mit-arbeitern vor allem die bessere Vereinbarkeit vonFamilie und Beruf und die freiere Zeiteinteilung.Viele bestätigen auch, daß die Arbeit ungestör-ter verläuft.“ Auch für Eve Maria Riedel von derTelekom in Frankfurt/Oder liegen die Vorteileauf der Hand. Die Kundenberaterin ist eine vonfünf Telearbeiterinnen, die über das ganze LandBrandenburg verstreut arbeiten. An drei Tagenin der Woche arbeitet sie in ihrem Büro zu Hau-se und beantwortet Kundenanfragen. Eve MariaRiedel: „Ich muß nicht mehr jeden Tag 140 Ki-lometer zur und von der Arbeit fahren, kannmeine Zeit zur Hälfte frei einteilen und michaußerdem besser um meine Mutter kümmern.Für mich hat Telearbeit Zukunft.“ ●

Auch wenn die Gebühren für Online-Dienste wie zumBeispiel Compuserve zur Information und zusätzlicheLiteratur die Arbeitskostenerhöhen – die Einführung vonTelearbeit rechnet sich trotzdieser zusätzlichen Kosten für Unternehmen wiefür Arbeitnehmer.

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Neue Jobs und neue Anforderungen

Lohnendes Lernen Telearbeit wird Tausende neuer Arbeitsplätze schaffen. Sie bietet

vielen eine Chance, die sich rechtzeitig auf veränderte Anfor-derungen einstellen – Arbeitnehmern ebenso wie ihren Chefs.

Die Aussichten klingen verlockend – der ver-mehrte Einsatz von Computern und Telefonlei-tungen soll in den nächsten Jahren einige hun-derttausend neue Telearbeitsplätze entstehenlassen. Prognosen gehen davon aus, daß zurJahrtausendwende bereits 1,2 Millionen Arbeit-nehmer in Deutschland Telearbeit praktizierenwerden – ganz gleich in welcher Form. Und diessind vorsichtige Schätzungen. Denn verschie-dene Studien besagen, daß zwischen 40 und 60Prozent aller Arbeitsplätze gut bis sehr gut für Telearbeit geeignet sind – das wären allein in

Deutschland ca. fünfzehn Millionen. Nicht mit-gerechnet sind beschäftigungswirksame Folge-effekte, die dadurch entstehen, daß vermehrtPCs für das häusliche Büro geordert werden. DerZentralverband Elektrotechnik und Elektroin-dustrie (ZVEI) schätzt, daß allein 20 000 neueArbeitsplätze bei der Zulieferindustrie nur inDeutschland entstehen werden.

Die Gründe für den Aufschwung der Telear-beit liegen auf der Hand. Den Unternehmenbringt ihr vermehrter Einsatz vor allem einehöhere Produktivität der Mitarbeiter, mehr Fle-

36 Telearbeit

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Arbeit Lob von Kollegen und Vorgesetzten brau-chen. Denn, so Hillejahns Beobachtungen, „Te-learbeiter bekommen selten Feedback für ihreTätigkeit“. Besonders den Vorgesetzten der Te-learbeiter fehle oft noch die Sensibilität für denrichtigen Umgang mit den Mitarbeitern, mit de-nen sie nur per Computernetz verbunden sind.Freilich: Mitarbeiter und Vorgesetzte sind –nicht nur, wenn es um Telearbeit geht – lern-fähig. Und auch vermeintlich „chaotische“ oderbesonders zuspruchsbedürftige Menschen las-sen sich durchaus für Telearbeit gewinnen, wennsie deren Vorzüge erst einmal erkannt haben.

Geistige Voraussetzungen der Telearbeit

Doch nicht nur mit dem Feedback hapert es beiden Führungskräften. „Ich glaube, Telearbeithätte sich schon längst flächendeckend durch-gesetzt, wenn die Führungskräfte nicht so große

xibilität bei den Arbeitszeiten, höhere Motiva-tion, sinkende Raum- und Arbeitsplatzkosten.Und auch für Arbeitnehmer eröffnen sich durchTelearbeit viele Pluspunkte: Die Zeit kann frei-er eingeteilt werden, Familie und Beruf könnenbesser koordiniert werden. „Telearbeit bringt dieArbeit praktisch wieder zu den Menschen“, be-findet Professor Carl Boehret von der Hoch-schule für Verwaltungswissenschaften in Spey-er. Denn letztlich helfe Telearbeit jene Trennungzwischen Berufs- und Privatleben wieder zuüberwinden, die erst durch die industrielle Re-volution im 19. Jahrhundert entstanden ist.

Bei allen ihren Vorteilen stellt Telearbeit aberauch neue, andere Anforderungen an Arbeit-nehmer und deren Vorgesetzte. Beide müssensich an neue Formen der Arbeitsorganisationund der Arbeitsteilung gewöhnen, die auch Än-derungen im Führungsverhalten einschließen.Wichtig deshalb: offene Aussprache über alleProbleme, die durch Telearbeit entstehen kön-nen oder auch nur befürchtet werden, undrechtliche Vereinbarungen über die wichtigstenPunkte – egal ob Betriebsvereinbarungen oderErgänzungen zum Arbeitsvertrag. (Siehe dazuauch Kapitel 7 „Die rechtlichen Rahmenbedin-gungen“).

Welche Vor- und Nachteile abgewogen wer-den müssen, zeigt die obenstehende Tabelle. Un-terschätzt wird dabei häufig, daß Telearbeiter –trotz aller Freiheit und Eigenverantwortlichkeit– ein hohes Maß an Selbstdisziplin und Selbst-motivation aufbringen müssen. „Wer normaler-weise einen voll zugepackten, geradezu chaoti-schen Schreibtisch hat, erscheint auf den erstenBlick nicht so sehr für Telearbeit geeignet“, stelltBeate Hillejahn von der SBH Gesellschaft fürUnternehmensentwicklung fest, die u. a. Betrie-be und Mitarbeiter bei der Einführung berät.Gleiches gelte für Menschen, die nach getaner

Telearbeit 37

Telearbeit wird viele neue Arbeitsplätze schaffen –ob im Telearbeitszentrum(links) oder als Telearbeit zu Hause.

DIE PERSÖNLICHEN VOR- UND NACHTEILE DER TELEARBEIT

Vorteile:● effektiveres Arbeiten durch Konzentration auf das Wesentliche der Arbeitsinhalte;● keine Ablenkung durch ad-hoc-Geschehnisse (plötzliche Einfälle des Chefs,

Gespräche auf dem Flur, unwesentlicher Kleinkram);● mehr freie Zeit;● flexiblere Planung (z. B. für die Familie), mitunter werden Familie und Beruf erst durch Telearbeit

vereinbar;● weniger Zeitverlust im Straßenverkehr.

Mögliche (oft vermeidbare) Nachteile:● Gefahr der (arbeits-)sozialen Isolation;● Karrierehemmnisse durch mangelhafte Teilnahme an der betriebsinternen Kommunikation (ins-

besondere informelle Kontaktpflege und Kommunikation);● Problematik der Erfüllung mehrerer Rollen im direkten zeitlichen und räumlichen

Zusammenhang (z. B. Hausfrau, Mutter), Gefahr von Interessenskonflikten;● emotionale Komponenten der Arbeit treten in den Hintergrund; infolge der „drahtgebundenen”

Kommunikation erscheint der dahinterstehende Telearbeits-Mensch unter Umständen mehr als„intelligenter Problemlöser” im Sinne eines Computers und weniger als Kollege.

Quelle: SHR Gesellschaft für Unternehmensentwicklung, Velen

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Probleme damit hätten“, registriert beispiels-weise Professor Herbert Kubicek von der Uni-versität Bremen: „Die Vorgesetzten müssenihren Mitarbeitern bei dieser Arbeitsweise sehrviel mehr Vertrauen entgegenbringen.“ Gefor-dert ist von den Managern besonders, daß dieTelearbeiter zielorientiert geführt (Managementby objectives) und nur durch die vorher ge-meinsam formulierten Ziele und Ergebnissekontrolliert werden. „Wenn aber dann ein Ma-nager irgendwann anruft, seinen Mitarbeiternicht erreicht und sofort vermutet, daß dieser,blau macht‘ – dann stimmt etwas in diesem Ver-trauensverhältnis nicht“, so Kubicek. Deshalblautet auch sein Fazit: „Die technischen Vor-aussetzungen der Telearbeit sind gegeben, abernoch nicht die geistigen.“ Hier sei nicht nur dereinzelne Manager gefordert, sondern das ganzeUnternehmen. Denn nur wenn der jeweilige Vor-gesetzte und auch der Rest des Unternehmens

Telearbeit wirklich begriffen haben, habe Tele-arbeit die Akzeptanz erreicht, die zur erfolgrei-chen Realisierung notwendig sei. Für vieleFührungskräfte bedeutet dies, Abschied zu neh-men von liebgewordenen Pfründen. So besagtkünftig die Zahl der anwesenden Mitarbeiteroder die Länge der Zimmerfluchten nichts mehrüber die Wertigkeit eines Managers. Daß dies

wiederum keineswegs als Bedrohung, sonderneher als Chance verstanden werden sollte, un-terstreicht Professor Wilhelm Glaser von derUniversität Tübingen: „Telearbeit wird ganz au-tomatisch helfen, den Führungsstil jedes Mana-gers zu optimieren.“ Denn Telearbeit bedeuteteinerseits Dezentralisierung und damit Macht-verlust, andererseits fördert die notwendigehöhere Kommunikationsfähigkeit genau die Ei-genschaften, die Unternehmen vermehrt vonihren Managern fordern.

38 Telearbeit

Neue Jobs und neue Anforderungen

„WANDERARBEITERIM CYBERSPACE”

Die Globalisierung der Märkte hatin den letzten Jahren zur Tendenzder Globalisierung der Produkti-onsstätten, teilweise auch der Ent-wicklungsstandorte, geführt; zu-sätzlich erfolgte eine Reduzierungder Fertigungstiefe und eine Kon-zentration auf Systemlieferanten.All das bedeutet Zwang zum Nach-denken über künftige Formen derZusammenarbeit. Ein diesbezügli-ches Ergebnis ist das „fraktale”(gemeint ist: in kleine, weitgehendautonome Einheiten zerfallende)Unternehmen, das durch Selbstor-ganisation, Dynamik und Selbst-optimierung relativ eigenständigerOrganisationseinheiten gekenn-zeichnet ist. Dieses Konzept kannergänzt werden durch die neuenMedien und den Einsatz von Infor-mationstechnologien, mit der neu-en Dimension des zeitlich be-grenzten, ortsunabhängigenschnell veränderbaren, real abernicht existierenden virtuellen Un-ternehmens. Der fast unbegrenzteZugang zu Informationen jeder Artund Vision einer beliebig gestalt-baren, medialen Präsenz des Ein-zelnen machen Ideen realistischwie● örtlich verteilte Arbeit zur sel-ben Zeit am selben Objekt,● zeitlich gestaffelte 24-Stunden-Arbeit an unterschiedlichen Ortenam selben Objekt und● Bildung virtueller „Think Tools”zur Wissensakkumulation.Anders ausgedrückt handelt essich um die Entwicklung des klas-sischen Arbeitnehmers zumselbstverantwortlichen Unterneh-men als „Wanderarbeiter im Cy-berspace”.

Professor Wilhelm R. Glaser, Psychologisches Institut,

Universität Tübingen

DIE ÄNGSTE DER MANAGER VOR TELEARBEIT

Zahlreiche Studien belegen, daß das Interesse der Mitar-beiter an Telearbeit stetig wächst. Als Hemmschuh der Aus-weitung werden dagegen immer wieder Vorgesetzte ausge-macht. „Die Organisationskultur und vor allem der Mana-gementstil sind Hauptbarrieren für eine Auslagerung derArbeit. Bei vielen Vorgesetzten fehlt die Bereitschaft, aufpersönliche Kontrollen zu verzichten”, umreißt beispiels-weise Dr. Ulrich Fischer von der Beratungsstelle für Tech-nologiefolgen und Qualifizierung der Deutschen Angestell-ten Gewerkschaft in Oldenburg die Situation. Werden die Manager selbst befragt, ergibt sich ein sehrzwiespältiges Bild: Zwei von drei Führungskräften befürch-ten einen hohen Koordinierungsaufwand und stehen des-halb Telearbeit bisweilen skeptisch gegenüber, gleichzeitigwerden die Vorteile gelobt: ● 67 Prozent haben eine höhere Motiviertheit der Mitarbei-

ter festgestellt;● 46 Prozent beobachten weniger Probleme bei der Ver-

einbarkeit von Familie und Beruf;● 13 Prozent haben sogar einen Rückgang der Fehlzeiten

registriert.

SO BEURTEILEN IBM-MITARBEITERTELEARBEIT

Der Computer-Konzern IBM war einer der Vorreiter der Te-learbeit in Deutschland. Mittlerweile arbeiten einige tau-send IBMler zumindest teilweise in „außerbetrieblichen Ar-beitsstätten”, wie die offizielle Bezeichnung lautet. Undkaum einer möchte den häuslichen Arbeitsplatz inzwischenmehr missen. Denn eine betriebsinterne Umfrage ergab:● 82 Prozent können zu Hause ungestörter als im Betrieb

arbeiten;● 84 Prozent arbeiten zu Hause effizienter;● 61 Prozent arbeiten zu Hause produktiver.

Als Hauptursachen für den Produktivitäts-Sprung habendie IBMler ausgemacht:● Mehr Möglichkeiten konzentrierter Einzelarbeit;● gute Einfälle können stets aufgegriffen werden, notwen-

dige Informationen sind stets abrufbereit;● die elektronische Post kann ungestört vor oder nach der

regulären Arbeitszeit bearbeitet werden.

Telearbeit als Privileg

Daß es dabei nicht nur um leere Worthülsengeht, beweist eine Umfrage des Telearbeit-Pio-niers IBM: 71 Prozent der IBMler sehen die Mög-lichkeit von Telearbeit als Privileg an. Privile-gien müssen gelegentlich verteidigt werden –etwa gegen Familienangehörige oder Freunde,die nicht immer auf Anhieb die Arbeit in den ei-genen vier Wänden richtig einschätzen können.Die Folgen: Spontanbesuche oder die Bitte, klei-nere Erledigungen zu machen, da ja sowieso je-mand zu Hause sei. So gilt die geforderte Selbst-disziplin nicht nur in bezug auf die zu erledi-gende Arbeit. Jeder Telearbeiter muß – zumin-dest zu Beginn der Teletätigkeit – seinenFreiraum gegen Störungen schützen. Dies giltbesonders für Frauen, die via Telearbeit die idea-le Chance haben, Familie und Beruf zu verbin-den. „Am PC sitzen und im Hintergrund turnen

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die Kinder herum – das funktioniert nicht“, weißdie Beraterin Beate Hillejahn aus vielen Telear-beitsprojekten. Vielfach erledigten die Frauenihre Telearbeit dann abends gegen 22 Uhr, wenn

Telearbeit 39

Welche Vorteile Chefs beiTelearbeit sehen

Bessere Arbeitsmoral 79

Kosten- undRaumersparnis 64

Besserebetriebliche Bindung 63

Weniger Streß 63

Reduzierte Fehlzeiten 61

Höhere Produktivität 58

Alle Angaben in Prozent

Quelle: Umfrage Telecommute America bei US-Managern, 1995Mehrfachnennungen waren möglich

CHANCE FÜR BEHINDERTE

Telearbeit bietet auch Körperbehinderten neue Be-schäftigungschancen, wie das Beispiel des Berufsförderwerk Bad Wildbad beweist.

Ein Autounfall vor gut sieben Jahren veränderte das Lebenvon Andreas Knieriem schlagartig - vom fünften Halswirbelan war er gelähmt. Selbst die Beweglichkeit von Armen undHänden war erheblich eingeschränkt. Knieriem würde wohl,so die damaligen Prognosen, zeitlebens ein Schwerstpfle-gefall bleiben, an Berufstätigkeit war für den gelernten Dre-her nicht mehr zu denken. Und doch ist alles nicht so ge-kommen. Nach dem Ausheilen der Unfallfolgen und deranschließenden Rehabilitation kam er vor sechs Jahren indas Berufsförderwerk Bad Wildbad im Schwarzwald. Ob-wohl er erheblich eingeschränkt war, absolvierte er dankseinem unbändigen Willen eine Ausbildung zum Techni-schen Zeichner CAD. Schon während der Ausbildung lernteer an einem Telearbeitsplatz. „Mir war klar, daß das eineriesige Chance für mich war, und ich wollte sie nutzen”,beschreibt er heute im Rückblick. Mit Unterstützung desBerufsförderwerks Bad Wildbad wurde ein Arbeitgeber, dieFirma KBS in Straubenhardt, gefunden, die bereit war, dasExperiment einzugehen, einen Technischen Zeichner zu be-schäftigen, der praktisch nie ins Unternehmen kommenkann. Eine Videokonferenz-Anlage wurde installiert, undseit Dezember 1996 arbeitet Andreas Knieriem in seinerbehindertengerechten Wohnung. Die Konstruktions- oderZeichenaufträge holt er sich via ISDN vom Firmen-Server,alle weiteren Informationen per Telefon. Rückfragen werdenper Videokonferenz erledigt. Besprechungen finden, wennsie überhaupt notwendig sind, in Knieriems Wohnung statt.„Der große Vorteil ist, daß ich meine Arbeit je nach Befin-den erledigen kann. An einigen Tagen arbeite ich von frühbis spät und an anderen weniger, weil es eben nicht geht.”Seine Kollegen und Vorgesetzten bekommen davon relativwenig mit, Hauptsache, die Aufträge sind fristgerecht erle-digt. Und dies war bis jetzt immer der Fall. Kein Wunder,daß Knieriems Arbeitgeber von diesem ungewöhnlichenFall so begeistert ist, daß er weitere Arbeitsplätze fürSchwerbehinderte eingerichten will.

die Familienarbeit erledigt sei. „Solche Projek-te sind von Anfang an zum Scheitern verurteilt.“

Gleichwohl bietet Telearbeit gerade für Frau-en große Möglichkeiten – zumal in ländlichen,strukturschwachen Regionen. Einige Beispiele:

Agnes Pollocek lebt auf einem Bauernhof ineinem kleinen Vorort des fränkischen Ansbach.In einem Teil des ehemaligen Stalls hat sie sichin den letzten Jahren ein Konstruktionsbüro auf-gebaut. Agnes Pollocek entwirft am ComputerCAD-Studien für Firmen wie Dynamit Nobel oderMAN. Online kann sie auf Datenbestände ihrerKunden zurückgreifen. Via ISDN spielt sie dannihre Arbeitsergebnisse zu ihren Kunden, die zumTeil einige hundert Kilometer entfernt sitzen.

Einige Kilometer weiter östlich, im ebenfallsstrukturschwachen Niederbayern, übernehmengut 20 Frauen im Telehaus Deggendorf Büro-oder Buchhaltungsarbeiten von Firmen. Trägerund Initiator ist die örtliche Volkshochschule.Weitere Telehäuser wurden bzw. werden – ge-fördert durch das „Bayern-Online“-Programmder bayrischen Staatsregierung – u. a. in Bern-ried, Hengersberg, Waischenfeld, Gunzenhau-sen und im Landkreis Hof gegründet.

Gemeinsam ist diesen Initiativen, daß Tele-arbeit neue Beschäftigungschancen für struk-turschwache Regionen und damit Menschen ei-nen Arbeitsplatz bietet, die bislang ohne Be-schäftigung waren. Dies gilt beispielsweise auchfür Menschen, die aufgrund ihrer Behinderungnur sehr schwer von den Arbeitsämtern vermit-telt werden konnten. ●

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Die rechtlichen Rahmenbedingungen

Leichter als gedachtWer die Einführung von Telearbeit plant, muß natürlich

auch rechtliche Vorschriften beachten. Doch mit Tarifverträgen, Betriebsvereinbarungen und Arbeitsverträgen lassen sich

die Probleme lösen.

Welche rechtlichen Punkte bei der Einführungder Telearbeit überhaupt beachtet werden müs-sen, hängt vom jeweiligen Status ab, den ein Te-learbeiter einnimmt. Dieser rechtliche Statusrichtet sich dabei nicht nach Äußerlichkeiten

oder Formalien, sondern nur nach den tatsäch-lichen Umständen, unter denen die Telearbeitausgeübt wird. Das heißt zum Beispiel: Auchwer als „freier Mitarbeiter“ formal beschäftigtwird, kann ein „normaler Arbeitnehmer“ sein,

40 Telearbeit

Obwohl Telearbeit vieleTätigkeiten – wie hier auf

Baustellen – nachhaltig ver-ändern wird, sind sich

Rechtsexperten einig, daßein spezielles Telearbeitsge-

setz nicht notwendig ist.

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❞Telearbeiter und

Arbeitgeber tun gutdaran, den arbeits-

rechtlichen Status desTelearbeiters bereitsvor Vertragsschlußfestzulegen und alle

gesetzlichen Regelun-gen zu achten. Denn somancher „freie Mitar-beiter“ entpuppt sichsonst im nachhinein

als Arbeitnehmer oderHeimarbeiter. Dies hatweitreichende Konse-quenzen zum Beispiel

bei Kündigungen, bei Steuern und Sozi-alversicherungen. Im

Extremfall müssennachträglich Steuernund Sozialversiche-

rungsbeiträge entrich-tet werden, wenn

freie Mitarbeiter alsarbeitnehmerähnlichePersonen eingestuft

werden.

Gabriele Worch, Rechtsanwältin in Dortmund

wird. Dazu zählt zum Beispiel die Anzahlder Telearbeits-Tage pro Woche, die täglichePräsenzpflicht, die Art der Anwesenheit imBetrieb.

● Art der Arbeit, die in Form der Telearbeit er-ledigt wird – auch sie muß genau definiertwerden. Dazu gehört auch die Frage, wie dieArbeitsergebnisse an Vorgesetzte weiterge-reicht werden.

● Vereinbart werden müssen auch die Kom-plexe Haftung zum Beispiel bei Beschädi-gung oder Verlust der technischen Einrich-tung im häuslichen Büro, Versicherungs-schutz, Datenschutz und natürlich die Auf-wandsentschädigung (Miete, Strom) für dieaußerbetriebliche Arbeitsstätte.

Diese Details sollten in Form einer Zusatz-vereinbarung zum gültigen Arbeitsvertrag hin-zugefügt werden. Übrigens: Telearbeit ist nichtnur für Vollzeit-Beschäftigte eine Alternative,

wenn tatsächlich die Voraussetzungen eines Ar-beitsverhältnisses vorliegen. Im einzelnen wer-den folgende Arten von Telearbeitern unter-schieden:● Arbeitnehmer● Heimarbeiter● freier Mitarbeiter, selbständiger Unterneh-

mer.

Status Arbeitnehmer. Dies ist sicherlich derhäufigste Status, wenn es um Telearbeit geht –ganz gleich ob es sich um Telearbeit zu Hause,um alternierende Telearbeit (teilweise Tätigkeitzu Hause und im Büro), um Telearbeit im Sa-tellitenbüro oder mobile Telearbeit handelt.

Vor der Aufnahme einer Telearbeit solltenfolgende Punkte beachtet und geklärt werden –besonders dann, wenn Telearbeit noch nichtdurch Betriebsvereinbarung bzw. Tarifvertraggeregelt ist:● Ort, Dauer und Zeit, in der „getelearbeitet“

Telearbeit 41

DER TARIFVERTRAG

Die Deutsche Telekom und die Deutsche Postgewerkschafthaben im Oktober 1998 einen Tarifvertrag geschlossen, derdie alternierende und die mobile Telearbeit regelt. Er warnach den Worten der Gewerkschaft wichtig geworden, weil“von den freizügigen Möglichkeiten der Telearbeit rege Ge-brauch gemacht” worden war. Festgeschrieben wurde imTarifvertrag unter anderem:

● Es gilt das Prinzip der Freizügigkeit. Arbeitgeber, Arbeit-nehmer und Betriebsrat müssen im Einzelfall zustimmen.

● Ein Diskriminierungsverbot wurde festgeschrieben. Nie-mand darf wegen der Aufnahme der Telearbeit oder derAblehnung dieser Arbeitsform benachteiligt werden.

● Der Arbeitgeber stellt dem Arbeitnehmer die komplettenArbeitsmittel zur Verfügung.

● Vertreter des Arbeitgebers müssen Hausbesuche beimArbeitnehmer vorher mit diesem abstimmen.

● Wer in alternierende Telearbeit wechselt, muß zuvor min-destens 6 Monate ununterbrochen im Betrieb beschäftigtgewesen sein.

● Der soziale Kontakt zum Betrieb muß aufrecht erhaltenbleiben, der Anteil der selbstbestimmten Arbeitszeit sollmöglichst groß sein.

● Für die im Betrieb zu leistenden Arbeitszeiten erhaltendie Arbeitnehmer einen geeigneten Arbeitsplatz, wobeidie Telekom AG von Desk-Sharing-Systemen Gebrauchmachen will.

● Tele-Arbeitnehmer können nach entsprechender Kündi-gungsfrist in die betriebliche Arbeitsatmosphäre zurück-kehren.

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sondern eignet sich auch besonders für Teilzeit-Beschäftigte.

Wichtig für alle Telearbeitnehmer ist, daßsämtliche Rechte und Schutzvorschriften (Ar-beitszeit, Direktionsrecht, Gehalt, Kündigung,Krankheit, Fortbildung, Urlaub, Arbeitsschutzetc.), wie sie für „normale“ Arbeitnehmer gel-ten, auch auf Telearbeitnehmer zutreffen. Um-gekehrt gelten für sie natürlich die gleichenPflichten (z. B. Treuepflicht) gegenüber dem Ar-beitgeber.

Vorsicht ist allerdings geboten, wenn Tele-arbeit nur im Status freier Mitarbeit angebotenwird. Denn entscheidend für das Arbeitnehmer-Dasein ist nicht die vertragliche Bezeichnung,sondern allein die inhaltliche Ausgestaltung derArbeitsbeziehungen. Wer also nur für einen Auf-traggeber „telearbeitet“ und dazu andauerndeDienstbereitschaft mit kurzen Erledigungsfri-sten hat und genau zugeteilte Arbeiten be-kommt, der gilt als Arbeitnehmer. Arbeitnehmerist auch, wer ständig nur für einen Unterneh-

mer die gleiche Arbeit erledigt oder wer zur Er-ledigung dieser Aufgaben Arbeitsmittel einsetzt,die dem Auftraggeber gehören und auf die er an-gewiesen ist. Der Telearbeiter schuldet in die-sem Fall dem Auftraggeber nicht den erfolgrei-chen Abschluß einer Aufgabe, sondern allein sei-ne Arbeitsleistung.

42 Telearbeit

Die rechtlichen Rahmenbedingungen

MITWIRKEN DES BETRIEBSRATS

Bereits vor der Einführung von Telearbeit ist die enge Zu-sammenarbeit zwischen Betriebsrat und Unternehmenslei-tung notwendig. Die Betriebsräte haben aufgrund des Be-triebsverfassungsgesetzes umfangreiche Beteiligungsrech-te und bei der Einführung von Telearbeit Mitbestimmungs-rechte in allen sozialen und personellen Angelegenheiten.Denn – rein betriebsverfassungsrechtlich – ist die Ausla-gerung eines Arbeitsplatzes in die private Sphäre eine Ver-setzung. So sollte in Zusatzvereinbarungen zu den Arbeits-verträgen oder Betriebsvereinbarungen auch ein Zugangs-recht des Betriebsrats bzw. Personalrats zu allen außerbe-trieblichen Arbeitsstätten aufgenommen werden.

RECHTLICHE EMPFEHLUNGENFÜR TELEARBEIT

● Die vertraglichen Arbeitsstun-den werden abgeleistet.● Die Teilnahme ist freiwillig.● Geeignete Arbeitsaufgabe odersoziale Gründe sind gegeben.● Management entscheidet nachwirtschaftlichen Gründen über Be-fürwortung oder Ablehnung.● Der Status des Mitarbeitersbleibt unverändert.

Quelle: IBM Deutschland

Wer als Angestellter teilwei-se „telearbeiten” möchte,

sollte die wichtigsten inhalt-lichen Punkte der eigenen

Tele-Tätigkeit in einer geson-derten Vereinbarung als

Anhang zum Arbeitsvertragfixieren. Überall dort, wo

Tariverträge oder Betriebs-vereinbarungen den Rahmen

regeln, sind umfangreicheindividuelle Vereinbarungen

aber nicht nötig.

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Status Heimarbeit. Heimarbeiter ist, wer zuHause allein oder mit seinen Familienan-gehörigen erwerbsmäßig im Auftrag von Ge-werbetreibenden oder Zwischenmeistern arbei-tet und diesen die Verwertung seiner Arbeitser-gebnisse überläßt. So zumindest die Definitiondes Heimarbeitsgesetzes, das Anfang der 50erJahre erlassen wurde, um die Heimarbeiter vorunsozialen Beschäftigungsverhältnissen zuschützen. 1994 gab es in Deutschland ca.124 000 registrierte Heimarbeiter, davon etwa10 000, die Büro-Heimarbeit erledigen.

Telearbeit 43

❞Telearbeit wird in einem abhängigen

Beschäftigungsverhält-nis, also in Arbeitneh-

mereigenschaft, erbracht, wenn der

Tele-Arbeitnehmer inseiner Tätigkeit per-sönlich abhängig ist,das heißt die Bestim-

mung über Arbeitszeit,die Anordnung vonÜberstunden, die

Gewährung von Urlaubund Freizeit, die Ent-scheidung darüber, obund wie eine Anwesen-heitskontrolle durch-geführt werden soll,

und die Festlegung desInhalts seiner Tätig-keit durch den Arbeit-

geber erfolgt.

Tenor der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts in

Urteilen zur Abgrenzung zwischenSelbständigen und Nicht-

Selbständigen.

ZUSATZ ZUM ARBEITSVERTRAG

Folgende Punkte sollten in der Zusatzvereinbarung zum Ar-beitsvertrag geklärt werden:● Gehalt ● Arbeitszeit● Vertretung bei Krankheit und Urlaub● Zugang zur häuslichen Arbeitsstätte● Ausstattung des Telearbeitsplatzes● Aufwandsentschädigung (Telekom-Kosten, Miete, Ener-

gie)● Kontrolle der Leistung, Erfassung der Arbeitszeit● Haftung● Datenschutz● Private Nutzung der Arbeitsmittel● Arbeitsunfälle am häuslichen Arbeitsplatz● Rückkehrmöglichkeit auf einen betrieblichen

Arbeitsplatz

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Telearbeit in Form von Heimarbeit ist nochrelativ selten, da das Gesetz das Vorliegen vonHeimarbeit an besondere Voraussetzungenknüpft. So ist Zeitsouveränität eine Vorausset-zung für das Vorliegen von Heimarbeit. Wird dieArbeitszeit nach Lage und Dauer durch den Auf-traggeber vorgeschrieben, liegt keine Heimar-beit vor. Gleichwohl ist es für das Vorliegen ei-nes Beschäftigungsverhältnisses in Heimarbeitunschädlich, wenn der Auftraggeber die Erledi-gung des Auftrags innerhalb einer bestimmtenFrist verlangt.

Heimarbeiter sind wie Arbeitnehmer in derKranken-, Pflege-, Renten-, Arbeitslosen- und Un-fallversicherung grundsätzlich versicherungs-pflichtig. Die Versicherungsbeiträge übernimmtzur Hälfte der Auftraggeber, in der Unfallversi-cherung ganz. Für Heimarbeiter gelten zudemdiverse Schutzvorschriften.

In letzter Zeit sind allerdings einige Telear-beits-Plätze in Form von Heimarbeit (Text- und

Datenerfassung) geschaffen worden. Der Haupt-grund dafür sind Kostenvorteile gegenüber Telearbeitnehmern.

Status Freier Mitarbeiter /Selbständiger Un-ternehmer. Telearbeiter, die ihre Tätigkeit inForm eines freien Mitarbeiters oder selbständi-gen Unternehmers ihren Auftraggebern anbie-ten, schließen mit diesen Werk- oder Dienst-verträge. Sie tragen das unternehmerische Ri-siko alleine. Die technische Ausstattung wirdvon den Telearbeitern selbst angeschafft und fi-nanziert. Die Arbeitszeit und Arbeitsweise kanneigenverantwortlich festgelegt werden.

Wird Telearbeit im Rahmen eines Arbeits-

44 Telearbeit

Die rechtlichen Rahmenbedingungen

❞Obwohl es in der Bun-

desrepublik bereitsTausende von Tele-arbeitsplätzen gibt,bringt erst der erste

bundesdeutsche Tarif-vertrag zur Teleheim-arbeit, der zwischender Deutschen Post-gewerkschaft und derDeutschen Telekom geschlossen wurde,

erste rechtsverbindli-che Regeln für zwi-

schen häuslicher undbetrieblicher Umge-bung alternierende

Teleheimarbeit.

Günter Heidorn, Vorstand Deutsche Postgewerkschaft,

Frankfurt/Main

DIE BETRIEBSVEREINBARUNG

Wird in einem Unternehmen eine großflächigere Ein-führung von Telearbeit geplant und gibt es keinen entspre-chenden Tarifvertrag, so können die Rahmenbedingungenauch in einer entsprechenden Betriebsvereinbarung festge-legt werden. Nachfolgend sind einige Punkte der Betriebs-vereinbarung „Organisatorische und rechtliche Rahmenbe-dingungen zum Projekt außerbetrieblicher Arbeitsplatz” derLVM Versicherungen in Münster aufgelistet:● Es handelt sich um ein Pilotprojekt, an dem alle Mitar-

beiter, auch Führungskräfte teilnehmen können.

● Alle Teilnehmer sind arbeitsrechtlich nicht als Heimar-beiter anzusehen.

● Arbeitszeit, Vergütung, Altersversorgung bleiben unver-ändert. Kernzeiten bleiben erhalten.

● Es wird ein Zusatzvertrag zum Arbeitsvertrag geschlossen.

● Am außerbetrieblichen Arbeitsplatz bestehen die glei-chen Versicherungsschutz- und Haftungsverhältnissewie im Unternehmen.

● Ausstattung des außerbetrieblichen Arbeitsplatzes: min-destens 8 m2, Tageslicht, Beleuchtung, ergonomischerSchreibtisch und Schreibtischstuhl, damit die entspre-chenden Verordnungen und Sicherheitsvorschriften (Ge-werbeordnung, Reichsversicherungsordnung, Unfallver-hütung, etc.) Beachtung finden.

● Kostenerstattung für den Raum und die Energie von DM100,– pro Monat. Reduzierung des Essensgeldes.

● Urlaub- und Krankheitsregelungen bleiben unverändert.

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Telearbeit 45

Auch wer Telearbeit in Form von mobiler Telearbeitwählt, sollte wichtige inhalt-liche Punkte immer in einerZusatzvereinbarung zum Ar-beitsvertrag niederschreibenlassen, zum Beispiel die Kosten für’s Handy, die Er-reichbarkeit oder die genaueAbgrenzung der Arbeitszeit.

verhältnisses ausgeführt, gelten die gleichenMitbestimmungs- und Mitwirkungsrechte desBetriebsrats wie im normalen Betrieb. Ein be-sonderes Problem ergibt sich dabei aus Artikel13 des Grundgesetzes. Danach ist die Wohnunggeschützt. Da aber Arbeitgeber, Betriebsrat, Ge-werkschaftsvertreter und auch die Gewerbeauf-sicht Zugang zu allen Betriebsteilen haben, soll-te das Zugangsrecht durch Vereinbarungen mitdem Arbeitnehmer abgesichert werden. Geregeltwird dies normalerweise im Zuge der Zusatz-vereinbarung zum Arbeitsvertrag, in dem Zu-trittsrechte nach Anmeldung und Ankündigungeingeräumt werden. ●

TIP: HAUSRATVERSICHERUNG

Normalerweise sind alle Gegenstände, die sich in der Woh-nung eines Versicherten befinden, durch die Hausratversi-cherung abgedeckt.

Aber: Durch einen Telearbeitsplatz erhöht sich der Wert derWohnungsausstattung. Um eine Unterversicherung zu ver-meiden, sollte mit der Hausratversicherung gesprochenwerden. Entweder Erhöhung der Versicherungssumme (mitArbeitgeber klären, wer die Mehrkosten trägt) oder dieseGegenstände aus der Versicherung herausnehmen. Extra-Versicherung durch Arbeitgeber.

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Positive Folgen für Umwelt und Gesellschaft

Besser lebenTelearbeit bietet viele Vorteile nicht nur für Unternehmen und

Arbeitnehmer. Auch unsere Umwelt und die ganze Gesellschaftprofitieren davon, wenn wir mobiler und flexibler arbeiten.

46 Telearbeit

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Diesel (bei einem Durchschnittspreis von DM1,50 je Liter ist dies eine volkswirtschaftlicheEinsparung von 750 Millionen Mark pro Jahr)eingespart werden – samt der Abgase.

So hat beispielsweise die Volkswagen AG imRahmen einer Sachverständigenanhörung zurEnquete-Kommission „Schutz der Erdatmo-sphäre“ des Deutschen Bundestages errechnet,daß bei einer optimalen Nutzung aller Teleko-operations-Möglichkeiten bis zum Jahr 2005 163Milliarden Personenkilometer eingespart wer-den können. Dies entspräche einem realenRückgang der gesamten bundesdeutschen

Manchmal muß man sich eine Veränderung pla-stisch vor Augen führen, um ihr Ausmaß zu be-greifen. Nimmt man die vorsichtige Prognose,daß zur Jahrtausendwende allein in Deutschland1,2 Millionen Menschen zumindest teilweise „te-learbeiten“, dann heißt dies im Umkehrschluß,daß dann 4 Milliarden Kilometer weniger mitdem Auto zur Arbeit gefahren werden – das ent-spricht immerhin fünf Millionen Mal der StreckeHamburg – München. Bei einem Durch-schnittsverbrauch von etwa acht Liter Treibstoffpro 100 Kilometer bedeutet dies, daß nur in derBundesrepublik 500 Millionen Liter Benzin oder

Telearbeit 47

KOMMUNEN VOR NEUEN AUFGABEN

Die zunehmende Verbreitung der Telearbeit stellt auch dieKommunen vor neue Herausforderungen: „Müssen Gewer-begebiete überhaupt noch so groß geplant werden?”, „Wiesieht ein Büroarbeitsplatz von morgen aus?”, „Was verän-dert sich durch die Telekommunikation?” Dies sind Fragen,über die sich viele Stadtplaner Gedanken machen. Profes-sor Klaus Fischer, Direktor beim RaumordnungsverbandRhein-Neckar, entwirft anhand von diversen Studien einSzenario:Heute umfaßt ein durchschnittlicher Büroarbeitsplatz 65 m2

inklusive Büro, Parkplatz, Zufahrt, Sozial- und Grünflächen;im Jahr 2000 wird dieser Durchschnittswert für den Bal-lungsraum mittlerer Neckar zehnmal so groß sein. DieGründe dafür:● Die weitere Zunahme von Dienstleistungsbetrieben be-

dingt eine Erhöhung des Flächenbedarfs, da Dienstlei-ster grundsätzlich größere Büros haben.

● „Kopfarbeiter” stellen höhere Anforderungen an Bürosund Umgebung. Da die Zahl der „Kopfarbeiter” deutlichzunimmt, steigt auch der Flächenbedarf.

● Die Ansprüche an Grün- und Sozialanlagen wachsenebenfalls.

Das Fazit des Raumordnungsverbandes Rhein-Neckar:Selbst bei einem Nullwachstum der Beschäftigtenzahlsteigt der Gewerbeflächenbedarf um 32 Prozent. Da gleich-zeitig in vielen Kommunen erschwingliche Gewerbeflächen Mangelware sind, kann nurder verstärkte Einsatz der Telearbeit die Misere lösen helfen.

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CO2-Emissionen um mehr als 4 Prozent, biszum Jahr 2010 sogar um 10 Prozent. Das Berli-ner Institut für Zukunftsstudien und Technolo-giebewertung geht sogar davon aus, daß in dennächsten zehn Jahren 20 bis 30 Prozent des Be-rufsverkehrs durch Telematik und Telekoopera-tion eingespart werden können.

Telearbeit spart aber nicht nur Verkehr unddamit Abgase ein, sondern auch Büroflächen.Denn wenn mehr Mitarbeiter Telearbeit betrei-ben, müssen einerseits Büros nicht mehr sogroß dimensioniert werden, andererseits kön-nen sich leichter mehrere Telearbeiter ein Büroteilen. British Telecom, Vorreiter in Sachen Te-learbeit in Großbritannien, rechnet damit, daß

bei richtigem Einsatz von Telekommunikationmehr als 10 000 Arbeitnehmer nicht mehr in dieLondoner City pendeln müssen und dadurch 4Millionen m2 Bürofläche frei werden. Die Lon-doner Stadtverwaltung erwartet, daß bis zumJahr 2006 bis zu 20 000 Büros allein in Londonwieder in Wohnungen umgewandelt werden –dank Telearbeit. Die Folgen, die sich auch inDeutschland einstellen dürften: Die Mieten fürBüros werden sinken, was den Unternehmen Ko-stenentlastungen bringt; die Zahl der Wohnun-gen wird steigen, wodurch der besonders in Ballungszentren angespannte Wohnungsmarktentlastet werden wird. Auf diesem Weg bringtTelearbeit auch jenen Vorteile (größeres Woh-nungsangebot, sinkende Mieten), die bislang garkeine Telearbeit praktizieren.

Doch es sind nicht nur die finanziellenAspekte, die Telearbeit zu einem wichtigen Ge-staltungselement einer zukunftsgerichteten Ge-sellschaft machen. Telearbeit bringt vor allemmehr Lebensqualität: ● Die nutzlos im Berufsverkehr verbrachte

Zeit entfällt.● Das bedeutet, daß mehr Freizeit entsteht.● Telearbeit bringt Berufs- und Privatleben

wieder näher zueinander.● Der Konflikt von Beruf und Familie wird

entschärft.

All dies führt dazu, daß die in Jahren ent-standenen Schlafstädte am Rande der Ballungs-zentren wieder mit Leben erfüllt werden, daßsich neues Regional- und Heimatbewußtseinentwickelt. Denn wer mehr Zeit an seinemWohnort verbringt, auch wenn er dabei arbei-tet, interessiert sich mehr für die unmittelbareUmgebung.

Gleichzeitig stoppen beispielsweise die Te-lehäuser, wie sie in vielen strukturschwachenRegionen Nord- und Ostbayerns im Rahmen derInitiative Bayern-Online gegründet wurden, dasweitere Ausbluten dieser Regionen, weil aufge-zeigt wird, daß auch in ländlichen Gegendenmoderne und zukunftsgerichtete Arbeitsplätzeentstehen können. So trägt Telearbeit auch zueinem gleitenden Strukturwandel bei.

Und Telearbeit bietet neue Beschäfti-gungschancen, vor allem für Menschen, die esbislang schwer hatten, einen Job zu finden oderim Job zu bleiben. So bietet die Telekooperati-on gerade jungen Müttern die Chance, während

48 Telearbeit

Positive Folgen für Umwelt und Gesellschaft

❞Wohnortnahe Arbeits-plätze in Kinderwagen-

entfernung, geringerWarentransport

und flexible Arbeitszei-ten werden auf dem

Land nur durch Tele-arbeit möglich.

Heinz Gerhäuser, Leiter desFraunhofer-Instituts für IntegrierteSchaltungen, das in einem alten

Bauernhof bei Erlangen ein Telezentrum betreibt.

Produktive Nutzung vonBürogebäudeflächen

Produktive Nutzung(Büroarbeitszeit) 22

Urlaubszeit 8

Wochenende / Feiertag 30

Leerzeiten(keine Arbeitszeit) 40

Wofür werden Büroflächen genutzt

ProduktiveBüroflächen (Büros) 30

Unproduktive Büro-flächen (Flure, Treppen,Toiletten, Kantinen etc.)

70

Alle Angaben in Prozent

Quelle: TA Telearbeit, 1996

Alle Angaben in Prozent

Quelle: TA Telearbeit, 1996

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hinderten zugeschnitten werden können, wo-durch erst Beschäftigungschancen entstehen.Oft übrigens größere als in vielen „normalen“Betrieben, in denen eine Beschäftigung von Be-hinderten oftmals schon an räumlichen odertechnischen Gegebenheiten scheitert. Auch hierleistet Telearbeit wichtige Integrationshilfe. Die-se Hilfe könnte noch erheblich größer werden,wenn für eine größere Zahl von betroffenenMenschen die Möglichkeit geschaffen wird, inbehindertengerechten Wohnungen Telearbeit zuleisten. ●

des Erziehungsurlaubs kleinere Aufgaben zuübernehmen und so in Kontakt mit ihrem Un-ternehmen und den Arbeitsinhalten zu bleiben.Aber auch Frauen mit Schulkindern erhaltendurch Telearbeit neue Chancen. Denn eine „nor-male“ anwesenheitspflichtige Tätigkeit schiedhäufig aus, weil die Anfahrtswege zu lang unddie Schulzeiten der Kinder zu ungewiß waren.Gerade diesen „Hausfrauen wider Willen“ kom-men flexible Telearbeits-Plätze entgegen.

Ähnliche Chancen bieten sich zum Beispielfür Körperbehinderte, da Telearbeitszentren inder Regel speziell auf die Bedürfnisse von Be-

Telearbeit 49

❞In den vergangenen acht Jahren hat dasVerkehrsaufkommen

jährlich um 10 Prozentzugenommen. In denvergangenen zwanzig

Jahren ist es zudem zudrastisch gestiegenen

Pendlerstrecken zwischen Wohn- und

Arbeitsort gekommen.Dies ist eine ökolo-gische Sackgasse, und ein Kollaps ist

vorhersehbar.

Professor Carl Boehret, Hochschule für Verwaltungs-

wissenschaften, Speyer.

❝❞

Der Individualverkehrwird bis zum Jahr

2010 um 29 Prozentzunehmen, der

Güterfernverkehr um 100 Prozent.

Ergebnis einer Studie des Deutschen Instituts für

Wirtschaftsforschung

TELEARBEIT – NEUE CHANCEN FÜR DIE RAUM- UND VERKEHRSENTWICKLUNG

Welche positiven Auswirkungen die Telearbeit aufdie Entwicklung von Städten und Regionen hat, er-läutert Holger Floeting vom Deutschen Institut fürUrbanistik in Berlin.

Obwohl die Zahl der Telearbeitsplätze in den letzten Jahrendeutlich gestiegen ist, kann man bisher nicht von einer um-fassenden Verbreitung dieser Arbeitsform sprechen. Daß Te-learbeit in den unterschiedlichen Formen aber weiter an Be-deutung gewinnen wird, ist sicher. Neben den Effekten derTelearbeit für Wachstum und Beschäftigung werden in letzterZeit vermehrt die Auswirkungen auf die Raum- und Verkehrs-entwicklung diskutiert. Es gibt eine Reihe unternehmerischerAnsätze (z. B. bei IBM oder ABB) für einen sparsameren Um-gang mit Büroflächen im Rahmen von Verschlankungskon-zepten, neuen Arbeitszeitmodellen und dem verstärkten Ein-satz von Telearbeit. Zur Zeit gibt es jedoch mehr ungeklärteFragen als verläßliche Antworten – gerade, was die langfristi-gen Entwicklungen betrifft:Wie würde sich eine weite Verbreitung von Telearbeit und an-deren Teleaktivitäten (Teleshopping, -banking, -educationusw.) auf die Entwicklung der Siedlungsstruktur auswirken?Die zentralen Funktionen der Innenstädte als Arbeits- undDienstleistungsort könnten an Bedeutung verlieren. WennWohnen und Arbeiten räumlich enger zusammenrücken,könnten Stadtteilzentren wichtige Funktionen übernehmen.Durch die Verlagerung von Aktivitäten in den häuslichen Be-reich würden entsprechend weniger Menschen im öffentli-chen Raum verkehren.Wie entwickelt sich der Büroflächenbedarf? Vorstellbar istz. B. ein verringerter Bedarf in den Innenstädten zulasten vonmehr Büroflächen in Satellitenbüros in den Vororten oder ei-nes größeren Wohnflächenbedarfs für Telearbeit zu Hause.Die Struktur der Büroflächen könnte sich durch einen verrin-gerten Bedarf an back-office-Flächen (z. B. Lager-, Verkehrs-oder Sanitärflächen) deutlich verändern.Wird der ländliche Raum gestärkt oder profitieren nur die Ver-dichtungsräume von Telearbeit? Nach allen Erfahrungen kannTelearbeit kaum eine Trendwende bewirken, sie wirkt vielmehrtrendverstärkend. Wie entwickelt sich der Berufspendlerverkehr? KlassischeWegemuster (radial von den Wohngebieten an den Stadträn-dern in die Bürogebiete der Innenstädte) könnten gegenübertangentialen Wegen (zwischen den Vororten) weiter an Bedeu-

tung verlieren – mit Folgen für den auf Massenbeförderungausgelegten schienengebundenen öffentlichen Personennah-verkehr.

Insgesamt steigen die Erwartungen in den Einsatz von Tele-kommunikation in dem Maße, wie die Verkehrszuwächse zuimmer stärkeren Behinderungen insbesondere im Wirt-schaftsverkehr führen. Wie sich eine weite Verbreitung derTelearbeit insgesamt in Veränderungen der Wegemuster aus-drücken würde, läßt sich allerdings nur erahnen. Das Leitbildvom verkehrsfreien Telependeln jedenfalls erscheint unreali-stisch. Neuere Untersuchungen setzen ein Substitutionspo-tential von 10 bis 20 Prozent des Verkehrsaufwands für be-stimmte Verkehrsarten als Höchstgrenze an. Das gesamteEinsparpotential wird danach auf rund 8 Prozent des Personenverkehrsaufwands geschätzt.

Während deutsche Unternehmen Verkehrsersparnisse der Te-learbeit eher als Begleiteffekt sehen und andere betriebswirt-schaftliche Kalküle (Reduzierung von Flächenkosten, höhereArbeitsproduktivität usw.) im Vordergrund stehen, nutzenz. B. Unternehmen in Kalifornien Telearbeit gezielt für Ver-kehrsersparnisse, weil sie durch den California Clean Air Actgezwungen sind, 25 Prozent des Berufspendlerverkehrs ein-zusparen. Selbst wenn eine detaillierte Kontrolle der Umset-zung dieses Ziels in jedem einzelnen Unternehmen nichtmöglich sein sollte, rücken durch die Rahmensetzung die er-zielbaren Verkehrsersparnisse in das Betrachtungsfeld derUnternehmen.

Den weiteren Anstieg des Verkehrsaufwands kann die stärke-re Nutzung von Telekommunikation kaum verhindern, abersie kann, unter günstigen Rahmenbedingungen, die Spitzendes Verkehrswachstums kappen. Selbst wenn nur eineDämpfung der gravierendsten Verkehrsbelastungen in denVerdichtungsräumen möglich wäre, lohnen sich die Initiati-ven zugunsten der Telearbeit.

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❞Zwar ist der BegriffTelearbeit in aller

Munde, doch sind gera-de die deutschen Un-

ternehmen auf diesemGebiet wesentlich

zurückhaltender als ihre ausländischen

Mitwettbewerber. DerGrund liegt in denmeisten Fällen in

einem Informations-defizit bezüglich derChancen und Risiken

der Telearbeit.

Helmut Ebersmann, Optiware EDV GmbH

Vorbehalte abbauen, Schwierigkeiten überwinden

Wider die Horrorvisionen

Telearbeit ist nicht unumstritten. Doch viele Vorbehalte sind Vorurteile – gewachsen

aus Unkenntnis.

Wulf Lüttke, Landrat des Landkreises Witten-berg, weiß: „Einige meiner Kollegen werden sichsperren“. Lüttke will in seinem sachsen-anhal-tinischen Flächenkreis rund 20 Telearbeitsplät-ze einführen. Jetzt muß er erstmal die Vorbe-halte seiner leitenden Mitarbeiter ausräumen.Bei vielen Führungskräften stößt Telearbeitnicht gerade auf Gegenliebe. Manche befürch-ten, daß sie mit ihren fernen Mitarbeitern nichtmehr in gewohnter Weise kommunizieren kön-nen und ihnen die Kontrolle entgleitet. Anderesehen oft nur einfache Arbeiten wie Texterfas-sung für Telearbeit geeignet oder sie scheuen diezusätzlichen Organisationsprobleme bei derEinführung der neuen Arbeitsform.

Es ist eine verbreitete Neigung nicht nur beiuns, erstmal alles Neue mit Skepsis zu betrach-ten, statt unvoreingenommen und pragmatischdie Chancen herauszuarbeiten. Oft ist Unkennt-nis die Ursache. „Wer die Reise in die Zukunft ineiner solchen Verfassung antritt, wird am Endenicht reisefertig“, warnt Professor Hubert Markl,Präsident der Max-Planck-Gesellschaft. Sokommt es, daß von den Arbeitnehmern mehr Te-learbeitsplätze nachgefragt, als in den Unter-nehmen angeboten werden.

Ein häufig vorgeschobenes Argument ist diebefürchtete Vereinsamung von Telearbeitern.Dafür gibt es jedoch keine Beweise. Dank alter-nierender Telearbeit gehen soziale Kontakte mit

50 Telearbeit

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re Bremserrolle aufgeben. So findet es MichaelVesper, grüner Bauminister von Nordrhein-Westfalen, „eine Horrorvision, wenn man nurnoch zu Hause sitzt und arbeitet“. Hier wird dieAngst vor fehlendem Kantinengeplauder derChance nach selbstbestimmter Arbeitsgestal-tung gegenübergestellt – Begeisterung für Visionen weckt das nicht.

Um Telearbeit zum Durchbruch zu verhel-fen, gilt es offen zu sein für neue technische Ent-wicklungen. Ron Sommer, Vorstandsvorsitzen-der der Telekom, wird nicht müde zu betonen:„Nur durch den Einsatz neuer Technologienwerden Arbeitsplätze erhalten und können neuegeschaffen werden.“ Daneben bedarf es auch ei-ner neuen Kultur der Arbeit, bei deren Ein-führung freilich noch viele Vorbehalte zu über-winden sind. Selbständig und leistungsbezogenzu arbeiten, sich selbst zu organisieren, flexibelDienstleistungen anzubieten und dabei mehrfreie Zeit zu haben – das sind die neuen Exi-stenzgründer, für die Telearbeit eine chancen-reiche Arbeitsform ist.

In unserem Land haben sich schon jetzt vie-le Menschen auf den Weg in die Informations-gesellschaft gemacht, in der Telearbeit eine zu-nehmend wichtige Rolle spielen wird. Diesen Ar-beitnehmern und Unternehmern gelang es, in-nere und äußere Vorbehalte zu überwinden undSchwierigkeiten zu meistern, die zwangsläufigentstehen, wenn sich eine neue Arbeitsformdurchzusetzen beginnt. ●

❞Die Trennung von

Wohnort und Arbeits-plätzen ist ein

Phänomen der Indu-striegesellschaft.

Nur noch 12 Prozentaller Erwerbstätigen

wohnen heute anihrem unmittelbarenArbeitsplatz. Immerhäufiger führt die

zwangsläufig erforder-liche Mobilität zur Im-mobilität. Deshalb set-

zen wir auf Telearbeit.

Hans Werner Richter,IBM Deutschland

Kollegen keineswegs verloren. Die neuen Kom-munikationstechniken schaffen sogar mehrKontaktmöglichkeiten – selbst mit Menschen,die früher unerreichbar waren. „Werden wirwirklich einsam, wenn wir künftig weniger oft

im Stau stehen?“, fragt Fernsehmoderator FranzAlt zu Recht. Wir werden uns weiter über über-volle Autobahnen quälen, statt auf Datenhigh-ways zu flitzen, wenn manche Politiker nicht ih-

Telearbeit 51

KEINE ZWEIKLASSENGESELLSCHAFT

Eine dominierende Rolle spielt Telearbeit bei der ControlData GmbH in Frankfurt/Main. Etwa 120 Mitarbeiter, das sind zwei Drittel der Belegschaft, betreuen als Telearbeiter Firmenkunden in denBereichen Electronic Commerce, Internet und Systeminte-gration. „Mit Einführung der Telearbeit haben wir Ende 1994 unsere bisherige Geschäftsstrukturaufgelöst. Es waren eine Menge Vorbehalte zu überwin-den”, berichtet Projektmanager Udo Keim. Einige Mitarbei-ter hatten Zweifel, wie sie die Telearbeit in ihr Familienle-ben einbinden können. Andere bedauerten, daß sie nichtmehr so einfach mit ihren Kollegen plaudern konnten. BeiControl Data hat man sehr konsequent alle betroffenen Arbeitsplätze umgestellt, um eine „Zweiklassengesell-schaft” zu vermeiden. Die Umfrage einer unabhängigen Un-ternehmensberatung Anfang 1996 ergab, daß diese Ent-scheidung richtig war. „80 Prozent unserer Mitarbeiter sindzufrieden, ich kenne etliche, die Telearbeit nicht mehr missen möchten”, so UdoKeim.

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Die Zukunft der Telearbeit

Die New Worker kommen

52 Telearbeit

Telearbeit wird eine der wichtigsten Arbeitsformen der Zukunft sein. Schon jetzt entsteht ein neuer Typus des Beschäftigten

wie auch des Unternehmers.

Nicht nur Videokonferenzen(Foto oben) verändern den

Arbeitsalltag. Telearbeit wirdin Zukunft viele Berufe und

Tätigkeiten revolutionieren.

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❞Wir müssen deutlichmachen, daß kreativeAnwendungen einen

Beitrag darstellen, umdie Arbeitswelt zu

humanisieren, und wirmüssen zeigen, daß

gesellschaftlicheZwänge, die zum Teil

längst überholten Arbeitsvorstellungenentstammen, heute

schon in vielen Berei-chen durch weitgehendselbstbestimmte undeffektivere Abläufe

ersetzt werden können.

Dr. Ron Sommer, Vorstands-vorsitzender der Deutschen

Telekom AG

in Nordrhein-Westfalen geschaffenwerden, wo sich, ähnlich wie schonin unserem Berliner Beispiel, die Zu-kunft der Telearbeit manifestiert.Hier verknüpft der Telekommunika-tionsneuling Vebacom die Großstäd-te an Rhein und Ruhr zu einer digi-talen Gemeinde. In ihren Glasfiber-leitungen werden Daten und Nach-richten bis zu 40 000mal schnellerausgetauscht als mittels heutigeranaloger Telefonleitungen. Unter-nehmen, Fernsehsender, Kliniken,Verlage und kommunale Verwaltun-gen sowie etwa 10 000 Privathaushal-te werden in der Infocity NRW „leben“und arbeiten.

Es ist anzunehmen, daß in diesermultimedialen Stadt der Zukunftnicht wenige der 1,2 Millionen Tele-arbeitsplätze entstehen, die es imJahr 2000 in Deutschland gebenkönnte. Optimisten sehen sogar ein

weitaus höheres Potential für die Telearbeit. „Diemögliche Zahl der Telearbeiter liegt in Europabei 10 Millionen, davon ca. 2,5 Millionen inDeutschland“, so Werner B. Korte von der em-pirica Technologieforschung in Bonn. Die Un-ternehmensberatung Arthur D. Little progno-stiziert sogar, daß bis zur Jahrtausendwende inDeutschland über 5 Millionen Telearbeitsplätzeentstehen werden – das wäre mehr als das Vier-fache der gerade eben noch einmal zitierten Potentialschätzung.

Über die Zukunft der Telearbeit können wir unsschon heute informieren. Zum Beispiel in Ber-lin: Hier findet unter Federführung der Deut-schen Telekom ein Pilotprojekt statt. Knapp 50kleinere und mittlere Multimedia-Dienstlei-stungsunternehmen, eine Reihe freier Mitarbei-ter und Großunternehmen kooperieren in Formeines virtuellen Netzwerkes. Der Geschäftsver-kehr findet ausschließlich über Glasfaser statt.Die beteiligten Firmen und die Deutsche Tele-kom ergründen auf diese Weise wie zukünftigeArbeitsformen aussehen und wie diese in den Un-ternehmensalltag eingebaut werden können.

Wenn wie in Berlin immer mehr Nachrich-ten, Daten, Grafiken und Konstruktionsplänenicht physisch, sondern zunehmend in Bits undBytes ausgetauscht werden, ist der Sprung in die

Telearbeitsgesellschaft denkbar. Viele Unter-nehmen schaffen dafür jetzt die Grundlagen –einige Beispiele in dieser Publikation zeigen es.Wenn ihnen jetzt immer mehr Firmen auf dieAuffahrten zu den Datenautobahnen folgen, wirdjenes elektronische Strickmuster der Zukunftentstehen, in das Telearbeitsplätze in großerZahl eingebunden sein können.

Diese Datenhighways verbinden keine stei-nernen Städte wie unsere oft überfüllten Auto-bahnen, sondern „Infocitys“, wie sie derzeit auch

Telearbeit 53

VIRTUELLE UNTERNEHMENSWEL-TEN

Ein Begriff macht die Runde: virtuelle Unternehmen. Dr.Harald von Kortzfleisch, Wirtschaftsinformatiker an der UniKassel, versteht darunter „Unternehmen, die gegenüberihren Kunden als ganzheitliches Gebilde auftreten. Dahinterverbergen sich aber mehrere selbständige Partner, die eineKooperation eingehen.” Virtuelle Unternehmen haben keinegemeinsamen Firmenbüros oder Betriebsgebäude. Ihre„Produktionshalle” ist das weltweite KommunikationsnetzInternet, sind e-mail, Videoconferencing und sekunden-schneller Datentransfer. Virtuelle Unternehmen gründensich meist nur für kurze Zeit, um einen Projektauftrag zu er-ledigen. Die verschiedenen Partner verbinden sich, weil ei-ner oder wenige von ihnen diesen Auftrag aus finanziellen,organisatorischen, fachlichen oder räumlichen Defizitennicht schaffen würde.

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Welche der Zahlen letztlich zutreffen wird,wissen wir heute noch nicht. Sicher ist, daß mitdem Übergang von der Industrie- zur Informa-tionsgesellschaft Telearbeit eine schnell wach-sende Rolle spielen wird. Denn viele der neuenmultimedialen Berufe, die schon jetzt in großerZahl beispielsweise in der Medienindustrie ent-stehen, können in Telearbeitsbüros ausgeführtwerden. Die Bundesregierung erwartet, daß2010 über 50 Prozent aller Erwerbstätigen In-formationstätigkeiten ausüben werden, viele da-von auch in Telearbeit.

Chancen bieten sich ihnen zum Beispiel inneuen freiberuflichen Tätigkeiten und Exi-stenzgründungen. Schon heute arbeiten inDeutschland 5.000 sogenannter Infobroker, dieim Kundenauftrag Datenbanken und das Inter-net nach Informationen durchforsten. Journa-listen, Werbefachleute und Marketingexpertenakquirieren Aufträge im weltweiten Netz und er-ledigen sie hier ebenso. Einige Trendforscher ha-ben in ihnen bereits einen neuen Typus des Be-schäftigten von morgen ausgemacht. Diese „NewWorker“ arbeiten selbständig, kreativ und un-abhängig von Firmenhierarchien. Sie wollenkeine festen Funktionen und Titel, sondern vorallem große Gestaltungsfreiheit und Verant-wortung für ihre Leistung. Gleichzeitig möch-ten sie ausreichend Zeit für ihre Familien, fürsportliche Betätigung oder Kunstgenuß haben.Telearbeit, die flexibles Zeitmanagement zuläßt,bietet ihnen deshalb den idealen Rahmen.

Auch etablierte Berufe lernen die Vorteilemoderner Informationstechniken mehr undmehr zu nutzen. Für viele Ärzte ist Telemedizinkein Fremdwort mehr und so mancher Lehrerhat mit seinen Schülern bereits „telegelernt“ –auch wenn unsere Schulen beim „Telelearning“im internationalen Vergleich hinterherhinken.Es entstehen mit den neuen technischen An-wendungen zudem ganz neue Telearbeitsberufewie Netzwerkmanager und Online-Redakteur.

Auch die deutschen Gewerkschaften versu-chen, zur Entwicklung der Telearbeit eine ein-deutige Position zu beziehen – im Interesse derBeschäftigten. Sie fordern, daß das Prinzip dersozialen Marktwirtschaft nicht im Meer der Mul-timediaanwendungen untergeht. Dabei sieht derDeutsche Gewerkschaftsbund durchaus dieChancen der Telearbeit. „Neue Formen der Ver-bindung von Leben und Arbeit lassen sich ver-wirklichen, die Arbeitszeitsouveränität der Be-

schäftigten kann erweitert werden. Durch Tele-kooperation und Telearbeit wird der Arbeits-markt für viele Berufsfelder grenzenlos, Arbeit-nehmer in Deutschland konkurrieren und ko-operieren mit Softwareentwicklern in Indien,mit Ingenieuren in Ungarn und mit Konstruk-teuren in Korea“, berichtet die stellvertretendeDGB-Vorsitzende Ursula Engelen-Kefer. Es seideshalb wichtig, daß das Arbeitsrecht die neuenFormen der Vernetzung und der Informations-gesellschaft aufnimmt . „Telearbeit bedarf er-gänzender sozialer Gestaltung“, so Frau Enge-len-Kefer. Sie befürchtet, daß das normale Ar-beitsverhältnis unter den wachsenden Druckvon Dezentralisierung und Flexibilisierung gerätund erwartet deshalb von den Unternehmen beider Einführung von Telearbeit Planungssicher-heit für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

54 Telearbeit

Die Zukunft der Telearbeit

❞Telearbeit zeigt uns,

wie Arbeit und Arbeitsbeziehungen in

Zukunft aussehen werden. Arbeit wird

in zunehmendem Maßein völlig neuen Formen

ablaufen und nichtmehr so stark in den

tradierten abhängigenBeschäftigungs-verhältnissen.

Werner B. Korte,empirica

ZUKUNFT: TELEMEDIZIN

Etwa 60 000 der 104 000 niedergelassenen Ärzte, ermitteltedie Telekom, haben einen Praxiscomputer. Noch müssenÄrzte tagelang auf Laborbefunde oder Röntgenaufnahmenwarten. Bald werden diese Bilder und Nachrichten via Mau-sklick auf die elektronische Reise geschickt. Es wird dievirtuelle Patientenakte geben, die – gegen unbefugten Zu-griff geschützt – stets aktuelle Befunde, Computer- und Videobilder, aber auch Tonaufnahmen vom Herzschlag ent-halten wird. Schon heute holen sich Chirurgen in Video-konferenzschaltungen Rat bei Kollegen. So analysiert einLübecker Neurochirurg an seinem PC Computertomografi-en aus dem Krankenhaus Wismar.

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Neue Technik, neue Arbeit

Die Basis dafür bieten die neuen Anwendungs-möglichkeiten der Informationstechnik. Immermehr setzt sich beispielsweise die Videokom-munikation durch, die über Tausende von Kilo-metern den direkten Blickkontakt mit dem Ge-sprächspartner ermöglicht. Ein heutiges Bei-spiel für die Arbeitsweise von morgen ist die Pic-tureTel GmbH in München. Bei dem Herstellervon Videokonferenzanlagen arbeiten weltweitüber 1000 Beschäftigte mit den eigenen Desk-topsystemen – viele auch zu Hause. Kollegen se-hen sich täglich über den Bildschirm, sprechenmiteinander und haben gleichzeitig Zugriff aufalle Informationen, die in den Firmencompu-tern gespeichert sind.

Damit solche Anwendungen möglich sind,bedarf es schneller Datenleitungen. Die Zukunftder Telearbeit wird auch davon abhängen, wierasch wir die Schleichwege der Telekommuni-kation verlassen können. Große Erwartungenrichten sich deshalb an die Weiterentwicklungder ISDN-Technik und an die neue „AsymetricDigital Subscriber Line“ (ADSL), die sagenhaf-te 6 Millionen bits pro Sekunde übertragen soll.„Computer-Bild“ lieferte dazu den Vergleich:11 000 Schreibmaschinenseiten pro Minute kön-nen mit der ultramodernen Technologie durchdas Netz geschickt werden.

Wenn es soweit ist, wird auch das Internetder Telearbeit einen ungeheuren Impuls geben.Jeden Monat kommen z. Zt. etwa zwei MillionenNutzer hinzu, schon im Jahr 2000 werden rund300 Millionen Rechner an das weltweite Com-puternetz angeschlossen sein. Der globale Markt-platz hat bereits Konturen angenommen. Baldkönnen hier Informationen gekauft und verkauftwerden wie heute Maschinen. Die Händler sindTelearbeiter und ihre Tätigkeit wird schon in na-her Zukunft keine Grenzen kennen.

Die letzten Schranken für globale Telearbeitwerden schon in kurzer Zeit überwunden sein.Immer schneller sind Bits und Bytes in den welt-umspannenden Computernetzen unterwegs, diefür viele Menschen leichter zugänglich werden.Die Probleme der Datensicherheit werden schonin kurzer Zeit gelöst sein, da dieser Bereich derInformatikanwendung sich rasant entwickelt.Deshalb sind jetzt Visionen, Konzepte und Hand-lungen gefragt, um Telearbeit in die Tat umzu-setzen. ●

Der Übergang in eine de-mokratische Informationsge-sellschaft muß im Interessedes sozialen Ausgleichs so er-folgen, daß sich Telearbeiternicht in tausendfachen unge-schützten Arbeitsverhältnis-sen wiederfinden.

Telearbeit darf nicht ein-dimensional sein und sie mußsoziale Bedürfnisse berück-sichtigen. „ElektronischeKommunikation ersetzt dieMund-zu-Mund-Kommunika-tion nicht, sie ergänzt und er-weitert sie und schafft ihrneue Möglichkeiten“, beur-teilt der Zentralverband derElektroindustrie die Situati-

on. Telearbeiterinnen und Telearbeiter dürfenaus diesem Grunde nicht ausgeschlossen wer-den, sondern sollten sogar stärker in die mo-derne Arbeitswelt mit ihren vielen sozialen Be-zügen integriert sein.

Telearbeit 55

❞Telearbeit darf nichtzu sozialer Isolation

und Karriereknickführen. Telearbeiter

sind auf der Grundlagealternierender Tele-

arbeit in betrieblicheKommunikations- undOrganisationsstruk-turen zu integrieren.

Dr. Ursula Engelen-Kefer,Deutscher Gewerkschaftsbund

❞Unser Denken mußsich fundamental

ändern. Wir müssenwieder neugieriger

werden! Wir müssendie Krise als

Chance begreifen

Franz-Reinhard Habbel, Deutscher Städte- und

Gemeindebund

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Die wichtigsten Begriffe und weiterführende Literatur

Telearbeit im ÜberblickAlles, was Sie über Telearbeit wissen sollten, erfahren

Sie auf den folgenden Seiten in knappen Definitionen und einerumfangreichen Literaturliste.

AkzeptanzEine Befragung von 70 Unternehmen durch dieRoland Berger Unternehmensberatung ergab,daß die Akzeptanz der Telearbeit hoch ist. In ei-nem Fall war die Telearbeit im Außendienstnicht mehr wegzudenken, in einem anderen Fallwurde sie als Privileg empfunden. Nur einmalwurden Akzeptanz und Interesse als „eher ge-ring“ bezeichnet. Vereinzelt konnten Akzeptanzund Interesse durch gute Vorbereitung der Te-learbeitsprojekte erheblich gesteigert werden.

56 Telearbeit

Akzeptanzund Interesse

bei den Mitarbeitern

positiv 71%

5%

gering

10% indifferent14% keine Angabe

Alle Angaben in Prozent

Quelle: Roland Berger Unternehmensberatung, 1995

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etc.) generell geklärt und müssen nicht mehr injede individuelle Vereinbarung aufgenommenwerden.

BeschäftigungDie weitere Verbreitung von Telearbeit wird auchviele positive Auswirkungen auf den Arbeits-markt insgesamt haben. Einerseits, weil in denTelearbeit praktizierenden Unternehmen un-mittelbar neue Arbeitsplätze geschaffen werden,andererseits, weil die stärkere Nachfrage nachInformations- und Kommunikationstechnolo-gie mittelbar auch in diesen Bereichen Arbeits-plätze schaffen bzw. sichern wird.

Alternierende TelearbeitTelearbeits-Modell, das am häufigsten praktiziertwird: Ein Arbeitnehmer wechselt in einem be-stimmten Rhythmus (z. B. zwei Tage pro Woche)zwischen dem betrieblichen Arbeitsplatz unddem heimischen Büro. Siehe auch Telearbeit zu-hause.

ArbeitnehmerAuch wer Telearbeit von zu Hause aus betreibt,bleibt Arbeitnehmer mit allen Rechten undPflichten, wenn die entsprechenden Kriterienerfüllt sind.

Arbeitsrecht und ArbeitsschutzrechtAlle Vorschriften, die das individuelle oder kol-lektive Arbeitsrecht bzw. das Arbeitsschutzrechtenthält, gelten grundsätzlich ohne Einschrän-kungen auch für Telearbeiter, sofern sie als Ar-beitnehmer zu qualifizieren sind. Anderes gilt,wenn rechtswirksam ein anderer Status – Heim-arbeiter, Selbständiger – vereinbart wurde.

Ausstattung Wie ein Telearbeitsplatz aussieht, hängt ganzvon der Arbeitsaufgabe des Mitarbeiters ab. Fastalle Telearbeiter nutzen Personalcomputer, Te-lefon, Telefax und einen Drucker. Mit den Un-ternehmen kommunizieren sie über ein Modemoder den ISDN-Anschluß. Nachrichten und Da-teien können mit Elektronischer Post (E-Mail)oder einer Filetransfer-Software übertragen wer-den. In Deutschland setzen 92 Prozent aller Un-ternehmen Computer ein, 52 Prozent habenISDN und 55 Prozent nutzen e-Mail.

BetriebsratSchon vor der Einführung von Telearbeit hatder Betriebsrat aufgrund seiner Beteiligungs-rechte Mitgestaltungsmöglichkeiten. Zum Zu-gangsrecht des Betriebsrats zur Wohnung desTelearbeiters siehe unter Stichwort „Zugangs-recht“.

BetriebsvereinbarungBetriebsrat und Unternehmensleitungen kön-nen die Einführung von Telearbeit durch eineBetriebsvereinbarung rechtlich absichern. Dieserleichtert einerseits die Akzeptanz von Telear-beit, zweitens können viele Einzelpunkte (Da-tenschutz, Haftung, Aufwandsentschädigung

Telearbeit 57

Alternierende Telearbeit –teilweise im Büro, teilweisezu Hause – wird in Zukunftvon immer mehr Menschenbetrieben werden.

BüroDas Büro wird nicht mehr alleiniger Ort sein, andem Arbeit verrichtet wird. Die Folge: Die Un-ternehmen sparen Raum- und Mietkosten, weilnicht mehr soviel Büroraum benötigt wird.Schon heute sind Büros noch nicht einmal zu30 Prozent produktiv ausgelastet.

Erfolgsbedingungen der Telearbeit1. Auswahl der richtigen Mitarbeiter.2. Die Arbeit muß geeignet sein.3. Die Informations- und Kommunikations-

technik muß stimmen.4. Die Arbeitsweise muß teamzentriert sein.5. Ein gutes Management.

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Elektronische AblageDateien, Formulare, Briefe oder Zeitungsartikellassen sich in großer Zahl elektronisch im Com-puter speichern. Für die elektronische Ablagewird ein Scanner, die passende Texterken-nungssoftware und ein Archivprogrammbenötigt. Für die Speicherung von Daten außer-halb der Computerfestplatte gibt es Speicher-bänder oder CD-ROMs zum Selbstbeschreiben.

e-mailAbkürzung für elektronische Post. Wer eine e-mail-Nummer hat, kann Briefe oder Dateienvom eigenen Computer direkt in den Computereines anderen e-mailers schicken. E-mail-Num-mern werden von großen Online-Providern (T-Online, CompuServe etc.) vergeben.

Filetransfer Zwischen zwei Personalcomputern können Da-teien auf einer ISDN-Leitung mit bis 64 kBits/sübertragen werden. Mittlerweile ist auch der Da-tentransfer zwischen IBM-kompatiblen PCs undden Macintosh-Systemen von Apple möglich.Moderne Softwareprogramme unterstützen denraschen Datenaustausch.

GesundheitGesunde Telearbeit erfordert, daß die Einrichtungvon Telearbeitsplätzen durch Arbeitsschutzfach-leute begleitet wird. Gesunde Telearbeit sollte des-halb auch das Thema von Weiterbildungsveran-staltungen sein. Jede Aufnahme von Telearbeit er-fordert eine ergonomische Beratung.

HeimarbeitRechtlich eng (Heimarbeitsgesetz) umrisseneTätigkeit in den eigenen vier Wänden. Heimar-beit ist einerseits durch diverse Schutzvor-schriften abgesichert und enthält andererseitsElemente eigener unternehmerischer Tätigkeit.Bislang wird Telearbeit nur sehr selten in reinerHeimarbeit vereinbart.

Infocity NRWist ein Projekt des Telekommunikations-Neu-lings Vebacom und verschiedener Medienkon-zerne, Fernsehsender, Banken und Computer-firmen. Sie bauen ein Glasfasernetz auf, das dieGroßstädte an Rhein und Ruhr verbindet. In die-sem Netzwerk können Daten und Nachrichtenbis zu 40 000mal schneller ausgetauscht werdenals über herkömmliche Telefonleitungen. Eswerden Unternehmen, Medien, Kliniken, Verla-ge, kommunale Verwaltungen und etwa 10 000Privathaushalte in der Infocity „leben“.

Informations- und KommunikationstechnikDie Informationstechnik und Telekommunika-tion gehört zu den wichtigsten Branchen in derBundesrepublik. Mit diesen beiden Begriffenwerden sämtliche Produkte und Dienstleistun-gen – vom PC bis zur Telefon-Dienstleistung –zusammengefaßt. 1998 betrug das Marktvolu-men in der Informationstechnik knapp 92 Mil-liarden DM, in der Telekommunikation sogarmehr als 101 Milliarden DM. Beide Branchenwachsen nach wie vor mit etwa sieben Prozentjährlich überdurchschnittlich.

Initiative Telearbeit ist ein Programm der Bundesregierung zur För-derung der Telearbeit. Ziel ist es, die rechtlichenRahmenbedingungen zu prüfen, niedrigere Te-lekommunikationspreise zu erreichen, die steu-erliche Abschreibung von Telearbeitsplätzen vor-zubereiten und die Modellvorhaben zur Telear-beit zu unterstützen.

58 Telearbeit

Glossar, Register

1993

1994

1995

1996

1997

1998*

66,7

67,0

70,4

76,2

80,1

86,2

91,8

1992

76,2

80,1

86,2

91,8

1995

1996

1997

1998*

Informationstechnik Telekommunikation

Entwicklung des deutschen Informationstechnik-und Telekommunikationsmarktes

Quelle: Fachverband Informationstechnikim VDMA und ZVEI, 1998* geschätzt

Die immer stärkere Nach-frage nach Telearbeitsplätzen

wird auch der informations-und kommunika-

tionstechnischen Industrienachhaltige Impulse geben.

Besonders die kleinen undmittleren Unternehmen stel-

len gegenwärtig die größteNachfragegruppe nach Infor-

mationstechnologie.

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wirkungen siehe auch die vergleichende Tabel-le auf Seite 60.

ManagementNach wie vor herrscht besonders im mittlerenManagement Skepsis gegenüber Telearbeit. DieGründe dafür: Die Führungskräfte fürchten ei-nen erhöhten Koordinierungsaufwand und se-hen ihre Kontrollmöglichkeiten schwinden.

MitbestimmungsrechtDie Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats beider Einführung von Telearbeit sind weitrei-chend. Deshalb empfiehlt es sich, Telearbeit im-mer als gemeinsame Initiative von Betriebsratund Unternehmensleitung zu starten.

InternetWeltweites, unabhängiges Datennetz, in dassich auch Privatpersonen einklinken können.Die Fülle der Angebote ist kaum zu überschau-en. Via Internet lassen sich Nachrichten ver-schicken oder Informationen abfragen. Undnatürlich eignet sich das Internet vorzüglichzum „Surfen“ – also sich einfach digital treibenzu lassen.

IntranetEine Vielzahl von Unternehmen und Institutio-nen verfügt inzwischen über ein firmeninternesDatennetz, in dem alle Geschäftsvorgänge ab-gespeichert sind. Telearbeiter können sich viaTelefonleitung und Zugangscodes von außen indieses Firmennetz einklinken, um auf diese Wei-se auf alle relevanten Daten zurückgreifen zukönnen. Zum Intranet gehören aber nicht nurDaten zu den Geschäftsvorfällen, sondern auchdas firmeninterne elektronische Post- und Kom-munikationssystem, sowie diverse elektronischeAngebote für die Mitarbeiter (Weiterbildung, Ur-laubsplanung, etc.)

ISDNDateien, Texte und Bilder werden digital mit ei-ner Geschwindigkeit von 64 000 kBits/s über-tragen. ISDN-Telefone bieten viele Vorteile fürdie Telearbeit. Die Dreierkonferenz erlaubt einGespräch mit zwei weiteren Gesprächspartnerngleichzeitig. Praktisch ist auch die Anrufweiter-schaltung: Ankommende Rufe werden an eineneinprogrammierten Telefonanschluß oder an einMobiltelefon weitergeleitet, ohne daß der Anru-fende dies bemerkt.

Kosten der Telearbeit Die in dieser Broschüre genannten Untersu-chungen gehen zumeist von etwa 10 000 DM füreinen Telearbeitsplatz aus. Doch reicht dank moderner Technik oft auchschon ein geringerer Betrag aus. Dank Telear-beit erzielen die Unternehmen bei konsequen-ter Umsetzung auch Einsparungen, vor allembei Bürokosten (siehe auch nebenstehende Gra-fik). Andererseits entstehen vor allem Telekom-munikations- und Organisationskosten. AufDauer gesehen, ist Telearbeit bei vielen Berufs-gruppen für die Unternehmen günstiger alsBüroarbeit. Zu den einzelnen Kostenarten und ihren Aus-

Telearbeit 59

Die Studienergebnisse sind eindeutig: Ein Telear-beitsplatz verursacht nur un-gefähr die Hälfte der Kosten(weniger als 8000 Mark proJahr) eines normalen Büroar-beitsplatzes (ca. 14 000 Markim Jahr).

Internet-TipEine große Anzahl von Informationen und weiter-führenden Links zu Aspektender Telearbeit bietet die Bon-ner empirica - Gesellschaft für Kommunikations- und Technologieforschung - auf ihrer Internetseitewww.empirica.com

Multimedia bezeichnet das Zusammenwirken von Personal-computer, Telefon, Telefax, Fernseher, Video-konferenz- und HiFi-Anlage. Wichtigstes Merk-mal ist die Möglichkeit, interaktiv zu kommu-nizieren und somit direkt in Kommunikations-vorgänge eingreifen zu können.

NachbarschaftsbüroEine Organisationsform der Telearbeit. Mehre-re Telearbeiter arbeiten gemeinsam in einemkleinen Büro in Wohnungsnähe. Mit diesem Mo-dell soll einerseits der befürchteten Isolation derTelearbeiter entgegengewirkt werden, anderer-seits sollen die Vorteile (weniger Berufsverkehretc.) erhalten werden.

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Online sind zwei oder mehrere Computer, wenn zwi-schen ihnen eine stehende elektronische Ver-bindung besteht. So werden Nachrichten über-tragen, beispielsweise e-mails, PC-Faxe versandtoder Dateien übertragen. Computer ohne Da-tennetzanschluß sind offline.

PoliWork ist eine Förderinitiative des Bundesministeri-ums für Bildung und Forschung. Es werdenneue Formen der Arbeitsorganisation zwischenWirtschaft und Verwaltung erprobt – unter an-derem Telearbeit. Themenschwerpunkt ist dieelektronische Dokumentenverwaltung mit Hil-

60 Telearbeit

Glossar, Register

KOSTENARTEN UND IHRE AUSWIRKUNGEN

So verändern sich die einzelnen AusprägungsmöglichkeitenKosten durch Telearbeit

PERSONALKOSTEN

Gehalt Keine Einsparung bei Beibehaltung des Vertragsverhältnisses

Sozialleistungen Reduzierung der Sozialleistungen, die in Abhängigkeit von der Anwesen-heit im Büro gezahlt werden (Fahrgeld, Essensgeld)

Überstunden-/Schichtzuschläge Einsparung z. B. im Bereitschaftsdienst und im Außen-/Kundendienst, da die Anfahrt zur Arbeitsstätte entfällt bzw. Dienstreisen reduziert werden

Wiedereingliederungsmaßnahmen Maßnahmen und damit Kosten entfallen, da der Mitarbeiter im Arbeits-prozeß bleibt

Raum-/Miet- und Arbeitsplatzkosten Deutliche Reduzierung der Kosten bei Realisierung von „Mehrpersonen”-Arbeitsplätzen möglich

Mobiliar Deutliche Reduzierung der Kosten bei Realisierung von „Mehrpersonen”-Arbeitsplätzen möglich

Miet-/Energiekosten Werden eingespart, da sie nur für den (die) Bürotag(e) des Mitarbeiters gezahlt werden

REISEKOSTEN

Fahrgeld Anreise und damit Reisekosten können z. B. im Außendienst reduziert werden, da die Anreise zur Betriebsstätte entfällt und der Weg zum Kun-den verkürzt werden kann

Dienstreise-km Der Wegfall der Anreise zur Betriebsstätte führt z. B. im Außen- und Be-reitschaftsdienst zu einer Zeiteinsparung und zu einer Reduzierung der Spesen

Spesen Bleiben unverändert

Schulungs- und Weiterbildungskosten Einmalige Vorbereitungskosten bei der Einführung der Telearbeit; bei den laufenden Kosten für die Organisation ergeben sich keine Einsparungs-möglichkeiten, aber auch nur im Einzelfall Mehraufwendungen

ORGANISATION UND MANAGEMENT DER TELEARBEIT

Endgerätekosten Die Kosten für die Endgeräte am Telearbeitsplatz können durch die Erhöhung des Auslastungsgrades der Endgeräte am Büroarbeitsplatz auf-gefangen werden (Mehrpersonen-Arbeitsplätze)

TELEKOMMUNIKATIONSKOSTEN

Ausstattung Stellt am Telearbeitsplatz eine Zusatzausstattung dar; in der Unterneh-menszentrale kann TK-Ausstattung bereits vorhanden sein; ansonsten ebenfalls Zusatzkosten

Anschluß Stellt am Telearbeitsplatz eine Zusatzausstattung dar; in der Unterneh-menszentrale kann TK-Ausstattung bereits vorhanden sein; ansonsten ebenfalls Zusatzkosten

Verbindungsgebühren Stellen Zusatzkosten dar, können im ISDN sehr günstig sein

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ter). Dieses kleine Hilfsmittel, entweder als ex-ternes Telefonzusatzgerät oder als Computer-programm, erkennt nach Eingabe der Telefon-nummer, welches Netz gerade am günstigstenist und setzt dann die jeweilige Netzvorwahl au-tomatisch ein. Der Telefonkunde merkt davonnichts. Eine Aktualisierung der Tarife erfolgtentweder per CD-ROM-Update oder als Updateaus dem Internet.

TelehausSpezielles Dienstleistungszentrum, in dem meh-rere Telearbeiter zusammenarbeiten. Die Tele-arbeiter müssen nicht zum gleichen Unterneh-men gehören (siehe auch Nachbarschaftsbüro).Telehäuser werden häufig von Gemeinden bzw.Wirtschaftsförderungsgesellschaften initiiert,um gerade in strukturschwachen Regionen zu-kunftsgerichtete Arbeitsplätze aufzubauen.

Telearbeit zuhauseForm der Telearbeit, die der Telearbeiter in vol-lem Umfang in seinem häuslichen Bereich lei-stet und bei der ein Arbeitsplatz im Betrieb nichtmehr besteht. Sie kann im Arbeitsverhältnis, inHeimarbeit oder auch in beruflicher Selbstän-digkeit ausgeübt werden. (Siehe auch Heimar-beit).

TelekooperationSammelbegriff, der sämtliche Ebenen der elek-tronischen Zusammenarbeit an mehrerenStandorten beinhaltet. Professor Reichwald vonder TU München untergliedert beispielsweise Telekooperation in Telearbeit (Abwicklung vonAufgaben), Telemanagement (Koordination derAufgaben) und Teleservice (elektronischeDienstleistungen).

TelematikSammelbegriff für alle Nutzungen und Anwen-dungen, die auf der Verbindung von Telekom-munikation und Informatik beruhen. Häufigwird der Begriff jedoch stark eingeschränkt nurauf die Steuerung von Verkehr oder Verfahrenreduziert.

TelepräsenzIm Zusammenhang mit der alternierenden Te-learbeit immer wieder auftauchender Begriff. Danormale Arbeitnehmer im Betrieb eine Prä-senzpflicht (Anwesenheitspflicht) haben, be-

fe audiovisueller Kommunikationstechniken.Projektpartner des Ministeriums sind u. a. IBMDeutschland, die Universität Koblenz und dasEuropäische Zentrum für Netzwerkforschung.

ProduktivitätDiverse Studien haben ergeben, daß Telearbeiterbei sich selbst eine deutlich höhere Produktivität(20 bis 25 Prozent) festgestellt haben. Die Grün-de: Konzentrierte Arbeit, individuelle Leistungs-kurven können besser berücksichtigt werden.

ScheinselbständigkeitImmer wieder kommt es vor, daß Unternehmen– aus Kostengründen – angestellten Mitarbei-tern empfehlen, sich „selbständig zu machen“,um dann die gleichen Tätigkeiten als freier Mit-arbeiter zu erledigen. Doch Vorsicht: Oft übt einMitarbeiter nach der Änderung der vertraglichenBeziehungen keine selbständige Tätigkeit aus,sondern ist weiterhin Arbeitnehmer. Das Unter-nehmen muß – wenn die Behörden hinter die-se Scheinselbständigkeit kommen – Steuernund Sozialversicherungsbeiträge nachentrich-ten.

TarifvertragZwischen Gewerkschaften und Arbeitgeberver-bänden oder Unternehmen geschlossene Ver-einbarungen, die die Arbeitsbedingungen regeln.Zur Telearbeit sind zum Beispiel von der Ge-werkschaft Handel, Banken und Versicherungenund der Deutschen Postgewerkschaft Tarifver-träge geschlossen worden. Da diese Tarifverträ-ge immer nur mit einem Unternehmen ge-schlossen wurden, können die Vereinbarungennicht automatisch auf andere Unternehmen dergleichen Branche übertragen werden.

TelefonkostenDie Liberalisierung der Telekommunikations-märkte in der Bundesregierung und der schar-fe Wettbewerb von dutzenden Telefongesell-schaften sowie tausenden von Telefon-Dienst-leistungsfirmen hat die Telekommunikations-kosten deutlich sinken lassen. Dies gilt sowohlfür inländische Gespräche wie auch für Aus-landsgebühren. Welches individuell der gün-stigste Anbieter für das zu führende Gesprächbzw. Datentransfer ist, kann häufig nur durchintensives Beobachten des Marktes erkannt wer-den. Abhilfe schafft LCR-Router (Least Cost Rou-

Telearbeit 61

Handy, Faxgerät und Komforttelefon sind nebender Datenleitung die gängig-sten Kommunikationsmittelzwischen Telearbeitern undihren Arbeitgebern.

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deutet die Telepräsenz eine stetige – zumindestelektronische – Verfügbarkeit des Arbeitneh-mers.

UmweltStudien gehen davon aus, daß zur Jahrtausend-wende in Deutschland 1,2 Millionen MenschenTelearbeiter sein werden. Daraus folgt, daß jähr-lich mehr als 4 Milliarden Personenkilometernicht mehr zurückgelegt werden müssen, waserheblich zur Entlastung der Umwelt beiträgt.

VideoEine Videokonferenz ist heute mit jedem ge-wöhnlichen PC möglich. Es bedarf dazu einerZusatzausrüstung, die aus einer Videokamera,einem speziellen Mikrofon und der notwendigenSoftware besteht. Als Gesamtpaket werden die-se Komponenten heute schon für 3500 DM an-geboten. Videoconferencing erlaubt die Echt-zeit-Bildübertragung. Die Gesprächspartnerkönnen gleichzeitig Dateien bearbeiten undübertragen sowie auf die Programme des Kon-ferenzpartners zugreifen. Es gibt nach Schät-zungen in Deutschland etwa 4000 bis 5000Videokonferenzanlagen.

Virtuelles UnternehmenUnternehmen, das eigentlich nur auf dem Papierexistiert und kein Firmengebäude mehr hat. DieMitarbeiter sitzen an unterschiedlichen Stan-dorten, kommunizieren nur elektronisch undwickeln auf diesem Wege auch ihre Aufträge ab.

Voice SystemeVoice Systeme erlauben es, Texte in den PC zudiktieren. Der Anwender spricht den Text in einMikrofon, auf dem Bildschirm erscheint der un-mittelbar umgesetzte Text. Moderne Sprach-erkennungssoftware erreicht eine Trefferquote

von über 90 Prozent. Die Texte müssen dann nurnoch leicht bearbeitet werden.

VorteileTelearbeit vereint eine ganze Reihe von Vortei-len sowohl für Unternehmen als auch für Ar-beitnehmer. Vorteile für Unternehmen sind u. a.:Kostenersparnis für Räume, Mieten und Ener-gie, höhere Motivation und Produktivität derMitarbeiter, flexiblere Arbeitszeiten. Vorteile fürArbeitnehmer: geringere Wegezeiten, mehrFreizeit, weniger Fahrtkosten, bessere Verein-barkeit von Familie und Beruf, Arbeitszeitsou-veränität.

Wirtschaftlichkeit Eine Umfrage der Roland Berger Unterneh-mensberatung ergab, daß nur wenige Unter-nehmen vor Einführung von Telearbeit eineWirtschaftlichkeitsbetrachtung durchführen.Etwa 38 % haben keine explizite Kosten-Nutzen-Betrachtung durchgeführt.

ZugangsrechtDa der heimische Arbeitsplatz durch die Aufnah-me von Telearbeit zu einer Betriebsstätte wird,muß dem Arbeitgeber, dem Betriebsrat, Gewerk-schaften, Gewerbeaufsicht usw. ein Zugangsrechteingeräumt werden. Da gleichzeitig die Wohnungdurch das Grundgesetz besonders geschützt ist,muß dieses Zugangsrecht im Zuge einer geson-derten Vereinbarung (Zusatz zum Arbeitsvertrag,Betriebsvereinbarung, Tarifvertrag) geregelt wer-den. In der Regel wird das Zugangsrecht so ein-geräumt, daß der heimische Arbeitsplatz nachVoranmeldung besichtigt werden darf.

ZukunftTelearbeit hat Zukunft. Zwischen 17 und 21 Pro-zent aller europäischen Arbeitsplätze sind po-tentielle Telearbeitsplätze. In Deutschland kom-men etwa 2,5 Millionen Arbeitsplätze für Tele-arbeit in Frage. Bis zum Jahr 2000 erwartet dieEuropäische Kommission etwa 10 Millionen Te-learbeiterinnen und Telearbeiter in Europa. InDeutschland werden es bis dahin etwa 1,2 Mil-lionen sein. ●

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Glossar, Register

Berechnungen zur Wirtschaftlichkeit

keineBerechnungendurchgeführt

38 %

5 %

19 %24 %

4 %10 %

keineAngabe

positivesErgebnis

leichtpositives /

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Telearbeit Deutschland 1996 – neue Formenund Wege zu mehr Arbeit und Beschäftigung,Heidelberg, 1997

Telearbeit in der Praxis bei der IBM Deutsch-land GmbH, Luchterhand Verlag, 1995

Wedde, Peter, Telearbeit und Arbeitsrecht,Bund Verlag, 1994

Weißbach, Hans-Jürgen, Lampe, Nicole,Späker, Gaby, Telearbeit, Veränderte ökonomi-sche Bedingungen, Schueren Presseverlag,1996

Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie und Verband DeutscherMaschinen- und Anlagenbau: Informations-gesellschaft – Herausforderungen für Politik, Wirtschaft und Gesellschaft, Frankfurt, 1995

Telearbeit im Internet

www.empirica.com – Umfangreiche Informa-tionen und Links des Beratungsunternehmensempirica

www.gilgordon.com – Homepage des amerika-nischen Telearbeitsexperten mit vielen Links

www.newcastle.ac.uk – Forschungsergebnissedes Centres for Urban and Regional Develop-ment Studies, CURDS

www.office21.de – Visionen des Fraunhofer-In-stituts für Arbeitswissenschaft und Organisati-on zum Büro der Zukunft

www.telekooperation.de – Forum für Teleko-operation der TU München

www.uk.infowin.org – Projekt „Paperless Offi-ce“ bei der Wüstenrot Versicherung

www.dpg – Deutsche Postgewerkschaft, u.a.mit Tarifvertrag zur Telearbeit

www.twist.bmw.de – Telearbeitsprojekt beiBMW

public.sni.de – Telearbeitsprojekte Polivest beiSiemens

www.bmwi-info2000.de – Informationsgesell-schaft 2000

www.iid.de – Initiative Informationsgesell-schaft des Bundesforschungsministeriums

www.eto.org.uk – European Telework Develop-ment

www.teeuro.com – Telework Europa

www.gip.int – Global inventory Projekt derG7-Staaten

www.ilo.org – Internationale Arbeitsorganisa-tion

Literatur zur Telearbeit

Bayerische Staatskanzlei, Bayern Online, Datenhochgeschwindigkeitsnetz und neueKommunikationstechnologien, München, 1996

Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft,Forschung und Technologie (BMBF), Telear-beit – Definition, Potential und Probleme,Bonn, 1995

Bundesministerium für Wirtschaft, Info 2000:Deutschlands Weg in die Informationsgesell-schaft, Bonn, 1996

Collardin, Marcus, Aktuelle Rechtsfragen derTelearbeit, Verlag Erich Schmidt, 1995

Dostal, W., Die Informatisierung der Arbeits-welt – Multimedia, offene Arbeitsformen undTelearbeit. In: Mitteilungen aus der Arbeits-markt- und Berufsforschung, Nürnberg 1995

Glaser, W. R., Telearbeit in der Praxis, Berlin, 1995

Godehardt, Birgit; Telearbeit, Rahmen-bedingungen und Potentiale; Westdeutscher Verlag, 1994

Godehardt, Korte Michelsen, Quadt, Management Handbuch Telearbeit, Heidelberg, 1998

Grass, C., Tele-Servicecenter im ländlichenRaum, Hessisches Ministerium für Wirtschaft,Verkehr, Technologie und Europaangelegen-heiten, Wiesbaden, 1993

Hendricks, B., Mein Büro ist zu Hause: Ihre Chancen in der neuen Welt der Telearbeit,Stuttgart, 1996

Kordey, N.; Korte, W. B., Telearbeit erfolgreichrealisieren, Vieweg, Braunschweig, 2. Auflage1998

Korte, W. B., Robinson, S. und Kordey, N., Teleworking – Current Situation, Trends undLikely Future Development From als Socio-Economic Perspektive, European Commission,Bonn, 1994

Lange, B.-P. u. a., Media NRW: Studie für einezukunftsorientierte Wirtschafts-, Technologie-und Strukturpolitik für Nordrhein-Westfalen,Düsseldorf, 1995

Otten, A. W., Heim- und Telearbeit, Kommen-tar zur HAG, Beck Juristischer Verlag, 1995

Pribilla, P., Telekommunikation im Manage-ment, Stuttgart, 1996

Reichwald, R., Oldenburg S. H., Telekoopera-tion und Telearbeit, Luchterhand Verlag, 1996

Rüttinger, B., Der Status quo der Telearbeit inder Bundesrepublik Deutschland, Instituts-bericht der TH Darmstadt, 1995

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Referat Öffentlichkeitsarbeit Villemombler Straße 7653123 Bonn

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Informationstechnische Systemevor dem Jahrtausendwechsel

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